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Polypharmakologie hat in den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung in der pharmazeutischen Forschung gewonnen und könnte in Zukunft zu einem Umdenken in der Entwicklung neuer Wirkstoffe führen. Das wachsende Verständnis für biologische Zusammenhänge, im speziellen für die starke Vernetzung zwischen verschiedenen Signalwegen oder Gewebearten, und die daran beteiligten Proteine, könnten zu gänzlich neuen Strategien führen. Beispiele aus dem Bereich der Onkologie und der Entwicklung von Neuroleptika haben bereits gezeigt, dass eine Intervention an mehreren Stellen eines solchen komplexen Netzwerkes zu wirksameren und gleichzeitig sichereren Wirkstoffen führen kann. Erkenntnisse aus der Systembiologie und die retrospektive Analyse bereits zugelassener Wirkstoffe machen deutlich, dass viele erfolgreiche Wirkstoffe nur aufgrund ihres polypharmakologischen Wirkprofils so effektiv sind – wenngleich dies bei Ihrer Entwicklung oftmals nicht beabsichtigt war.
Das rationale Design sogenannter „multitarget Wirkstoffe“ stellt bis heute eine große Herausforderung dar. Aus Sicht eines medizinischen Chemikers bedeutet es die Verknüpfung zweier, auf unterschiedliche Targets aktiver, Liganden zu einem neuen Wirkstoff, ohne einen signifikanten Aktivitätsverlust auf die einzelnen Targets herbeizuführen. Ein naheliegender Ansatz zur Verbindung zweier Liganden ist die Verknüpfung der Moleküle über einen flexiblen Linker. Dieser Ansatz kann zwar in vitro zu sehr potenten Wirkstoffen führen, birgt jedoch pharmakokinetische Nachteile, bedingt durch das hohe Molekulargewicht, die sich oft erst in vivo zeigen. Die Schwierigkeit besteht also zum einen in der Aufrechterhaltung der individuellen Aktivität auf das jeweilige Target und zum anderen im Erreichen einer guten Balance zwischen Aktivität und Komplexität des Liganden. Damit soll ausreichend Raum für spätere Optimierung von pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften gewährleistet werden. Bisher wurden nur wenige Computer-gestützte Ansätze entwickelt um diese und ähnliche Fragestellungen zu bearbeiten. Aus diesem Grund ist die Entwicklung neuer in silico Verfahren zur Identifzierung von multitarget Liganden ein Kernthema dieser Arbeit. Die Implementierung eines Fragment-basierten Ansatzes hält die Komplexität der Liganden möglichst gering und bietet genügend Raum für eine anschließende, multi-dimensionale Optimierung an zwei oder mehreren Targets.
In der ersten Studie wurde eine Pharmakophor-basierte Strategie verfolgt. Die Repräsentation eines Liganden durch ein Pharmakophormodell stellt eine abstrakte dreidimensionale Darstellung der für die biologische Aktivität relevanten Strukturmerkmale dar. Diese Abstraktion vereinfacht den Vergleich zweier Verbindungen und erlaubt gleichzeitig Spielraum für chemische Variabilität. Bei diesem Ansatz wurden Pharmakophormodelle, jeweils für eine Vielzahl aktiver Liganden zweier Targets, erzeugt und paarweise miteinander verglichen. Sobald zwei Pharmakophormodelle eine genügend große Anzahl an Pharmakophorpunkten in räumlich ähnlicher Orientierung teilen, stellt dieses gemeinsame Pharmakophor die Basis eines potentiellen multitarget Liganden dar. In der beschriebenen Studie wurde dieses Verfahren anhand von aktiven Liganden der löslichen Epoxid Hydrolase (sEH) und 5-Lipoxygenase (5-LO) evaluiert. Die auf dieser Grundlage identifizierten multitarget Pharmakophormodelle wurden zum anschließenden Screening einer Fragement-Datenbank verwendet und führten zu 9 aktiven Liganden für sEH und 5-LO. Diese Liganden besitzen chemische Grundgerüste (Scaffolds), die in der Literatur bisher noch nicht als aktive sEH- oder 5-LO-Liganden beschrieben wurden und somit eine ideale Grundlage für die Entwicklung neuer Wirkstoffe darstellen. Für eine der gefundenen Verbindungen, basierend auf einem Benzimidazol-Gerüst, wurden Aktivitäten im niedrig mikromolaren Bereich für beide Targets bestimmt. Diese Verbindung und weitere Derivate werden zu diesem Zeitpunkt weiter charakterisiert um eine erste Struktur-Aktivitäts-Beziehung aufzustellen und die Eignung dieser Substanzklasse als potentielle Leitstruktur für neue, duale sEH/5-LO Liganden zu überprüfen.
Parallel dazu wurde eine Substruktur-basierte Strategie verfolgt um Rückschlüsse auf jene Strukturmerkmale zu ziehen, die für die Aktivität auf dem jeweiligen Target verantwortlich sein könnten. Dazu wurden in einem ersten Schritt alle aktiven Liganden zweier Targets auf ihre möglichst maximalen gemeinsamen Substrukturen reduziert. Für jedes Target wird damit ein Set von Substrukturen generiert, welches die für die Bindung an das jeweilige Target charakteristische Strukturmerkmale enthält. Diese Substrukturen, repräsentieren den chemischen Raum des jeweiligen Targets und stellten die Trainingsdaten für den entwickelten multiSOM Ansatz dar. Dieser Ansatz basiert auf dem automatisierten Vergleich von selbst-organisierenden Karten und hebt Gemeinsamkeiten zwischen diesen Substruktursets in einer leicht zu interpretierenden, visuellen Form hervor. Dies erlaubt die Identifizierung von gemeinsamen Substrukturen aus beiden verwendeten Substruktursets, welche potentielle duale Strukturelemente darstellen.
Die Validierung dieses Ansatzes erfolgte erneut auf Basis bekannter 5-LO- und sEH-Liganden. Unter 24 ausgewählten Verbindungen konnten neun Fragmente identifiziert werden, die auf einem der beiden Targets und 5 Fragmente, die auf beiden Targets im niedrig mikromolaren Bereich inhibierend wirken. Einer dieser dualen Fragmente wurden anschließend als Basis für eine Substruktursuche in einer Inhouse Datenbank verwendet. Die daraus resultierende Verbindung, die einen Teil des ursprünglichen Fragments beinhaltet, wirkt sowohl auf sEH als auch 5-LO in nanomolaren Konzentrationen inhibierend. Auch diese Verbindung wird zu diesem Zeitpunkt weiter charakterisiert und stellt eine vielversprechende Basis als Leitstruktur neuer dualer sEH/5-LO-Liganden dar.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorgestellten Methoden neue Möglichkeiten bieten, das rationale Design von multitarget Liganden zu unterstützen. Die Pharmakophor-basierte Methode kann besonders dann von Vorteil sein, wenn bereits Strukturinformationen für beide Targets bzw. die bioaktiven Konformationen der Liganden vorliegen. Für einen ausschließlichen Liganden-basierten Ansatz stellt die Verwendung der MultiSOM, und damit die Identifizierung gemeinsamer Strukturelemente der Liganden, die bessere Methode dar.
Im zweiten Teil dieser Arbeit werden Studien zur Identifizierung neuer Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) Partialagonisten beschrieben. Auch in diesem Fall wurden zwei unterschiedliche Strategien verfolgt. Da FXR eine starke strukturelle Anpassung abhängig vom gebundenen Liganden aufweist („induced fit“), sind rein strukturbasierte virtuelle Screening-Methoden nur eingeschränkt einsetzbar. Aus diesem Grund sollte zunächst ein Liganden-basierter Drug Repurposing Ansatz verfolgt werden, bei dem bereits zugelassene Wirkstoffe mit potentiell FXR-modulierenden Eigenschaften identifiziert werden sollten. Der Vorteil des Drug Repurposing besteht darin, dass die betrachteten Wirkstoffe bereits intensiv hinsichtlich Sicherheit und Bioverfügbarkeit untersucht wurden. Somit kann man sich bei der Entwicklung verstärkt auf die biologische Aktivität auf das neue Target konzentrieren.
Erneut wurden selbstorganiserende Karten (SOMs) verwendet, um zugelassene Wirkstoffe mit FXR-Aktivität zu identifizieren. Trainiert wurde die SOM auf einem Datensatz bestehend aus bekannten FXR-Agonisten zum einen und der DrugBank Datenbank mit zugelassen Wirkstoffen zum anderen. Die Eigenschaft der SOM Verbindungen mit ähnlicher biologischer Aktivität in räumlicher Nähe auf der Karte zu clustern führte zu einer Anhäufung an bekannten FXR-Agonisten auf einigen wenigen Neuronen. Auf solchen sogenannten Aktivitätsinseln wurden zusätzlich auch zugelassene Wirkstoffe platziert, wenn ihre Ähnlichkeit zu den FXR-Agonisten ausreichend hoch war. Die auf den Aktivitätsinseln angesiedelten Wirkstoffe wurden anschließend bestellt und hinsichtlich ihrer FXR-Aktivität in einem Transaktivierungs-Assay untersucht. Unter den bestellten Verbindungen konnten sechs Liganden mit einer signifikanten relativen FXR-Aktivierung identifiziert werden. Weitere Hinweise auf eine mögliche FXR-Aktivierung der Verbindungen gaben in der Literatur beschriebene Nebeneffekte, die mit einer FXR-Aktivierung in Zusammenhang stehen könnten. Die potentenste Verbindung, der zugelassenen Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib, wurde zusätzlich in Bezug auf FXR-basierte SHP mRNS Induktion untersucht. In qPCR-Experimenten konnte dabei eine mit GW4064 vergleichbare Induktion in HepG2 Zellen gezeigt werden. Diese Ergebnisse untermauern die aus der Literatur gewonnen Vermutung, dass Imatinib FXR-modulierende Eigenschaften besitzt und somit eine interessante Grundlage für die Entwicklung neuer FXR-Partialagonisten darstellt. Zu diesem Zeitpunkt werden weitere Imatinib-Derivate synthetisiert und diese Struktur als mögliche Leitstruktur charakterisiert.
In einer zweiten Studie wurde eine Kombination aus Liganden- und Struktur-basierten Ansatz verfolgt. Dabei wurden sämtliche Struktur-Informationen aus publizierten FXR-Kristallstrukturen und den darin kokristallisierten Liganden gebündelt, um die Auswirkungen des zu Beginn erwähnten induced-fit Effekts zu minimieren. Auf Basis der ko-kristallisierten Liganden wurden zunächst zwei Konsensus-Pharmakophormodelle erstellt. Diese Modelle wurden in einem anschließenden Schritt jeweils mit einem Konsensus-Pharmakophormodell, das mit Hilfe von Protein-Ligand-Interaktions-Fingerprints (PLIF) aus den korrespondieren Kristallstrukturen abgeleitet wurde, überlagert und kombiniert. Diese kombinierten Modelle vereinten sowohl Informationen der strukturellen Gemeinsamkeiten der Liganden als auch gemeinsame, relevante Interaktionspunkte zwischen Ligand und Rezeptor aus den Kristallstrukturen. Das Pharmakophor-Screening mit anschließender Docking Analyse führte zu 42 getesteten Verbindungen, von denen 12 Strukturen eine signifikante relative FXR-Aktivierung zeigten. Darunter konnte ein Partial-Agonist mit einem EC50 von 480 nM bei einer maximalen Aktivierung von ca. 14% im Vergleich zur Referenz GW4064 identifiziert werden. Auch diese Verbindung wird zum aktuellen Zeitpunkt weiter charakterisiert und könnte in Zukunft als Leitstruktur für neue FXR-Partialagonisten dienen.
In beiden Studien konnten neue FXR-Agonisten mit bisher noch nicht beschriebenen Scaffolds identifiziert werden. Es konnte gezeigt werden, dass die Verwendung bereits zugelassener Wirkstoffe für neue Indikationen eine attraktive Quelle für neue Leitstrukturen darstellen kann und im Zuge dessen bisher ungeklärte Nebeneffekte bekannter Wirkstoffe aufgeklärt werden können.
Abschließend lässt sich festhalten, dass selbstorganisierende Karten eine universelle Methode zur Erkennung und Analyse von polypharmakologischen Zusammenhängen darstellen. Des Weiteren lassen sich mit ihrer Hilfe chemische Räume repräsentieren und durch den in dieser Arbeit entwickelten MultiSOM-Ansatz direkt vergleichen. Dies ermöglicht auf intuitive und effiziente Weise die Identifizierung von überlappenden chemischen Räumen und somit möglicher polypharmakologischer Zusammenhänge.
Was lässt sich also vorerst über eine mögliche Rilke-Rezeption bei Thomas Bernhard sagen? Am ehesten kann man das Verhältnis der beiden Autoren darstellen, indem man Rilkes "Auftritte" in Bernhards Werk mit dem Dasein der verstorbenen Christine Brahe in Urnekloster vergleicht. Wäre er leibhaftig dort, er würde sich selbst sicherlich nicht in einem Spiegel erkennen, zu unterschiedlich sind Formen und Inhalte. Auch fehlt das Rilke-Portrait jedenfalls in Bernhards selbst gewählter Ahnengalerie. Es gibt allerdings einzelne Momente in den Texten, bei denen man vermeint, Rilke durch eine an sich "stets verschlossene Türe" in Bernhards Werk hineinschreiten zu sehen, gemessenen Schrittes geht er an den Figuren vorbei und verschwindet fast durchsichtig, fast unbemerkt wieder. Nur ein Geist, in dieser Welt gestorben und nicht mehr verlässlich zuhaus, ein Nachhall von einem vergangenen Zustand, dadurch aber dennoch, zumindest zwischen den Buchstaben, Zeilen und Seiten, zwischen den Buchtiteln und Klappentexten, vorhanden.
Der ,Neue Mann' zwischen Familie und Beruf : Erkundungen bei Hans Fallada und Joseph Breitbach
(2014)
Falladas „Kleiner Mann“ gehört zu den Erfolgstiteln der späten Weimarer Republik und darf bis heute mit uneingeschränktem Publikumsinteresse rechnen. Empathisch, realitätsnah, detailreich, aber wenig politisch engagiert, rief die Darstellung der absinkenden Mittelschicht schon in der Weimarer Republik den Vorwurf der „linken Melancholie“ hervor, der neben Fallada auch Kästner traf. Noch 1970 diente diese Kategorie dem Literaturwissenschaftler Helmut Lethen als Kampf- und Abwehrbegriff gegen einen vorgeblich „weißen“ Sozialismus, dem er die Absicht sozialer Pazifizierung zuschrieb. Die Farbwahl deutet auf die Langlebigkeit des politisch-literarischen Topos hin, hatte doch Kurt Tucholsky schon 1926 die deutsche Sozialdemokratie in dem Gedicht „Feldfrüchte“ als „außen rot und innen weiß“ charakterisiert. Joseph Breitbach greift in seinen Erzählungen „Rot gegen Rot“ und „Das Radieschen“ von 1928/29 diese Metaphorik ebenso auf wie die mit ihr assoziierten widerstreitenden Positionen. „Rot gegen Rot“ lautet auch der Titel seines 1929 bei der Deutschen Verlagsanstalt erschienenen ersten Erzählbandes. Im Gegensatz zu den politischen Kampffronten sind diejenigen zwischen den Geschlechtern erst spät, dafür aber mit eindeutigem und nachhaltigem Interesse an der „Neuen Frau“ ins Blickfeld der Literaturwissenschaft geraten. Es scheint geradezu, als habe das Erlöschen der politischen Utopie, die sich zunächst in der Weimarer Republik, dann für zahlreiche, vor allem angloamerikanische, Forscher in der DDR verkörperte, die vorherigen Hoffnungen nun auf eine grundlegende Neudefinition des Geschlechterverhältnisses verlagert: Die „Neue Frau“ sollte im Privaten und Öffentlichen realisieren, was politisch eben nicht gelungen war. […] Parallel wäre zu wünschen, dass der Literarisierung des „Neuen Mannes“ die gleiche differenzierte Aufmerksamkeit zukäme - selbst wenn er massenmedial weit weniger präsent ist als seine Geschlechtsgenossinnen. Zeichen seiner Schwäche sind schon in den 20er Jahren unübersehbar. Der „Neue Mann“ ist zumeist – ob im wörtlichen oder übertragenen Sinne – der „Kleine Mann“.
Explizite Notenzitate in der Schönen Literatur sind selten, weisen sie doch auf die grundsätzliche Fremdheit zwischen den beiden Medien hin. Diese wurde schon in der romantischen Musikliteratur ebenso oft beschworen wie zu widerlegen versucht. Musik sei die bessere Sprache, meinten zahlreiche romantische Autoren, niemals würde die verbale Sprache sie zu erreichen vermögen. Gleichwohl kämpften Wackenroder und Tieck, Heine und Grillparzer um jene poetische Sprache, die so viel mehr sein soll als die Prosa. So überrascht es nicht, wenn nur wenige Autoren sich der Herausforderung stellen, mit dem Notentext selbst auch die Grenzen ihres eigenen Mediums zu bezeichnen - und noch weniger nutzen sie das Notenzitat als Indiz ihrer poetologischen Grundüberzeugungen. Nicht zufällig sind Hans Henny Jahnn, Arthur Schnitzler und Ingeborg Bachmann die wichtigsten nach wie vor seltenen Zeugen einschlägiger medienkomparatistischer Betrachtungen.
In der Arbeit wird ein Testverfahren zum Prüfen der Varianzhomogenität der Lebenszeiten eines Erneuerungsprozesses entwickelt. Das Verfahren basiert auf der "Filtered-Derivative"-Methode. Zur Herleitung des Annahmebereichs werden zunächst Bootstrap-Permutationen genutzt, bevor zu einer asymptotischen Methode übergangen wird. Ein entsprechender funktionaler Grenzwertsatz wird skizziert. Aufbauend auf dem Test wird ein Multiple-Filter-Algorithmus zur genauen Detektion der Varianz-Change-Points besprochen. Schließlich folgt die Inklusion von vorher detektierten Ratenänderungen in das Verfahren. Der Test und der Algorithmus werden in Simulationsstudien evaluiert. Abschließend erfolgt eine Anwendung auf EEG-Daten.
The answer to the question – Which can be the best way to teach and to learn to understand foreign people and culture in ethnically, culturally and linguistically homogenous teaching contexts? – is simple: through language teaching and learning. This process is per definitionem the encounter between a culture of origin and a target culture. The process of learning and teaching foreign languages generates the encounter with languages and cultures, which implies on the one hand a comparison of different cultural contexts and on the other hand self-reflection.
Starting from data, which were collected based on a survey, the present contribution attempts to answer the following questions:
1. What is the role of foreign language teachers in ethnically, culturally and linguistically homogenous teaching contexts?
2. To what extent do foreign language teachers and students perceive the intercultural dimensions of foreign language education in such contexts?
Die Familie von der Tann entstammt altem fuldischem Lehnsadel und war in den Prozess der Entstehung der fränkischen Reichsritterschaft von Beginn an eingebunden. Zur Reformationszeit taten sich vor allem die Brüder Eberhard und Alexander von der Tann hervor, die als fürstliche Ratgeber in Kursachsen bzw. Hessen tätig waren. Vor allem Eberhard von der Tann hat in vielfacher Weise an der Verwirklichung von Luthers Reformvorstellungen mitgewirkt. So war er 1555 auf dem Reichstag zu Augsburg als protestantischer Verhandlungsführer entscheidend am Zustandekommen des Religionsfriedens beteiligt, eine Tatsache, die in der einschlägigen Forschung bis heute noch wenig beachtet wurde.
Tarr Béla ist der international einflussreichste mitteleuropäische Filmemacher der Nach-1989er-Dekaden – was nicht heißt, dass sein Schaffen allgemein geläufig und regelmäßig zu sehen wäre, ganz im Gegenteil.
Davon abgesehen: Wenn die Leute vom Schaffen Tarrs schwärmen, der Radikalität seiner Ästhetik, dann reden sie in Wirklichkeit eigentlich immer nur von einem Film: Sátántangó (1994), ein rund siebeneinhalb Stunden langes Monument, das damals, noch während seiner ersten internationalen Vorführung bei der Berlinale 1994, zum Axiom einer ästhetischen Spätmoderne akklamiert worden war. Wobei kaum jemand Sátántangó je zu sehen bekam, was daran liegt, dass sich Kinos nur in Ausnahmefällen dazu aufschwingen, solche Normensprenger zu zeigen. Freilich gibt es DVD-Veröffentlichungen; da sieht und hört man zwar was, nur gelebt hat man Sátántangó so nicht. Wie auch, wenn weder der Film selbst atmet noch eine Menschenmasse oder zumindest -menge um einen herum, und man mit ihr? Und darum geht es bei diesem Brocken filmgewordenen Lebens, überhaupt dem Schaffen Tarrs: Die Erfahrung von Gegenwart und Gemeinschaft, Dauer und Raum angelegentlich einer Präsentation schwarzweißer Bilder und einiger weniger Klänge, die mal Worte sind und mal Töne und mal Musik. Sátántangó, dieses Antiepos vom Zerfall einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft in spät- bis postkommunistischen Zeiten, besteht im Wesentlichen aus Plansequenzen, die auch mal zehn, zwölf Minuten lang sein können.
Die Bretter, die die Welt bedeuten, waren in der letzten Woche aus asiatischem Holz geschnitzt. Gleich drei bedeutende Gipfel fanden im Zeitraum vom 10. bis zum 13. November in Ost- und Südostasien statt: Asia Pacific Economic Cooperation (APEC) in Peking, der ASEAN-Gipfel und der East Asian Summit (EAS) in Naypyidaw. Die letzte Woche machte bisher am deutlichsten, was die neue Rolle Asiens in der Welt bedeuten kann. Ein Überblick über die drei Gipfel, auf denen eine ganze Reihe an wichtigen Themen besprochen, aber auch und vor allem Positionen abgesteckt, Ansprüche formuliert und Hierarchien neu vermessen wurden.
Die Arbeit „Zwischen Kooperation und Wetteifer – Interaktionen und mediale Organisation von Kreativität am Beispiel des koopetitiven Ideennetzwerks jovoto“ untersucht internetbasierte Kokreativität – die gemeinsame Ideenentwicklung im Mediennetzwerk. Im Unterschied zu vorangegangen Untersuchungen, die sich mit den Motiven für die häufig unentgeltlichen kokreativen Aktivitäten und dem Innovationspotential dieser Organisationsform beschäftigten, liegt der Fokus dieser Studie auf der Kommunikation der Akteure untereinander während der Kokreation. Als Fallbeispiel wird die Design-Ideenplattform jovoto ausgewählt, die Kreativität auf der Basis von Koopetition – der Gleichzeitigkeit von Kooperation und Wettbewerb – unter den Teilnehmern fördert. Die Ideenautoren im Netzwerk von jovoto entwickeln kreative Lösungen in den Bereichen Produktdesign, Kampagnen, Innovation und Architektur. Die Teilnehmer treten mit ihren Ideen im Wettbewerb gegeneinander an; gleichzeitig kommentieren und bewerten sie sich gegenseitig im Prozess der Ideenentwicklung. Aus den Bewertungen der Community ergeben sich die Gewinner des ausgeschriebenen Preisgeldes. Aus dieser Gleichzeitigkeit von Wettbewerb und Kooperation ergibt sich die Forschungsfrage dieser Untersuchung: Wie ist das Verhältnis zwischen Kooperation und Wettbewerb im Kokreationsnetzwerk jovoto bestimmt, und wie wirkt dies auf Kreativität? Um diese Frage zu beantworten, untersuche ich die auf der Plattform dokumentierten Interaktionen (Kommentar-Threads) zwischen den Ideenentwicklern und anderen Community-Mitgliedern mit qualitativen und quantitativen Methoden und analysiere zwanzig von mir geführte halbstrukturierte Leitfaden-Interviews mit den Ideenautoren auf jovoto. Zur theoretischen Einordnung der beobachteten Phänomene stütze ich mich sowohl auf Kultur- und Kommunikationstheorien des radikal-konstruktivistischen Erkenntnismodells als auch auf die kulturellen Spieltheorien von Johan Huizinga und Roger Caillois. Ich beziehe zudem Ansätze ein, die Kokreativität als eine Form der kulturellen Produktivität beschreiben. Einen weiteren Anhaltspunkt bilden Studien, die sich mit der produktiven Beziehung zwischen Kooperation und Wettbewerb auseinandersetzen. Ergänzt werden diese Erkenntnisse bspw. durch die These zur Intelligenz der Crowd in heterogenen Gruppen von Entscheidern und durch Untersuchungen zum positiven Einfluss von Differenzen und Konflikten auf die Gruppenkreativität. Ich führe diese Vorarbeiten zu einer Modellvorstellung zusammen: In dieser verknüpft der koopetitive Handlungskontext ein Kooperationsspiel mit einem Wettbewerbsspiel, und zwar mithilfe von Kreativität: Diese ermöglicht, dass der Fokus im Spiel – von der Betonung und Vergrößerung des Gemeinsamen zwischen den Teilnehmern zur Betonung ihrer Differenzen – wechseln kann. Hieraus leite ich Hypothesen ab, die ich empirisch überprüfe: Während einer sechsmonatigen Beobachtung des Plattformgeschehens habe ich Daten zu 135 Wettbewerben auf jovoto erhoben. Die Analyse von über 2.400 Kommentaren ergibt, dass die beiden Leitkategorien „Bestätigung“ und „Herausforderung“ das kokreative Kommunikationsgeschehen charakterisieren. Hiervon ausgehende qualitative und quantitative Untersuchungen zu 54 Diskussions-Threads ergeben: In der Platzierung erfolgreiche Ideen werden von intensiveren Diskussionen begleitet als weniger erfolgreiche. Bemerkenswert ist, dass sie nicht nur eine größere Zahl bestätigender Kommentare erhalten, sondern auch mehr Herausforderungen. Die im Schnitt höchste Punktzahl geht mit einem Verhältnis von rund acht Bestätigungen je Herausforderung einher. Dieses Ergebnis bestätigt die Ausgangshypothese, dass es sich bei den Ideenwettbewerben um ein Kommunikationsspiel mit kooperativer, wetteifernder und kreativer Komponente handelt: In den Interaktionen zu den Ideenbeiträgen, insbesondere den erfolgreichen, herrscht ein Wechsel zwischen Bestätigungen und Herausforderungen vor. Aus den Aussagen der Ideenautoren in den geführten Interviews wird ein zentraler Konflikt deutlich: Die Tätigkeit bringt einen hohen Aufwand und wenig Aussicht auf Gewinn mit sich. Unterm Strich scheint sie jedoch lohnenswert, da die Akteure wichtige Lernerfahrungen im Netzwerk sammeln können und die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen lernen. Dass die kreativen Beiträge anderer Wettbewerbsteilnehmer von anderen rege diskutiert werden, belegt den Erfolg des Organisationsmodells der Kokreation. Dieser verhält sich konträr zu den Vorhersagen herkömmlicher ökonomischer Theorie, die rein eigennützige Akteure annimmt, und deutet auf die Relevanz von Theorien hin, die wechselseitiges Feedback und dessen Gratifikationen als Faktoren in der netzwerkbasierte Produktion zentral berücksichtigen.
Anhand von zwei auf Deutsch verfassten essayistischen Texten von Jiří Gruša - 'Beneš als Österreicher' (2012) und 'Die Gebrauchsanweisung für Tschechien und Prag' (2003) - wird gezeigt, wie die Konzepte von Nationalgeschichte und Nationalliteratur an ihre Grenzen gebracht werden können: Durch vervielfältigende, ironisierende und verdichtende Verfahren werden nationale Selbst-Behauptungen entstellt, sowie die Konstitution und Funktion kollektiver Identitätsnarrative ausgestellt. Während in der Gebrauchsanweisung ausgerechnet ein 'pluralis nationalis' die Selbstvergewisserungen subvertiert, zeigt sich im bzw. durch den Beneš-Essay, wie die Erzählungen der Figur Beneš die Geister der Nation scheiden. Insofern werden die beiden Texte als Beispiele dafür gelesen, wie durch Schreibstrategien, aber auch angesichts editionsgeschichtlicher Zusammenhänge sowie im Hinblick auf die Rezeption eindeutige Zuweisungen zu einer Nationalliteratur oder Nationalgeschichte in Frage gestellt werden.
Friedrich Kittler gilt als "Begründer einer der eigenwilligsten und zugleich umstrittensten Medientheorien." Bekannt wurde er mit seiner Frühschrift 'Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften' von 1980, wo er den Geist aus den Geisteswissenschaften zugunsten von Naturwissenschaft und Technik austreiben wollte. Gegen dieses Phantom ging dann auch seine spätere Schrift 'Grammophon, Film, Typewriter' von 1986 an, um den Geist endgültig in den "Schaltungen" dingfest zu machen. Denn, so heißt es wenig später, "nichts ist, was nicht schaltbar ist". Aber nicht dieses "technische Apriori" hat ihm den Ruf eingebracht, sondern dass er alle zivile Medientechnik von der Kriegstechnologie herleitete. Darüber hinaus lautet ein gegen Kittler vorgebrachter Einwand, er verwechsle die technischen, mathematischen, formalen Sprachen der Medien mit symbolischen Sprachen, mit Bedeutung, Sinn, Denken, Deutung, Reden und Kommunikation. Diese Verwechselung funktioniert dann nach dem Dualismus - denn von Dialektik kann man hier kaum noch reden - von Wesen und Erscheinung, wobei hinter der medialen Erscheinung immer das Wesen der Medien als militärische Natur steckt.
Genau diese Interpretation von Kittlers Medientheorie - obwohl sie nicht ganz falsch liegt - geht aber, wie ich zeigen möchte, an Kittlers Denken vorbei, wie wir inzwischen auch dem Buch 'Die Wahrheit der technischen Welt' entnehmen können, wie aber spätestens seit 'Musik und Mathematik I/1' oder 'Musen, Nymphen und Sirenen' ganz deutlich wurde. So zeigen auch die dreiundzwanzig zwischen 1978 und 2010 veröffentlichten Kittler-Essays, die das neue Buch zusammenbringt, dass das "technologische Kriegswesen" hinter der Erscheinung nur eine Tarnung war.
In diesem Beitrag wird der Sprach(en)gebrauch der venezianischen Juden im 16./17. Jhd. untersucht. Dabei geht es um die Sprachen der verschiedenen jüdischen Gruppen, die gemeinsam im neu eingerichteten Ghetto wohnten. Insbesondere wird der Frage nachgegangen, welchen Gebrauch sie von unterschiedlichen Sprachen/Varietäten in unterschiedlichen kommunikativen Situationen und zu unterschiedlichen Zwecken gemacht haben. Dabei traten selbstverständlich auch Sprachmischungen auf, die von unbewussten Interferenzen über Entlehnungen (aus dem Hebräischen/Aramäischen, aber auch aus dem Venezianischen und den anderen von Juden gesprochenen Sprachen), bis hin zu ganz bewusst verwendeter Zwei- und Mehrsprachigkeit in literarischen Texten z. B. mit sprachspielerischer Absicht reichen. Die verschiedenen Textsorten, die hierzu analysiert werden (etwa Texte religiösen Inhalts, Testamente, Grabinschriften und Gedichte), spiegeln auf vielfältige Weise zugleich das Sprach- und Sprachenbewusstsein der venezianischen Juden jener Zeit wider.
Dieser Beitrag untersucht die Beziehung zwischen den Diskursen Literatur und Recht in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Ausgehend von der langen Tradition der sogenannten Dichterjuristen (Goethe, Kleist, Kafka) werden aktuelle Tendenzen dieser Beziehung in den Blick genommen. Nach theoretischen Überlegungen zum Teilaspekt law in literature (Recht in der Literatur) erfolgt die Bestimmung von spezifischen Themen, Genres und ästhetischen Besonderheiten der in Frage stehenden Texte. Als Textgrundlage dienen Romane von Juli Zeh und Ferdinand von Schirach. In dieser Analyse werden auch die Adaptionen für Kino und TV einbezogen (die Serie "Verbrechen" für den TV-Sender ZDF, die auf Ferdinand von Schirachs gleichnamiger Kurzgeschichtensammlung beruht, und die Miniserie "A Menina sem Qualidades", eine Adaption von Juli Zehs "Spieltrieb" für MTV Brasilien).
Nichtinvasive Detektoren für ortsaufgelöste Strahlprofilmessungen gewinnen mit zunehmenden Strahlströmen und -energien immer mehr an Bedeutung. An der Universität Frankfurt im Institut für Angewandte Physik (IAP) wird ein “Figure Eight”-förmiger magnetostatischer Speichering mit Stellarator-Konfiguration (F8SR) entwickelt. Einige Aspekte der Strahldynamik in einem solchen Ring können mit einem experimentellen Aufbau am IAP untersucht werden. Die Herausforderung bei der Entwicklung eines Detektors an einem (F8SR) liegt auf der einen Seite darin den Strahl nichtinvasiv zu detektieren, und andererseits müssen magnetisch unempfindliche Komponenten für den Detektor ausgewählt werden. Dabei sollte der Detektor so flexibel sein, dass der Strahl entlang der Flugbahn transversal gemessen werden kann. In dieser Arbeit geht es um einen Detektor mit radial um den Strahl angeordneten Photodioden, mit deren Hilfe die strahlinduzierte Fluoreszenz detektiert wird und mit einem geeigneten Rekonstruktionsverfahren, Strahlposition und den Strahldurchmesser ermittelt werden kann. Die Messungen werden mit einem weiteren schon erprobten Detektor - einem Szintillationsschirm verglichen.
"Von einer Vereinigung des Christenthums mit der Philosophie kann ich mir nichts Bestimmtes denken", schreibt Friedrich Schleiermacher am 28. März 1801 an Friedrich Heinrich Christian Schwarz, den später nach Heidelberg berufenen Theologen und Pädagogen. "Was wollen Sie vereinigen, wo gar kein Streit ist? Die Religion kann nicht umhin, die philosophierende Anlage im Menschen anzuerkennen, und das tut sie auch wohl jetzt durchaus; und ebenso kann man die Philosophie nötigen, die religiöse Stimmung anzuerkennen, wenn sie sich gleich etwas ungebärdig dabei anstellt." Man glaubt in diesen Worten das irenische, zum Ausgleich geneigte Gemüt Schleiermachers zu vernehmen, welches gleichwohl nicht hat verhindern können, dass er mehrfach in seinem Leben in heftigen religiösen, politischen und literarischen Streit verwickelt wurde.
In seinen Worten klingt jedoch auch noch das Bewusstsein nach, dass die Harmonie von Philosophie und Religion, falls es sie überhaupt gibt, jedenfalls jüngeren Datums ist. Die Philosophie stellt sich immer noch ungebärdig dabei an, die religiöse Stimmung anzuerkennen. Umgekehrt scheint die Religion eben erst jetzt - um 1800 - ihren Frieden mit der philosophierenden Anlage im Menschen gemacht zu haben. Man muss hier nicht unbedingt an jene jahrtausendealte Tradition der Auseinandersetzung zwischen Philosophie und Religion denken, die wir heute noch mit dem Stichwort Athen vs. Jerusalem bezeichnen.
Es genügt, sich ans 17. und 18. Jahrhundert zu erinnern, an die philosophes, die kritischen Intellektuellen Frankreichs, die einen zähen, nach und nach immer besser organisierten Kampf gegen die katholische Kirche führen, oder an die nach der Massenflucht der Hugenotten aus Frankreich vor und nach 1685 und der Glorious Revolution (1688) besonders in England und den niederländischen vereinigten Provinzen intensiv und erbittert geführte Debatte über religiöse Toleranz und katholische wie protestantische Intoleranz.
Immatrikulationsfeiern gehörten zum festen Ritual der universitären Kultur, bis in den 1960er Jahren bewusst mit dieser Tradition gebrochen wurde. Heute werden die Studierenden an der Goethe-Universität beim "unistart" begrüßt. Ist diese Veranstaltung ein Brückenschlag zwischen Gegenwart und alten Zeiten oder eher ein Spiegel des sich wandelnden universitären Selbstverständnisses?
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts werden das Volkslied und die Ballade als Ausdruck der Natur verstanden, der unvermittelt und darum echt ist. Doch nicht nur editorische Eingriffe im Zuge der Herausgabe dieser zumeist nur vermeintlich mündlich tradierten Dichtung lassen die Echtheit der Texte problematisch erscheinen. In der Kunstballadendichtung bildet sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts der so genannte Volksliedton heraus. Die epigonale oder ironische Imitation dieses einfachen Stils kann nicht mehr im Paradigma der Herder'schen Ausdrucksästhetik verstanden werden. Insbesondere Heinrich Heines Lieder gelten als ironische Nachahmung volksliedhafter Dichtung und als Ausweis, dass diese Form von "Lied [...] keine authentische Kunst" sei.
Heine verhandelt die Problematik der Echtheit in seinen Schriften zu Volkslied und Ballade über die zentralen Begriffe des Diskurses - Einfachheit und Wahrhaftigkeit. Er verwirft diese Konzepte jedoch nicht einfach, sondern modifiziert sie. Heine, so soll im Folgenden gezeigt werden, variiert die Idee eines 'echten' Volksliedes, indem er den Gedanken ausprägt, bestimmte Texte stünden im Zeichen eines "Geist[es] der Volkslied-Formen". Die Problematik der Wahrhaftigkeit verhandelt Heine in 'Die romantische Schule' sowie in seinem Buch der Lieder im Bild der Kostümierung und Maskierung. Sie wird hier zur Frage der Ehrlichkeit und Treue, die interpersonell und kommunikativ gefasst ist.
FRAUEN.SCHREIBEN. So hieß das Thema des Symposiums, in dessen Zusammenhang dieser Text entstand. Die Frage, wie "Frau" in Texten von Schriftstellerinnen aus Österreich und China "geschrieben" wird, sollte dabei in den Blick genommen werden - Elfriede Jelinek stand dabei mit im Fokus der Analysen und ist auch meine Wahl im nachfolgenden Text. Diese Frage, nach dem "Wie-Frauen-Schreiben", die zunächst scheinbar recht simpel und unproblematisch gestellt werden kann, evoziert eine komplexe Auseinandersetzung mit Themen und Problemen, die der Literaturwissenschaft und Literaturtheorie konstitutiv zugrunde liegen - Fragen etwa nach einer potentiellen ('weiblichen') Autorschaft, einer 'weiblichen' Ästhetik, Fragen der Repräsentation 'von Frauen', hier im Besonderen 'in Texten von Frauen'.
"wir haben ein land aus worten." In Semier Insayif Roman 'Faruq' (2009) geht es um Worte und Erinnerungen, um das (Nicht-)Sprechen-Können und darum, Sprache und Gedächtnis zu verlieren. Es geht um das Schreiben, Sprechen und Rezitieren im Bereich des Dazwischen von Sprachen und Kulturen. Ausgehend von der Perspektive des Ich-Erzählers im Text entfalten sich die Nuancen und Facetten des Lebens als Geschichten, als Texturen der Erinnerung und als eine Art Sprach- und Klanggewebe. Bezugnehmend auf eben diese poetischen und rhetorischen Aspekte des Textes wird eine Lektüre unternommen, die auf postkolonialen und dekonstruktiven Ansätzen wie auch auf Gedächtnistheorien basiert. Die Lektüre versucht sowohl auf die Anforderungen und Besonderheiten des Textes in allen Facetten des Dazwischens zu reagieren als auch jene Perspektiven zu ergründen, die für die zeitgenössische Entwicklung der sogenannten Migrationsliteratur signifikant sind.
Wie leider erst jetzt bekannt wurde, verstarb im März dieses Jahres Herr Kollege Teuber mit 95 Jahren. Geboren am Ende des 1. Weltkrieges in Berlin, studierte er dort ab 1937 gleichzeitig Chemie und Medizin. Nach Promotion und Habilitation an der Universität Heidelberg wechselte er 1953 an die Universität Frankfurt. Es folgte 1960 die Ernennung zum apl. Professor, 1970 zum Wissenschaftlichen Rat und Professor. 1984 trat Kollege Teuber in den Ruhestand.
Die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist in Deutschland seit fast zehn Jahren Gegenstand einer intensiven Fachdiskussion. Zuletzt hat sich ein Forschungsprojekt im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit dieser Frage beschäftigt und eine Fachkonvention für den Projekttyp Straße erarbeitet. Diese Fachkonvention, die auch auf andere Projekttypen übertragbar ist, basiert grundsätzlich auf dem Maßstab der Critical Loads zur Beschreibung der Empfindlichkeit von FFH-Lebensräumen gegenüber Stickstoffeintrag. Liegt die gebietsspezifische Gesamtbelastung mit Stickstoffeinträgen über dem standort- und vegetationstypspezifisch zu ermittelnden Critical Load, so wird für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ein mehrstufiges Schwellenwertkonzept zur Bestimmung von irrelevanten bzw. bagatellhaften Zusatzbelastungen empfohlen: Unterschieden wird ein vorhabenbezogenes absolutes Abschneidekriterium von 0,3 kg N ha-1a-1 und eine rezeptorbezogene Bagatellschwelle von 3% des jeweiligen Critical Loads. Beide Schwellenwerte sind als sehr niedrig und der Zielsetzung der FFH-Richtlinie entsprechend vorsorgeorientiert einzustufen.Mit dem Bewertungsansatz werden alle Anforderungen, die sich aus den fachlichen und rechtlichen Maßstäben für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ergeben, berücksichtigt. Zugleich handelt es sich um einen praxistauglichen Bewertungsansatz, der auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt. Das vorhabenbezogene Abschneidekriterium soll für jedes zu genehmigende Vorhaben gelten. Für die Größenordnung von 0,3kg N ha-1a-1 für den vorhabenbezogenen Stickstoffeintrag in ein FFH-Gebiet sprechen verschiedene Argumente: Einträge in dieser Größenordnung liegen deutlich unterhalb der messtechnischen Erfassbarkeit und deutlich unterhalb jeder bekannten Schwelle von Zusatzbelastungen, die negative Wirkungen für die Biodiversität auslösen können; unterhalb dieser Größenordnung ist eine Ermittlung von Belastungen und Beeinträchtigungen mit derzeit verfügbaren Modellen und Eingangsdaten auch aufgrund der Unsicherheiten und fehlenden statistischen Signifikanz nicht mehr sinnvoll möglich. Zusatzbelastungen eines Vorhabens in dieser Größenordnung stellen somit lediglich ein theoretisches Risiko dar und können keine erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-RL auslösen. Somit können auch nur diejenigen projektbezogenen Zusatzbelastungen, die oberhalb dieses Abschneidekriteriums liegen, für eine kumulative Prüfung mit weiteren Projekten und deren gemeinsamer Wirkung geprüft werden. Die Bagatellschwelle von 3% des Critical Loads wird demgegenüber gebietsbezogen angewendet und kann daher auch durch das Zusammenwirken mehrerer einzelner Vorhaben überschritten werden. Die Anwendung soll unabhängig von der Höhe der Überschreitung der Critical Loads in der Gesamtbelastung möglich sein. Die Bagatellschwelle ist an der spezifischen Stickstoffempfindlichkeit der FFH Lebensräume, die durch die Critical Loads vorsorgeorientiert beschrieben wird, ausgerichtet. Eine Auswertung der Ergebnisse der Wirkungsforschung, insbesondere zu Randeffekten entlang von Straßen, hat ergeben, dass der Wert von 3% des maßgeblichen Critical Loads sicher unterhalb von feststellbaren negativen Wirkungen auf den Erhaltungszustand von FFH-Lebensräumen liegt.
Das Thema des Beitrags ist praktisch orientiert und knüpft an das VEGA Projekt „Verbale Kollokationen im Deutschen und Slowakischen“ unter der Leitung von Prof. Peter Ďurčo am Institut für Germanistik der Universität der hl. Kyrill und Method in Trnava an. Das Projekt setzt sich zum Ziel, verbale Kollokationen zu analysieren und zu beschreiben. Es setzt also voraus, dass man die Kollokabilität der sprachlichen Mittel definieren und messen kann...
Die Autorin setzt sich zum Ziel, die Phraseologismen mit Körperteilen, sprich verbale Phraseme mit einem oder mehreren Lexemen aus dem Bereich Somatismen, zu untersuchen. Die Arbeit zeigt ein Modell zum Vergleich der Phraseologismen zweier typologisch unterschiedlicher Sprachen – Deutsch und Tschechisch...
Die Mitte der 1990er Jahre erfolgte Erfassung von Sedum villosum in Hessen wurde wiederholt. Die Vorkommen in der Rhön sind durch verringerte Weideintensität rückläufig. Ein Vorkommen ist hier offenbar erloschen. Das Vorkommen im Unteren Vogelsberg besteht weiterhin, obwohl die Standortbedingungen an einer Waldstraße ungünstig erscheinen. Das Vorkommen im Vorderen Vogelsberg ist erloschen. Ein zwischenzeitlich entdecktes Vorkommen in der Westhessischen Senke bei Alsfeld auf einem Basaltweg ist stabil; allerdings ist die Zukunftsprognose für dieses Vorkommen auf Grund von Brache negativ. Über die ersten Erfahrungen bei der Wiederansiedlung aus einer Erhaltungskultur wird berichtet.
Da in der Run 3 Periode des CERN LHC die Kollisionsrate auf 50 kHz erhöht werden soll, muss die ALICE TPC umgebaut werden. Die Vieldrahtproportionalkammern mit Sperrgitter sollen gegen eine GEM-basierte Auslese ausgetauscht werden, um eine kontinuierliche Auslese zu ermöglichen.
Es wurde eine GEM-Testkammer, die mit drei und vier GEM-Folien betrieben werden kann, entwickelt und gebaut. GEM-Folien wurden unter dem Mikroskop auf Fehler untersucht und auf ihre Spannungsfestigkeit hin getestet sowie gerahmt und in die Kammer eingesetzt. Mit der fertigen kleinen TPC mit GEM-basierter Auslese wurden IBF und Energieauflösung gemessen. Ziel der Messungen war es, einen möglichst geringen IBF von unter 1 % zu erhalten, um so wenig wie möglich Feldverzerrungen im Driftvolumen der TPC zu erhalten, bei gleichzeitig guter Energieauflösung von mindestens 12 %, um eine gute Teilchenidentifikation in der TPC sicherzustellen.
Da standard GEM-Konfigurationen mit nur drei GEM-Folien zwar eine gute Energieauflösung, jedoch zu viel IBF aufweisen, wurden die Messungen hauptsächlich mit vier GEM-Folien durchgeführt. Es wurden zwei verschiedene Arten von GEM-Folien verwendet, Standard (S) und Large-Pitch (LP) GEM-Folien, die bei einem Großteil der Messungen in der S-LP-LP-S-Konfiguration angeordnet waren.
Es wurde festgestellt, dass sich IBF und Energieauflösung gegenläufig verhalten, bei besser werdendem IBF also die Energieauflösung schlechter wird und umgekehrt.
Es wurden zwei verschiedene Gasmischungen, Ne-CO2-N2 (90-10-5) und Ar-CO2 (90-10), untersucht. Mit Neon wurde bei einem Gain von 2000 gemessen, mit Argon nur bei einem Gain von 1000, da bei Argon die Anzahl der produzierten Elektronen pro cm etwa doppelt so groß ist.
Der IBF war mit beiden Gasmischungen etwa gleich groß. Die Energieauflösung war mit Argon jedoch aufgrund des niedrigeren Gains erheblich schlechter. Mit Ne-CO2-N2 (90-10-5) gelang es, einen Arbeitspunkt mit einer Energieauflösung von etwa 12 % und einem IBF von unter 1 % zu finden, mit Ar-CO2 (90-10) war dies jedoch nicht der Fall.
Walter Benjamins Name taucht in Kracauers fragmentarisch gebliebenem Spätwerk 'History - The Last Things before the Last' (1969) nur wenige Male auf, jedoch finden sich unter den Materialien und Vorarbeiten zu diesem Werk, die in seinem Nachlass im Deutschen Literaturarchiv in Marbach aufbewahrt werden, einige Lektürenotizen zu Benjamins Thesen "Über den Begriff der Geschichte". Ein Briefumschlag mit Karteikarten versammelt eine Reihe von Kommentaren, die es erlauben, Kracauers Blick auf diesen Text zu rekonstruieren. Dies erscheint umso interessanter, als es sich hier um die Rezeption eines sehr gut informierten zeitweiligen Weggefährten und Schicksalsgenossen handelt, der sich als Überlebender in den 1960er Jahren, etwas mehr als zwei Jahrzehnte nach der Entstehung von "Über den Begriff der Geschichte", manchen ihrer einst gemeinsamen Fragestellungen erneut zuwendet.
Karin Baumgartner diskutiert Strategien zur Bewältigung der adligen Legitimationskrise nach den preußischen Landreformen und gegenüber einem bislang unbekannten Rechtfertigungsdruck, der aus einer finanziell oftmals prekären Lage resultierte und seitens eines Bürgertums ausgeübt wird, das als produktive und staatstragende Klasse auf den historischen Schauplatz drängt. Als Gegner des Smithschen Liberalismus und vor allem der französischen Freiheitsdoktrin verteidigt der romantische Staatstheoretiker Adam Müller dabei das positive Recht als organisch gewachsene Institution, deren abrupte Veränderung zugunsten einer entfesselten frühkapitalistischen Produktivität die tradierte natürliche Balance zwischen gewerblichem und landwirtschaftlichem Sektor störe und umstürzlerische Auswirkungen nach sich ziehen könne. Müller sei der Erste, so Karin Baumgartner, der Klasse und Geschlecht aneinanderkopple und damit "Caroline Fouqué Argumente liefert, um die Legitimationskrise des Adels in ihren Romanen als männlich-weibliche Beziehungskrise zu verarbeiten." Gegen den bürgerlichen Vorwurf der Unproduktivität führe Adam Müller darüber hinaus einen "Geist" und eine "Tradition" als allein durch den Adel einzubringende ideelle Ressourcen ins Spiel, die letztlich Stabilität des Gemeinwesens garantieren könnten.
"Wie so oft, war es auch in Ihrem Falle leichter, Unrecht zu tun, als dieses Unrecht wieder gutzumachen." Mit dieser bitteren Bemerkung fasste im Oktober 1957 der Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, der Ökonom Prof. Dr. Hans Möller, in einem Entschuldigungsschreiben an Walter Braeuer ein Rehabilitierungsverfahren zusammen, das bereits mehr als zehn Jahre zuvor im Januar 1946 gestartet war.
Der Beitrag untersucht Polyglossie als eine Form der ästhetischen Polyphonie. Damit rücken die Aspekte der Vielstimmigkeit und Multiperspektivität in den Blick, poetologische Verfahren, die wesentlich die literarische Moderne des 20. Jahrhunderts prägen. Die zivilisatorische Moderne ist gekennzeichnet durch Dialogizität und Vielstimmigkeit, Dezentralisierung und Heterogenität, Simultanität und Interferenz. Über eine Ästhetik des Polyphonen re-lektieren literarische Texte so Merkmale einer modernen Lebens- und Erfahrungswelt, was anhand von Alfred Döblins modernem Großstadtepos "Berlin Alexanderplatz" veranschaulicht wird.
Am klaren sonnigen Tag des 11. Septembers 2001 entführen neunzehn Al-Quaida Terroristen vier Flugzeuge im amerikanischen Luftraum. Um 8:46 Uhr Ortszeit kracht der American Airlines Flug AA 11 in den Nordturm des World Trade Centers. An Bord des Flugzeuges befinden sich 81 Passagiere und elf Besatzungsmitglieder. Nur 18 Minuten später, um 09:03 Uhr, fliegt Flug UA 175 mit 65 Passagieren und 9 Besatzungsmitgliedern in den Südturm.1 Um 9:30 Uhr wird der Flug AA 77 mit 58 Passagieren und sechs Besatzungsmitgliedern in die Nordwestseite des Pentagons geleitet. Um 10:03 Uhr stürzt Flug UA 93 auf ein Feld in Pennsylvania. Letzteres geschah auf Grund eines Kampfes zwischen den Flugzeugentführern und mutigen Passagieren. Spekulationen zufolge sollte das Flugzeug ins Weiße Haus fliegen. In der Zwischenzeit, um 9:59 Uhr, beginnt bereits der Südturm des World Trade Centers einzustürzen, um 10:28 Uhr folgt der Nordturm...
Die vorliegende Arbeit ist das Extrakt umfangreicher Untersuchungen an ausgewählten organischen und metallorganischen Verbindungen im Hinblick auf ihre Polymorphie. Nicht nur die praktischen Arbeiten, wie Synthesen, Polymorphie-Screenings (nach eigens entwickeltem Vorgehen), die chemisch-physikalischen Charakterisierungen neuer polymorpher Formen, sondern auch die Kristallstrukturbestimmungen aus Röntgenbeugungsdaten wurden durchgeführt. Im Fokus der Untersuchungen standen Pigmentvorprodukte, Pigmente, pharmazeutische Wirkstoffe und weitere organische und metallorganische Verbindungen.
Ein Auszug zu Pigmentvorprodukten bilden 2-Ammoniobenzolsulfonate, welche klassische Vorprodukte verlackter Hydrazonpigmente sind. Die bislang unbekannte tautomere Form und Kristallstruktur der CLT-Säure als Zwitterion konnte erfolgreich aus dem Zusammenspiel von IR-, Festkörper-NMR-Spektroskopie und Röntgen-Pulverdiffraktometrie ermittelt werden [1]. Mit Hilfe eines Polymorphie-Screenings konnten nicht nur zwei neue Pseudopolymorphe, sondern auch das Ansolvat der CLT-Säure selbst kristallisiert und ihre Strukturen aus Röntgen-Einkristalldaten bestimmt werden. Hierbei konnte das, aufgrund der Strukturbestimmung aus Röntgen-Pulverdaten proklamierten Tautomer der CLT-Säure verifiziert werden [2]. Mit Hilfe thermischer und röntgenographischer Untersuchungen an drei Derivaten der CLT-Säure, konnte der Einfluss des Substitutionsmusters (Chlor- und Methylsubstituenten) auf die Kristallpackung aufgezeigt werden [3]. Mit Hilfe eines Polymorphie-Screenings an der Iso-CLT-Säure konnten Reaktionen der zum Polymorphie-Screening eingesetzten Lösungsmittel und der Iso-CLT-Säure beobachtet und mittels thermischer und röntgenographischer Ergebnisse aufgeklärt werden. In zwei Fällen konnte eine Deprotonierung und im dritten Fall eine Desulfonierung beobachtet werden. Durch Erwärmen der deprotonierten und desulfonierten Verbindung(en) ist die Rückgewinnung der Iso-CLT-Säure möglich [4]. Ein Polymorphie-Screening an Pigment Red 53 lieferte vierundzwanzig neue Phasen, welche identifiziert und charakterisiert werden konnten. Ferner konnten von neun Phasen die Kristallstrukturen bestimmt werden (acht aus Röntgen-Einkristall- und eine aus Röntgen-Pulverdaten). Mit Hilfe dieser konnte ein Teil der Funktionalisierung von Lösungsmittelmolekülen in Pigment Red 53 aufgedeckt werden. Diverse Beziehungen pseudopolymorpher Formen zueinander konnten auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse bestimmt werden [5]. Mit Hilfe der Ergebnisse aus den Untersuchungen zu Pigment Red 53 konnte mittels Modifizierung der bekannten Syntheseroute zu Pigment Red 53:2 die bekannte α-Phase erhalten werden. Weiterhin konnten neben zehn bekannten weitere fünfzehn neue Polymorphe identifiziert und weitestgehend charakterisiert werden. Die Kristallstrukturen von fünf bekannten und zwei neuen Phasen (sechs aus Röntgen-Einkristall- und eine aus Röntgen-Pulverdaten [6]) konnten bestimmt werden. Anhand der Ergebnisse aus den chemisch-physikalischen Charakterisierungen konnten Einzelbeziehungen zwischen den Phasen beobachtet werden. Die eigene Synthese von Pigment Red 57:1 resultierte in der bereits bekannten α-Phase. Ein Polymorphie-Screening an der α-Phase lieferte neben der bereits bekannten β-Phase elf neue Modifikationen. Schließlich konnte mit Hilfe der gesammelten Daten zur α-, β- und γ-Phase ein Zusammenhang zwischen De-/Rehydratation und dem damit einhergehenden Farbwechsel hergestellt und nachgewiesen werden [7]. Die bislang unbekannte Protonierung und Kristallstruktur von Nimustin-Hydrochlorid konnten erfolg-reich aus der Symbiose von Festkörper-NMR und Röntgen-Pulverdiffraktometrie des Handelsproduktes ermittelt werden [8]. Ebenso konnte die bislang unbekannte Kristallstruktur von 5′-Deoxy-5-fluorouridin konnte erfolgreich aus Röntgen-Pulverdaten des Handelsproduktes bestimmt werden [9]. Nach einem umfangreichen Polymorphie-Screening gelang es, Einkristalle von Tizanidin-Hydrochlorid zu erhalten und dessen Struktur aus Röntgen-Einkristalldaten zu bestimmen. Die bislang angenommene Tautomerie von Tizanidin im Festkörper und flüssiger Phase konnte mittels Röntgen-Einkristalldiffraktometrie und 1H-NMR korrigiert werden [10]. Während thermischer Untersuchungen wurden zwei bisher nicht beschriebene Polymorphe (ein Hochtemperatur- und ein Raumtemperaturpolymorph) gefunden. Schließlich konnte die Kristall-struktur des zweiten bei Raumtemperatur stabilen Polymorphs aus Röntgen-Pulverdaten bestimmt werden.
Es konnte die Kristallstruktur von 4,5,9,10-Tetramethoxypyren [11], eines neuen 2:1 Co-Kristalls aus Chinolin und Fumarsäure [12] und einer biradikalen Azoverbindung [13] aus Röntgen-Pulverdaten bestimmt werden. Neben diesen Verbindungen konnten aus analytischen und röntgenographischen Untersuchungen an ausgewählten Stereoisomeren von Inositol dreizehn neue Phasen erhalten werden. Zudem konnten mehrere Schmelzpunkte mittels DSC-Messungen korrigiert oder als Phasenübergänge oder Zersetzungs-punkte identifiziert werden. Acht Strukturen geordneter Phasen konnten aus Röntgen-Pulverdaten bestimmt werden. Zusätzlich konnten fünf der dreizehn Phasen als Rotatorphasen identifiziert und deren Elementarzelle ermittelt werden [14]. Auf Basis einer neuen Syntheseroute konnten ein Cobalt(II)- und ein Zink(II)-fumarat-Anhydrat, welche im Vergleich zu den bisher bekannten Hydraten besser wasser-löslich sind, erhalten werden. Diese Anhydrate konnten zur Kristallisation eingesetzt werden und lieferten alle bisher bekannten und zusätzlich drei neue Kristallphasen (zwei neue Cobalt(II)-fumarat-Hydrate und ein neues Zink(II)-fumarat-Hydrat). Die Kristallstrukturen der drei neuen Kristallphasen konnten aus Röntgen-Einkristalldaten bestimmt werden [15 und 16].
[1] S. L. Bekö, S. D. Thoms, J. Brüning, E. Alig, J. van de Streek, A. Lakatos, C. Glaubitz & M. U. Schmidt (2010), Z. Kristallogr. 225, 382–387; [2] S. L. Bekö, J. W. Bats & M. U. Schmidt (2012), Acta Cryst. C 68, o45–o50; [3] S. L. Bekö, C. Czech, M. A. Neumann & M. U. Schmidt. "Doubly substituted 2-ammonio-benzenesulfonates: Substituent influence on the packing pattern", eingereicht; [4] S. L. Bekö, J. W. Bats, E. Alig & M. U. Schmidt (2013), J. Chem. Cryst. 43, 655–663; [5] S. L. Bekö, E. Alig, J. W. Bats, M. Bolte & M. U. Schmidt. "Polymorphism of C.I. Pigment Red 53", eingereicht; [6] T. Gorelik, M. U. Schmidt, J. Brüning, S. Bekö & U. Kolb (2009), Cryst. Growth Des. 9, 3898–3903; [7] S. L. Bekö, S. M. Hammer & M. U. Schmidt (2012), Angew. Chem. Int. Ed. 51, 4735–4738 und Angew. Chem. 124, 4814–4818; [8] S. L. Bekö, D. Urmann, A. Lakatos, C. Glaubitz & M. U. Schmidt (2012), Acta Cryst. C 68, o144–o148; [9] S. L. Bekö, D. Urmann & M. U. Schmidt (2012), J. Chem. Cryst. 42, 933–940; [10] S. L. Bekö, S. D. Thoms, M. U. Schmidt & M. Bolte (2012), Acta Cryst. C 68, o28–o32; [11] M. Rudloff, S. L. Bekö, D. Chercka, R. Sachser, M. U. Schmidt, K. Müllen & M. Huth. "Structural and electronic properties oft he organic charge transfer system 4,5,9,10-tetramethoxypyrene - 7,7,8,8-tetracyanoquinodimethane", eingereicht; [12] S. L. Bekö, M. U. Schmidt & A. D. Bond (2012), CrystEngComm 14, 1967–1971; [13] S. L. Bekö, S. D. Thoms & M. U. Schmidt (2013), Acta Cryst. C 43, 1513–1515; [14] S. L. Bekö, E. Alig, M. U. Schmidt & J. van de Streek (2014), IUCrJ 1, 61–73; [15] S. L. Bekö, J. W. Bats & M. U. Schmidt (2009), Acta Cryst. C 65, m347–m351; [16] S. L. Bekö, J. W. Bats & M. U. Schmidt. "One-dimensional zinc(II) fumarate coordination polymers", akzeptiert.
Die Goethe-Universität ist einer der größten Verkehrserzeuger der Stadt Frankfurt. Der Bericht zum Mobilitätsmanagement stellt zunächst die drängendsten Herausforderungen an der Goethe-Universität exemplarisch für den größten Campus, den Campus Westend, dar. Anschließend werden Maßnahmen zur Verbesserung der Situation abgeleitet und hinsichtlich ihrer Wirkung, ihrer zeitlichen Realisierung und der notwendigen Kosten abgeschätzt. Übergreifend wird die Einführung eines institutionalisierten Mobilitätsmanagements für die Goethe-Universität vorgeschlagen. Damit können – in enger Abstimmung mit weiteren städtischen Akteuren – Maßnahmen zu einer sowohl effizienteren als auch umweltfreundlicheren und sicheren Gestaltung des Verkehrs von Studierenden und Beschäftigten umgesetzt werden.
Die vorliegende Arbeit liefert ein Kurzportrait von Botrychium simplex und beschreibt zunächst die biologischen Besonderheiten und die Verbreitung in Deutschland. In einem dritten Teil wird eine demographische Studie vorgestellt und über Langzeitbeobachtungen an der aktuell einzigen deutschen Population (in der Senne, Nordrhein-Westfalen) berichtet. Wie bei allen Mondrauten keimen bei B. simplex die Sporen im Boden, und die Gametophyten entwickeln sich nur weiter, wenn sie von einem arbuskulären Mykorrhizapilz infiziert wurden; auch die Sporophyten sind mykotroph. Typisch sind ein- oder auch mehrjährige Ruheperioden, in denen bei einzelnen Pflanzen keine oberirdischen Organe gebildet werden. Als kleinwüchsige und konkurrenzschwache Art ist B. simplex auf lückige und kurzrasige Pflanzengesellschaften angewiesen. Die morphologische Variabilität der Blätter ist ungewöhnlich groß, und vor allem die Form des sterilen Abschnitts ist vielgestaltig. Von den mehreren in Nordamerika unterschiedenen Varietäten kommt neben der häufigeren var. simplex auch var. tenebrosum in Mitteleuropa vor. Botrychium simplex ist eine Art der gemäßigten bis kühl-gemäßigten Zone mit einem Areal, das Europa, Nordamerika sowie Indien und Japan einschließt. In Deutschland sind Vorkommen aus 3 Jahrhunderten und auf 12 Messtischblättern belegt. Die Funde konzentrieren sich auf das 19. Jahrhundert; aus dem 20. Jahrhundert stammen lediglich 5 Angaben.
Zu den exzellenten Frankfurter Neurowissenschaftlern des 20. Jahrhunderts zählt Kurt Goldstein. Er durchlief die harte Schule von Ludwig Edinger. Bekannt wurde er jedoch durch einen eigenständigen Ansatz, der mit dem Schlagwort ganzheitliche Neurologie charakterisiert werden kann. Er wandte sich gegen die Auffassung, »Funktionen« im Gehirn exakt lokalisieren zu können, ohne den lokalisatorischen Ansatz vollständig zu verwerfen. Besondere Aufmerksamkeit schenkte er den Kompensationsreaktionen des Gehirns und des »ganzen« Menschen. » […] he never forgot that he addressed an individual, not a brain«, brachte es sein Schüler Walther Riese auf den Punkt.
Jetzt, nach Beendigung vieler Jahre der Lehre und Forschung an der Goethe-Universität, kann ich diese Zeit mit einem Abstand überdenken. Der Freiraum für solch nicht zweckgerichtetes Verhalten ist während der praktischen Tätigkeit an der Universität äußerst gering und muss hart erkämpft werden, wie jedes Stück Freiheit. Rückblickend sehe ich, dass der Wunsch, über das Detailwissen hinaus ganzheitliche Zusammenhänge zu betrachten und über die eigene Fachgrenze hinauszugehen, meinen Weg geprägt hat.
Verschiedentlich ist bemerkt worden, dass Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker" nicht als Kriminal-, sondern als ein Antikriminalroman zu lesen sei. Die Differenz zwischen den beiden Gattungen sei, so der kleinste gemeinsame Nenner der verschiedenen Argumentationen, darin zu sehen, dass Kommissar Bärlach im Fall des getöteten Polizisten Schmied nicht nur ermittle, sondern aktiv in den Fall eingreife. [...]
Im Folgenden soll plausibel gemacht werden, dass Bärlachs metonymische Ausweitung seiner Ermittlungsarbeit zum metaphysischen Richter seiner besonderen kriminalistischen Ausrichtung geschuldet ist. Um diese zu rekonstruieren, bedarf es jedoch einer Kontrastierung durch die methodischen Ansatze, von denen er sich absetzt.
Wer nicht nur die Tag-, sondern auch die Nachtseite des menschlichen Seelenlebens beschreiben möchte, so könnte die Konsequenz aus dem Vergleich der beiden Texte Hoffmanns lauten, muss sich die, der Zigeunerin zugeschriebene, "schmutzige" Kraft der Natur zu eigen machen. Umgekehrt resultiert daraus, dass sich in dieser schmutzigen Kraft, über welche die Zigeunerin verfügt, Potenzial von allerhöchstem literarischen Adel verbirgt. Zigeunerromantik eben.
[...] Halten wir [...] als Arbeitshypothese fest, dass Jean Paul in seinem zweiten bürgerlichen Roman nach dem "Siebenkäs" einerseits den Gedanken der psychischen Doppelgängerschaft fortschreibt, ihm aber andererseits über die Zwillingsmetapher eine neue, hereditäre und generative Dimension verleiht.
Auch wenn das auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheint, steht diese Veränderung, wie sich herausstellen wird, für eine größere und größer werdende Unähnlichkeit zwischen den beiden Helden. Der gleitende Wechsel der Metaphern markiert also einen sich schon im "Siebenkäs" abzeichnenden, in den "Flegeljahren" jedoch verstärkt fortgesetzten Entfremdungsprozess der für
die bürgerlichen Romane konstitutiven Doppel-Protagonisten.
[...] [Hoffmann] ist es im Sandmann [...] darum zu tun, beide Lesarten, die des Übernatürlichen/Wunderbaren auf der einen Seite und des Natürlichen, in diesem Falle: des dezidiert Psychologischen, auf der anderen, in der Schwebe zu halten. [...] er verfolgt [...] eine Strategie der unsinnlichen Ähnlichkeit, dergestalt dass das Wunderbare mittels einer metaphysisch angereicherten Psychologie als allegorisch lesbar wird.
Das Thema des Monologs ist das Schreiben und Sprechen als
"närrische Sache". Ich beginne meine Lektüre, indem ich den Begriff wörtlich nehme: Ein Narr ist, in der Psychologie der Zeit, jemand, der an Melancholie leidet, dessen Verstand bzw. Vernunft jedoch nicht vollständig, sondern nur teilweise angegriffen ist. [...] Die Diagnose der Narrheit gilt auch [...] für denjenigen, der sich in Novalis' Augen der Sprache zuwendet. Auch er wird zum Narren oder Partialwahnsinnigen, der sowohl vernünftig als auch ganz und gar unvernünftig sprechen kann. Die Krankheit liegt aber, und das stellt eine Differenz gegenüber der Psychologie der Zeit dar, nicht im Sprechenden, zumindest nicht in ihm allein, sondern in der Sprache. Sie selbst ist es, welche die "närrische Sache" ausmacht.
Voraussetzung für argumentative Rede ist zum einen ihre Kohärenz; zum andern das Gelingen ihrer Referenz. Die Texte, die der poeta doctus Musil unter dem Titel 'Drei Frauen' versammelt hat, gehören nicht der argumentativen Rede an. Sie sind erzählender Natur. Dennoch problematisieren sie, wie wir vertreten möchten, die Voraussetzungen argumentativer Rede. Während 'Die Portugiesin' mit der Deixis (wie andernorts schon vorgeführt) den Weltbezug zu ihrem Thema macht, handeln 'Grigia' und 'Tonka' von der Verknüpfung elementarer Sätze zu Texten. In beiden Erzählungen werden die Konjunktionen zum Problem; das aber aus signifikant verschiedenen Gründen. Aus ähnlich verschiedenen Gründen werden in den fiktionalen Welten, die uns in 'Grigia' und 'Tonka' begegnen, Zusammenhänge zum Problem. Ein Textvergleich tut not; er führt auf die Bezüge, die wir soeben angedeutet haben.
Aktuelle Berichte
(2014)
Repräsentationen der verlorenen Heimat in der deutschsprachigen Literatur Böhmens, Mährens und Schlesiens. Internationale Tagung in Vitoria-Gasteiz, 27.-29. Juni 2013
Transnationale Repräsentationen von Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg (Deutschland - Polen - Tschechien - Slowakei). Internationale Tagung an der Universität Lille 3, 20.–22. März 2014
"Ende einer Ära. 1914 in den Literaturen der Donaumonarchie und ihrer Nachfolgestaaten". 22. Franz Werfel-StipentiatInnen-Tagung in Wien, 28.–29. März 2014
Projekt SpoluRosteme :: ZusammenWachsen :: 30 Jahre GFPS-Geschichte im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung in Mittel- und Osteuropa. Internationales Seminar in Ústí nad Labem, 3.–6. April 2014
Zentren und Peripherien. Deutsch und seine interkulturellen Beziehungen in Mitteleuropa. Sektion: "Macht und Ohnmacht. Hegemonialität und Marginalität in den Literaturen Mitteleuropas". IV. Kongress des MGV in Erfurt, 10.–12. April 2014
Eine "Nomadisierung der Moderne"? Interdisziplinäre Perspektiven der Interkulturalitätsforschung. Internationale Tagung am Internationalen Forschungszentrum Chamisso-Literatur an der Universität München, 26.–28. Juni 2014
"Deutsch ohne Grenzen". Tagung des Germanistenverbandes der Tschechischen Republik in České Budějovice, 16.–18. September 2014
Frieden und Krieg im mitteleuropäischen Raum. Historisches Gedächtnis und literarische Reflexion. Kolloquium der Österreich-Bibliotheken im Ausland. Tschechische Republik, 20.−27. September 2014
Ohne Fußball kommt auch diese Netzschau nicht aus. Aber keine Sorge, es gibt auch einiges zu feministischem Aktivismus, buddhistischer und dschihadistischer Gewalt, Separationsbewegungen in Europa, deutschem Engagement in Mali, politikwissenschaftlichen Podcasts und News rund um die muslimische Welt auf die Augen.
„Eine neue Woche bringt eine neue Netzschau”. So oder so ähnlich besang es schon Jürgen Marcus, so oder so ähnlich habe ich es auch gehalten. Diese Woche nur „so ähnlich“, da es wenig Blogposts (zu Dschihadismus und dem Wissenschaftsbetrieb), aber dafür viele Artikel (zu Boko Haram, Putins „Kriegspolitik“) und Videos („Art War“, „Die Arier“ etc.) geworden sind. Viel Spaß!
Bosnien, Türkei, Ägypten, Ukraine – die Netzschau kommt dieser Woche einer Protestschau gleich. Bewegungsforscher & Bewegte also aufgepasst. Ihr anderen aber auch: Es geht schließlich auch um die aufmerksamkeitsökonomisch bedingte Ignoranz gegenüber dem Leid im Südsudan, Versicherheitlichung in der Schweiz und selbstreferenzielle Diskurse der Politikwissenschaft. Viel Spaß!
Der dritte Advent ist geschafft, wie biegen auf die Zielgerade gen Weihnachten, Jahreswechsel und Bretterblogpause ein. In der letzten, diesmal recht bunten Netzschau diesen Jahres drehen wir uns um Islamophobie und Rassismus, Folter, Cyberpeace, die “resistance” und soziale Bewegungen und schließlich “IS(IS)”.
Wegen Pfingsten und der Pfingsthitze, erscheint unsere Netzschau pünktlich zum zweiten Start der Woche – der Woche des Starts der Fußball-WM in Brasilien (die FAZ fasst noch einmal schön zusammen, warum niemand euphorisch ist). Darum starten wir auch gleich mit zwei Fußball-IB-Beiträgen bevor wir uns der Sanktionsforschung, Gender in der Sicherheitspolitik und quasi-soziologischen Betrachtungen über das Gebahren in den IB widmen.
Eine dramatische Woche liegt hinter uns: die Verleihung des Friedensnobelpreises und die Proteste in Hong Kong waren dabei beispielsweise wichtige Themen. Da wir über beides schon (hier und hier) gebloggt haben, fokussiert die Netzschau auf drei (tragische) Klassiker der letzten Monate: Irak und Syrien bzw. YPG gegen IS(IS), die Ukraine und Vladimir Putin, Edward Snowden und der Kampf für Privatsphäre – ergänzt durch einen Blick auf den Zusammenhang von Sport und Emanzipation von Frauen im Mittleren Osten.
Die folgenden Überlegungen behandeln Phänomene der Temporalität und Zeitchoreographie in Walter Benjamins Prosamix 'Berliner Kindheit um neunzehnhundert'. Es gilt darüber nachzudenken, inwieweit es sich hierbei um ein ästhetisch induziertes Zeitarrangement handelt, von dem sich sagen ließe, dass in Augenblicken dieser faszinierenden Erinnerungsbilder die Zeit poetologisch konzeptionell geordnet, doch nicht instrumentell hierarchisiert wird. Sollen also Zeitphänomene im ästhetischen Modus betrachtet werden, so wird es unverzichtbar sein, sich der ästhetisch realisierten Zeitvarianten so zu versichern, dass eine minimale Zeitphilosophie formulierbar ist, die mehr besagt als eine rein systematisierende Zeitkasuistik. Von einer mikrologischen Zeitrettung könnte dann gesprochen werden, wenn unter dem Modus der Erinnerung dieser autobiographischen Sequenzen nicht allein Aspekte der Verräumlichung und Topographie verstanden werden, sondern stattdessen auch jene Zeitreserven in den Blick genommen werden, die besonders im Modus der Selbstwahrnehmung beim Erinnern hervorgebracht werden. Ich möchte die These vertreten, dass Benjamin als Zeitsammler, Zeitbewahrer und als uchronischer Zeitphysiognomiker auf der Grundlage einer tendenziellen Stillstellung von Zeit in diesen prosaischen Bildsequenzen gegenläufig geradezu multiple und dynamisierte Zeitphänomene und Zeiterfahrungen hervorbringt. Da diese an einen bestimmten rekursiven Wahrnehmungsmodus gebunden sind, werden zunächst Phänomene dieses Modus behandelt, um anschließend damit einhergehende Typen ästhetischer Eigenzeiten zu benennen und diese im Zusammenhang mit einer strukturierenden Logik der uchronischen Zeitlichkeit in der 'Berliner Kindheit' zu denken.
Protagonist des Buches des nigerianisch-kanadischen Historikers Bonny Ibhawoh (Hamilton, Ontario) ist das Judicial Committee of the Privy Council (JCPC), das 1833 formal als letzte Appellationsinstanz für die koloniale Gerichtsbarkeit im Britischen Empire installiert wurde. Das JCPC fungierte zugleich als Beratergremium der Krone und als letztinstanzliches Gericht mit einem unklaren Status: Die Richter des JCPC sprachen keine bindenden Urteile, sondern gaben Entscheidungsempfehlungen an die Krone, welche diese in Form von Orders in Council verbindlich erließ. Bislang hatte sich die historische Forschung auf die Rolle des JCPC bei der Entwicklung des Case Law in Regionen des sog. Old Empire, d. h. Kanadas, Australiens, Neuseelands und Irlands, konzentriert. Die vorliegende Monografie rekonstruiert zum ersten Mal seine Bedeutung für die Rechtsentwicklung in den afrikanischen Kolonien, allerdings ohne die Befunde in Bezug zu den Ergebnissen der Old Empire-Forschungen zu setzen. Dagegen erhält die Analyse besondere Tiefe durch die Auswertung der reichen archivalischen Quellen des JCPC, die Ibhawoh noch in einem »staubigen Keller in der Downing Street« konsultierte (22) und die inzwischen in die National Archives in Kew überführt wurden. Der Beobachtungszeitraum erstreckt sich von 1890 bis zum Ende der 1960er Jahre, als sich die unabhängig gewordenen ehemaligen Kolonien aus dem Rechtsprechungsverbund des Commonwealth lösten und die Appellation an das JCPC in ihren Verfassungen abschafften. ...
Die Sonette II 9 bis II 11 der Sonette an Orpheus werden in der Forschung als Gruppe bezeichnet. Man gibt der Gruppe gern ein Etikett, das diese Behauptung rechtfertigen soll. Die Argumente lauten "Neuzeit", "Modernisierungskritik" und
"Disparatheit der Welt". Allen gemein ist die Annahme eines Bezugs zu einer außerliterarischen Wirklichkeit.
Zunächst wäre zu klären, wo der Begriff "Graphic Novel" herkommt, welche Funktion er in einer groß angelegten Imagekampagne für den Comic hat und welche Kritik man an ihm üben kann. Dies geschieht anhand von ausgewählten Beispielen aus dem aktuellen Diskurs über "Graphic Novels", wie er von Comicschaffenden, Comicverlagen, VertreterInnen des Buchhandels und dem Feuilleton geführt und von der Comicforschung reflektiert wird. Vor allem soll in diesem Aufsatz jedoch der Versuch unternommen werden, den Begriff Graphic Novel, der nun einmal unleugbar da ist und eine gewisse Popularität genießt, probeweise einmal ernstzunehmen, statt bloß seine Schwächen zu kritisieren und ihn abzulehnen. Es kann ausnahmsweise durchaus produktiv sein, sich zu fragen, wie der möglicherweise leere Begriff sinnvoll gefüllt werden kann.
Der Aufsatz untersucht das syntaktische Verhalten nicht-satzförmiger Adverbialia im Deutschen und im brasilianischen Portugiesisch in vergleichender Perspektive. Behandelt werden Adverbialia aus sechs Klassen, deren semantische Funktionen von der Sachverhaltsbeschreibung bis zur Beschreibung von Handlungsabsichten des Sprechers reichen. Insgesamt zeigen sich große Ähnlichkeiten zwischen den Vergleichssprachen. Im Deutschen scheint eine etwas stärkere Tendenz zu bestehen, Adverbialia syntaktisch zu integrieren, während es im Portugiesischen mehr Möglichkeiten gibt, sie desintegriert zu verwenden.
Der vorliegende Beitrag fokussiert die produktive Rezeption und die kreativ-ästhethische Remodulation literarischen und kulturellen Materials in Lewalds "Italienischem Bilderbuch". Dem Vorhaben liegt die Annahme zugrunde, dass die Reiseschilderung zwar wesentlich durch ein tradierten Vorbildern verhaftetes epigonales Erzählen geprägt ist, dieses jedoch wiederholt an einzelnen Stellen im Bewusstsein literarischer Autonomie zu konterkarieren sucht. Im Rückgriff auf Manfred Pfisters "Systematik zur Intertextualität im Reisebericht" (1993) lässt sich Lewalds Reiseprosa zum einen als Ausdruck einer huldigenden Intertextualität beschreiben, der folgendes erzählerische Programm zugrunde liegt: Lewald bereist die Stationen der etablierten Bildungsreise und ordnet ihren Text gemäß dieser chronologischen Strukturprinzipien. Durch die Aktualisierung tradierter Topoi der Italiendichtung sowie durch das Anzitieren von gattungsprägenden Texten und Diskurselementen exponiert der Text seinen Status als epigonales Werk. Zum anderen lassen ausgewählte Einzelstellen Ansätze einer dialogischen Intertextualität erkennen. Die rezipierten Textzeugen werden hier am selbst Wahrgenommenen gemessen, hinterfragt und gegebenenfalls auch korrigiert. [...] Anhand von fünf paradigmatischen Textstellen sollen formale Gestaltung und Funktion dieses intertextuellen Rekursspiels ästhetisch bestimmt und kontextuell plausibilisiert werden. Referenzen auf einzelne Autoren (Goethe, von Platen, Byron) sollen dabei ebenso untersucht werden wie Stoff- und Gattungsbezüge (Mythos, Märchen und Legende).
Epiphytische Moose in Nordrhein-Westfalen : häufige Arten und Einwanderung atlantischer Arten
(2014)
In Mitteleuropa sind die klassischen Epiphyten unter den Moosen und Flechten zu finden. In diesem Pflanzenportrait werden einige häufigere und einfach zu erkennende epiphytische Moose vorgestellt. Man kann sie in vielen Teilen Mitteleuropas finden, teilweise auch im Siedlungsbereich und hier besonders auf Friedhöfen und in Parks. Atlantische Arten, die sich seit einigen Jahren in Nordrhein-Westfalen ausbreiten, können einen Anreiz geben, sich näher mit epiphytischen Moosen zu beschäftigen. Von diesen werden das Hübsche Goldhaarmoos (Orthotrichum pulchellum, Moos des Jahres 2008) und das Einseitswendige Verstecktfruchtmoos (Cryphaea heteromalla) ausführlicher besprochen.
In Nordrhein-Westfalen wachsen mehrere kleinblütige Arten der Gattung Geranium (Storchschnabel). Die meisten sind zumindest im blühenden Zustand schon von Anfängern zu erkennen. Dieses Porträt richtet sich aber auch an Fortgeschrittene: Der wenig bekannte Glattfrüchtige Storchschnabel (G. aequale), der dem Weichen Storchschnabel (G. molle) sehr ähnelt und in den meisten Bestimmungsbüchern und Floren fehlt, wird ausführlich besprochen. In dieser Arbeit werden die kleinblütigen Geranium-Arten zur Blütezeit mit zahlreichen Fotos vorgestellt, wobei sowohl Blüten-, Frucht- und vegetative Merkmale berücksichtigt werden.
Ein neophytisches Schaumkraut, das sich am Bodenseeufer massiv ausgebreitet hat und in jüngster Zeit vielfach auch in Belgien und den Niederlanden beobachtet wurde, konnte als Unkraut in einem Gartencenter, einem Baumarkt und auf drei Friedhöfen in Aachen nachgewiesen werden. Die Art wird als Japanisches Reisfeld-Schaumkraut, Cardamine flexuosa auct., Asian C. flexuosa, C. flexuosa subsp. debilis und aktuell als C. hamiltonii bezeichnet. Offenbar handelt es sich um Erstnachweise für Nordrhein-Westfalen.
Die Bryologisch-Lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa e. V. (BLAM) hat Peltigera didactyla zur Flechte des Jahres 2013 gewählt. Dies soll als Anlass dienen, Peltigera didactyla und zwei weitere, in Nordrhein-Westfalen ungefährdete Peltigera-Arten, P. praetextata und P. rufescens, näher vorzustellen. Allgemeine Angaben zur Gattung Peltigera (Schildflechten, Hundsflechten) runden dieses Pflanzenporträt ab.
Im Zuge der Neuübersetzung von 'Bullet Park' (1969) des US-Amerikaners John Cheever unter dem Titel 'Die Lichter von Bullet Park' (2011) beschäftigten sich auch die deutschen Feuilletons wieder mit der Bedeutsamkeit und Eigentümlichkeit dieses Autors. Schließlich stand ein Jubiläum an - der hundertste Geburtstag im Jahr 2012. Die Reaktionen waren überschwänglich positiv. Vom Entlarven des verlogenen amerikanischen Traums war ebenso die Rede wie von einer überaus gelungenen Gesellschaftssatire. 'Bullet Park' ist vielleicht Cheevers bekanntester Roman, jedenfalls dürfte es sein einflussreichstes Buch sein. Zu erwähnen ist vor allem die amerikanische Fernsehserie Mad Men, deren erste Staffel seit 2010 auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland ausgestrahlt wurde und die auf Cheevers Roman als Vorlage zurückgreift.
Klaus Harpprecht schrieb in der Wochenzeitung 'Die Zeit" bezüglich Cheevers, er habe ein treffendes Bild gezeichnet von dem "Milieu der middle class, die ihre eigene Dekadenz zu züchten verstand, […]". Wenn Dekadenz als notwendige Konsequenz des Lebens in einer US-amerikanischen Vorstadt verstanden wird, als unvermeidbar zum Dasein in der Abschottung eines nahezu geschlossenen Wohnkomplexes gehörend, dann legt Cheevers Roman Symptome einer dort florierenden Dekadenz der 1960er Jahre bloß. Alexander Schimmelbusch ging in seinem Beitrag in 'der Freitag' näher auf die Widersprüchlichkeit ein, die das Leben in der 'suburb' charakterisiert. Er erinnerte daran, dass Cheever im Jahr 1945 mit seiner Frau und der zweijährigen Tochter an die Upper East Side New Yorks gezogen war. Nach der Geburt des zweiten Kindes bot die ohnehin zu teure Wohnung nicht mehr Platz genug für die vierköpfige Familie, und ein Umzug in die Vorstadt, nach Westchester, stand an, genauer "in einen ehemaligen Geräteschuppen am Rande eines großen Anwesens", wo zuvor bereits Richard Yates gewohnt hatte. Das war im Jahr 1951. Kurze Zeit später hat die Familie dann ein Haus bezogen.
Die Vorstadt ist Mythos und Alptraum zugleich.
Die Erfolgsquote von rund 10 Prozent ist gering, der Arbeitseinsatz hoch. Doch weil die Europäische Union Fördersummen in Millionenhöhe ausschüttet, ermutigt die Universität ihre Wissenschaftler, Anträge zu stellen und unterstützt sie dabei. Der Wirtschaftsjournalist Dr. Michael Braun hat die Beteiligten nach den Schlüsseln zum Erfolg gefragt.
Die Volkshochschulen sind der größte Bildungsanbieter in Deutschland. 2013 startete eine VHS-Initiative den vhsMOOC: eine offene Online-Veranstaltung zum Thema selbstbestimmtes Weblernen. Auf mehreren Plattformen wie Google+, Facebook und Twitter wurde gleichzeitig gepostet und kommentiert, auf YouTube entstanden 48 Videos zum vhsMOOC, in denen sich VHS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Weblernen, neue Lehr- und Lernformate, unterstützende Tools und die Entwicklung der Volkshochschulen äußern. Der Band fasst den Verlauf, die Argumente und die Ergebnisse der achtwöchigen Online-Lehrveranstaltung zusammen. Passend zum offenen Format des vhsMOOC sind die Inhalte des Bandes auch auf wbv Open Access verfügbar.
Im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie und der Goethe-Universität Frankfurt fand in Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) eine umfassende Studie zum konvektiven Unwetterpotential über Thüringen statt. Unwetterereignisse, die durch konvektive Prozesse in der Atmosphäre verursacht werden, besitzen ein nicht unerhebliches Schadenspotential, obwohl sie oftmals eine räumlich eng begrenzte Ausdehnung aufweisen. Aufgrund ihrer Charakteristik ist sowohl die Vorhersage solcher Ereignisse, als auch eine vollständige, systematische Erfassung für eine detaillierte Auswertung längerer Zeitreihen noch immer eine Herausforderung. Zusätzliches Interesse besteht in der Abschätzung der durch den Klimawandel abhängigen Entwicklung des zukünftigen Gefährdungspotentials konvektiver Unwetter. Für eine gezielte Untersuchung des Themenkomplexes ist eine Vielzahl unterschiedlicher Daten und Methoden verwendet worden. Mit Hilfe von Fernerkundungsdatensätzen wird ein räumlich differenziertes Gefährdungspotential über Thüringen nachgewiesen. Bedingt durch das Relief ist das Auftreten von Konvektion am häufigsten und intensivsten über dem südlichen Thüringer Wald und dessen Ostrand zu beobachten, während Nordthüringen eine deutlich geringere Aktivität solcher Unwetterereignisse aufweist. Eine Abschätzung mittels globaler Klimamodelle und daraus abgeleiteten Wetterlagen zeigt unter Berücksichtigung des RCP8.5 Klimaszenarios für die nahe Zukunft (2016-2045) eine Zunahme des Gefährdungspotentials durch konvektive Unwetter. Aufgrund des Anstiegs feuchter Wetterlagen (49 % auf 82 %) erhöht sich die Zunahme der Gefährdung für den Zeitraum 2071-2100 noch deutlicher. Im Vergleich zu diesem statistischen Ansatz nimmt die projizierte Gefährdung durch extreme Ereignisse erheblich zu (Faktor 6), wenn die Ergebnisse expliziter Simulationen konvektiver Ereignisse mit einem regionalen Klimamodell (mit horizontaler Gitterdistanz von 1 km) und eine Zunahme der Tage mit konvektiven Extremereignissen berücksichtigt werden. Ein Anstieg der Gefährdung durch konvektive Unwetter in der Zukunft ist wahrscheinlich. Eine Quantifizierung bleibt jedoch unsicher.
Über die seit dem Altertum übliche Verwendung der Knollen von Orchis morio und verwandter Arten (Salep) wird aus kulturhistorischer Sicht berichtet. Dabei wird auf die Gewinnung von Salep und seine Bedeutung als Aphrodisiakum, als pharmazeutische Droge und technisches Hilfsmittel eingegangen. Es folgen Ausführungen zur Bestandssituation von Orchis morio im Altmarkreis Salzwedel.
Eines der Kapitel Adornos vielschichtiger Ästhetischer Theorie beginnt mit der folgenden Reflexion der ästhetischen Erfahrung: "Dass die Erfahrung von Kunstwerken adäquat nur als lebendige sei, sagt mehr als etwas über die Beziehung von Betrachtendem und Betrachtetem, über die psychologische Kathexis als Bedingung ästhetischer Wahrnehmung. Lebendig ist ästhetische Erfahrung vom Objekt her, in dem Augenblick, in dem die Kunstwerke unter ihrem Blick selbst lebendig werden. [...] Durch betrachtende Versenkung wird der immanente Prozesscharakter des Gebildes entbunden. Indem es spricht, wird es zu einem in sich Bewegten." Diese Sätze entwerfen, was sozusagen am Anfang der ästhetischen Erfahrung geschieht und verraten auch etwas davon, was die ästhetische Erfahrung einhalten sollte. Versuche ich diese Worte zu bedenken, tritt eine Sache ganz deutlich hervor: Das Werk wird "lebendig", dieses "neues Leben" erweckt, ruft der erfahrende Blick hervor, der Blick belebt das Werk. Auf der anderen Seite kann man hier auch etwas anderes erahnen: Als ob gerade dieses "neues Leben" dazu notwendig wäre, dass selbst die Erfahrung "lebendig" wird. Wir können ein bisschen naiv fragen: Belebt mich, den Betrachtenden, das belebte, lebendige Werk irgendwie zurück? Bin ich eigentlich nicht lebendig? Brauche ich belebt zu werden? ...
Während der Arbeit an den 'Thesen über den Begriff der Geschichte' hat Walter Benjamin den in der Geschichtsschreibung gebräuchlichen Begriff der "Quelle" einer radikalen Kritik unterworfen, die die Formen der Überlieferung überhaupt infrage stellt. Statt sich an das Schauspiel eines Stroms der Überlieferung zu verlieren, zu dem sich die Quellen vereinigt haben, frage der historische Materialist danach, wessen Mühlen der Strom treibe, wer sein Gefälle verwerte, wer ihn eindämmte, und indem er die Kräfte beim Namen nenne, "die in ihr am Werke gewesen sind", verändere er "das Bild der Landschaft" (GS I, 1160 f.). Diese Kritik sieht die "Quellen" in einen selber von Interessen und Macht bestimmten, weitgehend 'verderbten' Prozess der Überlieferung eingebunden. In der echten Geschichtsschreibung, heißt es in einem Entwurf der 'Thesen', erwachse daraus, und eben so stark wie ihr destruktiver Impuls, "der Impuls der Rettung", nicht nur vor "dem Verruf und der Mißachtung", in die Gewesenes geraten ist, sondern eben "vor einer bestimmten Art seiner Überlieferung" (WuN XIX, 128) selber. Der Begriff der "Quelle" gehört für Benjamin einer positivistisch verstandenen 'reinen' Wissenschaft der Geschichte an; der "wissenschaftliche" Charakter der Geschichte aber wird "erkauft mit der gänzlichen Ausmerzung alles dessen, was an ihre ursprüngliche Bestimmung als Eingedenken erinnert. Die falsche Lebendigkeit der Vergegenwärtigung, die Beseitigung jedes Nachhalls der 'Klage' aus der Geschichte bezeichnet ihre endgültige Unterwerfung unter den modernen Begriff der Wissenschaft." (GS I, 1231) Die 'Thesen' legen theoretisch-methodisch den Grund dafür, dass Referenztexte ganz anders aufgefasst werden als "Quellen" in einer begriffs- oder ideengeschichtlichen Darstellung. Wie aber dann, zumal in den 'Thesen' selber? Die Frage nach der Funktion der Referenzen in den 'Thesen' ist anders zu stellen als die nach einer Verwendung von Quellen, nämlich als die Frage danach, in welcher Weise Benjamin 'in' ihnen, 'mit' ihnen und 'gegen' sie denkt. So kommen auch die unterschiedlichen Formen der nicht explizit gemachten, verborgenen Referenzen ins Spiel.
Bei Schnee, Frost um -5 C° und eisigem Ostwind scharrte sich die für diese Verhältnisse bemerkenswert große Exkursionsgruppe um winterliche Bäume und Mauern und grub Moose aus dem Schnee. Diesmal wurde der Bereich der I-Nordstraße von IB-Gebäude bis zum Park zwischen ID und ND aufgesucht. Und der Einsatz wurde belohnt: Die Artenliste der Ruhr-Uni, die durch die Exkursionen der vergangenen Jahre bereits beachtliche Ausmaße annimmt, konnte noch um einige Arten erweitert werden.