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Seit Montag hat sich der dringende Verdacht erhärtet, dass der CDU-Politiker und nordhessische Regierungspräsident Walter Lübcke durch einen neonazistischen Täter ermordet worden sein soll. Der mutmaßliche Täter war laut antifaschistischen Recherchen lange Jahre in der extrem rechten Szene rund um Kassel aktiv und eng vernetzt. Die Ermittlungen sind noch im Gange, aber schon gibt es eine Debatte darüber, ob Stephan E. als Einzeltäter gehandelt haben könnte oder es Unterstützer gegeben hat. In der jüngeren Vergangenheit wurden rechtsterroristische Attentate mitunter als "Amokläufe" von Einzelnen verharmlost, wodurch gleichsam die ideologischen Zusammenhänge solcher Taten negiert werden. Unabhängig vom Fall Lübcke ist jedoch die Frage nach einer vermeintlichen Einzeltäterschaft bereits falsch gestellt. ...
Erinnern wir uns zurück: Am 11.11.2011, nur wenige Tage nach Bekanntwerden der zehnfachen Mordserie des sog. Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), erfolgte im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine umfangreiche Vernichtung von Akten. Geschreddert wurden Akten zu sieben V-Leuten des Verfassungsschutzes, die ihm Rahmen der "Operation Rennsteig" angeworben worden waren. Diese Geheimdienstoperation unter Beteiligung des BfV, verschiedenen Landesverfassungsschutzämtern sowie dem Militärischen Abschirmdienst hatte zwischen 1997 und 2003 zum Ziel, die rechtsextremistische Szene in Thüringen zu untersuchen. Angeworben wurden dabei auch V-Leute, die im Thüringischen Heimatschutz aktiv gewesen sind, gerade jener rechtsextremistischen Gruppierung, in der das NSU-Trio politisch sozialisiert wurde. Auch nach diesem Tag ging die Aktenvernichtung im BfV weiter. Die unter dem Namen "Operation Konfetti" bekanntgewordene Vernichtungsaktion schlug hohe Wellen und führte zumindest kurzzeitig zu einer schweren Legitimationskrise des Verfassungsschutzes. Infolge der Krise trat der damalige BfV-Präsident Heinz Fromm zurück. ...
Viel zu selten erhält der Münchner NSU-Prozess die Öffentlichkeit, die seinem Gegenstand entsprechen würde. Der 249. Verhandlungstag wird jedoch in Erinnerung bleiben. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hat ihr Schweigen gebrochen und zum ersten Mal über ihren neuen Anwalt Mathias Grasel eine Aussage verlesen lassen (vgl. Vollständiges Protokoll). Diese lässt sich mit dem Egotronic-Song "Von nichts gewusst" zusammenfassen. Dass die beiden Uwes Morde begangen haben? Nichts gewusst, erst später habe sie davon erfahren. Der Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße? Nichts gewusst. Der Inhalt des NSU-Bekennervideos, das sie selbst per Post verschickt hat? Habe sie im Prozess zum ersten Mal gesehen. ...