Refine
Year of publication
Document Type
- Part of a Book (196) (remove)
Has Fulltext
- yes (196)
Keywords
- Literatur (196) (remove)
Institute
- Extern (21)
Im 18. Jahrhundert waren die Varietäten des Menschen aus zwei Gründen kein ganz neues Thema mehr. Zum einen griff die Aufklärung auf eine umfangreiche Literatur der Weltumsegler. Missionsreisenden und Abenteurer zurück, die seit dem 15. Jahrhundert von der Vielfalt der Völker, der sie umgebenden Natur und ihren Gebräuchen zu berichten wussten. Das beginnt bei der Historia nalural y morals de las Indias des spanischen Jesuiten José de Acosta (1539/1540-1599/1600) von 1590, die schon die Vermutung formuliert hat, dass auch die Indianer mit den anderen Völkern verwandt und über eine Landbrücke aus Nordasien nach Amerika gelangt seien, und reicht dann bis zu Rousseau, Voltaire, Diderot und Helvétius. Die andere Tradition ist die der Philosophie, für die Descartes' Ableitung der Einheit des Menschengeschlechts aus den physiologische Gemeinsamkeiten einschließlich der menschlichen Seele steht, wie er sie in seinem Traité de I'homme formuliert hat, 1632 geschrieben und 1662 posthum unter dem Titel De homine veröffentlicht und die ihrerseits auf die Nachwirkungen der aristotelisch inspirierten Scholastik und im 16. Jahrhundert entstandenen Physiologie zurückgeht. Das Menschengeschlecht war eines, das entsprach der biblischen Vorstellung ebenso wie der aristotelisch angeleiteten Wissenschaftssystematik, nicht unnötig viele Theorien zu nutzen. Von den Varietäten war also so viel die Rede wie von der Einheit der Menschheit.
Wer wüsste nicht, was ein Märchen ist, eine irgendwie sehr alte, mündlich überlieferte und formelhaft erzählte Geschichte von kleinen Helden, die inmitten von selbstverständlichen Wundern und bösen Widersachern groß herauskommen und am Ende belohnt werden. Märchen, das sind für uns vor allem Zaubermärchen, die dem Wunderbarem ganz beiläufig Raum lassen und dem Prinzip der poetischen Gerechtigkeit folgen, wo der Beste die Schönste bekommt und alles gut ausgeht. Sie haben etwas, das sie mit Mythen und Träumen verbindet, schon weil ihre Figuren aus alter Zeit zu stammen scheinen, stark typisiert sind und entweder arme Leute oder gleich König und Königin darstellen. Mit den immer selben Figuren und Handlungsmotiven erzählen Märchen einfach und meist knapp entlang des Geschehensverlaufs. Ereignis reiht sich an Ereignis;psychologische Begründungen fallen hier aus. Alles passiert auf der Oberfläche der Handlung geradezu unmittelbar. Und die, die in solchen einfachen Formen erzählen, das sind Leute aus dem Volk, besonders die Frauen, genauer noch eher die alten und die vom Lande. Schließlich sind Märchen für Kinder da. "Kinder brauchen Märchen" wurde die deutsche Ausgabe des Erfolgsbuchs des deutsch-amerikanischen Psychoanalytikers Bruno Bettelheim überschrieben, und das haben dann viele bis heute übernommen. Weil Märchen gut ausgehen und das Wunder wie eine Selbstverständlichkeit behandeln, fördern Märchen die kindliche Kreativität und Moralität wie keine andere Gattung. Märchen sind also gut und machen ihre kleinen wie großen Leser glücklich. Von alledem sind wir überzeugt.
Fast die gesamte außerdeutsche Germanistik hat sich schwer getan mit der binnengermanistischen Differenzierung: 'Klassik und Romantik'. [...] An zwei ästhetischen Figurationen lässt sich exemplarisch und skizzenhaftzeigen, wie aus einem Nebenkriegsschauplatz im Klassizismus, der Arabeske, ein Hauptaktionsfeld der Romantik wird und wie aus einem zentralen ästhetischen Konzept des Klassizismus, dem fruchtbaren Augenblick, Nebeneffekte in der Romantik werden.
Allein in einer entlegenen Klassikerausgabe des Jahres 1921 findet man, was man in der Forschungsliteratur vergeblich sucht: den Versuch, Friedrich Hölderlins „Hyperion“ und Carl Rottmanns griechische Landschaftsbilder einander anzunähern oder zumindest zu vergleichen. Rottmanns Gemälde und Hölderlins Roman werden zu Recht zu den eigenwilligsten und produktivsten Schöpfungen des deutschen Philhellenismus gezählt, und doch ist – soweit ich sehe – in der literaturwissenschaftlichen und kunsthistorischen Forschung noch nie nach einem engeren Zusammenhang zwischen beiden Werken gefragt worden. Trennt Hölderlins Roman, der in zwei Teilen 1797 und 1799 erschien, und Rottmanns Gemäldezyklus, der in den Jahren 1838 bis 1850 entstand, tatsächlich ein allzu großer zeitlicher Abstand? Zeichnen beide Werke gänzlich verschiedene Bilder Griechenlands, sodass sich jeder Vergleich verbietet?
"Tabu", "Verbot", "Grenze" - exakte definitorische Abgrenzungen der Begriffe erscheinen diffizil, ihre Übergänge dagegen mitunter fließend. Diese erste Bestandsaufnahme bedeutungsverwandter Wörter trifft die Frage nach der Konzeption des Tabus und seinem Gegenstandsbereich im Kern: Es geht um Grenzziehungen und um deren zeitgleiche Übertretungen, die in der Konzeption des Tabus - wie es im Folgenden konturiert werden soll - simultan angelegt sind. Leonie Süwolto gibt zur Definition des Begriffs zunächst über die Begriffsherkunft und -überlieferung Auskunft, bevor ein Überblick theoretischer Reflexionen des Tabus Aufschluss über seine Konzeption gibt. Ausgehend von der These, die im Verlauf des Textes entwickelt wird, dass Tabus als historisch und kulturell variable Grenzmarker Auskunft über gesellschaftliche Wertesysteme und ihren Wandel geben können und somit immenses kulturdiagnostisches Potential bergen, denkt Süwolto außerdem über ihre Bedeutung in der Gegenwartsgesellschaft und nicht zuletzt über das Verhältnis von Literatur, Kunst, Medien und dem Phänomen Tabu bzw. Tabubruch nach.
Seit dem sogenannten 'spatial turn' hat die Reflexion unterschiedlicher Raumkonzepte in den Kulturwissenschaften Hochkonjunktur. Dabei wird immer wieder auf einen Aspekt verwiesen, der gleichwohl merkwürdig randständig bleibt: der Zwischenraum als materielle oder imaginäre Grenze. Sei es die häusliche Schwelle (Bachelard) oder der Schwellenritus (van Gennep), der postkoloniale 'in-between-space' (Bhabha), die paratextuelle 'zone intermediaire' (Genette) oder eine assoziative Ikonologie des Zwischenraums (Warburg). All diese Aspekte verweisen auf ein besonderes Feld von Praktiken im Raum, die in einem Zwischenbereich stattfinden, nämlich die Bewegungen im Zwischenraum. Ausgehend von den Hypothesen, dass erstens Räumlichkeit durch Bewegungen im Raum konstituiert und zweitens durch Zwischenräumlichkeit definiert wird, stellen sich die folgenden Fragen: Wie bewegt man sich im 'Dazwischen'? Gibt es spezifische 'zwischenräumliche Bewegungspraktiken' – und wie wirken sich diese sowohl auf die Konstitution des Raums als auch auf die Repräsentation des Zwischenraums aus?
Komplikationen von Zeitreisen sind nicht unvertraut. Entfaltet werden sie in einem eigenen Genre von Geschichten. Die erste namhafte Erzählung, in der eine Zeitreise mit Hilfe einer Zeitmaschine unternommen wird, ist schon dem Titel nach einschlägig, ja ikonisch: 'The Time Machine', 1895 verfasst von H.G. Wells. Dabei handelt es sich um einen Urtext der Science Fiction, wofür besonders wichtig ist, dass hier die Reise in eine äußerst ferne Zukunft führt. Bevor ich mich diesem Text ausführlicher zuwende, schicke ich einige Bemerkungen zur wissenschaftlichen Denkbarkeit und technischen Machbarkeit von Zeitreisen voraus. Im Anschluss an Wells’ klassisch-modernes Modell der Zukunftsreise werde ich dann zwei Romane aus den 1990er Jahren besprechen, in denen Zeitreisen in die Vergangenheit führen: 'Timeline' von Michael Crichton (1999) und 'Making History' von Stephen Fry (1996). In diesen Geschichten zeigt sich eine für das späte zwanzigste – und auch noch für das beginnende einundzwanzigste – Jahrhundert charakteristische, wohl mit Recht als 'postmodern' zu charakterisierende Fixierung auf Vergangenheit und Historizität. Ähnliches gilt für Robert Zemeckis’ Filmtrilogie 'Back to the Future' (1985–1990), die ich abschließend erörtern werde. Hier wird auf virtuos selbstbezügliche Weise ein zugleich spannendes und komisches Hin und Her zwischen den Zeitformen inszeniert und ins bewegte Bild gesetzt.
Das Konzept der Intersektionalität hat sich in den letzten Jahrzehnten in den Geistes-, Sozial- und Lebenswissenschaften als überaus einflussreich erwiesen. Auch in der Literaturwissenschaft gewinnen Intersektionalitätstheorien zunehmend an Bedeutung. Der Beitrag geht von dieser Entwicklung aus und fragt zunächst allgemein danach, wie sich das Konzept für literaturwissenschaftliche Methoden und Fragestellungen fruchtbar machen lässt, in denen die Beschäftigung mit Intersektionalität über ein Verständnis dieser als reine Identitätstheorie hinausgeht. Die Analyse von Bernardine Evaristos preisgekröntem Roman "Girl, Woman, Other" (2019) führt anschließend vor, wie Identitätsfragen aus intersektionaler Perspektive nicht nur Interdependenzen der Ungleichheiten zwischen Figuren in den Blick nehmen, sondern auch die systemischen Grundlagen dieser Ungleichheiten sowie deren Einbindung in eine hegemoniale Kulturindustrie. Mit seiner Thematisierung von Intersektionalität als Thema auf mehreren Ebenen dient der Roman als Beispiel, wie das Konzept als Theorie und Methode die Literaturanalyse bereichern kann, und umgekehrt, welche Impulse sich aus der Beschäftigung mit Literatur und narratologischen Analysekategorien wie Perspektive und Perspektivenstruktur auch für die Intersektionalitätsforschung gewinnen lassen.
Weimar ist als Geburtsstätte der Klassik ein zentraler Ort unseres kulturellen Erbes. Goethe, Schiller, Herder und Wieland sind Namen, die der Stadt in der Provinz bis heute weltweite Beachtung sichern. Wie aber kam es dazu, dass Weimar zu dieser Metropole der deutschen Geistesgeschichte wurde? Welchen Anteil hatte im späten 18. Jahrhundert die Politik der Herzogin Anna Amalia und ihres Sohnes Herzog Carl August an der einzigartigen kulturellen Blüte, die sich um 1800 in ihrem Fürstentum entfaltete? Aus Anlass des 200. Todestages Anna Amalias und des 250. Geburtstages Carl Augusts gibt die Ausstellung »Ereignis Weimar – Anna Amalia, Carl August und das Entstehen der Klassik 1757–1807« Antworten auf diese Fragen. Sie wurde von der Klassik Stiftung Weimar in Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungsbereich »Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800« der Friedrich Schiller-Universität Jena konzipiert. Vor dem Hintergrund der Biographien beider Herrscherpersönlichkeiten beleuchtet die Ausstellung die Traditionen der Häuser Sachsen und Braunschweig, veranschaulicht die prekäre politische und wirtschaftliche Lage zur Zeit des Regierungsübergangs von Anna Amalia auf ihren Sohn Carl August und thematisiert die Versuche der Regierung, mit vielfältigen Reformen der drängenden Probleme Herr zu werden. Nach anfangs erfolglosem Engagement auf wirtschafts- und machtpolitischem Gebiet stellte sich Erfolg und Fortune in der Kulturpolitik ein. An die Stelle eines zunächst dilettantisch gepflegten »Genietreibens« trat eine zunehmend professionelle Lenkung von Wissenschaft und Kunst, die zu einer einzigartigen Konzentration geistig-kulturellen Kapitals in Sachsen-Weimar führte. Dieses »Ereignis Weimar« brachte dem kleinen Herzogtum seine Reputation als geistiges Zentrum Deutschlands ein. Am Ende rettete diese einzigartige Position das Fürstentum auch über die Fährnisse der napoleonischen Zeit hinweg. Zitiert nach: Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung vom 02. April 2007
Alles, was einen Sauer-, Nadler-, Kafka-, Schnitzler-Forscher, einen Romantik-, einen Methodologie- und Germanistik-Historiker, einen Kenner der Prager deutschen Literatur an Körner interessieren könnte, ist bereits – in früherer und neuester Zeit – von Eisner, Fischer, Wellek, Klausnitzer, Eichner, Krolop, Fliegl, Härtl, Sauder, Fohrmann gesagt worden. Freilich nicht in zusammenfassender Art etwa eines würdigenden Sammelbandes: Eine selbständige Körner-Tagung und ein Körner-Sammelband würden sich lohnen, denn auf einem solch zeitlich wie räumlich breiter abgesteckten Feld könnte man die (in den genannten Schriften manchmal nur angedeuteten) Thesen und Themen des Körnerschen Werkes breiter ausführen, die methodologischen und weltanschaulichen Kämpfe innerhalb der germanistischen Kreise seit Scherer beleuchten, die Positionen der Prager germanistischen Ordinarien innerhalb dieser Kreise absteckten, das komplizierte Knäuel der deutsch-tschechisch-jüdischen Beziehungen im Prag der Zwischenkriegszeit ansatzweise entwirren. Außerdem verdient Josef Körner, ein großer Kenner der deutschen Romantik, glücklicher Entdecker und verlässlicher Herausgeber verschollen geglaubter romantischer Texte, bissiger, brillianter Rezensent, schonungsloser Kritiker aller Verstöße seiner germanistischen Zeitgenossen gegen wissenschaftliche Sauberkeit, fleißiger Begleiter neuester Literatur und Literaturwissenschaft, Josef Körner, ein bezugsreicher Mann, der am Ende sein Leben und Werk trotzdem nicht anders bewerten konnte als einen Scherbenhaufen, verdient unsere Aufmerksamkeit und Erinnerung.
Ausgegangen wird von einer Kontinuität struktureller Vorgaben durch die Frühromantik mit erkennbaren Umakzentuierungen Mitte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts, die im Vormärz experimentell erprobt werden. Die neuere Vormärzforschung tendiert dazu, in Abgrenzung zum späteren poetischen Realismus die Literatur, d.h. keineswegs nur die politisch progressive, durch ihre kühnen literarischen, die Innovationen der Wissenchaften aufgreifenden Experimente zu charakterisieren. Aus dem Gesichtswinkel literarischer Experimmtierfreudigkeit, die Herausforderungen der Modet+rnisierung und Temporalisierung annimmt und zugleich bestreitet, wird eine paradoxale poetologische Grundfigur erkennbar, die für Romantik und Vormärz gleichermaßen gilt, nämlich: sich in den Krisenbrennpunkt der eigenen Zeit hineinzuschreiben, um sich zugleich in ästhetische Distanz zu begeben. Die Ausfaltung dieser paradoxalen poetologischen Grundfigur in Romantik und Vormärz sei in vier Durchgängen problematisiert:
1. Strukturelle Vorgabe: "Führungswechsel der Zeiten"
2 Archivierung und Aktualisierung 'doppelbödiger' Schreibweisen
im Spannungsverhältnis von Poesie und Publizistik
3. Wechselverwiesenheit: Vormärz in der Romantik und Romantik
im Vormärz
4. Die Austreibung des Romantischen im Vormärz
5. Reflexive Gegenwart als zentrale Bezugszeit. Akzentverlagerung von der Romantik zum Vormärz
"Was wäre ein Zeichen, das nicht zitiert werden könnte?", fragt Jacques Derrida in seinem 1972 erschienen Aufsatz 'Signature evenement contexte', um kurz darauf festzustellen: "Jedes Zeichen, sprachlich oder nicht, gesprochen oder geschrieben (im geläufigen Sinn dieser Opposition), als kleine oder große Einheit, kann zitiert – in Anführungszeichen gesetzt – werden; von dort aus kann es mit jedem gegebenen Kontext brechen und auf absolut nicht sättigbare Weise unendlich viele neue Kontexte zeugen." Zitieren wird hier als eine Bewegung des Herausnehmens aus einem Kontext und Einfügens in einen anderen Kontext beschrieben - und für diese doppelte Geste, die dem Akt des Zitierens zugrunde liegt, verwendet Derrida die Metapher der Pfropfung: "Auf dieser Möglichkeit möchte ich bestehen", heißt es in 'Signatur Ereignis Kontext': der "Möglichkeit des Herausnehmens und des zitathaften Aufpfropfens [greffe citationelle], die zur Struktur jedes gesprochenen oder geschriebenen Zeichens gehört". Damit wird die Pfropfung zu einer Figuration, zu einer Verkörperung dessen, was im Akt des Zitierens und durch den Akt des Zitierens geschieht, wobei den Anführungszeichen eine besondere Funktion zukommt: Sie signalisieren, dass das Zeichen oder die Zeichenkette, die zwischen Anführungszeichen gesetzt wurden, anders interpretiert werden soll als sie bisher interpretiert wurde. Anführungszeichen signalisieren also einen Wechsel des "Deutungsrahmens". Das gilt für einfache Anführungszeichen, die eine ironische Distanzierung signalisieren ebenso wie für die doppelten Anführungszeichen. Die doppelten Anführungszeichen zeigen nicht nur einen Wechsel des Deutungsrahmens an, sondern sie zeigen auch an, dass das, was zwischen die doppelten Anführungszeichen gesetzt wurde, nicht von dem stammt, der spricht oder schreibt. Sie zeigen ein 'von jemand anderem' an: sei es, um diesem anderen damit die Ehre der Urheberschaft zu geben und damit zugleich sein Copyright zu respektieren; sei es, um dem anderen die Verantwortung für das, was zwischen den Anführungszeichen steht, zuzuschreiben. Insofern zeigen doppelte Anführungszeichen zugleich die Distanz und die Differenz zwischen zitierendem Subjekt und zitiertem Subjekt an.
Der vorliegende Band nimmt künstlerische Auseinandersetzungen mit Zeugenschaft im Film, im Theater, in der Literatur, in der Bildenden Kunst und in der Performancekunst in den Blick und stellt dabei grundlegende Fragen: Was gilt als Zeugnis und wer ist ein Zeuge? Wie verhalten sich Zeugnis, Wahrheit und Fiktion zueinander? Wie wird Zeugenschaft, wie wird die epistemische und moralische Rolle von Zeugnissen in der Kunst reflektiert und kommentiert? Dabei werden gattungsspezifische Aspekten der jeweiligen Kunstformen herausgearbeitet, aber auch allgemeinere Fragen über das Verhältnis von Kunst und Zeugenschaft thematisiert. Gewinnen wir, indem wir uns mit künstlerischer Zeugenschaft auseinandersetzen, auch einen neuen Blick auf Begriff und Phänomen von Zeugenschaft? Oder ist ein solch allgemeiner Begriff von Zeugenschaft gar nicht anzustreben angesichts der kaum überschaubaren Fülle unterschiedlicher Phänomene des Zeugnisgebens? Fragen über Fragen, auf welche dieser Band Antworten sucht. Doch wir möchten an dieser Stelle auch einige Thesen darüber artikulieren, welche Facetten von Zeugenschaft ganz spezifisch durch Kunst in den Blick geraten – und wodurch sich insbesondere die künstlerische Auseinandersetzung mit Zeugenschaft vom Umgang mit Zeugen und Zeuginnen in anderen Kontexten unterscheidet.
Es hatte sich eingestellt, was für einige Jahrzehnte, nicht nur für Herder und nicht nur für Männer den Weg eines Topos zu einer Gattung und einer Gattung zum Buch bahnen sollte. Und vice versa. Es begann die Karriere ,zerstreuter Blätter', deren Mode - soweit es sich bei der gegenwärtigen Forschungslage beurteilen lässt - um 1800 ihren Anfang nahm und die sich bis um 1900 behauptete. In dieser Erfolgsgeschichte geht es genau um die genannte Titelgebung, deren Herkunft sich aus dem Wortfeld ,zerstreuter Sachen' sozusagen bequem herauskristallisiert. Denn es steht fest, dass die Sprache auch Schriften und Papieren immer schon erlaubte, zerstreut zu werden oder eben einfach chaotisch herumzuliegen. Seit dem frühen 18. Jahrhundert verzeichnen die Kataloge zerstreute Gedanken, Gedichte, Anmerkungen, Nachrichten und Aufsätze. Auch finden sich genug vermischte, gesammelte, ,verlohrene' und natürlich fliegende Blätter, und man begegnet auch jener professionellen Tätigkeit, die später die Herausgeber zerstreuter Blätter kennzeichnen wird.
Der Beitrag beschäftigt sich im Umriss mit den wenig bekannten Hörspiel-Partituren Ferdinand Kriwets. Damit soll skizzenhaft ein spezifischer Einblick in die eigenartige radiophone Werkstatt des Autors geboten werden, dies mithilfe der bisher nirgendwo veröffentlichten Partiturausschnitte. Das experimentelle Hörspiel sowie auch die Fragen nach dessen Notation gehören im Bereich des literarischen Diskurses, und zwar keineswegs zu Recht, zu den wenig beachteten Forschungsfeldern, zur eigentlichen Peripherie.
Der bürgerliche Kalender des 19. Jahrhunderts schafft eine eigene Zeitordnung. Wer 25 Jahre sein Unternehmen durch den Zeitenwechsel bringt, darf diesen Zeitraum mit goldenem Lorbeer umrahmen, ebenso derjenige, der dem Staat als Beamter ein Vierteljahrhunderts gedient hat. Eine goldene Uhr wird ihn fortan daran erinnern. Für die Ehe gleicher Dauer muß man sich mit Silber begnügen, das Goldene Zeitalter beginnt in diesem Fall erst nach fünfzig Jahren. Nicht nur das Ereignis, auch der Zeitraum selbst wird, skaliert von 25 bis 1000, kulturell erinnerungswürdig und -fähig. Wer die Jahre zählt, läßt die Verbindung zum Vergangenen nicht abreißen. Vergangenheit erhält ihren Ort und ihren Tag im Alltag der Gegenwart. Die Erinnerung der Individuen wird an Jubel- und Gedenktagen durch ein kollektives Gedächtnis abgelöst. Der 1. Mai z.B will an etwas erinnern und läßt sich dennoch auf kein ursprüngliches Ereignis zurückführen. ‘Denkmal’ kann im 19. Jahrhundert fast alles werden, nicht nur Gebilde aus Stein und Bronze, auch Profanes wie Bierkrüge, Gläser, Teller, Zigarrenkisten, Hüte: das kollektive Gedächtnis muß an ihnen nur ausreichende Flächenhaftung finden oder sich eingravieren lassen.
To what extent does cultural distance interfere with or limit literary experience? What kind of intimacy is needed to make a text into a work? This essay seeks to answer these questions by focusing on the writings of Arvind Krishna Mehrotra. In doing so, it suggests that the challenges of cultural distance may be most acute when dealing with texts from homo-linguistic literary environments, and that we might overcome these challenges by undertaking a world literary criticism that attends to localized fields and materials without forgetting the charge of particular works.
Walter Benjamin spricht von 'wolkigen Stellen' in Kafkas Texten, die - stark vereinfacht gesagt - die Abkehr von 'unserer' bekannten, sinnlichen erfassbaren Welt und den Übergang in eine (wieder nach Benjamin) 'obrige' anzeigen. Diese 'wolkigen Stellen', an denen oft Kafkas 'Verwandlungen' stattfinden, sind sprachlich markiert: Hier endet der nach Kafka 'vergleichsweise' Gebrauch der Sprache, die ,empirische‘ Ebene wird verlassen und eine 'parabolische' (nach Fülleborn) erreicht.
In Rückblicken auf die Germanistik der sechziger und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, in denen das Fach expandierte und so viele Studierende anzog wie kein anderes geisteswissenschaftliches, ist dennoch meist von "Krise" die Rede. Von der Bildungsöffentlichkeit wurde die Germanistik und das von ihr verbreitete Wissen als antiquiert wahrgenommen und mit einem Verfallsstempel versehen. Nicht nur der von der Literaturwissenschaft favorisierte Kanon literarischer Werke geriet in die Kritik, sondern ebenso das als gesichert geltende Fachwissen. Der Germanistik gegenüber wurden die Vorwürfe erhoben, eine Disziplin ohne ein Objekt im Sinne moderner Wissenschaft zu sein, das Wissen anderer Fächer nicht zur Kenntnis zu nehmen und die zeitgenössische Literatur zu ignorieren. Das Fach wurde so weit destabilisiert, dass seine Einheit zu zerbrechen drohte.
Den Menschen als Abbild Gottes aufzufassen, war mehr als nur eine theologische Richtungsentscheidung im spätantiken Europa. Sie betraf auch die Literatur. Grundsätzlicher als bisher von den Literaturgeschichten in den Blick genommen, ist die Bedeutung der christlichen Anthropologie für die europäische Literatur – das ist die These, die hier plausibilisiert werden soll. Doch nicht so, als dass diese europäische Literatur seit der Spätantike einfach christlich in ihren Themen noch in ihren Formen geworden wäre. Das ist sie sicherlich auch vielfach der Fall, man denke nur an die Durchsetzung etwa des Codex anstelle der Buchrolle, der Entfaltung neuer Gattungen wie der Legenden oder christlicher Moralvorstellung in den Büchern von Sebastian Brant bis Dostojewski. Vielmehr so, dass die europäische Literatur eine andere geworden ist, weil sie sich mit der christlichen Auffassung vom Menschen als Abbild Gottes auseinanderzusetzen hatte. Denn diese Lehre stellt die Literatur und andere Künste grundsätzlich in Frage, eben weil sie den Menschen so radikal in Frage stellt.
Die meisten Maler und Zeichner der Romantik haben von den in dem erzählten Märchen wachgerufenen Innenbildern berichtet und von ihnen bei ihrer Arbeit profitiert. [...] Bekanntlich rehabilitieren die romantischen Künstler nicht nur die erzählenden volkstümlichen Gattungen, die Legende, das Märchen, die Anekdote und das Volksbuch, sondern auch die volkstümlichen Formen der bildenden Kunst: die Scherenschnitte, die Silhouetten,
die Schattenrisse etc. [...]
Die Verfasserin plädiert für einen Kanon 'erinnerungswürdiger Texte' im Deutschunterricht sowie im universitären germanistischen Curriculum, der zur Identitätsbildung in einer Kulturnation unentbehrlich ist, aber in Anbetracht permanenter Gleichsetzung von Bildung und Ausbildung geringgeschätzt wird. Zusätzlich verhindert der deutsche Bildungsföderalismus, sich bereits in der Schule einen Kanon von fiktionalen Texten anzueignen, der als Fundus für identitätsstiftende Diskurse dient, die zum kulturellen Zusammenhalt einer Nation beitragen. Der aktuell zu beobachtenden Xenophobie hat fiktionale Literatur etwas entgegenzusetzen, indem sie Bilder vom eigenen und dem fremden Land in der Literatur vermittelt (Imagologie).
"Alle Museen, nur nicht die Kunstmuseen, sind Friedhöfe der Dinge", schreibt Boris Groys in seinem Buch 'Logik der Sammlung', denn was in Museen gesammelt wird, "ist seiner Lebensfunktion beraubt, also tot. Das Leben des Kunstwerks beginnt dagegen erst im Museum". Doch gilt dies auch für das literarische Kunstwerk? Offensichtlich nicht. Literarische Kunstwerke muss man lesend erfassen: unter einem Baum sitzend, auf einem Sofa liegend, im Stehen, während man auf den Bus wartet. Literatur kann man nicht betrachten wie ein Bild, wie eine Skulptur – sie besitzt als ein Objekt, das sich erst im Vollzug von Leseakten konstituiert, zunächst einmal überhaupt keinen Bildcharakter und mithin überhaupt keinen Ausstellungswert: Ein Buch, das man nur anschaut, bleibt tot. Erst wenn man es aufschlägt, darin blättert, darin liest, wird es lebendig. Mit einem Wort: Bei einem Text gibt es nichts zu sehen! Ein Umstand, der auch von einigen Ausstellungsmacherinnen schmerzlich bemerkt wird. [...] Umso dringlicher stellt sich die Frage, wie sich Literatur – sei es in Form von Büchern, sei es in Form von Texten, die vor, nach oder neben der Buchwerdung von Literatur existieren - im musealen Bühnenrahmen in Szene setzen lässt: Wie kann das Museum zu einem "Schauplatz" von Literatur werden?
Was zeigt man, wenn man 'Literatur' zeigt – und was zeigt sich im Rahmen dieser "Schau"?
Die offizielle Rhetorik der "unverbrüchlichen Freundschaft" ("nerušimaja družba") und der Brüderlichkeit zwischen den Völkern der Sowjetunion vermochte bereits zu Sowjetzeiten nur schwer zu verbergen, dass Konzept und Praxis der sowjetischen "Völkerfreundschaft" keineswegs identisch waren. Die angestauten Spannungen entluden sich nach dem Zerfall der Sowjetunion in Spannungen, die sogar den Charakter bewaffneter Auseinandersetzungen annehmen konnten. (Davon war im Beitrag von Giorgi Maisuradze die Rede.) Zur Ambivalenz der sowjetischen Nationalitätenpolitik gehörte, dass die nationalen Kulturen durchaus eine Förderung erfuhren, ihre Entfaltung jedoch den machtpolitischen Interessen und dem ideologischen Rahmen untergeordnet wurde. Und schließlich gab es eine reale Praxis des Zusammenlebens im Raum des Sowjetimperiums, die von vielen Menschen in ihrem Alltag als reale Freundschaft erlebt wurde. Der Zerfall der Sowjetunion wurde daher von vielen Sowjetmenschen als ein dramatischer Verlust erlebt. Es geht mir nachfolgend aber nicht darum, die Nachwirkungen des Konzepts der sowjetischen (in ihrem Kern stalinschen) "Völkerfreundschaft" oder Nationalitätenpolitik bis heute zu untersuchen. Vielmehr will ich an einem Text aus der russischen Literatur der 1970er - 80er Jahre und des vom gleichen Autor aus der postsowjetischen Perspektive und somit gleichsam als Postscriptum zu lesenden Textes untersuchen, auf welche Weise in beiden der traditionelle russisch (bzw. sowjetisch)-georgische literarische Freundschaftsdiskurs fortgeschrieben oder aber, im Gegenteil, unterlaufen wird. Bei dem Beispieltext handelt es sich um Andrej Bitovs "Georgisches Album" ("Gruzinskij al’bom") und den von ihm 2003 ursprünglich als Vorwort zur deutschen Ausgabe geschriebenen Essay "Wofür wir die Georgier geliebt haben" ("Za čto my ljubili gruzin").
Was ist „deutschmährische Literatur“? Versuch der Definition eines unselbstverständlichen Objektes
(2011)
Trotz geringem gesellschaftlichem Auftrag beschäftigt sich die „Olmützer Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur “ seit 1998 mit dieser Literatur und ist seit ihrer Gründung einem Rechtfertigungszwang ausgesetzt, der durch bloßes heuristisches Forschen nicht befriedigt werden kann. Alle in der Arbeitsstelle entstandenen Aufsätze, Studien, Dissertationen, Sammelbände gehen – mehr oder weniger dezidiert, mehr oder weniger polemisch – auf den Legitimierungszwang ein und versuchen ihr Objekt zu definieren, dem etwaigen Publikum plausibel zu machen und die Beschäftigung mit ihm zu rechtfertigen. Abhängig vom Thema einzelner Studien werden verschiedene Akzente gesetzt, doch manche Punkte wiederholen sich leitmotivisch. Diese neuralgischen Stellen müssen erst bedacht und beschrieben werden, bevor ein definitionstüchtiges Fazit formuliert werden kann.
Dinge in Texten haben maßgeblich an der Konstruktion imaginärer Welten teil. Sie kommen zu allen Zeiten und in allen literarischen Gattungen vor, in der Heldenepik ebenso wie in Aphorismen, im Mittelalter wie in der Moderne. Dinge treiben Handlungen voran, stören, wenn sie nicht funktionieren, und sie schaffen und zerstören Ordnungen - auch solche der Worte. Im Gegensatz zur Ethnologie oder Museologie hat es die Literaturwissenschaft stets mit Zeichen zu tun - es stellt sich also die Frage, wie das Verhältnis von res und verba analysiert und beschrieben werden kann. Der vorliegende Band versammelt Beiträge, die sich, angefangen bei der antiken Rhetorik über mittelalterliche Literatur bis hin zum 20. Jahrhundert, mit Dingen in und neben Texten beschäftigen.
Der Beitrag geht der Frage nach, wie sich die noch in den 1980er Jahren marginalisierte Migrationsliteratur heutzutage unter der Etikettierung 'Interkulturelle Literatur' auf dem literarischen Markt allmählich etabliert hat und mittlerweile zur zentralen Tendenz der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur geworden ist. Am Beispiel von Autoren und Autorinnen tschechischer Herkunft, Jiří Gruša, Libuše Moníková und Michael Stavarič, wird die 'Verortung' der 'interkulturellen Literatur' im Spannungsfeld von Peripherie und Zentrum dargestellt und ihr Mehrwert diskutiert.
Im Mittelpunkt des Beitrages stehen Werke von Autoren aus dem ehemaligen Ostdeutschland, denen es dank der Nominierungen auf den zwei wichtigsten Buchmessen in Deutschland gelungen ist, von der Peripherie ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Die anderen Erfahrungen aus dem Leben in der DDR ermöglichen Autoren aus den neuen Bundesländern eine unterschiedliche Sicht auf die deutsche Geschichte. Untersucht wird die Themenwahl der Werke, die sich aus der Vergangenheit im geteilten Deutschland ergibt. In den nominierten Romanen nach dem Jahre 2000 lassen sich folgende Themen finden: Geschichte, Privatsphäre und aktuelle Themen. Die deutsche Geschichte des 'kurzen zwanzigsten Jahrhunderts' wird in den Familienromanen vorgestellt. Gleichzeitig besteht Interesse an den Ereignissen der Wendezeit sowie der Zeiten davor und danach. Die lang erwartete und trotzdem plötzlich kommende Wende mündete in Ratlosigkeit, Entfremdung und Unsicherheit. Großer Beliebtheit erfreuen sich auch das Thema Privatleben sowie die Themen Kindheit, Jugend in der DDR vor und nach der Wende, aber auch zwischenmenschliche Beziehungen zwischen den einzelnen Generationen, die auf die gesellschaftlichen Ereignisse reagieren, womit sich beide zuerst genannten Hauptthemen vermischen. Nicht zuletzt werden in den nominierten Romanen aktuelle Gegenwartsthemen wie Terrorismus oder Flüchtlinge reflektiert, die anhand konkreter Geschichten erzählt werden.
Vom wüsten Raum zur affektiven Provinz : westliche Semantisierungen östlicher Landschaft 1800−1960
(2011)
In Europa meint die Zuschreibung der Himmelsrichtung stets mehr als eine rein kartographische Situierung. Was als "Osten" bezeichnet wird, unterliegt historisch ständigen Verschiebungen, bei denen sich eine enge Kopplung zwischen geographischer und semantischer Dimension verfolgen lässt. Bei dieser beweglichen Grenzziehung nimmt Deutschland einen besonderen Platz ein: Das Land erscheint in Selbst- wie Fremdbeschreibungen als Hybrid zwischen Ost und West und unterhält gleichzeitig eine eigene Faszinationsgeschichte mit der Figur des Ostens, die zwischen Abwehr, Okkupation und Identifikation schwankt. Es bildet daher den Ausgangs- oder vielmehr Durchgangsort, um im Folgenden die semantischen Wanderungen im (westlichen) Blick auf östliche Landschaften nachzuzeichnen. Die Etappen reichen von der Wahrnehmung der Gegend um Berlin als wüsten Raum um 1800 bis zur affektiven Besetzung der ehemaligen deutschen Gebiete in Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus geographischen Provinzen werden dabei Provinzen des Gedächtnisses.
Seit den Debatten um ein "postdramatisches Theater" (Lehmann, 1999; vgl. Poschmann, 1997) wird dem "dramatischen", oder besser gesagt, dem literarischen Theater seitens der Theaterwissenschaft nur mehr wenig Beachtung geschenkt. Zu dominant ist die Stellung des performative turn im aktuellen kulturwissenschaftlichen Diskurs, zu vielfältig sind die Ansatzpunkte, um der "Theatralität" der verschiedenen gesellschaftlichen Sphären nachzuspüren (vgl. Fischer-Lichte, 2001), und zu eindeutig ist das Theater selbst auf ein unendliches Experimentieren mit nicht-literarischen Formen ausgerichtet. Vom 'konventionellen' literarischen Theater wendet man sich ab, da eine Beschäftigung mit ihm wenig mehr als eine Wiederholung des bereits Bekannten zu versprechen scheint. So produktiv und unhintergehbar der Paradigmenwechsel in den letzten beiden Dezennien zweifellos auch ist, so bleibt gegen die versiegende Aufmerksamkeit gegenüber dem literarischen oder dramatischen Theater indes einzuwenden, dass Gegenstände an sich nicht veralten. Vielmehr rekonstituieren sie sich im Rahmen der sich vollziehenden Diskursverschiebungen. Lohnend scheint es mir daher zu sein, das literarische Theater im Horizont neuerer mediologischer Debatten zu perspektivieren. Wenn etwa der Soziologe Dirk Baecker in einem "Medientheater" überschriebenen Essay aus seinen Studien zur nächsten Gesellschaft auf das Theater im Umbruch von der modernen buchgestützten zur "nächsten" computergestützten Gesellschaft zu sprechen kommt (vgl. Baecker, 2007), so wird mit dem Stichwort des "Medientheaters", das Baecker als ein Theater versteht, in dem "die Medien mit zur Aufführung kommen" (Baecker, 2007: 83-84), ein Rahmen gesetzt, der auch für eine Neuperspektivierung des Theaters jener nach Baecker im Absterben begriffenen Gesellschaft der "Gutenberg-Galaxis" (vgl. McLuhan, 1968) produktiv ist. Ich werde daher im Folgenden versuchen, den Umstrukturierungsprozess, den das Theater im Umbruch von der vormodernen zur modernen Gesellschaft durchlaufen hat, in mediologischer Perspektive zu rekonstruieren.
Machen wir uns nichts vor. Auch wenn "Event" zum "PR-Wort der letzten Jahre" gekürt worden ist, wenn "Events auf die Besucher wie eine moderne Konsumdroge" wirken, wenn gar vom "Trend zum Event" gesprochen wird, von dem alle Bereiche der Gesellschaft längst so stark erfaßt sind, daß sich ihm nichts und niemand mehr entziehen kann – es bleibt dabei: Wann auch immer davon in Verbindung mit Kultur die Rede ist, da hat man es mit einem bösen Kampfbegriff zu tun. Mit "Eventisierung der Kultur" ist ihr steter Verfall gemeint. Und das Label "Eventkultur" gibt den Zustandsbegriff für eine Gesellschaft, die antrat, mit Kunst und Literatur die höchsten Höhen des Menschenmöglichen zu erreichen, und die nun ihr Bestes, Schönstes und Wahrstes bei einem Schaustellerwettbewerb auf dem Jahrmarkt verhökert. Event, das ist das "zur Sensation hoch inszenierte Nichtereignis, und die größte Kunst im Medienspiel ist das lauteste Krähen". Hier wird, so scheint es, "die Kunst zum bloßen Anlaß für den Konsum (...), zum Alibi", weil sie "in sonderbarer Perversion der alten Horazischen Ästhetik des 'utile cum dulci' und des 'prodesse et delectare', Zucker auf eine Sache streut, die sonst keinem mehr schmeckt." Und das passiert en masse: "Anschwellende Programmhefte, ausufernde Veranstaltungskalender, zunehmender Festivaltourismus, Boom der Multiplex-Kinos, Expo, Millenium Dome – was ist", so fragt sich da der kritische Betrachter mit Blick aufs Literarische, "was ist aus dem Erzählen geworden?" ...
Die vorliegende Arbeit untersucht die Motivation des Wechsels von der Lyrik zur Prosa im Frühwerk von Thomas Bernhard und bemüht sich zu zeigen, wie sich die 'neue' Gattung als Experimentierraum sprachlicher Konstruierbarkeit einer literarischen Wirklichkeit und die Existenzialphilosophie als neues Ausdrucksmittel des leidenden Subjekts erweist. Beide bilden die Voraussetzungen für den neuen Bernhard'schen Ton, der sich im Roman 'Frost' (1963) zum ersten Mal zeigt. Das Experimentelle im Romanerstling Bernhards ist soziologisch motiviert und äußert sich sowohl erzähltechnisch als auch konzeptuell in der 'experimentellen Sprache' des Malers Strauch.
Die Rückseite einer Stickerei gilt gemeinhin nicht als vorzeigbar. Ungeachtet ihrer dreidimensionalen Textur ist die 'Nadelmalerei', wie man die Stickkunst schon in der Antike zu nennen pflegte, vielmehr ganz auf die Frontalseite ausgerichtet. In ihrer stark hierarchisierenden Fokussierung der zur Ansicht bestimmten kunstvollen 'Schau-' zuungunsten der meist ungestalten, dem Blick entzogenen 'Kehrseite' unterscheidet sie sich grundlegend von anderen Textilarten wie gefilzten oder gehäkelten Stoffen, deren Vorder- und Rückseite einander entweder gleichen oder aber symmetrisch sind. Anders als die konventionelle Leinwandmalerei wiederum ist die Stickerei konstitutiv mit ihrer Rückseite verbunden, insofern der stoffverzierende Faden "gleichzeitig zu seiner eigenen Befestigung auf der Unterlage dient."
Im Frühjahr 1998 lief in New York eine Retrospektive des 47jährigen, amerikanischen Videokünstlers Bill Viola. Die Ausstellung wurde zuvor in Los Angeles gezeigt. 1999 ist sei in Europa zu sehen (Amsterdam, Frankfurt/M.), sodann in San Francisco und Chicago: ein Programm bis zum Jahr 2000. Bill Viola soll zum Klassiker werden. In New York hatte das Whitney Museum of American Art seine beiden oberen Stockwerke freigeräumt, um siebzehn Videoinstallationen Raum zu schaffen. Man betrat vollständig abgedunkelte Stockwerke, in welche die Installationsräume labyrinthisch eingebaut waren. Es gab kein anderes Licht als dasjenige, das von den Installationen selbst ausging. Man konnte sich auch von den Tönen der Installationen leiten lassen. Das Aufsichtspersonal war von Viola geschult worden, mit etwaigen Verirrten und Verwirrten im Dunkel helfend umzugehen. Die Irritationen des Orientierungssinnes waren beabsichtigt. Man sollte in eine andere Welt eintreten. Der Gang durch die siebzehn Zellen sollte zu einer Initiation in die Welt Violas, einer Reise in die kunstvollen Phantasmen eines Gehirns. Durchaus drängte sich der Eindruck auf, daß der Gang durch die labyrinthischen Installationsräumen als eine Reise durch die inneren Kammern der Imagination Violas selbst inszeniert war. Zwar richten alle Kameras ihr Objektiv immer auf irgendein Ensemble der Außenwelt und insofern ist ihnen Referenzialität technisch eingebaut. Die Ausstellungsfolge der 'Bildkammern' Violas jedoch schien so arrangiert, daß man diese Referenz zunehmend verlor. Man tauchte in eine Bilderwelt, welche nicht die Außenwelt wiedergab, sondern direkt aus dem Bildgedächtnis und der Einbildungskraft des Gehirns zu erwachsen schien. Das machte den Besuch der Ausstellung zu einem Abenteuer, aber auch zu einer Art Intimität: es war eine Art visueller Beiwohnung der Innenwelt eines anderen Menschen, ebenso aufregend wie gelegentlich auch Scham oder das Gefühl wachrufend, man sei jemandem zu nahe getreten. Beides, Abenteuer wie Intimität, hat mit Grenzen und ihrer Überschreitung zu tun. Tatsächlich sollten die Besucher diesen Eindruck gewinnen: daß sie Grenzen überschritten, die gewöhnlich von Tabus und Verboten, von Scham oder Angst besetzt sind. Das einer Initiation ähnliche Arrangement diente einer solchen Grenzüberschreitung und Passage. ...
Am 25. Februar 1789 teilt Friedrich Schiller seinem Freund Christian Gottfried Körner mit: „Das lyrische Fach, das Du mir anweisest, sehe ich eher für ein Exilium, als für eine eroberte Provinz an. Es ist das kleinlichste und auch das undankbarste unter allen. Zuweilen ein Gedicht lasse ich mir gefallen […].“ Diese unverblümte Selbstaussage lässt Schillers Verhältnis zur Lyrik in einem bedenklichen Licht erscheinen: Weder scheint er sich auf dem Feld der lyrischen Dichtung heimisch gefühlt zu haben, noch hat er offenbar die Ausarbeitung von Gedichten für sonderlich lohnenswert gehalten. Gemildert wird diese entschiedene Distanzierung einzig durch den Umstand, dass er zugesteht, wenigstens „zuweilen“ im lyrischen Fach tätig werden zu wollen. Ist daraus nun zu schließen, dass Schiller seine Gedichte nur als gelegentliche Nebenprodukte begriffen hat?
Der Titel des Beitrages ist freilich mit Absicht provokativ gewählt, denn den Kennern der deutschböhmischen Literatur sind Autoren wie Rothacker und Watzlik, Strobl und Pleyer, Hohlbaum und Ott, Göth und Altrichter, Stauff und die Teichmann nur als anstößige Beispiele von Schriftstellern bekannt, die im ‚Kampf ums deutsche Volkstum in Böhmen‘ an prominenten Stellen standen, die negativsten Auswüchse des Sudetendeutschtums repräsentierten, häufig die besonders abscheuliche Gattung des Grenzlandromans pflegten und nach 1945 die revanchistischen Ansätze eines Teils der Vertriebenen kanalisierten. Warum in aller Welt soll Johannes Urzidil, der letzte große Erzähler der Prager Schule, der große Humanist, der Homo vere humanus, Prags Menscheitsdämmerer, der hinternationale Troubadour des alten Prag – (so nur einige Überschriften von Aufsätzen über Johannes Urzidil) – warum soll Johannes Urzidil mit revanchistischen Autoren in einer Reihe genannt oder gar verglichen werden?
Der Beitrag enthält eine Analyse des 1927 erschienenen Romans Der Sprung ins Ungewisse von Paul Zifferer, einem wenig bekannten, aus Mähren stammenden österreichischen Schriftsteller. Dieses Prosawerk bietet eine bemerkenswerte Auffassung des Phänomens Zentrum und Peripherie aus territorialer, sozialer, psychologischer, kultureller und politischer Sicht. Überdies stellt es ein wenig erforschtes Kapitel der literarischen Moderne dar.
Non è certo un caso se da quasi un secolo si parla di Austria infelix, per designare una cultura austriaca intrisa di dolore, o forse ancor meglio, per dirla con Jean Améry, di un Morbus Austriacus che si è propagato come in una forma di contagio. Non è forse ancora un caso se Winfried Georg (Max) Sebald ha intitolato la sua opera saggistica del 1985 – in cui ripercorre alcune delle tappe salienti dell'itinerario letterario austriaco come stazioni del dolore – "La descrizione dell'infelicità" ("Die Beschreibung des Unglücks"). Seguendo questa diagnosi sebaldiana, la causa della patologia dell'infelicità austriaca del XX secolo va ricercata nel sentimento, ambivalente e sofferto, di avversione e di ricerca della patria. Gli eventi traumatici del Novecento, e la consapevolezza delle colpe dell'Austria nel suo consenso al nazismo, hanno segnato in senso problematico l'identità culturale di questo paese, e con essa anche la cognizione del dolore. Oltre a Jean Améry, che ho sopra ricordato, penso ad autori del calibro di Thomas Bernhard, di Ingeborg Bachmann, di Peter Handke, ma anche alla poetessa di origine contadine Christine Lavant. Se c'è un tema di fondo che attraversa, come un filo sotterraneo, questo tracciato letterario è l'impotenza di fronte al dolore, e al contempo l'assunzione del pathos come elemento di rottura delle forme. La sofferenza informa di sé l'esistenza, e la deforma. E pur tuttavia, questa deformazione si attua secondo modalità diverse: il dolore fa urlare, ma anche ammutolisce, fa delirare o irrigidire, straripa dalle forme e pietrifica, se esige di essere espresso, cozza contro i limiti del linguaggio.
Die Motivation, weshalb der bayerische Autor Bernhard Setzwein für seine Texte Tschechien ins Auge fasst, hat mehrere Ursachen. Der vorliegende Artikel geht den Spuren vom literarischen Interesse Setzweins an dem östlichen Nachbarland nach und erläutert, warum sich Setzwein Tschechien als Experimentierraum für sein Schaffen ausgewählt hat.
This article outlines a production-oriented imagology and equips the imagological toolkit with concepts and terminology from cultural memory studies, reception aesthetics, narratology, rhetoric, and text linguistics. It thereby presents the theoretical framework which makes it possible to analyse generic elements without a national connotation with regard to their function in generating a national image. Using as examples genres from English Romanticism and how they evoke Englishness, the article highlights the aesthetic complexity of national images and their range of variation. Simultaneously it paves the way for a more nuanced deconstruction of these images.
Beirut und Berlin, die libanesische und die deutsche Hauptstadt, weisen – neben zahlreichen evidenten Unterschieden – eine Reihe von Parallelen auf, die im Zusammenhang mit Krieg und Teilung, Zerstörung und Wiederaufbau ihres Stadtzentrums stehen. Ähnlich wie die Gegend um den Potsdamer Platz in Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und in den Jahrzehnten der deutschen Teilung war das Beiruter Stadtzentrum im Laufe des Bürgerkriegs (1975−1990) zu einer Art Niemandsland geworden. Als Schauplatz heftiger Kämpfe war es bereits zu Beginn des Krieges weitgehend zerstört und in der Folge von Bewohnern wie Geschäftsleuten verlassen worden. [...] Im Anschluss an einen kurzen Exkurs zur Geschichte des Beiruter Stadtzentrums werden im Folgenden einige Ausschnitte aus der Debatte vorgestellt. Auf der einen Seite wird es um die Wiederaufbaupläne gehen, um die mit hohem Aufwand betriebene Medien-Kampagne und das Vorgehen der mit dem Wiederaufbau betrauten Immobilienfirma sowie um den Widerstand, den dies hervorrief. Auf der anderen Seite werden künstlerische Positionen, Einwände und Gegenentwürfe vorgestellt: Am Beispiel zweier in den 1990er Jahren erschienener Romane wird illustriert, wie das Beiruter Stadtzentrum als Schauplatz für Debatten dient, in denen Fragen von Identität, Erinnerung und Verantwortung verhandelt werden.
Carlos Spoerhase wendet sich dem Verhältnis von Teil und Ganzheit im Denken der literarischen Form zu. Für die Imagination ganzheitlicher Werke - als Paradebeispiel dient Spoerhase die Shakespeare-Apologie der Romantik - sei nicht allein die Vollständigkeit der Teile und ihr ausgewogener Bezug zum Ganzen, sondern auch die Beziehung der Teile untereinander zentral. Zwar erfolgten literarische Ganzheitsvisionen immer wieder über Analogien mit dem Menschen, der Architektur oder biologischen Systemen. In der Regel garantiere aber ein "nichtsinnliches Prinzip, das im Innern des Werkes situiert wird", erst dessen "ganzheitliche Formstiftung". Anders als es etwa die Prominenz der stabilen Unterscheidung zwischen 'System' (als Musterbeispiel geschlossener und einheitlicher Ganzheit) und 'Aggregat' (im Sinne einer lockeren Anhäufung) in der Dichtungstheorie um 1800 suggeriere, würden literarische Werke zwangsläufig keineswegs mit "maximalen Einheitlichkeitszuschreibungen" versehen. An Goethes Poetik etwa lasse sich das Bemühen um eine "Gradierung von Ganzheit" ablesen. Ganzheit ist demnach weniger eine den Teilen vorangehende oder übergestülpte Totalität. Vielmehr sind es die unterschiedlichen und vielfältigen Verknüpfungsweisen der Teile, die über Art und Konzeption der Ganzheit literarischer Werke entscheiden.
Seit Jahrzehnten steht eine Gestalt an oberster Stelle des Kanons historisch bedeutsamer Figuren in der Ukraine: der Dichter und Maler Taras Ševčenko (1814−1861). Im Land besteht Einigkeit über seine identitätsstiftende Funktion für die imaginierte Gemeinschaft Ukraine. Er wird über die Regionen hinweg als verbindende Gestalt wahrgenommen - besonders in Zeiten, in denen ein mögliches "Auseinanderbrechen" des Landes intensiv diskutiert beziehungsweise befürchtet wird. Ein Grund dafür ist, dass Ševčenko für die historisch unterschiedlich geprägten Regionen einen gleichermaßen festen Bezugspunkt darstellt: Er lebte im Russischen Reich und stammte aus einem Gebiet, das heute zur Zentralukraine gehört; gleichzeitig konnte und kann man sich in der Westukraine mit der Idee von Ševčenko als einem der wichtigsten Träger ukrainischer Identität identifizieren. In Ševčenko laufen zentrale gesellschaftliche und erinnerungskulturelle Diskussionen und Projektionen über Vergangenheit, den gegenwärtigen Zustand und mögliche zukünftige Entwicklungen des Landes zusammen, und die spannungsreichen Veränderungen und erinnerungskulturellen Widersprüche in der Geschichte der Ukraine drücken sich ganz besonders in der Auseinandersetzung mit Ševčenko aus. Ševčenko ist also auch nach der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1991 der Kulturheros schlechthin. Diese Umwertung der Ševčenko-Gestalt wird heute vor allem bei renommierten Wissenschaftlern und Ševčenko-Forschern, aber auch in Reden von Politikern deutlich. Demgegenüber bestehen in der Gegenwartskultur jedoch zahlreiche andere Entwürfe, die die Gleichsetzung Ševčenkos mit der Nation in Frage stellen. Dabei führen die Um- und Neudeutungen zu einer Pluralisierung des Ševčenko-Bildes; und auch wenn Gegenentwürfe als Bedrohung empfunden werden - gerade durch sie wird Ševčenkos Bedeutung aktualisiert und seine Gestalt auch für jüngere Generationen zugänglich und interessant gemacht. Der Kulturheros Ševčenko, der in der Sowjetzeit etabliert und in Folge hoch verehrt wurde, ist weiterhin äußerst populär und ein beliebtes Objekt kultureller, wissenschaftlicher und medialer Auseinandersetzungen in der Ukraine.
Sündenkleid und letztes Hemd
(2015)
Teufelsmaske, Nebelkappe, Narrenkleid, Panzer der Rebellion - die barocken Geistlichen und Dichter werden nicht müde, Synonyme für das zu finden, was der Gläubige auszuziehen hat, wie ja überhaupt Variation zu den Grundprinzipien barocker Dichtung gehört, welche die Sprache als 'Einkleidung' von Gedanken betrachtet und auf den Reichtum von Epitheta größten Wert legt - und in seinen Poetiken regelmäßig für 'Buße tun' auch die Umschreibung 'das Sündenkleid ablegen' vorführt.
Der Beitrag setzt sich mit Theatertexten der Wiener Gruppe auseinander und untersucht diese hinsichtlich ihres experimentellen Status. Bei der Analyse werden jene Themen aufgegriffen, die die Wiener Gruppe selbst beschäftigten: die Frage nach den Möglichkeiten der Abbildung von Wirklichkeit (insbesondere durch Sprache), das Verhältnis zwischen Zeichen und seiner Bedeutung sowie die Relation zwischen Realität und
Fiktion.
Es fällt auf, dass eine ganze Reihe von Bekehrungsgeschichten in der frühen koranischen Rezeptionsgeschichte die Dichter und ausgewiesen rhetorisch Versierte zu Protagonisten haben. Kaum eindringlicher konnte die überlegene "Höherentwicklung" des Koran gegenüber der bloßen Poesie vorgeführt werden als durch die plötzliche, widerstandslose conversio derjenigen, auf deren Leistung sich die völkische Gemeinschaft der Araber begründete und denen man, da sie die Kunstsprache der Poesie ('arabīya) in Vollendung beherrschten, gewaltige magische Kräfte zurechnete.
Macht man sich diese aus Perspektive des christlichen Abendlandes überaus erstaunliche ästhethische Qualität und klangbasierte Wirkmacht des islamischen Offenbarungsmediums deutlich, tritt die Differenz zum Wesen der christlichen Offenbarung und zu ihren Basisbegründungen für Wahrheit und Wahrhaftigkeit erst so recht deutlich hervor. Und es stellt sich sehr schnell die für die christliche Verkündung sich nicht unmittelbar aufdrängende Frage nach ihrem Verhältnis zur poetisch-ästhetischen Rede und überhaupt nach dem Zusammenhang zwischen ihrem medialen und sakralen Status.
Wenn Søren Kierkegaard in den "Schriften über sich selbst" die eigene Gegenwart als "eine Zeit der Auflösung"l bezeichnet, die eine "Radikalkur" bedürfe, so markiert er damit zugleich seinen eigenen philosophischen Entwurf existenz-dialektischen Denkens. als ein Konzept, das im Horizont jener gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse zu verorten ist, die im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts eine Neukonzeptualisierung des Denkens von Mensch und Welt unabweisbar fordern. Topisch geworden in diesem Sinne ist Karl Löwiths Rede vom "revolutionären Bruch im Denken des neunzehnten Jahrhunderts". Wie für viele seiner Zeitgenossen bildet dabei für Kierkegaard die Identitätsphilosophie Hegels den negativen Bezugspunkt. Während jedoch Theoretiker wie Marx in dem Sinne der Hegelschen Spur folgen, daß sie den Systemcharakter dieser ersten Theorie der Moderne beerben, ist es im Falle Kierkegaards gerade Hegels Verwissenschaftlichung der Philosophie, die zum Widerspruch herausfordert. Der Begriff der Verwissenschaftlichung bezeichnet dabei den Sachverhalt, daß die Philosophie in Gestalt einer objektivierenden Ontologie der Gegenwart dem Individuum keinerlei Handlungsorientierung mehr zu geben vermag. Kierkegaard problematisiert mit seiner HegelKritik also jene Grundtendenz der modernen Kultur, welche Max Weber als einen Prozeß der Ausdifferenzierung in füreinander gleichgültige Wertsphären und mithin als einen Vorgang der Dezentrierung der symbolischen Ordnung beschrieben hat.
Im Folgenden geht es um 'Bibel als Litteratur' (von lettera, Druckletter) und 'Literatur als biblischer Text', also um wechselseitige Beziehungen von Letternsatz, Bibeldruck und schöner Literatur. Zugunsten dieser Fokussierung auf ihre typographische Umsetzung bzw. Drucklegung werden sonst zentrale stilistische, rhetorische, textsorten- oder gattungsspezifische Parallelen zwischen biblischen und literarischen Texten vernachlässigt. Unter biblischen Texten sollen nicht nur Vollbibeln, sondern auch Teilausgaben verstanden werden, solange sie auf biblischem Material der jüdisch-christlichen Tradition gründen; literarische Texte seien einfach alle anderen.
Bereits in seinen Räubern (1781) enthüllt Friedrich Schiller, wie eminent machtpolitisch das Medium Schrift bzw. der Akt des Schreibens eingesetzt werden kann. Dabei veranschaulicht er, dass sich die Konkurrenz zwischen dem Vater und dem Zweitgeborenen letztlich in einer Konkurrenz divergierender Schreibintentionen äußert. […] Die materiale Dimension des Schreibens […] besitzt auch für Schiller eine maßgebliche Bedeutung. Das wird insbesondere daran sichtbar, dass sich Schiller, sobald er außerordentlicher Professor in Jena geworden ist, sofort einen Schreibtisch anschafft […]. Im Kontext dieser materialen Vorrausetzungen ist auch de inspirative Dimension des Schreibens zu berücksichtigen […]. Schiller schätzte bekanntlich den für ihn anregenden Geruch fauliger Äpfel, die ständig in einer Schublade in seinem Arbeitszimmer aufbewahrt werden mussten. […] Mit der Niederschrift der „Botschaft“ bzw. der „Ideen“, ist die kreative Dimension des Schreibens erreicht. Da die Erzeugnisse dichterischer Schreibakte zumeist in konkrete Publikationszusammenhänge eingebunden sind, muss schließlich auch die ostentative Dimension des Schreibens in den Blick genommen werden.
Schleppen und Schleifen
(2015)
Schleppen und Schleifen sind einander etymologisch verwandt. Seit dem 13. Jahrhundert soll die Ähnlichkeit von Schleppen und Schleifen bereits in der Deutschordensdichtung belegt sein; das Grimm'sche 'Wörterbuch' notiert, dass "die identität von schleppen und schleifen" um 1430 erkannt und erstmals in Wörterbüchern erfasst wurde. Nun sind Schleppen und Schleifen nicht nur Verben für den mehr oder weniger identischen Vorgang, etwas unter Mühe langsam, schwerfällig und mit großem Kraftaufwand am Boden entlang zu ziehen, sondern auch Pluralformen von Substantiven. Die Schleppe und die Schleife bezeichnen dabei geradezu das Gegenteil der verbalen Bedeutung: Anders als die Verben 'schleppen' und 'schleifen' sind sie nicht mit Mühe, Last und Erschöpfung konnotiert, sondern stehen vielmehr für Luxus und Verschwendung - für die unendliche Leichtigkeit des Seins.
Was einen "Edlen Verbrecher" ausmache, aus welchen habituellen oder biografischen Attributen er sich charakteristischerweise zusammensetze und welche Funktionen ihm als Sozialtyp, Männlichkeitskonzept und Heros der Literatur und des Dramas, des Marionettentheaters und des Volkslieds zukommen können, fesselte die Kulturgeschichtsschreibung bereits Mitte des 19. Jahrhunderts. [...] An Typologien des Edlen Verbrechers als eines politik-, sozial- und psychohistorisch ausdeutbaren Fluchtpunkts kollektiver Phantasien mangelt es nicht. Sieht man genauer hin: nicht auf den ewiggleichen Typ, sondern auf dessen Modifizierung, Perspektivierung und Modellierung, kurzum: auf dessen Diskursivierung, bietet der edle Delinquent nichts weniger als eine einheitliche Moral oder Psychologie, sei sie nun idealisierend, kriminalisierend oder, wie im populären Marionettentheater üblich, komisierend. So spricht vieles dafür, dass die literarischen Gattungen und nicht-literarischen Textsorten - also all die Protokolle und "Aktenmäßigen Geschichten", Anekdoten und Lieder, Novellen und Romane, Laientheater- und Marionettentheaterstücke - die Typenbildung ganz unterschiedlich prägten beziehungsweise voneinander abweichende Typen mit differenten Biographien hervorbrachten. Womöglich bewohnt der historisch-anekdotische, der epische, lyrische und theatrale Schinderhannes im 19. Jahrhundert gar nicht jenes eine Haus des Edlen Verbrechers, das ihm die Geistes- und Kulturwissenschaften gebaut und zugewiesen haben? Und womöglich ist er weder als Figur noch überhaupt als Typus, sondern bloß als Name anzusehen, dem wechselnde Diskurse kriminalistischer, pädagogischer, moralischer, künstlerischer Ausrichtung wechselnde Bedeutungen, Funktionen und Plätze im kollektiven Gedächtnis wechselnder Gruppen gaben? [...] In der Folge soll die im 19. Jahrhundert von Anekdotik, Lied und (Marionetten-)Theater konstruierte fiktive Kollektivbiographie des Schinderhannes Johannes Bückler textsortenspezifisch re-vidiert und in eine Soziobiographie aus Dichtung und Wahrheit übergeführt werden.
Die Romantiker lieben es, programmatisch aufzutreten. Daher ist es bemerkenswert, dass in ihren Manifesten die Nennung und Konzeptualisierung von Ironie, Arabeske, Humor, Phantastik und Groteske dominiert. Die Erwähnung der Satire hingegen findet sich selten, sie bleibt randständig. Und doch ist auffällig, dass zum Beispiel in den nicht zur Veröffentlichung bestimmten poetologischen Notizen Friedrich Schlegels die Satire nicht nur gleichwertig mit Ironie, Burleske, Parodie, Groteske behandelt, sondern zugleich um ihren literaturtheoretischen systematischen Ort und ihre literaturpolitische Stellung geradezu gerungen wird.
Freud soll als Theoretiker des Gedächtnisses produktiv gemacht werden. Was sich seinem Bild Roms methodisch abgewinnen lässt, ist als Aufhebung zeitlicher Struktur auch deren Überführung in räumliche Schichten. Wenn alles simultan ist, so gibt es keine Abfolge, und die Analyse kann darum nicht von Entwicklungen, sondern von Schauplätzen sprechen. Diesen kommt in der kulturwissenschaftlichen Arbeit eine herausragende Bedeutung zu, auch die folgende Untersuchung zu Geschichten und Gestalten einer Märtyrerin: der Heiligen Cäcilie, zu ihren narrativen und pikturalen bzw. plastischen Figurationen wird Freuds Modell folgen. Auch bedingt dies eine Darstellungsweise, die - wie schon diese methodischen Überlegungen - über Umwege führt. Nicht zuletzt lässt Freuds implizite Idee einer häretischen Form der Auferstehung der Toten, die ins Bild der 'Ewigen Stadt' eingetragen ist, auch die väterlichen Heilsversprechen als labil erscheinen, sodass es nicht ausgemacht ist, was passiert, wenn die Toten ihre Gräber verlassen.
Nicht von einer "Nähe" der Literatur "zum Ritual" [...] gehen die folgenden Überlegungen aus. Wenn als "Definitionsmerkmale des Rituals" "Wiederholung einer Handlung, Inszeniertheit, ästhetische Elaboriertheit, Selbstbezüglichkeit, Expressivität und Symbolizität" angeführt werden, dann stellt sich gerade die Frage, inwiefern ein literarischer Text Handlung 'ist', nicht aber nur ein Ritual oder eine Wiederholung einer Handlung thematisiert oder erzählt. [...] Das Verhältnis von Ritual und literarischem Text wird allein von deren Ferne und Entferntheit her gedacht werden können und damit erst die Versuche und die Notwendigkeit der literarischen Texte, im Verhältnis zum Ritual ihre eigene Performativität zu bestimmen.
Die Beziehung von res und verba ist ihrem Grunde nach eine sprachphilosophische. Sie handelt von jenen Dingen, die überhaupt der Sprache zugänglich sind, bzw. von jenen Gegenständen, welche durch ihre Artikulation erst zu Dingen der Sprache werden. Der Fokus der Überlegungen konzentriert sich auf die Organisation des Verhältnisses von res und verba, für das über Jahrtausende hinweg in erster Linie die Rhetorik zuständig gewesen ist. Diesem liegen allerdings tatsächlich zwei sprachphilosophische Annahmen zugrunde, die von gegensätzlichen Voraussetzungen ausgehen.
Hoffmann unterschätzt und disqualifiziert hier - natürlich auch im Interesse der Aufwertung eigener künstlerisch-kritischer Produktion - die Beliebtheit des spät- und popularaufklärerischen Genres der Blindenheilung, das die handfest-praktische Gegenseite des hochambitionierten und spätestens seit Diderot auch philosophisch prominenten Phänomens darstellt. Als „hochbesetzte Technik des 17./18. Jahrhunderts“ oder gar als „Urszene der Aufklärung“ verbindet das Starstechen den Gewinn des Augenlichts mit dem potentiellen Verlust anderer, ersatzweise erworbener, oft aber auch stärker als normal ausdifferenzierter Fähigkeiten. So folgt zumindest auf die literarisierte Blindenheilung regelmäßig der Wunsch nach erneuter Blindheit m – oder der Abbruch der Narration, „als bedeute das Tageslicht das Ende der Fiktion“. Peter Utz belegte diesen Konnex bereits 1990 mit Beispielen von Jean Paul über Goethe bis zu Bonaventuras Nachtwachen, machte aber auch auf den Rat von dessen Erzählerinstanz aufmerksam, die mögliche Fortsetzung der Geschichte „als Material für trivialromantische Verwertung“ zu nutzen. Hoffmann hingegen entwertet – wahrscheinlich wider besseres Wissen – das philosophische wie narratologische Problempotential der Blindenheilung, indem er probehalber eine Reihe anderer Varianten durchspielt, vom Arterienverschluss (,Aneurisma') über den Wundbrand bis hin zur geglückten Amputation.
Der Beitrag enthält eine Analyse der Repräsentationsweisen der mährischen Walachei in den Werken der aus dieser Region stammenden, hier ebenden oder vorübergehend wirkenden deutschschreibenden Autoren. In der Lyrik Nina Wostalls (1901–1996) ist die Walachei Zentrum einer mythisch anmutenden Gemeinschaft mit multikulturellem Hintergrund. Marianne Bohrmann (1849–1916) zeigt die Walachei in ihrem Prosaband "Mährische Novellen" als beschauliche Idylle, die eine Gegenwelt zu allem Neuen und Authentischen darstellt, das sich gegen gesellschaftliche Konventionen stemmt. In Paul Zifferers (1879–1929) Roman "Die fremde Frau" entpuppen sich die idyllische Gegend als permanentes Konfliktfeld und die harmonische Gemeinschaft als Quelle für soziale und nationale Probleme. Walter Seidl (1905–1937) transformiert in seinem Roman "Der Berg der Liebenden“ die mährischwalachische Idylle in eine moderne Utopie.
The chapter explores the dimension of the living present as a form of temporal reduction, looking at its manifestation in literary texts. Bazzoni proposes here a focus on the living present as different from a still, eternal moment, and contrasts the experience of the living present with the reduction at play in trauma. Finally, the author discusses the affective, ethical, and political dimensions of the temporality of the living present as a site of subjectivation, which effects a counter-reduction of normative discourses.
Der Begriff des Rahmens hat in den letzten Jahrzehnten in unterschiedlichsten Kontexten Konjunkturen erlebt: in der Anthropologie und der Soziologie als kontextsensibler Handlungsrahmen, in den Theaterwissenschaften als Inszenierungsrahmen, in der Literaturwissenschaft als paratextuelle Rahmung, in der Linguistik als kognitiver Repräsentationsrahmen respektive als Skript – und, nicht zu vergessen, in der Kunstwissenschaft als Bildrahmen. Dabei steht jede "Aufmerksamkeit für Rahmungen" in einem Spannungsverhältnis zwischen einem Interesse für explizite, sprich: materielle und insofern sichtbare Formen der Rahmung einerseits und einem Interesse für implizite, konzeptionelle, sprich stillschweigend vorausgesetzte Interpretationsrahmen andererseits. Zugespitzt formuliert könnte man sagen: Das Problemfeld 'Rahmen' wird durch das Verhältnis von phänomenaler Rahmenwahrnehmung und funktionalem Rahmenwissen bestimmt, wobei sich in der Verhältnisbestimmung zugleich die Rahmenbedingungen von textuellen, theatralen, pikturalen und technischen Konfigurationen zeigen.
Obwohl mit dem "Personenkult" um Josef Stalin (1878−1953) vor allem die Inszenierungen seiner Macht und sein Führungsstil bezeichnet werden, ging der Kult um seine Person über den Rahmen des Politischen hinaus: Stalin wurde mit der Zeit zunehmend zu einer kulturstiftenden Figur, ja gar zu einem kulturellen Symbol stilisiert, das eine ganze Epoche prägte. Wenn überhaupt von einem "Gesamtkunstwerk Stalin" (Boris Groys) die Rede sein kann, dann bezeichnet dieser Begriff gleichermaßen die Epoche Stalins wie ihren Hauptprotagonisten, dessen Selbstinszenierungen als ein Kulturphänomen, ein 'Kunstwerk' der Zeit betrachtet werden können. In diesem "Gesamtkunstwerk" erscheint er sowohl als ein demiurgischer Herrscher als auch als ein prometheischer Heros - als Befreier und Kulturstifter. Der "Führer", der die sowjetischen Völker zum Siege führt, ist zugleich der "Lehrer", der lehrt was richtig und was falsch ist. [...] Er ist eine Figur der Revolution, berufen, sein Land aus dem Chaos zu führen und eine neue Ordnung herzustellen. Diese neue Ordnung reicht über das Machtpolitische hinaus ins Kulturelle: Der revolutionäre Heros ist ein Kulturstifter, dessen Mission eine prometheische Tat, und zwar die Erschaffung eines neuen Menschen ist. Die Herrscher, die als Kulturheroen inszeniert werden, sind vor allem nationale Heroen und werden mit einer Nation identifiziert, die sie vertreten. Im Falle Stalins ist dieses Modell komplizierter, denn er steht an der Spitze des Vielvölkerstaates, der sich als eine "Völkerfamilie" darstellt. Daher muss er als Heros für alle Völker der UdSSR gleichermaßen gelten. Zugleich ist er aber ein Georgier und diese Tatsache beschert seinem Geburtsland eine symbolische Sonderstellung, sie verleiht Stalin als kulturheroischer Figur gewissermaßen zwei Gesichter: das allgemeinsowjetische und das national-georgische.
This essay is concerned with the state of the concept of »work« in the realm. of literature. Around 1800, "work" becomes a central reflective category in the field of literature, as well as in philosophical and literary aesthetics. In the last two decades of the 18th century, especially within Goethe's and Schiller's classicist concepts of literature, "work" and "art"/"poetry" are generally considered unconnected, as is an economic and aesthetic attitude towards nature. Where the spheres of "art"/"poetry" and "work" are linked to each other this relationship is defined as one of opposition, as can be seen especially in Goethe's novel Wilhelm Meisters Lehrjahre and in Schiller's essay Über die ästhetische Erziehung des Menschen. This changes significantly with the re-conceptualization of literature by the German Early Romantics. Not only does the sphere of "work" - now regarded as something meaningful - become at this moment in the course of the· evolution of the literary system an eminent topic within literature and literary aesthetics, the poetic activity itself becomes - suddenly - conceptualized as "work" and the writer thought of as a "worker". This essay first raises the question of what cultural changes might follow the approaching end of the "working society" in Western societies before proceeding to this important turning point in the self-conceptualization of the literary system in relation to the modem concept of "work".
Pirsig und die Deutschen
(2019)
Der US-Autor Robert M. Pirsig hat zwei philosophische Romane über die Qualität geschrieben: "Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten: Ein Versuch über Werte" (1974) und "Lila – Oder ein Versuch über Moral" (1991). Beide sind literarische Experimente, die mit der deutschen Literatur und Philosophie zwar subtil, aber eng verbunden sind. Der Beitrag möchte diese Verbindungen aufzeigen und charakterisieren.
Pfeilzeichen sind im Alltag des postmodernen Menschen mindestens ebenso präsent, wie es die Pfeile im Leben unserer jagenden Vorfahren gewesen sein dürften. Sie übernehmen wichtige Funktionen bei der Orientierung im Raum, bei der Bedienung von Geräten und bei der Tradierung von Wissen. Pfeilzeichen finden sich draußen wie drinnen, in gedruckten wie in digitalen Medien, sie sind Bestandteile von Bildern, Texten und mathematischen Formeln und vermitteln in vielfältiger Weise zwischen Text, Bild und Zahl. Im Laufe der Zeit hat sich das Pfeilzeichen zu einer hochflexiblen Zeichenfamilie mit einem breiten Spektrum an Formen, Bedeutungen und Funktionen entwickelt. Diese "semiotische Karriere" des Pfeilzeichens möchten wir im folgenden Abschnitt an ausgewählten Beispielen aus Kunst, Literatur und Alltag nachzeichnen, um uns anschließend der erneuten Ausdifferenzierung des semiotischen Potenzials in den neuen Medien zuzuwenden. Die Pfeilzeichen dienen uns dabei als Beispiel, um drei Thesen über Prozesse semiotischen Wandels zu belegen: 1. Neue Zeichenfunktionen und -bedeutungen bilden sich stets auf der Basis bereits vorhandener Funktionen und Bedeutungen heraus. Dabei werden alte Bedeutungen in den seltensten Fällen ersetzt; vielmehr handelt es sich um Prozesse semiotischer Ausdifferenzierung, bei der "ältere" Funktionen und Bedeutungen mit verändertem Stellenwert erhalten bleiben. 2. Die Ausdifferenzierung erhöht die potenzielle Ambiguität von Zeichen und Zeichenkomplexen, sodass deren Interpretation den Zeichenbenutzern immer mehr abverlangt. Gerade am Beispiel der Pfeilzeichen lässt sich sehr gut zeigen, dass deren Funktion und Bedeutung in hohem Maße kontext- und mediengebunden ist und in neuen Medien oft neu erlernt werden muss. 3. Grundlegend für die semiotische Ausdifferenzierung des Pfeilzeichens ist der Stellenwert des Pfeils in einem komplexen Handlungsrahmen, auf den wir mit dem Ausdruck "Pfeil-Szenario" Bezug nehmen. Darin dient der Pfeil als Geschoss einer Waffe, z. B. eines Pfeil-Bogens, seltener auch einer Armbrust oder eines Blasrohrs. Der Pfeil ist ein Element der gesamten Waffe, die sich aus Pfeilspitze, Schaft, Federn (und Ritze) zusammensetzt.
Zum Repertoire sozialistischer Helden und Märtyrer gehört die Figur des Kindermärtyrers, die auch in der sowjetischen Kultur seit den 1920er und 1930er Jahren Hochkonjunktur hatte. In der Presse, der Literatur wie im Film wurden zahlreiche Geschichten über Kinder und Jugendliche erzählt, die an die 'lichte Zukunft des Kommunismus ' glaubten und bereit waren, selbstlos ihr Leben für diese zu opfern. Solche Geschichten über jugendliche Opfer zählten - wie traditionell in vielen Kulturen und Gesellschaften - zu den zentralen Gründungs- und Opfermythen des Sowjetsystems. Das Selbstverständnis der Sowjetmacht als Schöpferin einer neuen Weltordnung, das radikale Zerstörungspraktiken zu legitimieren schien, war mit einer Neuordnung des gesamten symbolischen Kapitals russischer Geschichte verbunden. Einerseits wurden tradierte Symbole den veränderten Bedingungen angepasst und semantisch umcodiert, andererseits wurden den Anforderungen der Ideologie entsprechende neue Zeichen und Symbole in Umlauf gebracht. Mit den realen wie fiktiven Märtyrerfiguren wurden insbesondere in den ersten beiden Jahrzehnten nach der Oktoberrevolution von 1917 wirkmächtige Symbole zur Regulierung der für die Menschen nahezu täglich spürbaren Gewalt bereitgestellt. Die Märtyrerfigur als kulturelles Deutungsmuster funktionierte offenbar weiterhin - ungeachtet der radikalen Absage der Sowjetmacht an die Religion - als propagandistisches Instrument und ermöglichte Verknüpfungen (wie z. B. von Gewalt und Kult, Tod und Verehrung, Opfer und Quasi-Sakralem).
Im antiken Rom war das Publikum im Colosseum live bei der Inszenierung von Gewalt dabei. Heutzutage werden "tödliche Spiele" in Film und Literatur nicht nur medial re-inszeniert (Stichwort Hollywood-Historienfilme, Gladiatoren-Computerspiele), sondern auch zunehmend als Vehikel für Gesellschaftskritik eingesetzt. Ausgehend vom Erfolg der Buchtrilogie "Die Tribute von Panem" (The Hunger Games) wird der Vortrag erkunden, welche gesellschaftliche Funktion die Darstellung und Betrachtung von Gewalt im Spiel erfüllt.
In her contribution, "Of Birds and Men: Lessons from Mark Cocker's 'Crow Country,'" Michaela Keck discusses strategies for teaching Mark Cocker's encounters with the often-ignored members of the corvid family in "Crow Country" (2007). Part natural history, part pastoral, and part personal memoir, "Crow Country" raises and explores questions central to HAS regarding both dichotomies such as self / other, human / animal, and subject / object, as well as the potential and limitations of anthropocentrism and the narratives humans construct about other animals. As Cocker's twenty-first-century account of the rooks in East Anglia demonstrates, these corvids are neither domesticated nor companion animals. Since students will be familiar with crows and might even consider them a nuisance at times, Cocker's text offers new perspectives for thinking about so-called "trash animals." However, crows are also famous for their cognitive skills and cooperative capacities, and are therefore particularly suitable agents for challenging human-animal distinctions and simple notions of species boundaries. Keck's paper engages with "Crow Country" as an entry point to teaching core questions of HAS, exploring the ways in which Cocker's narrative draws students' attention to the de-/constructions of the birds' natural and cultural history and, conversely, of human animality and/or difference. Focusing on rooks as social constructs and agents, as well as rooks anthropomorphized and reconfigured, Michaela Keck illuminates the role of human-bird relationships in current Anthropocene contexts.
Explizite Notenzitate in der Schönen Literatur sind selten, weisen sie doch auf die grundsätzliche Fremdheit zwischen den beiden Medien hin. Diese wurde schon in der romantischen Musikliteratur ebenso oft beschworen wie zu widerlegen versucht. Musik sei die bessere Sprache, meinten zahlreiche romantische Autoren, niemals würde die verbale Sprache sie zu erreichen vermögen. Gleichwohl kämpften Wackenroder und Tieck, Heine und Grillparzer um jene poetische Sprache, die so viel mehr sein soll als die Prosa. So überrascht es nicht, wenn nur wenige Autoren sich der Herausforderung stellen, mit dem Notentext selbst auch die Grenzen ihres eigenen Mediums zu bezeichnen - und noch weniger nutzen sie das Notenzitat als Indiz ihrer poetologischen Grundüberzeugungen. Nicht zufällig sind Hans Henny Jahnn, Arthur Schnitzler und Ingeborg Bachmann die wichtigsten nach wie vor seltenen Zeugen einschlägiger medienkomparatistischer Betrachtungen.
Gegen meine Gewohnheit beginne ich mit einer Art von Vorbemerkung, wie ich sie sonst zu vemeiden suche: Ich muß zunächst sagen, was ich "nicht" leisten kann, was "nicht" von mir zu erwarten ist: Es wäre vemessen, wollte ich in einem kurzen Vortrag generell die Rolle nachzuzeichnen versuchen, die die NFG (also die Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar) in der Erbepflege der DDR spielen sollten und gespielt haben.[...] Es ist nicht meine Absicht, hierzu einen substantiellen Beitrag zu leisten. Was ich anbieten kann, sind einige unsystematische, bewußt subjektiv bestimmte Überlegungen, sind Gedanken und Erinnerungen eines Dabeigewesenen zum Thema "Gewinn und Verlust" dieser Epoche in der Archäologie unserer Stadt. [...] Jedem, der hier [in Ostdeutschland] vor und nach der Wende von 1989 gelebt hat und tätig war, ist selbstverständlich bewußt, daß es dabei Gewinn "und" Verlust zu registrieren gibt und daß beides vielfach in der gleichen Erscheinung zutage tritt. Das gilt natürlich auch im Falle der NFG, und es dürfte sich lohnen, hier einmal genauer und differenzierter über diese Bilanz nachzudenken. Ich bin weit davon entfernt, sofort den Saldo ziehen zu wollen. Als Vorarbeit dazu möchte ich lediglich den Blick auf einzelne Rechnungsposten legen, die mir besonders wichtig und interessant erscheinen. Ich erwarte dabei keine ungeteilte Zustimmung: für andere, ebenso Dabeigewesene wird sich in manchem Punkt ein anderes Bild ergeben. Ich nehme aber das Recht in Anspruch, die Maßstäbe zur Beurteilung aus den gegebenen Bedingungen des Lebens in der DDR zu nehmen.
Der folgende Beitrag ist im Rahmen des Forschungsprojektes der Arbeitsstelle für mährische deutschsprachige Literatur entstanden, die vor drei Jahren an der Palacký-Universität in Olmütz (Olomouc) gegründet wurde und sich im allgemeinen mit dem Sichten und Sammeln von Material beschäftigt, mit Aufdecken von verschütteten und vergessenen Spuren, mit deren Festhalten in klassischer sowie elektronischer Form und deren wissenschaftlicher Auswertung in verschiedenster Form. Die Forschung der Arbeitsstelle bewegt sich um ihr Forschungsobjekt, die mährische deutschgeschriebene Literatur, und hiermit auf dem weiten Feld der regionalen Forschung, das eben durch diese seine Weite und Breite sowohl Vorteile als auch Nachteile darbietet. Zu den Vorteilen gehört (um nur kurz Allgemeinplätze zu streifen) der unumstößliche heuristische und historische Wert einer solchen Arbeit, denn längst hat die Literaturgeschichte erkannt, dass die kanonbildende Orientierung bloß an den großen Werken der sogenannten Weltliteratur die Geschichte verzerrt oder gar verfälscht, zu Verflachungen und Pauschalisierungen führt und außerdem Ideologien transportiert.
Im elften Buch seines Adelsspiegels (1591) kommt Cyriacus Spangenberg der Wigalois des Wirnt von Grafenberg in den Sinn, weil darin etlicher Ritter von der Tafelrunde gedacht werde, insbesondere des Herren Gwy von Galois, "sonst Ritter Wiglois vom Rade genandt", und eines "Grauen Hoiers von Manßfeldt des roten". Das alte Buch, das einst Herzog Albrecht von Braunschweig in Auftrag gegeben hatte, habe er von einer adeligen Witwe erhalten, später aber an die Grafen von Mansfeld weitergegeben, die sich sehr für die Rolle ihres Vorfahren in diesem Roman interessiert gezeigt hätten.
Gesichter sind in der modernen Gesellschaft zwiespältig geworden: Einerseits ist von einer "facialen Gesellschaft" die Rede, entsprechend der Leitfunktion, welche Gesichter als Vorbilder in der Medienkultur einnehmen, ob nun bei Stars, Politikern, Sportlern, Promis - Berufsgruppen für die face lifting selbstverständlich zur Vorbildfunktion mit Nachahmungseffekten hinzugehört. Fernsehformate wie Casting- Shows beruhen auch darauf, dass Gesichter zur Nachahmung vorgegeben werden. Selbstverständlich sind diese Gesichter nie natürlich oder wahrhaft, wie dies die Anthropologie seit dem 18. Jahrhundert behauptet hatte, sondern künstlich und verstellt. Aber der Topos des natürlichen Ausdrucks wird gleichwohl aufrecht erhalten und rhetorisch angewendet. Die biopolitische Diskursmacht führt dazu, dass trotz der maskenhaften Verstellung der Mediengesichter der empathisch-emotive Effekt eintritt. Es handelt sich um eine bemerkenswerte Leistung von Medienkultur, Indikator einer anthropologischen Macht der Medien. Michael Taussig spricht unter Berufung auf Benjamin vom mimetischen Vermögen, das durch Medien zustande kommt und Fremdheit durch Nachahmung minimiert, entsprechend dem antirassistischen Leitmotiv von Kafkas "Wunsch, Indianer zu werden". Insbesondere Gefühle wie Liebe oder Angst werden dabei im Gesichtsausdruck der Medienbilder präsentiert und unter Zuhilfenahme der anthropologischen Topik einer Entsprechung des Äußeren im Inneren vom Zuschauer mimetisch hervorgebracht oder ihm zur Nachahmung angeboten.
Der folgende Beitrag will anhand der exemplarischen Lektüre zweier Aufsätze zeigen, was Lou Andreas-Salomés beschäftigte, wie und in welche Diskussionen sie sich einmischte und warum die Rezeption ihrer Texte schwierig ist; er will aber auch die Richtung andeuten, in der sich Fragen und Auseinandersetzungen Lou Andreas-Salomés bis in die Gegenwart fortgeschrieben haben. Am Beispiel der beiden beinahe zeitgleichen, thematisch so verschiedenen Texte "Grundformen der Kunst" (1898) und "Der Mensch als Weib" (1899) soll im folgenden Lou Andreas-Salomés Stimme, wie sie in der Polyphonie der Jahrhundertwende erklang, wieder zu Gehör gebracht werden. Daß die Aufsätze trotz ihres thematischen Unterschieds in denselben lebensbejahenden Versuch nach anthropologischer Selbstbestimmung münden, macht sie zu exemplarischen Texten für ihr Werk insgesamt.
Wie Enzensberger […] verdeutlicht, eröffnen literarische Texte […] einen Raum, in dem unterschiedliche und kontroverse wissenschaftliche Theorien […] miteinander kollidieren, wodurch ihre Bedingtheit und Relativität erkennbar wird. Die modernistische […] Vorstellung, Literatur sei subversiv, stelle in Frage, was immer sich als absolute Wahrheit ausgebe, relativiere die Ordnungen des Wissens und insbesondere alle sich verbindlich gebenden Theorien über den Menschen und die natürliche Welt, hat an Aktualität nicht verloren. […] Philosophen und Literaturtheoretiker verschiedenster Denkrichtungen kommen […] darin überein, daß Literatur subversiv ist: Gegen falsche Sicherheiten und gegen die Illusion absoluter Wahrheit gerichtet, deutet sie auf die Vieldeutigkeit aller Dinge und die Vielzahl inkompatibler Betrachtungsperspektiven hin, indem sie selbst vieldeutige und multiple Welten erzeugt. In dieser Eigenschaft ist das literarische Schreiben durch keinen anderen Diskurs ersetzbar. Die ihr hier zugeschriebene subversive Rolle als Instanz kritischer Reflexion über Begriffe, Theoriebildungen und Wissenschaft kann die Literatur allerdings nur dann spielen, wenn sie in engem und dauerhaften Kontakt zu den Wissenschaften bleibt. Die Kritik an Wissensdiskursen setzt einen ständig zu aktualisierenden .Informationsstand voraus: über die jeweils dominanten wissenschaftlichen Paradigmen, Kernbegriffe und Moden, die Strategien wissenschaftlicher Konstruktion und Darstellung dessen, was ist.
Zahlreiche Romane einschließlich ihrer Verfilmungen, Diskussionen, Dokumentationen und historische Filme zeugen vom zeitgeschichtlichen Interesse. Hervorgehoben werden in diesem Beitrag Beispiele der Romane des 21. Jahrhunderts, in denen wichtige historische Ereignisse des 20. Jahrhunderts reflektiert werden. Gezeigt werden dabei am Beispiel der Romane von Julia Franck "Die Mittagsfrau" (2007) und "Rücken an Rücken" (2011) die Wege solcher Vergangenheitsvermittlung, die sowohl Lust am Lesen und Experimentieren wecken als auch die eigene Kreativität der Studierenden unterstützen.
"What characterizes the literature of the transition? ln the late medieval period the forms and aspirations of literary endeavor stood in clear continuity with those of the High Middle Ages; but they were also rapidly expanding in scope, with many innovations that would become important for the Renaissance and the Rcformation. [...] Bringing all these elements under a common denominator we may say that the intellectual life of the centuries of transition showed a great openness to new ideas - an openness that stands in contrast both to the more rigid cognitive hierarchies of the High Middle Ages and to the entrenched positions of the Reformation. The resulting diversification of German literature reveals itself in the new forms of writing pioneered by new classes of writers for ever-widening circles of readers. We shall observe this increased diversity in the traditional centers of literary production, the court and the cloister, but even more so in the new literary world of the cities. And we shall see the parallel rise of Iewish literary awareness as belonging in die same broad context."
During the Black Revolution, LeRoi Jones used a radical adaptation of Dante to express a new militant identity, turning himself into a new man with a new name, Amiri Baraka, whose experimental literary project culminated in "The System of Dante's Hell" in 1965. Dante’s poem (specifically, John Sinclair's translation) provides a grid for the narrative of Baraka's autobiographical novel; at the same time, the Italian poet's description of hell functions for Baraka as a gloss on many of his own experiences. Whereas for Ralph Ellison and Richard Wright, Dante marks a way into the world of European culture, Baraka uses Dante first to measure the growing distance between himself and European literature and then, paradoxically, to separate himself totally from it. Baraka's response to the poet at once confirms and belies Edward Said's claim that Dante's "Divine Comedy" is essentially an imperial text that is foundational to the imperial discipline of comparative literature. That Baraka can found his struggle against imperialist culture, as he sees it, on none other than this specific poem suggests the extent to which it is a richer and more complex text than even Said imagined. To see exactly how Baraka does this, Dennis Looney proposes to read several extended passages from "The System of Dante's Hell" to take stock of its allusiveness to the Italian model. For all the critical attention to Baraka, surprisingly no one has undertaken the necessary work of sorting out his allusions to Dante in any systematic way.
Der Text geht der Frage nach, inwieweit der Begriff des literarischen und künstlerischen Experiments heute zu einem beliebig vergebenen Etikett geworden ist. Dazu werden einige Stationen aus seiner Geschichte sowie sein Verhältnis zum naturwissenschaftlichen Experimentbegriff kurz erörtert; ebenso einige Beispiele experimenteller Arbeiten, die ihren Anfang und ihr Ende verschleiern.
Das Werk der österreichischen Autorin Brigitta Falkner beruht auf einem unerschöpflichen Prozess der Grenzüberschreitung und der Hybridisierung. Daraus folgt u. a. eine Erweiterung der Grenzen des Literarischen: Biologie, Mathematik, Physik und andere Wissenschaften werden überraschende Akteurinnen in der neuen 'Ordnung der Dinge', die Falkner in ihren Produktionen verwirklicht.
Der Artikel geht auf die Darstellung des kulturellen Engagements des Grafen Albert Joseph Hoditz (1706 - 1778) ein, das im Rosswalder Schloss und in dessen Garten entwickelt wurde. Die Rosswalder Gartenlandschaft wird im Bezug auf die europäische Literaturgeschichte vorgestellt. Darüber hinaus spiegelt sie künstlerische Interessen des Grafen Albert Joseph Hoditz wider und weist auf die Phänomenalität dieses an der Peripherie liegenden Dominiums hin.
Das im Norden Ägyptens an der Küste des Mittelmeers gelegene Alexandria gehört zu denjenigen Städten, deren Name auch literaturhistorisch einschlägig ist. Der von gegenwärtigen Besuchern meist als schäbig und heruntergekommen erlebten modernen Großstadt steht dabei das literarisch überhöhte Bild einer levantinisch-kosmopolitischen Gesellschaft gegenüber, die von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts in voller Blüte stand.
Im Folgenden möchte ich drei Jesus-Biographien aus den 1920er Jahren analysieren, die zeigen, wie stark sich darin gleichermaßen der theologische und der literarische Diskurs der Zeit widerspiegelt. Es handelt sich dabei um Giovanni Papinis 'Lebensgeschichte Christi', auf Deutsch erschienen 1924, um Josef Wittigs 'Leben Jesu in Palästina, Schlesien und anderswo' von 1925, und um Emil Ludwigs 'Der Menschensohn' von 1928.
Law and literature: that is a sufficiently broad subject to warrant reference to the Fontane character Effy Briest’s "wide field." Indeed, the sites where law and literature encounter each other, where they border on each other, merge, converge, overlap, or where they relate as opposites, even finding themselves as rivals or enemies seem legion. In contrast to the intentions of Effy Briest in that famous novel, my reference to this line is not intended to abort further inquiries; instead I want to chart the field in question with the aim of developing a preliminary typology of the ways in which law and literature have been engaged and have engaged one another. Against the background of this overview, I want to turn to a much smaller field. This small field - a plot of long fallow farmland, to be exact, located between two adjacent, perfectly maintained wheat fields in a fictive Swiss village - will serve as an example or test site for "law and literature" as they emerge in Gottfried Keller’s narrative 'Romeo und Julia auf dem Dorfe', from his mid-nineteenth century collection of novellas 'Die Leute von Seldwyla'. Whether and how the case study of that small field at the centre of Keller’s story can make a case for the larger field of "law and literature" remains to be seen.
Ein Plädoyer für das Stolpern, wie es der Titel dieses Beitrags ankündigt, ist prekär, da es die Gefahr des Stürzens in Kauf nimmt. Die schlimmeren Unfälle allerdings gehen oft auf das Fehlen von Grenzhindernissen zurück. Erinnert sei nur an den hinterlistigen Schwellenabbau, den der amerikanische Physiker Alan Sokal an der Demarkationslinie der two cultures betrieb – und damit die Herausgeber der bis dato hochangesehenen Zeitschrift Social Text tüchtig blamierte, die nicht bemerkten, daß der Artikel Transgressing the Boundaries voller Absurditäten steckte. Sokals offensive Beseitigung der Barrikaden zwischen Geistes- und Naturwissenschaften paßte so gut ins postmoderne editorische Konzept, daß man gar nicht mehr darauf reflektierte, ob die Transgressionen im Einzelnen Sinn machten – etwa die dekonstruktivistische Überwindung der Schwerkraft oder die feministische Liberalisierung der mathematischen Axiomatik. Die transliminalen Verheißungen klangen zu verführerisch, als daß man über sie gestolpert – und damit der kompromittierenden Falle entgangen – wäre. ...
Laborsituationen, Sinnbewegungen : Poetologie des Experiments bei Ann Cotten und Oswald Egger
(2019)
Der Beitrag ist eine Annäherung an die Poetologie des Experiments im Werk von Ann Cotten und Oswald Egger. Drei Aspekte der Poetologie - Definition von Dichtung, Anschaulichkeit des Gedichteten, Ich-Verdichtung – stehen dabei im Vordergrund; die Analyse wird durch Bezüge zu poetologischen Aussagen von Ernst Jandl, Monika Rinck und Ferdinand Schmatz begleitet.
L. W. Rochowanski (1885 Zuckmantel - 1961 Wien) war auf mindestens vier scheinbar disparaten Gebieten künstlerisch tätig: als Herausgeber und Verfasser von Mundartliteratur, als Programmatiker des avantgardistischen Theaters und Tanzes, als expressionistischer Autor und als Förderer und Vermittler von angewandter Kunst aus Österreich. Im Beitrag wird zum einen die expressionistisch-avantgardistische Position Rochowanskis im Theaterbetrieb und als Autor beleuchtet. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die scheinbar disparaten künstlerischen Betätigungen Rochowanskis in anthroposophisch beeinflussten Menschen- und Kunstauffassungen eine gemeinsame Wurzel haben.
Wilhelm von Humboldt leistet zweierlei: I. Er überträgt die Grundfigur des Klassizismus, das Eigene am Fremden zu verstehen, vom Altertum auf die modernen europäischen Nationen mit Hilfe seines Konzepts einer vergleichenden Anthropologie. 2. Er stellt die anthropologisch und geschichtsdiagnostisch zugleich intressierte Frage nach dem Potential, den Voraussetzungen, Bedingungen und Grenzen einer Nation, sich Fremdes aufzuschließen und anzuverwandeln. Damit gelang ihm gegenüber der dem Nationalgeist huldigenden Romantik zwar kein breitenwirksamer, aber ein für die deutsche Klassik richtungweisender Beitrag zur kulturellen Identitätsfindung. Er sollte bis in Goethes Weltliteraturvorstellung fortwirken.
Vor rund 25 Jahren bemerkte David Wells in einem Aufsatz, in dem er die mittelalterliche Literatur hinsichtlich allegorischer Verfahren untersuchte, der Löwe in Hartmanns von Aue Iwein brülle geradezu nach seiner Interpretation. Ausführlich verzeichnet er die zuvor versuchten Deutungen, die sich bis zum Erscheinen des Aufsatzes im Jahre 1992 auf knapp 20 belaufen. Seine kleine Anmerkung illustriert die große Unsicherheit im interpretativen Umgang mit Dingen in der mittelalterlichen Literatur, aber ebenso ihr großes interpretatorisches Potential.
Jüngst wurde die These vertreten, was in den 60er und 70er Jahren der Begriff der Entfremdung und Utopie bedeutet habe, sei heute der der Erinnerung und des Gedächtnisses. Mit dem Rückgang einer ausschließlich futuristisch ausgerichteten Utopieforschung und einer die Vergangenheit häufig instrumentalisierenden Rezeptions-und Erbeforschung hat sich im Gegenzug Erinnerung als ein Schlüsselbegriff der Kulturwissenschaften etablieren können. In drei Kürzeln lässt sich diese Konjunktur skizzenhaft plausibilisieren. Erinnerung ist erstens theoriefähig und empirisch, zweitens aktuell und tief in die Geschichte oder die Geschichten zurückreichend und drittens interdisziplinärfähig und die einzelnen Disziplinen neben den Literaturwissenschaften die Soziologie, Philosophie, Kunstgeschichte herausfordernd. Erinnerung avancierte zum Faszinationstyp, weil sie - um auch hier wiederum die Dreizahl beizubehalten - in drei Arbeitsfeldern besondere Schwerpunkte zu setzen erlaubt: ersten im Bereich komplexer Modalisierung von Zeiten, zweitens im Bereich der Kulturalität und drittens in der Komparatistik länderspezifischer Erinnerungsmodi.
Es besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass die Literatur an der Herausbildung des kulturellen Gedächtnisses entscheidend mitwirkt. Dies gilt nicht nur in archaischen Zeiten, in denen die 'res gestae' dem Gedächtnis künftiger Generationen anvertraut werden, sondern es gilt auch für die Moderne, in der literarische Texte Teil eines Traditionszusammenhangs sind, mittels dessen eine Gesellschaft sich selbst eine kulturelle Identität zuschreibt. Insbesondere jene Elemente gesellschaftlicher Interaktion, die normativen Erwartungen ausgesetzt sind [...], werden Gegenstand bewahrenswerter Kommunikation und können dadurch als aktualisierbarer Sinn (bzw. Semantik im Luhmann'schen Verständnis) jederzeit verwendet werden. Eine so verstandene Konzeption des kulturellen Gedächtnisses beruht auf dem Gedanken der Kontinuität. Im Extremfall wird solche Kontinuität durch Rituale oder durch die Religion über Jahrhunderte hinweg aufrechterhalten bzw. es wird suggeriert, dass es eine solche Kontinuität gebe. Diese Kontinuität überschreitet auch den Tod des Einzelnen.
Was aber geschieht, wenn aufgrund einer Katastrophe eine ganze Gesellschaft vernichtet wird?
Das Kanonproblem gehört zu den Themen, die seit den letzten dreißig Jahren unvermindert aktuell waren, wenn sich auch die Perspektiven von Jahrzehnt zu Jahrzehnt grundlegend geändert haben. Es lassen sich mindestens drei Schwerpunkte des Interesses an diesem Thema ausmachen, die, auch wenn sie sich nicht gänzlich ausschließen, eine deutliche Verlagerung des Problembewußtseins markieren. In den 70er Jahren stand der Bildungs-Kanon auf dem Prüfstand, der an Schulen und Hochschulen die Geltung traditioneller Texte und Werte unverändert fortschrieb. Gegen diesen mehr oder weniger emphatischen Traditionalismus richtete sich ein ikonoklastischer Impuls, der seine Energien aus einem veränderten Geschichts- und Gesellschaftsbewußtsein bezog. Einerseits führte die Anerkennung der faschistischen deutschen Vergangenheit Ende der 60er Jahre durch die Nachkriegsgeneration zu grundsätzlichen Fragen an eine kontaminierte Tradition; andererseits führte die expansive Bildungspolitik der 60er und 70er Jahre zu einer Umstürzung der Bildungspläne. Auf die ikonoklastische Phase folgte in den 5Oer Jahren die klassizistische Phase.
Es ist üblich, die drei Autoren Marie von Ebner-Eschenbach, Ferdinand von Saat und Jakob Julius David, die (ähnlich wie der Jubilar) mit dem mährischen Land verbunden sind, zusammen zu denken und zu behandeln; man spricht gelegentlich sogar vom "mährischen literarischen Triumvirat". Für die Olmützer "Arbeitsstelle für mährische deutschsprachige Literatur" sind die drei genannten Dichter die "Vorzeigeautoren", deren anerkannt großes Werk dem tatsächlichen - oder nur virtuellen - Ansturm der Anzweiflungen der Methoden und des Sinnes der Regionalforschung standhält, wenn aus dem Lager der "großen", der "Weltliteratur"-Geschichte gefragt wird: Ist die Gefahr nicht zu groß, mit dem Objekt und den Methoden der Regionalforschung immer bloß auf Mittelmäßiges, Geringes, künslerisch Schwaches zu stoßen, sich im Fahrwasser der Trivialität, der bloßen Gebrauchsliteratur zu bewegen?
Jugend sei eine "Erfindung" des 18. Jahrhunderts - wurde in der Forschung behauptet. Diese These bestreitet nicht, daß auch schon früher 'Jugend' als Altersstufe bekannt und anerkannt war. Mit rhetorischer Selbstverständlichkeit wurden seit Aristoteles gewisse anthropologische Grundmuster von Jugendlichkeit, z.B. Unbekümmertheit, Unbeständigkeit, Draufgängertum, Übertreibung, Zukunftsorientierung, Schamhaftigkeit und Freundschaftsfähigkeit unterstellt, repetiert und zitiert. Die forcierte These, das Konzept Jugend sei erst im 18. Jahrhundert entstanden, akzentuiert, daß Jugend als selbständige Lebensform ein Kennzeichen der Moderne ist.
Jesus als Märtyrer
(2011)
Zu definieren, was einen Märtyrer ausmacht, ist für das Altertum ebenso wichtig wie für die Moderne. Was meinen wir mit dem Begriff 'Märtyrer', wenn wir Jesus von Nazareth so nennen? Liegt dabei der Schwerpunkt auf dem historischen Jesus und den Motiven für seinen gewaltsamen Tod, den er erwartet haben mag? Oder sollten nicht eher die frühen Textteile des Neuen Testaments, die die Reaktionen der Anhänger Jesu auf dessen gewaltsamen Tod und seine Rechtfertigung schildern, den Ausgangspunkt für unsere Analyse bilden? Natürlich verfügen wir im Falle Jesu über keine Internetquellen, kein Videomaterial, keine Interviews mit dem Märtyrer vor seiner Tat. Wir haben nur kanonische und apokryphe Texte. Deshalb beginne ich bei meiner Diskussion über Jesus als Märtyrer mit einer Definition des Martyriums, die sich auf die zweite oben angeführte Möglichkeit stützt. Sie fußt auf antiken jüdischen und christlichen Texten, von denen allgemein angenommen wird, dass ihre Rezipienten sie als Beschreibungen des Lebens und Leidens von Märtyrern verstanden; die Berichte, die solches erinnern sind schriftlich festgehalten (Abschnitt 1). Danach kehre ich zur ersten Definitionsmöglichkeit zurück und konzentriere mich kurz auf die Person des historischen Jesus, um mit Hilfe der antiken jüdischen und christlichen Märtyrerberichte herauszufinden, was wir möglicherweise über Jesu eigene Sicht auf seinen nahen Tod als den eines Märtyrers wissen können (Abschnitt 2). Im letzten Abschnitt widme ich mich den Passionsberichten des Neuen Testaments. In der Forschung wurden diese Narrative häufig mit den Erzählungen der antiken Märtyrer verglichen, diese wurden sogar als Modell herangezogen, um den Ursprung des Passionsberichts zu rekonstruieren. Sei dieser Ansatz plausibel oder nicht, auf jeden Fall spiegeln die Passionsberichte auf faszinierende Art und Weise die dialogische Gegenüberstellung von Märtyrer und Gegner wider, die so oft das Herzstück der Prozess- und Folterszenen antiker jüdischer und christlicher Märtyrererzählungen darstellt. So gibt es offensichtlich gute Gründe, diese beiden Textgruppen zu vergleichen (Abschnitt 3).
„Great writers,“ those who constitute our canon (at any given moment, one should add warily, since aesthetic canons fluctuate considerably over time), have invariably been the focus of reception studies, partly because they provide the most fertile ground for research, but partly also because literary scholars (and in particular the aspiring doctoral candidate: I myself graduated with an influence /reception study of this kind) need some justification for their endeavors, and what better ticket into the ivory rower - or onto the book market - than the study of the most seminal and widely accepted authors? James Joyce is just such a „great author.“ And „James Joyce and German Literature,“ the subject of this essay, must inevitably result in some form of reception study. But just what form should it take? Within the limited space of one article, it would be impossible to survey in toto Joyce's influence on German literature; that is, the multiple receptions of Joyce by some four or five generations of authors writing in German.
'Dante and Ireland', or 'Dante and Irish Writers', is an extremely vast topic, and to cover it a book rather than an essay would be necessary. If the relationship between the poet and Ireland did not begin in the fourteenth century - when Dante himself may have had some knowledge of, and been inspired by, the "Vision of Adamnán", the "Vision of Tungdal", and the "Tractatus de purgatorio Sancti Patricii" - the story certainly had started by the eighteenth, when the Irish man of letters Henry Boyd was the first to produce a complete English translation of the "Comedy", published in 1802. Even if one restricts the field to twentieth-century literature alone, which is the aim in the present piece, the list of authors who are influenced by Dante includes Yeats, Joyce, Beckett, and Heaney - that is to say, four of the major writers not only of Ireland, but of Europe and the entire West. To these should then be added other Irish poets of the first magnitude, such as Louis MacNeice, Ciaran Carson, Eiléan Ní Cuilleanáin, and Thomas Kinsella. Therefore Piero Boitani treats this theme in a somewhat cursory manner, privileging the episodes he considers most relevant and the themes which he thinks form a coherent and intricate pattern of literary history, where every author is not only metamorphosing Dante but also rewriting his predecessor, or predecessors, who had rewritten Dante. Distinct from the English and American Dante of Pound and Eliot, an 'Irish Dante', whom Joyce was to call 'ersed irredent', slowly grows out of this pattern.
Intersektionalität hält als Forschungsgegenstand, als Schauplatz theoretischer Diskussion und als Analyseperspektive seit Jahren verstärkt Einzug in unterschiedliche akademische Disziplinen und Bereiche. Es verwundert daher nicht, dass sich das Intersektionalitätsparadigma auch im Bereich der Literaturwissenschaft und -didaktiken zunehmend als produktiv erweist, wie wir mit dem Sammelband zeigen wollen, der intersektionale literaturwissenschaftliche und -didaktische Fallstudien aus unterschiedlichen Philologien versammelt und so ein Prisma der Erforschung literarischer Repräsentationen des Zusammenspiels von einander verschärfenden bzw. abschwächenden Diskriminierungskategorien bietet. Inwiefern die Einzelbeiträge kritische Reflexionen verschiedener Positionen der Intersektionalitätsforschung präsentieren und Beispiele für die vielfältige Ausgestaltung intersektional orientierter Textanalyse auf theoretischer und methodischer Ebene anbieten sowie didaktische Lesarten des Intersektionalitätsparadigmas aufzeigen, machen wir aufbauend auf einer ausführlichen Begriffs- und Theoriereflexion einleitend deutlich.