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Unbekannte Essays von Robert Musil : Versuch einer Zuweisung anonymer Beiträge im "Losen Vogel"
(2001)
Nicht mit einer Signatur oder vergleichbaren "Zeichen" versehene d.h. anonyme Erscheinungen sind in einer Zeit der Namen eine besondere Herausforderung. In den bildenden Künsten hat sie neben Hilfsnamen wie "Meister mit den Bandrollen" oder "Petrarca-Meister" zu einer Fülle von Attributionen geführt; vor allem, weil der Markt, auf dem die Gier einzelner und der Museen nach großen Namen den großen Preis macht, danach lechzt; so dass sich der Betrachter eines Rembrandt, van Gogh usw. nicht zu Unrecht immer wieder einmal fragt, ob das stolz von einer Galerie herausgestellte Bild denn auch tatsächlich echt sei; und weil er überdies weiß, wie auch in jüngster Zeit renommierte Museen und Auktionshäuser mit ausgewiesenen Experten auf Fälschungen hereinfielen und statt durch Forschung durch bloßen Zufall dahinter kamen. Oder weil er weiß, dass die zahllosen Zuschreibungen zahlreiche Abschreibungen nach sich zogen, etwa die Anzahl der erhaltenen eigenhändigen Gemälde Rembrandts sich von 1935 festgestellten über 600 zunächst um ein rundes Drittel und inzwischen nochmals verringert hat. - Ohne jeden Zweifel: Wäre der "Lose Vogel" eine Sammlung 1911 bis 1914 entstandener und erworbener Gemälde, noch das kleinste davon wäre längst attribuiert und die Attribution diskutiert. Im Wissen um die Probleme des Attribuierens auf dem Gebiet der bildenden Künste habe ich die Herausforderung angenommen und bin das Wagnis eingegangen. Ein Teil der hier mitgeteilten Attributionen ist skizzenhaft entstanden im Zusammenhang mit den textkritischen Untersuchungen zu Kafka. Bei der Rolle, die Blei für Kafka spielt, musste dabei auch die Zeitschrift der Anonymen "Der Lose Vogel" genauer angesehen werden; denn viele der jungen Leute, die Blei gefördert hat oder die mit ihm in Kontakt waren - Carl Einstein, Karl Klammer, Robert Musil, René Schickele, Kurt Tucholsky u. a. – wählen wie Blei selbst irgendwann einmal ein Pseudonym, ein Kryptonym oder die Anonymität.
Vorbemerkung [Ludwig Dietz]:
Anlässlich meines Versuchs zu Robert Musil im "Losen Vogel" und Reaktionen darauf wurde ich aufmerksam gemacht auf ein bisher nicht bekannt gewordenes Exemplar der Buchform des "Losen Vogels", das handschriftliche Einträge Franz Bleis zu den Verfassern der anonym gedruckten Beiträge enthält. Es befindet sich seit 1978 im Deutschen Literaturarchiv Marbach a.N., als zweites Exemplar relativ versteckt unter den Rara des Archivs. Was es zeigt, welche Hilfen es zur Aufschlüsselung bietet, zu welchen Fragen und möglichen Antworten es führt, soll hier skizziert und an Beispielen begründet werden.
Eine ausführliche Übersicht der Literatur von und über Franz Blei hat Hartmut Walravens zusammengestellt (s. die Rubrik "Sekundärliteratur"). Der Fokus der vorliegenden Bibliografie liegt auf Übersetzungen (in Buchform und in Periodika bzw. Sammelwerken) sowie neuerer Sekundärliteratur zum übersetzerischen Werk Bleis. Die Rubrik "Übersetzungen in Buchform" verzeichnet auch einige posthum erschienene Übersetzungen. In den zahlreichen von Blei herausgegebenen Zeitschriften ("Insel", "Hyperion", "Freistatt", "Opale", "Der lose Vorhang", "Die Rettung", "Summa") erscheinen häufig Texte ausländischer Autorinnen und Autoren, ohne dass ein Übersetzer oder eine Übersetzerin genannt ist. Vermutlich übersetzte Blei also noch deutlich mehr als die in der Rubrik "Übersetzungen in Zeitschriften und Anthologien" genannten Texte. Die Rubrik "Originalwerke" verzeichnet Bleis selbständige sowie ausgewählte unselbständige Publikationen. Nicht aufgeführt sind die sehr zahlreichen Werke, die Blei für die zum Teil von ihm herausgegebenen Zeitschriften verfasste. Was seine ähnlich zahlreichen Vor- und Nachworte angeht, so sind nur diejenigen aufgeführt, die mit Übersetzungen in Verbindung stehen.
Franz Blei, 1871–1942
(2023)
Franz Blei war einer der umtriebigsten Homme de lettres der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Vielen bekannt als Autor des "Bestiarium literaricum" und als Entdecker von Robert Musil und Franz Kafka, war er auch ein höchst produktiver Übersetzer und außergewöhnlich kosmopolitischer Geist, der sich konsequent für die Verbreitung europäischer und amerikanischer Literatur in deutscher Übersetzung einsetzte.