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Eine Reihe von Sprachgesten des jungen Herder haben nachhaltige Wirkung gehabt und wurden zum literaturhistorischen Paradigma des Lebensgefühls einer Generation, zu Merkmalen des Sturm und Drang. Allem voran pflegt man jene Rhetorik zu diesen Gesten zu zählen, mit der sich Herder von den „vielen Beyträge[nl des Jahrhunderts“, d. h. von der zeitgenössischen Gelehrsamkeit distanziert. Tatsächlich werden in seiner Schrift Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (1774) die „Erfahrung“, die „That“, die „Anwendung des Lebens, in dem bestimmtesten Kreise“ dem „abgezogne[nl Geist“, der selbstgefälligen Sprachgewalt der Aufklärung gegenübergestellt und auch die Institutionen der „Letternkultur“ kritisiert. […] Herders Charakterisierung seiner Epoche als des „Jahrhundert[sl des Bücherlesens“ wird darüber hinaus in der Attesten Urkunde des Menschengeschlechts (1774) verbunden mit einem apokalyptischen Denken, das eine Schelte der Aufklärung einschließt. Für Ralf Simon schafft die Buchkultur eine „medientheoretisch“ signifikante Situation: Das große Archiv, das durch den Buchdruck ermöglicht und bis einschließlich des 18. Jahrhunderts errichtet wurde, erhebt sich über die Zeit und wird zum Medium einer Art papierenen Posthistoires.
In diesem Text werden zwei Film- bzw. Mediennetzwerke aus Kanada betrachtet, in denen prekäre Lebensbedingungen nicht nur thematisiert werden, sondern durch die Partizipation und Kollaboration von Filmschaffenden und Bürger*innen Handlungsmacht generiert werden soll. "Challenge for Change" setzte sich ab den 1960er Jahren u. a. gegen Armut ein, "Wapikoni Mobile" ist ein zeitgenössisches indigenes Vlog- und Filmnetzwerk. Beide Projekte werden als handlungsbasierte Dokumentarphilosophien verstanden. Sie werden mit Gilbert Simondon als mögliche Milieus für kollektive Individuationen konzeptualisiert. "Challenge for Change" und "Wapikoni Mobile" werden als technisch-sozial-ästhetische Milieus verstanden, in denen aktivistische und kulturelle Interventionen und Individuationen keinen Gegensatz bilden. "Wapikoni Mobile" wird zudem hinsichtlich seines Potentials für eine Filmkultur des Anthropozäns diskutiert, in der es um die Beziehung von Welt und Mensch geht, die in dokumentarischen Filmen verhandelt wird und die nicht nur abbildet, sondern ebenfalls - mit Gilles Deleuze - ein Band zur Welt knüpft.