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Sehr unmittelbar scheinen Christa Wolfs Werke zu uns zu sprechen, unsere Lebensprobleme zu artikulieren, Schwierigkeiten der Selbstverwirklichung in modernen Industriegesellschaften, leidvolle Konflikte von Gefühl und Rationalität, Aufrichtigkeit und Klugheit, Hoffnung und Resignation, die recht verstandene Emanzipation der Frau nicht zuletzt. Mißverstandnisse spielen dabei eine Rolle, ungewollte, aber manchmal auch sehr absichtsvolIe, denen die Autorin resigniert widerspricht. Mal um Mal hat sie ihre Solidarität mit der sozialistischen Gesellschaftsordnung bekannt; ganz unübersehbar ist, daß ihre Werke zunächst auf deren Probleme Bezug nehmen und antworten. Vertrautheit und Gemeinsamkeit sind oft nur scheinbar. Wer den DDR-Kontext ausblendet, dem entgehen nicht nur Nuancen und Anspielungen, er lauft vielmehr Gefahr, den Sinn der literarischen Form selbst zu verfehlen. Der sogenannte gesellschaftliche Kontext ist keine Äußerlichkeit, er ist den Texten auf vielfältige Weise einbeschrieben.
Sicherlich hat der Begriff Erbe gegenüber konkurrierenden Begriffen wie dem der Tradition als einer bis in die Lebensverhältnisse hinein fraglosen Beziehung zum Hergebrachten oder dem der Rezeption als einer allein szientifischen Form der Vergangenheitsaneignung einsehbare Vorteile. Er faßt mehr als ein nur wissenschaftsgeleitetes Vergangenheitsverhältnis. Er ist vorbegrifflich angesiedelt in Lebens- und Eigentumsverhältnissen und legt auch in seinem wissenschaftlichen Gebrauch diese, sein Vorverständnis prägende Nähe zu Formen und Regeln gesellschaftlichen Lebens nicht ab. Doch verkehren sich - unbedacht - Vorteile leicht in Nachteile. Es sollten daher die wissenschaftsmethodischen, -theoretischen und -geschichtlichen Verwendungen des Erbebegriffs ebenso überlegt werden, wie die vorbegrifflichen, teils metaphorischen Implikationen, die den Begriffsgebrauch mitbestimmen. Denn gerade letztere entfalten, aus dem wissenschaftlich kontrollierten Kontext entlassen, eigene politische und ideologische Wirkungen. Auf beides kann ich nur knapp eingehen. Wenn ich von wissenschaftlichen Implikationen des Erbebegriffs spreche, die kaum Beachtung finden, denke ich beispielsweise an das Verhältnis der Metapher 'kulturelles Erbe' zu ihrer juristischen Basissemantik; es hat eine wissenschaftsgeschichtliche Vorgeschichte. Wenn ich von außerwissenschaftlichem Vorverständnis spreche, denke ich an den alltagssprachlichen Wortgebrauch und die Alltagserfahrung.
Konrad von Zabern C. 'Gedicht vom Seelenheil' (52 vv., dt.). Überlieferung. Frankfurt a.M., StB u. UB, Ms. Barth. 99, 333 r-v, um 1450; vgl. GÜMPEL, 1956, S. 153f. Die Hs. gehört zu einer Gruppe theologischer Sammelbände aus dem Umkreis der Univ. Heidelberg (G. POWITZ/ H. BUCK, Die Hss. d. Bartholomaeusstifts u. d. Karmeliterklosters in Frankfurt a.M., 1974, S. XIIIf.; XXII; 213; zu Ms. Barth. 99: S. 220-227). Ausgaben. F. PFAFF, Germ. 25 (1880) 105f.; E. MARTIN, Straßburger Stud. 3 (1888) 238-240. Dem Gedicht K.s voraus gehen von gleicher Hand die 1446 verfaßten Artikel des Heinrich Toke und Heinrich Zolter gegen das Hostienwunder von Wilsnack. Im Einklang mit der wallfahrts- und wunderkritischen Tendenz dieser Artikel wendet sich K. gegen fehlgeleitete Mirakelgläubigkeit, wie sie "frauwen unde man" (v. 5) der Pilgerscharen beherrscht, die an der Gnadenstätte Genesung von körperlichen Leiden erhoffen und dabei die Sorge um das Seelenheil aus den Augen verlieren. Genannt werden die hessischen und rheinpfälzischen Wallfahrtsorte Rodenberg, Armsheim (Heiligblutwallfahrt) und Hirzenhain (Marienwallfahrt). Eine lat. 'Roboratio teutonici dictaminis', die von der Dekretale 'Quum infirmitas' (X 5.38.13) ausgeht, und mehrere kritische Notabilien zum Mirakelwesen sichern die Tendenz des flugschriftartigen Gedichts gelehrtdogmatisch ab. Selbstnennung des Verfassers und abschließende Kopistenermahnung verraten eine den kunstlosen Versen kaum angemessene literarische Bewußtheit.
Für die Literatur der Jahrhundertwende werden Werke der bildenden Kunst auf eine Weise bedeutsam, die sich wesentlich von der Kunstrezeption früherer Epochen unterscheidet: Im Zusammenhang mit den literarischen Neigungen zur Symbolisierung kommt dem Bild bzw. der BiIdhaftigkeit des Ausdrucks eine zentrale Rolle zu. Bildende Kunst als Medium visueller Vergegenwärtigung erhält einen neuen Stellenwert innerhalb des literarischen Produktionsprozesses. Am Beispiel Hofmannsthals läßt sich dies besonders gut verdeutlichen, da er sich zeitlebens intensiv mit der Kunsttradition auseinandersetzte und Bild"vorgaben" in hohem Maße in sein Werk einbezog. Diese "produktive Rezeption" (G. Grimm) der bildenden Kunst bei Hofmannsthal läßt sich durch sein gesamtes literarisches Schaffen verfolgen. Sie ist nicht nur konkret faßbar in den lyrischen Dramen und den Kunstaufsätzen. Sie ist auch erkennbar in elementaren Erfahrungen (wie dem Van-Gogh-Erlebnis in den Briefen des "Zurückgekehrten" und dem Anblick der archaischen Koren im dritten Teil der "Augenblicke in Griechenland") und schlägt sich nieder in grundsätzlichen philosophischen und kunstästhetischen Fragestellungen.
In seinem Lied L 62,6 'Ob ich mich selben rüemen sol' spielt Walther mit drei Vortragsrollen des höfischen Liedes (…). Mit Kaiser und Spielmann sind die beiden Extreme in der sozialen Rangordnung der Rollen vorgestellt. Das Problem der Vortragsrollen soll auf zwei Ebenen angegangen werden: 1. der literarischen (oder literarisierten): durch Untersuchung der Liedzuweisungen im 'Roman de l Rose ou Guillaume de Dôle' des Jean Renart (…), 2. der „realen“: durch Auswertung historischer und literarischer Zeugnisse über die Möglichkeiten v.a. des Fürsten (Kaisers).
Ursprünglich meinte ‚Formen’ in erster Linie die Medien der Aneignung – Literatur und Film, bildende Kunst und Musik-, bzw. die gesellschaftlichen Institutionen von Wissenschaft und Schule, Museum und Ausstellung. (...) In dem Maße, die Literaturwissenschaft aufgehört hat, das literarische Werk isoliert zu betrachten, ist ein legitimes Interesse auch der Literaturhistoriker an der Rezeption nicht-literarischer Themen und Formen ebenso gegeben wie an den nicht-literarischen Rezeptionsmedien.
Die vielfache Überlagerung epochaler Bewußtseinsschichten, die Rettung erotischer Sprachgewalt bei gleichzeitiger Präsentation christlicher Sublimation der Erotik, die Spannung zwischen Sensualismus und Spiritualismus disponieren das Volkslied zur Herausforderung neuer ästhetischer Lösungen; Heines Tannhäuser sucht sie im Widerspiel von Deutschland und Frankreich und im Zusammenspiel von alter und neuer Poesie.
Will man zu repräsentativen Aussagen über Funktion und Wirkung der frühen Komodie der DDR kommen, so wird es zweckmäßig sein, die Frage beiseite zu stellen, we1che Stücke aufgrund ihrer ideologischen Exzeptionalität oder ihrer literarischen Qualität noch heute literaturhistorisches Interesse auf sich ziehen konnten. Es wird zweckmäßig sein, sich an diejenigen zu halten, die damals Karriere machten. Die Komödie "Frau Flinz" von Helmut Baierl gehört gewiß dazu. Sie hatte beträchtlichen Erfolg in Berlin und in der Provinz, nicht zuletzt dank ihrer Inszenierung durch das Berliner Ensemble unter der Regie von Manfred Wekwerth. Im 11. Band der Geschichte der deutschen Literatur, also der Geschichte der Literatur der Deutschen Demokratischen Republik, gilt sie geradezu als klassisches Stuck der "Herausbildung der sozialistischen Nationalliteratur der Deutschen Demokratischen Republik" , ein Stück also, das die Kriterien dieser Literaturgeschichte wie kaum ein anderes erfüllt. Der Autor Helmut Baierl war Russischdozent, später Student des Leipziger Literaturinstituts, Verlagslektor und von 1959 bis 1967 Mitarbeiter, Dramaturg und Parteisekretär am Berliner Ensemble. Er hatte sich bereits mit Laienspielen ("Der rote Veit") und mit einem Lehrstück "Feststellung" hervorgetan, als er "Frau Flinz" schrieb. Die Komödie wurde am 8. Mai 1961 uraufgeführt, 1964 neu einstudiert und stand in dieser Fassung noch Anfang der 70er Jahre auf dem Programm am Schiffbauerdamm. Sie erreichte 175 Aufführungen.
Die mittelalterlichen Texte nicht als autonome Kunstwerke zu betrachten, sie nicht als situativen und zeitgebunden Verwendungszusammenhängen enthoben anzusehen, hat sich auch in der Germanistik seit einiger Zeit durchgesetzt. (...) Deutliches Indiz für dieses Verständnis des ‚Falkenlieds’ als Projektion eines feudalen Gesellschaftentwurfs ist die Falkenthematik selbst, die eines Allegorie für des Funktionieren von Herrschaft bereitstellt – wie es in ‚De arte venandi cum avibus’ Kaiser Friedrichs II. ausformuliert ist. Die Kunst mit Falken zu jagen, die Falken zur Jagd abzurichten, ist die Kunst des Herrschen in der richtigen Ausübung seiner Macht. Und genau darum geht es im ‚Falkenlied’.
Der Schelm, der nur noch gibt, was er hat : Adolph von Knigge und die Tradition des Schelmenromans
(1986)
Wenn jemand zum Ausdruck bringen möchte, daß er sich um eine Sache nach besten Kräften bemüht hat und mehr als das Geleistete redlicherweise nicht anbieten kann, so sagt er unter Umständen: "Ein Schelm gibt mehr, als er hat". Nachgewiesen ist diese Redensart bereits im 18. Jahrhundert, damals noch bevorzugt auf die Bewirtung von Gästen bezogen, von der aus sie sich aber bald auf andere Zusammenhänge übertragen findet. Daß es allgemein Schelmenart ist, mehr zu geben, als man hat, ist aber natürlich nicht erst mit dieser Redensart ruchbar geworden. Denn daß nicht alles Gold ist, was glänzt, oder daß manche einem ein X für ein U vormachen, daß die hohlsten Fasser am vollsten tönen oder die seichtesten Bäche am lautesten rauschen, hat man auch früher schon gewußt und sich vor den Schelmen eine Warnung sein lassen, mag es genutzt haben oder nicht. Und die Schelme ihrerseits? Die literarischen jedenfalls, von denen hier die Rede sein soll, scheinen sich in dieser Hinsicht auf den ersten Blick auch zumeist ganz sprichwörtlich zu verhalten, ihre Umwelt wirklich bevorzugt dadurch hereinzulegen, daß sie etwas vortäuschen, was nicht vorhanden ist. Doch bei genauerem Hinsehen kann man auch gewahr werden, daß dies nicht immer so ist oder daß der Zweck solcher Täuschung auch sein kann, im wesentlichen gerade nichts vorzutäuschen oder gar weniger zu scheinen, als man ist, und um eben diese Unterschiede, die letztlich eine Entwicklung des Schelmenromans aus sozialgeschichtlichen Ursachen bedeuten, soll es hier gehen.
Die Polemik lebt aus der Spannung extremer Gegensätze: von Affekt und Besonnenheit, von Argument und Bluff, von Logik und Paralogismen, von Dokument und Metapher, von akribischer Kriminalistik und wilder Spekulation, von rigorosem ethischem Prinzip und brutalem Vernichtungswillen, von kalkulierter Wirkungsstrategie und dem Spiel mit dem Zufall. Diese Spannungen sind in der Polemik so organisiert, daß sie die Sprache bis an die Grenze ihrer Verbalität, ja über sie hinaus zu treiben versuchen. Das Wort soll, was es nicht kann, nicht mittelbar, sondern unmittelbar Tat werden. Diese polemische Grenzüberschreitungssucht ihres Mediums der rational argumentierenden Sprache macht die Brisanz, das Interesse, aber auch die fortdauernde Distanzierung von der Polemik, zumal in der Aufklärung, verständlich. Im folgenden sollen einige Stationen der Verdächtigung und Legitimierung der Gattung Polemik von der Aufklärung bis zum Vormärz nachgezeichnet werden, wobei - unumgänglich - das Verhältnis der Polemik zur entstehenden Kritik in Aufklärung und Romantik ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt.
Die Seele und das Geld : kulturtheoretische Implikationen in Georg Simmels „Philosophie des Geldes“
(1986)
Über Maximilians I. "Ambraser Heldenbuch" (AH) ist eine Fülle von Spezialliteratur erschienen, die, rechnet man die überlieferungsgeschichtliche und textkritische Literatur einzelner Texte hinzu, fast einen eigenen Forschungsbericht verlangte. [...] Völlig unbefriedigend sind die bisherigen Erklärungsversuche zur Vorlagenproblematik. Hat es tatsächlich ein dem AH bis in Einzelheiten vergleiehbares Sammelwerk - das "Heldenbuch an der Etsch" - gegeben oder sind verschiedene Sammel- bzw. Einzelvorlagen Ried zur Abschrift vorgelegt worden? Wie alt waren diese Vorlagen, woher stammen sie und warum wurden alle Vorlagen - bis auf ein Fragment des Nibelungenliedes - vernichtet?
Es gehört zur Dialektik der Aufklärung bereits im 18. Jahrhundert, daß [die] Rationalisierungen des Leibes eine Fülle von sowohl ästhetischen wie medizinischen Kritiken und Alternativen hervortrieb, von denen hier ein Strang näher charakterisiert werden soll, nämlich die Leibkonzepte, die auf vormoderne Semiotiken des Körpers zurückgehen, auf hermetische medizinische Traditionen zumal. Kann man die mechanistische Medizin und moralische Disziplin als Strategien der "Entsemiotisierung" verstehen, so zeigen sich am Ende des Jahrhunderts und dann in der Romantik Spuren einer "Resemiotisierung" des Leibes. In heutiger Perspektive interessiert sie darum, weil, wie Thure von Uexküll vermutet, wir an die Grenze des naturwissenschaftlichen Paradigmas der Medizin gestoßen sind und uns in der Phase der Vorbereitung eines neuen, nämlich semiotischen Paradigmas befinden.
In der sehr alten Deutungsgeschichte der Melancholie gibt es um 1475 eine dramatische Szene, von der Panofsky/Saxl in ihren bahnbrechenden Forschungen zur "Melencolia" von Albrecht Dürer berichten: der hermetische Neuplatoniker Marsilio Ficino klagt in einem Brief seinem Freund Giovanni Calvacanti, daß er nicht ein noch aus wisse und verzweifelt sei; dies ginge auf die mächtigen und düsteren Einflüsse des Saturns auf seinen Geist und sein Gefühl zurück. Saturn - das ist hier der maligne Stern, der fernste des Planetensystems, der Gott des Dunklen, Kalten und Schweren; rätselhafte, schwer entzifferbare Gottheit der Zeit; uralter Flurgott oder auch der gestürzte und kastrierte Uranide. Viele, auch widersprüchliche Traditionen fließen in der Semantik des Saturns zusammen. Innerhalb der Astralmedizin ist der Saturn der Regent der schwarzen Galle, der Milz, der kalten, trockenen Erde. Diese Komplexion aus Astrologie, Elementenlehre, Anatomie und Humoralpathologie bildet den Typus des melancholischen Temperaments. ...
Aus den Elementen schuf die Göttin der Liebe, Aphrodite, unsere "unermüdlichen Augen", lehrt Empedokles. Und "das das Herz umströmende Blut ist dem Menschen die Denkkraft". Wie der Körper beschaffen ist, so wächst dem Menschen das Denken. Aristoteles berichtet, daß die alten Philosophen, ausdrücklich Empedokles, Denken und Wahrnehmen für dasselbe gehalten hätten. Aus Elementen sind wir gemischt wie die Dinge, und so nehmen wir die Dinge wahr im Maß, wie sie auf Verwandtes in uns treffen. Im Inneren des Auges ist Feuer, umgeben von Wasser, Erde, Luft. Aus dem Auge wird das Feuer als Sehstrahl auf die Dinge entsandt, und so entsteht das Sehen. Umgekehrt fließen von den Dingen feine Abdrücke ab: wenn sie auf die Poren der Sinnesorgane passen, so werden sie wahrgenommen; passen sie nicht, wird nichts wahrgenommen. So fließt zwischen Leib und Dingen nach der Passung der Poren ein ständiger Strom des Gleichen zum Gleichen. "Denn mit der Erde (in uns) sehen wir die Erde, mit dem Wasser das Wasser, mit der Luft die göttliche Luft, aber mit dem Feuer das vernichtende Feuer, mit der Liebe die Liebe, den Streit mit dem traurigen Streite." (Capelle, 236) Einem solchen Denken ist Personalität, Identität des Subjekts fremd. Zwischen Natur und Mensch besteht kein Bruch, sondern ein Strömen des Gleichen und Verwandten. Kein qualitativer Sprung zwischen Leib und Geist. "Denn wisse nur: alles hat Vernunft und Anteil am Denken" (Capelle, 239) - denn zwischen Göttern, Menschen und den "vernunftlosen" Tieren besteht eine "Gemeinschaft des Lebens und der gleichen Elemente", Verwandtschaft folglich durch jenen umfassend einzigen "Lebenshauch, der die ganze Welt durchdringe". ...
1775. Auf der Schweizer Reise, die den Werther-Goethe bis auf den Gotthardt führt. Vom Gipfel aus sieht er Italien lockend vor sich. Noch aber ist die "Heimat" ihm "das unentbehrlichste Element" (HA X, 150)1, und Goethe wagt nicht den Schritt über die Alpen. Auf dieser Reise mit den "Haimonskindern" (den Brüdern Christian und Friedrich Leopold von Stolberg sowie dem Grafen Kurt von Haugwitz alle vier in Werther-Kleidung) baden die jungen Männer in Schweizer Seen und Flüssen – "halb nackt wie ein poetischer Schäfer, oder ganz nackt wie eine heidnische Gottheit" (ebd. 153). Man kann sich denken, daß die braven Schweizer ob dieser nackten Götter Griechenlands aus Deutschland empört sind. Doch an einsamen Orten mögen sie "beim Anblick und Feuchtgefühl des rinnenden, laufenden, stürzenden, in der Fläche sich sammelnden, nach und nach zum See sich ausbreitenden Gewässers" "der Versuchung nicht zu widerstehen", dennoch "die Kleider abzuwerfen und sich kühnlich den schäumenden Stromwellen entgegen zu setzen" (ebd.). Der alte Goethe kommentiert diese "Frechheit" als "wildes, unbändiges, ja heidnisches Naturell" (ebd., 154). Rebellischen Rousseauismus, "Sturm und Drang"-Attitüde mag man von heute her geistesgeschichtlich diese Episode nennen. Genauer ist es die Entdeckung der Lust des badenden, schwimmenden, mit dem Element Wasser frei und erotisch verbundenen Leibes. Der nackte, erotische Körper und das Wasser, das ihn umrinnt, überstürzt, weich umspielt, erfrischt leicht macht, erquickt und ein "wildes, teils von der Kühlung, teils von dem Behagen aufgeregtes Lustjauchzen" weckt. Das ist gegen die moralische Enge der gesitteten, aufgeklärten, leibfeindlichen Lebensverhältnisse, denen die schäumenden Jünglinge entflohen sind, der Protest des erotischen Körpers im Namen der Antike. Noch genauer als in der moderaten, von sich selbst ablenkenden Erzählung in Dichtung und Wahrheit erkennt man dies in den fiktiven Briefen aus der Schweiz von 1796 ...
Wir alle kennen den Bestand der Szene: "ein schöner Augusttag des Jahres 1913", meteorologisch bestimmt; eine Stadt in der Physiognomie futuristischer und kubistischer Bilder; ein dynamisches Feld aus Geräuschen, Bewegungen, optischen Zeichen, Rhythmen, Verdichtungen, Bündelungen, Auflösungen, Serien und Sprüngen, Leerstellen und Häufungspunkten, Energieflüssen und Statiken; und darin plötzlich "eine quer schlagende Bewegung", der berühmte Unfall, eine Synkope in der diffusen Ordnung der Dinge, ein "Loch" ins Bodenlose oder ein aufflackernder Irrsinn; dann die Entsorgung des "verunfallten" Verkehrsteilnehmers durch die "Rettungsgesellschaft", die Schließung der Lücke, das Weiterfließen der augenblickslang unterbrochenen Energieströme. Und die Menschen? "Fußgängerdunkelheit bildete wolkige Schnüre", ein Kraftfahrer "grau wie Packpapier", ein "Mann, der wie tot dalag", ein flanierendes Paar, dessen Identifizierung als Personen versucht und sogleich storniert wird, ein Paar, gesichtslos wie Figuren auf Bildern August Mackes, Skizzen aus sozialen und sprachlichen Stereotypen; selbst die "feinen Unterschiede" (Bourdieu) sind differentielle Effekte des Feldes, nicht der Inkommensurabilität von Personen. Es scheint, "daß sich ein gesetzliches und ordnungsmäßiges Ereignis vollzogen habe". Es scheint so. ...
"Machet euch die Erde untertan! " (Gen I, 28) - damit wird keineswegs die heutige Form naturbeherrschender Technik durch Gott selbst schon vorab legitimiert. Die Agrarkultur, die dem Jahwisten bei diesem Satz vorschwebte, zielt nicht auf ein dominium terrae, gar auf despotische Herrschaft des Menschen über Natur. Auch bei den frühen christlichen Exegeten findet sich keine Stütze für einen christlichen Auftrag zur Naturbeherrschung im technischen Sinn. Die privilegierte Stellung des Menschen ruht weniger auf einem NaturAuftrag als auf seiner Einzeichnung in den heilsgeschichtlichen Plan Gottes. Auch der stoische Gedanke einer teleologisch auf das Wohl des Menschen hin eingerichteten Welt enthält keinen Schub zu einer technischen Entwicklung. Im Gegenteil: die Natur, wie sie ist, ist vollständig und bedarf nicht der technischen Umarbeitung zu ihrer Vervollkommnung. Bei Aristoteles wird die Mechanik gegenüber der Physik, die durchaus ein kontemplatives Verhältnis zur Natur beschreibt, deutlich abgewertet. Natürlich: man hatte Sklaven oder niedrige Handwerker, die die gesellschaftlich notwendige Arbeit auf einem gleichbleibenden Niveau der instrumentellen Technik erledigten. Für die antike Welt, deren theoretische und praktische Kenntnisse eine erste technische Revolution durchaus ermöglicht hätten, bleibt deshalb charakteristisch, was Hanns Sachs die "Verspätung des Maschinenzeitalters" genannt hat. ...
Das Misstrauen gegen den schönen Klang der Versdichtung ist alt, und das Bedürfnis nach der Prosa (…) dient einerseits der Vergewisserung, daß die lateinischen Vorlagen ohne versbedingte Erweiterung und Veränderung wiedergegeben werden, andererseits der Abgrenzung der geistlichen Lehre von der höfischen Dichtung mit ihrem auf die Erzählung bezogenen Wahrheitsanspruch. (…) Neben Predigt und Traktat (…) wird im 15. Jahrhundert dann die Legende zur wichtigsten Gattung geistlicher Prosa. Die geistliche Prosa unseres Zeitraums ist sowohl traditionell wie neu: neu in der Rhetorik und Anschaulichkeit Bertholds von Regensburg, neu in der aus höfischer Sprache hochgetriebenen erotischen Bildlichkeit Meister Eckharts. Daß seine „Verantwortung“ mystischer Erfahrung vor allem durch den Bedarf an mystischer Erbauung formelhaft vererbt und zersetzt wurde, gehört zum vielfältigen und bunten Bild der geistlichen Prosa.
Wie keine andere Erzählung Kleists läßt sich "Der Findling" explizit als Sequenz von 'Vorfällen' lesen. Sieben Mal wird dieser Begriff in der Erzählung als Gliederungsakzent verwendet [...], nicht mitgerechnet der Gebrauch der verbalen Form, etwa bei der Frage: 'was vorgefallen
sei' [...]. Die zeitgenössische Konjunktur des Wortes 'Vorfall' ist in der Medizin, Kriminalistik und der ihr nahestehenden Publizistik zu beobachten, und selbstredend ist dieser Begriff auch dem auf aktuelle Polizeinachrichten bedachten Herausgeber der Berliner Abendblätter, Heinrich von Kleist, geläufig.
This paper is the second in a series arguing for a discourse·based analysis of grammatical relations in Chinese in which there is a direct mapping between semantic role and grammatical function, and there are no relation-changing lexical rules such as passivization that can change that mapping. The correct assignment of semantic roles to the constituents of a discourse is done by the listener purely on the basis of the discourse structure and pragmatics (real world knowledge). Though grammatical analyses of certain constructions can be done on the sentence level, the sentence is generally not the central unit for understanding anaphora and grammatical relations in Chinese. Two related arguments are presented here: the question of 'subject' and the structure of discourse developed from an analysis of the nature of discourse referent tracking.
Im Falle jenes Textes, dem die (...) Überlegungen gelten sollen, handelt es sich freilich um eine fatale Verknüpfung von Umständen, die seiner editorischen Erschließung entgegenwirken, obwohl der ‚Ritter vom Thurn’ mit zu den erfolgreichen und immer wieder neu aufgelegten Werken der frühen Druckgeschichte zu zählen ist: (...) Der autobiographische Fiktionsrahmen um seine Übersetzung des ‚Livre du Chivalier de la Tour pour l’enseignment de ses filles’ wird durch die Existenz der Töchter Elsa und Jakobea (...) bestärkt.
Die Rezeption der französischen Adelskultur endet mit dem 12. Jahrhundert, wobei doch eine spürbare Überlegenheit des Westens erhalten bleibt. Aber es hat sich ein Selbstbewusstsein entwickelt, das es erlaubt, bewußter eigene Wege zu gehen. (...) [Das zeigt Volker Mertens] exemplarisch bei Wolfram von Eschenbach (...).
Die Grimms, Wagner und wir
(1988)
Wenn [Jacob] Grimm in seiner frühen Schrift „Über Mythos, Ethos und Geschichte“ das Verhältnis von Mythos zur Geschichte als das des Schicksals zur Freiheit deutet, so hat gerade in der „Deutschen Mythologie“ die Tür dafür geöffnet, umgekehrt den Mythos als Möglichkeit zur Freiheit zu verstehen, als Spiel und nicht als Terror (...). Jacob Grimm war, wenn nicht der Reflexion, so doch der Sache nach Prästrukturalist, und damit machte er die aktive Mythenkonzeption und -produktion für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts möglich und – vermittelt vor allem durch den Mythenbaumeister Wagner und die permanente Auseinandersetzung mit seinem Werk – auch für unsere Zeit.
Wer 1784, nur fünf Jahre vor der großen Revolution und mitten in der großen Bewegung der Aufklärung, zu Christian Gottlieb Jöckers Allgemeinem Gelehrten-Lexicon mit Fortsetzungen und Ergänzungen von Johann Christoph Adelung griff, konnte unter dem Buchstaben C folgenden Eintrag finden: "Cäsar, (Johnnes Baptista,) Syndicus zu Frankfurt um Main, legte aber sein Amt nieder, wegen des damahligen Judentumults. Er hat unter dem Namen Vespasiani Rechtani den Judenspiegel drucken lassen, und die Judenbadstube angehängt, worin er erwiesen daß die Juden höchst schädliche blutsaugende Thiere und Verräther des Vaterlandes und gar nicht zu gedulden seyn ...". Der doppeldeutige Anschluß hat schon seinen Sinn, denn nicht nur in seinem Judenspiegel "beweist" Cäsar die Minderwertigkeit und Schädlichkeit der Juden, sondern vor allem mit seinem Wiederabdruck von "Der Juden badstub. Ein anzeygung jrer manigfeltigen schedlichen hendeI zuo Warnung allen Christen/jren trieglichen listigkeyten zuo entweychen vnd zuo uermeyden", die 1535 zum ersten Mal im Druck erschienen war. Es bedurfte auch fast 250 Jahre später keines erklärenden Hinweises, was mit diesem Wort "Judenbadstube" gemeint sei - offenbar konnte Adelung noch immer darauf vertrauen, daß des bis heute unbekannten Philips von Allendorf dingallegorische Ausdeutung der Abläufe in einer spätmittelalterlichen Badestube jedem Gebildeten, der in seinem Lexicon Rat suchte, bekannt war. Diese Tatsache allerdings bedarf der Erklärung....
The semantics of gradation
(1989)
The term 'gradation' is meant to cover a range of phenomena which for the time being I shall call quantitative evaluations regarding dimensions or features. I shall actually be looking into the principles governing the way gradation is expressed in language. The quantitative aspect of the adjectives of dimension occupies a key position which can be systematically explained and this aspect will be the crucial point of the discussion. I shall focus on the various grammatical forms of comparison: comparative, equative, superlative and some related constructions, and indications of measurement and adverbial indications of degree.
It is by now a weIl-known topic in semantics that there are striking similarities between the meanings of nominal and verbal expressions, insofar as the mass:count distinction in the nominal domain is reflected in the atelic:telic distinction in the verbal domain (cf. Leisi 1953, Taylor 1977, Bach 1986, to cite just a few authors). However, these supposed similarities have not be made explicit in formal representations.
Nominalreferenz, Zeitkonstitution, Aspekt, Aktionsart : eine semantische Erklärung ihrer Interaktion
(1989)
In der vorliegenden Arbeit berichte ich über den Erklärungsansatz, den ich im Rahmen einer modelltheoretischen Semantik zur Beschreibung dieses Phänomens entwickelt habe. Ich konzentriere mich hierbei auf die zugrundeliegende Motivation und die intuitive Charakterisierung dieser Theorie. Leser, die an den Einzelheiten der Durchführung und an weiteren Anwendungsmöglichkeiten der Theorie interessiert sind, seien auf Krifka (1987, 1989) verwiesen: ein forschungshistorischer Abriß zu alternativen Theorien findet sich in Krifka (1986).
Während die Tannhäuser- und die Bremberger-Ballade keine direkten Beziehungen zum Minnesang aufweisen, ist das im Moringer-Lied anders: hier singt der Held zwei Strophen eines Liedes, das durch die Liederhandschriften A, C und E als Lied Walthers von der Vogelweide bezeugt ist, das sogenannte „sumerlaten-Lied“. Es hat damit die längste ununterbrochene Wirkungsgeschichte eines mittelhochdeutschen Liebesliedes: der jüngste nachweisbare Druck stammt aus dem Jahre 1605 (…). Die lange produktive Rezeption des Liedes (…) [nimmt Volker Mertens] zum Ausgangspunkt (…) [seiner] Überlegungen und (…) [arbeitet sich] durch die Tradition zurück: von der Ballade zum Text der Hs. B (dazu kommt der Vergleich von B mit dem, was der Balladen-Autor daraus gemacht hat) bis zu dem komplexen Text, wie ihn die Handschriften A und C überliefern. Über das Verständnis der Eigenart der späten Texte und der on ihnen aktualisierten Valenzen des ältesten Textes will (…) [Volker Mertens] dann abschließend dessen Mehrdimensionalität erschließen.
Das Merkmal der Vielstimmigkeit mag für Rühmkorfs auf Rede und Gegenrede angelegtes essayistisches, kritisches und polemisches Schreiben, das sich mitunter als sprechendes Fechten im literarischen Handgemenge zeigt, unstrittig sein; zu Anfang seines lyrischen Schaffens jedoch war für die Lyrik Dialogizität ein mehr als ungewöhnliches Ansinnen; es war geradezu provokant. Denn Lyrik, vornehmlich moderne Lyrik, war festgelegt auf "poetische Monologizität".
Auch wenn sich die Theorien über die Entstehung unseres Sonnensystems widerstreiten, auch wenn der Übergang von der anorganischen Materie zum organischen Leben nicht restlos geklärt ist, auch wenn es umstritten sein mag, welche unserer Vorfahren bereits zur Gattung Mensch gerechnet werden können, so gibt es doch keinen hinreichenden Grund, die Vorstellung einer durchgängigen Evolution der Natur in Zweifel zu ziehen. Dieses nachdarwinsche Weltbild ist uns so selbstverständlich geworden, daß es uns schwerfällt, einen Begriff von Natur uns zu vergegenwärtigen, in dem geschichtliches oder gar evolutives Denken keinen Platz hat. Die Vorstellung, daß die Natur eine Geschichte hat, lag aber dem Altertum fern. Auch wenn der jüdisch-christliche Mythos von einer Schöpfung der Natur und ihrer endlichen Zerstörung berichtet, so betraf dies zwar die Heilsgeschichte des Menschen, führte aber keineswegs zur Vorstellung einer in geschichtlichen Zeiträumen sich vollziehenden Schöpfung. Der Mensch war zwar in die Zeit hineingestellt, aber durch Sündenschuld und Erlösung dazu berufen, eines Ewigen Lebens teilhaftig zu werden. Das Buch der Natur, die Betrachtung der wandelbaren Dinge auf der Erde, wie die Betrachtung der unwandelbaren Gesetze am Himmel, konnten gleichermaßen nur gelesen werden als Spiegel dieser seiner Bestimmung. Von der endgültigen Auflösung dieses Weltbildes, von den damit verbundenen Erschütterungen und von der Herausbildung unseres heutigen genetisch-evolutiven Weltbildes handelt das Thema "Die Verzeitlichung der Natur". [...] Die Überlegungen sind in drei Teile untergliedert, die zugleich ein Nacheinander von Typen literarischer Naturerfahrung repräsentieren sollen. Der erste Teil hat den Titel "die Zeitlichkeit der Natur als Bedrohung und als Glückserfahrung"; das zweite Kapitel lautet: "Das Scheinen der an sich verlorenen Natur" und das dritte "Die Geschichtlichkeit der Natur als Erdleben".
Daß die Fachbegriffe der Literaturwissenschaft so unterschiedlich klar sind, hat mir ihrer ganz verschiedenen Reichweite, ihrem ganz unterschiedlichen Gegenstandsumfang zu tun. Zwar wollen alle diese Begriffe Ordnungen in die Welt der literarischen Erscheinungen hineintragen, sie uns gliedern, sortieren, überschaubar machen, aber es ist nicht dasselbe, ob es sich dabei um einen Korpus bloß von Wörtern und Sätzen handelt, zwischen denen es offen zutage liegende Übereinstimmungen gibt, oder um einen Korpus von ganzen Werken, deren einzige sichere Gemeinsamkeit zunächst vielleicht nur die ist, daß sie dem gleichen Jahrhundert entstammen. Ist in dem einen Fall der Begriff nur der identifizierende Name für eine so oder so zu erkennende Gesetzmäßigkeit (weshalb hier auch oft für dieselbe Erscheinung gleichzeitig deutsche wie fremdsprachliche Ausdrücke zur Verfügung stehen), so ist er in dem anderen Fall so etwas wie das Summenzeichen eines weitläufigen und vielleicht nie ganz abgeschlossenen Erkenntnisprozesses, auf das man zum Zwecke der Verständigung gleichwohl nicht verzichten kann. Es nützt in diesem Falle deshalb auch nichts, wenn man sich bei Unklarheiten nur mit dem Begriff selbst beschäftigt. Der Versuch, ihn 'genauer zu definieren', wie es dann heißt, führt in der Regel nur dazu, daß er sich von diesem Erkenntnisprozeß ablöst und damit seine Signifikanz erst recht verliert. Gesichert werden kann ein solcher Begriff - soweit er sich überhaupt sichern läßt - nur dadurch, daß man die Ursachen der Unklarheit aufdeckt, daß man also in die Geschichte des Begriffes zurückgeht und noch einmal prüft, in welchen Grenzen seine Bedeutung festliegt und von wo an es mit dem Verständnis und Einverständnis schwierig wird.
"DER ZECH. So heißt ein in Kohlenbergwerken lebender Höhlenkäfer, wo er das einförmige Geräusch. der Spitzhacke mit seinem guten Takte begleitet. In den belgischen Gruben nannten die dortigen Leute den Zech auch Verhaeren." Als Franz Blei 1922 in seinem "Großen Bestiarium der modernen Literatur" den Schriftsteller Paul Zech karikierte. konnte er voraussetzen. daß seine Leser die Anspielung auf Zechs charakteristisches Thema verstanden. Wie kein anderer in Deutschland galt Zech Anfang der zwanziger Jahre als Dichter der industriellen Arbeitswelt, besonders des Bergbaus. Doch seine literarische Laufbahn ist durch die nationalsozialistische Herrschaft unterbrochen. die Wirkung des Werks nachhaltig gestört worden. Heute ist er aus dem allgemeinen literarischen Bewußtsein fast verschwunden und, wenn überhaupt, eher durch Neuveröffentlichungen des späteren Exilwerks bekannt.
Der Beitrag des Medizinhistorikers U. Benzenhöfer analysiert den "Paracelsus"-Film des Regisseurs Georg W. Pabst aus dem Jahr 1943. Laut Drehbuch (Kurt Heuser) sollte Paracelsus als "deutscher Arzt" charakterisiert werden. Der Regisseur versuchte jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach, Elemente regimekritischer Gesinnung im Film unterzubringen.
Daß die Deutung eines Textes meist vor einem anderen Text erfolgt, den der Deutende schon verstanden hat, dieses Phänomen (von der hermeneutischen Konstellation, daß immer auf einen Fragehorizont hin gedeutet wird, klar zu unterscheiden) läßt sich in der schmalen Forschungsgeschichte zu Goethes »Unterhaltungen« darum besonders gut erkennen, weil die »Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten« selbst bei denen, die sie schätzen, als ein Werk geringeren Gewichts gelten und also der Anlehnung auf jeden Fall bedürfen.
Glatthafer-Wiesen besiedeln hinsichtlich der Wasserversorgung mittlere Standorte. Sie finden sich auf mäßig trockenen bis frischen oder leicht wechselfeuchten Böden. Das Nährstoffangebot kann abhängig von den natürlichen Gegebenheiten oder der Bewirtschaftung (Düngung) sehr verschieden sein, was sich in einer großen Variabilität der Bestände verschiedener Standorte ausdrückt. So gehören Wiesen stark eutropher, kräftig gedüngter Böden ebenso der Assoziation an wie magere, physiognomisch von diesen stark abweichende Bestände armer Standorte, die zu den Borstgras-Rasen (Violion caninae) vermitteln.
Die Wälder des Verbandes Quercion robori-sessiliflorae sind im ozeanisch-subozeanischen Europa verbreitet; nach Osten werden sie von Nadelwäldern, namentlich von Kiefern-Wäldern des Verbandes Dicrano-Pinion Matuszkiewicz 1962 mit kontinentalborealem Areal abgelöst (Matuszkiewicz 1962, 1984). Die Quercion-Wälder besiedeln in Hessen nur kleine Flächen und sind im wesentlichen auf Sonderstandorte beschränkt.
Der Verband Calthion ist durch eine Reihe von Kenn- und Trennarten gut charakterisiert, von denen in unseren Vegetationsaufnahmen allerdings nur Myosotis palustris und Lychnis flos-cuculi mit hoher Stetigkeit vorkommen. Obwohl gut entwickelte Calthion-Bestände sehr artenreich sind, verfügen nur wenige Gesellschaften des Verbandes über eigene Charakterarten, die ihnen Assoziationsrang verleihen.
Die in diesem Kapitel behandelten Pflanzengesellschaften der Klassen Artemisietea Lohmeyer, Preising & Tüxen in Tüxen 1950 und Chenopodietea Braun-Blanquet in Braun-Blanquet & Mitarbeiter 1952 (ausgenommen: Ackerunkrautgesellschaften der Ordnung Polygono-Chenopodietalia Tüxen & Lohmeyer in Tüxen 1950, vergleiche dort) besiedeln vom Menschen geschaffene oder zumindest beeinflußte Standorte, die allerdings weder forst- noch landwirtschaftlich genutzt werden. Die Amplitude der Eigenschaften dieser Standorte ist groß: sie reicht von feucht bis trocken, von nährstoffreich bis nährstoffarm, von schattig bis sonnig; entsprechend hoch ist die Zahl der Ruderalpflanzengesellschaften. Unser Aufnahmematerial repräsentiert nur einen kleinen Ausschnitt dieser Vegetationsvielfalt: Viele Assoziationen, aber auch einige Verbände sind durch die Aufnahmen nur unzureichend oder gar nicht dokumentiert. Wir möchten daher auf folgende Arbeiten aufmerksam machen, in denen Ruderalpflanzengesellschaften
Hessens beschrieben werden: Knapp (1961, Vegetation der Eisenbahnanlagen), Knapp (1963, 1977, Ruderalvegetation ländlicher Gebiete), Knapp & Stoffers (1962, Uferstaudenvegetation), Dierschke (1973, 1974, nitrophytische Saumgesellschaften), Kienast (1978), Hülbusch (1979), Krah (1988, (Ruderalvegetation der Stadt Kassel), A. Fischer (1988, Ruderalvegetation der Stadt Gießen).
Die Unkrautgesellschaften der Getreideäcker werden in der Klasse Secalietea zusammengefaßt, die sich in drei Verbände untergliedert: Das Caucalidion lappulae Tüxen 1950 mit den Segetalgesellschaften basenreicher Böden, das Aperion spicaeventi Tüxen in Oberdorfer 1949 der Bestände mehr oder weniger sauerer Standorte und das Lolio-remoti-Linion Tüxen 1950 mit den in Hessen ausgestorbenen Unkrautgesellschaften der Leinäcker.
Im folgenden werden 7 Segetalgesellschaften beschrieben (Tabelle 2), die einen Überblick über die meisten der in Hessen auftretenden Vegetationstypen der Getreideäcker geben. Untereinheiten der Assoziationen werden auf der Grundlage unseres begrenzten Aufnahmematerials nicht unterschieden.
Die im Vergleich mit den Getreideäckern späte Bodenbearbeitung und Bestellung der Felder, auf denen Hackfrüchte und Mais kultiviert werden, führt zur Entwicklung eigenständiger Unkrautgesellschaften. Diese Bewirtschaftung begünstigt die Ausbildung von Pflanzenbeständen mit einem hohen Anteil von Wärmekeimern, die erst im fortgeschrittenen Frühjahr auflaufen. Auf den Getreideäckern werden diese Arten von der zu dieser Jahreszeit schon recht dichten Vegetation durch Beschattung und Konkurrenz zurückgehalten oder gelangen teilweise gar nicht zur Keimung. Die späte Bodenbearbeitung hat andererseits zur Folge, daß Unkräuter, die unter niedrigen Temperaturen oder sehr kurzen Tageslängen keimen und vor allem für Wintergetreideäcker bezeichnend sind, nach der Bestellung kaum mehr auflaufen und den Hackfruchtflächen weitgehend fehlen.
Steinschutt- und Geröllgesellschaften besiedeln mehr oder weniger bewegte Halden aus Fein-, Grob- oder Blockschutt. Nur Pflanzen, die über genügend Reservestoffe verfügen, können nach ihrer Keimung aus den tieferen, feinerdereicheren Schichten der Halden bis zu den oberen Stein-Luft-Schichten durchstoßen. Zahlreiche Steinschutt- und Geröllpflanzen haben sich durch die Fähigkeit zur Internodienstreckung unter Lichtmangel diesen spezifischen Bodenverhältnissen angepaßt. Ein ausgedehntes und tiefreichendes Wurzelsystem dient den Haldenbewohnern sowohl zur Verankerung auf den bewegten Standorten als auch zur ausreichenden Wasserversorgung. Mehrere Arten zeichnen sich darüberhinaus durch eine hohe Regenerationsfähigkeit nach Verletzungen aus (vergleiche Jenny-Lips 1930: 138f., Wilmanns 1978: 125).
Die Klasse Rhamno-Prunetea-spinosae umfaßt Hecken- und Gebüschgesellschaften trockener bis frischer Standorte. Dies können sowohl natürliche Gehölzbestände sein als auch Ersatzgesellschaften von Wäldern der Klasse Querco-Fagetea (einschließlich der submediterranen Flaumeichen-Wälder). Während natürliche Gebüsche sehr selten an Extremstandorten auftreten, auf denen die Entwicklung eines Waldes nicht möglich ist, oder sich ebenso selten an natürlichen Waldgrenzen - beispielsweise an Flüssen oder Felskanten - finden, sind sekundäre anthropogene Bestände in Form von Sukzessionsgebüschen, Waldmänteln und Hecken viel häufiger und in allen Landschaften Mitteleuropas anzutreffen.
Im Verband Alno-Padion sind Erlen- und Eschen-reiche Bach- und Quellwälder, die dauerfeuchte, wechselnasse oder periodisch überschwemmte Standorte besiedeln sowie Eichen-Ulmen-Wälder der Überschwemmungsbereiche großer Flußtäler zusammengefaßt. Der Verband ist aufgrund vieler gemeinsamer Kennarten mit den Buchen-Waldgesellschaften in die Ordnung Fagetalia zu stellen, obwohl die gegen Nässe empfindliche Buche (Fagus sylvatica) den Auenwäldern fehlt und sich so die Baumschicht aus ganz anderen Arten zusammensetzt.
In der Klasse Phragmitetea werden die Röhrichte und Großseggenriede im Verlandungsbereich von Gewässern zusammengefaßt. Physiognomisch ähnliche Brachen von Feuchtwiesen (wie etwa Carex-acuta-Stadien) werden aus floristischen Gründen ausgeklammert. Sie setzen sich im wesentlichen aus Kennarten der Klasse Molinio-Arrhenatheretea zusammen und sind als ukzessionsstadien von Wiesen zu bezeichnen.
Die Gliederung der Phragmitetea-Gesellschaften wird herkömmlich nach der Dominanz einzelner Arten und nicht nach den sonst maßgeblichen Merkmalen der Artenzusammensetzung vorgenommen, nach denen sich eine von der geläufigen stark abweichende Systematik ergeben würde. Da die Bestände sehr artenarm sind und meist von einer Art beherrscht werden, ist eine Gesellschaftsgliederung nach der Dominanz naheliegend und einfach, methodisch allerdings inkonsequent.
Innerhalb des Rahmenthemas Literatur und Geschichte möchte ich Ihre Aufmerksamkeit lenken auf Geschichtsvorstellungen, Geschichtserfahrungen und Geschichtsgegenstände, die durch das wissenschaftliche, speziell historische Bewußtsein peripher geworden, entmächtigt oder gar entstellt wurden. Mich interessiert erstens, daß diesen antiquiert erscheinenden, kuriosen Dingen in der Poesie der Romantik und des Realismus bei E.T .A. Hoffmann und Brentano, bei Keller und Raabe auf je eigene Weise Zuflucht gewährt wurde. Mich interessiert zweitens, wie die kuriosen Dinge sich unter dem Legitimationsdruck der Aufklärung verwandelten, um als Gegenstände sinnlich erfahrbarer Geschichte nur noch in der Poesie zu überlebetl. [...] Wo sie zum Objekt des Sammlers werden, nähern sich sich der Rarität. Ihre Freisetzung von Alltagsgebrauchszwecken ermöglicht Affinitäten zum Ästhetischen; das Kuriose wird poetisch reizvoll.
Nachdem die Domäne des Computers im universitären Einsatz noch bis vor wenigen Jahren im naturwissenschaftlichen Bereich lag, werden elektronische Verfahren heute mehr und mehr auch in den Geisteswissenschaften angewendet. Das primäre Einsatzgebiet liegt dabei zweifellos in der Textverarbeitung; der Computer erweist sich hier als ein universal einsetzbares Hilfsmittel, das die Gestaltung eines Textes von seiner Konzipierung bis zur Drucklegung in der Hand des Autors ermöglicht und herkömmlichen Verfahren somit überlegen ist. ...
Ihre frühesten Sprachzeugnisse hat uns die keltische Bevölkerung der britischen Inseln bekanntlich in einer Anzahl von Steininschriften hinterlassen, die in der sog. Ogamschrift gehalten sind. Der größte Teil dieser Inschriften, von denen rund 300 hauptsächlich aus Südirland und Wales bekannt sind, wird nach allgemeiner Ansicht in die Zeit zwischen dem 4. oder 5. Jh. und dem 8. Jh. n. Chr. datiert. Bis heute ist weder die Entstehung des eigentümlichen Ogamalphabets, das mit keinem anderen Schriftsystem des gegebenen Zeitraums vergleichbar ist, noch die Bedeutung aller Zeichen eindeutig geklärt. ...
Das Gentiano-Koelerietum ist eine typische Pflanzengesellschaft der Rinder- und Schafhutungen auf kalkreichem oder kalkarmem, aber basenreichem Gestein. Die Standorte der Gesellschaft entsprechen zumeist den natürlichen Wuchsorten des Platterbsen- oder des Seggen-Buchen-Waldes. Extensive Beweidung, fehlende Düngung (geringes Stickstoffangebot), hoher Besonnungsgrad und eine mehr oder minder ausgeprägte Flachgründigkeit des kalk- beziehungsweise basenreichen Bodens sind die wesentlichen Standortsvoraussetzungen dieser Gesellschaft.
Diese Klasse umfaßt die von Seggen und Binsen beherrschte Vegetation nährstoffarmer Niedermoore, Sümpfe und Rieselfluren. Die Standorte weisen einen bis meist an die Bodenoberfläche reichenden Grundwasserstand sowie oligo- bis mesotrophe Bedingungen auf. In Hessen kommen von dieser Klasse vermutlich nur noch Gesellschaften der Verbände Caricion fuscae Koch 1926 em. Vanden Berghen in Lebrun & al. 1949 (Caricetum fuscae) und Caricion davallianae Klika 1934 (Caricetum davallianae, Carex-panicea-Gesellschaft) vor; wahrscheinlich ausgestorben sind die Gesellschaften des Caricion lasiocarpae Vanden Berghen in Lebrun & al. 1949.
Die vorrangig durch kleine Farne charakterisierten Gesellschaften entwickeln sich in feinerdearmen Klüften, Spalten und Fugen natürlicher Felsen oder geeigneter Sekundärbiotope.
Die bezeichneten Arten sind Dunkelkeimer; sie benötigen nach der Keimung für das erste Streckenwachstum ein ausreichendes Nährstoffreservoir, bevor sie ihr weiteres Wachstum über die Photosynthese sichern können (Dierssen 1983: 24).
Englische Fassung: How the Law Thinks: Toward a Constructivist Epistemology of Law. Law and Society Review 23, 1989, 727-757, und in: Wolfgang Krohn, Günter Küppers und Helga Nowotny (Hg.) Self-Organization: Portrait of a Scientific Revolution. Sociology of the Sciences: A Yearbook, Bd. XIV. Kluwer, Boston, 1990, 87-113 und in: M.D.A. Freeman (Hg.) Lloyd's Introduction to Jurisprudence 6. Aufl. Sweet & Maxwell, London 1995, 636-654. Französische Fassung: Pour une épistémologie constructiviste du droit. In Gunther Teubner, Droit et réflexivité. Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 171-204. Veränderte Fassung in: Annales: Economies, Sociétés, Civilisations 1992, Paris, 1149-1169. Italienische Fassung: Il diritto come soggetto epistemico: Per una epistemologie giuridica "costruttivista," Rivista critica del diritto privato 8, 1990, 287-326.
Die Klasse gliedert sich in Zwergstrauchheiden (Ordnung Calluno-Ulicetalia Tüxen 1937 em. Preising 1949) und Borstgras-Rasen (Ordnung Nardetalia Preising 1949). Die Zusammenfassung dieser beiden Vegetationsformationen in einer Klasse ist umstritten (Oberdorfer 1978: 208), erscheint aber aus mitteleuropäischer Sicht aufgrund floristischer Gemeinsamkeiten gerechtfertigt. Gegenüber der gebräuchlichen Bezeichnung Nardo-Callunetea Preising 1949 ist der ältere Name Calluno-Ulicetea maßgeblich.
Erlen-Bruchwälder und Grauweiden-Gebüsche unterscheiden sich in ihrer Artenzusammensetzung deutlich von den übrigen Wald- und Gebüsch-Gesellschaften Mitteleuropas. Sie werden deshalb in einer eigenen Klasse (Alnetea glutinosae Braun- Blanquet & Tüxen 1943) und Ordnung (Alnetalia glutinosae Tüxen 1937) zusammengefaßt, denen die beiden Verbände Salicion cinereae (Grauweiden-Gebüsche) und Alnion glutinosae (Erlen-Bruchwälder) zugehören.
Mit Ausnahme des Seggen-Buchen-Waldes (Carici-Fagetum Moor 1952), der an trockenwarmen Standorten auf skelettreichen Rendzinen wächst und meist kleinräumige Sonderstandorte einnimmt, handelt es sich bei den übrigen Buchen-Waldgesellschaften um zonale, potentiell großflächige Vegetationseinheiten. Auch in der realen Vegetation Hessens bestimmen sie das Bild vieler Landesteile - vor allem in den Mittelgebirgen -, freilich oft durch forstliche Eingriffe strukturell verändert und durch Ausbringen standorts- und gebietsfremder Gehölzarten gestört. Die floristische Ausprägung der artenreichen Waldgersten- und Flattergras-Buchen-Wälder wird in erster Linie durch den Trophiegrad der Böden, mithin durch den geologischen Untergrund bestimmt. Geologie und soziologische Gliederung sind daher eng korreliert.
Der Verband Tilio-Acerion (Klika 1955: 322) umfaßt Linden-Ahorn-Ulmen-Wälder der weitgehend konsolidierten Blockschutthalden, Steilhänge und Schluchtlagen. Derartige Sonderstandorte und mit ihnen die azonalen Edellaubholz-Bestände kommen sowohl aktuell als auch in einer potentiellen Naturlandschaft meist nur kleinflächig inmitten von Buchen-Wäldern vor. In Hessen sind sie nur in den höheren Mittelgebirgen etwas häufiger anzutreffen. Der größte Teil unserer Aufnahmen stammt denn auch von submontan-montanen Höhenlagen oberhalb 500 m.
Läßt man die azidoklinen und meist gleichmäßig durchfeuchteten Binsen-Pfeifengras- Wiesen ("Junco-Molinietum" auct.) beiseite, so umfaßt der Verband Molinion caeruleae Koch 1926 nach unserer Auffassung mehr oder minder ausgeprägt wechselfeuchte Wiesen nährstoffarmer, basenarmer bis relativ basenreicher Standorte. Entgegen einer verbreiteten Ansicht (so beispielsweise Ellenberg 1978: 771) ist die Bewirtschaftungsweise "herbstliche Streumahd" hingegen kein obligatorisches Kriterium der Wiesen dieses Verbandes. Bei den hessischen Beständen handelt es sich vielmehr um je nach Standort und Wetterlage ein- bis zweimal jährlich gemähte Heuwiesen. Nicht die Artenzusammensetzung, sondern lediglich die Vitalität und Stetigkeit einzelner Arten, namentlich des Pfeifengrases (Molinia caerulea), werden durch Mahdfrequenz und -zeitpunkt erheblich beeinflußt.
Das ostmitteleuropäische Areal klimazonaler Eichen-Hainbuchen-Wälder reicht bekanntlich nicht bis nach Hessen. Vielmehr sind naturnahe Bestände hierzulande meist auf grund- oder stauwasserbeeinflußte Böden in Talmulden und Beckenlandschaften beschränkt. Bohn (1981: 78) gibt den Flächenanteil potentieller Eichen-Hainbuchen-Wälder in seinem Untersuchungsgebiet (östliches Mittelhessen) mit immerhin 11,5 % an. Da die klimatisch günstig gelegenen Auenlandschaften jedoch meist frühzeitig besiedelt, gerodet und die Wälder dort durch Wiesen und Weiden ersetzt wurden, haben Eichen-Hainbuchen-Wälder nur noch geringe Anteile an der aktuellen Vegetation und gehören "zu den am stärksten dezimierten Waldgesellschaften des Gebiets" (Bohn 1981: 78).
Zweizahn-Melden-Ufergesellschaften : Bidentetea tripartitae Tüxen, Lohmeyer & Preising in Tüxen 1943
(1990)
Zweizahn-Melden-Ufergesellschaften besiedeln Standorte, die vom Winter bis in das Frühjahr hinein lange unter Wasser stehen und wo nach Rückzug des Hochwassers offene Böden zurückbleiben oder neue Sedimente abgelagert werden. Auf diesen häufig sehr nährstoffreichen (stickstoffreichen) Schlammböden, die erst spät im Jahr abzutrocknen beginnen, entwickelt sich innerhalb von nur drei bis fünf Monaten eine Pioniervegetation aus Sommerannuellen, die im August und September optimal entwickelte Aspekte zeigt und danach rasch abstirbt. Flußmelden-Gesellschaften (Verband Chenopodion rubri) besiedeln vor allem Flußufer, während Zweizahn-Gesellschaften (Verband Bidention tripartitae) häufiger an Teich- und Grabenufern, nassen Wegrändern sowie landwirtschaftlich beeinflußten Plätzen wachsen.
Für die Bildung von freien Relativsätzen existieren in verschiedenen Sprachen unterschiedliche Regeln. In einer Reihe von Sprachen muß der Kasus des Relativpronomens mit dem Kasus übereinstimmen, den das Matrixverb für die NP fordert, an deren Stelle der freie Relativsatz auftritt. Diese sogenannten "Matching-Effekte" sind jedoch nicht in allen Sprachen vorhanden. Es gibt Sprachen, in denen Matching generell nicht oder unter bestimmten Bedingungen nicht erforderlich ist. Deutsch wird im allgemeinen zu den Sprachen gerechnet, in denen freie Relativsätze Matching-Effekte aufweisen müssen. Ein Ziel dieses Aufsatzes ist, zu zeigen, daß dies nicht uneingeschränkt gilt. Auch im Deutschen gibt es freie Relativsätze, die kein Matching aufweisen. Bei dem Kasuskonflikt zwischen dem vom Matrixverb und dem Verb innerhalb des freien Relativsatzes geforderten Kasus kann ersterer unrealisiert bleiben, wenn er höher auf der Kasushierarchie rangiert als der vom Verb im freien Relativsatz geforderte Kasus. Unabhängige Evidenzen für diese Hierarchie werden aufgezeigt. Abschließend werden die Konsequenzen dieses Befunds für die Struktur von freien Relativsätzen diskutiert.
Hier sollen verschiedene Möglichkeiten, die Valenz von AcI-Verben zu analysieren, diskutiert werden. Dabei werden nicht nur Ansätze berücksichtigt, die sich explizit auf den Valenzbegriff beziehen, sondern auch neuere Vorschläge im Rahmen der generativen Syntax zur Analyse der AcI-Konstruktionen. Es handelt sich im wesentlichen um drei verschiedene Analysemöglichkeiten, die auf ihre empirische Adäquatheit und die theoretischen Probleme, die sie aufwerfen, untersucht werden. Als adäquateste Lösung wird sich eine Analyse von AcIVerb und infinitem Verb als Verbalkomplex erweisen, wobei für die Wahrnehmungsverben, kausatives und nicht-kausatives lassen ein unterschiedlicher Grad an Auxiliarisierung vorliegt.
Schlachtengedenken im Spätmittelalter : Riten und Medien der Präsentation kollektiver Identität
(1991)
Ein Eintrag in dem 1432 angelegten "Liber statutorum opidi Dursten" im kölnischen Vest Recklingshausen galt der Abhaltung des sogenannten Streitfeiertags. Der Stadtbucheintrag beginnt mit lateinischen Gedenkversen, die von der Verjagung der Herren von Merveldt durch das Dorstener Schwert zwei Tage nach Thomas 1382 berichten. Es folgt der Beschluß von Bürgermeister, Schöffen und Rentmeister der Stadt Dorsten: Alljährlich soll man am Montag vor dem Mittwinterabend, also am "strytvyrdages avent", am Abend feiertäglich läuten und Vesper und Vigilien begehen. Dabei soll der acht Männer gedacht werden, die in diesem Streit tot geblieben sind, sowie all jener, die um der Stadt willen gestorben sind oder noch sterben werden. Der Stadtbote hat Bürgermeister, Schöffen und Rentmeister bei Strafe von zwei Quarten Weins aufzufordern, an Vesper und Vigilien teilzunehmen und danach zu den Gräbern zu gehen, zunächst zum Friedhof vor St. Nikolaus-Feld und danach zum Kirchhof.
Die zweifellos größte Herausforderung für die Literaturwissenschaft in den letzten beiden Jahrzehnten ging vom sog. "Poststrukturalismus" aus, der, aus Frankreich kommend, auf den theoretischen Voraussetzungen des klassischen Strukturalismus aufbaut und diesen zugleich überwindet. War bereits für den klassischen Strukruralismus nach Ferdinand de Saussure die Bedeutung einer sprachlichen Äußerung das Produkt ihrer differentiellen Zeichenstruktur, so öffnet die neostrukturalistische Theoriebildung das bei Saussure noch als geschlossen gedachte System der Sprache in die prinzipielle Unbegrenztheit der Kombinationen und Relationen in der Ordnung der Zeichen.
The study of what makes utterances difficult or easy to understand is one of the central topics of research in comprehension. It is both theoretically attractive and useful in practice. The more we know about difficulties in understanding the more we know about understanding. And the better we grasp typical problems of understanding in certain types of discourse and for certain recipients the better we can overcome these problems and the better we can advise people whose job it is to overcome such problems. It is therefore not surprising that comprehensibility has been the object of much reflection as far back as the days of classical rhetoric and that it is a center of lively interest in several present-day scientific disciplines, ranging from artificial intelligence and educational psychology to linguistics.
Vor gut vierzig Jahren hat Milewski (1950) das Werkzeug der Syntaxtypologie um das Begriffspaar "kon- und exzentrische Struktur" vermehrt. Dieses Klassifikationsmittel wurde später von Nichols (1984,1986) erneuert und terminologisch mit der Unterscheidung von head- und dependent-marking erfasst. Dabei hat die Autorin vorgeschlagen, diese Unterscheidung auch für die Typologie der Relativkonstruktion fruchtbar zu machen.
Trotz einiger vorliegender Arbeiten zu Hofmannsthals Kunstrezeption ist die Frage nach der spezifischen Art seiner Wahrnehmung von "Bildern" und deren Bedeutung für sein Werk noch weitgehend unbeantwortet. Hier setzen die folgenden Überlungungen ein. Hoffmannsthals Interesse an bildender Kunst zeigt sich schon zu Beginn seines literarischen Schaffens: in seinem Prosagedicht "Bilder" von 1891, den Ausstellungsbesprechungen und Rezensionen [...]; später dann in seinen Einleitungen zu Mappenwerken wie Ludwig von Hofmanns "Tänzen" (1905) oder den Handzeichnungen aus der Sammlung seines Rodauner Nachbarn Benno Geiger (1920). Auch in seine Versen zu "lebenden Bildern", in den lyrischen Dramen und den Libretti, sogar in einzelnen Gedichten ist eine besondere "ikonographische" Komponente erkennbar; sie gilt im besonderen Maße für die Balette, etwa den "Triumph der Zeit", was bislang noch kaum gesehen wurde. Schließlich spiegelt sich das vitale Interesse an Kunst in den Reiseaufsätzen, in Vorträgen, Briefen und Notizen. In vielen seiner persönlichen Beziehungen (von den deutschen Zeitgenossen insbesondere zu Harry Graf Kessler, Eberhard von Bodenhausen, Alfred Walter Heymel, Julius Meier-Graefe) ist die bildende Kunst ein wichtiges kommunikativ-verbindendes Element.
Compounds containing a carboxylic acid group may be metabolized along several routes. However, the most common pathways involve conjugation reactions with amino acids or glucuronic acid. Also, chain shortening due to beta-oxidation occurs when the carboxylic acid group is attached to a suitable aliphatic moiety. The various metabolic reactions of compounds containing the carboxylic acid group were reviewed by Caldwell. I Additional reactions of the carboxy group have been discovered which reveal that numerous I ipophilic conjugates may be formed. This subject was reviewed by CaldweW3 and Quistad and Hutson4 and the findings demonstrate that the acids may undergo chain extension or incorporation into triglycerides, cholesterol esters, and fatty acid derivatives. In addition to these reactions which occur in the tissues, the metabolism (e.g., decarboxylation or reduction) of some carboxylic acids may be carried out by the intestinal microflora.
IV. Kapitel des Bandes: Neue Deutsche Geschichte V. Kriege und Krisen ; Deutschland 1600 - 1715 erschienen November 1991, C.H. Beck Verlag , ISBN: 3406308171 Inhalt des Kap. IV. 1.Im Zeichen der französischen Hegemonie. 385 a) Die Nachbarn des Reiches. 385 b) Das Reich und die europäischen Mächte nach dem Dreißigjährigen Krieg. 396 c) Türkische Gefahr im Schatten Ludwigs XIV. 409 2. Der Wiederaufstieg der kaiserlichen Macht. 424 a) Defensive im Westen - Offensive im Südosten. 424 b) Der Türkensieg Kaiser Leopolds I. und der Aufstieg der Donaumonarchie. 442 c) Spanischer Erbfolgekrieg und Zweiter Nordischer Krieg..448