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Klar scheinen die Berge vor dem nachtblauen Himmel. Ihre sanften Wölbungen geben in ihrer Mitte den Blick frei auf einen hell leuchtenden Stern. Die Landschaft ist ausgestorben, der Boden von Schnee bedeckt, die aus ihm herausragenden Bäume karg und ausgedörrt. Der einzige Abdruck menschlicher Existenz ist kaum sichtbar. Er zeigt sich in einem kleinen Kreuz an der Spitze des höchsten Berges. Doch die Szenerie hat nichts Bedrohliches oder gar Trauriges an sich, vielmehr strahlt das Gemälde eine inhärente Ruhe aus. Die Komposition ist harmonisch, die Anwendung verschiedener Nuancen von Blau tragen zur Ausgewogenheit bei. Bei der Betrachterin hinterlässt die dargestellte Landschaft, trotz ihrer Kargheit, den Eindruck einer Vollkommenheit der Natur. ...
Weil "Felder und Bäume" ihn "nichts lehren, wohl aber die Menschen in der Stadt", pflegte Sokrates die Natur zu meiden. Warum er dann doch mit Phaidros einst am anmutigen Ufer des Illisos ein Lehrgespräch führte, begründet er merkwürdig genug: "Ich kann noch immer nicht nach dem Delphischen Spruch mich selbst erkennen." Sollte es also möglich sein, in einer Landschaft auf vernünftige Weise etwas über das eigene Wesen zu erfahren? Mehr als zweitausend Jahre später, auf seiner Reise von Velletri nach Neapel bewegt Goethe eine ähnliche Frage. Sehnsüchtig eilt er der Stadt entgegen und erlebt dabei die Fahrt wie eine Folge möglicher Landschaftsbilder. Nun gilt Goethes Grand Tour nicht zuletzt dem Besuch Jakob Philipp Hackerts, dem damals bekanntesten Vedutista Italiens, der den malerisch noch dilettierenden Dichter in die Landschaftskunst einführen soll. Als Scholar jedenfalls bewährt sich Goethe, noch bevor er in Neapel eintrifft. Seine Schilderung der Gegend um den Palazzo Chigi verrät eine Naturanschauung, die auf Hackerts durchkomponierte Ideallandschaften vorausweist: "Hier bildet sich eine wahre Wildnis: Bäume und Gesträuche, Kräuter und Ranken wachsen, wie sie wollen, verdorren, stürzen um, verfaulen. Das ist alles recht und nur desto besser. Der Platz vor dem Eingang ist unsäglich schön. Eine hohe Mauer schließt das Tal, eine vergitterte Pforte läßt hineinblicken, dann steigt der Hügel aufwärts, wo dann oben das Schloß liegt. Es gäbe das größte Bild, wenn es ein rechter Künstler unternähme."