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Als positive Leistung des Autors werden die subtilen Bildbeschreibungen gewürdigt, die vor allem das in der Friedrich-Forschung weithin übersehene Motiv des "verstellten Blicks" zu Bewußtsein bringen. Die Rezension kommt jedoch zu dem Ergebnis, daß die empirischen Ergebnisse solcher Bildbetrachtungen nicht zu einer stringenten Argumentation verdichtet werden und das methodische Selbstverständnis des Verfassers eher von einer eklektizistischen Einstellung zeugt.
Die Kunst der Nachkriegszeit sorgt zwar bisweilen für spektakuäre Besucherzahlen bei Ausstellungs-Ereignissen, doch auf dem Buchmarkt ist die "zweite Moderne" eigentlich nach wie vor ein Stiefkind. Um so bemerkenswerter ist es, daß soeben in der eher populären, von Klaus Herding begründeten "kunststück"-Reihe des Fischer Verlages eine Publikation von Regine Prange zu Jackson Pollock erschienen ist. ...
Caspar David Friedrichs umfangreichstes Manuskript, ein zugleich kunstkritischer und kunsttheoretischer Text der Zeit um 1830, der im Original im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erhalten geblieben ist, liegt jetzt erstmals in einer vollständigen kritischen Edition vor. Die auch als CD-ROM erhältliche Ausgabe konfrontiert verkleinerte Wiedergaben der Manuskriptseiten mit einer Transkription. ...
Rezensionen zu: Richard Wagners politische Theologie : Kunst zwischen Revolution und Religion / Peter Hofmann. - Paderborn : Verl. Ferdinand Schöningh, 2003. - 320 S., ISBN 3-506-73929-8, 39,80 Euro Richard Wagner : Ahasvers Wandlungen / Dieter Borchmeyer. - Frankfurt am Main [u.a.] : Insel Verl., 2002. - 647 S., ISBN 3-458-17135-5, 44,90 Euro.
In der letzten Zeit sind eine Reihe von Büchern erschienen, in denen Kunstkritiker/innen und Kurator/innen ihre gesammelten Artikel veröffentlichen. Auch Isabelle Graws "Die bessere Hälfte. Künstlerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts" liegt eine Reihe von Aufsätzen zugrunde, die in den 1990er Jahren in Zeitschriften wie Artis und den von Graw herausgegebenen Texten zur Kunst zu lesen waren. Allerdings hat Graw ihre kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Positionierung von Künstlerinnen im Betriebssystem Kunst in drei Kapiteln neu zusammengefaßt, so dass ein eigenständiges Buch entstanden ist. ...
Der Titel "Portrayed on the Heart" von Cynthia Hahns vorliegender Publikation bezieht sich auf jene von Gregor den Großen formulierte didaktische Funktion von bildlichen Darstellungen, deren Verinnerlichung gleichsam auf eine Vervollkommnung des Menschen zielte. Dieser Aufgabe war auch die bildliche Hagiographie des Mittelalters verpflichtet, "in inducing a movement beyond words and images - in creating an effect on the soul." (S. 331) Die Frage, welche Bildstrategien entwickelt wurden, um von der Heiligkeit der dargestellten Person zu überzeugen, und wie die Bildrhetorik auf die Wahrnehmung von Heiligkeit Einfluß zu nehmen vermochte, versucht sie am Beispiel der illuminierten "libelli" des 10. bis 13. Jahrhunderts zu beantworten. Diese Handschriften stellten aufgrund ihres Bildprogramms eine eigene Gruppe innerhalb der oft auch schmucklosen "libelli" dar, welche verschiedene hagiographische Texte zur Verehrung eines Heiligen, wie die Vita, das Offizium, Hymnen und Gebete, enthielten. Die in "Portrayed on the Heart" analysierten "libelli" geben der Autorin die Möglichkeit, ihre bisher in verschiedenen Aufsätzen veröffentlichen Erkenntnisse zum Thema von Hagiographie und Bildnarration zu synthetisieren sowie Wesen und Stellenwert von Heiligkeit im frühen und hohen Mittelalter aus mediävistischer Perspektive theoretisch zu hinterfragen. In diesem Sinne stellt das Buch eine anspruchvolle Einführung in das Forschungsfeld mittelalterlicher Heiligkeit dar. ...
Rezension zu: Sarah Kember: Cyberfeminism and Artificial Life. London/New York: Routledge 2003. 257 Seiten, ISBN 0–415–24026–3 (Hardcover) / 0–415–24027–1 (Paperback), € 71,82 (Hardcover) / € 21,98 (Paperback)
"Künstliches Leben" zu schaffen, galt über Jahrhunderte hinweg als Phantasma, dem man vor allem mit den Mitteln der Literatur und der Kunst nachjagte. Ein Topos, der Kultur als Kontrolle, Beherrschung und Verbesserung der Natur definiert – und in dem sich menschliche Machtphantasien und misogyne Obsessionen auf markante Weise mischen: Wo die biologischen Funktionen von "sex" eigentlich überflüssig werden sollten, treten Geschlechterdichotomien und -hierarchien als Konstruktionen um so deutlicher hervor. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Allerdings haben mit den aktuellen Entwicklungen in den Bio- und Informationstechnologien die Phantasmen zunehmend an Realität gewonnen. Ob nun in den Computerlaboren der Unterhaltungsindustrie oder in denen der Genomforschung: Allenthalben scheint es um die Formel des Lebens zu gehen. Aber was bedeutet das eigentlich? Welche Rolle wird "Künstliches Leben" in unserem künftigen Leben spielen? Und welche Rolle spielen dabei die Phantasmen, die dieser Topos transportiert? Wie greifen diese "virtuellen Realitäten" in unsere Körper- und Identitätskonzepte, unsere Subjekt- und Geschlechtervorstellungen ein? Sarah Kembers Buch verspricht, erhellende Schneisen durch das Dickicht der definitionsmächtigen Diskurse, Konzepte und Konstruktionen zu schlagen und neue Wege für feministische Interventionen in die Auseinandersetzungen um "Artificial Life" aufzuzeigen.
Seit der Studie Otto Brunners ist der Fehde führende Adlige rechtshistorisch rehabilitiert. Anders steht es umdas Bild des seiner Herrschaft unterworfenen Bauern: Ihm als dem unter grundherrlichem "Schutz und Schirm" Stehenden war – wie auch dem Bürger – das "subsidiäre Rechtsmittel" angeblich nur in der Ausnahmeform von Blutrache und Totschlagsfehde erlaubt. Der "neutralere" Kontext einer regulären Interessenkollision zwischen Parteien, den die Konfliktforschung nahe legt, wird für bäuerliches Handeln nicht in Erwägung gezogen; einen aktiven Part bei der Durchsetzung eigener Ansprüche erkennt man dabei höchstens im kollektiven "Widerstand". Eindimensionale soziale Rollenzuschreibungen bestimmen den Forschungshorizont. Nie ist z. B. die Frage gestellt worden, ob ein mittelalterlicher oder frühneuzeitlicher Mensch tatsächlich der Waffenfähigkeit oder Waffen bedurfte, um eine Fehde zu führen. So weckt der "gemeine Mann" in der viel besprochenen Untersuchung von Gadi Algazi zwar erstmals überhaupt das nähere Interesse einer Untersuchung zum Fehdewesen, tritt jedoch auch da nur als Objekt einer sich sozial reproduzierenden "Herrengewalt" in Erscheinung. Algazis Ansatz hat allerdings Denkanstöße gegeben, ohne welche wohl gerade Christine Reinles Habilitationsschrift nicht jene konzeptionelle Konturschärfe gewonnen hätte, die sie kennzeichnet. Selbstredend setzt sich die Autorin darin nicht nur mit Algazi auseinander – auch wenn dieser mit Abstand ihrHauptgegner bleibt. Die zugegeben nicht sehr quellengesättigte These des Historikers steht auf einer Beobachtungslinie mit den Studien von Joseph Morsel und Hillay Zmora. Allen dreien geht es, grob gesagt, um die soziale statt die seit Brunner oft strapazierte rechtliche Funktion der Fehden – um die Beobachtung einer engen Verknüpfung dieser Konfliktpraxis mit sozialer Stratifikation und adliger Herrschaftsbildung. ...
Die erstaunliche Fülle an wissenschaftlichen Arbeiten - Aufsätzen wie Monographien -, die Hans Holbein d.J. (1497/98-1543) in den letzten Jahren, namentlich im Hinblick auf seinen 500. Geburtstag, auf sich gezogen hat, wird neuerdings ergänzt durch die gewichtigen, gleichsam komplementären Bücher von Susan Foister, die den "englischen Holbein" - die in England zwischen 1526 und 1543 entstandenen Werke - behandelt, und von Jochen Sander, der Holbein als "Tafelmaler in Basel" - das heißt die Zeit bis zu dessen zweiter Reise und endgültiger Übersiedlung nach England 1532 - in den Blick nimmt.
Jochen Sander, Leiter der Gemäldeabteilung des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt a.M. und ausgewiesener Kenner namentlich der altniederländischen Malerei, bietet in seiner umfangreichen, vorzüglich ausgestatteten Untersuchung - zugleich seiner Freiburger Habilitationsschrift - vor allem zweierlei: eine kritische Auseinandersetzung mit der bisherigen Forschungsliteratur, mit deren Prämissen und Thesen, und eine genaue Darstellung des materiellen Befundes wie der Entstehungsgeschichte von Holbeins Tafelbildern (das heißt nicht seiner Wandbilder oder graphischen Arbeiten) vor 1532. ...
Rezension zu: Little, Charles T.; Sauerländer, Willibald (Hrsg.): Set in stone. The face in medieval sculpture ; [in conjuction with the Exhibition "Set in Stone: The Face in Medieval Sculpture", held at the Metropolitan Museum of Art, New York, from September 26, 2006 - February 18, 2007], New Haven, Conn. [u.a.]: Yale University Press 2006 ISBN-10: 1-58839-192-2, XVI, 222 S., 50 USD
Zu den Paradoxien postmodernen Denkens gehört, dass es, der hermeneutischen Wissenschaftstradition den Rücken kehrend, sich als radikal sinnoffen und deutungsliberal präsentiert, zugleich aber eine hermetische Sprache pflegt, die einen elitären Anspruch der Theorie umso stärker festhält. Begriffe, oft Neologismen, sind im Rahmen dieser rationalitätskritischen Denktradition nicht ableitbar oder erklärbar. Olga Lewicka verwendet vor allem die Terminologie Derridas und Merleau-Pontys, ohne diese Wahl argumentativ zu begründen. "Nein, es geht hier nicht darum, noch einmal die Argumente für und wider das 'Idol' Pollock abzuwägen", deklassiert die Autorin eingangs kurzerhand die Pollock-Forschung. Nicht um den Künstler, sein Werk und seine Geschichte geht es - man weiß ja, dass all diese Kategorien totalitäre Setzungen sind - sondern es geht um das "theoretische Paradigma Pollock" (9). Mit dieser neuerlichen Setzung ist die These verbunden, dass die drip-Bilder für eine radikale Dekonstruktion des Bildes und der Malerei stehen. Ist also die kritische Rückbeziehung des Mediums der Malerei auf sich selbst das Thema dieses Buches? Ja und nein. Die Anleihe bei Derridas enigmatischer Ästhetik kann kaum durch eine solche historische Frage motiviert sein, welche die Kunst mit ihrer Endlichkeit konfrontieren würde. Attraktiv sind die strukturalistisch-phänomenologischen Ansätze durch ihren Verzicht auf historisches Denken, dem bekanntlich derselbe Vorwurf zuteil wird wie dem 'autoritären' wissenschaftlichen Begriff. Derridas Ästhetik postuliert die Permanenz der Kunst in der einzig noch möglichen Form, der poetischen Artikulierung ihres Endes, in der Anpassung an ihre Rätselgestalt. Wie das Wort 'Dekonstruktion' schon impliziert, soll die ikonoklastische Energie der Analyse in eine positiv-schöpferische umgedeutet werden. Dazu bedarf es eines neuen Fundamentalismus - des strukturalistischen Textparadigmas, das gewissermaßen Malewitschs 'gegenstandslose Welt' und Mondrians Gesetz der reinen Bezüglichkeit mit philosophischen Weihen versieht, denn dieses Paradigma besagt, dass es nur den Vermittlungsapparat, die Strukturen gibt, aber keine gegebene Objektivität. Für Derrida ist schlechthin alles Text - Text, der nach Lektüre verlangt, die aber nicht auf seinen Sinn mehr ausgerichtet ist, sondern sich selbst als sinnvolle Praxis versteht, indem sie die an ihn herangetragenen Sinnanmutungen dekonstruiert und die Beschränkungen ihres jeweiligen Bedingungskontextes aufdeckt. Die oft scharfsinnige Dekonstruktion soll - darin liegt der Unterschied zur Ideologiekritik - nicht in eine neue Interpretation münden, der als solcher schon der Ruch des Totalitären anhaftet. Gleichwohl geht es Derrida um ein Absolutes: Die Intention seiner Lektürestrategie ist es, die 'différance' aufzufinden, den Heideggerschen 'Rest', der durch den 'Überfall' der Begriffe auf die Dinge unterdrückt wird. So hat Derrida die 'Bauernschuhe' van Goghs aus den Aneignungsgesten Heideggers und Schapiros befreit und an ihrer Stelle eine Lektüre entwickelt, die sich den Nebenbedeutungen, dem Nebensächlichen widmet. Derrida nennt diesen Bereich in Anlehnung an eine Passage aus Kants Kritik der Urteilskraft die 'Parerga'. Damit ist eine quasi örtliche Bestimmung des 'Dazwischen' gemeint, etwas, das zwischen Bild und Nicht-Bild, dem Innen und dem Außen steht, ein Beiwerk benennt, das keines ist, also nicht im Sinne bloß schmückender Funktion das Bild umrahmt, sondern sich tendenziell verselbstständigt. Auf dieses 'Dazwischen', das die transzendente Wahrheit der Kunst dann doch aufrechterhält, wenn auch indirekt, bezieht sich auch der Terminus 'Chiasmus'. Merleau-Pontys Ontologie der Wahrnehmung benennt so das zwischen dem Selbst und dem Anderen sich bildende Geflecht eines wechselseitigen Überschreitens und Übergreifens. Erst vor diesem Hintergrund ist die Ambition der vorliegenden Studie erahnbar, deren Sprachduktus sich dem der französischen Philosophen annähert und der Erwartung an eine wissenschaftlich durchgearbeitete transparente Argumentation sich dezidiert entzieht, allerdings auch die literarische Qualität ihrer Vorbilder nicht erreicht. Eine in viele kleine Kapitel zergliederte Einführung, die als "Rahmung" bezeichnet wird, stimmt mithilfe einer Fülle von Zitaten aus Derrida, Foucault, Marin, Merleau-Ponty und Gasché das Grundthema an: "Das Lesen des Chiasmus" (9-28). Pollock mache das selbst undarstellbare Gesetz der Repräsentation zum Gegenstand; das hierdurch geschaffene intellegible Bild verlange nach einer "dekonstruktiven Lektürestrategie", die der "Abgründigkeit des Chiasmus" gemäß sei (19). Das erste Kapitel thematisiert, vor allem an der Minimal Art, die "evidente Oberfläche" (29-69). Lewicka hebt darauf ab, dass Pollock den illusionistischen Bildraum der Malerei in einen 'buchstäblichen' Raum überschritten und somit der literalen Ästhetik den Boden bereitet habe. Das zweite Kapitel - "Im Bild" genannt (70-125), nähert sich allmählich, ausgehend von einer "Dekonstruktion" der Texte Greenbergs und Frieds, einer Besprechung der drip-Bilder. Erst im 3. Kapitel (126-156) führt Lewicka dann eine Lektüre von drei Werken vor, an denen verschiedene Aspekte des theoretischen Paradigmas Pollock ausgeführt werden sollen. Die Kommentierung von Greenbergs Kunsttheorie und der Kategorie des Optischen enthüllt am ehesten die in der Mysteriensprache verborgene konservative Aussage des Textes. Lewicka plädiert für die Aktualität von Greenbergs Literalitätsbegriff und meint damit seine Theorie der Flächigkeit. Die Vorstellung des "auf sich selbst zurückgefalteten Buchstäblichen" (90) erfüllt aber gerade nicht den Begriff der Buchstäblichkeit, der das verweisungslos Kontingente meint und daher nicht mit der essentialistischen Deutung der Fläche bei Greenberg übereinstimmt. Dieser Kompromiss der literalness mit dem Konzept der Optizität ist jedoch Lewickas Anliegen. Zunächst führt sie zwar aus, dass Greenberg und Fried im Zielbegriff des Optischen die taktile Raumqualität der drip-Bilder ignorierten. Sie schließt sich Hubert Damisch an, der mit der "Dichte des Bildes" den Ort deutlich mache, an dem bei Pollock die Zersetzung des Bildes anfange, "den Ort, an dem das Bild selbst qua seiner räumlich wahrnehmbaren Stofflichkeit umgangen wird" (93). In der Lektürebewegung verschränke sich das sukzessive Voranschreiten entlang der figuralen Konturlinien von Pollocks 'Triad' (1948) mit der Wahrnehmung des vertikalen Aufeinandertreffens der Farbschichten. Von hier aus wird Frieds Optikalität nun wiederum rehabilitiert. Wenn er über Pollocks Fläche schrieb, sie richte sich "ausschließlich an die Augen", habe er - so Lewicka - bereits jene oszillierende Bewegung des Lesens angesprochen (94). Lewicka verteidigt das Optische also als eine noch unreife Rezeptur für das Lesen des Chiasmus. Wohlweislich bezieht sie sich nicht konkret auf Greenbergs Modernismustheorie, die den traditionalistischen Charakter dieser von Alois Riegl auf der Grundlage von Hildebrands Theorie eingeführten Kategorie des Optischen allzu deutlich gemacht hätte. Lewickas Werklektüren erneuern auf der Grundlage der Eingemeindung des literalen in den optischen Raum das Freiheitspathos der Avantgardeideologien: "Das gedrippte all over-Gewebe überschreitet das der Malerei vertraute all over und stellt sich in den buchstäblichen Raum. Es überschreitet die Oberfläche des malerischen Ereignisses Die Oberfläche als Grenze, als Rahmen des Bildes wird ausgeblendet. Sie ist nur noch support - Träger, 'Halter', Stütze einer in den buchstäblichen Raum vordringenden Farbe; und keines in die Tiefe des Bildes hineinreichenden Raumes, keiner Illusion mehr" (157). Unterschlagen wird in dieser metaphorischen Beschreibung der materielle Status der Leinwand als aktiver Widerpart der Farbe. Auch die folgende, freilich wiederum metaphorisch gemeinte Behauptung, dass sich in 'Number 32, 1950' "die Farbmaterie endgültig von der Leinwand [löst]", ist faktisch Unsinn und führt zu der falschen Einschätzung, dass der hier aus Farbsträngen vermeintlich gebildete buchstäbliche Raum schon der Installation einer Eva Hesse gleiche (163, Anm.2). Diese verkürzte Sicht auf die sich vermeintlich selbst generierende Faktizität der Farbe ist symptomatisch für den angestrengten Versuch Lewickas, die Destruktion der Malerei in ihre positive Entgrenzung umzudeuten. In diesem Sinne fungiert hier auch der Parergon-Begriff Derridas. Insofern die Linie sich von ihrer Darstellungsfunktion unabhängig mache und buchstäblich zur Farbe werde, schließe diese "den Rahmen in sich ein" (158). Pollocks Kritik des (ornamentalen) Rahmens und der durch ihn repräsentierten gestaltgebenden Linie wird durch die oszillierende Lektüre aus ihrer Negativität erlöst zur Erfahrung der différance, ja der Schönheit: "Das Ineinanderübergehen des Rahmens und des Bildes, des Rahmenbildes und des Bildrahmens, des Bildes und des Objekts, des Sichtbaren und des Lesbaren ist [...] ein Augenblick der Lektüre - dessen momentane [...] quasi-Entschiedenheit [...] erst die Schönheit [...] produziert" (162). Die phänomenologische Nobilitierung der Wahrnehmung im Zeichen des 'Chiasmus' zielt auf eine erneute Aktualisierung jener Syntheseleistung, die schon Adolf von Hildebrand in der Vermittlung von Nah- und Fernsicht zur Lösung des modernen 'Problems der Form' (1893) empfohlen hat. Lewickas strukturalistische Neuaufbereitung des 'Optischen' vermeidet die Konfrontation mit dem Bildobjekt zu Gunsten einer Analogisierung von Bildstruktur und Rezeptionsstruktur, um dadurch die Selbstkritik der Kunst in die anschauliche Erfahrung eines "in-between" zu entschärfen. Mit der enormen Fülle der auf 171 Seiten angeführten philosophischen und kunstkritischen Positionen ist keine Neubewertung von Pollocks Werk verbunden, sondern - die Feier der Kunst. Am Ende bekennt die Autorin, dass es ihr darum geht "der Kunst neue Räume zu eröffnen, ihr ein Weitermachen zu erleichtern [...]" (171).
Trotz der wachsenden fachwissenschaftlichen Forschungsliteratur und der inzwischen beträchtlichen Anzahl von Anthologien, Methoden-Readern und Einführungen fehlt es bislang an übergreifenden historisch-kritischen Darstellungen, die auch der neuesten Fachdiskussion gerecht werden. Hatt und Klonk haben sich dieser Aufgabe gestellt. Ihr Buch liefert auf nur 250 Seiten eine angenehm lesbare, klar gegliederte und problembewusste Erörterung der Fachgeschichte von ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. ...
Varnedoe zeigt an zahlreichen Werkbeispielen die Aneignung und Transformation von Pollocks Erbe, das als Ausgangspunkt für eine antiidealistische, die europäische Tradition hinter sich lassende Abstraktion verstanden wird. Der Titel "Pictures of Nothing", mit Bezug auf eine zeitgenössische Äußerung zu Turners Werk gewählt, impliziert dabei nicht die Beschränkung auf das Medium Bild. Vielmehr stehen mit der minimalistischen und postminimalistischen Kunst ganz besonders auch Plastik und Installation im Zentrum. Auch zur popartistischen Verarbeitung der Abstraktion nimmt der Verfasser des Buches ausführlich Stellung. ...
Liest man die Zeichen der Zeit richtig, dann scheint es schlecht um die Zukunft des Musikvideoclips zu stehen: Nicht nur, dass die Musikindustrie begonnen hat, angesichts der ökonomischen Einbrüche der letzten Jahre die Mittel für diese, ursprünglich als reine Werbeträger konzipierten Kurzfilme drastisch zusammenzukürzen, so dass frühere Budgets von bis zu 2,5 Millionen Dollar pro Video zukünftig der Vergangenheit angehören zu scheinen; auch der Umstand, dass auf DVDs, in darauf reagierenden Zeitungsartikeln und mit einer Ausstellung wie der hier besprochenen eine Art Resümee der Evolution des Genres hin zu einer eigenen, z.T. durchaus avantgardistischen Kunstform gezogen wird, spiegelt ein Bewußtsein des Umstandes wider, dass eine entscheidende Phase dieser Entwicklung zu Ende gegangen ist: Hegels Eule der Minerva beginnt ihren Flug also auch hier erst mit hereinbrechender Dämmerung. ...
Im August 2006 erschien im Fink Verlag unter dem Titel "Das bewegte Bild. Film und Kunst" ein 462 gehaltvolle Seiten umfassender Sammelband, der siebzehn Aufsätze ausgewiesener KunsthistorikerInnen des Forschungsfeldes "Kunst und Film" vereint. Die Beiträge basieren (mit wenigen Ausnahmen) auf der von Thomas Hensel, Klaus Krüger und Tanja Michalsky im Oktober 2000 an der J.W. Goethe-Universität in Frankfurt am Main organisierten Tagung "Kunst im Film - Film als Kunst" ...