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Dass man mit PN [Personennamen] mehr machen kann als nur auf die Namensträger zu referieren, ist Schriftstellern und Literaturwissenschaftlern natürlich immer schon bewusst gewesen. Eigennamen (EN), die „von Haus aus“ nicht zum Charakterisieren, sondern nur zum Referieren taugen, werden aber offensichtlich auch im alltäglichen öffentlichen Sprechen und Schreiben zur Erzeugung spezifischer Effekte verwendet. […] Ich möchte in meinem Beitrag Antworten auf folgende Fragen geben: Welche Wortbildungsmöglichkeiten werden für diese sprachliche Technik genutzt? Seit wann, in welchen Zusammenhängen und unter welchen Bedingungen werden Deonomastika – so das Fachwort für diese Wörter – verwendet? Welche Intentionen und Effekte sind mit dieser Technik verbunden, d.h. welche stilistischen und pragmatischen Funktionen haben solche Wörter? […] Über die Beschreibung der Formen, Geschichte und Funktionen der Deonomastika hinaus möchte ich zudem in zwei Bereichen theoretischer Sprachreflexion mit den Deonomastika bestimmte Positionen stützen: Zum einen ist dies die Wortbildungstheorie, zum zweiten ist es die Theorie der EN-Bedeutung. Auf beide werde ich im Anschluss an die systematische Darstellung zu sprechen kommen. Ich benutze ein Korpus von etwa 400 Belegen aus vor allem überregionalen Tageszeitungen […] seit 1987 sowie aus deren Online-Ausgaben.
Das Gedicht 'Boas' erschien erstmals im Mai 1912 in der avantgardistischen Zeitschrift "Der Sturm", die Lasker-Schülers Ehemann Herwarth Walden herausgab. Gemeinsam mit den Gedichten 'Ruth' und 'Pharao und Joseph!' veröffentlichte die Autorin es 1913 erneut in der Zeitschrift Die Freistatt, wobei im vorletzten Vers statt „Ueber seine Korngärten“ die Variante „In seine Korngärten“ zu lesen war. Was auf der Oberfläche ein sentimentales Liebesgedicht (i.e. 'Boas') zu sein scheint, erweist sich bei einer näheren Betrachtung, die die biblische Rut-Novelle einbezieht und den biographischen Konnex sucht, als … mnemosynetisches Gedicht, die poetische Erinnerung an ein gescheitertes Projekt in der Literatur wie im Leben.
Literatur gilt trotz vielfältiger neuer Medienangebote als bedeutende kulturelle Praxis. Diese wurde und wird wissenschaftlich erforscht, wobei in den letzten Jahrzehnten gendertheoretischen Ansätzen wachsende Bedeutsamkeit zugemessen wurde. Gendertheoretisch orientierte Forschung kann und soll die Literaturwissenschaften unterstützen und begleiten. Sie kann zum Beispiel darüber nachdenken, wie literarische Texte funktionieren und wie geschlechtliche Identitäten in diesen konstruiert werden bzw. organisiert sind. Diese Untersuchung erfolgt theoriegeleitet, wobei Theorie und Praxis nicht als starre Oppositionen gefasst werden, sondern als in Wechselwirkung stehende verwobene dynamische Konzepte.
Ohne Film wäre die Geschichte der Rockmusik zweifellos eine andere geworden, als die, die sich uns heute im Rückblick darstellt. Bereits die Geburtsstunde des Rock‘n‘Roll, die Premiere des amerikanischen Films SAAT DER GEWALT (BLACKBOARD JUNGLE, USA 1955), weist dem Zweckbündnis von jugendorientiertem Musikmarkt und Filmgeschäft den Weg. Die Titelmusik des Films, Bill Haleys Rock Around the Clock, wurde durch den Film zum Hit und machte zugleich den Film zu einem Kassenschlager beim jugendlichen Publikum.
Die Berliner Abendblätter faszinieren und beschäftigen noch nach 200 Jahren Leser und Literaturforscher. Und immer noch weiß man nicht genau, was den unsteten Dramatiker, Erzähler und Dichter Kleist veranlasst hat, eine alltägliche Zeitung herauszugeben. Geldnot? Brotberuf als Basis fürs Dichterdasein? Anerkennung unter den Freunden, in der Familie? Volksbelehrung? Demokratischer Pioniergeist?
In (…) [den Verdoppelungen der textuellen Ich-Instanzen] zeigt sich (…) mit der Rolle des Minners/Werbers und derjenigen des Sängers zugleich beider Differenz und beider Rollenhaftigkeit; insofern könnte man sagen, daß Minnesang nicht so sehr Rollenlyrik ist, als vielmehr in bestimmten seiner Sektoren als Rollenlyrik sich selbst beschreibe. Dieserart lockert sich die Bindung des Textes an seinen pragmatischen Sprecher, der Regelzusammenhang selbstverständlich metonymischer Rede wird suspendiert: Wo zwei differente textuelle Sänger offenbar Rollen zu spielen – auch solche Rollen, die Rollen spielen. So lösen sich die Rollen von dem, der sie aktuell innehat, der sie nun vielmehr spielt. (…)
[Erhard Schütz skizziert vier Phasen:] 1. Das Doppel von sozialdemokratischer Selbstbildproduktion und bildungsbürgerlicher Einhegungsbeschwörung (ca. 1850–1917) 2. Das Doppel von Hegemonial-Konkurrenz in der Arbeiterbewegung und neusachlicher Funktionalitätsfaszination (ca. 1917–1933) 3. Das Doppel von Produktionsverherrlichung als politischer Systemfeier und industriepopularisierender Sachliteratur (ca. 1933–1961) 4. Das Doppel von industrieweltlichem Sozialrealismus und politischer Systemagitation. (ca. 1961–1987) Arbeiterliteratur im engeren Sinne fundiert sich zunächst entscheidend in einer vom Industrieproletariat ausgehenden, gesellschaftlichen Zukunftsperspektive. Sie ist in diesem strikteren Sinne Teil von Arbeiterkultur. Arbeiterkultur war – zugespitzt – geprägt durch Arbeitsplatz, Familie und Verein. Als solches ist sie natürlich auch Gegenstand von Arbeiterliteratur gewesen. Aber Arbeiterliteratur ist darüber hinaus durch die Arbeiterkultur formbestimmt. Sie ist in diesem Sinne weder ein Ausdruck der sozialen Lage der Arbeiter noch der Reflex eines Klassenbewußtseins. Ihre Spezifik besteht zunächst vielmehr darin, den, wie Klaus-Michael Bogdal es ausdrückt, "Prozeß der Subjektkonstituierung der Arbeiter" zu verstärken und zu sichern, "indem sie einen wirksamen Code der Ich-Rede zur Verfügung stellt". Arbeiter-Schriftsteller bedienten sich mit der Literatur eines Bereichs, der traditionell als besonders intensi-ver und höchster Ausdruck von Subjektivität galt, um darin ein "kollektives Arbeiter-Subjekt" zu imaginieren. Oder anders gesagt: In der historischen Arbeiterliteratur konstituierte sich in Literatur, im Medium emphatischer Subjektivität, ein Schreiben in transindividuell-sozietärer Perspektive. Das prägt vor allem die frühe Phase der Arbeiterliteratur im 19. Jahrhundert.
Wie, so frage ich, soll man als Literaturhistoriker noch über Martin Walser schreiben, ohne unter Verdacht zu geraten, ihn für seine Friedenspreis-Rede mit einem Angriff auf sein literarisches Werk abzustrafen? Auf den Knien, wie Frank Schirrmacher oder auf dem Bauch, wie Franziska Augstein ? Muß man "zittern" wie der Geehrte, wenn nüchterne Analyse und nicht Huldigung das Ziel ist? Wird man zu den "Überführungsexperten (...) auf der Suche nach jenem letzten, allen Verdacht bestätigenden Beweis" gezählt, wenn man sich auf die philologische Suche nach den Quellen der Frankfurter Rede begibt?
Die deutschen Präteritopräsentia sind, indem alte Perfektformen das heutige Präsens stellen, aus mehreren Gründen als hochgradig irregulär zu betrachten. Hinzu kommt ein bisher nicht geklärter Umlaut bei vier (von heute sieben) dieser Verben: „müssen“, „dürfen“, „können“ und „mögen“. Bisherige Erklärungsversuche werden diesem Problem nicht gerecht: Zwar versuchen sie durchaus, den Umlaut im Präsens zu motivieren, doch vermögen sie es nicht, sein ausschließliches Vorkommen im Plural des Präsens zu erklären. Hier wird für die These argumentiert, dass es sich um einen (verbalen) Pluralumlaut handelt, der insbesondere auch im Nominalbereich gang und gäbe ist und dort zur gleichen Zeit einen massiven Ausbau (Morphologisierung) erfährt. Damit handelt es sich um einen sog. transkategorialen Marker. In deutschen Dialekten haben auch andere Verben zu solchen Pluralumlauten gegriffen.
Für die meisten Exegeten von "Blue Velvet" ist klar: Der Film ist ein, wenn nicht das Initial-Ereignis des postmodernen Kinos. Dabei ist für ihn verpflichtend, dass er eine Geschichte im doppelten Wortsinne erzählt: Seine eigene, die von der Rückkehr Jeffreys in seinen Heimatort Lumberton und dessen Entdeckung der dortigen Unterwelt handelt und die Geschichte der Bedingung seiner Möglichkeit: Blue Velvet verortet sich selbst in der und als Resultat der Filmgeschichte und reflektiert darüber hinaus die Funktionsweise des Kinos.
Die Zahl der computerisierten Schriftsteller wächst rapide. Von den Vorzügen des Mac wissen besonders die zu berichten, die zuvor Erfahrungen an anderen Systemen gesammelt haben. Wie zum Beispiel Fernsehautor Wolfgang Menge. Wir besuchten den Konvertiten in dessen Sylter Sommerdomizil und fragten ihn nach seinem Verhältnis zu den neuen Techniken des Schreibens. Das Gespräch führte Peter Matussek, die Fotos machte Frank Stöckel.
The nostalgic yearning for the ideal knightly world given by thirteenth-century vernacular courtly epics is supposed to be the vanishing point of the literature of the do called late medieval knightly romantic. The article examines this assumption. It passes through a number of fifteenth- and early sixteenth-century German text, thus showing the variety of forms in which they adapt the narrative and ideological patterns of the literary tradition. In doing so the article stresses that the texts of Hugo von Montfort, Augustin von Hammerstetten, Püterich von Reichertshausen and in particular of Hermann von Sachsenheim, Ulrich Fuetrer, and Emperor Maximilian I find different ways of irony, allegorization, historization etc. to bring out the gap between the literary examples of the past and the claims of the late medieval present and at the same time to bridge it.
This article presents linguistic features of and educational approaches to a new variety of German that has emerged in multi-ethnic urban areas in Germany: Kiezdeutsch (‘Hood German’). From a linguistic point of view, Kiezdeutsch is very interesting, as it is a multi-ethnolect that combines features of a youth language with those of a contact language. We will present examples that illustrate the grammatical productivity and innovative potential of this variety. From an educational perspective, Kiezdeutsch has also a high potential in many respects: school projects can help enrich intercultural communication and weaken derogatory attitudes. In grammar lessons, Kiezdeutsch can be a means to enhance linguistic competence by having the adolescents analyse their own language. Keywords: German, Kiezdeutsch, multi-ethnolect, migrants’ language, language change, educational proposals
Der Roman "Die Wahlverwandtschaften" ist im ersten Ansehen ein Kammerspiel des Sozialen. Dessen Kern bilden die vier Hauptpersonen, umgeben von einer begrenzten Zahl von Nebenfiguren. Um nichts anderes scheint es zu gehen als um die Charaktere und ihre Beziehungen, die Konflikte und Motive, die psychologischen und sozialen Dynamiken. So mag man Ottilie recht geben, wenn sie in ihrem Tagebuch den berühmten Grundsatz von Alexander Pope zitiert: "...das eigentliche Studium der Menschheit ist der Mensch" (417). Ist dieses aus bester Aufklärungstradition stammende Prinzip nicht eine treffendere inscriptio des Romans als die chemische Gleichnisrede von den Wahlverwandtschaften, die niemals wenn nicht fälschlich auf die Konstellationen des Romans angewendet werden kann? ...
Nur wenigen ist bekannt, dass Anthony Burgess (1917–1993) neben seiner literarischen Tätigkeit zeitlebens auch ein sehr produktiver Komponist war. In einem Zeitraum von etwa 60 Jahren entstand ein OEuvre, das über 170 Werke umfasst und Beiträge zu fast allen großen, musikalischen Gattungen aufweist. So komponierte Burgess unter anderem eine Oper, ein Ballett, drei Symphonien, Konzerte und Kammermusik für diverse Besetzungen (vgl. Burgess 2001, 36–40; Phillips 2001, 614f.).
Zwischen 1970 und 1977 entsteht in fünfjähriger Dreharbeit mit Unterbrechungen und unter extrem schwierigen Produktionsbedingungen David Lynchs erster Spielfilm "Eraserhead". Vorbereitet wurde er in mehrfacher Hinsicht durch das Frühwerk des noch jungen Regisseurs. Seine kinetische Skulptur "Six Men getting sick", sowie seine Kurzfilme "The Alphabet" und "The Grandmother" verhalfen ihm nicht nur zu Stipendien (etwa der AFI für "The Grandmother"), sondern etablierten auch ein Motivinventar, auf das Lynch in Zukunft immer wieder zurückgreifen und es ausbauen würde.