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Erbe ausgeschlagen?
(2011)
Vom 28. bis 30. Januar [2011] lud Günter Grass auch in diesem Jahr wieder ausgewählte Autoren zum Lübecker Literaturtreffen ein, um über dies und das zu debattieren. Mit einer Neuauflage der berühmt berüchtigten Gruppe 47 hat das Treffen nichts zu tun. Aber wofür stehen die Autoren? (...) Neun Autoren sind angereist, so viele wie noch nie; Altbekannte und weniger Bekannte, manche zum ersten, einige bereits zum sechsten Mal: Sherko Fatah, Olga Flor, Eleonora Hummel, Eva Menasse, Norbert Niemann, Knud Romer, Fridolin Schley, Jens Sparschuh und Tilman Spengler.
Versetzen, Einfügen, Einwachsen – das sind die Umschreibungen der Aufpfropfung als einer Agrartechnik, mit der seit der Antike […] Pflanzen veredelt werden. Veredeln heißt dabei zum einen: Kultivieren, impliziert also eine qualitative Steigerung durch einen technischen Eingriff; zum anderen bedeutet Veredeln aber auch Konservieren: durch ein Verfahren der nicht-sexuellen, künstlichen Fortpflanzung Kopien herstellen und so das Veredelte in Kopie bewahren. Die Reproduktion fungiert mithin als eine Art ›Massenspeicher‹ des bereits Kultivierten. […] Im Folgenden möchte ich […] der Frage nachgehen, inwiefern sich Kultur als Pfropfung und Pfropfung als Kulturmodell begreifen lässt: In welcher Weise und in welchem Zusammenhang wurde und wird die Aufpfropfung als Metapher für kulturelle Prozesse, Praktiken und Produkte in Dienst genommen? Wie setzt sich der Begriff des Pfropfens gegen den momentan fast inflationär gebrauchten Begriff des Hybridisierens ab? Welchen intellektuellen Mehrwert bringt der Rekurs auf den Pfropfungsbegriff für poetologische, philosophische, interkulturelle, aber auch wissenschaftsgeschichtliche Fragestellungen? Anders gewendet: Was trägt das Aufpfropfungsmodell zum Verständnis von Kultur als Kulturprozess bei?
»Wo ist der Platz, den man jetzt in der Welt einzunehmen sich bestreben könnte, im Augenblick, wo alles seinen Platz in verwirrter Bewegung verwechselt.« Diese Zeilen schreibt Kleist im Juni 1807 aus der Kriegsgefangenschaft in Châlons-sur-Marne an seine Cousine Marie von Kleist. […] Seine Literatur wird gleichsam bestimmt von Figuren, deren Leben und Erleben keine Kontinuität kennt. Kleist stellt seine Figuren in einen Versuchsraum, er treibt sie in Zustände der innersten Gespanntheit und Zerspaltenheit, lässt sie gegen eine Welt anrennen, die sie nicht begreifen, stürzt sie in die Tiefe ihres Inneren, das ins Bodenlose führt, setzt sie einem ständigen Wechsel der Empfindung und der Wahrnehmung aus. […] In „Die Marquise von O….“ [markiert] [e]inzig ein Gedankenstrich […] die Geburt der Gegensätze, die im Folgenden an der Marquise zerren. In diesen Gedankenstrich legt Kleist die Zeugung des Kindes. Ob Vergewaltigung oder Liebesakt, in Ohnmacht oder bei klarem Verstand, ist hier nicht zu klären. Aber es ist ein Akt, der sich nicht im Bewusstsein der Marquise verankert und dessen Folgen doch alles verändern.
Ein Dorfrichter missbraucht seine Amtsautorität, nötigt eine junge Frau sexuell, indem er ihr droht, dafür zu sorgen, dass ihr Verlobter als Soldat in einem Kolonialkrieg verheizt wird, sollte sie ihm nicht zu Willen sein. Bei seiner […] Flucht vom Tatort zerschlägt er einen Krug. Dieser […] bezeichnet die mutmaßlich geraubte Unschuld der jungen Frau. Sex and Crime also – von Kleist indes als Komödie präsentiert. Angesichts der körperlichen Schändung […] erscheint diese Gattungsentscheidung gewagt; zumal Kleists Darstellung auf den ersten Blick keine allzu große Empathie für die geschädigte Seite dokumentiert. Wie so oft bleibt nämlich die Paraderolle dem Bösewicht vorbehalten: dem Dorfrichter Adam. Frau Marthe Rull hingegen, die Mutter des vergewaltigten Mädchens und Eigentümerin des zerbrochnen Krugs, gilt nicht gerade als Sympathieträgerin […]. Ihre insistierende Klage vor Gericht, in der sie den Krug mit aller Einlässlichkeit beschreibt, weist sie in den Augen der amerikanischen Kleistexpertin Ilse Graham als überaus »schlichte Person« aus, ja lässt sie gar zu einem Musterbeispiel »törichter Besessenheit« werden. Man kann solchen Furor gegenüber einer literarischen Figur befremdlich finden, Fakt ist allerdings, dass Frau Marthe auch für den heutigen Theaterzuschauer zunächst einmal eine Nervensäge ist. Ihre langatmige Beschreibung des Krugs bringt den sonst besonnenen Gerichtsrat Walter dazu, sie ein ums andere Mal mit Einwürfen wie »weiter, weiter« zu mehr Stringenz anzutreiben.
Pop theoretisch
(2011)
Konzepte, Philosophie und Ästhetik des Pop-Phänomens zwischen Postmoderne, Tradition, Medien und Massenkultur erörtert Christoph Rauen in seiner umfassenden, akribisch recherchierten Studie Pop und Ironie. Popdiskurs und Popliteratur um 1980 und 2000 In den späten 1990er bis in die 2000er Jahre schwemmte eine Flut junger Autoren der sogenannten Popliteratur die Sparten der deutschen Literaturkritik und Feuilletons. Bis auf einige schnell verfasste ambitionierte Studien tat sich die Literaturwissenschaft zunächst schwer, dem Phänomen einen akademisch begründeten Platz in der Forschung einzuräumen. Inzwischen belegt eine Vielzahl fundierter und interessanter Arbeiten, dass es sich auch bei der Popliteratur der letzten 15 Jahre um eine theoretisch ernst zu nehmende und zu begründende Erscheinung der jüngsten Gegenwartsliteratur handelt. Christoph Rauen zeigt in seiner kulturgeschichtlichen und literatursoziologischen Studie Pop und Ironie. Popdiskurs und Popliteratur um 1980 und 2000, auf welche komplexen theoretischen Überlegungen die jüngste Popliteratur gelesen werden kann, indem er das rezeptive Verhältnis der „Neo-Popliteratur“ (Rauen) der späten 1990er und 2000er Jahre zu den Pop- und Ironiekonzepten der 1980er Jahre analysiert.
Die Berliner Abendblätter faszinieren und beschäftigen noch nach 200 Jahren Leser und Literaturforscher. Und immer noch weiß man nicht genau, was den unsteten Dramatiker, Erzähler und Dichter Kleist veranlasst hat, eine alltägliche Zeitung herauszugeben. Geldnot? Brotberuf als Basis fürs Dichterdasein? Anerkennung unter den Freunden, in der Familie? Volksbelehrung? Demokratischer Pioniergeist?
Ist nicht ohnehin alles zu Kleist gesagt und erforscht? Aber seine ungeklärten Aufenthalte, seine merkwürdigen Krankheiten, die geheimnisvollen Andeutungen zu Reisen bleiben weiter ebenso rätselhaft wie seine möglicherweise latent vorhandene Homosexualität, seine ewig von Todessehnsucht begleitete Melancholie, sein konspiratives Mitwirken in der napoleonischen Zeit, seine gewaltige und gewaltsame Sprache. Es hat in der Kleist-Rezeption immer wieder zahlreiche Versuche gegeben, das Dunkel auszuleuchten. Seine heute weltberühmten Stücke und Essays bieten scheinbar jedem Geschmack, jeder Zeit, jeder sozialen Befindlichkeit Nahrung für Interpretation und Aneignung. Die Zutaten zu dem in ungefähr zehn Jahren und in konzentrierten Schüben gebildeten Werk eines jungen preußischen Adeligen sind indes dieselben geblieben.
[Der] wohl bekannteste[] Gedankenstrich der Weltliteratur […] findet sich gegen Ende des zweiten Abschnitts der Kleistschen Erzählung „Die Marquise von O….“, genauer: zwischen der adverbialen Bestimmung »hier«, die anzeigt, wo die Marquise, kaum dass sie dem Angriff der russischen Soldateska auf die Zitadelle bei M…. entronnen ist, »bewusstlos nieders[inkt]«, und der Fortsetzung des Satzes, der von der Fürsorge des die Operation leitenden Offiziers und seiner Bitte an die »bald darauf« erscheinenden Frauen des Hauses berichtet, für die Ohnmächtige »einen Arzt zu rufen«; diese werde sich, so die Überzeugung des Grafen F…., in Kürze »erholen«. Ausgestellt wird durch diesen Strich nicht etwa ein Gedanke – was seit der Erfindung des Zeichens im 17. und seiner Hochkonjunktur im 18. Jahrhundert ohnehin die Ausnahme ist –; der Strich entpuppt sich als der Platzhalter eines Kopulations- und Zeugungsaktes, der im Verlauf der Geschichte die natürlichsten Konsequenzen zeitigt. Der Erzähler erzählt, ohne zu erzählen; er zieht einen simplen Strich, der gleichzeitig zu lesen und nicht zu lesen ist, der den Schauplatz ebenso verstellt, wie er ihn entblößt, und der es in dieser Doppelrolle bewirkt, dass Wissen und Nicht-Wissen, Liebe und Gewalt (resp. Vergewaltigung) zu abgründigen, weil ununterscheidbaren Größen werden.
Michel Foucault zufolge ist die politische Moderne in spezifischer Weise von einer umfassenden Sorge um das physische Dasein des Menschen geprägt. Während sich das klassische Modell der pastoralen Regierungskunst durch das Recht des Souveräns über Leben und Tod von Untertanen definiert […], treibt »Biopolitik« im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert ein neues Projekt voran: […] Medizin, Psychiatrie, Schule, Polizei sind die allgegenwärtigen Institutionen eines bevölkerungspolitischen Plans, der die Tatsache der biologischen Existenz adressiert und […] unter dem Vorzeichen von Normalisierung und Regulierung ins Zentrum des politischen Handelns rückt. […] Kleist ist persönlich in diese epochalen Umbrüche involviert. Mit der Anstellung im Preußischen Staatsdienst 1804/1805 unter dem Freiherrn von Stein lernt er die Reformen Hardenbergs aus nächster Nähe kennen und besucht an der Königsberger Universität Vorlesungen bei Christian Jacob Kraus, dem Theoretiker dieser verwaltungstechnischen Reorganisation. […] Diese Anfänge einer Politik des Lebens haben in Kleists literarischen Schriften noch wenig untersuchte Spuren hinterlassen. […] Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Kleist den vormodernen Machttyp der Souveränität keineswegs aus den Augen verliert. Paradigmatisch hierfür kann die 1808/1810 erschienene Erzählung Michael Kohlhaas gelten.
Kleist erzählt in seiner 1808 erstmals erschienenen Novelle „Marquise von O….“ die Geschichte einer Frau, die unwissentlich vergewaltigt wird, per Zeitungsannonce den Kindsvater sucht und am Ende den Geständigen heiratet. Kleist legt in seiner Erzählung zahlreiche Fährten, eine davon führt zum christlichen Mythos der Heiligen Familie und somit zum Urbild der bürgerlichen Familienstruktur. Das zentrale Motiv der unerklärlichen Schwangerschaft rückt die Marquise in die Nähe der Gottesmutter Maria. Als sie die Hebamme fragt, ob denn »die Möglichkeit einer unwissentlichen Empfängnis sei«, erhält sie die Antwort, »dass dies, außer der heiligen Jungfrau, noch keinem Weibe auf Erden zugestoßen wäre«. Wenn Kleist seiner Novelle die Figurenkonstellation der Heiligen Familie zugrunde legt – wie sind dann die weiteren Rollen verteilt? Die Heilige Familie beschreibt zwei Figurendreiecke, ein göttliches und ein menschliches. Das göttliche Dreieck umfasst Gottesmutter, Gottvater und Gottessohn, das menschliche Dreieck Maria, Joseph und das Jesuskind. Letzteres hat somit zwei Väter: einen göttlichen, der es zeugt, und einen irdischen, der es legitimiert.
"Was weiter erfolgte, brauchen wir nicht zu melden..." : Heinrich von Kleists "Poetik der Unschärfe"
(2011)
Seit Jahren steht in der Diskussion über Heinrich von Kleists Erzählung „Die Verlobung in St. Domingo“ die Frage im Mittelpunkt, wie man mit dem latenten Rassismus umzugehen hat, der Kleists Novelle prägt. Warum beispielsweise gibt der Erzähler die komplexen historischen Ereignisse rund um den zwischen 1798 und 1807 andauernden Freiheitskampf der »schwarzen Sklaven« gegen ihre »weißen Kolonialherren« mit der tendenziösen Formel wider, seine Geschichte spiele zu jener Zeit, »als die Schwarzen die Weißen ermordeten«? Stellt diese Zusammenfassung die Historie nicht zuungunsten der »schwarzen« Freiheitskämpfer auf den Kopf? Verweigert „Die Verlobung“ der schwarzen Bevölkerung Haitis jene Rechte, welche die Aufklärung und Französische Revolution den »Weißen« zusichern? War Heinrich von Kleist ein Rassist?
Der Stellenwert der Familie, ihre Aufgaben und ihre Struktur sind Gegenstand breit geführter Debatten in Politik, Medien, Gesellschaft und diversen wissenschaftlichen Disziplinen. Auch Literatur und Kunst haben die Familie als Topos längst wiederentdeckt. Im Zuge der zunehmenden globalen Migrationsbewegungen rücken dabei nun auch interkulturelle Fragestellungen ins Zentrum des Interesses. Die Familie im Kontext der Interkulturalitätsforschung stand auch im Zentrum einer interdisziplinären Tagung an der Universität Freiburg. Unter dem Titel „Familienkonstellationen aus interkultureller Perspektive“ gingen Literatur- und Medienwissenschaftlerinnen, Soziologinnen und Ethnologinnen der Frage nach, wie sich Migrationsprozesse auf Familienkonstellationen und deren Zusammenhalt auswirken und wie dies in Literatur und Film inszeniert wird. Die Tagungsbeiträge eröffneten durch ihre interdisziplinäre Ausrichtung ein vielfältiges Forschungsfeld und verdeutlichten die Aktualität des Themas.
Innerhalb einer Stadt bildet sich durch die dichte Bebauung und den erhöhten Energieumsatz gegenüber dem Umland ein davon deutlich abweichendes "Stadtklima" aus. Dieses ist beispielsweise durch eine höhere Temperatur in der Stadt gekennzeichnet, welche zur Ausbildung der sogenannten städtischen Wärmeinsel führt. Zudem lassen regionale Klimamodelle für die nächsten Jahrzehnte Klimaänderungen erwarten, die sich in den städtischen Ballungsräumen durch die Überlagerung mit der städtischen Wärmeinsel deutlich belastender auswirken als im Umland. Dies ist für die Menschen von elementarem Interesse, da bereits heute mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebt. Der Klimawandel findet bereits statt: 60-jährige Messungen des Deutschen Wetterdienstes am Flughafen Frankfurt/Main belegen einen signifikanten Anstieg des Jahresmittels der Lufttemperatur von 0,35 °C pro Dekade. Die Anzahl der mittleren jährlichen Sommertage, das sind Tage an denen die Lufttemperatur 25 °C erreicht oder überschreitet, weist ebenfalls einen signifikanten Trend von 4,3 Tagen pro Dekade auf. Wenn dieser beobachtete Trend unverändert weiterginge, so wären für die Klimaperiode 2021 - 2050 durchschnittlich etwa 21 Sommertage pro Jahr mehr als in der Klimaperiode 1971 - 2000 zu erwarten. Eine zuverlässige Abschätzung muss jedoch die erwartete Änderung klimarelevanter Spurenstoffe berücksichtigen und daher auf den verfügbaren globalen und regionalen Klimaprojektionen basieren. Ziel der Untersuchung war es deshalb, auf der Basis von Projektionen regionaler Klimamodelle die Auswirkungen des Klimawandels für detaillierte Stadtstrukturen aufzuzeigen. Mit Hilfe eines Stadtklimamodells und der am Beispiel Frankfurt/Main entwickelten sogenannten „Quadermethode“ (Früh et al., 2011) konnte erstmals sowohl die vergangene als auch die zukünftige Wärmebelastung für Frankfurt am Main unter Berücksichtigung der vielfältigen Bebauungsstrukturen und sonstiger Flächennutzungen simuliert werden. Auch die klimatischen Auswirkungen der größeren Planungsvorhaben der Stadt wurden in diesem Zusammenhang untersucht. Auf der Grundlage des moderaten IPCC Emissionsszenarios A1B ergibt sich für das Stadtgebiet von Frankfurt bis zum Jahr 2050 eine Zunahme der mittleren jährlichen Anzahl von Sommertagen von derzeit etwa 44 Tagen pro Jahr, um weitere 5 bis 31 Tage. Damit wird Mitte des Jahrhunderts im Sommerhalbjahr jeder zweite bis vierte Tag in Frankfurt wärmer als 25 °C sein. Gleichzeitig wird auch die mittlere jährliche Anzahl "Sommerabende", das sind Abende an denen es um 22 Uhr noch mindestens 20 °C warm ist, um 5 bis 33 Tage ansteigen. Auch die Anzahl der "heißen Tage" mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 °C und der Tropennächte mit Lufttemperaturen, die nicht unter 20 °C sinken, wird deutlich zunehmen. Aufgrund der heute noch geringen Anzahl solcher Tage lassen sich für die Zukunft derzeit keine verlässlichen Aussagen treffen. Dies gilt auch für alle Untersuchungen, die für die Klimaperiode 2071 - 2100 durchgeführt wurden. Die Studie zeigt, dass die Zunahme der Sommertage bis Mitte des Jahrhunderts sich nicht signifikant zwischen dicht und locker bebauten Stadtteilen unterscheidet. Die Wärmebelastung wird also gleichermaßen stark zunehmen und zukünftig auch dort am höchsten sein wo sie es heute schon ist. Die Unterschiede zwischen Stadt und Umland werden sich aber nicht wie befürchtet verschärfen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Hitzesommer – wie beispielsweise im Jahr 2003 – häufiger auftreten werden, nimmt bis Mitte des Jahrhunderts zu. Betrachtet man unterschiedliche Bebauungsstrukturen in Frankfurt, so belegen die Modellergebnisse zusätzlich, dass in dicht bebauten Gebieten, wie zum Beispiel der Innenstadt, die Wärmebelastung mit bis zu 54 Sommertagen pro Jahr bereits heute am stärksten ist. Hochhäuser, wie im Frankfurter Bankenviertel, können den Effekt dichter Bebauung zwar durch ihre abschattende Wirkung zumindest tagsüber etwas mildern. Da allerdings der Effekt der nächtlichen Wärmeinsel durch die Hochhäuser verstärkt wird, ist keineswegs als Anpassungsmaßnahme auf den Hochhausbau zu setzen. Neben den Auswirkungen der regionalen Klimaänderungen auf die Stadt werden auch die Auswirkungen bereits geplanter Veränderungen der Stadt untersucht. Dabei kann gezeigt werden, dass eine Umwandlung von bebauten Flächen in Grünflächen die durch den Klimawandel erwartete Zunahme an Sommertagen und -abenden etwa halbieren würde. Umgekehrt kann eine Verdichtung der Bebauung die erwartete Zunahme an Sommertagen und -abenden nahezu verdoppeln. Die Auswirkungen solcher Maßnahmen werden aber lokal sehr begrenzt sein. Um der erwarteten regionalen Klimaerwärmung im gesamten Stadtgebiet gegenzusteuern ist daher eine klimagünstige Gestaltung der Stadt in möglichst vielen Stadtbereichen notwendig. Parks und Grünanlagen nehmen unter zukünftigen Klimabedingungen somit in ihrer Bedeutung stark zu.