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Im Rahmen dieser publikationsbasierten Dissertation wurden drei wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Als Erstautorenschaft wurde 2022 die Arbeit “Effectiveness of High-intensity Focused Ultrasound (HIFU) Therapy of Solid and Complex Benign Thyroid Nodules - A Long-term Follow up Two-center Study.” im Journal “Experimental and Clinical Endocrinology & Diabetes” veröffentlicht. Im Folgenden wird der Inhalt dieser Arbeit dargelegt. Ein kurzer Überblick über die Ergebnisse der anderen beiden mitpublizierten Arbeiten findet sich im Kapitel „Weitere Ergebnisse der Arbeitsgruppe“.
Durch die hohe Prävalenz benigner Schilddrüsenknoten sind deren Behandlungsalternativen von großem wissenschaftlichem Interesse. Dabei bildet die nebenwirkungsarme, minimalinvasive Thermoablation mittels high-intensity focused ultrasound (HIFU) eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Verfahren wie der Schilddrüsenchirurgie oder der Radioiodtherapie. Bei der HIFU-Echotherapie werden die Schilddrüsenknoten auf 80 - 90 Grad Celsius erhitzt, sodass eine irreversible Koagulationsnekrose entsteht. Um den Therapieprozess und die Indikationsstellung von HIFU bei benignen Schilddrüsenknoten zu optimieren, ist es notwendig, genaue Studien durchzuführen.
Ziel der vorliegenden bizentrischen Langzeitstudie war, die Effektivität von HIFU-Echotherapien bei benignen Schilddrüsenknoten zu evaluieren und erstmalig den Einfluss der Knotenmorphologie auf den Therapieerfolg zu untersuchen. Vor der Therapie und in regelmäßigen Intervallen nach der Therapie wurden die Größe und die Morphologie der Schilddrüsenknoten mittels Ultraschall dokumentiert. In der retrospektiven Studie wurden Daten von 58 Patienten ausgewertet. Dabei wurde die Gesamtpopulation in eine Gruppe mit soliden und in eine Gruppe mit komplexen Knoten eingeteilt. Die durchschnittliche prozentuale Volumenreduktion in jeder Gruppe wurde mit dem Wilcoxon-Signed-Rank Test statistisch analysiert.
Die Gesamtpopulation zeigte eine Volumenreduktion der zuvor abladierten Knoten von 38.86 % nach 3 Monaten (Spannweite: 4.03 % - 91.16 %, p < 0.0001, n = 25), 42.7 % nach 6 Monaten (Spannweite: 7.36 % - 93.2 %, p < 0.0001, n = 18), 62.21 % nach 9 Monaten (Spannweite: 12.88 % - 93.2 %, p = 0.0078, n = 8) und 61.42 % nach 12 Monaten (Spannweite: 39.39 % - 93.2 %, p > 0.05, n = 4). Die soliden Knoten hatten eine Volumenreduktion von 49.98 % nach 3 Monaten (Spannweite: 4.03 % - 91.16 %, p = 0.0001, n = 15), 46.40 % nach 6 Monaten (Spannweite: 7.36 % - 93.2 %, p = 0.001, n = 11), 65.77 % nach 9 Monaten (Spannweite: 39.39 % - 93.2 %, p = 0.0156, n = 7) und 63.88 % nach 12 Monaten (Spannweite: 39.39 % - 93.2%, p > 0.05, n = 2). Komplexe Knoten hatten eine Volumenreduktion von 35.2 % nach 3 Monaten (Spannweite: 5.85 % - 68.63 %, p = 0.002, n = 10), 36.89 % nach 6 Monaten (Spannweite: 12.23 % - 68.63 %, p = 0.0156, n = 7) und 63.64 % nach 12 Monaten (Spannweite: 52,38 % - 73.91 %, p > 0.05, n = 2).
In der vorliegenden bizentrischen Langzeitstudie wurde deutlich, dass HIFU-Echotherapie eine effektive Behandlungsoption benigner Schilddrüsenknoten ist. Erstmalig gezeigt wurde der Trend, dass solide Knoten besser auf HIFU-Echotherapie ansprechen als komplexe Knoten.
Anhand der gewonnenen Ergebnisse und der neuen Erkenntnisse zum Einfluss der Knotenmorphologie auf die HIFU-Echotherapie benigner Schilddrüsenknoten kann HIFU als Therapieoption besser bewertet werden. Eine differenziertere Indikationsstellung in Bezug auf solide und komplexe Knoten wird ermöglicht und die HIFU-Echotherapie kann gegen andere thermoablative Verfahren abgewogen werden.
Im Rahmen der vorliegenden retrospektiven Arbeit wurden die, bezogen auf die diagnostischen Möglichkeiten der peripheren Gefäßkrankheiten, Aufnahmequalitäten der als Goldstandard zu beurteilenden Untersuchungsmethode der intraarteriellen Digitalen Subtraktionsangiographie (i.a. DSA) mit der trotz bereits jahrelanger Anwendung immer noch „innovative“ Methode der kontrastmittelunterstützten Magnetresonanzangiographie verglichen. Insbesondere wurde die Frage der Qualität der Interventionsplanung und der Aspekt der aus den durch die Unterschiede der Imagequalität entstehenden Konsequenzen für den Patienten beleuchtet und so der Stellenwert für die KM-MRA in der präinterventionellen Diagnostik evaluiert. Die Bedeutung der kritischen Auseinandersetzung mit den beiden Untersuchungsmethoden liegt in den, durch die mögliche Ablösung der i.a. DSA aus der Position des Goldstandards, entstehenden Vorteilen für den Patienten. Zu nennen sind der Wegfall der Strahlenbelastung und des invasivinterventionellen Risikos, die renale Entlastung und die Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes. Als zusätzlicher eindeutiger Nutzen der KM-MRA kann die gleichzeitige Aufnahme mehrerer Gefäßsegmente, durch die z.B. in dieser Studie 23 nicht vermutete zusätzliche Gefäßläsionen enttarnt werden konnten, gesehen werden. Im Zeitraum von Januar 2001 bis Dezember 2002 wurden 100 Patienten mit Gefäßläsionen und einer klinischen Symptomatik der Claudatio intermittens, eingeteilt nach Fontaine I-IV, durch beide Diagnosemethoden untersucht. Beide Untersuchungsmethoden wurden zur Sicherstellung der gleichen morphologischen Pathologie innerhalb von 4 Wochen durchgeführt. Dabei wurden von Observer 1 insgesamt 871 (Observer 2: 845) Stenosen in der KM-MRA und in der i.a. DSA Observer 1: 848 (Observer 2: 887) diagnostiziert. In 90,01%(=Observer 1) der Fälle stimmten die Befunde der beiden Aufnahmetechniken überein (Observer 2: 93,14%). Ein zusätzlicher Informationsgewinn durch die KM-MRA ließ sich ausschließlich bei Observer 1 mit 2,64% evaluieren. Anhand der guten Ergebnisse dieses großen Kollektivs, des hohen Positiven Vorhersagewertes von über 97,36% (bzw. 100%), sowie den insgesamt beachtlichen statistischen Werten für die Sensitivität, die Spezifität, Kappa und die Signifikanz, ist die KM-MRA mit Gadolinium (Gadobutrol=Gadovist) in hochdosierter 1,0 molarer Konzentration und die hier verwendeten technischen Möglichkeiten wie Tischverschiebung und der peripheren MRA-Spule eine exzellente Screening- und Nachuntersuchungsmethode bei der pAVK. Durch die im Vergleich mit der i.a. DSA ebenfalls akkurate Diagnostik mit insgesamt 11 therapeutisch-relevanten Abweichungen, gilt die KM–MRA als eine nichtinvasive empfehlenswerte Alternative zur Abstimmung der präinterventionellen Therapieplanung. Gerade für Patienten mit einer Re-stenose oder einer Re-okklusion ergibt sich mit der KM-MRA eine akkurate nicht-invasive diagnostische Alternative und eine Erleichterung der Behandlungsplanung.
Therapieoutcome und Epidemiologie des Poplitealarterien-aneurysmas : Auswertung des POPART-Registers
(2021)
Das Poplitealarterienaneurysma (PAA) ist eine seltene Erkrankung, zu der es insbesondere hinsichtlich der neuen endovasculären Therapieverfahren sowie der aktuellen Versorgungsrealität in Deutschland wenig Evidenz gibt. Zur Verbesserung der Evidenzlage wurde 2014 die multizentrische POPART-Registerstudie initiiert. Ziel des Registers sowie dieser Arbeit ist es, die aktuelle Versorgungsleistung des PAA in Deutschland abzubilden und vergleichende Langzeitergebnisse von endovasculären (ER) und offen-operativen PAA-Versorgungen (OR) zu schaffen.
Mittlerweile umfasst das POPART-Register mehr als 42 Zentren aus Deutschland und Luxemburg. Die partizipierenden Zentren verpflichten sich nach Zustimmung zum Studienprotokoll, alle vorstelligen PAA-Patienten zu inkludieren und regelmäßige Nachuntersuchungen durchzuführen. Die Dateneingabe erfolgt über die Online-Datenbank SurveyMonkey®. Ein Monitoring sowie eine kontinuierliche Plausibilitätsprüfung finden zur Sicherung der Datenqualität statt.
Bis 03/2021 wurden n = 1120 Primärbehandlungen ausgewertet, wovon n = 938 (83,7%) eine Versorgung mit OR und n = 132 (11,8%) mit ER erhielten. Fünf ER-Patienten (3,8%) mussten aufgrund akuten Graftversagens intra- oder postoperativ zu OR konvertiert werden.
ER-Patienten waren mit einem medianen Alter von x ̃ = 72 Jahren [51-90] signifikant älter als OR-Patienten mit x ̃ = 68 Jahren [25-98] (p = .001). Bezüglich der Aneurysmamorphologie und der dokumentierten Komorbiditäten zeigten sich keine signifikanten Gruppendifferenzen (p > .05).
Initial symptomatische Patienten wurden signifikant häufiger für OR in Betracht gezogen: Wohingegen nur 48,3% (n = 453) der OR-Patienten vor dem Eingriff asymptomatisch waren, waren mehr als 67% (n = 88) der ER-Patienten hinsichtlich des PAAs symptomfrei (p <.001). Patienten mit akuter Notfallsymptomatik (akute/kritische Ischämie/Ruptur) wurden vornehmlich über OR versorgt (OR: 22,3% vs. ER: 12,1%; p = .007) und entwickelten im postoperativen Verlauf häufiger Komplikationen als elektiv Versorgte beider Gruppen (p < .001). Als häufigste Komplikationen traten in beiden Gruppen Wundheilungsstörungen (OR: 7,7% vs. ER: 3,0%; p = .052) und Blutungen auf (OR: 3,9% vs. ER: 2,3%; p = .465). Schwere postoperative Verläufe waren zudem bei den fünf zu OR konvertierten Patienten aufgetreten.
OR-Patienten waren mit einer Aufenthaltslänge von x ̃ = 10 Tagen [3-68] um mehr als drei Tage länger stationär aufgenommen als ER-Patienten mit x ̃ = 7 Tagen [1-82] (p < .001). Weiterhin waren ER-Patienten signifikant seltener postoperativ auf einer Überwachungsstation untergebracht (p < .001).
Für n = 525 OR-Patienten (56%) und n = 61 ER-Patienten (46,2%) lag im März 2021 ein Follow-up (FU) zur Auswertung vor. Die mittlere FU-Länge betrug x ̅ = 28,9 Monate [0-134] für OR und x ̅ = 23,6 Monate [0-89] für ER. Die primären und sekundären 24-Monats-Offenheitsraten waren für OR-Patienten mit 75,7% bzw. 84,5% signifikant höher gewesen als für ER-Patienten mit 35,9% und 46,8% (p < .001).
OR-Patienten mit autologem Venenbypass wiesen signifikant höhere 2-Jahresoffenheitsraten als jene mit alloplastischer Prothese auf (primäre Offenheitsrate: 81,5% vs. 59,0%; p < .001; sekundäre Offenheitsrate: 89,5% vs. 70,4%; p < .001). Der Venenbypass war auch gerade in der notfälligen Akutversorgung gegenüber der alloplastischen Prothese überlegen (primäre Offenheitsrate: 71,0% vs. 36,2%; p < .001; sekundäre Offenheitsrate: 77,7% vs. 50,0%; p = .002). Asymptomatische Patienten beider Gruppen zeigten bessere Offenheitsraten nach 24 Monaten als symptomatische (primäre Offenheitsrate: 80,2% vs. 63,5%, p < .001; sekundäre Offenheitsrate: 83,2% vs. 77,1%; p = .015). Patienten mit Abstrom aus mindestens zwei Unterschenkelgefäßen wiesen primäre und sekundäre Offenheitsraten von 75,1% und 82,2% auf und damit signifikant bessere als Patienten mit kompromittiertem Abstrom (1-Gefäßabstrom: 61,0% und 74,8%; kein offenes Unterschenkelgefäß: 48,2% und 65,1%; p <.001)
Das POPART-Register zählt mittlerweile zu einer der größten Datensammlungen zur PAA-Versorgung weltweit und stellt die erste Registererhebung zu dieser Entität in Deutschland dar. Die perioperativen Daten suggerieren keinen Nachteil für ER, wenn primär kein komplikativer Verlauf besteht. Die primären und sekundären Offenheitsraten für ER sind jedoch, bei noch unvollständigem FU, signifikant unterlegen.
OR bleibt bei niedrigen Komplikationsraten und exzellenten Zweijahresoffenheitsraten weiterhin klinischer Standard, insbesondere auch bei symptomatischen wie notfälligen Patienten.
Das T-lymphoblastische Lymphom (T-LBL) ist eine seltene Form des Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL). Als wirksamste Behandlung haben sich intensive Therapien analog zu Protokollen für die akute lymphoblastische Leukämien (ALL) etabliert. Auch bei Erwachsenen werden inzwischen hohe CR-Raten erreicht. Aufgrund einer Rezidivrate von 20–35 % und einem Überleben von 45–75% besteht jedoch der Bedarf einer weiteren Therapieoptimierung. Dieses Ziel wird von der multizentrischen deutschen Studiengruppe für die ALL des Erwachsenen (GMALL) verfolgt, die prospektive Studien durchgeführt und eigene Therapieempfehlungen evaluiert hat.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Effektivität der GMALL-Studientherapie T-LBL 1/2004 und der GMALL-Konsensus-Empfehlung für die Therapie neu diagnostizierter T-LBL bei Erwachsenen untersucht. Hauptaugenmerk lag auf der Auswertung der Gesamtergebnisse und der Evaluierung potentiell prognostischer Faktoren. Eine weitere wesentliche Fragestellung war es, die Bedeutung der Mediastinalbestrahlung in der Erstlinientherapie für das Therapieergebnis zu evaluieren. Ein weiterer Schwerpunkt war die Evaluation der Bedeutung eines Interimstagings mittels PET. Zusätzlich wurde die Wirksamkeit verschiedener Salvageansätze bei primärem Therapieversagen und Rezidiv evaluiert.
Ausgewertet wurden Daten von 149 Patienten, die zwischen 2004 und 2013 in zwei konsekutiven Kohorten gemäß der Studie GMALL T-LBL 01/2004 (Kohorte I; n = 101) oder der GMALL-Therapieempfehlung (Kohorte II; n = 48) behandelt wurden. Die empfohlene Therapie beinhaltete zwei Induktionsblöcke, die Reinduktion sowie sechs Konsolidationsblöcke. Die ZNS-Prophylaxe bestand aus intrathekalen Chemotherapiegaben und eine Schädelbestrahlung mit 24 Gy. Patienten, die gemäß der Studie 01/2004 behandelt wurden, sollten nach der Induktion außerdem eine Mediastinalbestrahlung mit 36 Gy erhalten. Patienten ohne CR/CRu nach dem ersten Konsolidationsblock sollten einer Salvagetherapie außerhalb des Studienprotokolls oder der Therapieempfehlung zugeführt werden. Bei mittels CT bestimmter CRu oder PR zu diesem Zeitpunkt wurde zur Sicherung des Remissionsstatus eine PET empfohlen.
Die CR-Rate der Gesamtpopulation lag bei 76 %. Das Gesamtüberleben und das erkrankungsfreie Überleben nach zwei Jahren lagen bei 72 bzw. 70 %. Die Rezidivrate betrug 28 %, die Überlebenswahrscheinlichkeit ein Jahr nach Rezidivdiagnose lag bei 35 %. Es bestand kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Überlebensraten von Patienten mit und ohne Mediastinalbestrahlung (bestrahlte Patienten der Kohorte vs. Patienten der Kohorte II). Alle Patienten mit computertomographisch ermittelter CRu nach Konsolidation I, bei denen eine konfirmatorische PET durchgeführt wurde (n=21), waren PET-negativ, d. h. in metabolischer CR. Von den PET-evaluierten Patienten mit computertomographisch ermittelter PR (n = 22) waren 55 % PET-negativ. In der Gesamtpopulation wurden zahlreiche potentielle Prognosefaktoren analysiert. Statistische Signifikanz erreichte dabei nur der Allgemeinzustand. Ein ECOG-Score von 0–1 war mit einem günstigeren erkrankungsfreien Überleben assoziiert.
Die Ergebnisse zeigen eine gute Effektivität der GMALL-Therapie. Der Verzicht auf die Mediastinalbestrahlung in der Therapieempfehlung war nicht mit einer Verschlechterung des Therapieergebnisses verbunden. Die Arbeit verdeutlicht die Komplexität der frühen Remissionsbeurteilung mit verschiedenen Verfahren im Versorgungsstandard und unterstreicht den dringenden Bedarf einer standardisierten Remissionsbeurteilung und Referenzbefundung. Die PET erwies sich als wichtiges Instrument des Interimstagings, um eine remissionsabhängige Therapiestratifikation sinnvoll durchführen zu können. Sie zeigte sich zudem als unerlässlich für die korrekte Bewertung der Effektivität von Salvagestrategien und damit für die Therapieoptimierung bei primärer Refraktärität.
Die in dieser Arbeit ausgewerteten Daten bilden die bisher größte berichtete Population einheitlich behandelter erwachsener T-LBL Patienten ab. Die Ergebnisse stellen eine wichtige Grundlage für die weitere Therapieoptimierung im Rahmen der aktuell laufenden GMALL-Studie 08/2013 dar.
Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine klonale myeloproliferative Neoplasie und hat ihren Ursprung in transformierten pluripotenten Stammzellen im Knochenmark. Der Krankheitsentstehung liegt eine reziproke chromosomale Translokation zugrunde, in deren Folge ein neues Fusionsgen, das sogenannte Philadelphia-Chromosom, entsteht. Das hiervon codierte Genprodukt ist eine Tyrosinkinase mit konstitutiver Aktivität mit resultierender unkontrollierter Signaltransduktion. Gegen diese Tyrosinkinase existiert eine molekular zielgerichtete Therapie, die Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI).
Den Therapiestandard stellt die Behandlung mit einem TKI dar. Seit einigen Jahren existiert jedoch das Therapieziel der therapiefreien Remission (TFR), bei dem CML-Patienten mit einem guten molekularen Ansprechen den TKI nach einiger Zeit absetzen und unter engmaschigen Kontrollen therapiefrei bleiben. Ungefähr die Hälfte dieser Patienten erleidet kein molekulares Rezidiv und bleibt langfristig in TFR. Zu der Thematik der TFR existieren zahlreiche klinische Studien, die die Umsetzbarkeit und die Sicherheit eines Absetzversuchs belegen und Kriterien definiert haben, die für einen Absetzversuch erfüllt sein sollten. In dieser Dissertation wird die Umsetzung der TFR im klinischen Alltag onkologischer Praxen untersucht. Es wird untersucht, ob die Studienergebnisse mit den TFR-Raten und den identifizierten Einflussfaktoren auf den Praxisalltag übertragbar sind und ob das Therapieziel TFR in den klinischen Alltag integrierbar ist. Hierfür werden die Daten von 61 CML-Patienten mit einem Absetzversuch aus fünf onkologischen Praxen retrospektiv ausgewertet. Erhoben werden Parameter der Routineversorgung und die Ergebnisse der Kontrolluntersuchungen während der TFR werden dokumentiert und ausgewertet. Die TFR-Raten von ca. 50%, die in den Absetz-Studien beobachtet wurden, finden sich im hier untersuchten Patientenkollektiv wieder. Mithilfe der binären logistischen Regression wird getestet, ob bestimmte Faktoren, wie die Therapiedauer und das verwendete Medikament vor dem Absetzen, einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf der TFR haben. Hier kann kein signifikanter Einflussfaktor identifiziert werden. Es lässt sich eine signifikant längere therapiefreie Überlebensdauer bei den Patienten zeigen, die mit einem TKI der zweiten Generation vor dem Absetzen behandelt wurden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die TFR bei geeigneten CML-Patienten in der Praxis umsetzbar und sicher ist und fest im klinischen Alltag onkologischer Praxen verankert sein sollte.
In einer retrospektiven Analyse von 94 Fällen wurde unter besonderer Berücksichtigung des Kyphosewinkels eine Empfehlung zur Therapie der Spondylitis herausgearbeitet. Die Patienten waren in den Jahren 1991 bis einschließlich 1997 aufgrund einer Spondylitis an der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim in Frankfurt am Main in stationärer Behandlung. Die Ergebnisse wurden durch Auswertung der Krankenakten, Ausmessung der Röntgenbilder und einer Nachuntersuchung von 61 Patienten im Mittel von 4,6 Jahren nach dem stationären Aufenthalt erhoben. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 56 Jahren. Von 94 Fällen waren 12 spezifische und 82 unspezifische Spondylitiden. Der Erregernachweis gelang in 49% der Fälle; Staphylococcus aureus war der am häufigsten nachgewiesene Keim (46%). Mycobacterium tuberculosis wurde bei 6 Patienten kulturell (13%) und in 9 Fällen histologisch (10%) nachgewiesen. Bei der Nachuntersuchung war die Beurteilung der Schmerzfreiheit in der ventralen und dorso-ventralen Patientengruppe identisch. Beide Methoden hatten den größten Anteil an schmerzfreien Patienten. Eine neurologische Symptomatik zu Therapiebeginn hatten 25 Patienten. Am Therapieende hatte sich bei 16 Patienten die Neurologie vollständig zurückgebildet. Zu einer Teilrückbildung der Neurologie kam es in 4 Fällen, und bei 5 Patienten wurden zur Rückbildung der Neurologie keine Angaben gemacht. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit und das C-reaktive Protein waren zu Behandlungsbeginn erhöht, und die Leukozyten lagen im Normbereich. 9 Patienten wurden konservativ behandelt. 34 Patienten wurden einer ventralen Spondylodese zugeführt und 37 Patienten wurden dorso-ventral operiert. Weitere 14 Patienten wurden von dorsal mittels Fixateur interne stabilisiert. Bei 8 der 14 Patienten wurde der Entzündungsherd von dorsal ausgeräumt, und 9 der 14 Patienten bekamen zusätzlich dorsal, dorso-lateral oder transpedikulär Knochenspäne implantiert. Die durchschnittliche Knochenspaneinbauzeit war bei den ventralen und dorso-ventralen Spondylodesen etwa gleich lang (Brustwirbelsäule 5 respektive 5,4 Monate, Lendenwirbelsäule 3,8 respektive 3,9 Monate). Die durchschnittliche radiologische Ausheilung der Spondylitis bei den dorsalen Spondylodesen und den konservativ behandelten Patienten dauerte ebenfalls etwa gleich lang (Brustwirbelsäule 6,9 respektive 7,8 Monate, Lendenwirbelsäule 4,4 respektive 5 Monate). Für die Dauer des Knochenspaneinbaus scheint eine zusätzliche dorsale Stabilisierung unbedeutend. In den Fällen, bei denen eine Ausräumung des Entzündungsherds und Knochenspanimplantation erfolgte, ließ sich eine schnellere knöcherne Ausheilung der Spondylitis erkennen. Demzufolge scheint die Herdausräumung mit konsekutiver Knochenspanimplantation wesentlich für die Ausheilung der Spondylitis zu sein. Die Durchbauungsrate der nochenspanspondylodesen lag in allen Gruppen jeweils bei 100% (vorausgesetzt ein zeitlich kompletter, radiologischer Verlauf eines Patienten lag zur Beurteilung vor). Eine intraoperative Aufrichtung der kyphosierten Wirbelkörper gelang in 71 von 85 Fällen (84%). Die größten effektiven Korrekturgewinne wurden mit der dorso-ventralen Spondylodese erzielt (Vergleich präoperativ zu follow-up). Der größte Korrekturverlust entstand in den ersten drei postoperativen Monaten. Postoperative Korrekturverluste traten bei den ventralen Spondylodesen bis zu 3 Monaten, bei den dorso-ventralen Spondylodesen bis zu 6 Monaten und bei den dorsalen Spondylodesen über 6 Monate hinaus auf. Ursache hierfür ist die noch mangelnde Tragfähigkeit des im Umbau befindlichen Gewebes. Eine Ausheilung der Spondylitis trat in allen Fällen ein. Zwei Patienten entwickelten 1 Jahr respektive 1,5 Jahre später ein Rezidiv (2%). Basierend auf den Erkenntnissen dieser Arbeit ist die dorso-ventrale Operation zur Therapie der Spondylitis zu favorisieren. Durch die ventrale Spondylodese kommt es zu einer beschleunigten Ausheilung der Spondylitis. Eine intraoperative Aufrichtung des erkrankten Wirbelkörpersegments kann die Statik der Wirbelsäule wiederherstellen respektive erhalten. Eine Progredienz der Kyphose wird damit dauerhaft verhindert. Außerdem können Schmerzen und neurologische Defizite schnell behoben werden. Mit einem Fixateur interne kann das Operationsgebiet von dorsal gesichert werden. Eine Frühmobilisation des Patienten wird ermöglicht, was im Hinblick auf Komplikationen durch Immobilisation insbesondere bei älteren oder multimorbiden Patienten wesentlich erscheint. Weiterhin erlaubt die intraoperative Probeentnahme eine Erregerbestimmung mit zugehörigem Antibiogramm und eine histologische Diagnose. Bei geringer knöcherner Destruktion kann eine alleinige ventrale Operation mit Herdausräumung und Knochenspanimplantation ausreichend sein. Eine mehrwöchige Phase der postoperativen Immobilisation sollte bei diesem Vorgehen berücksichtigt werden. Eine konservative Therapie empfiehlt sich bei Patienten, deren Ausmaß der Erkrankung (knöcherne Destruktionen) sehr gering ist, oder die aufgrund ihres Allgemeinzustands nicht operabel sind.
Sowohl die Lebenserwartung als auch die Prävalenz HIV-infizierter Patient*innen ist stetig ansteigend,aufgrund der HAART und durch verbesserte diagnostische Methoden. Nicht-AIDS-definierenden Erkrankungen sind heutzutage die führenden Todesursachen. Durch verzögerte Diagnosestellung und zurückhaltenden Therapien gynäkologischer Malignome ist die Prognose im Vergleich zur Normalbevölkerung schlechter.
In dieser retrospektiven Fall-Kontroll-Studie des Universitätsklinikums Frankfurt am Mains wurden die Therapie und das Outcome gynäkologischer Malignome von 23 HIV-infizierten Patientinnen aus den Jahren 2009-2019 mit einer Kontrollgruppe aus dem gynäkologischen Krebszentrum der Klinik Essen Mitte verglichen, um herauszufinden, inwiefern eine HIV-Infektion das Outcome der Patientinnen beeinflusst.
Das gynäkologische Malignom, dominierend das Zervixkarzinom, trat durchschnittlich ein Jahrzehnt nach der HIV-Diagnose auf. Im Unterschied zu anderen Studien, ist unser Kollektiv überwiegend hellhäutig. Ein bekannter Drogenabusus ist häufig und zusammenhängend mit weiteren Koinfektionen.
Die HIV-Erkrankung ist bei mehr als der Hälfte der Patientinnen bereits fortgeschritten, jedoch ließ sich kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten gynäkologischer Malignome und einer CD4-Zellzahl <500 CD4-Zellen/µl nachweisen. Die antiretrovirale Therapie entsprach größtenteils nicht den aktuellen Leitlinien.
Bis auf fünf Frauen wurden alle Frauen leitliniengerecht therapiert. Eine Korrelation zwischen der Therapie und der Tumorentität, der CD4-Zellzahl, dem Alter oder dem Stadium des Malignoms konnte nicht gezeigt werden.
Insgesamt liegt die 5-Jahresüberlebensrate der Kohorte bei 74.8%. Eine nicht leitliniengerechte Therapie ist nicht direkt mit einem schlechteren Outcome verbunden, jedoch mit einem weitaus kürzeren Follow-Up-Zeitraum von durchschnittlich 0.22 Jahren im Vergleich zu 4.85 Jahren bei leitlinienkonform therapierten Patientinnen. Es liegt ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Kontrollgruppe und unserer Kohorte vor, sodass angenommen werden kann, dass bei Vorliegen einer HIV-Infektion die Therapie des gynäkologischen Malignoms häufiger nicht leitliniengerecht ist.
Bislang existieren nur wenige Studien, die die Therapie und das Outcome gynäkologischer Malignome bei HIV-infizierten Patientinnen untersuchen. Die Interaktion einer ART mit antineoplastischen Medikamenten und die Anwendung von Checkpointinhibitoren und einer „targeted therapy“ sollten Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Dafür sollten HIV-Patientinnen in Therapiestudien inkludiert werden, sodass geeignete Leitlinien erarbeitet werden können.
Im Zeitraum von Januar 1993 bis Dezember 2003 wurden in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums Darmstadt 62 Patienten bei metastatischem Befall der Wirbelsäule mit drohender oder manifester Instabilität im thorakalen und lumbalen Bereich unter palliativen Gesichts-punkten mit einem Fixateur interne dorsal stabilisiert. Insgesamt wurden 65 Segmente operativ versorgt. Bei den Patienten handelte es sich um 36 männliche (58%) und 26 weibliche (42%) Personen mit einem Durchschnittsalter von 64 Jah-ren (40-89 Jahre). Durchschnittlich 1,8 Jahre seit Diagnosestellung waren bis zur Operation vergangen, es handelte sich hauptsächlich um Primärtumoren der Mamma, des Bronchialsystems, der Prostata und Niere, sowie um Plasmozyto-me, welche alle zusammen für 70% der Primärdiagnosen verantwortlich waren. Bei 42 (67,74%) Patienten lag ein Stadium 3 nach Askin vor, bei 20 (32,26%) Patienten ein Stadium 4. Von den Patienten mit neurologischen Defiziten waren 2 (3,22%) paraplegisch mit minimaler motorischer Restfunkti-on, damit Frankel Stadium B zuzuordnen, 7 (11,29%) dem Stadium C mit motorischen Defiziten bei erhaltener Rest-funktion. 11 Patienten (17,74%) hatten lediglich sensible Defizite, waren jedoch alle mobil (Stadium D). Insgesamt hatten damit 20 Patienten (32,25%) präoperativ neurologische Defi-zite. Präoperativ betrug die geäußerte Schmerzintensität durchschnittlich 6,91 nach VAS. Intraoperativ kam es bei durchschnittlich 118,8 Minuten Ein-griffsdauer und im Mittel 913ml Blutverlust zu einer einzigen Komplikation, einer Duraverletzung. Postoperativ kam es bei 8 Patienten zu Komplikationen (12,9%). Eine Blasenlähmung mit Parästhesien nach Duralä-sion bildete sich vollständig zurück. Eine einzige Pedikelfehlplatzierung wurde erfolgreich revidiert, eine Dislokation einer Längsstange wurde nach 3 Monaten klinisch auffällig und gleichermaßen komplikationslos korrigiert. Ein postope-rativ aufgetretenes Serom war nach Revision saniert. Drei Patienten in reduziertem Allgemeinzustand verstarben innerhalb von 2 Wochen postoperativ an Herz-Kreislauf-Versagen, ein Patient überstand unter Intensivtherapie eine Sepsis bei reiz-losem Zugangsbereich. Die postoperative Schmerzintensität betrug durchschnittlich 0,30 Punkte nach VAS. Neurologisch kam es bei 10 der Patienten (50%) mit einem präoperativ be-stehenden neurologischen Defizit zu einer Verbesserung der Symptomatik. Bei 18 von 62 Patienten (29,03%) verblieben neurologische Defizite, wovon 14 sensorischer (22,58%) und 4 motorischer (6,45%) Qualität waren. 58 von 62 Patienten (93,55%) waren postoperativ wieder mobil. Die mittlere Überlebenszeit betrug 3,53 Jahre postoperativ.
Das Ziel dieser retrospektiven Untersuchung ist, die medikamentöse Therapie des neonatalen Entzugsyndroms mittels Clonidin und Chloralhydrat mit der sehr häufig angewendeten Kombinationstherapie aus Morphin und Phenobarbital zu vergleichen. Im dem Zeitraum zwischen 1998 und 2008 wurden in unserer Klinik 133 Neugeborene mit einem neonatalen Entzugssyndrom behandelt. Bei allen Patienten handelte es sich um Neugeborene drogenabhängiger Mütter, welche während der Schwangerschaft mit Methadon substituiert wurden. Bei 29 Patienten wurde eine Therapie mit Clonidin und Chloralhydrat und bei 64 Patienten eine Entzugstherapie mittels Morphin und Phenobarbital durchgeführt. In der Clonidingruppe konnte eine signifikant kürzere Behandlungsdauer (Median: 14 d vs. 35 d) festgestellt werden. Entsprechend war auch die gesamte Aufenthaltsdauer in der Clonidingruppe deutlich kürzer (Median: 32 d vs. 44 d). Außerdem konnte in der Clonidingruppe ein deutlich milderer Verlauf der Entzugssymptomatik festgestellt werden.
Am Zentrum der Dermatologie und Venerologie des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt haben 40 Patienten mit fortgeschrittenem metastasiertem malignem Melanom im Zeitraum von Januar 1996 bis Juni 2003 eine Chemotherapie mit dem liquorgängigen Nitrosoharnstoff Fotemustin erhalten. Sie alle hatten einen Progress unter einer oder zwei vorausgegangenen Chemotherapien erlitten, 30 Patienten erhielten Fotemustin als second-line und zehn Patienten als third-line Therapie. In einer retrospektiven Analyse der Patientenakten unter Zuhilfenahme von Auskünften von behandelnden Hausärzten und Meldeämtern wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Fotemustintherapie untersucht. In die Auswertung wurden 27 Männer und 13 Frauen aufgenommen. Der Altersmedian lag bei 58,6 Jahren. Die Überlebenszeiten der Patienten wurden ab Beginn der Fotemustintherapie berechnet; von besonderem Interesse war neben dem Gesamtüberleben das mediane Überleben von Untergruppen. Ansprechraten und Nebenwirkungen der Therapie wurden nach den Kriterien der WHO beurteilt. Kein Patient zeigte ein Ansprechen im Sinne einer partiellen oder kompletten Remission. Bei sechs Patienten konnte jedoch eine stabile Erkrankung mit einer Dauer zwischen drei und acht Monaten festgestellt werden. Das mediane Überleben dieser Patienten, die alle zu Beginn der Therapie als prognostisch günstigen Faktor einen Karnofsky-Index von 100% aufwiesen, lag bei 260 Tagen. Die mediane Überlebenszeit aller 40 Patienten dagegen betrug 107 Tage. Patienten, die bereits zu Beginn der Behandlung in einem schlechten Allgemeinzustand waren (Karnofsky Index < 90%) schienen eher nicht von einer Behandlung zu profitieren. Auch bei dem Kollektiv der Patienten mit Hirnmetastasen (n=13) lag die mediane Überlebenszeit mit 177 Tagen über der des Gesamtkollektivs. Möglicherweise profitierten diese Patienten von zusätzlichen Behandlungsmodalitäten wie Operation oder Bestrahlung von zerebralen Metastasen. Zudem waren die Patienten insgesamt weniger vortherapiert, zwölf von 13 erhielten Fotemustin als second-line Therapie. Insgesamt sind jedoch die kleinen Patientenzahlen bei der Interpretation dieser Daten zu berücksichtigen. Die subjektiven Nebenwirkungen der Fotemustintherapie waren gering. Thrombozytopenien vom Grad III und IV traten bei 17,5%, Leukozytopenien bei 10% des Kollektivs auf. Toxizitätsbedingte Therapieabbrüche kamen nicht vor. Die Behandlung mit Fotemustin stellt für Patienten mit fortgeschrittenem malignem Melanom eine gut verträgliche Behandlungsoption mit mäßiger Wirksamkeit dar. Obwohl im untersuchten Kollektiv keine objektiven Remissionen erzielt werden konnten, scheinen einige Patienten von dieser Therapie zu profitieren. So konnte bei einigen Patienten eine Stabilisierung der Erkrankung erzielt werden und eine längere Gesamtüberlebenszeit festgestellt werden. Der Allgemeinzustand bei Therapiebeginn zeigte sich in Übereinstimmung mit der Literatur als ein wichtiger prognostischer Faktor. Er ist damit insbesondere nach Versagen der First-line Therapie bei der Indikationsstellung einer weiteren Chemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom zu berücksichtigen. Bei Patienten mit zerebraler Metastasierung scheint eine Therapie mit Fotemustin direkt bei Auftreten von Hirnmetastasen und/oder direkt nach Versagen der ersten Chemotherapie sinnvoll. Die derzeit übliche Kombinationstherapie aus liquorgängigem Zytostatikum, einer stereotaktischen Bestrahlung oder einer Operation und/oder einer Ganzhirnbestrahlung ist auch nach eigener Analyse als günstig zu werten. Nach Versagen von zwei verschiedenen Chemotherapien ist der Wert einer weiteren zytostatischen Therapie, also einer third-line Therapie, insgesamt kritisch zu bewerten. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich die Patienten zum einen in der Regel in einem reduzierten Allgemeinzustand mit einer weit fortgeschrittenen Tumorerkrankung, zum anderen besteht aufgrund der ohnehin geringen Chemosensitivität des Melanoms wenig Hoffnung auf eine Beeinflussung des weiteren Krankheitsverlaufs in diesem Stadium. Bei diesen Patienten steht die Behandlung von krankheitsassoziierten Symptomen im Rahmen einer umfassenden palliativen Versorgung im Vordergrund.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Störungen der Atem-, Sprech-, Stimm- und Schluckfunktion bei Patienten mit diagnostiziertem Morbus Parkinson. Diese Störungen zeigen sich in einem komplexen Erscheinungsbild, welches durch die charakteristische Körperfehlhaltung geprägt ist und sich in besonderer Weise über die Muskulatur der Schulter-, Hals-, und Kopfregion auf die funktionellen Abläufe der Atmung, des Sprechens und der Stimme auswirkt. Mit dieser Untersuchung sollte gezeigt werden, wie mit einem strukturierten und körperorientierten Therapieansatz, bei dem verschiedene Therapiemethoden kombiniert zum Einsatz kamen, auf dieses multikausale Erscheinungsbild eingewirkt werden kann. Während des Beobachtungszeitraums vom Februar 1997 bis August 1997 wurden im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme 60 Patienten, mit einem Altersschnittvon 67;3 Jahren, zum Therapiebeginn untersucht und ausführlich zu den Störungen der Atmung, des Sprechens, der Stimme und des Schluckens befragt. Für die Auswertung wurde das Störungsbild in zwei funktionelle Gruppen unterteilt. In Gruppe eins wurden die orofazialen Störungen, also die Schluckstörungen, die Hypersalivation, die Sensibilität und die Mundmotorik dargestellt. In Gruppe zwei wurden die Störungen der Atmung, des Sprechens und der Stimme nach Schweregraden dargestellt. Die Patienten wurden mit dem beschriebenen Therapieansatz therapeutisch versorgt und die so gewonnen Ergebnisse aus zwei Messzeitpunkten retrospektiv evaluiert. Dabei ging es erstens um die Frage, inwieweit über einen körperorientierten Ansatz die Störungen der Atmung, des Sprechens, der Stimme und des Schluckens therapeutisch zu beeinflussen sind. Zweitens ob es möglich ist, über die Arbeit am Körpertonus und der Körperhaltung die Voraussetzungen für funktionelle Bewegungsabläufe zu schaffen, um diese für die Patienten auch spürbar und "übbar" zu machen. Drittens sollte geklärt werden, ob sich verschiedene Funktionskreise mit anderen Bewegungsabläufen trainieren lassen um so die Patienten über basale Übungen in die komplexen motorischen Abläufe der Atmung, des Sprechens, der Stimme und des Schluckens zu führen. Erste Ergebnisse dieser Untersuchung werden dargestellt und diskutiert.
Die Haarzell-Leukämie ist eine niedrigmaligne Iymphoproliferative Leukämie der BZell reihe mit sehr guten Therapiemöglichkeiten. Zur Erfassung der Lebensqualität und Verträglichkeit der bei den Therapieformen 2-Chlorodeoxyadenosin und lphaInterferon haben wir sowohl die Patienten (mittels des standardisierten EORTC QLQC30- Fragebogens) als auch behandelnde Ärzte (mittels eines selbst konzipierten Fragebogens) deutschlandweit befragt. Es haben 202 Patienten und 74 Praxen (mit Erfassung von insgesamt 189 Patienten) geantwortet. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß in unserer befragten Patientenkohorte unter 2-CdA hohe komplette Remissionsraten erzielt werden konnten (CR 85%), darunter bei über 90% mit nur einem Zyklus 2-CdA. Lediglich ein Patient zeigte kein Ansprechen auf die Cladribintherapie. Sowohl in der Literatur als auch in unserer Untersuchung ist die Rezidivrate gering. Die Progressionsfreiheit nach 7 Jahren wird in der Literatur mit 60% beschrieben, wohingegen 77% der Interferonpatienten nach einem Median von 31 Monaten ein Rezidiv erleiden.B9 In unserer Umfrage wurde bei 2-CdA eine Gesamtremissionsrate von 98.2% erreicht (CR 80%), wobei die Mehrzahl der Patienten nur einen Zyklus zum Erreichen der CR benötigte. Bemerkenswert hierbei ist die Tatsache, daß dies mit 2-CdA bei der Mehrzahl der Patienten schon nach einem Zyklus möglich war, ein Phänomen, welches in der Chemotherapie bei Krebspatienten nicht häufig vorkommt. Demgegenüber steht die komplette Remissionsrate von 20% bei den mit Interferon therapierten Patienten. In unserer Befragung hatten zum Zeitpunkt der Datenerhebung 50% der Interferonpatienten ein Rezidiv erlitten. Hierbei konnten mit der Anwendung von 2-CdA (bzw. DCF) bei Nicht-Ansprechen, Progression oder Rezidiv gute Erfolgsraten erzielt werden. Auch diejenigen Patienten, die unter Interferon nachweislich kein Ansprechen zeigten, konnten mit 2-CdA erfolgreich therapiert werden. Jedoch ist hier zu vermerken, daß lange stabile Verläufe (ohne Rezidiv oder Progression) unter Interferon möglich sind. So fanden sich Patienten, die über Jahre (bis 15 Jahre) unter IFN in einer stabilen kompletten Remission lebten. Die Überlegenheit von 2-CdA bezüglich des Erfolges der Therapie spiegelt sich nicht nur in den Remissionsraten wider, sondern auch in der subjektiven Einschätzung der Verträglichkeit, dem Profit und der Verbesserung der Lebensqualität durch die Patienten selbst. Demnach wurde von 67% der mit 2-CdA behandelten Patienten angegeben, das Medikament gut vertragen zu haben, gegenüber 45% in der Interferon-Gruppe. Es gaben mehr Patienten aus der Interferon-Gruppe eine schlechte Verträglichkeit dieser Therapie an. Dieser Unterschied bezüglich der Verträglichkeit war statistisch signifikant. Patienten, die sich bei den Therapien unterziehen mußten, gaben an, bezüglich Krankheitsbekämpfung (80%) und Verbesserung der Lebensqualität (87%) vom 2-CdA eher profitiert zu haben. Auch das Nebenwirkungsspektrum aus den Patientenfragebögen scheint unter Interferon deutlich größer zu sein (p=0.081), wobei unter 2-CdA vor allem das Fieber und Zytopenien dominieren. 28% gaben hier keinerlei Nebenwirkungen an, gegenüber 16% aus der Interferongruppe. Bei letzteren dominierte vor allem die Müdigkeit, Muskel-/Gelenkschmerzen sowie die Injektionen selbst, die als unangenehm empfunden wurden. Bezüglich der objektivierten Einschätzung der Lebensqualität mittels des EORTCC30 Fragebogens, ist bemerkenswert, daß insgesamt in beiden Gruppen über 60% der Fragen von je 70-100% der Patienten mit gut beantwortet wurde (Fisher's exact test). Lediglich die Frage nach der körperlichen Belastbarkeit zeigt eine signifikante Überlegenheit von 2-CdA gegenüber Interferon (p=0.039). Die spezifische Auswertung nach dem EORTC QLQ-C30 Scoring Manual ermöglicht den Vergleich der Lebensqualität der HZL-Patienten mit der Normalbevölkerung. Hier erreicht die 2-CdA-Gruppe einen annähernd mit der Normalbevölkerung vergleichbaren QoL-Score (88 versus 92), aber auch die Interferon-Patienten weisen mit 80 Punkten ein hohes Niveau der körperlichen Belastbarkeit auf. Deutliche Unterschiede zwischen HZL-Patienten und der Normalbevölkerung zeigen sich in den Symptomenkomplexen Müdigkeit, Schmerzen und Schlafstörungen, aber auch in allen anderen Bereichen der Lebensqualität zeigt das gesunde Personenkollektiv eine deutlich höhere Punktzahl. Auffällig ist die Einschätzung der allgemeinen Lebensqualität, die bei der Normalbevölkerung deutlich höher liegt. Die Einschätzung der Lebensqualität der HZL-Patienten unterscheidet sich mit 59 bzw. 61 Punkten deutlich von der Normalbevölkerung (73 Punkte). Auffällig ist die Ermittlung der besseren Lebensqualität der 2-CdA Gruppe gegenüber der Interferon-Gruppe bei den Patienten, die aktuell bzw. innerhalb der letzten 3 Jahre eine Therapie durchmachten. Auch der Vergleich des Patientenkollektivs, das 2-CdA als Ersttherapie erhalten hatte mit dem, welches 2-CdA als Second-line Therapie nach erfolglosem Interferonversuch erhielt, schneidet die 2. Gruppe (2-CdA nach durchgemachter Interferontherapie) in dem Scoring wesentlich schlechter ab. Die Frage nach der Heilung der HZL durch 2-CdA ist bisweilen noch nicht beantwortet worden, obwohl die Tatsache, daß langjährige komplette Remissionen mit Erlangung einer nahezu normalen Lebensqualität nach einem einzigen Zyklus mit minimaler Belastung der Patienten an die Möglichkeit der Heilung denken lassen könnte. Wie bereits in dem Kapitel "Minimal Residual Disease" beschrieben, weisen ca. 10-50% der Patienten mit CR Anzeichen für Restbestände der malignen Zellen im Knochenmark auf, die nachweislich zu einem Rezidiv prädispositionieren. 107• lOB. 112, 124 Ob Patienten mit einer nachgewiesenen minimalen Resterkrankung trotz CR von einem 2. Zyklus 2-CdA profitieren würden, müßte in weiterführenden Untersuchungen geklärt werden. Da diese Therapie mit einer erheblichen Immunsuppression einhergeht, wäre der Anschluß eines 2. Zyklus bei Entdeckung der minimalen Resterkrankung erst nach Erholung der CD4-Zellen nach 6 Monaten sinnvoll. Trotz der kontroversen Diskussionen über die HZL als potentiell heilbare Krankheit, gilt als gesichert, daß durch die Einführung von 2-CdA ein Durchbruch in der Behandlung der HZL gelungen ist. Eine fast 100%ige Erfolgswahrscheinlichkeit mit nur einem Zyklus des Purinanalogons mit langen Remissionszeiten und relativ niedriger Rezidivquote ermöglichen den betroffenen Patienten wahrscheinlich eine fast normale Lebenserwartung mit einer relativ hohen Lebensqualität.
Der Status epilepticus (SE) stellt eine schwerwiegende akute Erkrankung dar, die eine frühzeitige und gezielte Therapie erfordert. Insbesondere der refraktäre SE (RSE) sowie der superrefraktäre SE (SRSE) sind bereits bei jungen Menschen eine interdisziplinäre therapeutische Herausforderung. Bei Patienten in höherem Lebensalter sind hierbei weitere relevante Aspekte zu beachten, die sich einerseits aufgrund einer abweichenden Pharmakokinetik und -dynamik ergeben, andererseits aber auch aus Komorbiditäten, Polypharmazie und möglichen medizinischen Therapielimitationen bzw. Patientenpräferenzen resultieren. Ziel dieses Artikels ist es, diese besonderen Aspekte im Rahmen der SE-Versorgung älterer Menschen aufzuarbeiten und potenzielle Therapiestrategien jenseits der Leitlinie aufzuzeigen. Insbesondere wird hierbei auf alternative Applikationswege und mögliche konservative Eskalationsformen der Therapie eingegangen, die v. a. bei relevant vorerkrankten Patienten von Bedeutung sind, bei denen eine intensivmedizinische Behandlung die ohnehin schon hohe Mortalität des SE im gehobenen Alter weiter erhöhen würde. Mit unterschiedlichen parenteralen Applikationsformen von Benzodiazepinen im SE sowie dem mittlerweile gut beschriebenen Einsatz weiterer Antikonvulsiva wie Brivaracetam, Perampanel, Stiripentol, Topiramat und Zonisamid in RSE und SRSE stehen auch für diese vulnerable Patientengruppe adäquate Therapieoptionen zur Verfügung. Nichtsdestotrotz sollte in der Therapie des SE im gehobenen Alter insbesondere in Anbetracht der per se hohen Mortalität verstärkt auf Patientenpräferenzen und medizinethische Aspekte geachtet werden.
Therapeutische Konzepte der Radioiodtherapie bei der Autoimmunhyperthyreose vom Typ Morbus Basedow
(2004)
In der vorliegenden Arbeit wurden retrospektiv Ergebnisse einer Radioiodtherapie bei 126 konsekutiven Patienten (19 Männer; 107 Frauen, Alter 50,9±14,6, Median 51,5 Jahre) analysiert, die im Zeitraum von 1992 bis 2001 wegen einer Autoimmuthyreopathie vom Typ M. Basedow in der Klinik für Nuklearmedizin der Gutenberg Universität Mainz behandelt wurden. Ziel der Arbeit war es, die Effektivität unterschiedlicher Therapieansätze zu vergleichen sowie Faktoren, welche einen Einfluss auf die Therapieergebnisse haben könnten, zu ermitteln, wobei Anamnese, Schilddrüsenvolumen, Stoffwechsellage und Thyreostase zum Zeitpunkt der Therapie besondere Berücksichtigung fanden. Bei 47 Patienten erfolgte die Radioiodtherapie nach einem funktionsoptimierten Konzept mit dem Ziel (150 Gy), eine Euthyreose zu erreichen. 79 Patienten wurden nach ablativem Konzept mit dem Ziel einer posttherapeutischen Hypothyreose behandelt. Die Dosis in dieser Gruppe betrug bei 19 Patienten 200 Gy; bei 29 Patienten 250 Gy; bei 15 Patienten 275 Gy und bei 16 Patienten 300 Gy. In 21% aller Fälle erfolgte die Therapie bei Erstmanifestation, bei 15% nach dem 1. Rezidiv und bei 64 % nach dem 2. Rezidiv. Bezüglich der Thyreostase, der Stoffwechsellage und des prätherapeutischen Radioiod-Uptakes waren die Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Entsprechend den Therapiekonzepten wurde bei funktionsorientiertem Konzept im Median 372 MBq als Aktivität errechnet und 400 MBq appliziert (14,3 MBq/ml). Für Patienten mit ablativem Therapiekonzept wurden im Median 514 MBq errechnet und 600 MBq appliziert (28,6 MBq/ml). Erreicht wurden in der ersten Gruppe Organdosen zwischen 80 und 380 Gy (Median 180 Gy). Bei 7 Patienten (14%) wurde dabei der angestrebte Bereich nicht erreicht, bei 27 Patienten (57%) erreicht und bei 13 Patienten (29%) überschritten. Der Variationskoeffizient lag bei 52%. In der Gruppe mit ablativem Ziel erreichten die Organdosen 56-685 Gy (Median 275 Gy). Bei 67 der 79 Patienten (85%) lag die erreichte Dosis wie geplant oder höher, bei 12 Patienten (15%) wurde die angestrebte Dosis nicht erreicht. Nur bei 3 der 47 Patienten (6%) wurde eine Euthyreose erreicht. Eine Hyperthyreose lag dagegen bei 22 Patienten (47%) vor. 22 Patienten (47%) wiesen posttherapeutisch eine Hypothyreose auf. Dagegen waren in der Gruppe mit ablativer Therapie 61 Patienten (77%) wie erwünscht hypothyreot und 18 (23%) hatten eine Resthyperthyreose. Patienten, die nach der ablativen Radioiodtherapie eine erwünschte Hypothyreose erreichten, hatten eine kürzere eff. HWZ und einen höherer Radioiod-Uptake (4,7 Tage; 52%) als Therapieversager (5,4 Tage; 49%) sowie ein geringeres Schilddrüsenvolumen nach der Behandlung (7,2±4,7 vs. 21,5±13,3 ml). Zehn Patienten nach ablativer Therapie (n=10) hatten trotz erreichter Dosis >250 Gy eine Resthyperthyreose. Das Schilddrüsenvolumen lag bei diesen Patienten zwischen 14 und 70 ml (Mittelwert: 29,5 ml). Die posttherapeutische Volumenreduktion war bei funktionsorientierter Therapie geringer als bei ablativem Konzept (um 55% vs. 65%). Die TRAK und anti-TPO-AK-Titer waren in beiden Gruppen gegenüber dem Ausgangswert angestiegen. Dabei waren die posttherapeutischen Konzentrationen bei funktionsoptimiertem Konzept höher als nach ablativer Therapie. Die Radioiodtherapie wurde in beiden Gruppen gut toleriert. Beschwerden durch eine strahleninduzierte Thyreoiditis zeigten sich bei 13 Patienten (10%), die mit Eiskrawatte und nichtsteroidale Antiphlogistika behandelt wurden. Unter Cortisonprophylaxe (n=29) wurde nur bei einem Patienten eine Verschlechterung der vorbestehenden EO beobachtet. Das Schilddrüsenvolumen wurde als wesentlicher, den Therapieerfolg bestimmender Parameter bei ablativem Konzept in der multivariaten Analyse identifiziert. So hatten Patienten mit einem Schilddrüsenvolumen ab 25 ml ein 10-fach höheres Risiko für ein Versagen der Radioiodtherapie in Relation zu Patienten, die eine Schilddrüse <25 ml hatten. Die Radioiodtherapie mit ablativen Dosen erweist sich in einem Iodmangelgebiet gegenüber der funktionsorientierten Behandlung als eine effektivere Therapie. Dieses Konzept geht mit niedrigerem Risiko der Verschlechterung einer vorbestehenden EO (unter Cortisonprophylaxe) einher. Es stellt sich bei diesem Konzept heraus, dass die Thyreostase in niedriger Dosierung keinen bedeutenden Einfluss auf den Therapieerfolg hatte. Die Auswertung der Daten bestätigt, dass die aktuell verwendete individuelle Dosisplanung mittels Radioiodtest eine präzise Abschätzung der notwendigen Aktivität erlaubt. Ausgehend von Ergebnissen diese Studie erscheint bei ablativem Konzept eine volumenadaptierte Korrektur der Zieldosis sinnvoll: während bei Schilddrüsenvolumina zwischen 25-40 ml eine Dosis von 250 Gy (entsprechend aktuellen Empfehlungen der Leitlinie der DGN) optimal ist, sollten bei Volumina > 40 ml höhere Zieldosen gewählt werden. Bei Patienten mit Schilddrüsenvolumina < 20 ml ist eine Dosis von 200 Gy ausreichend.
Einleitung: Das Pseudoaneurysma (PSA) stellt eine der häufigsten Komplikationen nach arteriellen Punktionen dar. Dabei unterscheiden sich die Komplikationsraten kathetergestützter Verfahren bei diagnostischen Eingriffen deutlich von jenen bei therapeutischen Eingriffen. Zur Behandlung des Pseudoaneurysmas steht eine große Bandbreite an Therapieoptionen zur Verfügung, unter anderem die ultraschallgestützte Thrombininjektion (TI) sowie die Therapie mittels konventionellem Druckverband (DV). Jedoch werden venöse Thrombosen nach der Behandlung des Pseudoaneurysmas beschrieben. Der Einfluss von Antikoagulantien (AK) und Thrombozytenaggregationshemmern (TAH) sowohl auf die Erfolgsraten der Pseudoaneurysmatherapie als auch die anschließende Entstehung venöser Thrombosen wurde bisher noch nicht analysiert.
Fragestellung: Die Effektivität des Druckverbands und der Thrombininjektion bei Patienten mit Pseudoaneurysma und damit assoziierten venösen Thrombosen wurde geprüft. Außerdem wurden die Auswirkungen von Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern auf die Erfolgsraten der Pseudoaneurysmatherapie und die damit assoziierten venösen Thrombosen untersucht.
Methoden: Es wurden von Januar 2010 bis Dezember 2018 insgesamt 468 Patienten mit Pseudoaneurysma untersucht, wovon 238 Patienten in die retrospektive Studie eingeschlossen wurden. Die Behandlung des Pseudoaneurysmas erfolgte mittels Thrombininjektion oder Druckverband. Nach Ablauf von 24 Stunden wurde der Therapieerfolg sonographisch kontrolliert, wobei auch auf das Neuauftreten venöser Beinvenenthrombosen geachtet wurde. Bei allen Patienten wurde die Medikation mit Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern zum Zeitpunkt der Pseudoaneurysmatherapie erhoben.
Ergebnisse: Die Thrombininjektion war dem Druckverband sowohl hinsichtlich des größeren Therapieerfolgs (TI 86% vs. DV 52%, p<0,001) als auch der geringeren Thromboseinzidenz (TI 7,7% vs. DV 21,3%, p=0,039) signifikant überlegen.
Insgesamt erlitten 40 der 238 Patienten eine neu aufgetretene venöse Thrombose der unteren Extremität. Auch bei Betrachtung des Einflusses von Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern erwies sich die 5 Thrombininjektion als dem Druckverband signifikant überlegen. Jedoch wurde bei der Thrombininjektion eine um 18% niedrigere Erfolgsrate unter Antikoagulation festgestellt (TIoAK 97% vs. TImAK 79%, p=0,22), wohingegen bei Druckverbandanlage unter Antikoagulation die Erfolgsrate nur um 6% geringer war (DVoAK 57% vs. DVmAK 51%, p=0,38). In Bezug auf die Thromboseraten nach Thrombininjektion bzw. Druckverband unter Antikoagulation oder Thrombozytenaggregationshemmern konnten keine signifikanten Unterschiede beobachtet werden.
Fazit: Es konnte nachgewiesen werden, dass die Thrombininjektion eine sichere Methode zur Behandlung des Pseudoaneurysmas darstellt und nach Ansicht der Autoren, bei vorhandener Expertise, primär angewandt werden sollte.
Denn die Thrombininjektion ist dem Druckverband in Bezug auf Erfolgs- und Thromboseraten signifikant überlegen. Antikoagulantien beeinträchtigen den Erfolg der Thrombininjektion stärker als den des Druckverbands, weshalb bei Notwendigkeit einer Pseudoaneurysmatherapie die Pausierung der Antikoagulantien im Rahmen einer patientenspezifischen Risiko-Nutzen-Abwägung in Betracht gezogen werden sollte.
In der vorliegenden Studie wurden Adoptierte auf Merkmale wie Selbstbewusstsein, Widerstandsfähigkeit und Bindungseinstellungen in Abhängigkeit verschiedener möglicher Einflussfaktoren wie beispielsweise Heimaufenthalten untersucht. Mittelpunkt der Forschung war die Exploration der Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen in Abhängigkeit der verschiedenen Adoptionsformen, die den Kontakt zu den leiblichen Eltern möglich machen oder verhindern. Untersuchungen an erwachsenen Adoptierten sind noch selten, ebenso gibt es keine wissenschaftlichen Studien in Deutschland, die sich mit dem Thema der Adoption befassen. Auch die Forschung auf dem Gebiet der verschiedenen Adoptionsformen und ihrer Auswirkung auf die Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen bei Adoptierten ist noch sehr jung. Dies wurde mit der vorliegenden Studie deutschlandweit erstmalig in Angriff genommen. Die Ergebnisse zeigten, dass Heimaufenthalte, je häufiger sie sind, zu einer verminderten Widerstandsfähigkeit der Adoptierten führten. Heimaufenthalte konnten als starker Prädiktor für verminderte Resilienz identifiziert werden. Ebenso sanken die Werte auf manchen Skalen der Multidimensionalen Selbstwertskala wie beispielsweise die Wertschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Adoptierte wurden mit steigender Anzahl an Heimaufenthalten neurotischer. Leider konnte aufgrund mangelhafter Angaben die Dauer der Heimaufenthalte und Aufenthalte in Pflegefamilien nicht in die Auswertung mit einbezogen werden, darüber hinaus auch nicht die Qualität der Erinnerungen an diese Heimaufenthalte. Dennoch lässt sich feststellen, dass Heimaufenthalte das Selbstwertgefühl und die Selbstsicherheit Adoptierter nachhaltig beeinträchtigen können. Sie sollten so gering wie möglich gehalten werden. Auf die Bindungseinstellungen zeigten sie keine Auswirkungen. Hier könnte zukünftig eine genauere Untersuchung des Einflusses von Heimaufenthalten erfolgen, die unter anderem die Dauer und zusätzliche Wechsel von Pflegefamilien mit einbezieht. Bezüglich der Adoptionsformen offene Adoption vs. Inkognitoadoption konnte gezeigt werden, dass es für die Entwicklung der untersuchten Persönlichkeitsmerkmale keine Rolle zu spielen scheint, ob die Adoptierten die Möglichkeit des Kontaktes zu ihren leiblichen Eltern haben oder nicht. Dennoch führte die positive Bewertung dieses Kontaktes zu besseren Ergebnissen bezüglich des Selbstwertes als die negative Bewertung des Kontaktes zu den leiblichen Eltern. Interessant ist, dass Adoptierte, die keine Kontaktmöglichkeit zu ihren leiblichen Eltern hatten, bessere Werte bezogen auf Facetten des Selbstwertgefühles zeigten als Adoptierte, die diesen Kontakt negativ bewerteten. Es scheint, als wäre es für das eigene Selbstbewusstsein gesünder, keinen Kontakt zu haben als ihn letztendlich negativ zu bewerten. Positiv empfundener Kontakt konnte das Selbstwertgefühl und die Bindungseinstellungen nicht zusätzlich verbessern. Allerdings kann keine sinnvolle Konsequenz aus diesen Ergebnissen gezogen werden. Im Voraus ist selten zu beurteilen, wie der / die Adoptierte das Treffen und den Kontakt zu den leiblichen Eltern bewerten wird. Dies hängt mit Sicherheit nicht nur vom Adoptierten selbst, sonder mitunter von einer Anzahl an Faktoren ab, nicht zuletzt von dem Vorhandensein früher Vorurteile und der Unterstützung seitens des Adoptivelternhauses. Es ist nicht verantwortlich und angemessen, aus reiner Spekulation über den möglichen Ausgang eines Kontaktes diesen im Voraus zu verhindern und dem Kind diese Möglichkeit zu versagen. Laut den Ergebnissen ist ein anderes Ereignis im Leben eines Adoptierten für sein Selbstwertgefühl und sein Bindungsverhalten entscheidender. Dies bezieht sich auf die Kommunikation der Adoptiveltern mit ihrem Kind. Wichtigster Prädiktor für ein gesundes Selbstbewusstsein und günstige Bindungseinstellungen war laut den Ergebnissen das Geständnis der Eltern über die Adoption. Eltern, die diesbezüglich offen und ehrlich ihren Kindern gegenüber waren, wurden in ihrem Erziehungsverhalten von diesen als emotional wärmer und weniger kontrollierend bewertet als Eltern, die ihre Kinder nicht über die Adoption aufgeklärt hatten. Adoptierte, die über ihre eigene Adoption nicht aufgeklärt wurden, zeigten vermindertes Selbstwertgefühl, verminderte Widerstandsfähigkeit und schlechtere Bindungseinstellungen, wobei die Skala „Nähe“, das heißt die Messung zur Fähigkeit, andere Menschen an sich heran zu lassen, Werte außerhalb des Normbereiches aufzeigte und man hier sogar von einem pathologisch veränderten Persönlichkeitsmerkmal sprechen kann. Auch das Alter bei Aufklärung spielt eine wichtige Rolle. Frühe Aufklärung über die Adoption, in der vorliegenden Studie wurde ein Zeitpunkt bis zum neunten Lebensjahr als früh definiert, führte zu höherem allgemeinen Selbstwertgefühl und einer erhöhten Widerstandsfähigkeit. Auf die Bindungseinstellungen schien der Zeitpunkt der Aufklärung keine Auswirkung zu haben. Eltern, die ihre Kinder früh über ihre Adoption informierten, wurden als weniger überbehütend und kontrollierend bewertet. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Werte bei den Rechnungen der Gruppenvergleiche, mit Ausnahme des oben erwähnten Wertes für die Skala „Nähe“ der Adult Attachment Scale, alle im Normbereich lagen. Es liegen also, auch im Vergleich mit den Normstichproben, keine Befunde vor, die bei der adoptierten Stichprobe auf Pathologien hinweisen. Zu finden sind jedoch leichte Abweichungen von der Norm, die statistisch gesehen von Signifikanz sind und auch inhaltlich wichtige Hinweise auf die Folgen von Adoption liefern. Obwohl der Großteil der Adoptierten (90.3%) über ihre Adoption aufgeklärt worden war und dies laut oben beschriebener Ergebnisse eine günstiger Faktor bezüglich der Entwicklung von Selbstwert und Bindung ist, lässt sich feststellen, dass Adoptierte im Vergleich zu den nicht adoptierten Normstichproben ein vermindertes Selbstwertgefühl und ungünstigere Bindungseinstellungen aufwiesen. Weitere Einflussfaktoren dieser Persönlichkeitsmerkmale im Leben eines Adoptierten müssten zukünftig identifiziert werden. Seelische Vorerkrankungen, wie beispielsweise eine Depression, könnten einen solchen Einflussfaktor darstellen. 20.6% der Adoptierten der vorliegenden Studie gaben an, seelisch erkrankt zu sein, darunter waren 12.1% depressiv, was zu zusätzlichen Rechnungen veranlasste. Bei diesen Berechnungen mit dem Vergleich von depressiven Adoptierten versus seelisch gesunden Adoptierten fiel auf, dass die depressive Gruppe niedrigere Werte auf Skalen des Selbstwertes und der Resilienz aufwies, sowie schlechtere Bindungseinstellungen hatte als die seelisch gesunde Gruppe. Depressive Adoptierte waren zusätzlich neurotischer und bewerteten ihre Elternhäuser als emotional kühler. Ebenso hatten sie mehr Ablehnung und Strafe durch die Mütter erfahren. Besonders hervorzuheben sind jedoch die Ergebnisse auf den Skalen der emotionalen Selbstwertschätzung und der Bindungseinstellung Angst. Hierbei lagen die Werte der depressiven adoptierten Gruppe deutlich außerhalb des Normbereichs und wiesen auf pathologisch veränderte Persönlichkeitsmerkmale hin. Depressive hatten somit deutlich schlechtere Einstellungen gegenüber sich selbst als Adoptierte, die nicht depressiv waren. Ebenso hatten sie eine sehr schlechte Selbstachtung und litten vermehrt unter Ängsten. Es bleibt also die Frage offen, inwiefern seelische Vorerkrankungen, die in der vorliegenden Studie zu einem hohen Prozentsatz vertreten waren, zu den schlechteren Ergebnissen bezüglich Selbstwert und Bindung Adoptierter im Vergleich zu Normstichproben beitragen. Es bleibt offen, ob Adoption alleine ein Risikofaktor für vermindertes Selbstbewusstsein und schlechte Bindungseinstellungen ist oder ob diese Ergebnisse nicht vielmehr durch andere Faktoren, wie seelische Erkrankungen, beeinflusst werden. Abschließend lässt sich feststellen, dass die Ehrlichkeit der Adoptiveltern und der offene Umgang mit dem Thema der Adoption entscheidend zur Bildung eines gesunden Selbstwertes und günstiger Bindungseinstellungen ihres Kindes beitragen. Ebenso sollten Adoptierte nicht lange in Unwissenheit über ihre Herkunft gelassen werden. Ein früher Zeitpunkt der Aufklärung über die eigene Adoption hat positiven Einfluss auf die Entwicklung des Selbstwertes, der Widerstandsfähigkeit und der Bindungseinstellung. Weiterhin ist zu sehen, dass die reine Kontaktmöglichkeit zu den leiblichen Eltern für die Entwicklung von Selbstwertgefühl, Resilienz und Bindung keine entscheidende Rolle zu spielen scheint. Eine offene Adoptionsform alleine, in der der Kontakt zwischen Adoptivfamilie und leiblichen Eltern von Anfang an aufrechterhalten bzw. zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen wird, scheint für die Entwicklung des Adoptivkindesnicht die entscheidende Rolle zu spielen. Interessant bleibt die Frage nach dem Einfluss von Adoption als Risikofaktor für die Entwicklung von seelischen Erkrankungen und hierunter insbesondere Depression. Ein hoher Prozentsatz der Adoptierten dieser Studie gab an, seelisch erkrankt zu sein (20.6%), die häufigste genannte Diagnose darunter war die Depression (12.1%). Die Diagnosehäufigkeiten und Prädiktoren für die Entwicklung von Depressionen müssen zukünftig genauer untersucht werden. Da es sich bei der vorliegenden Studie um eine anonymisierte Fragebogenstudie ohne zusätzliche Führung von Interviews handelte, war es nicht möglich, Fragen zu Angaben der Probanden zu beantworten und Missverständnisse zu klären. Manches Ergebnis, wie die Angabe der Probanden, depressiv zu sein, oder die Untersuchung der Anzahl von Heimaufenthalten schien sehr fraglich. Zukünftige Studien sollten zusätzlich Interviews mit den Teilnehmern beinhalten, da sich so Missverständnisse am leichtesten klären lassen und Rückfragen möglich sind. Zur Erfassung von seelischen und körperlichen Erkrankungen können Testverfahren wie das Brief Symptom Inventory (Franke 2000) und die Hospital Anxiety and Depression Scale (Lingen, Buss, Snaith 2005) verwendet werden. Die Teilnehmerzahl der Studie belief sich auf 165 Probanden. Bei 75.8% der Probanden handelte es sich um weibliche Teilnehmerinnen. Da Studien bereits belegt haben, dass das Geschlecht einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse bei Untersuchungen zu Persönlichkeitsmerkmalen hat (Freeark, Rosenberg et al.2005), müsste man die Unterteilung in männliche und weibliche Probandengruppen vornehmen. Aufgrund der zu kleinen Teilnehmerzahl an Männern konnte diesin der vorliegenden Studie nicht geschehen. Ebenso betrifft dies die Einteilung der Probanden in die Altersgruppen bei Aufklärung über die Adoption. Hier konnte aufgrund der kleinen Teilnehmerzahl nur eine Unterteilung in ein Alter bis zum neunten Lebensjahr und ab dem zehnten Lebensjahr erfolgen. Bis zum neunten Lebensjahr durchläuft das Kind jedoch wichtige Entwicklungsschritte auf den Gebieten der Bindung zu Bezugspersonen, Entwicklung eines Selbstbildes und Integration in eine Gemeinschaft, in denen das Kind die Information über die eigene Adoption unterschiedlich verarbeitet. Anhand größerer Teilnehmerzahlen kann eine genauere Einteilung in verschiedene Altersklassen auch vor dem neunten Lebensjahr erfolgen und so der optimale Zeitpunkt der Aufklärung über die Adoption genauer festgelegt werden. Ebenso wichtig wäre eine weitere Einteilung in Inlands- vs. Auslandsadoptionen. Kinder, die aus dem Ausland adoptiert wurden, haben vermehrt Integrationsschwierigkeiten aufgrund ihres andersartigen Erscheinungsbildes, die sich auch auf die Entwicklung von Selbstbewusstsein auswirken können (von Borczyskowski, Hjern et al. 2006). Dies müsste man anhand der Unterteilung in Inlands –und Auslandsadoptionen genauer untersuchen. Die Probanden der vorliegenden Studie gaben an, ein emotional wärmeres und empathischeres Elternhaus gehabt zu haben als die Normstichprobe. Bei der Bewertung des Elternhauses handelt es sich jedoch lediglich um die Einschätzung der Teilnehmer, es ist eine subjektive Bewertung. Über die Qualität der Elternhäuser an sich kann man aus objektiver Sicht keine Aussage machen. Weitere Testverfahren zur Messung der Beziehungsqualitäten zwischen den Adoptierten und ihren Eltern und/oder der Persönlichkeitsmerkmale der Adoptiveltern müssten hierfür herangezogen werden. Ebenso wenig kann mit der Adult Attachment Scale das tatsächliche Bindungsverhalten gemessen werden. Vielmehr gibt dieses Testverfahren einen Hinweis auf die Bindungseinstellungen der Probanden. Zur Untersuchung von Bindungsverhalten liegen keine Testverfahren in Fragebogenform vor, dies müsste auf andere Weise erfolgen, beispielsweise mit Hilfe des Adult Attachment Interviews. Es lässt sich also feststellen, dass zur genaueren Untersuchung von Adoptierten eine größere Teilnehmerzahl erforderlich wird. Eine erweiterte Testbatterie und die Führung von Interviews können Missverständnisse und offene Fragen aus dem Weg räumen und ermöglichen so eine differenziertere Auswertung der Ergebnisse.
Test-Retest-Reliabilität der Präpulsinhibition (PPI) und PPI-Korrelation mit dem Arbeitsgedächtnis
(2023)
Sensomotorisches Gating – ein Mechanismus zur Filterung des sensorischen Inputs und zur Regulierung des motorischen Outputs – wird experimentell durch die Präpulsinhibition (PPI) der akustisch ausgelösten Schreckreaktion (ASR) operatio-nalisiert. Frühere Studien deuten auf eine hohe Test-Retest-Reliabilität der PPI und eine mögliche Korrelation mit dem Arbeitsgedächtnis (engl. Working Memory (WM)) hin. Ziel dieser Studie war es, die Test-Retest-Reliabilität der PPI bei ge-sunden Menschen und ihre Korrelation mit der Leistung des WM zu überprüfen. Hier wurde ein akustisches Schreckreiz-PPI-Paradigma mit vier verschiedenen Präpuls-Intensitäten (64, 68, 72 und 76 dB(A)) und zwei verschiedene WM-Aufgaben (n-back, Change-Detection-Task (CDT)) verwendet. Es konnte eine ho-he Retest-Reliabilität der PPI mit einer mittleren Intraklassenkorrelation (engl. In-traclass Correlation (ICC)) von >.80 und eine signifikante positive Korrelation der PPI mit der n-back-, aber nicht mit der CDT-Leistung bestätigt werden. Eine detail-lierte Analyse zeigte, dass die PPI über alle Präpulsintensitäten hinweg sowohl mit den 2-back- als auch mit den 0-back-Bedingungen signifikant korrelierte, was auf eine Regulation durch konditionsübergreifende Prozesse (z. B. Aufmerksamkeit) schließen lässt. Wird jedoch die 0-back-Komponente aus den 2-back-Daten aus-partialisiert, sind spezifische und signifikante Korrelationen mit der Arbeitsgedächt-nisleistung für die 76 dB(A) PPI-Bedingung zu finden. Mit der vorliegenden Studie konnte die hohe Test-Retest-Reliabilität der PPI beim Menschen bestätigt und die Korrelation mit der Arbeitsgedächtnisleistung validiert und erweitert werden.
Hintergrund: In den vergangenen 10 Jahren wurden an verschiedenen Epilepsiezentren in Deutschland (Bochum, Erlangen, Greifswald, Berlin Brandenburg, Frankfurt Rhein-Main) Projekte entwickelt, die sich mit telemedizinischen Arzt-zu-Arzt-Anwendungen im Bereich der Epilepsieversorgung beschäftigen.
Ziel der Arbeit: Im Folgenden wird ein Überblick über die aktuell laufenden telemedizinischen Projekte in der Epilepsieversorgung in Deutschland gegeben.
Material und Methoden: Die Verantwortlichen der einzelnen Projekte stellen ihr Projekt anhand einer vorgegebenen Struktur dar.
Ergebnisse und Diskussion: In allen Projekten konnte gezeigt werden, dass eine technische Lösung für die telemedizinische Arzt-zu-Arzt Anwendung im Bereich Epileptologie geschaffen werden kann. Die dargestellten Projekte unterscheiden sich zum Teil hinsichtlich des Zieles und der Umsetzung, zum Teil zeigen sich Übereinstimmungen. Perspektivisches Ziel ist es, aus den Erfahrungen der einzelnen Projekte eine gemeinsame Strategie zur Förderung epileptologischer Telemedizin und ihrer Überführung in die Regelversorgung zu entwickeln.
Telemedizinische Arzt-zu-Arzt-Anwendungen in der Epilepsieversorgung können helfen, die spezielle Expertise von neurologischen oder pädiatrischen EpileptologInnen flächendeckend vorzuhalten, da sie es ermöglichen, medizinische Leistung über Distanzen hinweg zu erbringen. Sowohl national als auch international werden hierzu verschiedene Lösungsansätze entwickelt. Herausforderungen begegnet man auf organisatorischer, technischer, rechtlicher und ökonomischer Ebene, sodass die langfristige Perspektive der einzelnen aktuellen Lösungsansätze noch unklar ist. Letztendlich bedarf es der Entwicklung von Betriebsmodellen, bei denen alle Akteure (Konsilgeber, Konsilanforderer, Patient, Kostenträger, Betreiber der telemedizinischen Plattform und ggf. auch die jeweilige Fachgesellschaft) jeweils den spezifischen Nutzen und die Risiken abwägen.