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Heimatklänge
(2008)
Wenn im Film gejodelt wird, darf man fast sicher sein: Dieser Film spielt in der Schweiz. Kaum ein Gesangsstil ist so eng mit einem Herkunftsland verbunden wie das Jodeln – was historisch zwar nicht stimmt, gleichwohl zu den stabilsten musikalischen National- und Landschaftsstereotypen rechnet. Auch HEIMATKLÄNGE schmiegt sich an dieses Klischee an – das erste Bild des Films, eine langsame Fahrt über das Nebelmeer in den Tälern hinweg auf ein gewaltiges Bergmassiv, unterlegt mit der so typisch scheinenden Jodelmusik. Der Film wird sich von dem Klischee freimachen, das eine so feste Beziehung von Musik und Landschaft zu behaupten scheint, ein Feststehen der traditionellen Klänge, als gehörten sie dem Naturlaut zu.
Herbert Windt (1894-1965)
(2010)
Herbert Windt wurde am 15.9.1894 in Senftenberg in der Niederlausitz als Sohn eines Kaufmanns geboren. Seine Familie war sehr musikalisch veranlagt und brachte ihn schon früh zum Klavierspiel und zum Notenstudium. Als junger Mann verließ er die Schule und ging 1910 an das Sternsche Konservatorium, wo er bis zu seiner freiwilligen Meldung zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg im Sommer 1914 studierte. 1917 wurde er als Feldwebel bei Verdun so schwer verwundet, dass er zu 75% als kriegsbeschädigt galt und eine Karriere als Dirigent oder Pianist nicht mehr in Frage kam. Windt studierte daher ab 1921 unter dem renommierten Opernkomponisten Franz Schreker an der Hochschule für Musik in Berlin weiter und widmete sich zusehends eigenen Kompositionen, von denen die Oper Andromache (1932) die bedeutendste ist (obgleich sie nur vier Aufführungen erlebte).
'The Truman Show' bietet jede Menge an großen und ernsten Themen und Lesarten: Kritik am Reality–TV und an den modernen Massenmedien allgemein, sowohl an den Machern wie am Publikum, eine religiöse Allegorie oder eine auf Vater–Sohn–Beziehungen, eine Reflexion über das Verhältnis von Autor und fiktionaler Figur oder eine über die soziale und institutionelle Kontrolle unseres alltäglichen Lebens… Aber es ist auch ein Film über die Freude am Spiel mit filmischen Strukturen, in diesem Falle das Spiel mit den Strukturen filmischer Erzählung resp. mit den Ebenen von Fiktionalität, die jedem fiktionalen Text inhärent sind. Beide Elemente, thematischer Ernst und formales Spiel, sind dicht ineinander verwoben.
Hopscotch
(2008)
Der Agent Miles Kendig (Walter Matthau) ist seit über zwanzig Jahren als Agent beim CIA tätig. Auf dem Münchner Oktoberfest sprengt er einen sowjetischen Spionagering. Sein Chef G.P. Myerson (Ned Beatty), ein intellektuell eher beschränkter, latent gewalttätiger Bürokrat, wirft ihm vor, er habe seinen alten KGB-Rivalen Yaskov (Herbert Lom) absichtlich entkommen lassen. Als Strafe dafür wird Kendig ins Archiv versetzt. Das allerdings kränkt ihn dermaßen, dass er auf Rache sinnt und nun beginnt, ein brisantes Buch über seine langen Jahre bei der CIA zu schreiben. Hierzu reist er zu Beginn des Films nach Salzburg, um dort seine ehemalige Geliebte Isobel von Schmidt (Glenda Jackson) als helfende Hand für dieses Projekt zu gewinnen. Als die ersten Manuskripte in Washington bei Myerson eintreffen, setzt dieser Kendigs Vertrauten Joe Cutter (Sam Waterson) auf den untergetauchten Agenten an, um ihn zum Schweigen zu bringen. Bei dem nun folgenden Katz-und-Maus-Spiel - einer Jagd rund um den Globus - ist Agent Kendig seinen Verfolgern immer um eine Nasenlänge voraus. Am Schluss schafft er es tatsächlich, nicht nur zu überleben, sondern auch seine Memoiren zu veröffentlichen.
Die Struktur moderner Videoclips ist nicht neu. Schon im 16. Jahrhundert versuchte man mit Instrumenten wie dem optischen Cembalo Optisches und Akustisches zu koppeln. Seit über einem halben Jahrhundert versuchen Künstler folglich Bild und Musik zu vereinen. Besonders in den so genannten Konzept-Videos der elektronischen Musik, bei denen Bild und Ton eine Synthese eingehen und die Musik sichtbar gemacht wird, steht der Satz „Ich sehe Musik“ Pate für die Übersetzung der Musik in Bilder. Neben dem Verschwinden des Interpreten aus dem elektronischen Musik-Video ist die Inszenierung von Körperlichkeit ein Thema der Elektroclips – Körper werden häufig in Rückgriff auf die Bilderwelten des Horror- und Rauschfilms visualisiert: dekonstruiert und deformiert. Dies hängt mit den ideologischen Implikationen der elektronischen Musik zusammen, die sich scheinbar am präzisesten innerhalb dieser Bilderwelten artikulieren lassen. Wie dies geschieht, soll hier anhand von Beispielvideos untersucht werden.
Ich möchte mich in der Analyse der Musik in 'The Truman Show' auf das Zusammenspiel von Dramaturgie und Musik konzentrieren. Im Zentrum steht die Frage, welche Informationen - wenn überhaupt - der Film über die Musik vermittelt, an welchen Stellen und in welchen Funktionen Musik nicht bloß als Untermalung und Verstärkung von Emotion eingesetzt wird, sondern um Inhalte des Films zu transportieren. Dabei komme ich nicht umhin, meine eigene Lesart des Films einzubringen. Am Anfang stehen bei einem mehr als zehn Jahre alten Film, der allgemein als 'Medienkritik' interpretiert wird, die Erinnerung an die Jahre, in denen der Film produziert wurde.
Robert Altman verwendet in seinen Filmen außerordentlich vielfältige Arten von Musik, die häufig auf das Setting, die Zeit oder das Thema des Films abgestimmt sind. So findet sich in seinem OEuvre selten für den Film komponierte Originalmusik (score), die in Anlehnung an die europäische Konzerttradition des 19. und 20. Jahrhunderts mit großem Orchester eingespielt wird; vielmehr wird häufig auf bereits existierende Aufnahmen (soundtrack) zurückgegriffen oder es werden neue Aufnahmen in Bezug zu einer bestehenden Musiktradition gesetzt und für den Film produziert.
Jirí Šust (1919 - 1995)
(2008)
Der tschechische Komponist Jirí Šust (29.8.1919-30.4.1995) hat immer wieder mit den gleichen Regisseuren zusammengearbeitet - mit Borivoj Zeman, Jirí Krejcík, Ivo Toman, Vera Chytilova und vor allem mit Jirí Menzel, für den er in einer 30jährigen Zusammenarbeit elf Filme musikalisch ausgestattet hat. Šust begann ein Studium der Musik (Klavier und Komposition) in Moskau, musste zu Beginn des Zweiten Weltkriegs aber nach Prag zurückkehren, wo er nur noch „Komposition“ studierte. Bereits 1941 entstanden erste Werbefilm-Musiken; bis 1946, als Šust zu den Barrandov-Studios und zum Filmstudio der Armee kam, waren bereits 14 Filmmusiken entstanden. Die Fähigkeit Šusts, sich auf dramaturgische Konflikte einstellen zu können, zudem sein Sensorium für historische Stile und die mehrfach gerühmte Fähigkeit, faschistische Musiken präzise neu komponieren zu können, sorgten dafür, dass er bis in die 1960er hinein immer wieder Filmmusiken für Projekte der Barrandov-Studios schreiben konnte.
John Mervyn („Jock“) Addison wurde am 16.3.1920 in einem südlichen Vorort Londons - in West Chobham, Surrey - geboren. Er starb am 7.12.1998 in Bennington, Vermont, in den USA. Als Komponist fand er vor allem mit seiner Filmmusik Beachtung. Addison studierte Komposition am Royal College of Music in London, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. (Addison sollte von 1951-1958 als Lehrer für Komposition am RCM arbeiten.) Addison wurde sofort eingezogen. 1944 wurde er als Panzerkommandant bei Caën in Frankreich schwer verwundet. Insofern er nach seiner Genesung im britischen 30. Korps diente, das bei den Kämpfen um Arnheim 1944 eine zentrale Rolle spielte (ohne dass Addison darin verwickelt gewesen wäre), ist die Musik zu Richard Attenboroughs A BRIDGE TOO FAR (DIE BRÜCKE VON ARNHEIM, Großbritannien 1977) sicher auch lesbar als ein Stückchen zufälliger Autobiografie.
In seinem Aufsatz Nach wie vor Wunschbild: Beethoven als Chauvinist vertritt Albrecht Riethmüller (2003, 97) die Position, Beethovens Musik erleide in Stanley Kubricks (GB 1971) Verfilmung von Anthony Burgess' (1962) Roman A Clockwork Orange das "Schicksal, als Droge quasi zur männlichen Gewaltausübung (Machismo) und damit als Gewaltverherrlichung schlechthin verstanden, genauer gesagt, mißverstanden zu werden".
Die unter dem Titel Composing for the Film 1947 erstmals bei der Oxford University Press in New York erschienene Schrift ist weitaus mehr als eine Einführung in die für Filmmusik gängigen Kompositionstechniken. Der deutsche Titel Kompositionen für den Film mag bereits den Anspruch verdeutlichen, den das Buch stellt, denn von Kompositionen soll hier die Rede sein, von Musik also, die zum Film, am Film komponiert wird. Unter diesem Titel erschien die nachfolgende, von Hanns Eisler 1949 in Ostberlin publizierte und 1969 von Adorno veröffentlichte Ausgabe, welche um wenige Stellen erweitert in die Gesamtausgabe der Schriften Adornos Eingang fand.
Krzysztof Komeda wurde am 27.4.1931 als Krzysztof Trzcinski in Posen geboren. Komeda war einer der bekanntesten polnischen Jazz-Pianisten, der weltweit bekannt war - nicht zuletzt durch diverse Filmmusiken, die er unter anderem für Filme Roman Polanskis schrieb. Er bekam schon als Kind Klavierunterricht. Er wurde als Achtjähriger Schüler am Konservatorium in Posen (Klavierunterricht und Musiktheorie) unterrichtet. Nach dem Krieg nahm er das Medizinstudium auf, wurde Hals-Nasen-Ohr-Arzt. Noch während des Studiums bekam er Kontakt zur Krakauer Jazzszene. Er begann Bebop und zeitgenössischen Jazz zu spielen. Mit einem Sextett trat er im August 1956 auf dem 1. Jazz-Festival in Sopot auf. Seitdem benutzte er den Namen Komeda, wenn er als Jazzmusiker auftrat. Inhaltlich gilt das Repertoire des Komeda-Sextetts als Synthese der damals führenden Jazz-Gruppen Europas wie The Gerry Mulligan Quartet und Modern Jazz Quartet. Bis zu seinem Tode folgten eine Reihe von Auftritten im Inund Ausland (darunter Konzerte in Moskau, Grenoble und Paris).
Der Film REQUIEM scheint auf den ersten Blick für Zwecke der Filmmusikforschung ungeeignet zu sein. Im Verlauf des narrativen Geschehens wird weder die Musik eines Requiems einprägsam, noch fällt die Komposition eines Filmkomponisten ins Gewicht. Was REQUIEM für eine filmmusikalische Untersuchung allerdings interessant werden lässt, ist der Bezug zwischen der nicht-hörbaren Musik eines Requiems und hörbaren Rockmusiken aus den 1970er Jahren, wodurch im Film ein agonisches körperliches Geschehen seinen Ausdruck findet.
La Paloma
(2009)
Es gibt Lieder, die ein Eigenleben entfalten. Man nennt sie oft „Evergreens“, ein Begriff des „Denglischen“, der nur im Deutschen Lieder bezeichnet, die „immergrün“ - also: immer-neu - zu bleiben scheinen. Ein Evergreen ist ein „trotz seines Alters in den Medien immer wieder gespielten und vom Publikum gerne gehörten Popsong, ein Lied oder schlagerähnliches Chanson der leichten Muse“ (Wikipedia). Manchmal wird behauptet, „oldies“ seien etwas ähnliches wie Evergreens - doch das stimmt nur bedingt. Oldies zeigen, dass sie alt sind; sie rufen biographische Erinnerungen hervor, zeigen vergangene Popmusik-Stile und -Szenarien an; und selbst dann, wenn sie lebendige Gedächtnisspuren aktivieren, also z.B. mitgesungen werden können, sind sie deshalb noch keine Evergreens. Näher kommt dem Evergreen das aus der Jazzmusik bekannte Konzept des „Standards“ - hier sind Lieder oder Stücke gemeint, die zu immer neuen Neueinspielungen einladen und die darum lebendig bleiben.
Im Mai 1969 veröffentlichten The Who ihr Album Tommy. Zum ersten Mal in der Rockgeschichte erzählten die 24 Lieder auf vier Plattenseiten eine einzige Geschichte über ein taubes, stummes und blindes Kind, das zum spirituellen Guru wurde. Sofort bekam das Werk, das mit einem "Libretto" verkauft wurde, den pompösen Namen Rock Opera (auch wenn es eher die Bezeichnung Kantate und nicht Oper verdient hätte); kurz nach seiner Veröffentlichung begann die Band, die Lieder des "Tommy" gerufenen Kindes live in den Vereinigten Staaten und England zu präsentieren. Die ersten Aufnahmen von Teilen von Tommy auf einer Bühne datieren aus diesem Sommer, als The Who die Chance hatten, ihre Show auf dem Woodstock-Festival vorzustellen. Ein Jahr später, zum Zeitpunkt der Aufzeichnung des Konzerts auf der Isle of Wight, war die Band somit bereits fast anderthalb Jahre unterwegs auf Tour und hatte sich zu einer der überzeugendsten Live-Acts der Rockgeschichte entwickelt. 1969 hatte die Band schon einmal auf dem Isle-of-Wight-Festival vor damals 100.000 Zuschauern gespielt. Als The Who die Bühne am 30. August 1970 um zwei Uhr morgens betraten, wartete eine 600.000-köpfige Menschenmenge auf sie.
Lisztomania
(2008)
Eine der schillerndsten Figuren des Musikfilms ist der Engländer Ken Russell. Der 1927 geborene Regisseur produzierte seit 1958 eine ganze Reihe von Komponistenporträts für die BBC, ein Thema, das ihn lebenslang immer wieder beschäftigte. Schon früh warfen ihm vor allem Musikkritiker eine Respektlosigkeit im Umgang mit den Porträtierten vor, die der Sache eher schade als nütze. Russell hat sich von diesen Einwürfen nie beeindrucken lassen, sondern von Beginn an Musiker als Träger historischer Bedeutungen und als Elemente politisch-ästhetischer Diskurse zu interpretieren versucht.
Live 8
(2010)
Make Poverty History – nicht weniger als die Armut der Welt zur Vergangenheit zu erklären, war Ziel des weltweit zeitgleich stattfindenden Live-8-Konzerts vom 2. Juli 2005. In zehn unterschiedlichen Orten der G8-Staaten und im südafrikanischen Johannesburg versammelten sich ungefähr 170 Musik-Gruppen, die auf ihre Gagen für das Konzert verzichteten - ganz nach dem Motto: We don’t want your money, we want your voice. Diesen Spruch verwendete Sir Bob Geldof in der Werbung für Live 8. Die Zuschauer wurden dazu aufgefordert selbst aktiv zu werden und Botschaften mit ihrer Kritik und ihren Forderungen an den G8 Gipfel zu senden. Angelehnt war Live 8 an das legendäre LiveAid Konzert von 1985, welches damals um Spenden für Afrika warb. Im Rahmen des vom 6. bis zum 8. Juli in Schottland stattfindenden G8-Gipfels sollten die Stimmen der Zuschauer an die G8-Akteure ausgehändigt werden. Ein erklärtes Ziel von Live8 war, der Dritten Welt die Schulden zu erlassen und mindestens 25 Milliarden Entwicklungshilfe freizumachen. Nach den Konzerten konnten tatsächlich über 24 Millionen „Stimmen gegen Armut“ an die Veranstalter des G8-Gipfels übergeben werden.
Live after death
(2010)
LIVE AFTER DEATH begleitet Iron Maiden, eine der erfolgreichsten und dienstältesten Metalbands der Welt, auf ihrer World-Slavery-Tour 1984/85 zu ihrem gleichzeitig erschienenen fünften Studioalbum Powerslave. Für den Film wurde ein Konzert im März 1985 in der Long Beach Arena in Kalifornien ausgewählt. Hier spielte die Band an vier aufeinander folgenden Abenden vor insgesamt 52.000 Zuschauern. Zwei der Konzerte wurden filmisch dokumentiert, doch statt des eigentlich geplanten Zusammenschnittes wurde ein kompletter Auftritt als Film veröffentlicht.
Live Aid
(2010)
“We just got the news that this concert is being shown on 95% of the televisions on earth” – der Schauspieler und Musiker Billy Connolly hätte korrekterweise sagen sollen, dass Live Aid auf mehr als 95% der weltweit installierten Fernsehgeräte hätte empfangen werden können. Selbst mit dieser Einschränkung handelt es sich bei dem Benefizkonzert-Spektakel aber immer noch um eine der bis dahin aufwendigsten und größten Liveübertragungen der TV-Geschichte.
Vier eigensinnige Alleingänger als Mitglieder einer Rockband mit mäßigem Erfolg; dass diese Kombination eine denkbar schlechte ist, zeigte die Trennung der US-Gruppe Pixies im Jahre 1992. Vier eigensinnige Alleingänger als Mitglieder einer Rockband mit großem Erfolg; dass auch diese Kombination eine denkbar schlechte ist, das zeigt der Film 'loudQUIETloud - A film about The Pixies' nach deren Wiedervereinigung im Jahre 2004. Die fast zwölf Jahre dazwischen, in denen Musiker wie David Bowie oder Placebo Pixies-Songs neu auflegten und Hollywood den Pixies-Sound für die Filmmusik entdeckte, haben die Band zwar zu einer einflussreichen Indierock-Bands gemacht, ihre vier Mitglieder aber nur kurzzeitig reicher und - jetzt filmisch belegt - keinesfalls reifer werden lassen.