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Integrationskomik : "Odyssee" und "Wilhelm Tell" in C. F. Meyers Novelle "Der Schuss von der Kanzel"
(2016)
Für die Integrationskomik der Novelle ist das Zusammenspiel von Figuren- und Textebene ausschlaggebend. Die als fremd dargestellten, orientalisierten Figuren im Gefolge des Generals Wertmüller werden durch die Sprachkomik misslingender Kommunikation integriert (Hassan) oder aber zu imaginären Projektionen, die am realen Erscheinen der Figur vorbeigehen: Anstelle 'der Türkin' sind nur "orientalische Schemen" am Werk. Auch der General ist Gegenstand solcher Projektionen des Fremden, zugleich aber eine handlungsmächtige Mittlerfigur sowohl zwischen der sozialen Gemeinschaft von Mythikon und deren vorgestellten Fremden als auch zwischen der Figuren- und der Textebene der Integration. Über ihn läuft das Verfügbarwerden der Gründungserzählung in Mythikon; der antike Mythos, um den es dabei geht, wird speziell akzentuiert. Als Inbegriff der Reise, der Begegnung mit fremden Welten und der Heimkehr hat die 'Odyssee' einen Helden, der am Ende als Gast am eigenen Herd auftritt. So eine Gastfigur ist und bleibt auch Wertmüller, während Pfannenstiel heimisch wird. Am Ende nutzt die Erzählung die Attribute des Dunklen und Unheimlichen, mit denen die realistische Novellistik typischerweise fahrende Fremde markiert, um ihre integrative Schlüsselfigur dezidiert auszugrenzen.
Die Mädchenfigur in Rilkes Werk ist keineswegs eine singuläre Erscheinung, sondern vielmehr ein Motivkomplex, der bei genauerer Betrachtung eine stringente Entwicklung erfährt. Zum Motivkomplex gehörig sind unter anderem die lyrischen Zyklen "Mädchen-Gestalten, die Lieder der Mädchen", die in diesem Aufsatz in den Mittelpunkt gestellten "Gebete der Mädchen zur Maria" sowie der Essay "Intérieur", worin Rilke einige theoretische Überlegungen zu – wie er betont – "seinen Mädchen" anstellt. Darüber hinaus lassen sich auch Verbindungen zu weiteren einzelnen Gedichten finden. Die Entwicklungslinie der Rilkeschen Mädchenfiguren verläuft bis hin zu den beiden wesentlich später entstandenen gleichnamigen Gedichten "Die Liebende", womit sich schließlich sogar eine Schnittmenge zur Theorie der Intransitiven Liebe aufweisen lässt. In den zumeist lyrischen Texten, die dem Motivkomplex der Mädchenfiguren angehören, ist der ständige Versuch Rilkes spürbar, "seinen Mädchen" einen Sonderstatus zukommen zu lassen. Allerdings ist damit auch die weitgehend unspezifische Suche verbunden, den Rilkeschen Mädchen eine außergewöhnliche Aufgabe und Funktion zuschreiben zu können, die eben diesem Sonderstatus gerecht wird.
Im Welt-Raum des Gedichts : zu Rilkes Poetik des Bezugs mit (hauptsächlich) englischen Kontexten
(2016)
Welt ist das was man erkundet; oder das, aus dem heraus sich die Sinne sehnen, wie Rilke sein mönchisches Ich im Stunden-Buch sagen lässt. Dieses Ich konnte er sich als "Stimme einer stillen Zelle" vorstellen, "an der die Welt vorüberweht". Welt konnte für Rilke etwas Transitorisches sein oder ein Raum, angefüllt mit Städten, die ihre Bewohner der Natur entfremden; im Park sieht sie sich allenfalls zitiert, im Jardin du Luxembourg etwa. Zählt man Städtenamen auf, dann setzt man ihre magische Anziehungskraft frei; jedem Namen seine Aura, was auch für die Art zutraf, mit der Rilke Städtenamen nannte: Prag und Wien, Florenz und Rom, Moskau und Paris, Brügge und St. Petersburg. Aber London?
Rilkes sogenanntes Florenzer Tagebuch ist kein in Florenz geschriebenes Tagebuch. Zum einen entstand der Text nur zum kleineren Teil in Florenz, zum größeren in Viareggio, weshalb schon Ernst Zinn vorgeschlagen hat, ihn in "Toskanisches
Tagebuch" umzubenennen. Zum anderen erinnert er nur rudimentär an ein Tagebuch. Anders als Rilkes Schmargendorfer oder Worpsweder Tagebücher enthalten die im Frühjahr 1898 verfassten Aufzeichnungen kaum Datumsangaben, sind nicht nach Schreibtagen strukturiert und verraten nur anfangs etwas über den Tagesablauf ihres Autors. Rilke nutzt das "in weißes Kunstleder mit eingeprägten Florentiner Lilien gebundene" Buch hauptsächlich – so lautet die Grundthese dieses Beitrags – als Schreiblabor.
Im Laboratorium von Synergetics : Buckminster Fullers Lehre vom Zusammenwirken more geometrico
(2016)
Der Beitrag kann nicht mehr als eine Hinführung zu den Fragestellungen und Ergebnissen einer Synergetik und energetisch- synergetischen Geometrie sein, die Buckminster Fuller (1895–1983) in seinem Werk 'Synergetics' in zwei Bänden 1975 und 1978 zusammengefasst hat. Aber aus dieser Summa des Fullerschen Forschens und Denkens geht nicht ohne Weiteres hervor, dass die geometrischen Forschungen in einer wechselwirkenden Verbindung stehen zu Fullers eminenter Entwurfspraxis und Experimentalbauten, die er in zahllosen Workshops mit Studenten vor allem in den 1940er und 1950er Jahren errichtet und erprobt hat. Diesem experimentellen Bauen von Strukturen schien die Bezeichnung 'Architektur aus dem Laboratorium' angemessen zu sein, die Fuller für seine früheste Dokumentation verwendete. Das ambulante Laboratorium, das er immer mit sich geführt hat, um es temporär auf dem Campus einer Arts School, eines Colleges, einer Universität zu errichten, muss immer mitgedacht werden, wenn von Geometrie und Synergie die Rede ist. Fullers Laboratorium ist nicht nur das Testgelände für Konzepte und ¬eorien. Vielmehr ist seine Hands-on-Praxis in erster Linie Quelle neuer Einsichten und Basis von Erfindungen. Sie sind selbst Ergebnis eines Zusammenwirkens, nämlich des Zusammenwirkens von Menschen in einer stimulierenden Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden in einer Umgebung, die dem Experiment Raum gibt.
Auch wenn der hier vorgenommene Vergleich die gegensätzlichen Erinnerungsentwürfe der Romane besonders betont hat, ist es doch beeindruckend, von welcher Komplementarität beide Texte im Hinblick auf die von ihnen erzählten Geschichten und ihren Einsatz der Familie sind. Während die Erinnerungsarbeit Austerlitz' an der Unerzählbarkeit des Traumas einer verlorenen Vergangenheit scheitert und damit den Bruch des 'post-memory' markiert, gelingt Wackwitz nicht nur die Herstellung einer Kontinuität der Erinnerung als 'trans-memory', sondern letztlich auch die Verschiebung ihres 'Ursprungsortes'. Mithilfe eines 'erschriebenen' 'transmemory' gelingt es in 'Ein unsichtbares Land' durch den Entwurf einer männlich codierten Genealogie, die Mitläuferschaft des Großvaters in die eigene Herkunftsgeschichte zu integrieren. Dabei bedingt Wackwitz' 'Herkunftssehnsucht' seine Erkenntnisbedingungen, Gegenläufiges und Widersprüchliches muss ausgeklammert bleiben. Im Vergleich mit Austerlitz offenbart sich dabei eine hermeneutische Sehnsucht, die die Brüche zu den Erinnerungen der anderen, die auch die Erinnerungen der Opfer sind, systematisch übergeht. Ganz anders Sebalds Roman, in dem sich die Vergangenheits- und Zukunftslosigkeit der Figur Austerlitz jeder Kontinuität der Erinnerung verweigert.
Das Rilke Projekt polarisiert: Einem beachtlichen Publikumserfolg steht eine Philologie gegenüber, die das Projekt weitgehend ignoriert. [...] Das Rilke-Projekt ist ein popmusikalisches Phänomen, dessen ästhetische Grundidee darin besteht, seinen Autor als Cover aus dem literarischen Kanon auf das ihm fremde Gebiet der Unterhaltungskultur zu überführen.
Von den drei Aufenthalten Rilkes in der toskanischen Hauptstadt ist der erste von 1898 umfangreich dokumentiert durch das Florenzer Tagebuch, das in der Vision vom einsamen Schöpfer, vom alleinstehenden Künstler-Übermenschen kulminiert. Diese Vision stellt gleichsam ein Lebensprogramm für den jungen, angehenden Dichter dar, der sich auch vor der Geliebten, Lou Andreas Salome, als Poet ausweisen will. Der viel kürzere zweite Aufenthalt von 1903 erfolgt zusammen mit Clara Westhoff auf der Reise nach Rom, wo Rilke dann bis Juni 1904 bleiben wird. Nur am Rande erwähnt werden soll der dritte Aufenthalt im Jahre 1909 – mit nur wenigen Stunden Fahrtunterbrechung in der Stadt handelt es sich eher um eine Durchfahrt.
Im Hinblick auf den Zugriff auf Rilkes Poesie kommt den filmischen Zeugnissen von Wenders und Schmerberg keine sekundäre Rolle zu. Ohne die Gedichte zu entstellen oder zu verfremden, entwickeln sie auf unterschiedliche Weise eigenständige Positionen: Während Wenders einen eher freien Dialog mit der Vorlage eingeht, auf der Ebene von Anspielungen, Modernisierung und Fortschreibung operiert, setzt der Regisseur von "Poem" auf eine künstlerisch anspruchsvolle Übersetzung des Textes in das audiovisuelle Medium. Obgleich sich Rilkes poetische Konstruktionen
aufgrund ihrer Vieldeutigkeit und Offenheit spezifischen Bedeutungsfixierungen entziehen, scheint doch gerade ihr Reichtum an Bildern sowie deren bewegliche Verknüpfung für filmische Zugriffe prädestiniert. Das Zusammenspiel aus visuellen und auditiven Eindrücken verhilft der performativen Anlage der Lyrik noch zu weiterer Entfaltung.
Experiment
(2016)
Das Experiment ist ein zentraler Bestandteil des neuzeitlichen Zukunftswissens, weil Zukünftigkeit ein wesentliches Element jedes Experiments darstellt. Experimente entfalten stets ihre eigenen chronotopischen Strukturen, in denen sich Planung, Organisation und Realisierung ihrer Vorhaben abspielen. Sie erstrecken sich in der Zeit, haben notwendig eine Dauer und entwerfen von der Gegenwart des Experimentators bzw. des Beobachters aus eine Vergangenheit und eine Zukunft. Während der Blick auf das Vergangene der Vergewisserung über das Vorhandene, Geleistete und Erworbene dient, ist die Perspektive auf das Zukünftige der Antriebsmotor des Unternehmens. Sie gibt den Experimenten eine Orientierung, wobei, soll die Forschung als eine explorative, nicht als eine bloß bestätigende erfolgreich sein, man nie vorher gewusst haben kann, was später einmal das Ergebnis gewesen sein wird. Die vorausliegende, von einem unvermeidbaren Nicht-Wissen geprägte Zeit spielt in Experimenten deshalb eine entscheidende Rolle, weil in ihr sich dasjenige befindet, auf welches das Verfahren zielt: das Hypothetische, das Neue. Experimenten kommt so auch eine prognostische Komponente zu: Sie blicken in eine eigene, selbstentworfene Zukunft, sie verheißen aber auch, einen effizienten Weg zum Wissen über und zur Gestaltung von Zukunft bereit zu halten.
1777 veröffentlicht Lessing 'Über den Beweis des Geistes und der Kraft', eine seiner Streitschriften zur Bibel. Letztlich, argumentiert er hier, sei die Echtheit der Bibel gar nicht entscheidend, weil historische Tatsachen ohnehin nicht von allgemeinen Wahrheiten überzeugen könnten. Dieser Unterschied von zufälligen Geschichtswahrheiten und notwendigen Vernunftwahrheiten sei, so die berühmte Formulierung, der "garstige breite Graben" über den er nicht kommen könne, so oft und ernstlich er auch den Sprung versucht habe. So einen Graben mag einer vor sich sehen, wenn er vor einer Antrittsvorlesung steht, einem akademischen Schwellenritual, das wo keinen Sprung so doch einen entschiedenen Schritt erfordert. So einen Graben gibt es auch in der Sache: Man steht vor einem weiten Feld - in meinem Fall Kulturforschung mit Schwerpunkt Religion - dessen Grenzen sich im Ungefähren verlieren. Aber es ist nicht ganz leicht, auf dieses Feld zu kommen, es gibt Hindernisse, Schwellen, mögliche Missverständnisse - eben einen Graben. Es ist nicht mehr wie bei Lessing der Graben von Geschichte und Vernunft oder wie später bei Kierkegaard die Kluft zwischen Vernunft und Glauben. Eher schon ist es der historische Abstand, mit dem jede kulturgeschichtliche Untersuchung zu tun hat. In meinem Fall ist es auch noch ein anderer Graben, es ist der Abstand oder die Spannung von Kultur und Religion - von Forschung einmal zu schweigen -, und damit verbunden auch die Spannung von Religion und Moderne. Denn es ist nicht ganz leicht, Kultur und Religion in ein Verhältnis zu bringen, und es ist es besonders schwer in der Moderne.
The barbarian is a construct of the Other which can be distinguished from the "savage" through a certain degree of social organization and from the monstrous through its more realistic-historic outlook. Still, these categories are fuzzy and fantastic fiction – understood in a broad sense – makes new use of the barbarian people motif in a manner which makes the ideological undertones more visible despite an increased freedom from historical references. The " mob" (das Gesindel) getting out of the forests to devastate the civilized order, in 'Auf den Marmorklippen', embodies abjection in its clearest form, a violent return of the dark violent repressed. On the contrary, in the cycle of 'Dune, the Fremens' are 'barbarian' only in the eyes of the corrupt totalitarian elite of the Imperium. Despite their rough way of life, they represent a cultural order much closer to ecological harmony, which constitutes a major theme in Frank Herbert's saga. Borges' perspective, in 'The Story of the Warrior and the Female Prisoner', is not so much ethical/political as it is philosophical : the mutual fascination between the 'civilized' and the 'barbarians' is tantamount to magnetic opposites, border-crossing and meaningful otherness. These three visions of the 'barbarian' can be distinguished not only through their ideological underpinnings, but also through their narrative techniques.
Energie und Katalyse sind Schlüsselbegriffe zum Werk von Wilhelm Ostwald. Seine Naturphilosophie nannte er selber "Energetik". Für seinen Katalysebegriff erhielt er den Chemie-Nobelpreis. Nach ersten Vorlesungen in Leipzig über Naturphilosophie erschien 1908 sein Werk 'Grundriss der Naturphilosophie', in dem er ein modernes Konzept der Naturphilosophie im Rahmen der Naturwissenschaft entwirft.Im Folgenden wird dieses Programm geprüft, und Ostwalds allgemeine Gesetze sowie Prinzipien werden mit heutigen Weiterentwicklungen konfrontiert. Dabei zeigt sich, dass seine naturphilosophischen Konzepte von großer Aktualität sind.
If reductionism and a search for deterministic, predictive 'laws' of nature represented the dominant research strategy – and world view – of the scientific community during the 20th century, 'emergence' has become a major theme, if not the dominant approach in the 21st century, reflecting a major shift of focus toward the study of complexity and complex systems. However, this important 'climate change' in the scientific enterprise has been accompanied by much confusion and debate about what exactly emergence is. How do you know it when you see it? Or don't see it? What are its defining properties? Is it possible to predict emergence? And is there more to emergence than meets the eye? Beyond these meta-theoretical issues, there is a deep question that is often skirted, or even ignored. How do we explain emergence? Why does emergence emerge? Here, I will briefly recount the history of this important concept and will address some of the many questions that surround it. I will also consider the distinction between reductionist and holistic approaches to the subject, as well as the distinction between epistemological and ontological emergence (that is, the ability to deduce or predict emergence versus the concrete reality of an emergent phenomenon). I will argue that living systems are irreducibly emergent in both senses and that biological evolution has quintessentially been a creative emergent process that is fully consistent with modern (Darwinian) evolutionary theory. Furthermore, as I will explain, novel 'synergies' of various kinds have been responsible for the 'progressive' evolution of more complex living systems over time. e selective advantages associated with emergent, synergistic effects have played a major causal role in the evolutionary process.
Synergie ist heute ein Schlüsselbegriff in Wissenschaft, Kunst und Publizistik. Seine Verwendung in ökonomischen Zusammenhängen, wo "Synergieeffekte" zum Versprechen von Effizienz- und Gewinnmaximierung avancierten, ist besonders präsent. Th eoretiker und Praktiker aus so heterogenen Disziplinen wie Medizin, Naturwissenschaft, Soziologie und Ingenieurwesen greifen auf den Synergiebegriff zurück, um – allgemein gesprochen – kooperativen Mehrwert zu verdeutlichen. Stets wird die komplexe Gesamtwirkung betont, die durch Synergie hervorgerufen wird und für die der aristotelische Satz "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" gilt. Unter Rekurs auf die Erkenntnis der Übersummativität des Ganzen setzten sich Synergie-Konzepte seit den 1970er Jahren in der Systemtheorie und in interdisziplinären Forschungs- und Praxisfeldern als produktives Paradigma durch. Trotz dieser bemerkenswerten Konjunktur bleiben Genese und Bedeutung des Begriffs erstaunlich vage. Auf diese Situation reagiert der vorliegende Band. Er versammelt nicht nur Reflexionen zu Geschichte, Kontinuität und Aktualität des Synergiediskurses, sondern auch wichtige zeitgenössische Stimmen, die diesen maßgeblich mitgeprägt haben.
Im Herbst 1938 und im Frühjahr 1939 weilte Ernst Zinn (geboren 1910 in Berlin, gestorben 1990 in Tübingen), damals Hilfsassistent am Institut für Altertumskunde der Universität Berlin und gleichzeitig von Anton Kippenberg mit der Herausgabe der Werke Rainer Maria Rilkes im Insel-Verlag betraut, auf Duino. Er kollationierte dort eine Handschrift, die den Anfang der "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" in einem früheren Zustand enthält und teilweise wohl auch für das Diktat der Satzvorlage im Januar 1910 in Leipzig verwendet wurde. Rilkes Manuskript (ein Taschenbuch) vom Rest des Ersten Teils der "Aufzeichnungen" gilt als verschollen; vom Zweiten Teil ist seine Handschrift nahezu vollständig erhalten (Taschenbuch des Schweizerischen Literaturarchivs in Bern; eine Faksimile-Ausgabe erschien 2012 im Wallstein Verlag, Göttingen).
Der Bettler und das stolze Fräulein ist eine der 13 Erzählungen, die in dem – der schwedische Freundin Ellen Key gewidmeten – Prosaband "Geschichten vom lieben Gott" enthalten sind. Alle entstehen in dem Zeitraum zwischen dem 10. und 21. November 1899 und werden erstmals zu Weihnachten 1900 unter dem Titel "Vom lieben Gott und Anderes. An Große für Kinder erzählt" und 1904 in überarbeiteter Form mit dem schon genannten endgültigen Titel veröffentlicht. [...] Das ganze Werk hat dialogischen Charakter mit teilweise belehrendem Ton. Die zwölfte Erzählung, "Der Bettler und das stolze Fräulein", besteht aus einer Rahmen- und einer Binnenerzählung. Hier ist es jedoch nicht der Meister, sondern der Ich-Erzähler, der in der Rahmenerzählung die Rolle des Lehrers spielt: Er erzählt dem Meister eine Binnengeschichte, die als Lehre gelten sollte, um eine Parallele zur Rahmenhandlung zu schaffen.
Editorial : economic competence and financial literacy of young adults – status and challenges
(2016)
In modern society, the ability to deal with financial and economic matters is becoming increasingly important. This is true for both professionals – e.g., in the investment and banking sectors – and for individuals responsible for managing their financial and economic affairs in everyday life (Aprea et al., in press). This ability is generally described as economic competence, economic literacy or financial literacy. Despite the importance of these constructs, there is still a lack of clarity regarding the exact definitions, and specifically, which components they cover in detail. Furthermore, the terms economic competence and financial literacy are only loosely coupled. Economic competence is usually considered to be more comprehensive than financial literacy. However, recent research on financial literacy has followed a broader approach as well. ...
Der Beitrag untersucht die Stellung des Synergiebegriffs in naturwissenschaftlichen, besonders biologischen Erklärungen. Der langen Geschichte des Konzepts entsprechend, reichen die betrachteten Anwendungsfälle von der Antike bis in die Gegenwart. Die epistemische Rolle des Synergiebegriffs wird dabei im Kontext verwandter Begriffe diskutiert, die ebenfalls holistische Relationen bezeichnen, etwa dem des Emergenzbegriffs, mit dem aber, im Gegensatz zu 'Synergie', vom Ganzen zu den Teilen geblickt wird. Ein besonderer Fokus der Untersuchung liegt auf der Frage, wie es diesen Brückenbegriffen gelingt, eine analytische und eine synthetische Perspektive in der Betrachtung von ganzheitlichen Systemen miteinander zu verbinden.
Trans_Konzepte dienen der Beschreibung kultureller Formationen, die gegen binäre oder dichotomisierende Ordnungsstrukturen Offenheit, Vernetzung und Prozesshaftigkeit setzen. Ein großer Vorteil dieses methodischen Zugriffs liegt darin, dass das Untersuchungsfeld des ›Trans_‹ weder kulturhistorisch noch geopolitisch gebunden ist und somit auch einen innovativen Zugang zu historischen und längst kanonisierten Texten eröffnet – oder aber bereits beobachtete, textinterne Bewegungen beschreibbar macht. So lässt sich auch Ovids 'Narcissus et Echo' als Szenario der Trans_Geschlechtlichkeit lesen. Sobald man den Fokus der Lektüre nicht auf die Autoerotisierung der Hauptfigur legt, sondern den Text von seinem Ausgangspunkt her – der Vergewaltigung von Liriope durch ihren Vater – begreift, werden weitere textimmanente Prozesse sichtbar, die eine Bewegung des ›Trans_‹ abbilden. So lässt sich Narziss als eine psychische Auslagerung seiner Mutter verstehen, die sich nach dem gewaltsamen Zugriff auf ihren Körper im geschlechtlich Polyvalenten einen neuen Existenz- und Wahrnehmungsraum schafft. Narziss erscheint darin als geschlechtlich entortet und anhand mehrerer Spiegelungen nicht auf eine eindeutige 'Substanz' oder 'Natur' zurückführbar.