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Diese Dissertation befasst sich mit Validierungsstrategien von Tests zur Erfassung studentischer Kompetenzen. Kompetenzen von Studierenden werden zu verschiedenen Zwecken erhoben. Dies beginnt beim Eintritt in das Studium durch Zulassungstests und wird im Studium fortgesetzt z.B. durch Tests zur Zertifizierung von Kompetenz (Benotung von Leistung) oder zur Zuteilung auf bestimmte Kurse (Einteilung in Sprachniveaus). Neben diesen internen Tests zur Erfassung studentischer Kompetenzen werden auch externe Tests genutzt um etwa die Lehre zu verbessern (Evaluation von Veranstaltungen). Die mit dem Einsatz von Tests verbundenen Konsequenzen können sowohl für Studierende als auch Lehrpersonen und Entscheidungsträger*innen schwerwiegend sein. Daher sollten Tests wissenschaftlichen Gütekriterien genügen.
Das wichtigste Kriterium für die Beurteilung von wissenschaftlichen Tests ist Validität. In dieser Dissertation wird ein argumentationsbasiertes Validierungsansatz verfolgt. In diesem wird nicht die Validität eines Tests untersucht, sondern die Plausibilität der Interpretation beurteilt, die mit den Testwerten verbunden ist. Bislang fehlt jedoch für viele der wissenschaftlichen Tests für den deutschen Hochschulbereich ein auf die Testwertinterpretation abgestimmtes Validitätskonzept.
In dieser Arbeit wird ein Validierungsschema vorgestellt, in das übliche Testnutzen der Erfassung studentischer Kompetenzen an deutschen Hochschulen eingeordnet werden können. Die Einordnung von Testnutzen in das Schema erlaubt die Ableitung von passenden Validitätsevidenzen. Im Fokus stehen das Verhältnis von Test zu 1) Konstrukt, 2) Lehre und 3) beruflichen Anforderungen.
Das Validierungsschema wird angewandt, um Testwertinterpretationen eines empirischen Forschungsprojektes zur Erfassung von Kompetenz in Nachhaltigkeitsmanagement bei Studierenden zu validieren. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Validierung der Interpretation, dass die Testwerte von drei nachhaltigkeitsbezogenen Tests Indikatoren für hochschulisch vermittelte Kompetenz in Nachhaltigkeitsmanagement sind. Die Analysen zur Gewinnung von Validitätsevidenzen konzentrieren sich auf die Grundannahme, dass Lernfortschritte in den nachhaltigkeitsbezogenen Tests vorwiegend hochschulisch vermittelt werden. Dafür wurde ein Messwiederholungsdesign mit zwei Gruppen von Studierenden realisiert. Studierende in der Schwerpunktgruppe besuchten ein Semester lang eine reguläre Lehrveranstaltungen mit Bezug zu Nachhaltigkeitsthemen und Nachhaltigkeitsmanagement, Studierende der Kontrollgruppe besuchten keine solchen Lehrveranstaltung. Die Einteilung in Schwerpunkgruppe und Kontrollgruppe erfolgte über Analyse von Modulhandbüchern und verwendeten Lehrmaterialien. Die Ergebnisse zeigen, dass Studierende aus der Schwerpunktgruppe in zwei der drei Tests höhere Lernfortschritte zeigen als Studierende der Kontrollgruppe. Selbstberichte der Studierenden zu hochschulischen und außerhochschulischen Lerngelegenheiten lassen darauf schließen, dass Studierende der Schwerpunkgruppe auch außerhochschulisch ein höheres Interesse an Nachhaltigkeitsthemen zeigen, dies schlägt sich jedoch nicht in höherem Vorwissen in den verwendeten Tests nieder. Insgesamt wird daher für die zwei Tests mit höheren Lernfortschritten in der Schwerpunktgruppe die Interpretation als plausibel bewertet, dass die Testwerte hochschulisch vermittelte Kompetenz in Nachhaltigkeitsmanagement abbilden.
Dopaminerge Neurone sind vor allem im Mittelhirn lokalisiert und modulieren die Funktion der Basalganglien, welche eine wichtige Rolle bei motorischem, kognitivem und emotionalem Verhalten spielen. Eine Dysregulation dopaminerger Neurotransmission, speziell die veränderte Belohnungsverarbeitung, spielt eine zentrale Rolle in der Ätiopathogenese der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die im Erwachsenenalter häufig durch Komorbiditäten wie affektive Störungen, Angststörungen, Substanzgebrauch-Störungen, Persönlichkeitsstörungen oder Adipositas geprägt ist. Im Rahmen einer Teilstudie eines multizentrischen europäischen Projekts, CoCA (englisch: Comorbid Conditions in ADHD) genannt, soll die Modulation des dopaminergen Belohnungssystems bei gesunden Probanden durch einen pharmakologischen Provokationstest geprüft werden. Die funktionelle Magnetresonanztomographie (MRT) stellt hierbei ein nützliches bildgebendes Verfahren dar, das nicht-invasiv und bei hoher örtlicher Auflösung Veränderungen des sogenannten BOLD-Signals (englisch: blood oxygen level dependent) misst.
Die vorliegende Arbeit untersucht, inwiefern das dopaminerge Belohnungssystem durch einen pharmakologischen Provokationstest mit einem Dopaminagonisten sowie einem Dopaminantagonisten im Vergleich zu Placebo zu modulieren ist. Dazu wurde die BOLD-Antwort mittels funktionellem MRT während eines Gewinnspiels (Monetary Incentive Delay Tasks) mit inbegriffener Antizipations- und Feedback-Phase erforscht. Es wurde zuvor postuliert, dass sich die Aktivität belohnungsabhängiger Strukturen (wie ventrales Striatum, Putamen, Caudatus, anteriore Insula und medialer präfrontaler Kortex) während des Monetary Incentive Delay Tasks in einem pharmakologisch neutralen Haupteffekt reproduzieren lässt. Außerdem wurde ein Unterschied im Aktivitätsniveau des Belohnungssystems unter Pharmaka-Administration versus Placebo erwartet, sodass unter Amisulprid eine Dämpfung, und unter Levodopa eine Aktivitätssteigerung dessen darstellbar werden sollte.
Ein kontrolliert randomisiertes, doppelblindes Cross-over-Studiendesign, umfasste 45 gesunde Probanden, die durchschnittlich circa 23 Jahre alt (SD = 2,71 Jahre) waren. Die Studienteilnehmer absolvierten einen pharmakologischen Provokationstest mit Levodopa (100mg/ 25mg Carbidopa), Amisulprid (200mg) und Placebo sowie anschließender fMRT-Messung in einem 3 Tesla Scanner in randomisierter Reihenfolge. Die Analyse der fMRT-Daten erfolgte anhand von zwei primär definierten Kontrasten: Antizipation Gewinnbedingung > Feedback Gewinnbedingung und Antizipation Gewinnbedingung > Antizipation Kontrollbedingung zur Untersuchung von Belohnungserwartung und Feedback mittels der gemessenen BOLD-Antworten. Das verwendete GewinnspielParadigma, Monetary Incentive Delay Task genannt, erlaubt hierbei eine Beobachtung verschiedener Anteile der Belohnungsverarbeitung.
Im Haupteffekt der beiden Kontraste konnte eine signifikante BOLD-Aktivität in belohnungsabhängigen Gehirnregionen wie Putamen, anteriore Insula und Thalamus dargestellt werden. Unter Amisulprid-Administration konnte ein signifikanter dämpfender Effekt im Vergleich zu Placebo gezeigt werden. Für Levodopa ergab sich wider Erwarten jedoch kein signifikanter Unterschied im Aktivitätsniveau des Belohnungssystems.
Die vorhandenen Ergebnisse der durchgeführten Studie bieten eine Basis, die veränderte Regulation dopaminerger Neurotransmission im Rahmen psychiatrischer Erkrankungen besser zu beurteilen und weiter zu erforschen. Um ADHS mit seinen Komorbiditäten umfänglicher zu erfassen, ist es unvermeidbar, den Pathomechanismus der Dysregulation dopaminerger Neurotransmission, mit der daraus folgenden veränderten Belohnungsverarbeitung, in zukünftigen Studien genauer zu untersuchen.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung und Validierung eines Messinstrumentes zur Erfassung von psychopathischen Persönlichkeitseigenschaften, dem Fragebogen Psychopathischer Persönlichkeitseigenschaften (FPP), mit der Entwicklung eines Messinstrumentes, das antisoziales Verhalten und Kriminalität getrennt erfasst, der Checkliste für antisoziale Verhaltensweisen und Kriminalität (CAV/K) und mit der differenzierten Untersuchung der Vorhersage von Kriminalität durch psychopathische Eigenschaften.
Psychopathie ist eines der wichtigsten Konstrukte in der Vorhersage von kriminellem und antisozialem Verhalten (Hemphill, Hare & Wong, 1998). Die Konzeption der psychopathischen Persönlichkeit stellt affektive und interpersonelle Eigenschaften in den Vordergrund und definiert Kriminalität als Konsequenz statt Kernsymptom der Psychopathie (Skeem & Cooke, 2010a). Bisherige Ergebnisse zur prädiktiven Validität von psychopathischen Eigenschaften hinsichtlich krimineller Rückfälligkeit weisen allerdings darauf hin, dass affektive und interpersonelle Facetten der Psychopathie keinen Erklärungswert über eine kriminelle Vorgeschichte hinaus haben (Eher, Schilling, Mönichweger, Haubner-MacLean & Rettenberger, 2012; Walters, Knight, Grann & Dahle, 2008; Walters, Wilson & Glover, 2011). Des Weiteren wird im Rahmen der adaptiven Psychopathie postuliert, dass psychopathische Eigenschaften auch hoch ausgeprägt sein können, ohne dass sich die Personen kriminell verhalten (Hall & Benning, 2006). Ergebnisse aus einer Metananalyse eines etablierten Fragebogens zur Psychopathie, dem Psychopathic Personality Inventory (PPI; Lilienfeld & Andrews, 1996) ergaben, dass der erste von zwei Faktoren nicht mit Indizes antisozialer Verhaltensweisen korrelieren. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass der Zusammenhang zwischen Psychopathie und Kriminalität genauer untersucht werden muss, da ein Fehlen dieser Assoziation das Konstrukt Psychopathie obsolet erscheinen lässt.
Voraussetzung für die valide Untersuchung dieses Zusammenhangs ist die Verfügbarkeit von psychometrisch hochwertigen und validen Instrumenten zur Erfassung der Variablen. Die Erfassung von psychopathischen Eigenschaften im Selbstbericht ist ökonomisch und Beurteilungen fallen valide aus (Ray et al., 2013). Der Fragebogen PPI (Lilienfeld & Andrews, 1996) ist bereits gut etabliert, weist jedoch einige methodische Schwächen auf, wie z. B. eine Vielzahl von Items sowie eine schwer replizierbare Faktorenstruktur.
Deshalb wurde im ersten Schritt der Fragebogen Psychopathischer Persönlichkeitseigenschaften (FPP, Etzler & Rohrmann, 2017a, 2017b) entwickelt, der die Kritikpunkte des PPI überwindet und psychopathische Persönlichkeitseigenschaften mit hoher psychometrischer Gute misst. Der FPP erfasst sechs Facetten der Psychopathie, die theoretisch hergeleitet wurden: Fehlende Empathie, Furchtlosigkeit, Narzisstischer Egozentrismus, Impulsivität, Soziale Manipulation und Macht. Diese Facetten unterscheiden sich bis auf Furchtlosigkeit von den Skalen des PPI. Die Items sind kurz und inhaftierungsadäquat formuliert und weisen eine mittlere Situationsspezifität auf. Die Itemselektion basierte auf einer Stichprobe von n = 173 Straftätern und n = 132 Zivilpersonen, was repräsentativ für den Anwendungsbereich des FPP ist. Ergebnisse weisen auf gute psychometrische Eigenschaften, wie Itemkennwerte und Reliabilität (ω = .85) hin, auf überwiegend gleiche Messeigenschaften in Zivil- und Haftstichprobe sowie auf eine Konvergenz mit dem PPI (r = .677∗∗) in erwarteter Höhe. Erwartungskonforme Zusammenhänge mit weiteren Konstrukten, Korrelationen mit antisozialem Verhalten, Disziplinarmaßnahmen in Haft und Inhaftierung selbst unterstützen die Kriteriumsvalidität des FPP.
Die Vorhersage von Kriminalität setzt des Weiteren eine präzise Definition ebendieser Variable voraus. Allerdings wurde Kriminalität bis dato in den publizierten Studien uneinheitlich definiert und operationalisiert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde Kriminalität als soziologisches Konstrukt definiert, das maßgeblich von der Gesetzgebung des Landes und weiteren Faktoren abhängt, die außerhalb einer Person liegen (Eysenck, 1977). Demgegenüber wurde antisoziales Verhalten psychologisch definiert, als Verhalten, das anderen Personen schadet aber dem Akteur selbst von Vorteil ist. Da für die Erfassung von antisozialem Verhalten und Kriminalität bis dato noch kein Messinstrument vorliegt, wurde die Checkliste für Antisoziale Verhaltensweisen und Kriminalität (CAV/K, Etzler & Rohrmann, 2017a) entwickelt, die beide Variablen getrennt voneinander aber dennoch simultan erfasst.
Nach Bereitstellung der Definitionen und Messinstrumente wurde untersucht, wie Kriminalität durch psychopathische Eigenschaften vorhergesagt werden kann (Etzler, Rettenberger & Rohrmann, eingereicht). Im Rahmen der adaptiven Psychopathie wurde angenommen, dass Moderatorvariablen den Zusammenhang zwischen Psychopathie und Kriminalität beeinflussen, wobei verbale Intelligenz hierbei eine zentrale Rolle spielt (Wall, Sellbom & Goodwin, 2013). Antisoziales Verhalten und Kriminalität (als offizielle Verurteilung) wurden getrennt voneinander definiert. Es zeigte sich im Rahmen eines moderierten Mediationsmodells, dass psychopathische Eigenschaften antisoziales Verhalten mit hoher Präzision vorhersagen konnten, insbesondere war die Wahrscheinlichkeit, dafür verurteilt zu werden und damit offiziell kriminell zu sein höher für Personen mit niedriger verbaler Intelligenz als für Personen mit höherer Intelligenz, da für verbale Intelligenz ein protektiver Effekt hinsichtlich Kriminalität gefunden wurde.
Die vorliegende Studie verfolgt einen integrativen Ansatz, indem Eigenschaften untersucht werden, die bei Straftätern und Zivilpersonen gleichermaßen vorliegen. Der FPP kann in der Forschung als ökonomisches Instrument eingesetzt werden sowie als Screeninginstrument in der Praxis, z. B. für die Planung des Vollzugsverlaufs in Haft. Anhand der Ergebnisse des FPP können antisoziale Verhaltensweisen in vielen Kontexten (z. B. Mobbing in Unternehmen, deviantes Verhalten in Haft) vorhergesagt werden und unter Hinzunahme weiterer Moderatoren, wie etwa verbale Intelligenz, kann eine präzisere Vorhersage von Kriminalität anhand psychopathischer Eigenschaften erfolgen.
Das Strukturgleichungsmodell (SEM) wird in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften oft verwendet, um die Beziehung zwischen latenten Variablen zu modellieren. In der Analyse dieser Modelle spielt die Bewertung der Modellgüte eine wesentliche Rolle, wobei geprüft werden soll, ob das untersuchte Modell (Zielmodell) zu den erhobenen Daten passt. Dafür werden verschiedene inferenzstatistische und deskriptive Gütemaße verwendet. In nichtlinearen SEM, in denen nichtlineare Effekte, wie beispielsweise Interaktionseffekte, modelliert werden, gibt es bisher allerdings keine Verfahren, um die Modellgüte ausreichend prüfen zu können. Insbesondere der χexp2-Test ist für verschiedene nichtlineare SEM nicht geeignet (vgl. Klein & Schermelleh-Engel, 2010; Mooijaart & Satorra, 2009).
In dieser Arbeit werden zwei unterschiedliche nichtlineare SEM betrachtet. Das erste dieser Modelle wird für die Analyse von Interaktions- und quadratischen Effekten verwendet (quadratisches SEM, QSEM). Das zweite Modell ist das Heterogene Wachstumskurvenmodell (HGM; Klein & Muthén, 2006). In diesem Modell wird das latente Wachstumskurvenmodell (LGM), mit dem individuelle Wachstumsverläufe modelliert werden können, um eine heterogene Varianzkomponente des Slope-Faktors erweitert. Diese Heterogenität des Slope-Faktors ist abhängig von den Ausgangswerten und Kovariaten.
Ziel dieser Arbeit war es, die Bewertung der Modellgüte für das QSEM und das HGM zu verbessern. Für das QSEM und das HGM wurde jeweils ein globaler Modelltest entwickelt („Quasi-Likelihood-Ratio-Test“; QLRT). Darüber hinaus wurden Differenztests für diese Art der Modelle diskutiert. Außerdem wurde für beide Modelle je ein Gütemaß bereitgestellt, um fehlende Nichtlinearität, wie fehlende nichtlineare Terme bzw. fehlende Heterogenität der Slope-Varianzen, aufdecken zu können (der Homoscedastic Fit Index, HFI, für das QSEM und der hhet-Test für das HGM).
Die Entwicklung der neuen Gütemaße ist im Wesentlichen von der verwendeten Schätzmethode abhängig. Für beide Modelle, das QSEM und das HGM, wurde in dieser Arbeit die Quasi-Maximum-Likelihood-Methode (Quasi-ML-Methode; Wedderburn, 1974) ausgewählt, mit der für beide betrachteten Modelle geeignete Schätzungen erzielt werden können (Klein & Muthén, 2006, 2007). Die Quasi-ML-Methode ist vergleichbar mit der Maximum-Likelihood-Methode, berücksichtigt allerdings Fehlspezifikationen der LogLikelihood-Funktion, wie beispielsweise kleinere Abweichungen von der angenommenen Verteilung. Für das QSEM wurde im Rahmen der Entwicklung der Modelltests eine zur Schätzung von QSEM entwickelte Quasi-ML-Methode (QML-Methode; Klein & Muthén, 2007) vereinfacht zu der „simplified QML“-Methode (sQML-Methode; Büchner & Klein, 2019). Für die sQML-Methode ist es erheblich einfacher als für die QML-Methode einen globalen Modelltest zu entwickeln. In einer Simulationsstudie konnte gezeigt werden, dass die sQML-Methode ähnlich gute Schätzeigenschaften wie die QML-Methode aufweist.
Die Idee der neuen globalen Modelltests für das QSEM und das HGM besteht darin, statt des für das lineare SEM verwendeten χexp2-Tests, der ein Likelihood-Quotienten-Test („Likelihood Ratio Test“, LRT) ist, einen Quasi-LRT (QLRT) zu verwenden, der auf der Quasi-ML-Methode basiert (Büchner & Klein, 2019; Büchner, Klein & Irmer, 2019). Wie für den χexp2-Test soll das Zielmodell mit einem unbeschränkten Vergleichsmodell verglichen werden. Ist der Unterschied zwischen den Modellen groß, wird darauf geschlossen, dass das Zielmodell nicht gut zu den Daten passt. Die Schwierigkeit bei der Entwicklung solcher QLRT liegt dabei in der Definition eines Vergleichsmodells. Die hier verwendete Idee für solche Vergleichsmodelle besteht darin, wie im χexp2-Test, die Beschränkungen durch das Zielmodell im Vergleichsmodell aufzuheben. Eine weitere Herausforderung ist die Bestimmung der asymptotischen Verteilung der QLRT-Statistiken, die nicht, wie viele LRT-Statistiken, asymptotisch χexp2-verteilt sind. Deshalb wurde die korrekte asymptotische Verteilung dieser Teststatistiken bestimmt, die das Ermitteln von p-Werten ermöglicht.
Globale Modelltests sind zwar geeignet, wichtige Aussagen zur Passung des Modells zu machen, ermöglichen aber keine direkte Aussage über den Vergleich zweier konkurrierender Modelle. Ein solcher Modellvergleich ist aber wichtig, um ein möglichst sparsames Modell zu erhalten. Zum Vergleich ineinander geschachtelter Modelle werden häufig Differenztests verwendet. Diese werden auch in der Arbeit mit dem QSEM und dem HGM empfohlen. Allerdings ist zu beachten, dass die Teststatistiken für mit der Quasi-MLMethode geschätzten Modelle nicht χexp2-verteilt sind. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine korrekte asymptotische Verteilung angegeben. Im Speziellen wurde der Differenztest für den Vergleich zwischen einem HGM und einem LGM vorgestellt, mit dem getestet wird, ob die im HGM modellierten heterogenen Slope-Varianzen notwendig sind.
Ein weiteres Ziel bestand darin, fehlende Nichtlinearität, die nicht in einem Modell berücksichtigt ist, aufzudecken. Dafür wurde ein Test für Regressionsmodelle, der hhet-Test (Klein, Gerhard, Büchner, Diestel & Schermelleh-Engel, 2016), angepasst. Für das SEM wurde dieser Test zu einem Fit-Index, dem HFI (Gerhard, Büchner, Klein & SchermellehEngel, 2017), weiterentwickelt und darin die Verteilung der Residuen der abhängigen Variable bewertet. Der HFI deckt dabei Veränderungen in der Verteilung auf, die durch fehlende nichtlineare Terme verursacht sind. Für das LGM wird der hhet-Test verwendet, um fehlende heterogene Entwicklungsverläufe aufzudecken. Es wird die Verteilung der mit dem LGM standardisierten beobachteten Variablen geprüft.
Für alle vorgeschlagenen Gütemaße wurden Simulationsstudien durchgeführt, um ihre Eignung für die Bewertung des QSEMs bzw. des HGMs zu prüfen. Die α-Fehler-Raten waren meistens nahe an dem erstrebten 5%-Niveau. Für den QLRT für das QSEM bei kleinen Stichproben und für den HFI bei komplexeren Modellen waren sie allerdings erhöht. Darüber hinaus zeigten die Tests insgesamt eine gute Teststärke für das Aufdecken von Fehlspezifikationen. Wie in allen statistischen Tests muss dafür die Stichprobengröße ausreichend groß sein. Die praktische Anwendbarkeit der beiden QLRTs, des hhet-Tests und des Differenztests für das HGM wurde anhand von empirischen Beispielen aufgezeigt.
Die vorliegende kumulative Dissertation befasst sich mit der Erfassung der Behandlungsintegrität bestehend aus psychotherapeutischer Adhärenz, Kompetenz sowie der Behandlungsdifferenzierung im Rahmen der Psychotherapieforschung. Die Überprüfung, ob Behandlungen bzw. Interventionen so wie intendiert durchgeführt wurden, ist für die Sicherstellung valider Schlussfolgerungen aus einer klinischen Studie von hoher Relevanz.
Die erste Studie untersucht, ob die Erfassung der Behandlungsintegrität ökonomischer gestaltbar ist. Es zeigte sich, dass Beurteilungen der Adhärenz und Kompetenz basierend auf Sitzungssegmenten im Vergleich zu ganzen Sitzungen keine Unterschiede aufweisen hinsichtlich Reliabilität, Validität und Prädiktion des Behandlungserfolgs.
In der zweiten Studie wird die Entwicklung und Validierung einer Adhärenz- und Kompetenzskala vorgestellt. Diese Studie weist zudem auf die Verwendung im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von Therapeuten hin.
Die dritte Studie zeigt, dass in Psychotherapiestudien die im Vergleich stehenden Behandlungsbedingungen gut voneinander unterscheidbar sein müssen. Für die Beschreibung der Behandlungsdifferenzierung und -spezifität wurde der Behandlungs-Spezifitäts-Index entwickelt, dessen Eignung bestätigt werden konnte.
Die vierte Studie überprüft, ob sich erfolgreiche von nicht erfolgreichen Therapien hinsichtlich der psychotherapeutischen Kompetenz, Adhärenz und psychotherapeutischen Beziehung unterscheiden. Es zeigte sich, dass Adhärenz eine Voraussetzung für kompetentes Vorgehen darstellt. Kompetenz beeinflusst die psychotherapeutische Beziehung maßgebend, die mitentscheidend für den (Miss-)Erfolg einer Behandlung zu sein scheint.
Insgesamt tragen die Ergebnisse zu einer differenzierteren, spezifischeren und ökonomischeren Erfassung der Behandlungsintegrität innerhalb der Psychotherapieforschung bei. Gleichzeitig erweitern sie den Fokus auf neue Ansätze für zukünftige Forschungen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Arbeitsgedächtnisleistungen zweier sprachlicher Sondergruppen und der Möglichkeit über die Leistung des Arbeitsgedächtnisses validere Prognosen des weiteren sprachlichen bzw. schriftsprachlichen Entwicklungsverlaufs zu erreichen, als dies über eine ausschließliche Erhebung der Sprachleistung möglich ist. Die Basis dieser Untersuchungen bilden zwei Längsschnittstudien. Die Daten der sprachlichen Sondergruppe der Late Talker (kognitive Aspekte) wurden in Heidelberg an der Universität und dem Frühinterventionszentrum (FRIZ) zwischen dem zweiten und dem neunten Lebensjahr der Kinder (N=93 mit n1=59 Late Talkers und n2=34 Kontrollkindern) in bestimmten Abständen erhoben. Neben den sprachlichen und kognitiven Leistungstests wurde zum letzten Messzeitpunkt zusätzlich die Arbeitsgedächtnisleistung erfasst. Dabei sollte untersucht werden, ob die Leistungen im Arbeitsgedächtnis valide unterscheiden können zwischen Kindern mit persistierenden Sprachentwicklungsproblemen und Kindern, die das Defizit im weiteren Entwicklungsverlauf aufholen (Late Bloomer). Die Ergebnisse zeigen, dass mithilfe der Leistungen in der Phonologischen Schleife eine sehr gute Trennung der Late Bloomer von den Kindern, die weiter eine Sprachproblematik aufweisen, vorgenommen werden kann. Ein Hinzuziehen der zentral-exekutiven Leistungen bringt hingegen keine Verbesserung in der Vorhersagegenauigkeit.
Der zweiten Untersuchung liegen zum einen die Daten der Normierung der Arbeitsgedächtnistestbatterie für Kinder von fünf bis zwölf Jahren (AGTB 5-12 {Hasselhorn et al., 2012}) zugrunde (N=1.669 davon 243 Kinder mit Migrationshintergrund), anhand derer überprüft wurde, ob Kinder mit Migrationshintergrund in irgendeiner Weise durch die Nutzung der Testbatterie benachteiligt werden, sei es 1. Durch die ungeprüfte Übernahme des Arbeitsgedächtnismodells (nach dem Vorbild von Baddeley (1986)), dass für Muttersprachler bereits bestätigt werden konnte, 2. Durch Benachteiligungen in bestimmten Untertests und 3. Durch die Testbatterie im Allgemeinen, die Art der Testung und die Wahl bestimmter Items. Zur Überprüfung, inwieweit Prädiktoren, die bei Muttersprachlern valide Prognosen der späteren schriftsprachlichen Leistungen erlauben, auch bei Kindern mit Migrationshintergrund genutzt werden können, wird ein weiterer längsschnittlicher Datensatz herangezogen. Von den 127 Kindern der Längsschnittstudie des Projekts ANNA „Gedächtnis und Schulfähigkeit“ (Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk am Deutschen Institut für internationale pädagogische Forschung - DIPF) weisen 60 Kinder einen Migrationshintergrund auf. Auf Basis beider Datensätze konnte nachgewiesen werden, dass das Modell des Arbeitsgedächtnisses auch bei Kindern mit Migrationshintergrund Anwendung findet und die Benachteiligungen bei der Testung besonders gering ausfallen, je früher die Kinder untersucht werden. Es zeigt sich aber auch, dass die AGTB 5-12 an manchen Stellen überarbeitet werden sollte, um mögliche Benachteiligungen noch weiter zu verringern. Außerdem konnte gezeigt werden, dass sich auch bei Kindern mit Migrationshintergrund valide Prognosen späterer schriftsprachlicher Leistungen anhand ihrer Arbeitsgedächtnisleistungen treffen lassen und hier hauptsächlich auf Basis der phonologischen Gesamtleistungen (alle Untertests).
Die Schizophrenie stellt eine sehr vielfältige und schwere psychische Erkrankung dar, die fundamentale Bereiche, wie Denken, Fühlen, Wahrnehmen, Willensbildung und Handeln beeinträchtigt (Kircher & Gauggel, 2008). Neben der Störung der Kognition und der Wahrnehmung sind es die Störungen der Emotionen, die das Krankheitsbild der Schizophrenie prägen. Eine Emotion ist Grundlage eines informativen Bedeutungssystems einer Person. Sie informiert über die Relevanz einer Situation sowie über Wohlbefinden, Wünsche und Bedürfnisse. Sie ermöglicht eine bedürfnis- und situationsgerechte Auswahl von Ver-haltensweisen, beeinflusst kognitive Prozesse, prägt die Entscheidungsfindung und Problemlösung. Durch den mimischen Ausdruck, der aus einer Emotion resultiert, bekommt sie eine kommunikative bzw. interpersonelle Funktion. Damit stellen Emotionen zentrale Phänomene des alltäglichen Lebens dar, die einen großen Einfluss auf Ver-halten, Lernen, Wahrnehmung und Gedächtnis haben.
Nicht immer ist es sinnvoll und funktional, Emotionen auszuagieren. Um adäquat mit Emotionen umgehen zu können, bedarf es der Emotionsregulation. Hierbei handelt es sich um einen Prozess, bei dem beeinflusst wird, welche Emotionen wann und wie erlebt und ausgedrückt werden (Gross, 1998), um flexibel auf Umwelteinflüsse und den sozialen Kontext eingehen zu können (Thompson, 1994)...
Die vorliegende Dissertation zeigt, dass globale Kohärenz in Lebenserzählungen erst in der Adoleszenz entsteht und sich im Erwachsenenalter weiter entwickelt. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die fragmentarische Nutzung der Lebensgeschichte in Form autobiographischen Urteilens in Zeiten tiefgreifender Lebensveränderungen zum Erhalt der Selbst-Kontinuität beiträgt.
Trotz vielfältiger Gleichberechtigungsbestrebungen und -erfolge in den letzten Jahrzehnten sind Frauen – in Deutschland und den meisten anderen westlichen Ländern – in den oberen Führungspositionen weniger stark vertreten als Männer (Catalyst, 2012, 2013, 2014; European Commission, 2013; Eurostat, 2013). Dieser Umstand hat in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft Diskussionen einerseits über mögliche Ursachen und andererseits über mögliche Ansatzpunkte für Interventionen zur Stärkung der Gleichberechtigung (bspw. Einführung einer Frauenquote oder frauenspezifische Förderprogramme) angeregt. Betrachtet man die wissenschaftlichen Theorien und Studien zeigt sich, dass es verschiedene Ursachen für die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen gibt (vgl. Hernandez Bark, Escartin, & van Dick, 2014). Anders als in der Metapher der gläsernen Decke, die davon ausgeht, dass es eine undurchlässige Decke gibt, die Frauen den Zugang zu oberen Führungspositionen verwehrt (Morrison, White, & van Velsor, 1992), stellt sich der Weg von Frauen in die oberen Führungspositionen eher als ein Labyrinth dar (vgl. Eagly & Carli, 2007). Auf dem Weg in die oberen Führungspositionen sind Frauen mit verschiedenen Hindernissen und Problemen konfrontiert, welche es für sie zu überwinden gilt (Eagly & Carli, 2007). Eine Möglichkeit, diese verschiedenen Aspekte in dem Labyrinth zu den Führungspositionen zu strukturieren, bietet die Formel von Campbell und Kollegen (Campbell, McCloy, Oppler, & Sager, 1993): Performance=KSA*Motivation*Opportunities. Hierbei steht KSA für Knowledge, Skills und Abilities, also für das Wissen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten, ergo dem Können. Motivation steht für die Motivation, ergo dem Wollen. Und Opportunities steht für die Möglichkeiten, ergo dem Dürfen. Somit ergeben sich folgende Fragen: Können Frauen führen? Wollen Frauen führen? Und dürfen Frauen führen? In meiner Dissertation fasse ich im Rahmen eines Reviewartikels zunächst den Forschungsstand hinsichtlich dieser drei Aspekte zusammen (Hernandez Bark et al., 2014). Hierbei liegt der Fokus auf einem Vergleich zwischen Spanien und anderen westlichen Ländern wie beispielsweise der USA oder Deutschland. Anschließend fokussiere ich in dem ersten empirischen Artikel spezifischer den Aspekt des Wollens (Schuh, Hernandez Bark, Van Quaquebeke, Hossiep, Frieg, & van Dick, 2014), welcher durch das Konstrukt der Machtmotivation (McClelland, 1985) operationalisiert wurde. Hierbei untersuche ich Geschlechtsunterschiede in Machtmotivation und ihren Zusammenhang zu Führungsverantwortung. Der zweite Artikel fokussiert das Zusammenspiel des Geschlecht, des Wollens und Könnens für den Besitz von Führungsverantwortung (Hernandez Bark, Escartin & van Dick, under review). Hierbei wurde Wollen erneut durch das Konstrukt der Machtmotivation (McClelland, 1985) und das Können durch das Konstrukt der transformationalen Führung (Bass, 1985) operationalisiert. Insgesamt zeigte sich ein klares Muster: Frauen können effektiv führen und die Repräsentation von Frauen in Vorstand oder Topmanagement steht meist sowohl in einem positiven Zusammenhang mit der organisationalen Leistung als auch mit einer nachhaltigeren Unternehmenspolitik. Dieser Befund ist unabhängig vom Durchführungsland (vgl. Hernandez Bark et al., 2014). Somit lässt sich die Frage „Können Frauen führen?“ eindeutig mit ja beantworten. Eine zentrale Rolle bei der Beantwortung der Fragen „Wollen Frauen führen?“ und „Dürfen Frauen führen?“ bildet die Inkongruenz zwischen der weiblichen Geschlechtsrolle und der Führungsrolle. Während die weibliche Geschlechtsrolle Eigenschaften wie freundlich, unterstützend und warm (kommunale Eigenschaften) umfasst, beinhaltet die Führungsrolle Eigenschaften wie dynamisch, durchsetzungsstark und kompetitiv (agentische Eigenschaften), welche kongruent zu der männlichen Geschlechtsrolle sind. Dies führt zu unterschiedlichen Möglichkeiten (Dürfen) für Frauen und Männer, Führungsverantwortung zu erlangen (vgl. Hernandez Bark et al., 2014). Und auch der Aspekt des Wollens wird dadurch beeinflusst. Das Wollen, ergo auch die Machtmotivation, ist ein wichtiger Einflussfaktor für das Erlangen von Führungsverantwortung (Hernandez Bark et al., under review; Schuh et al., 2014). Jedoch ist das Streben nach Macht (Machtmotivation, agentisch) inkongruent zu der weiblichen Geschlechtsrolle, was sich in einer niedrigeren Machtmotivation von Frauen widerspiegelt und zu einer Unterrepräsentanz von Frauen in Führungsverantwortung beiträgt (Hernandez Bark et al., under review; Schuh et al., 2014). Auch transformationale Führung ist positiv mit Führungsverantwortung verknüpft, jedoch ist sie kongruent zu der weiblichen Geschlechtsrolle und Frauen zeigen dieses Führungsverhalten stärker als Männer, was sich positiv auf die Repräsentanz von Frauen in Führungsverantwortung auswirken sollte (Eagly, Johannesen-Schmidt & van Engen, 2003; Hernandez Bark et al., under review). Jedoch ist Machtmotivation auch ein Prädiktor transformationaler Führung und der Zusammenhang zwischen Geschlecht und Führungsverantwortung wird seriell durch Machtmotivation und transformationale Führung mediiert, was zu der stärkeren Repräsentanz von Männern in Führungsverantwortung beiträgt (Hernandez Bark et al., under review). Dieser Vorteil wird noch dadurch verstärkt, dass der Zusammenhang zwischen Machtmotivation und transformationaler Führung für Männer stärker ist als für Frauen (Hernandez Bark et al., under review). Die Implikationen dieser Befunde für weitere Forschung und Stärkung von Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Führungsverantwortung werden am Ende dieser Arbeit diskutiert.
Strukturgleichungsmodelle (SEM) werden in den letzten Jahren vermehrt zur Aufdeckung von nichtlinearen Effekten wie Interaktionseffekten oder quadratischen Effekten in der empirischen Forschung verwendet. Daher kommt der Bereitstellung von effizienten und robusten Schätzverfahren für die Analyse von nichtlinearen SEM, die simultan multiple nichtlineare Effekte schätzen können, eine wichtige Bedeutung in der methodologischen Forschung zu. Bisher wurde jedoch nur ungenügend die Problematik untersucht, dass zwar die üblicherweise verwendeten Schätzverfahren aus der Klasse der Produktindikator-(PI)-Ansätze (z.B. der Unconstrained-Ansatz; Kelava & Brandt, 2009; Marsh, Wen & Hau, 2004) und der Klasse der verteilungsanalytischen Verfahren (z.B. LMS oder QML; Klein & Moosbrugger, 2000; Klein & Muthén, 2007) auf der Annahme einer multivariaten Normalverteilung für einen Großteil der im Modell enthaltenen Variablen beruhen, diese jedoch in der Empirie fast nie gegeben ist. Andere Ansätze, wie die momentbasierten Verfahren des 2SMM- oder des MM-Ansatzes (Wall & Amemiya, 2000, 2003; Mooijaart & Bentler, 2010), die die Normalitätsannahme deutlich abschwächen können, finden in der Literatur hingegen nur geringe Berücksichtigung. Im ersten Teil dieser Arbeit werden diese momentbasierten Verfahren zur Schätzung von multiplen nichtlinearen Effekten erweitert und hinsichtlich ihrer Schätzeigenschaften bei nicht-normalverteilten Daten im Vergleich zu den PI- und den verteilungsanalytischen Ansätzen sowohl theoretisch als auch anhand einer umfangreichen Simulationsstudie untersucht (Brandt, Kelava & Klein, in press).
Zusammenfassend zeigt sich, dass LMS und QML bei normalverteilten Indikatoren die effizientesten Schätzungen liefern und in diesem Fall eingesetzt werden sollten. Bei nicht-normalverteilten Daten ist jedoch ein Parameterbias zu beobachten. Der erweiterte Unconstrained-Ansatz liefert zwar sowohl für normalverteilte als auch für nicht-normalverteilte Indikatoren erwartungstreue Parameterschätzungen, die Standardfehler werden jedoch stets unterschätzt (auch bei der Verwendung eines robusten Schätzers für die Standardfehler), was sich in einem erhöhten alpha-Fehler widerspiegelt. Der 2SMM-Ansatz liefert sehr gute Schätzergebnisse für normalverteilte und nicht-normalverteilte Indikatoren und kann insbesondere bei nicht-normalverteilten Indikatoren verwendet werden; bei normalverteilten Indikatoren ist das Verfahren etwas weniger effizient als LMS. Ein Nachteil des Verfahrens ist jedoch seine schwierige Erweiterung für andere als das hier untersuchte Querschnittsmodell (z.B. für Latente Wachstumskurvenmodelle). Der MM-Ansatz zeigt deutliche Schwächen in seinen Schätzungen, die sowohl bei einer simultanen Schätzung von mehr als einem nichtlinearen Effekt als auch bei nicht-normalverteilten Indikatoren auftreten, und stellt daher keine Alternative zu den anderen Schätzverfahren dar.
Um ein Verfahren bereitzustellen, das bei nicht-normalverteilten Daten zuverlässige und effiziente Schätzungen für nichtlineare Effekte liefern kann, wurde der NSEMM-Ansatz entwickelt (Kelava, Nagengast & Brandt, in press). Der NSEMM-Ansatz ist ein allgemeinerer Ansatz als der 2SMM-Ansatz und kann flexibler auch für andere Modelle genutzt werden, da er direkt in Mplus spezifizierbar ist. Der NSEMM-Ansatz verwendet zur Approximation der Verteilung der (latenten) Prädiktoren ein Mischverteilungsmodell, und stellt damit eine Erweiterung der SEMM (Structural Equation Mixture Models) dar. Im Gegensatz zu den SEMM, die nichtlineare Effekte semi-parametrisch modellieren, d.h. keine Funktion für die Nichtlinearität annehmen, verwendet der NSEMM-Ansatz eine parametrische Funktion für die nichtlinearen Effekte (z.B. einen quadratischen Effekt), wodurch eine Aussage über die Effektstärke des nichtlinearen Effekts möglich ist. Neben einer Darstellung des Konzepts der Mischverteilungsmodelle und des NSEMM-Ansatzes werden auch erste Ergebnisse zu den Schätzeigenschaften des NSEMM-Ansatzes im Vergleich zu LMS und dem erweiterten Unconstrained-Ansatz berichtet.
Im letzten Teil der Arbeit wird auf Interaktionseffekte in Längsschnittstudien eingegangen. Hierbei wird das Problem von heterogenen Entwicklungs- und Wachstumsprozessen aufgegriffen, das in der Empirie häufig auftritt, wenn die Streuung der Entwicklungsverläufe von den Ausgangsbedingungen abhängt. Wird diese Heterogenität nicht adäquat berücksichtigt, wie es der Fall bei latenten Wachstumskurvenmodellen (LGM) ist, sind Prognosen basierend auf den Ausgangsbedingungen einer Person nicht akkurat, da die Konfidenzintervalle für die Prognose auf einer fehlspezifizierten Varianz beruhen. Das heterogene Wachstumskurvenmodell (HGM; Klein & Muthén, 2006) erweitert das Standard-LGM um eine heterogene Varianzkomponente, die mit einem spezifischen Interaktionseffekt modelliert wird. Das HGM stellt eine Alternative zu den Growth Curve Mixture Modellen (GMM) dar, wenn keine Annahme über diskrete Klassen getroffen werden soll, sondern eine feinstufigere, kontinuierliche Modellierung der Heterogenität von Interesse ist. In dieser Arbeit wird für das HGM eine Implementierung in Mplus basierend auf dem LMS-Schätzer entwickelt, deren Anwendung und Interpretation an einem empirischen Datensatz aus der AIDS-Forschung demonstriert wird (Brandt, Klein & Gäde, under revision). Die Implementierung ermöglicht eine anwenderfreundliche Verwendung des Verfahrens und erlaubt die Berücksichtigung von Kovariaten zur Erklärung der Heterogenität in den Entwicklungsverläufen. Die Ergebnisse einer Simulationsstudie zeigen, dass das Verfahren auch bei moderater Verletzung der Verteilungsannahmen eine zuverlässige Parameterschätzung liefert.
Diese Arbeit entstand im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes zum Thema Bewältigung von Lebensenttäuschungen, initiiert von Prof. Dr. Siegfried Preiser am Institut für Psychologie der Universität Frankfurt am Main. In diesem Kontext wurde die vorliegende Studie entwickelt.
Ausgehend von interpersonalem Engagement wurden mögliche Verknüpfungen von Einflussfaktoren im Umgang mit unterschiedlichen kritischen Lebenssituationen und der sich daraus ergebenden Konsequenzen auf psychische und physische Gesundheit, d.h. persönliches Wohlbefinden untersucht. Das Konstrukt Wohlbefinden wurde in dieser Studie als eine latente Variable gebildet, die sich aus einer Konstellation von bereichsspezifischen und allgemeinen Lebenszufriedenheitsfaktoren, dem seelischen Gesundheitsempfinden und – mit negativem Gewicht - dem aktuellen Belastungsempfinden zusammensetzt.
Außer der Erfassung der Partizipation an sozialen Gemeinschaften bzw. des sozialen Engagements wurden intrapsychische, motivationale, biographische und soziale Faktoren erfasst sowie religiöse Aspekte einbezogen. Zielgruppen der Untersuchung waren Gruppierungen vorwiegend aus dem Selbsthilfebereich.
Zur Beachtung der Zeitperspektive war die Befragung als Längsschnittstudie in Form einer Zweifachmessung konzipiert.
Erhoben und untersucht wurden im einzelnen Belastungs-, Persönlichkeits-, Gesundheits- und Zufriedenheitsfaktoren, des Weiteren die Aspekte des sozialen Kontextes mit Differenzierung der Ebenen von sozialer Unterstützung sowie religiöse Aspekte als angenommene Einflussfaktoren auf Lebenszufriedenheit und persönliches Wohlbefinden.
Zusammenfassend hatten die Persönlichkeitsfaktoren Flexibilität und Selbstwirksamkeit den größten positiven Einfluss auf Wohlbefinden. Bzgl. des sozialen Engagements zeigte sich dagegen kein signifikanter Einfluss.
Neben den Variablen Flexibilität und Selbstwirksamkeit stellte sich die wahrgenommene Unterstützung als bedeutsamster Einflussfaktor auf das Wohlbefinden heraus.
Religiöse Vorstellungen konnten nach ihrer persönlichen positiven oder negativen Grundhaltung gegenüber Gott bzw. einer höheren Wirklichkeit differenziert werden. Eine positive religiöse Grundhaltung ist geprägt von der Vorstellung eines schützenden, fürsorglichen und hilfreichen Gottes. Ein negatives Gottesbild beinhaltet die Vorstellung eines bedrohlichen und strafenden Gottes. Nur für diese Betrachtungsweise konnten eindeutige - und zwar negative - Einflüsse auf das Wohlbefinden ermittelt werden
Inhaltlich gliedert sich die Arbeit in vier Blöcke:
In Kapitel 1 werden theoretische Grundlagen und untersuchungsrelevante Konzepte näher erläutert und daraus die konkreten Fragestellungen einschließlich der Hypothesen entwickelt.
In Kapitel 2 schließt sich der methodische Teil mit den Beschreibungen der Stichprobe, der Erhebungsinstrumente und des Untersuchungsverlaufes an.
Kapitel 3 enthält die Ergebnisse und deren Diskussion. Kapitel 4 beinhaltet ein Resümee und Ausblick. In Kapitel 5 befindet sich die für diese Arbeit verwendete Literatur, woran sich der Anhang anschließt. Der Anhang besteht zum einen aus weitergehenden Informationen und Erläuterungen, die Durchführung und Auswertung betreffend (Anhang I). Anhang II, der der Druckversion als CD beiliegt, listet zum anderen die Originalantworten der Probanden in strukturierter Form auf.
In vier aufeinander aufbauenden Studien wird den Fragen nachgegangen „Was sind Nicht-Ereignisse?“ und „Welche Verarbeitungshilfen sind effektiv für den Bewältigungsprozess?“. Am Beispiel der ungewollten Kinderlosigkeit wird aus gesundheitspsychologischer Sicht nach zwei Aspekten von psychosozialem Wohlbefinden gefragt: „globaler Lebenszufriedenheit“ und „negativen Emotionen“ (z.B. Scham und Schmerz).
Es werden Bewältigungsstrategien und Bewältigungsstile unterschieden. Die Bewältigungsstile „religiöses Coping“ sowie „hartnäckige Zielverfolgung“ und „flexible Zielanpassung“ werden als andauernde Einflussfaktoren im Bewältigungsprozess betrachtet. Die entwickelten Bewältigungsstrategien „planendes Problemlösen“, „Unterstützung durch Freunde“, „regenerative Strategien“ und „kognitive Umdeutung zur Akzeptanz“ sind erlernbare Vorgehensweisen.
In der Pilotstudie 1 wurden 22 Menschen interviewt, die sich im Nicht-Ereignis-Prozess befinden. In Studie 2 wurden qualitativ und quantitativ 76 Männer und Frauen mit ungewollter Kinderlosigkeit befragt. Studie 3 erhob online mit 216 Teilnehmern die Häufigkeit und eingeschätzte Effektivität von Verarbeitungshilfen. Studie 4 erfasste zu zwei Messzeitpunkten (n = 732, n = 409) vier Bewältigungsstrategien, vier Bewältigungsstile, „globale Lebenszufriedenheit“, „negative Emotionen“ und kinderwunschspezifische Antworten von Menschen mit Kinderwunsch.
Für eine gewünschte Schwangerschaft kann geschlussfolgert werden, dass ein bedeutsamer Prädiktor für die Eintrittswahrscheinlichkeit im frühen Prozess fertility awareness ist. Das Alter der Frau dagegen leistet keinen Beitrag zur Vorhersage. Die Prädiktoren „negatives religiöses Coping“ und „planendes Problemlösen“ im fortgeschrittenen Nicht-Ereignis-Prozess stellen Risikofaktoren für das psychosoziale Wohlbefinden dar. Die Schutzfaktoren „Unterstützung durch Freunde“, „kognitive Umdeutung zur Akzeptanz“ und „flexible Zielanpassung“ sind signifikante Prädiktoren für psychosoziales Wohlbefinden. Interaktionseffekte von „Flexibler Zielanpassung“ und „Hartnäckiger Zielverfolgung“ konnten nicht identifiziert werden.
Schulkinder mit einem türkischen Migrationshintergrund zeigen im deutschen Bildungssystem einen spezifischen Leistungsnachteil: Während der Leistungsnachteil von Schulkindern mit einem Migrationshintergrund aus anderen Ländern durch Hintergrundvariablen wie beispielsweise dem SES aufklärbar ist, ist der Leistungsabstand zwischen Schulkindern mit einem türkischen Migrationshintergrund und Schulkindern ohne Migrationshintergrund nicht nur stärker ausgeprägt, sondern zudem nicht durch die bisher betrachteten Hintergrundvariablen aufklärbar. Daher erscheint die Suche nach Gründen für diesen spezifischen Leistungsnachteil bei Prozessen des vorschulischen Kompetenzerwerbs notwendig.
Eine Voraussetzung für schulischen Erfolg ist Selbstkontrolle, also die Fähigkeit, eine Handlungstendenz für das Erreichen eines anderen Zieles zu unterdrücken. Kinder, die bereits im Kindergartenalter eine gut ausgeprägte Selbstkontrolle aufweisen, zeigen in ihrem späteren Leben bessere Schulleistungen als Kindergartenkinder mit einer geringeren Fähigkeit zur Selbstkontrolle. Die Fähigkeit zur Selbstkontrolle könnte bei Kindern mit einem türkischen Migrationshintergrund durch kultur- und/oder migrationsspezifische Faktoren geringer sein als die von Kindern ohne Migrationshintergrund. Als kulturspezifischer Faktor ist beispielsweise eine geringere Bewertung von Selbstkontrolle im türkischen Erziehungssystem möglich; als migrationsspezifischer Faktor kommt eine Verminderung der Selbstkontrolle durch migrationsbedingte Stressoren in Betracht.
Daher war die zentrale Frage der vorliegenden Dissertation, ob Kindergartenkinder mit einem türkischen Migrationshintergrund eine geringere Selbstkontrolle zeigen als Kindergartenkinder ohne Migrationshintergrund. Ein bewährtes Paradigma zur Erfassung von Selbstkontrolle bei Kindergartenkindern ist der Belohnungsaufschub, die Fähigkeit auf eine sofortige, kleinere Belohnung zugunsten einer späteren aber größeren Belohnung zu verzichten. In einer Literaturübersicht (Artikel 1) wurde sich mit verschiedenen Paradigmen zur Erfassung des Belohnungsaufschubes beschäftigt. Dabei wurden Probleme in der konvergenten Validität der bestehenden Methoden festgestellt. Das Warteparadigma scheint den Belohnungsaufschub im Kindergartenalter am adäquatesten zu erfassen, zeigt jedoch nur eine geringe Re-Test Reliabilität. Aus diesem Grund wurde eine neue Variante der klassischen Warteaufgabe, die Sanduhraufgabe, auf ihre prognostische Validität und Re-Test Reliabilität geprüft (Artikel 2). Die Sanduhraufgabe, gemessenen im Kindergartenalter, besitzt eine ausreichende Re-Test Reliabilität und Vorhersagekraft für mathematische Kompetenzen und Verhaltensauffälligkeiten am Ende der ersten Klasse.
Mit dieser Aufgabe wurde die zentrale Frage der vorliegenden Dissertation, ob Kindergartenkinder mit einem türkischen Migrationshintergrund eine geringere Selbstkontrolle zeigen als Kindergartenkinder ohne Migrationshintergrund, untersucht (Artikel 3). Zur Differenzierung zwischen kultur- und migrationsspezifischen Faktoren wurde hierbei die Selbstkontrollfähigkeit von Kindergartenkindern mit unterschiedlichem Migrationshintergrund (türkisch vs. andere) verglichen sowie die von deutschen und türkischen Kindern ohne Migrationshintergrund. Die in Deutschland untersuchten Gruppen (ohne Migrationshintergrund, türkischer Migrationshintergrund und Migrationshintergrund aus anderen Ländern) unterschieden sich nicht in ihrer Selbstkontrolle. Damit scheint der spezifische Leistungsnachteil von Kindern mit einem türkischen Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem nicht durch vorschulische Unterschiede in der Fähigkeit zur Selbstkontrolle erklärbar zu sein. Allerdings wiesen die türkischen Kinder ohne Migrationshintergrund eine geringere Selbstkontrolle auf als die deutschen Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Ergebnisse wurden bezüglich ihrer Aussagekraft über mögliche kultur- und migrationsspezifische Einflussfaktoren auf die Selbstkontrolle von Kindergartenkindern diskutiert.
Basierend auf dem im Wissenschaftskontext diskutierten Postulat, dass ADHS-Symptomatiken auf Defizite in der Selbstregulation zurückzuführen sind, befasst sich die vorliegende Arbeit auf theoretischer und empirischer Ebene mit verschiedenen Facetten kognitiver und emotionaler Selbstregulation bei Kindern mit ADHS.
In diesem Zusammenhang wurde unter Verwendung eines computerbasierten Task-Switching-Paradigmas die kognitive Flexibilität von Kindern mit und ohne ADHS in den Blick genommen. Hierbei zeigte sich, dass die Bewältigung des flexiblen Aufgabenwechsels vergleichsweise höhere Anforderungen an die ADHS-betroffenen Kinder stellt. So ließen sich im Task-Switching-Paradigma zwar bezüglich der generellen Wechselkosten keine Gruppenunterschiede auffinden. Jedoch wurden für die ADHS-betroffenen Kinder signifikant höhere spezifische Wechselkosten aufgefunden als für die Kontrollkinder. Dieser Gruppenunterschied war auch dann zu beobachten, wenn Differenzen in der Inhibitionsleistung statistisch kontrolliert wurden.
Im Rahmen einer weiteren Untersuchung, bei welcher der Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ; Grob & Smolenski, 2005) zum Einsatz gebracht wurde, wurde zudem überprüft, ob sich Kinder mit und ohne ADHS im Hinblick auf die von ihnen im Alltag angewandten Strategien der Emotionsregulation unterscheiden. Zusammengenommen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Kinder mit ADHS zur Regulation ihrer negativen Emotionen vergleichsweise seltener von adaptiven Strategien Gebrauch machen, während sich im berichteten Gebrauch von maladaptiven Strategien keine Gruppenunterschiede zeigten. Des Weiteren wurde deutlich, dass diejenigen ADHS-betroffenen Kinder, die in ihrem Alltag besonders selten adaptive Emotionsregulationsstrategien einsetzen, auch besonders stark unter psychosozialen Beeinträchtigungen leiden.
Schließlich wurde in einer anwendungsorientierten Studie untersucht, welchen Beitrag der kombinierte Einsatz selbstberichtsbezogener und computergestützter Messungen der Selbstregulation zur Absicherung von ADHS-Diagnosen leistet. Hierbei wurden im Rahmen von ROC-Analysen für (1.) eine computerbasierte GoNoGo-Aufgabe, (2.) die Impulsivitätsskala des Inventars zur Erfassung von Impulsivität, Risikoverhalten und Empathie bei 9- bis 14-jährigen Kinder (IVE; Stadler, Janke & Schmeck, 2004) und (3.) den z-transformierten Summenwert aus beiden Verfahren die jeweilige diagnostische Sensitivität und Spezifität bestimmt. Dabei konnte nur für das kombinierte Messverfahren ein klinischer Cut-Off-Wert bestimmt werden, der eine perfekte Sensitivität bei gleichzeitig zufrieden stellender Spezifität gewährleistete. Folglich belegen die Studienergebnisse insgesamt gesehen, dass selbstregulationsbezogene Messverfahren einen Beitrag zur ADHS-Diagnosestellung leisten können, wobei eine Kombination mehrerer Messverfahren zu einer deutlich gesteigerten Diskriminationsfähigkeit führt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass den Ergebnissen der vorliegenden Dissertationsschrift folgend ADHS als eine Störung der Selbstregulation beschrieben werden kann. Im Speziellen unterstützen die gewonnenen Befundmuster die in der Forschung zunehmend diskutierte Auffassung, dass ADHS auf divergente Selbstregulationsdefizite zurückzuführen ist, die sich sowohl auf die kognitiven als auch auf die emotionalen Facetten der Selbstregulation beziehen. Dieses Wissen kann aus anwendungsbezogener Perspektive einen zentralen Beitrag zur Verbesserung der diagnostischen und therapeutischen Praxis leisten.
Thema der vorliegenden Dissertation sind Einflussfaktoren und individuelle Unterschiede im akademische Selbstkonzept von Grundschülern. Das erste Kapitel thematisiert die Bestimmung des Selbstkonzepts, gibt einen Überblick über die theoretischen Wurzeln und beleuchtet unterschiedliche Selbstkonzeptmodelle. Das zweite Kapitel geht auf die Selbstkonzeptentwicklung ein und hebt dabei insbesondere das Internal/External-Frame-of-Reference Modell (I/E-Modell; Marsh, 1986) hervor, welches das Zusammenwirken von externalen (sozialen) und internalen (dimensionalen) Vergleichsprozessen bei der Selbsteinschätzung beschreibt. Auf Basis des I/E-Models werden in Studie 1 das akademische Selbstkonzept und die Schulleistung von Schülern der 1. bis 3. Klassenstufe miteinander in Beziehung gesetzt. Im Zentrum steht dabei die Frage, ab welcher Klassenstufe dimensionale Kontrasteffekte auftreten und welchen Einfluss die Lese-, Rechtschreib- und Mathematikleistung auf die korrespondierenden und nicht korrespondierenden Selbstkonzeptfaktoren haben. Es zeigen sich signifikant negative Pfade von der mathematischen Leistung auf das verbale Selbstkonzept und negative Pfade von der Leseleistung auf das mathematische Selbstkonzept ab der 3. Klasse. Ein Kontrasteffekt innerhalb der verbalen Domäne (Lesen und Schreiben) kann hingegen bei keiner der untersuchten Klassenstufen aufgezeigt werden.
Die zweite und dritte empirische Studie fokussieren mögliche Gruppenunterschiede im akademischen Selbstkonzept anhand bestimmter Schülermerkmale. In Studie 2 wird dabei geprüft, ob sich zwischen Jungen und Mädchen mit und ohne Migrationshintergrund Unterschiede im verbalen und mathematischen Selbstkonzept finden lassen. Kinder mit Migrationshintergrund zeigen trotz schlechterer schulischer Leistungen im Lesen und in Mathematik in diesen Bereichen ein höheres Selbstkonzept als Kinder ohne Migrationshintergrund.
Auch findet sich bereits in der ersten Klasse unter Jungen ein optimistischeres mathematisches und unter Mädchen ein optimistischeres verbales Selbstkonzept. Dies spiegelt sich auch in den tatsächlichen Leistungen der Kinder sowie den Lehrereinschätzungen wider. In Studie 3 wird geprüft, ob Kinder mit ADHS-Symptomen ein positiv illusorisches akademisches Selbstkonzept (Positive Illusory Bias, Hoza et al., 2002) haben. Es zeigt sich, dass zwar Kinder mit ADHS-Symptomen im Vergleich zu Kindern ohne ADHS-Symptome ihre Leistungen deutlich stärker überschätzen, allerdings nur, wenn keine Kontrolle des Schulleistungsniveaus erfolgt. Zudem schätzen sich Kinder mit ADHS-Symptomen in dem Leistungsbereich am besten ein, in dem sie auch am besten abschneiden. Der Positive Illusory Bias scheint also nicht spezifisch für die ADHS zu sein.
Soziale Phobie gilt als eine der am weitesten verbreiteten psychischen Störungen (Wittchen & Fehm, 2003; Magee et al., 1996). Obgleich zahlreiche Interventionsansätze zur Behandlung der sozialen Ängste zur Verfügung stehen, gibt es viele Betroffene, die nicht von den Behandlungsmöglichkeiten profitieren oder nach einer Therapie Rückfälle erleben. Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Weiterentwicklung von Psychotherapie bei Sozialer Phobie. Sie greift verschiedene Forschungsperspektiven auf, um aktive Wirkfaktoren im therapeutischen Prozess zu identifizieren und für zukünftige Behandlungen nutzbar zu machen. Publikation 1 (Consbruch & Stangier, 2007) gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand bzgl. der Diagnostik, Ätiologie und Therapie bei Sozialer Phobie. Die in dieser Publikation dargestellten Forschungsarbeiten zur Behandlung sozialer Ängste vergleichen die therapeutische Wirksamkeit unterschiedlicher Therapieansätze und suchen so nach spezifischen Wirkfaktoren in der Behandlung Sozialer Phobien. Es zeigt sich, dass die kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung am häufigsten untersucht wurde und dass sich ihre Effektivität durch die Berücksichtigung von Prozessen, die nach Clark und Wells (1995) an der Entstehung und Aufrechterhaltung der Sozialen Ängste beteiligt sind, erheblich verbessern lässt. Publikation 2 (Stangier, Consbruch, Schramm & Heidenreich, 2010) verlässt die ausschließlich an spezifischen Wirkmechanismen interessierte Forschungsperspektive und wendet sich der Frage nach dem Zusammenspiel von spezifischen und allgemeinen Wirkfaktoren zu. Sie vergleicht das Ausmaß der Aktivierung von allgemeinen Wirkfaktoren nach Grawe (1995) sowie deren Einfluss auf das Therapieergebnis in einer kognitiven Verhaltenstherapie (N=29) und einer interpersonellen Therapie (N=33). Die Ergebnisse zeigen, dass Therapeuten in der Interpersonellen Psychotherapie die Aktivierung von Bewältigung, Ressourcenorientierung und Motivationaler Klärung geringer einschätzten als Therapeuten in der kognitiven Verhaltenstherapie, während sie bezüglich der Problemaktivierung und der Güte der therapeutischen Beziehung keine Unterschiede angaben. Stärkere Ressourcenaktivierung stand in beiden Therapieansätzen mit besseren Therapieergebnissen in Beziehung, während höhere Problemaktualisierung nur in KVTBehandlungen zu verbessertem Outcome beitrug. Da die Ressourcenaktivierung in der KVTBedingung stärker ausgeprägt war als in der IPT-Bedingung, lassen sich die Ergebnisse so interpretieren, dass die Problemaktualisierung nur dann zu positiveren Therapieergebnissen führt, wenn sie durch ausreichende Ressourcenaktivierung gestützt wird. Die Studie legt somit nahe, dass spezifische Behandlungsansätze allgemeine Wirkfaktoren, die einen Einfluss auf das Therapieergebnis haben, in unterschiedlichem Maße nutzen. Durch das Fehlen von Angaben zur Therapieintegrität bleibt jedoch offen, welche Rolle individuelles Therapeutenverhalten bei der Aktivierung der allgemeinen und spezifischen Wirkfaktoren spielt. Um zukünftig die Therapieintegrität in der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung von Sozialer Phobie sicherstellen zu können, wurde die Cognitive Therapy Competence Scale for Social Phobia (CTCS-SP) entwickelt, deren psychometrische Eigenschaften in Publikation 3 (Consbruch, Clark & Stangier, in press) dargestellt werden. Zur Bestimmung der Beobachterübereinstimmung wurden 161 Therapiesitzungen von jeweils 2 Ratern mit der CTCS-SP beurteilt. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung demonstrieren eine gute interne Konsistenz und gute Interraterreliabilität der Skala, wobei erstmals auch individuelle Items mit ausreichender Reliabilität gemessen werden konnten. Mit der CTCS-SP steht somit ein reliables Messinstrument zur Erfassung therapeutischer Kompetenz in der kognitivverhaltenstherapeutischen Behandlung der Sozialen Phobie zur Verfügung, welches – bei noch zu prüfender Validität - vielfältig eingesetzt werden kann, um die Erforschung
spezifischer und allgemeiner Wirkfaktoren in der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung Sozialer Phobien zu vertiefen.
Die Soziale Phobie ist eine weit verbreitete Störung, die ohne geeignete Therapie einen chronischen Verlauf annimmt und bei den Betroffenen zu einem hohen Leidensdruck führt. Für die Behandlung stehen sowohl pharmakologische als auch psychotherapeutische Therapieansätze zur Auswahl (siehe Heinrichs, Stangier, Gerlach, Willutzki, & Fydrich, 2011). Eine Reihe von randomisierten kontrollierten Studien belegen, dass die kognitive Therapie zu den effektivsten Behandlungsmethoden zählt. Die vorliegende Dissertation konzentriert sich auf unterschiedliche Aspekte, die die Dissemination dieses Ansatzes verbessern sollen. In einer Übersichtsarbeit (Ginzburg & Stangier, im Druck) wird zunächst ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Diagnostik und Therapie der Sozialen Phobie gegeben. Die Ergebnisse aktueller Metaanalysen zur Behandlung werden kritisch diskutiert. Besondere Beachtung wird dem kognitiven Therapieansatz nach Clark und Wells (1995) geschenkt, der mit sehr hohen Effektstärken beeindruckt. Diese Therapie wurde in mehreren randomisiert-kontrollierten Studien untersucht und zeigte sich Therapieformen wie der Interpersonellen Therapie (Stangier, Schramm, Heidenreich, Berger, & Clark, 2011; Mörtberg, Clark, Sundin, & Aberg, 2007), medikamentöser Therapie (Clark et al., 2003) oder Entspannungsverfahren (Clark et al., 2006) deutlich überlegen. Neueste Forschungsbefunde zu den einzelnen Komponenten dieser Therapie werden im Hinblick auf ihre aufrechterhaltende Funktion sozialer Ängste und ihrer Effektivität diskutiert.
In einer zweiten Publikation (Ginzburg, Bohn, Stangier & Steil 2011) wird der kognitive Ansatz nach Clark und Wells auf eine komplexe, mit starker körperlicher Symptomatik verbundene Form der Sozialen Phobie, angewendet und evaluiert. Paruresis (Williams & Degenhardt, 1954) bezeichnet die Angst, auf öffentlichen Toiletten zu urinieren, und geht mit einem psychogenen Harnverhalt (Hammelstein, Pietrowsky, Merbach, & Brahler, 2005; Soifer, Nicaise, Chancellor, & Gordon, 2009) einher. Publikation dokumentiert, wie das kognitive Modell nach Clark und Wells (1995) bei Betroffenen mit starken körperlichen Symptomen angewendet werden kann. In dem theoretischen Teil der Arbeit wird auf die Notwendigkeit einer genauen Operationalisierung der mit dem Störungsmodell verknüpften Interventionen hingewiesen und anhand einer Falldarstellung veranschaulicht. Für die Praxis ergibt sich die Konsequenz, dass das kognitive Modell einen flexible Fallkonzeption und Behandlungsplanung ermöglicht und auch auf untypische Behandlungsfälle übertragbar ist.
Die flexible und kompetente Umsetzung von Interventionen spielt allerdings nicht nur bei komplexen Fällen eine Rolle. Im Rahmen der Psychotherapieprozessforschung ist der Therapeutenfaktor bei der Umsetzung der Therapiemethode und ihrer Interventionen von
großer Bedeutung und beeinflusst maßgeblich die Effektivität der Behandlung (Perepletchikova & Kazdin, 2005). In randomisiert-kontrollierten klinischen Studien wird ein großes Augenmerk auf die Behandlungsintegrität, d.h. die Umsetzung von Behandlungsvorgaben durch den Therapeuten (Waltz, Addis, Koerner, & Jacobson, 1993; Weck, Bohn, Ginzburg, & Stangier, 2011), gelegt. Bislang liegen jedoch noch keine gesicherten Hinweise vor, ob die manualgetreue Durchführung der Interventionen an sich (Adhärenz), oder auch die kompetente Anpassung dieser Interventionen an den jeweiligen Behandlungskontext (Kompetenz), zu besseren Ergebnissen in der kognitiven Therapie sozialer Phobien führt. In Studie 3 (Ginzburg, Bohn, Weck, Clark und Stangier, submitted) wird der Einfluss von Adhärenz und Kompetenz auf das Therapieergebniss bei Patienten mit Sozialer Phobie überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass eine höhere Kompetenz, nicht jedoch Adhärenz, bei der Anwendung der vorgesehenen Interventionen auch mit einem besseren Behandlungserfolg einhergeht. Von besonderer Bedeutung für die Vorhersage des Therapieerfolges waren spezifisch verhaltenstherapeutische Kompetenzen.
Obwohl Adhärenz und Kompetenz des Therapeuten die Effektivität von
Psychotherapie signifikant beeinflussen, gehen vergleichsweise nur wenige Studien dieser Fragestellung nach (Perepletchikova, Treat, & Kazdin, 2007). Der hierfür notwendige hoher Zeit- und Kostenaufwand ist eine der wesentlichen Ursachen hierfür (Perepletchikova, Hilt, Chereji, & Kazdin, 2009). Um Adhärenz und Kompetenz reliabel und valide einschätzen zu können, sind Audio- bzw. Videoanalysen von Therapiesitzungen durch unabhängige und trainierte Beurteiler die Methode der Wahl. Die Reduktion des Zeitaufwandes durch die Konzentration auf relevante Videoausschnitte könnte zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Psychotherapieforschung darstellen. In Studie 3 (Weck, Bohn, Ginzburg und Stangier, 2011) wird untersucht, ob therapeutische Adhärenz und Kompetenz auch auf der Grundlage von Sitzungsausschnitten reliabel erfaßt werden kann und den Therapieerfolg vorhersagen kann. Beim Vergleich von zwei Ratingmethoden zeigte sich, dass die genauesten Aussagen anhand der Analyse einer ganzen Sitzung getroffen werden konnten.
Zusätzlich zeigten jedoch auch die Kompetenz- und Adhärenz-Einschätzungen des mittleren Sitzungsausschnittes einen hohen Zusammenhang zu den Ratings der Gesamtsitzung. Hieraus kann die Schlußfolgerung gezogen werden, dass die Analyse von Sitzungsausschnitten eine ökonomische Alternative zu der bisherigen Forschungspraxis darstellen kann, vollständige Sitzungen zu untersuchen.
Werte sind zentraler Bestandteil der persönlichen wie sozialen Identität und spielen eine wichtige Rolle für das menschliche Erleben und Verhalten. Bisher wurden Werte aber immer nur als normative Richtlinien oder motivationale Grundlagen verstanden, an denen sich Personen bewusst orientieren oder auf die sie sich zu bewegen. Erste Forschungsergebnisse konnten nachweisen, dass Personen unabhängig davon auch von Unwerten geleitet werden, an denen sie sich bewusst nicht orientieren oder von denen sie sich wegbewegen (Van Quaquebeke, Kerschreiter, Buxton, & van Dick, 2010). Vor diesem Hintergrund stellen die zentralen Ziele dieser Dissertation die theoretische Herleitung der Trennung von Werten und Unwerten und der praktische Nachweis des Einflusses beider Werteorientierungen auf das menschliche Erleben und Verhalten dar. In dem ersten Manuskript, das dieser Dissertation zugrunde liegt, erfolgte die konzeptionelle Herleitung und Trennung von Werten und Unwerten. Durch das Aufzeigen des theoretischen Ursprungs beider Werteorientierungen konnten explizite Hypothesen zu ihrer Trennung und unabhängigen Wirkung, vor allem in organisationalen- und Führungs-Kontexten, hergeleitet und aufgestellt werden. In dem zweiten Manuskript konnte in zwei Feldstudien (N1 = 131 und N2 = 136) aufgezeigt werden, dass sich Werte und Unwerte empirisch tatsächlich voneinander unterscheiden lassen und unterschiedliche Einflüsse auf die Wahrnehmung ihrer Mitarbeiter und die Ausmaße an Identifikation und Respekt haben. In dem dritten Manuskript konnte in einer Feldstudie (N1 = 95) und einer Szenariostudie (N2 = 137) nachgewiesen werden, dass ideale Werte, die durch Führungskräfte verkörpert werden, darüber hinaus die Wahrnehmung ihrer Mitarbeiter und die Ausmaße an Identifikation und Anerkennung positiv beeinflussen. Das gilt besonders für interne Führungskräfte, die die Mitarbeiter schon länger führen und als Teil der Arbeitsgruppe angesehen werden. Insgesamt weist diese Dissertation auf die Bedeutung einer differenzierten Darstellung und Betrachtung von Werteorientierungen und Wertesystemen hin und liefert mit der Einführung von Unwerten in die (organisationale) Forschung einen wichtigen Beitrag zur Erforschung ihres Einflusses auf das Erleben und Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern.
Gedächtnisaspekte, die auch mit zunehmendem Alter stabil und zuverlässig bleiben, sind in heutiger Forschung von besonderem Interesse. Studien im Bereich des Gedächtnisses für einfache Handlungen konnten zeigen, dass dieses Itemmaterial besser erinnert wird, wenn es während der Einprägephase motorisch ausgeführt wird (vgl. z.B. Knopf, 1995) im Gegensatz zum rein verbalen Einprägen vergleichbaren Materials. Dieser Gedächtnisvorteil des handelnden Enkodierens, der so genannte Handlungseffekt, ist auch bei älteren Probanden zu beobachten. Da der Handlungseffekt altersübergreifend vergleichbar groß ist, erreichen Ältere auch bei handelndem Enkodieren nicht das Leistungsniveau Jüngerer (Alterseffekt, z.B. Knopf, 2005).
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich vor allen Dingen mit der Frage, ob die Gedächtnisleistung nach handelndem und verbalem Enkodieren bei einer Wiederholung der Lernaufgabe mit jeweils neuem Lernmaterial noch gesteigert werden kann. Dabei wurden mögliche enkodiertypabhängige sowie altersabhängige Leistungsunterschiede untersucht. Weiterhin wurde geprüft, ob eine beobachtete Leistungssteigerung nach wiederholtem Lernen mit jeweils neuem Lernmaterial auch nach einem halben Jahr noch zu beobachten ist. In zwei zusätzlichen Fragestellungen wurde theoretischen Erklärungen des Handlungseffektes nachgegangen, indem die seriellen Positionskurven sowie der zeitliche Verlauf des Abrufes untersucht wurden.
Zur Untersuchung der Fragestellungen wurden verschiedene Studien mit Jüngeren und Älteren durchgeführt. Das Lernmaterial bestand aus Serien von einfachen Handlungsphrasen, welche entweder durch Ausführen oder verbal enkodiert und in unmittelbaren freien Erinnerungstests reproduziert wurden. Zur Untersuchung einer möglichen Leistungssteigerung nach Wiederholung der Lernaufgabe mit jeweils unterschiedlichem Material wurden vier Termine in wöchentlichem Abstand angesetzt. Um die Stabilität der Leistung nach einem halben Jahr zu untersuchen, wurde ein fünfter Messzeitpunkt realisiert.
Die Ergebnisse zeigen eine Replikation von Handlungs- und Alterseffekt (Knopf, 2005). Eine Wiederholung der Aufgabe mit jeweils neuem Lernmaterial führt unabhängig vom Alter der Teilnehmer oder der Enkodierbedingung zu einer ähnlichen Steigerung der Gedächtnisleistung, die auch nach einem halben Jahr noch nachweisbar ist. Die Untersuchungen der seriellen Positionskurven des Abrufes zeigen, dass nach handelndem Enkodieren vor allen Dingen die letzten Items der zu lernenden Itemserie eine erhöhte Erinnerungswahrscheinlichkeit haben. Auch der Alterseffekt scheint eher in den letzteren seriellen Positionen einer Itemserie begründet zu sein, wobei diese Positionen bei verbalem und handelndem Enkodieren unterschiedlich sind. Die Leistungssteigerung zeigt sich bei beiden Enkodierbedingungen in einer signifikanten Steigerung der mittleren Positionen der seriellen Positionskurven, beim verbalen Enkodieren zusätzlich in einer Steigerung der letzen Positionen. Demnach führen bei den beiden Enkodierbedingungen unterschiedliche Veränderungen zum Leistungsanstieg. Bei der Betrachtung des zeitlichen Verlaufes des Abrufes kann zudem gezeigt werden, dass der Abruf nach handelndem Enkodieren schneller abzulaufen scheint.
Ausgehend von dem sprachsystematischen und entwicklungsorientierten Therapiean-satz nach Reuter-Liehr (1993, 2008) wurde aufbauend auf der Definition der Lauttreue ein Entwicklungsstufenmodell formuliert. Dessen Gültigkeit wurde in der vorliegenden Arbeit an einer Stichprobe von 367 Haupt- und Gymnasialschülern der 5., 6. und 7. Klasse untersucht. Die Überprüfung der Validität erfolgte über zwei Messebenen. Zum einen wurde jede einzel-ne Laut-Buchstabenverbindung als eigenes Item betrachtet. Gemessen wurde, wie viele Laut-Buchstabenverbindungen einer bestimmten Entwicklungsstufe der Schüler korrekt geschrie-ben hat. Zum anderen erfolgte die Entwicklungsstufenanalyse auf Basis der Wortebene über die Auswertung der richtig und falsch geschriebenen Wörter. Hier bestimmt die hierarchie-schwierigste Stelle im Wort, welcher Entwicklungsstufe das Wort zugeordnet wird.
Das Entwicklungsstufenmodell gemäß der Definition der Lauttreue nach Reuter-Liehr hat sich mit Ausnahme einer Subskala ( <ie> am Ende einer Silbe, <ß> zu Beginn der Silbe) auf der Laut-Buchstabenebene als hoch valide erwiesen. Mit Hilfe der Häufigkeit des Vor-kommens des Buchstabens in der deutschen Schriftsprache sowie der Komplexität der Silben-struktur kann der Schwierigkeitsgrad eines Buchstabens oder einer Buchstabenkombination vorhergesagt werden. Eine Zusammenschau der Ergebnisse legt für die Laut-Buchstabenebene ein vierfaktorielles hierarchisches Leistungsprofil nahe, indem zwischen den Grundlegenden Phonemanalytischen Kompetenzen (GPhK), den Fortgeschrittenen Phonemanalytischen Kompetenzen (FPhK) sowie den Regel- und Speicherkompetenzen un-terschieden wird. Das mitsprechbare <ie> sowie das <ß> sind in ihrer Schwierigkeit eher mit den Regel- als mit den Phonemstellen vergleichbar. Die Ergebnisse auf Wortebene sprechen für ein Zwei-Faktoren-Modell, indem zwischen den Phonemanalytischen- (PhK = GPhK + FPhK) und den Fortgeschrittenen Rechtschreibkompetenzen (FRK = RK + SK) unterschieden wird.
Im Hinblick auf die Praxis liegt mit der Testauswertung auf der Laut-Buchstabenebene ein geeignetes Instrument für förderdiagnostische Zwecke vor. Die Entwicklungsstufenanaly-se auf Basis der korrekt und falsch geschriebenen Wörter hat sich als hoch ökonomisches und prognostisch valides Kurzauswertungsverfahren zur Identifikation von basal gestörten Recht-schreibern erwiesen.