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Sprache und Depression : sechs Parameter zur Untersuchung depressiver Stimmungen in der Sprache
(2005)
Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Sprache und Depression. Es ist allgemein bekannt, daß die Stimmung sich in der Stimme widerspiegelt, aber es ist nach wie vor schwierig, meßbare und vor allem reproduzierbare Ergebnisse vorzulegen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob man durch Modifizierung einer „gesunden“ Stimme eine veränderte Stimmung „künstlich“ erzeugen kann. Hierzu wurden folgende sechs Sprachparameter verwendet: Sprechpausen, reine Sprechzeit, Gesamtsprechzeit der Aufnahme, Dynamik, F0-Amplitude d. h. das Verhältnis von Obertönen zur Grundfrequenz und Tonhöhenveränderung um einen Halbton. Diese sechs Parameter werden neben weiteren Parametern in der Literatur als Kriterien aufgeführt, anhand deren sich die Sprache depressiver Menschen von der gesunder Menschen unterscheidet. Für die Untersuchung erfolgten zunächst die Stimmaufzeichnungen von 26 gesunden Probanden. Anschließend wurden die auf diese Weise erhaltenen Sprechproben modifiziert. Damit sich die Ergebnisse am Ende eindeutig den jeweiligen Parametern zuordnen lassen, wurde pro Sprechprobe stets nur ein Parameter gleichzeitig verändert, teilweise auch in verschiedenen Abstufungen. Schließlich wurden sowohl die bearbeiteten Sprechproben als auch die unveränderten Stimmproben Hörern zum Vergleich vorgelegt. Diese sollten allein anhand der aufgezeichneten Stimmproben die Stimmungslage der Sprecher auf der Visuellen-Analog-Skala einschätzen. Es zeigten sich signifikante Ergebnisse v. a. bei Veränderungen des Zeitfaktors. In der Auswertung wird das deutlich bei der Untersuchung der Parameter Gesamtlänge, Sprechpausenzeit und reine Sprechzeit. So führten die Gesamtlängenverlängerungen um 10 % und 20 % zu einer signifikanten Einschätzungsänderung der Stimmungslage in Richtung der Depressivität und die Gesamtlängenverkürzung um 20 % zur Beurteilungsänderung der Stimmungslage entgegen der Depressivität. Die Sprechpausenverlängerung um 2,2s zeigte eine signifikante Einschätzungsänderung in Richtung der Depressivität. Das Verlängern der Pausen um 1,1s, 1,7s aber auch um 2,7s führten in diesem Versuch zu keinen signifikanten Ergebnissen. Die 20%-Sprechzeitverlängerung weist in zwei von drei Fällen eine signifikante Einschätzungsänderung in Richtung der Depressivität auf. Nicht alle ausgewählten Merkmale sind gleichermaßen gut zur Modifizierung geeignet. So führten in dieser Studie weder die Dynamikminderungen um 7 dB, noch die Dynamiksteigerungen um 6 dB zu signifikanten Aussagen in der Stimmungsbewertung. Ebenso hatten die F0-Amplitudenzunahmen und die F0-Amplitudenabnahme keinen signifikanten Einfluß auf die Einschätzung. Die dynamische Herabstimmung der Tonhöhe um einen Halbton beeinflußte deutlich die Stimmbewertung, jedoch zeigte sich hier kein Trend in positiver Richtung. Die Stimme wurde depressiv klingend wahrgenommen. Die Annahme, daß einzelne Parameterveränderungen die Stimme meßbar depressiver klingen lassen, trifft in dieser Studie insbesondere für die zeitlichen Parameter, d. h. für die Gesamtlänge, die Sprechzeit und die Sprechpausen zu, nicht jedoch für die Dynamik, die F0-Amplitude. Der letzte Parameter, die Tonhöhenveränderung um einen Halbton, weist auf einen entgegengesetzten Zusammenhang hin.
Qualitätsmanagement in der Arztpraxis : Begleitung eines Managementprojekts im Ärztenetz MQLD
(2005)
Im Jahr 2000 wird im MQLD (Medizinisches Qualitätsnetz Langen-Dreieich), einem Ärztenetz in Südhessen, das Modellprojekt "Personalentwicklung und Mitarbeiterschulung" auf der Basis der DIN EN ISO 9001:2000 entwickelt, das Arbeitsbereiche wie Praxismanagement, Patientenservice und Kommunikation mit den Patienten durch themenbezogene Trainingseinheiten, aufbauend auf den Ergebnissen einer fragebogenbasierten Patienten- und Mitarbeiterbefragung, verbessern soll. Das Projekt wird von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen mitfinanziert und von der Firma Medizin-QM durchgeführt. Es ist als "dynamisches Modell" konzipiert und damit vergleichbar mit anderen QM-Systemen (QM = Qualitätsmanagement) wie EPA (Europäisches Praxisassessment) oder dem System der Berlin-Chemie. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, das QM-Projekt als Beginn einer dynamischen Entwicklung darzustellen, die Ergebnisse der einzelnen Schritte zu diskutieren und die Bedeutung des Projekts für das Umfeld von QM in der ambulanten Krankenversorgung zu erörtern. • Der Projektplan dient als Grundlage. Er definiert grundlegende Fragen zu Bearbeitungsobjekt, Projektzielen, Zusammenhang zwischen Projekt und Qualitätspolitik der Einrichtung, Evaluation, Verantwortlichkeit, Kooperation, Zeitplan, Logistik, Ablauf, Dokumentation und Integration der Ergebnisse in den Alltag. Die Kontinuitätseinführung von QM fehlt im Plan des MQLD-Projekts. Dadurch bleiben Projektziele wie die systematische Verbesserung der Netzkommunikation und die kontinuierliche Steigerung der Mitarbeiterleistung unerreicht. • Ein Projekt muss an die gegebene Infrastruktur angepasst werden. Das MQLDProjekt erreicht dies durch die Erstellung des Praxisprofils und zum Teil mittels der oben angeführten Ergebnisse der Ärzte-, Mitarbeiter- und Patienten-Befragung. • Eine Teilnahmequote von 17% der Praxen (9 von 53) ist zu gering. Die Quote kann in zukünftigen Projekten erhöht werden durch die Setzung positiver Teilnahmeanreize wie zum Beispiel Bonitätsregelungen, durch die Überzeugung, dass QM zur Verringerung des Arbeitsaufwands führt und durch optimale Information potentieller Projektteilnehmer. • Die Teilnahmequote der Mitarbeiter liegt mit 66% (31 von 47) im akzeptablen Bereich. Sie korreliert eng mit der Motivationsfähigkeit des Arztes. QM muss als Unternehmenskultur gelebt und Führungsaufgabe werden. • Die Zahl der teilnehmenden Patienten liegt mit 528 (verteilt auf acht Praxen) im unteren Akzeptanzbereich einer Stichprobengröße. In mindestens zwei Praxen ist die Patientenzahl mit 29 beziehungsweise 36 aber deutlich zu gering. Die Auswahl einer ausreichend großen und möglichst repräsentativen Patientenstichprobe von mindestens 50 bis 100 Patienten aus jeder Praxis und die Verteilung der Fragebögen müssen in Zukunft systematisch erfolgen, das heißt beispielsweise durch ein fortlaufende Ausgabe der Bögen inklusive eines frankierten Rückumschlags im Rahmen eines persönlichen Gesprächs. • Aufgrund besserer Vergleichbarkeit der Ergebnisse, insgesamt geringeren Zeit- und Organisationsaufwands, besserer Standardisierungsmöglichkeiten und wegen der Möglichkeit der Bearbeitung größerer Zahlen sind Fragebögen als quantitative Erhebungsinstrumente qualitativen Erhebungsinstrumenten wie beispielsweise Focus-Group-Discussions vorzuziehen. Die mangelhafte Erfassung unterrepräsentierter Gruppen, die Informationsfilterung und Praxisferne durch schriftliche Meinungsäußerung und die zeitlich verzögerte Rückmeldung müssen dafür in Kauf genommen werden. Fragebögen müssen dabei valide, reliabel, diskriminierungsfähig und einheitlich sein. Die eingesetzten Bögen erfüllen diesen Anspruch nicht. So ist auch der anzustrebende Vergleich der Ergebnisse mit externen Daten (Querschnittstudie) nicht möglich. • Mitarbeiterbeteiligung in Form von Befragung, Beurteilung und Schulung mit Fokussierung auf die Schwerpunkte Weiterbildung und Organisation der Arbeit ist essentiell für eine erfolgreiche Personalführung und führt zu qualitätsbewußten Mitarbeitern. Sie ist eines der Schlüsselelemente des modernen QM. Die Beurteilungsfähigkeit der Ärzte muss vor einer Mitarbeiterbeurteilung sichergestellt werden. • Eine Patientenbefragung ist als Teil des QM-Schlüsselelements ´Kunden´- Orientierung ein essentieller Bestandteil eines Projekts. • Die Schulungsveranstaltungen werden an die spezifischen Gegebenheiten und an die Befragungsergebnisse angepasst. Geschult werden die Bereiche Praxismanagement, Patientenservice und Marketing, Kommunikation mit den Patienten, Personalbeurteilung und -entwicklung und Netzkommunikation. • Die Durchführung der Schulungsveranstaltungen wird von den Teilnehmern für ausreichend bis mangelhaft befunden. Die angekündigten Lehrmethoden werden nicht eingesetzt. Die didaktische Qualität der Ausbilder ist daher sicherzustellen. • Im Vergleich mit anderen QM-Systemen zeigen sich Kompatibilitäten von Grundkonzepten, Themenschwerpunkten und einzelnen Bausteinen. Validierung und Zertifizierung des MQLD-Projekts sind jedoch unzureichend. Abschließend ist zu betonen, dass es sich beim QM-Projekt des MQLD um ein Modell handelt, das für die künftige QM-Arbeit in der Arztpraxis weiterentwickelt und optimiert werden muss. Es stellt lediglich die Basis der Entwicklung weiterer QM-Projekte dar.
Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine retrospektive, klinische Studie, die die Bedeutung prognostischer Faktoren beim Morbus Hodgkin behandelt. Das Patientenkollekiv umfasst 136 Patienten, die an Morbus Hodgkin erkrankt sind. Mittels der bisher verwendeten und damals etablierten Risikofaktoren und der Stadienklassifikation nach Ann Arbor erfolgte eine prognostische Einteilung, anhand deren das jeweilige Chemotherapieprotokoll festgelegt worden ist. Zunächst wurden die Patienten anhand ihrer Risikofaktoren in zwei Gruppen untergliedert, die prognostisch günstigere, EBOEP I-Gruppe und die prognostisch ungünstigere EBOEP II-Gruppe. Nach Einführung des EEP-Protokolls wurde eine dritte Patientengruppe gebildet, die sich, genau wie die EBOEP I-Gruppe, in einem günstigen Stadium befand und nun nach dem EEP-Schema behandelt wurde. Der Vergleich der prognostischen Einteilung nach den Risikofaktoren mit dem neu entwickelten prognostischen Index nach Hasenclever et. al führte zu einem überraschenden Resultat. Nach der alten Einteilung anhand der Risikofaktoren zeigen beide EBOEP-Gruppen nahezu gleiche Ergebnisse mit 2,16 und 2,59 Risikofaktoren pro Patient für EBOEP I und EBEOP II. Die EEP-Patienten haben ein günstigeres Ergebnis mit 1,17 Risikofaktoren pro Patient. Verwendet man den neuen geprüften Prognostischen Index zur Einteilung derselben Patienten, erhält man andere Werte. Hierbei zeigen die Patienten der EBOEP I- und der EEP-Gruppe ähnliche prognostische Eigenschaften mit einem prognostischen Index pro Patient mit 1,48 bzw. 1,43 für die jeweiligen Gruppen. Betrachtet man sich nun das rezidivfreie Überleben nach 5 Jahren erkennt man deutlich schlechtere Ergebnisse der EEP- im Gegensatz zur EBOEP I-Gruppe. Auch die Resultate der Überlebenswahrscheinlichkeit nach 5 Jahren ist für das EEP-Patientenkollektiv ungünstiger. Dies bedeutet, dass die vermeintlich prognostisch günstigere Patientengruppe schlechtere posttherapeutische Ergebnisse zeigt. Der Grund dafür liegt darin, dass anhand der Einteilung nach den alten Risikofaktoren eine günstige Prognose erwartet worden ist und die Patienten eine weniger intensive Chemotherapie erhielten. Nach dem neuen prognostischen Index jedoch zeigten die Patienten der EEP-und der EBOEP I-Gruppe kaum Unterschiede. Die Bedeutung prognostischer Faktoren liegt darin, eine adäquate prognostische Einteilung treffen zu können, um die entsprechenden, der Krankheit angepassten, Therapiekonzepte anzuwenden. Weniger intensive Chemotherapien, die die Gefahren einer Zytostatika - bedingten Leukämie oder das Auftreten von Zweittumoren reduzieren, sind allerdings erstrebenswert für die Patientenkollektive mit einer gesicherten günstigen Prognose, die auch mit dieser geringer dosierten Therapie zuverlässig geheilt werden können.
Osteosynthesematerialien aus resorbierbaren Materialien finden aufgrund ihrer zunehmenden biomechanischen Stabilität eine immer höhere Akzeptanz. Die vorgelegte Untersuchung vergleicht die knöcherne und okklusale Stabilität von solchen Osteosynthesesystemen aus resorbierbaren Materialien im Vergleich mit konventionellen Titanminiplatten in der orthognathen Chirurgie. Untersucht wurden 100 Patienten in einem Nachsorgezeitraum von bis zu 4 Jahren. Die Beurteilung erfolgte klinisch und röntgenologisch anhand von Fernröntgen-Seiten-Aufnahmen. In die Studie gingen ein fünfzig Patienten, die mit resorbierbaren Platten versorgt worden waren, 16 davon mit Polylactid-Polyglycolid Copolymer Platten und 34 Patienten mit 70:30 Poly-L/DL-Lactid Copolymer Platten; fünfzig weitere Patienten, versorgt mit einem Titanminiplattensystem wurden als Kontrollgruppe gewertet. Zunächst konnte gezeigt werden, dass die Gruppen zueinander homogen waren, es unterschieden sich die effektiven intraoperativen Bewegungen von Studien und Kontrollgruppe statistisch nicht signifikant, gleiches galt im Vergleich der resorbierbaren Platten untereinander. Bei der Datenauswertung konnte nachgewiesen werden, dass die absolute und relative Instabilität weder zwischen den Studiengruppen noch der Kontrollgruppe noch zwischen den resorbierbaren Plattensystemen untereinander signifikant unterschiedlich war. Die postoperative 1-Jahres Stabilität unterschied sich dabei ebenfalls nicht signifikant von der 4-Jahres Stabilität. Alle untersuchten Osteosynthesesysteme zeigten im Oberkiefer eine höhere Stabilität als im Unterkiefer und gleichzeitig eine größere Stabilität in der anterior-posterioren Richtung als in der inferior-superioren Richtung. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen der klinischen Stabilität von PLGA oder P(L/DL)LA-Miniplatten gefunden. Allerdings konnte auch belegt werden, dass der Einsatz resorbierbarer Unterkieferosteosynthesen eine sehr gute Compliance des Patienten bezüglich geführter Okklusion und Nachsorge voraussetzte. Als nachteilig bei den resorbierbaren Systemen konnte sowohl für den Oberkiefer als auch für den Unterkiefer eine leicht erhöhte Mobilität bis zu 6 Wochen nach der Operation festgestellt werden, die jedoch in keinem Fall das operative Ergebnis beeinflusste. Vielmehr ermöglichten resorbierbare Osteosynthesen eine bessere postoperative okklusale Einstellung. Weiteren Nachteil der resorbierbaren Osteosynthesesysteme bedeuten die hohen Kosten, die heute noch weit über denen von Titanminiplatten liegen. Zukünftige Entwicklungen gehen dahin, das Plattendesign weiter zu optimieren, wie z.B. neuartige pinbasierte Fixationssysteme einzusetzen, wie sie in der Extremitätenchirurgie teils bereits benutzt werden. Fernziel für die Zukunft ist die Entwicklung eines resorbierbaren Osteosynthesesystems, das sich bei geringen Herstellungskosten und miniaturisiertem Plattendesign auch minimalinvasiv einbringen lässt.
Das Hepatitis C Virus (HCV) ist Auslöser einer oftmals chronisch verlaufenden Leberentzündung mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose und deren Folgen. Die weltweite Prävalenz der Hepatitis C beträgt ca. 3%; allein in Deutschland treten jährlich mehr als 5000 Neuinfektionen auf. Das HCV lässt sich aufgrund phylogenetischer Untersuchungen in mindestens 6 Genotypen und jeweils mehrere Subtypen einteilen, wobei der HCV Subtyp 1b in Europa am häufigsten vorkommt. Die Hepatitis C Forschung wurde lange Zeit durch das Fehlen eines geeigneten Zellkulturmodells erschwert. Mit der Etablierung eines stabil replizierenden Zellkulturmodells in humanen Hepatomazellen 1999 durch Lohmann et al. wurden erstmals molekularbiologische Untersuchungen in grossem Umfang möglich. Die seither existierenden Zellkulturmodelle haben jedoch den Nachteil, dass nicht definiert ist, wie sich das Isolat, aus dem das Replikon geschaffen wurde, klinisch verhält. Unter einer Interferon-basierten Therapie sprechen manche Patienten mit einer dauerhaften Negativierung der HCV RNA Konzentration an (sustained responder, SR), während bei anderen sowohl während als auch nach Therapieende weiterhin HCV RNA im Blut nachweisbar ist (non-responder, NR), obwohl beide Patienten mit demselben Subtyp von HCV infiziert sind und dieselbe Therapie erhalten. Die Ursachen für dieses unterschiedliche Therapieansprechen sind basierend auf Mutationsstudien von HCV Isolaten von Patienten mit unterschiedlichem Therapieansprechen zumindest teilweise genomisch bedingt. Daher wurden in der vorliegenden Arbeit zwei Konsensusklone zur Einbringung in ein replikatives Zellkulturmodell aus HCV Subtyp 1b Isolaten geschaffen, deren klinisches Verhalten unter Therapie klar charakterisiert ist. Dazu wurde Serum von je einem Patienten herangezogen, der unter definierten Studienbedingungen als SR oder NR bekannt war. Aus den Sera wurde die Virus-RNA extrahiert und mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten RT-PCR-Protokolls und anschließender Klonierung in E. coli vervielfältigt. Um zufällige Mutationen und seltene Quasispezies auszuschließen, wurde dann nach vollständiger Sequenzierung von jeweils vier Einzelklonen mittels gezielter Mutagenese und Umklonierung eine Konsensussequenz geschaffen, die einen Durchschnitt der am häufigsten vorkommenden Quasispezies darstellt. Diese Konsensusklone wurden in einen Vektor zur Herstellung von RNA Transkripten eingefügt, so dass die Transkripte direkt zur Einbringung als Replikons in Zellkulturen genutzt werden können. Mit diesen klinisch charakterisierten Isolaten kann nun erstmals nach Unterschieden geforscht werden, die ursächlich für Therapieerfolg oder –misserfolg sein könnten. So können eventuell neue Therapieformen gefunden oder bereits vor Beginn einer Therapie eine Aussage zur Prognose getroffen werden.
Die Multiple-Sklerose (MS)-Mortalität 1975-1993 im Bundesland Nordrhein-Westfalen wurde kreisweise (n=54) ausgewertet und hinsichtlich geographischer Verteilung und Beziehung zu geoklimatischen und soziokulturellen Faktoren, vorwiegend aus den 1950er und 1970er Jahren, hin untersucht. Die jährliche MS-Rohmortalität betrug für das gesamte Bundesland 1,27 / 100000 und war damit vergleichbar der Rate in Baden-Württemberg (1,30 / 100000), jedoch niedriger als in Hessen (1,50 / 100000) und Rheinland-Pfalz (1,47 / 100000). Das Verhältnis Frauen / Männer betrug 1,17. Während sich für die vier zeitlichen Untereinheiten (1975-79; 1980-84; 1985-89; 1990-93) ein signifikant abnehmender Trend für die MS-Mortalität ergab, ließ die geographische Verteilung einen klassischen Nord-Süd-Gradienten vermissen. In der bivariaten Analyse nach Spearman ergab sich für alle Stadt- und Landkreise (n=54) eine signifikante (p <= 0,05) Korrelation für folgende Variable: „Fortzüge / Bevölkerung“ (negativ), „tatsächlich betriebene Betten in Sonderkrankenhäusern / Bevölkerung“, „Standardisierte Mortalitätsrate (SMR) 1976-80 des Kolonkarzinoms der Frauen“, „Ozon in µg / m³ Luft 1992“ und „Nickelverbindungen im Schwebstaub in µg /m³ 1989“. Öffentliche und private Realschulen, papiererzeugende und –verarbeitende Industrie, SMR des Blasenkarzinoms der Männer, Kraftfahrzeugdichte (negativ), Benzol- und Trichlorethan-Immission waren grenzwertig mit der MS-Mortalität assoziiert. In der nach Kreisgrößenklassen stratifizierten Analyse waren in den Stadtkreisen (n=23) „öffentliche und private Realschulen“, „Schülerzahlen an Realschulen“, „Beschäftigte in der Gesamtindustrie 1954 und 1976“, „Beschäftigte in der Metallindustrie 1954 und 1976“, Beschäftigte in der Textilindustrie 1976“, „Beschäftigte in der papiererzeugenden Industrie 1976“ (alle pro Bevölkerung), „Haus- und Kleingärten / Gesamtwirtschaftsfläche“, „SMR des Rektumkarzinoms 1976-80 der Männer“ (negativ) und „SMR des Hodgkin-Lymphoms 1976-80 der Männer“ mit der MS-Mortalität signifikant korreliert. In den Landkreise (n=31) zeigte sich für „Ärzte“, „tatsächlich betriebene Betten in Allgemeinkrankenhäusern“ und „tatsächlich betriebene Betten in Sonderkrankenhäusern“ (alle pro Bevölkerung), „SMR 1976-80 des Kolonkarzinoms der Frauen“, „Nickelverbindungen im Schwebstaub in µg / m³ 1989“ und „Arsenverbindungen im Schwebstaub in µg / m³ 1989“ eine signifikante Assoziation, während alle Klimadaten nicht signifikant waren. In der schrittweisen multivariaten Analyse für alle Kreise (n=54) schieden mit der „Backward elimination“- Methode alle Variablen aus dem Modell aus. Von den zahlreichen bivariat korrelierten Variablen waren die papierzeugende Industrie und das Kolonkarzinom bemerkenswert, da sie auch in einem Teil anderer untersuchter Regionen mit der MS-Rate verknüpft waren. Die Umweltparameter bedürfen zunächst der Bestätigung in weiteren Arealen.
Das CD-44-Molekül ist ein membranständiger Oberflächenrezeptor, der als Adhäsionselement von Tumorzellen im Rahmen der Metastasierung genutzt wird. Berichte verweisen auf eine direkte Korrelation zwischen CD-44-Expression eines Tumors und der klinischen Prognose. Darüber hinaus kann der CD-44-Rezeptor auch intrazelluläre Signalwege aktivieren, und als solches Signalelement in die Regulation des Zellzyklus eingreifen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde postuliert, dass der CD-44-Rezeptor zellzyklusabhängige Veränderungen erfährt und sich daraus Modifikationen des Adhäsionsverhaltens von Tumorzellen ergeben.
Repräsentativ wurde an der Magenkarzinom-Zell-Linie MKN-45 die CD-44-Expression bzw. dessen Splice-Varianten während des Zellzyklus fluorometrisch untersucht (FACS-Analyse, konfokale Laserscan-Mikroskopie). Parallel wurde das Adhäsionsverhalten an isolierten und kultivierten humanen Endothelzellen evaluiert. Die Tumorzellen wurden zuvor mittels Aphidicolin synchronisiert. Als Kontrolle dienten nicht-synchronisierte Zellen.
Die Untersuchungen verdeutlichten eine spezifische Expression der CD-44-Varianten CD44v4, CD44v5, CD44v7. Die Inkubation der Tumorzellen mit Aphidicolin bewirkte eine ausgeprägte Akkumulation von MKN-45-Zellen in der S-Phase. Nach Absetzen des Aphidicolins und Freisetzung in den Zellzyklus kam es zur signifikanten zyklusabhängigen Modulation der Rezeptorexpression. CD44v4, CD44v5 und CD44v7 waren in der G2/MPhase gegenüber der G0/G1- und S-Phase deutlich vermehrt auf der Membran detektierbar. In der G2/M-Phase erhöhte sich zudem signifikant die Adhäsionskapazität der MKN-45-Zellen. Blockadestudien mit gegen die CD-44-Varianten gerichteten monoklonalen Antikörpern belegten die CD-44-abhängige Tumorzell-Endothelzell-Interaktion.
Die Studien belegen zumindest am in vitro Zellkulturmodell die zellzyklus-gesteuerte CD-44-Expression und CD-44-abhängige Invasionseigenschaften von Tumorzellen. Es lässt sich daraus ableiten, dass eine anti-tumorale Therapie an zuvor synchronisierten Tumorzellen womöglich besonders effektiv sein kann. Auch die pharmakologische Blockade des CD-44-Rezeptors könnte einen anti-tumoralen Effekt besitzen.
Die Laser-in-situ-keratomileusis (LASIK) gilt als die am häufigsten durchgeführte refraktivchirurgische Maßnahme weltweit und wird als eine sichere Methode zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten im Bereich von -8 bis +4 Dioptrien angewandt. Zu den wenigen Komplikationen nach LASIK gehört die diffuse lamelläre Keratitis (DLK), eine sterile Entzündung, die zumeist zwischen dem ersten bis 10. postoperativen Tag durch die Spaltlampenuntersuchung diagnostiziert wird. Da die DLK in Einzelfällen fulminant und mit schwerwiegenden Wundheilungsstörungen der Kornea einhergehen kann, ist die weitere Beleuchtung der Genese und der morphologischen Zusammenhänge erforderlich. Um am lebenden Menschen diese Informationen in-vivo zu erlangen, kann das Verfahren der konfokalen Mikroskopie eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wurden 65 Augen von 35 Patienten nach LASIK mittels des konfokalen Mikroskops nach einem sowie nach 7 Tagen und dann nach einem Monat (30 Tage) systematisch untersucht. Hierzu wurde die Hornhaut in 5 Segmente eingeteilt, ein zentrales und 4 periphere, um die Daten auch topographisch vergleichen zu können. In der Konfokalmikroskopie fanden sich insgesamt in 183 Segmenten von 925 möglichen entzündliche Infiltrate. Am häufigsten traten Infiltrate am ersten (52 Augen), dann am siebten Tag (32 Augen) und letztlich am 30. Tag (7 Augen) auf und wiesen tendenziell eher weniger dichte Infiltrate (< 1000 Zellen/mm2) vor. Die topographische Verteilung zeigte, dass es v.a. zu Infiltraten in der Peripherie und besonders im oberen Segment 5 kommt. Typischer Weise nach LASIK erscheinende spindelartige Strukturen konnten in einem Zusammenhang mit entzündlichen Infiltraten nachgewiesen werden. Aktivierte Keratozyten, Nadeln, Débris, Falten und Epithelstippung wurden hingegen ohne Zusammenhang mit Infiltraten ermittelt. Im direkten Vergleich mit der Spaltlampenuntersuchung zeigte sich, dass sich weitaus seltener eine DLK in den entsprechenden Segmenten aufdecken ließ als durch das Konfokalmikroskop. Die topographische Verteilung konnte enthüllen, dass es bei der klinischen Routineuntersuchung zu Ungenauigkeiten in einzelnen Segmenten kam. Diese Messfehler zeigten sich v.a. im Segment 5 und jeweils im nasalen (2 oder 4). Mit Hilfe der Konfokalmikroskopie konnten diese Lücken aufgedeckt werden. Mittels der hier angestellten Untersuchungen konnten Infiltrate unter 1000 Zellen pro mm2 als reguläre Reaktion im Rahmen der Wundheilung von einer klassischen DLK nach LASIK abgegrenzt werden. Man könnte dieses Phänomen auch als DLK Grad 0 bezeichnen. In diesem Sinne ist die Konfokalmikroskopie als ergänzende Untersuchung zur Spaltlame zu sehen, denn sie kann in vielen zusätzlichen Fällen klären, wo sich noch entzündliche Infiltrate befinden, die die Spaltlampe aufgrund der geringeren Auflösung nicht aufzudecken vermag. Als ebenfalls sinnvoll erweist sich der Einsatz der Konfokalmikroskopie zur Einschätzung der Wundheilungsaktivität (aktivierte Keratozyten und Nadeln) nach LASIK und kann eventuelle Fragen bezüglich der Refraktionsstabilität zur Nachbehandlungsbeurteilung klären.
Beim Adenokarzinom des ösophago-gastralen Übergangs handelt es sich trotz einer erheblichen Weiterentwicklung in der Diagnostik und Therapie der gastrointestinalen Tumoren weiterhin um eine Erkrankung mit extrem schlechter Prognose. Im untersuchten Patientengut waren innerhalb eines Jahres bereits 67,9 % der Patienten verstorben. Es konnte nur bei 8,9% eine Heilung erreicht werden. Die Ursachen hierfür liegen in unterschiedlichen Bereichen. Obwohl er in den letzten Jahren vermehrt in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist, kommt es bei diesem Tumor immer noch zu einer oft verspäteten Diagnosestellung, sodass zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch eine palliative Therapie in Frage kommt. In der vorliegenden Studie bestanden bei 51,8% der Patienten zum Zeitpunkt der Operation bereits Fernmetastasen. Zum einen liegt das daran, dass der Tumor aufgrund seiner Lage erst relativ spät zu Beschwerden führt und es aufgrund der bisher nicht bekannten Ätiologie keine Präventions- oder Screening-Untersuchungen gibt, die wie beim Magenkarzinom zu einer Entdeckung und Behandlung früherer Erkrankungsstadien führen könnten. Zum anderen fehlt beim Kardiakarzinom immer noch ein einheitliches stadiengerechtes Therapiekonzept. Außer einer onkologischen Resektion, für die es oft genug bereits zu spät ist, kann den Patienten keine wirksame Therapie angeboten werden. Hier ist der erste Schritt die Einführung einer einheitlichen, bezüglich Therapie und Prognose aussagefähigen Klassifikation, wie die von Siewert vorgeschlagene, die in der vorliegenden Arbeit verwendet wurde. Wie gezeigt werden konnte, lässt sich die Klassifikation problemlos auf die Kardiakarzinome anwenden. In der vorliegenden Arbeit fand sich eine weitgehend gleiche zahlenmäßige Verteilung der Tumoren auf die Typen I-III wie in der Orginalpublikation von Siewert beschrieben. Die Klassifikation ermöglicht es, die Ergebnisse verschiedener Zentren zu vergleichen und schafft damit die Vorraussetzung für weitere Forschungen. Bisher wurden weder eine erfolgversprechende Radiatio, noch eine suffiziente Chemotherapie gefunden, diese Therapien beschränken sich weitgehend auf Versuchsreihen von Forschungszentren oder sind als palliative Therapieversuche zu sehen. Auch in der vorliegenden Arbeit wurde bei 23,2% aller Patienten eine palliative Radio- oder Chemotherapie durchgeführt. Da es sich zwar um einen in den letzten Jahrzehnten in der westlichen Welt an Häufigkeit zunehmenden, aber insgesamt seltenen Tumor handelt, gibt es nur wenige Studien mit größeren Fallzahlen. In dieser Arbeit wurden 56 Fälle untersucht, die in einem Zeitraum von 15 Jahren im Klinikum Offenbach behandelt wurden. Andere Autoren berichten über ähnliche Fallzahlen. Aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte lassen sich die Arbeiten zudem in der Regel nicht direkt vergleichen. Um ein evidenzbasiertes Therapiekonzept zu erstellen, wäre die Zusammenarbeit aller großen internationalen Tumorzentren nötig.
Zielsetzung dieser Arbeit war die Klärung der Frage inwieweit Schlafstörungen, die schon während der Trinkphase auftreten, in einem Zusammenhang mit Schlafstörungen im Entzug stehen. Ebenso sollte untersucht werden, ob Schlafstörungen in der Trinkphase eine Vorhersage über die Schwere des Entzugs gestatten und damit als Indikator für den Entgiftungsverlauf und möglicher Komplikation dienen können. Der Anspruch dieser Arbeit war dabei, die Grundlagen für die Entwicklung eines Instrumentariums für die Indikationsstellung stationäreversus ambulante Entgiftungstherapie zu schaffen. Zur Klärung der Fragen wurden im Rahmen einer explorativen Untersuchung Patienten befragt und klinisch- neurologisch sowie labortechnisch untersucht. Die Stichprobe wurde rekrutiert aus konsekutiv im Zeitraum von Juni 2002 bis August 2003 zur Entgiftung im Zentrum der Psychiatrie des Klinikums der J.W. Goethe- Universität Frankfurt aufgenommenen Patienten. Sie umfasste 100 Alkoholkranke, die die ICD-10 Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit (Dilling et al., 2000) erfüllten. Ausschlußkriterium war hierbei eine Verweildauer von weniger als 72 Stunden. Eine weitere Voraussetzung war die Fähigkeit und die freiwillige Bereitschaft, an einer in etwa insgesamt 30minütigen Befragung teilzunehmen. Für die Untersuchung wurde ein spezieller Fragenkatalog aus 5 unterschiedlichen Fragebögen erstellt. Die Antwortkategorien waren abgestufte Antworten, sowie größtenteils Multiple- Choice- Fragen. Lediglich die Anamnese wurde anhand eines standardisierten Anamnesebogens in offener Frageform erfasst. Es wurden soziodemographische Daten sowie Daten zum bisherigen Verlauf der Alkoholerkrankung und der Schlafqualität erhoben.
Fragestellung Der Schutz der Kinder ist eine der wichtigsten Aufgaben der erwachsenen Bevölkerung. Besonders die Vermeidung und eine effiziente Therapie von schweren Schädel-Hirn-Traumen kann die Todesrate bei Kindern und Jugendlichen stark reduzieren. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf Verkehrsunfälle zu richten. Diese Unfälle sind für Kinder nach dem ersten Lebensjahr die weltweit häufigste Ursache für Tod oder ein neurologisches Defizit. Ziel dieser Studie ist das Aufzeigen von möglichen Risikofaktoren während des Behandlungsverlaufs, einer gesicherten Prognosestellung durch geeignete Befunde und einer Letalitätsanalyse bei Kindern und Jugendlichen mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma kombiniert mit einem letalen Ausgang. Hierbei sollen die Befunde der Patienten unabhängig von den Ergebnissen der Erwachsenen beleuchtet werden, um so den kindlichen Organismus genauer zu analysieren. Besonders wichtig in dieser Studie sind Prozesse und auslösende Faktoren, die das Versterben der Patienten beeinflussen. Eine besondere Bedeutung kommt der Korrelation von klinischen Befunden und einer Prognose der Letalitätswahrscheinlichkeit in dieser Studie zu. Methodik Im Rahmen dieser retrospektiven Studie wurden Patienten des Zentrums für Kinderheilkunde der Universität Frankfurt am Main mit Schädel-Hirn-Traumen und daraus folgendem Tod aus den Jahren 1979 bis 2002 untersucht. Insgesamt wurden 30 Kinder erfasst, 18 männliche und 12 weibliche, zwischen drei Monaten und 18 Jahren (Mittelwert 6,978 Jahre). Die Patienteninformationen wurden aus abteilungsinternen Aufzeichnungen, Berichten von anderen Krankenhäusern, Arztberichten, EEG-, AEP-, CT-Befunden sowie stationären und ambulanten Krankenblättern bezogen. Die Patientendaten wurden während des Behandlungsverlaufs zum besseren Überblick in drei Ergebnisgruppen eingeteilt und ausgewertet. Zum einen in die Ergebnisse am Unfallort, bei der Aufnahme im Krankenhaus und während des Krankenhausaufenthaltes. Ergebnisse Der relative Anteil der Patienten unter drei Jahren war erhöht. Je älter die Patienten waren, desto mehr männliche Patienten gab es. 70 Prozent der Kinder in dieser Studie verstarben innerhalb der ersten Woche. Die Zeitspanne vom Unfall bis zum Tod der Patienten betrug im Median vier Tage. Die durchschnittliche Latenzzeit bis zum Tod wurde im Durchschnitt mit 11,4 Tagen ermittelt. In den Unfallkategorien war die Kategorie „High Velocity Accident“ mit 76,76 Prozent die dominierende Unfallart. Zusätzlich zeigten die Patienten in dieser Kategorie die geringste Überlebensdauer bis zum Tod, besonders diejenigen, die aktiv am Straßenverkehr teilnahmen. 27 Patienten wurden am Unfallort anhand der Glasgow-Coma-Scale in die Gruppe der schweren Schädel-Hirn-Traumen eingeteilt (davon 19 Patienten mit nur drei Punkten), drei Kinder in die Gruppe der leichten. Bei der Aufnahmeuntersuchung befanden sich dann alle Patienten in der Gruppe der schweren Schädel-Hirn-Traumen. Zwölf Patienten mit einer zerebralen Hypoxie (zehn davon wurden reanimiert) wiesen eine stark verkürzte Latenzzeit gegenüber Patienten ohne Hypoxie bis zum Tod auf. Bei der Pupillenuntersuchung am Unfallort hatten fast alle Patienten erweiterte und lichtstarre Pupillen, nur drei Patienten zeigten einen physiologischen Pupillenbefund. Bis zur Aufnahmemuntersuchung verbesserte sich der Befund lediglich bei zwei Patienten, ausgelöst durch eine erfolgreiche Reanimation. Bei 19 Patienten wurde im Verlauf eine hypotherme Körpertemperatur gemessen, bei acht Kindern eine Körpertemperatur im normalen Bereich, zwei waren hypertherm. 13 Kinder zeigten bei der Aufnahmeuntersuchung im Krankenhaus einen ihrem Alter entsprechenden physiologischen Blutdruckwert, bei zwei Patienten wurde ein erhöhter Wert festgestellt. 15 Kinder wiesen einen systolischen Blutdruck unter 90 mmHg und somit eine Hypotonie auf. Die Latenzzeit bis zum Tod betrug 21,92 Tage bei einem physiologischen Blutdruck gegenüber 3,4 Tagen bei einer Hypotonie. Bei 18 Kindern wurde mindestens eine Schädelfraktur festgestellt. Die Schädelfrakturen verkürzten die Latenzzeit der Kinder nicht. Sieben Patienten hatten ein offenes Schädel-Hirn-Trauma, 23 ein geschlossenes. Alle Patienten wiesen negative Veränderungen im EEG auf. Sechs von 23 Patienten zeigten erhaltene AEPs, 14 Patienten den Ausfall der Welle III und/oder der Welle V und drei Patienten eine verzögerte Latenz der Welle III und/oder der Welle V mit tendenzieller Verschlechterung. Die niedrigsten Latenzzeiten besaßen die Patienten mit dem Ausfall der Welle III und/oder der Welle V. 28 Kinder erhielten eine Computertomografie (CT). Hier zeigte sich bei 26 Patienten in der ersten Untersuchung ein intrakranielles Hämatom, davon bei 21ein intrazerebrales Hämatom. Bei sechs Patienten wurde eine Mittelinienverschiebung beobachtet, bei 15 Patienten komprimierte und/oder nicht darstellbare basale Zisternen. Meist wurden mehrere Veränderungen kombiniert vorgefunden. Bei 20 Patienten wurden Hindruckwerte ermittelt, vier Patienten blieben innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Unfall unter 20 mmHg, dagegen 16 Kinder über 20 mmHg. Je höher in den ersten 48 Stunden der Hirndruck war, desto kürzer wurde die Latenzzeit bis zum Tod. Bei 22 Patienten wurde ein Hirnödem beobachtet, bei 18 Kindern schon zwei Stunden nach dem Unfall. Diskussion und Schlussfolgerung Es gibt ein Vielzahl von klinischen Untersuchungen und Befunden. In dieser Studie haben sich einige herauskristallisiert, die für eine sichere Prognosestellung wichtig sind. Ein besonders kritischer Zeitraum ist die erste Woche nach dem Unfall. Der „High Velocity Accident“ ist das Unfallmuster mit der geringsten Latenzzeit bis zum Tod der Patienten und mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Die Glasgow-Coma-Scale hat 24 Stunden nach dem Trauma einen höheren Aussagewert als initial. Bleibt der Wert in diesem Zeitraum unter fünf Punkten, ist mit einer sehr schlechten Prognose zu rechnen. Der Pupillenbefund gibt besonders bei einem niedrigen Glasgow-Coma-Scale-Wert für die Prognose des letalen Ausgangs eine zusätzliche Absicherung. Das EEG ist hingegen wenig aussagekräftig. Arterielle Hypotonie und Hypoxie sind Hauptursachen des sekundären Hirnschadens nach einem Schädel-Hirn-Trauma. Eine Vermeidung einer Hypotonie und der Hypoxie würde die Letalitätswahrscheinlichkeit senken. Das Vorhandensein einer Schädelfraktur zeigte keinen Einfluss auf die Prognose. Die AEP sind wegen der geringen Beeinflussung durch Medikamente für eine Verlaufprognose gut geeignet. Dabei spielt der Ausfall der Welle III und/oder der Welle V für einen schlechten Ausgang eine wichtige Rolle. Die Computertomografie zeigt sehr gut pathologische Veränderungen der Gehirnstrukturen und ist sowohl für die Einschätzung der primären, als auch sekundären Schäden geeignet. Auffallend in dieser Studie war die hohe Anzahl von Patienten mit intrakraniellen Hämatomen. Das Vorhandensein einer komprimierten und/oder nicht darstellbaren basalen Zisterne verschlechterte die Prognose wesentlich und verkürzte die Dauer bis zum Tod. Hirndruckwerte ab 20 mmHg innerhalb der ersten 48 Stunden erhöhen die Prognose für einen schlechten Ausgang, ab 60 mm Hg steigt die Letalitätswahrscheinlichkeit stark. Die Vermeidung eines Hirnödems könnte hohe Hirndruckwerte vermeiden. Die Prognose hängt somit nicht nur von der Primärschädigung des Gehirns ab, sondern auch von den sekundären Schädigungen und deren Komplikationen. Wegen der komplexen Strukturen des jungen menschlichen Körpers und vor allem des Gehirns ist auch heutzutage noch keine absolut sichere Prognosestellung möglich. Die Ergebnisse in dieser Studie können nur Anhaltspunkte für eine Prognose geben. Je mehr der beschriebenen pathologischen Befunde bei einem Patienten festgestellt werden, desto wahrscheinlicher ist ein letaler Ausgang.
In der vorliegenden Arbeit soll der Ursprung der typischen Hirn-Gliederung bei Wirbeltieren (die sich auch beim Gehirn des Menschen findet) untersucht werden. Es wurde der Versuch gemacht, die evolutive Entwicklung des Wirbeltier-Gehirns bis zu einem sehr frühen Zeitpunkt zurückzuverfolgen. Zu diesem Zweck wurde das vordere (rostrale) Ende des Zentralnervensystems (ZNS) des adulten Lanzettfisches (Branchiostoma lanceolatum, B. lanceolatum), einem Verwandten der Wirbeltiere, mit verschiedenen histologischen Methoden (diverse Färbungen, Tracing, Rasterelektronenmikroskopie) untersucht. Mittels der gewonnenen Daten konnten die Zytoarchitektur und die topografischen Beziehungen der Zellgruppen in diesem Bereich beschrieben werden. Der histologische Aufbau des erwachsenen ZNS gab Hinweise darauf, wie sich einzelne Strukturen im larvalen ZNS durch die Metamorphose verändern. Embryonale Genexpressions-Muster, die bei Wirbeltieren bestimmte, morphologisch unterscheidbare Abschnitte des Gehirns charakterisieren, finden sich auch bei der Branchiostoma-Larve. Ihnen konnte ein charakteristisches Muster im histologischen Aufbau des ZNS bei erwachsenen Tieren zugeordnet werden. Die Unterteilung und die gefundenen Zellgruppen zeigen teilweise Gemeinsamkeiten zu Strukturen im Wirbeltier-Gehirn, eine direkte Homologisierung ist allerdings problematisch. Es wurde daher auf kladistischer Grundlage der Versuch gemacht, über eine Zusammenschau von Merkmalen das ancestrale ZNS des letzten gemeinsamen Vorfahren von Lanzettfischen und Wirbeltieren zu rekonstruieren.
Einleitung: Eine mehrtägige präoperative Einnahmepause von Thrombozytenaggregationshemmern, zu denen die weit verbreitete Acetylsalicylsäure (ASS) als auch die Thienopyridine (Clopidogrel, Ticlopidin) gehören, ist zur Minimierung des perioperativen Blutungsrisikos erwünscht, wird aber häufig nicht eingehalten. Patienten und Methoden: Im Krankenhaus Nordwest, Frankfurt, wurden an 123 urologischen Patienten nach Einnahme von ASS undIoder Thienopyridinen präoperativ die Arachidonsäure(AA)- und ADP-induzierte Thrombozytenaggregation (Methode nach Born) und die Blutungszeit (modifizierte Methode nach Mielke) durchgeführt und im Hinblick auf die Erkennung einer klinisch relevanten Thrombozytenfunktionsstörung mit erhöhtem Blutungsrisiko miteinander verglichen. Als Kontrollgruppe dienten 71 urologische Patienten ohne präoperative Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern. Ergebnisse: An 96 operierten und zusätzlich 49 nicht operierten Patienten, die ASS eingenommen hatten, wurde der Zusammenhang zwischen Testergebnissen und zeitlichem Abstand zur ASS-Einnahme untersucht: Eine ASS-bedingte Thrombozytenfunktionsstörung lässt sich nur anhand der AA-induzierten Thrombozytenaggregation zuverlässig erkennen, welche noch vier Tage nach ASS-Einnahme signifikant vermindert ist und deutlich außerhalb des Referenzbereichs liegt. Eine geringfügig verlängerte Blutungszeit und verminderte ADP-induzierte Aggregation sind nach ASS-Einnahme zwar kurzzeitig nachweisbar, die Messwerte befinden sich im Mittel jedoch innerhalb der Referenzbereiche. An allen operierten Patienten nach ASS- oder Thienopyridin-Einnahme wurde der Zusammenhang zwischen Testergebnissen und dem Auftreten verstärkter Blutungen untersucht. Als Kriterien für den intraoperativen Blutverlust wurden hierbei Hb-Abfall, Anzahl der transfundierten Erythrozytenkonzentrate und Beurteilung der Blutungsstärke durch den Operateur herangezogen. Sowohl für die AA- und ADP-induzierte Aggregometrie als auch für die Blutungszeit gilt: Nach pathologischem Testergebnis traten keine stärkeren intraoperativen Blutungen auf als nach normalem Ergebnis. Nicht eingeschlossen waren jedoch Patienten mit Blutungszeiten über 8 Minuten (n = 11) , da diese nach Entscheidung der Urologen aus ethisch-rechtlichen Gründen nicht sofort operiert wurden. Unter Einbezug dieser Patienten ist ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Testergebnis und intraoperativer Blutung nicht völlig auszuschließen. Ungeachtet der präoperativen Testergebnisse konnten bei Patienten nach Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern gegenüber dem Kontrollkollektiv keine stärkeren intraoperativen Blutungen nachgewiesen werden. Auch ein Zusammenhang zwischen dem zeitlichen Abstand zur letzten ASS-Einnahme und dem intraoperativen Blutverlust bestand nicht. Mit der bereits erwähnten Einschränkung (Ausschluss von 11 Patienten mit Blutungszeiten über 8 Minuten) ist anhand der vorliegenden Daten nicht mit einem erhöhten intraoperativen Blutungsrisiko nach kurzzeitig zurückliegender Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern zu rechnen. Schlussfolgerungen: Eine medikamentenbedingte Thrombozytopathie - im Vergleich der drei Testmethoden am ehesten anhand der AA-induzierten Thrombozytenaggregation erkennbar - ist nicht von klinischer Relevanz im Sinne eines erhöhten perioperativen Blutungsrisikos. Ohne einen weiteren Hinweis auf ein erhöhtes Blutungsrisiko erscheint daher in Ermangelung eines Goldstandards weder der präoperative Einsatz von Thrombozytenfunktionstests noch das Verschieben einer Operation zwingend notwendig.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Arzt-Patient-Beziehung von HIV-Patienten im Hinblick auf bestehende Adherence-Probleme mithilfe qualitativer Methoden untersucht. Dieser Aspekt wurde in der Adherence-Forschung im HIV-Bereich entgegen den Tendenzen der allgemeinen Adherence-Forschung, im Rahmen derer die Arzt-Patient-Beziehung als bedeutsamer Einflussfaktor gilt, bislang nur wenig berücksichtigt. 20 an der Untersuchung teilnehmende Patienten wurden in der HIV-Ambulanz der Universität Frankfurt dergestalt rekrutiert, dass durch ärztliche Zuordnung zwei vergleichbare Gruppen, adhärente und wenig adhärente Patienten, entstanden. Gleichzeitig schätzen die behandelnden Ärzte und die Patienten das Medikamenteneinnahmeverhalten mithilfe von Fragebögen ein. Die Einstufung der Ärzte in eine der beiden Gruppen „adhärent/nicht adhärent“ zeigte in der vorliegenden Untersuchung eine relative Übereinstimmung mit der Selbstbeurteilung der Patienten (Exakter Test nach Fisher: p=0,017). Den Patienten schien es ungeachtet ihrer Adherence schwer zu fallen, sich an ein exaktes zeitliches Einnahmeschema zu halten. Das Mittel der eingenommenen Medikamente lag nach ärztlicher Schätzung für die Patienten der adhärenten Gruppe bei 97% (SD=4) der verordneten Medikamente und für die der nicht adhärenten Gruppe bei 69% (SD=17). Bei der Auswertung des Ärztefragebogens fiel auf, dass der Schwellenwert der Adherence für die befragten Ärzte nicht klar definiert zu sein scheint. Eine wissenschaftlich gesicherte (Neu-)Bestimmung dieses Schwellenwertes der Adherence könnte eine Entlastung von den aus dieser Unsicherheit resultierenden Konflikten für den Patienten bedeuten. Zur Exploration der Arzt-Patient-Beziehung aus der Patientensichtweise wurde auf die handlungsorientierte Methode des Psychodramas zurückgegriffen. Die mittels Rollentausch ermöglichten Inszenierungen eines Arzt-Patient-Gespräches wurden mit Videokameras dokumentiert. Die Auswertung der transkribierten Videos geschah mithilfe der Methode der objektiven Hermeneutik. Aus der Stichprobe wurde durch Kontrastierung eine Auswahl von vier Patienten getroffen. Dies geschah nach den Kriterien „adhärent“ vs. „nicht adhärent“ und „Rollentausch möglich“ vs. „kein Rollentausch möglich“. Es konnte eine Spezifität der untersuchten Patienten abgebildet werden, die nach Heranziehung einschlägiger Literatur durchaus als HIV-typisch verstanden werden kann: In den Darstellungen der Arzt-Patient-Beziehungen imponierten diffuse Nähe-Distanz-Regelungen sowie eine Nicht-Einhaltung des traditionellen asymmetrischen Arzt-Patient-Verhältnisses. Die Patienten traten in übertragungsreichen Beziehungen mit Vergemeinschaftungstendenzen an den Arzt heran. Erklärungsansätze hierfür könnten sein: Eine Traumatisierung durch die HIV-Infektion, eventuell ein kumulatives Trauma einschließend; eine vermeintliche, auf bereits bestehende subkulturelle Identitäten aufbauende „HIV-Identität“; die besondere Stellung der HIV-Infektion im Gesundheitssystem sowie das Fortdauern bereits der Prä-HAART-Ära entstammender Strukturen; ein allgemeinen Wandel des Gesundheitssystems und/oder ein einrichtungsspezifischer Einfluss. Aufbauend auf diese strukturellen Besonderheiten wurde eine Hypothese für die weitere Beschäftigung mit dem Thema „Adherence bei HIV-infizierten Patienten“ generiert: Entsprechend der Kontrastierung nach adhärenten vs. nicht adhärenten Patienten ließe sich als Erklärungsmodell folgern, dass die HIV-Patienten unter der Bedingung, dass ihr Verhältnis zum Arzt ein Besonderes ist, bereit sind, den ärztlichen Anweisungen zu folgen. Daraus könnte ein individueller Grad der Bedürftigkeit bzw. eines Wunsches, als etwas Besonderes in der Beziehung zu ihrem Arzt anerkannt zu werden, resultieren, bei dessen Überschreitung der Patient sich adhärent verhielte. Demnach könnte sich die Zufriedenheit mit der Arzt-Patient-Beziehung als Befriedigung der Bedürftigkeit bzw. o.g. Wunsches verstehen lassen. Die Hypothese legt weiterhin nahe, dass Adherence-Probleme vornehmlich auf einen Selbstwertkonflikt als Konfliktmuster bzw. eine Selbstwertregulierung innerhalb der bestehenden Arzt-Patient-Beziehung zurückführbar wären. Inwieweit die Ausprägung dieser Konfliktstruktur für adhärentes bzw. nicht adhärentes Verhalten verantwortlich ist, ist in weiterführenden Untersuchungen zu klären. Im Rahmen der Einzelfallanalysen offenbarten sich Probleme, die in einer normalen Arzt-Patient-Beziehung kaum lösbar sind. Den hohen Erwartungen an die Adherence entsprechend sollten demnach Strategien ausgebildet werden, mittels derer nach hinreichender Diagnostik eine Behandlung der nicht zur Adherence fähigen Patienten durch verschiedene Interventionen möglich wird. Diese sollten dem individuellen Problem gebührend von psychoedukativen Herangehensweisen über psychotherapeutischen Maßnahmen bis hin zu speziellen Projekten, innerhalb derer eine Behandlung der nicht zur der Adherence fähigen Patienten angeboten wird, reichen.
In der vorliegenden retrospektiven Arbeit wurden 80 Patienten im Zeitraum von 1997 bis 2001 auf Kolonisation mit Mykoseerregern untersucht wobei 52 einen positiven Befund aufwiesen. Das Durchschnittsalter betrug 67,7 Jahre. Das am häufigsten betroffene Kompartiment war der Respirationstrakt (56,6%). Pilzbesiedelungen erlangen eine zunehmende Bedeutung im Erregerspektrum der mikrobiellen Ursachen einer Sepsis und konsekutiv dem septischen Schock. Die Letalität bei Pilzbesiedelungen im Septischen Schock in der vorliegenden Arbeit beträgt 57,7% (n=30). Die Inzidenz der Besiedelungen mit Candida spp. ist gestiegen; diese sind heute die vierthäufigsten Erreger bei Septikämien. Auch die meisten invasiven Mykosen bei chirurgischen Patienten werden von Candida spp. verursacht. Sie sind mit einer Erhöhung der Letalität bei kritisch kranken Patienten assoziiert. In der vorliegenden Arbeit konnte beobachtet werden, dass Patienten mit Besiedelung und Patienten mit hohem Besiedelungsgrad eine höhere Letalität hatten, als Patienten ohne Besiedlung und Patienten mit niedrigem Besiedlungsgrad. Diese Beobachtung lässt jedoch keine statistische Wertung zu, da die Datenmenge hierfür zu klein ist. Die Therapieoptionen invasiver Mykosen mit Organbefall erstrecken sich in der Regel auf chirurgische und medikamentöse Therapiemaßnahmen. Die Richtlinien zum Management von Mykosen beziehen sich vorwiegend auf neutropenische Patienten, nur wenige Empfehlungen gelten für Pilzbesiedelungen kritisch kranker Patienten nach abdominalchirurgischer Therapie. Für die Mehrzahl der schweren Pilzinfektionen wird zur Initialtherapie Amphotericin B gefolgt von Fluconazol empfohlen. Bei toxischen Reaktionen auf Amphotericin B werden meist Fluconazol oder Amphotericin B-Lipidpräparate favorisiert. Neuere Studien mit Caspofungin zeigen vielversprechende Therapieoptionen: auch bei Problempatienten mit Neutropenie, bei Patienten mit Candidämie sowie in allen Subgruppenanalysen, z.B. nach Infektionsort, Erreger, vordefinierten Zeitpunkten, war das Echinocandin tendenziell besser wirksam als Amphotericin B. Es musste zudem signifikant seltener wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen abgesetzt werden. Ein besseres Verständnis der Pathophysiologie von Pilzbesiedelungen auf der Intensivstation, die Identifizierung des Patienten „at risk“ für disseminierte Candidiasis und daraus folgend der zeitnahe Einsatz adäquater Therapeutika sind validierenswert, um die Letalität von Patienten im septischen Schock zu senken.
Hintergrund und Fragestellung: Im Zuge der Einführung eines generellen Neugeborenen-Hörscreenings sind durch ständige Verbesserung und Neuentwicklung von Screening-Geräten die technischen Voraussetzungen für das Screening zu schaffen und diese zu optimieren. Das Gerät muss eine hohe Sensitivität, Spezifität und eine gute Handhabbarkeit aufweisen sowie kostengünstig sein. Zudem wird eine Testauffälligenrate von unter 4 % im Primärscreening gefordert. Für ein effektives Screening muss das optimale Verfahren ausgewählt werden. Hier stehen reine OAE- und AABR-Verfahren kombinierte OAE/ABR-Verfahren zur Auswahl. Patienten und Methode: In zwei Geburtskliniken wurden an 360 Neugeborenen jeweils monaural zwei DPOAE-Messungen mit den Geräten ABaer® und Ero-Scan® sowie eine AABR-Messung mit dem ABaer® durchgeführt. Ergebnisse: Für das ABaer® lag die Testauffälligen-Rate in den DPOAE-Messungen bei 3,3 % mit einem einzigen Test, in den AABR-Messungen betrug sie 2,2 %. Das Ero-Scan® lag mit 13,6 % unter diesen Ergebnissen. Die Messzeiten betrugen beim ABaer® AABR 2:18 min, beim ABaer® DPOAE 1:38 min und beim Ero-Scan® 0:23 min. Für die Untersuchungszeiten ergaben sich Werte von 7 min für die AABR-Messung, 3:21 min für die DPOAE des ABaer® und 3 min für das Ero-Scan®. Die Sensitivität in dieser Studie betrug für das ABaer® für DPOAE und AABR 100 %. Die Studienspezifität für die AABR-Messung lag bei 92,5 %, für die DPOAE des ABaer® bei 94,5 % und für das Ero-Scan® bei 70,6 %. Die Verfahrensspezifitäten betrugen für die AABR-Messung 97,4 %, für die DPOAE-Messung des ABaer® und für das Ero-Scan® 83,8 %. Für ein beidohriges Screning ergaben sich Kosten für ein OAE/ABR-Kombi-nationsscreening mit dem ABaer® von 17,47 €, ein reines OAE-Screening berechnete sich mit 9,85 € und ein reines AABR-Screning mit 15,10 €. Aufgrund der Anzahl der notwendigen Wiederholungsmessungen ergaben sich für das Ero-Scan® Kosten von 11,28 €. Schlussfolgerung: Das ABaer® scheint sowohl für die AABR-Messung, als auch für die DPOAE-Messung für ein Screening geeignet. Es entspricht weitgehend den geforderten Qualitätskriterien. Das Ero-Scan® erwies zum durchgeführten Screening-Zeitpunkt erhebliche Mängel auf und erfüllte die Qualitätskriterien für ein Neugeborenen-Hörscreening nicht. Anwenderbedingte Gründe dafür können weitgehend ausgeschlossen werden.
Infektionen mit Herpes simplex Virus Typ 1 und 2 sind weltweit verbreitet. HSV1 verursacht in den meisten Fällen orofaziale Infektionen, wohingegen HSV2 normalerweise für genitale Ulzerationen verantwortlich ist. Trotz dieser klassischen Einteilung ist in den letzten Jahren vermehrt diskutiert worden, wie groß der Anteil von HSV1 bei genitalen und HSV2 bei extragenitalen Infektionen ist. Die Daten von 453 Patienten mit positivem Nachweis einer Herpes simplex Virus Infektion (nachgewiesen über eine Hautabstrich Untersuchung mit anschließender Anzucht des Virus in Zellkultur) wurden retrospektiv ausgewertet. Es handelte sich um Patienten der Universitätsklinik Frankfurt, bei denen im Zeitraum zwischen Januar 1996 und Dezember 2002 ein oder mehrere positive HSV Abstriche untersucht werden konnten. Der nachgewiesene Herpestyp wurde mit verschiedenen Kriterien wie Alter und Geschlecht des Patienten, sowie Lokalisation der Herpesinfektion korreliert. Als Ergebnis ergab sich folgende Herpestypverteilung: Herpes simplex Virus Typ 1 positiv waren 66% der Isolate, 34% waren HSV2 positiv. Herpes Typ 2 konnte bei 38% der insgesamt 212 weiblichen Patienten und bei 30% der insgesamt 241 männlichen Patienten nachgewiesen werden. Auch in unserer Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die in vielen Studien beschriebene typische Altersverteilung für HSV1 und HSV2 besteht: in der Altersgruppe der bis zu 10 Jahre alten Kinder waren alle Isolate HSV1 positiv. HSV2 positive Abstriche wurden erst mit Beginn des Alters der ersten Intimkontakte gefunden. Die meisten HSV1 und HSV2 Abstriche stammten aus der Altersgruppe der 31-40 Jahre alten Patienten. Wie erwartet konnte Herpes Typ 1 vermehrt aus extragenitalen Läsionen nachgewiesen werden: 95% dieser Abstriche waren HSV1 positiv. Anders sah die Typ-Verteilung der genitoanalen Abstriche aus: 75% dieser Läsionen wurden durch HSV2 und 25% durch HSV1 verursacht. Bei den Patienten mit Tumorerkrankung, Zustand nach Transplantation oder positivem HIV Status in der Anamnese, die mit über 50% einen Großteil des Gesamtkollektives bildeten, war die Herpestypverteilung im großen und ganzen mit dem restlichen Kollektiv vergleichbar. Viele Patienten dieses Kollektivs hatten mehrere Herpes simplex Virus positive Abstriche. Abschließend kann festgestellt werden, dass die typische Verteilung von HSV1 als Verursacher von extragenitalen Infektionen und HSV2 als Verursacher von genitoanalen Infektionen weitestgehend besteht. Allerdings war etwa ein Viertel dieser genitoanalen Infektionen durch HSV1 verursacht.
Von Oktober 1990 bis Juli 2000 wurden 66 Patienten mit 83 Keloiden in der Strahlenklinik der Universitätsklinik Frankfurt am Main mit Strontium-90-Kontakttherapie in der frühen postoperativen Phase innerhalb von vier bis fünf Tagen in vier Fraktionen zu je 5 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 20 Gy bestrahlt. 41 Patienten mit 53 Keloiden füllten einen Fragebogen aus und konnten nachbeobachtet werden. Davon kamen 24 Patienten mit 31 Keloiden zu einer Nachuntersuchung. Bei der Evaluation der Ergebnisse sollten folgende Hypothesen geprüft werden: Die Bewertung der Therapie durch den Arzt kann von der Bewertung durch den Patienten erheblich differieren. Die Zufriedenheit der Patienten ist nicht ausschließlich vom rezidivfreien Heilungsverlauf abhängig, sondern auch von den Symptomen sowie von Art und Grad der Nebenwirkung. Dazu wurden die Therapieergebnisse objektiv erhoben und mit der subjektiven Patientenbeurteilung verglichen. Quintessenz sind prognostische Faktoren zur Rezidivrate und zur Patientenzufriedenheit sowie Vorschläge für das Erstgespräch mit dem Patienten und die Examination von Keloid und Rezidiv´. Die Symptome der Keloide (kosmetische Beeinträchtigungen und körperliche Beschwerden) sowie die Häufigkeit, Größe, Art und Ausprägung der Therapieergebnisse (Rezidive, rezidivfreie Narben, Nebenwirkungen, Beschwerden) wurden mittels Fragebogen und Nachuntersuchung erhoben. Die Rezidive wurden in Prozent der Fläche der Gesamtnarbe geschätzt. Ein Vollrezidiv wird als größer 80%, ein Teilrezidiv mit 30 bis 80% und ein Randrezidiv als kleiner 30% definiert. Nebenwirkungen (Hyperpigmentierung, Hypopigmentierung, Teleangiektasien, Rötung bzw. Randsaum, Atrophie) wurden entsprechend ihrer Ausprägung (keine, geringe, mäßige, starke) bzw. nach Vorhandensein aufgenommen. 19 Rezidive (36%) traten bei den nachbeobachteten Patienten auf. Davon waren sieben Vollrezidive (13%) und 12 Teil- und Randrezidive (23%). 83% der Patienten hatten nach der Therapie keine oder weniger Beschwerden. Die Rezidivrate läge ohne die Erhebungen im Rahmen dieser Studie anstatt bei 39% bei nur 13%, da nur sieben Rezidive aktenkundig waren. Demnach ist eine Nachbeobachtungszeit von ein bis zwei Jahren zwingend, um eine Vergleichbarkeit von Studien zu gewährleisten. Von den 24 Patienten mit 31 Keloiden, die zur Nachuntersuchung kamen, traten mäßige bis starke Nebenwirkungen in 16% als Hyperpigmentierung, in 35% als Hypopigmentierung, in 39% als Teleangiektasien und in 25% als Rötung auf. Randsäume traten in 42% und Atrophien in 23% der Fälle auf. Das Hauptkriterium einer erfolgreichen Therapie ist laut Schrifttum die Rezidivfreiheit. Definitionen von erfolgreicher rezidivfreier Therapie differieren, weshalb Erfolgsraten´ nicht vergleichbar sind. Die objektive Bewertung der Therapieergebnisse durch den Arzt berücksichtigt die subjektiven Kriterien (körperliche Beschwerden und kosmetische Beeinträchtigung des Patienten) nicht ausreichend. Anhand unserer Ergebnisse wurden signifikante prognostische Faktoren bzgl. der Rezidivrate herausgearbeitet und mit dem Schrifttum verglichen bzw. diskutiert. Prognostisch ungünstige Faktoren für eine Rezidiventwicklung sind familiäre Keloidbelastung, Keloidgrößen von über 2 cm, bereits vorbehandelte Keloide, die Lokalisationen Rumpf bzw. vorderer Thorax, Infektionen und Fremdkörper in der Operationswunde, die Entstehungsursache Verbrennung sowie Behandlung von jungen, noch aktiven Keloiden. Die subjektive Bewertung der Behandlungsergebnisse durch den Patienten hängt von den Symptomen, Art des Rezidivs sowie Art und Ausprägung der Nebenwirkungen ab. Nach unseren Untersuchungen ist mit einer signifikant höheren Patientenzufriedenheit mit der Therapie zu rechnen, wenn die Patienten Ohr- oder Rumpf-Keloide haben, vorher körperliche Beschwerden hatten, die sich verbessert haben oder wenn die Patienten männlich sind. Tendenziell höher ist die Zufriedenheit bei Patienten, die sich vor der Therapie nicht durch das Keloid entstellt fühlten, bei der Entwicklung von Teil- und Randrezidiven anstatt Vollrezidiven und bei geringer Ausprägung der Nebenwirkungen. Von den 41 nachbeobachteten Patienten waren 61% mit der Therapie und 51% mit dem kosmetischen Ergebnis der Therapie sehr bis mäßig zufrieden. Subjektive und objektive Beurteilung der Therapieergebnisse entsprechen einander nicht, da die unzufriedenen Patienten nicht mit den Patienten, die ein Rezidiv haben, identisch sind, obwohl dies aufgrund ähnlicher prozentualer Anteile (unzufriedene Patienten: 39%, Rezidivrate: 36%) zu vermuten wäre. Zwischenzeitlich wurde das Therapieschema an der Strahlenklinik der Uniklinik Frankfurt auf vier Fraktionen zu je 4 Gy bei einer Gesamtdosis von 16 Gy geändert. Teilweise werden jetzt zusätzlich Beschleunigerelektronen als Strahlenquelle in der Keloidtherapie genutzt. Interessant wäre zukünftig eine vergleichende Studie zur Rezidivhäufigkeit, dem Auftreten von Nebenwirkungen und der Zufriedenheit der Patienten. Die vielschichtige Keloidproblematik erfordert einen multidisziplinären Therapieansatz, um objektiv und subjektiv gute Ergebnisse zu erzielen. Die Vorschläge für das Erstgespräch...´ sind auf andere Therapien, z. B. dermatologische Erkrankungen, übertragbar.
Der "Schwangerschaftstumor", auch als Granuloma gravidarum bezeichnet, ist nicht neoplastischer, eher hyperplastischer Natur. Aufgrund seines schnellen Wachstums wird er häufig als malignes Geschehen mißgedeutet. Der Schwangerschaftstumor ist ein entzündliches Geschehen, welches durch lokale Reizfaktoren ausgelöst wird. Das Besondere hier ist, daß aufgrund der veränderten Hormonlage während der Schwangerschaft die Bereitschaft der Gingiva erhöht wird, auf die genannten Faktoren zu reagieren. Mit dieser Hyperplasie vergesellschaftet ist häufig eine Gingivitis in der Schwangerschaft. Aus dieser Erkenntnis leitet sich auch die Therapie des Schwangerschftstumors ab, welche primär darin besteht, die Reizfaktoren zu eliminieren und für eine gute Mundhygiene zu sorgen. Erreicht wird dies durch Zahnreinigungsmaßnahmen und Mundhygieneinstruktionen zur Optimierung der häuslichen Zahnpflege. Persistiert der "Tumor", kann auch chirurgisch interveniert werden. In einer eigenen Erhebung konnten 2 Verdachtsfälle eines Schwangerschaftstumors der Gingiva festgestellt werden.
In der Literatur des 16. bis 18. Jahrhunderts finden sich sechs für eine medizinhistorische Analyse geeignete Darstellungen von operativen Eingriffen am Magen: 1521 wurde eine Magenfistel nach perforierender Stichverletzung des Magens operativ versorgt. Die Magenwunde wurde durch 4 Nähte verschlossen, die Laparotomiewunde ebenfalls vernäht. 1602 erfolgte die Entfernung eines verschluckten Messers nach gedeckter Perforation der Messerspitze in die Bauchdecke („der böhmische Messerschlucker“; Operateur: Meister Florian Matthis in Prag). Von dem Chirurgen wurde eine Inzision der Haut über der in der Bauchdecke tastbaren Messerspitze durchgeführt. 1635 wurde ein verschlucktes Messers durch Laparotomie und Gastrotomie operativ entfernt („der preußische Messerschlucker“; Operateur: Chirurg Daniel Schwabe in Königsberg/Pr.). Die Magenwunde wurde nicht genäht, es wurden nur Hautnähte angelegt. 1678 wurde eine Magenfistel nach abdomineller Schußverletzung durch ein „blechernes“ Röhrchen versorgt, das als Drainage nach außen funktionierte (Operateur: Chirurg Matthäus Gottfried Purmann [1649-1711] in Stralsund). 1692 erfolgte eine schrittweise Extraktion (über 6 Wochen) eines verschluckten Messers, das sekundär in die Bauchdecken gedeckt perforiert war („der Hallische Messerschlucker“; Operateur: Dr. med. Wolfgang Wesener in Halle). Es wurde eine Inzision des Bauchdeckenabszesses durchgeführt. 1720 wurde ein verschlucktes Messer mit einer Zange durch Laparotomie und Gastrotomie entfernt („die ermländische Messerschluckerin“; Operateure: Dr. med. Heinrich Bernhard Hübner und der Chirurg Johann Horch bei Rastenburg/Pr.). In allen publizierten Fallberichten überlebten die operierten Patienten den Eingriff. Mit Ausnahme der ältesten Operation [1521] wurden alle Berichte von den Operateuren bzw. von an der Operation direkt beteiligten Ärzten verfaßt. Die Eingriffe wurden zunächst von Handwerkschirurgen [1635, 1678], später [1692, 1720] auch von studierten Ärzten (medici) durchgeführt. Die Indikation zur Operation wurde aber immer von den akademisch ausgebildeten „Medici“ gestellt. Als Nahtmaterial wurde bei den geschilderten Operationen „Seide“ verwendet [1643,1692]. Als Instrumente werden neben „Messer“ zur Inzision der Bauchdecken bzw. des Magens, „Zangen“ [1635, 1720] und „krumme Nadeln“ [1635] erwähnt. In einem Fall wurden sogar Haltefäden zur Fixierung des Magens vor der Gastrotomie angelegt [1635]. Der Zugangsweg zur Bauchhöhle durch die einzelnen Schichten der Bauchwand wurde anatomisch begründet durchgeführt [1635, 1678, 1720]. Spezielle Angaben zur perioperativen Schmerzbehandlung werden nicht gemacht, es wurden aber verschiedene alkoholhaltige Heilpflanzenextrakte („innerlich und äußerlich Artzneyen“) angewendet [1692]. Warum wurden die Eingriffe am Magen erst Ende des 19. Jahrhunderts häufiger durchgeführt, obwohl das operative Können, das anatomische Verständnis und das dazu notwendige Instrumentarium bereits seit dem 17. Jahrhundert vorhanden gewesen sind und in mindestens sechs Einzelfällen auch erfolgreich eingesetzt wurde? Im Zeitalter der Humoralpathologie, die bis in das 19. Jahrhundert hinein die vorherrschende Krankheitstheorie in Mitteleuropa gewesen ist, hatte eine chirurgische Behandlung von „inneren“ Magenerkrankungen noch keine theoretische Begründung. Krankheiten infolge Säfteungleichgewichte lassen sich nicht operativ behandeln. Die Chirurgie beschränkte sich als „Wundarznei“ daher vorwiegend auf die Versorgung von Wunden und von Verletzungen. Dazu gehörten auch Magenverletzungen von außen (perforierende Stichverletzungen, Schußverletzungen) oder von innen (gedeckte Perforation durch das verschluckte Messer). Erst die Durchsetzung eines lokalistischen, organbezogenen Denkens („Organpathologie“, „Zellularpathologie“) in der Medizin war die entscheidende theoretische Voraussetzung für eine Chirurgie von inneren Erkrankungen. Hinzu kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein vermehrtes Wissen über Schmerzbekämpfung (Narkose mit Chloroform oder Äther) und Antisepsis (Asepsis), die das Risiko von Wundinfektionen und Peritonitis deutlich herabsetzten.