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Die im Verlauf dieser Arbeit angestellten Überlegungen sollten versuchen, einige konstitutive Elemente der jüdischen Autobiographie nach dem Holocaust herauszuarbeiten. In einem ersten, allgemeinen Anlauf wurde dazu diese spezifische Ausprägung des literarischen Genres ,Autobiographie" in die Gattungstradition gestellt, mit dem Ziel, ihren spezifischen Charakter - oder, in anderen Worten: ihren Beitrag zur literarischen Evolution - deutlich hervortreten zu lassen. Es hat sich dabei gezeigt, daß die jüdische Autobiographie nach dem Holocaust sich der zentralen Erfahrung der Moderne, der Entfremdung von den ursprünglichen Lebenszusammenhängen, nicht verschließen kann. Die Erfahrung des sinnlosen, aber planvollen Völkermords ist die jüdische Variante der universalsten aller möglichen Entfremdungen: die Bestreitung des Lebensrechts. Infolge dieser Erfahrung ist den Überlebenden die Möglichkeit der entelechischen und teleologischen Autobiographie in der Tradition GOETHEs versagt; an ihre Stelle ist das Prinzip der Kontingenz, des bloßen Zufalls getreten, der allein das Überleben bestimmt hat. Im zweiten Hauptteil dieser Arbeit wurde dann versucht zu zeigen, wie sich das autobiographische Individuum dieser Erfahrung der lebensbestimmenden Kontingenz stellt, mit welchen literarischen Mittteln es in seiner Autobiographie diese Erfahrung bewältigt und welche Auswirkungen diese Erfahrung auf die Entwicklung und Erhaltung der eigenen Identität hat bzw. inwieweit sie diese überhaupt erst konstituiert. Zu diesem Zweck wurden die autobiographischen Texte von drei Autoren ausgewählt, die den Antisemitismus bis zum Massenmord im Dritten Reich als Kinder und Jugendliche auf verschiedenen Wegen überlebt haben und reflektiert darüber erzählen können. Allen ausgewählten Autoren ist gemeinsam, daß sie ihr autobiographisches Schreiben - teils in den Autobiographien selbst, teils in Reden und Aufsätzen - gründlich reflektieren und kommentieren. Daraus ergibt sich das Modell der Darstellung, nach dem in diesem interpretierenden Teil der Untersuchung vorgegangen wurde: Nach einer kurzen Einleitung, die einen kursorischen Uberblick über die zu besprechenden Texte sowie eine Einordnung in die Reihe der bereits untersuchten Werke enthält, folgt eine Darstellung der Einlassungen der Autoren zu ihrem autobiographischen Schreiben, die gefolgt wird von der eigentlichen Interpretation der autobiographischen Texte. Des besseren Kontrastes wegen wird den Autobiographien der Überlebenden GREVE, GOLDSCHMIDT und KLÜGER diejenige Werner KRAFTS gegenübergestellt, der - eine Generation früher geboren und bereits 1933 über Frankreich nach Palästina emigriert - noch ganz im Geist GOETHEs eine entelechische und teleologische Autobiographie zu schreiben vermag, die des Autors Selbstvollendung im deutschen Geist und in der deutschen Kultur nachvollzieht - freilich nicht ohne die theoretische Einsicht, daß diese Möglichkeit einer späteren Generation von Juden in Deutschland nicht mehr vergönnt sein wird. ...
Ich rekonstruierte die Geschichte, wie es Steffens gelang, in kürzester Zeit berühmt zu werden und danach über vierzig Jahre sich im Gespräch zu halten, obwohl der Ausgangspunkt und die Basis seiner Berühmtheit, die Naturphilosophie, längst obsolet geworden waren [...]. Statt wie Steffens ideologisch auf einer organischen Gestaltung seines Lebenslaufes zu bestehen, beobachte ich die kunsthandwerklich ausgefuchste, märchenhafte, novellistische, Reisebild schreibende, manifestartige Technik seiner Autobiographieschreibung und den virtuosen Einsatz von Effekten der Wendepunkte, Epiphanien, von schnellen Wechseln von Höhe- zu Tiefpunkten und umgekehrt.
Um sich in Brasilien auf eine wissenschaftliche Stelle zu bewerben, muss oftmals ein "Memorial Acadêmico" eingereicht werden. Eine Textart, die es so im deutschsprachigen Raum nicht gibt. Eine in funktionaler Hinsicht ähnliche Textart liegt im "Akademischen Lebenslauf" vor. In diesem Artikel sollen anhand eines Korpus von sechs "Memoriais" Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Illokution und Proposition dieser beiden Textarten aufgezeigt werden.
"Ein einzelner Mensch kann einer Zeit nicht helfen oder sie retten, er kann nur ausdrücken, daß sie untergeht." Christa Wolf zitiert diesen Satz aus Kierkegaards Tagebüchern voller Trauer. In der Tat ist ihr neues Buch "Ein Tag im Jahr" nichts Anderes als ein Grabgesang auf die DDR. Ein fulminantes Memento, was bekanntlich Erinnerung und Mahnung einbegreift.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Berliner Morgenpost Wolfgang Harichs 1999 postum erschiene Autobiographie "Ahnenpaß. Versuch einer Autobiographie". Das Buch, das Antwort in Form einer Autbiographie zu geben versucht, ist ein Unikum - schon deshalb, weil es postum erscheint; Harich starb 1995 im Alter von 72 Jahren. Es enthält Fragmente, die Harich 1972 verfasste (sowie spätere Ergänzungen), und einen Gesprächsteil: Niederschriften von Video- und Fernsehaufzeichnungen mit dem Filmemacher Thomas Grimm (Hrsg.). Wissenschaftlichen Anspruch hat das Buch kaum, es ist eher Lesestoff für historisch Interessierte, Fundgrube für jene, die die innerparteiliche Opposition der Fünfziger Jahre aus der Sicht eines der Hauptbeteilgten kennenlernen wollen.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Eßlinger Zeitung die 1997 im Carl Hanser Verlag erschiene Autobiographie "Erwachsenenspiele" von Günter Kunert. Das Buch ist übervoll von skurrilen Erlebnissen, Begegnungen, Gesprächen mit Prominenten und weniger Prominenten. Kunerts Reisen in Ost und West sind Fundgruben staunenswerter Geschehnisse, selbst seine Übersiedlung 1979 nach Westdeutschland ist bei der Schilderung der bürokratischen Abläufe, des Verhaltens der offiziellen Stellen eine Satire in sich. Günter Kunerts gelassene, humorvolle Erzählweise entlarvt das eigentliche Böse, nämlich die unglaubliche Mittelmäßigkeit der Funktionäre und Schreibtischtäter - Hermann Kant wird einmal so apostrophiert - fast wie von selbst. Ähnlich wie im Pointillismus entsteht aus Einzelbeobachtungen das klare Bild einer DDR, die sich auf nichts so gut verstand, wie ihre anfangs gutgläubigen Verteidiger immer neu zu enttäuschen und schließlich in die Opposition zu treiben. »So ein "Vaterland" wie die DDR kriege ich zum herabgesetzten Preis im nächsten Spermarkt«, schreibt Günter Kunert grimmig gegen Ende des Buches, wenn er die Bemühungen von Klaus Höpcke, des DDR-"Literaturministers", schildert, ihn mit einem Apell ans Vaterlandsbewußtsein im Lande zu halten.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Berliner Zeitung die 1996 im Fischer-Verlag erschiene Autobiographie "Vierzig Jahre. Ein Lebensbericht" von Günter de Bruyn. Tatsächlich ist dieser zweite Band seiner Autobiographie viel stärker als der erste ein offener Selbstverständigungsversuch de Bruyns. Der Autor bemüht sich, zum einen, seine Integration in der Gesellschaft der DDR zu verstehen, mehr noch allerdings, zum anderen, seine Stellung innerhalb des Staates DDR zu begreifen. Während er mit ersterem nur bedingt Schwierigkeiten hat, schlägt er sich mit dem zweiten Punkt weidlich herum - wobei allerdings nicht ganz klar wird, ob er zwischen diesen beiden Aspekten selbst genau trennt. Nur mittelbar wird die Unterscheidung deutlich: An seiner liebevollen Beschreibung der Menschen in seinem Umkreis und an der eher harschen Beurteilung parteipolitisch-staatlicher Willkür, die sich naturgemäß bei ihm zuallererst an der Kulturpolitik der Hager, Höpcke oder Kant festmacht.
Autobiographie, Autofiktion, Metafiktion und Literatur : der Fall "Stadt der Engel" von Christa Wolf
(2014)
Hauptthema des "Buches Stadt der Engel" von Christa Wolf (1929-2011) ist die problematische Feststellung der Realität in unseren heutigen Tagen. Dieses Buch, ein Erzählrahmen funktioniert, der alle Diskurse im Text stützt: den romanhaften, den historischen, den autobiographischen. Sogar die surrealistische Figur eines Schutzengels wird dem Leser geboten, eine Figur, die der Protagonistin als Ausländerin in einem fremden Land hilft, Schicksalsschläge wie die "Entdeckung" der eigenen Vergangenheit als IM Margarete der Stasi zu überwinden. Absicht dieses Essays ist es zu zeigen, wie alle diese Diskurse im Text zu einem literarischen Gewebe artikuliert werden.
Autobiografie und Geschlecht
(2006)
Eine Möglichkeit, über Autobiographie in theoretisch-systematischer Hinsicht nachzudenken, ist, sie zwischen Geschichtsschreibung und Literatur zu verorten. Dies ist jedoch keinesfalls zwingend, d.h. damit soll keine ontologische Gattungsbestimmung vorgenommen werden. Autobiographische Texte verstehen sich nicht per se als historiographische Dokumente, auch wenn Historiker / innen sie in diesem Sinne lesen mögen, während sich die literaturwissenschaftliche Aufmerksamkeit auf das textuelle Vermittlungsmedium historischer Selbst- und Weltentwürfe richtet.
Wäre es so, dass der Titel der Goetheschen autobiographischen Hauptschrift lediglich die unausmachbare Vermischung von res fictae und res factae ankündigte, so wären die Schwierigkeiten, das Fiktive in ihr unter Bezug auf die Kontrasttheorie zu beschreiben, zwar evident, aber nicht unüberwindlich. Der dispense of belief wäre gefordert oder doch legitimiert und zugleich eine zweite Lektüre der Detektion des Faktischen (z. B. mit historisch-kritischen Methoden) möglich. Ein Spiel wechselseitiger Überlagerungen und Negationen, Verdrängungen und Ersetzungen käme in Gang, das die literarische Lektüre ebenso befriedigen könnte wie die autobiographische. Und in der Tat ist, was beim "Grünen Heinrich" angezeigt ist, bei Goethes Autobiographie realisiert worden, wie die Geschichte der Goethe-Biographie belegt. Bezeichnet er doch selbst seine "Konfessionen", seine "Biographie" fallweise auch als einen "Roman", ja als "Tausend und eine Nacht meines thörigen Lebens".