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Die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) zählt nicht nur humane Akteure - im Fall der Literatur: Figuren - zu Handlungsträgern. Auch Dinge handeln, weshalb Bruno Latour sie mit dem Semiotiker Algirdas Greimas als 'Aktanten' bezeichnet. Die ANT versucht, das Zusammenwirken humaner wie nichthumaner Aktanten zu beschreiben. Akteur-Netzwerk-Soziolog_innen erstellen hierfür einen Bericht von dem, was Latour in Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie das 'Soziale Nr. 2' oder das 'Soziale der Assoziationen' nennt, die Verbindungen und Zwischenwirkungen der Aktanten, die in der Soziologie unbeachtet geblieben seien. Die Soziolog_innen sollen dabei den Dingen 'kurzsichtig' folgen und deren Handlungsvermögen (agency) weniger "steif" und "hölzern" darstellen, sondern sich in ihren Berichten die Literatur zum Vorbild nehmen.
The article examines the textile trace that constitutes the spatial system and narrative of Gottfried Keller's "Regine"-novella (1881). Keller’s novella can be read as an example of a shift that takes place in the literary use of textiles in the nineteenth century. Until then textiles in literature - such as the veil or the weave - were mostly of metaphorical importance. Interlaced with socio-economical changes in production, distribution and consumption of textiles, this changed toward a more material approach. In a close reading of the novella, the article shows how Keller explores und undermines the suggestive and imaginative potential of fabrics while expounding the figures' struggle with the sheer materiality of their surroundings.
Examinierung auf Schiff vor Landung. Sehr gut! 'Nichts zu verzollen?' - 'Nichts.' Sehr gut! Dann politische Fragen. Er fragt: 'Sie sind Anarchist?' Ich antworte [...] 'Erstens, was wir verstehen unter Anarchismus? Praktisch, metaphysisch, theoretisch, mystisch, abstraktisch, individuell, sozialisch Anarchismus? Als ich jung war', sage ich, 'alles das für mich war wichtig.' So wir hatten sehr interessante Diskussion, und war ich dann ganze zwei Wochen auf Ellis Island - [...].
Dies eine Episode, die Professor Pnin in gebrochenem Englisch in Vladimir Nabokovs gleichnamigen Roman erzählt. Gibt es ein anarchistisches Moment auch in Gottfried Kellers Prosa? Und falls ja: Wo und in welcher Weise wäre ein solches auszumachen? Im Hinblick auf die Novelle ‚Romeo und Julia auf dem Dorfe‘ fragt der Beitrag nach Resonanzen zwischen Kellers Novellen der 1850er Jahre und dem historischen Kontext anarchistischer Positionen des 19. Jahrhunderts. Hierbei wird auch die Frage zu erörtern sein, inwiefern den Erzähl- und Darstellungsverfahren Kellers eine als anarchistisch beschreibbare Logik innewohnt.
Unmittelbar auf das fast friedensselig gestimmte Sterbegedicht der "Kleinen Passion" folgt ein seltsam derbkomisches, balladesk trotziges Klagelied einer Kröte, welche partout nicht sterben kann, ein offenkundiger Kontrapunkt oder satirischer Πάρωδος zum elegischen Passionsspiel über den Mückentod. Die beiden Gedichte stehen in Gottfried Kellers 'Gesammelten Gedichten' von 1888 in der zweitletzten Abteilung unter "Vermischte Gedichte" einander zugeordnet. Wie der Titel andeutet, findet sich hier ein recht buntes Allerlei von Texten unterschiedlichster Art und verschiedenster Entstehungszeit - die "Krötensage" wurde zwanzig Jahre vor "Kleine Passion" erstmals publiziert, nämlich 1852. Gleichwohl ist die gruppierende Hand Kellers unübersehbar, und dieser Ordnungswille wurde in der Keller-Forschung etwa von Emil Ermatinger oder Jonas Fränkel denn auch früh festgehalten. Konkret zu den beiden Gedichten sagt letzterer indessen lediglich: "Das Schicksal der Kreatur wird in zwei gegensätzlichen Gedichten abgewandelt." Der Bezüge sind freilich weit vielfältigere: Neben den jahreszeitlichen Kontrastparallelen - die "Kleine Passion" spielt im herbstlichen September, die "Krötensage" im Maienfrühling - und dem bedeutungsgeladenen Verhältnis von Leben, Körper und Hülle, dem "Futterale" - in der "Krötensage" der Stein, in der "Kleinen Passion" das dichterliche Buch - ist den beiden auch dasselbe Thema eingeschrieben: Letztlich geht es um die altehrwürdige 'ars moriendi' in ihrer dialektischen Verflochtenheit mit der 'ars vivendi'. Auch der satirische Grundklang erweist sich bei genauerem Hinschauen als gemeinsam.