Refine
Year of publication
Document Type
- Article (503) (remove)
Has Fulltext
- yes (503)
Keywords
- Deutsch (503) (remove)
Institute
Niklas Luhmann hat die europäische Moderne als einen Ausdifferenzierungsprozess beschrieben, der am Ausgang des sogenannten Mittelalters begann und alle gesellschaftlichen Bereiche erfasste. Das betrifft auch und insbesondere 'die Technik'. Deren herausragende Vertreter sind die Ingenieure, die man als Gewinner des Modernisierungsprozesses bezeichnen kann, erlebte dieser Berufsstand doch vor allem seit der Aufklärung eine Erfolgsgeschichte, die nicht mehr nur die Erweiterung und Ausdifferenzierung des eigenen Berufsbilds umfasste, sondern auch in die Gesellschaft hineinwirkte und diese wesentlich veränderte. [...] Insbesondere die Sozial- sowie die Technikgeschichtsforschung haben jedoch herausarbeiten können, dass sich eine Kluft auftat zwischen der Selbstwahrnehmung 'der Ingenieure' als "Intellektuelle[] der Technik" und der aus ihrer Sicht noch immer nicht angemessenen Fremdwahrnehmung durch eine doch maßgeblich durch Technik bestimmte und von ihr profitierenden Gesellschaft. Dieser häufig beklagten Verteilungsungerechtigkeit symbolischen Kapitals in Form von Sozialprestige liegen allerdings realgesellschaftliche Defizite zugrunde, insbesondere die Unterrepräsentation in politischen Gremien oder, wie der Hochofentechniker Joseph Schlink schon 1879 aufzählte, in Sachen "Besitz, Macht und Einfluss, Mitgliedschaft von parlamentarischen, kommunalen und sonstigen Körperschaften, Titel und Orden, Hoffähigkeit und Adel u. dergl.". Auf beide Problembereiche reagierten 'die Ingenieure' mit diskursiven, pragmatischen und institutionsorientierten Strategien. Aus 'der Technik' als dem schlechthin Anderen der Kultur wurde eine technische Kultur als harmonische Verbindung, sie wurde also als Anpassung beider Sphären konzeptualisiert. Den Autobiographien deutscher Ingenieure kommt insofern eine herausragende Rolle in diesem Prozess zu, als sie die persönlichen Erfahrungen der Autoren mit einem gruppenbezogenen Anspruch an die Gesamtgesellschaft verknüpfen. In diesem Sinne nutzten die Ingenieure gezielt die nach Peter Sloterdijk zentrale Gattungsfunktion für ihre Zwecke: "Lebensgeschichtliches Erzählen ist eine Form sozialen Handelns - eine Praxis, in der individuelle Geschichten mit kollektiven Interessen, Werten, Phantasien und Leidenschaften zusammengewoben werden". Das Ziel dieses sozialen Handelns war die Sichtbarmachung, Anerkennung und Etablierung des auf technischem Gebiet genial-tatkräftigen Individuums, des 'großen Mannes'. So konnten 'die Ingenieure' ihren Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe erheben und sich selbst aus der als demütigend empfundenen Anonymität herausführen. Mittels ihrer oft mit Vorbild- und Appellfunktionen versehenen Autobiographien gelang es ihnen, aktiv eine neue, technische Kultur zu gestalten.
Im vorliegenden Beitrag wird auf eine Familie deutscher Konstruktionen eingegangen, denen das Reduplikationsmuster [von Xsg zu Xsg] zugrunde liegt. Den theoretischen Rahmen der Arbeit bilden zentrale Postulate der Konstruktionsgrammatik. Als empirische Basis dienen deutsch-russische (RNC) und deutsch-spanische (PaGeS) Parallelkorpora. Das zu untersuchende Pattern ist formal durch die Doppelung des im Singular auftretenden Substantivs ohne Artikel und semantisch durch verschiedene Lesarten z.B. 'iterative Fortbewegung' ('von Haus zu Haus gehen') oder "stetige Entwicklung' ('von Tag zu Tag zunehmen') gekennzeichnet. Auf kontrastiver Ebene spielt die lexikalische Slotfüllung jedes Konstrukts eine besondere Rolle, denn sie bedingt auch die formalen und semantischen Besonderheiten der Entsprechungen im Russischen und im Spanischen. In diesem Zusammenhang wird in erster Linie anhand der konsultierten deutsch-russischen bzw. deutsch-spanischen Parallelkorpora versucht, die funktional äquivalenten Konstruktionen des deutschen Patterns festzulegen.
Vom 20. bis 21. Oktober 2021 veranstaltete das Institut für Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität (UJEP) in hybrider Form den internationalen Workshop "Europa und der Grenzdiskurs in der deutschsprachigen Literatur" in Ústí nad Labem. Der Workshop fand im Rahmen des Doktorandenprojekts U21–QGRANT OP VVV CZ.02.2.69/0.0/0.0/19_073/0016947 von Frau Annabelle Jänchen statt, das sich mit Grenzüberschreitungen als literarische Topoi und Motive beschäftigt.
In der letzten Juli-Woche fand in Palermo der coronabedingt um ein Jahr verschobene XIV. Kongress der IVG statt. [...] Insgesamt widmeten sich nicht weniger als 69 Sektionen "Wegen der Germanistik in transkulturellen Perspektiven" - so das diesjährige Rahmenthema. Von der von Peter Strohschneider in seinem Eröffnungsvortrag Über Wissenschaftsfreiheit beschriebenen "Zumutungshaftigkeit" der Wissenschaft ließen sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht abschrecken, sondern widmeten sich mit "Irritationsbereitschaft" und "Neugierde" literaturwissenschaftlichen und -geschichtlichen, linguistischen, kulturwissenschaftlichen sowie didaktischen Fragestellungen.
Im Rahmen des Projekts "Internationalisierung und Weiterentwicklung des Doktorandenstudiums ERASMUS+ 2018–1-SK01-KA203–046375" - Projektpartner Universität der Heiligen Kyrill und Method in Trnava (Slowakei), Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem (Tschechien) und Universität Wrocław (Polen) - fand vom 26.04. bis zum 30.04.2021 das dritte Internationale Doktorandenkolloquium statt. Die Organisation des Kolloquiums wurde diesmal von der Universität Wrocław in Polen übernommen.
Nach einem kurzen Überblick über die Entwicklung und die Grundfragen der Phraseodidaktik in den letzten Dekaden sowie über ausgewählte Beiträge zu Phrasemen in Lehrwerken widmet sich der Beitrag einer Fallstudie anhand des 2017 erschienenen Lehrwerks Aspekte neu. Dabei wird auf vier Fragen eingegangen: Es wird untersucht, wie auf Phraseme referiert wird. Des Weiteren werden die Nennformen einer kritischen Analyse unterzogen. In einem dritten Schritt folgt die Beschreibung und kritische Betrachtung der phrasembezogenen Übungstypen. Schließlich wird die Frage beantwortet, ob die methodisch-didaktische Aufbereitung von Phrasemen die Erkenntnisse und Maximen phraseodidaktischer Forschung, konkret die Methode des phraseodidaktischen Vierschritts reflektiert.
Im Beitrag werden Merkmale des formelhaften bzw. figurativen Sprachgebrauchs in Online-Präsenzen ungarndeutscher Minderheitenzeitungen am Material ihrer Facebook-Posts empirisch untersucht. Es zeichnete sich ab, dass spezielle digitale Schreibmuster (noch) kaum zu erkennen sind, sodass sich die Befunde von denen der Untersuchungen an ungarndeutschen Printmedien nicht kategorial unterscheiden. Die datenbasierte Studie konnte - mit Einsatz von Salienz als Analysekategorie - eruieren, dass sich die Besonderheiten hinsichtlich ihrer Ursprünge in drei prototypische Klassen einteilen lassen: Es sind (1) Kontaktphänomene (Transfer oder Nachahmung von Elementen, Strukturen und Modellen der Kontaktsprache Ungarisch); (2) Verfremdungsprozesse als Folge einer unsicheren Beherrschung der Mediensprache Deutsch, etwa Übergeneralisierung von Gebrauchsnormen bzw. -konventionen des Sprachsystems und (3) Flüchtigkeitsfehler, die selbst bei hochkompetenten Textproduzenten vorkommen können. Insgesamt überwiegt ganz eindeutig der Typ (1), sodass sich vielfach ein kontaktsprachliches Muster ergibt und kulturelle Hybride entstehen.
Der vorliegende Beitrag ist dem korpusbasierten Vergleich von vier Phrasemen des Deutschen mit der Bedeutung 'jemanden/etwas antreiben' gewidmet. Anhand einer maschinellen Auswertung von Belegen aus dem Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) werden syntaktische, semantische und kombinatorische Eigenschaften dieser Phraseme beschrieben. Die semantischen Eigenschaften wurden mit der DeReKo-eigenen Kookkurrenzanalyse ermittelt, die morpho-syntaktischen Besonderheiten mit GATE. Verglichen wurden solche Merkmale wie Besetzung der Objektvalenz, Kombinierbarkeit mit Adverbien, Gebrauch mit Negation und Vorkommen unterschiedlicher Zeitformen des Verbs. Es wurden sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede festgestellt.
Im vorliegenden Beitrag werden die Ergebnisse der kontrastiven Forschung von phraseologischen Neologismen im Deutschen und Ukrainischen gezeigt. Das Ziel dieses Beitrags besteht darin, die phraseologischen Neologismen, die in der Corona-Pandemie in Deutschland und in der Ukraine in digitalen Medien verwendet wurden, zu analysieren, die strukturell-semantischen Merkmale ausgewählter phraseologischer Einheiten in beiden Sprachen zu beschreiben, ihre konzeptuelle Analyse durchzuführen, die vorhandenen Neologismenpaare einander gegenüberzustellen sowie Äquivalenztypen zu untersuchen. Die Materialbasis bilden diesbezüglich 96 deutsche und 60 ukrainische phraseologische Neologismen der Jahre 2020–2021.
Die seit Jahren allmählich aber sukzessive ansteigende Digitalisierung bleibt nicht ohne Einfluss auf die Veränderungen in der Forschung, darunter auch in der Phraseologie. Den Möglichkeiten, die einem in diesem Kontext angeboten werden, scheinen keine Grenzen gesetzt zu werden. Das betrifft auch die Lexikographie - hier Phraseographie, die sich von der traditionellen Arbeitsweise und den Arbeitsmethoden immer mehr entfernt und Vorteile der digitalisierten Welt in zunehmendem Maße nutzt. Vor diesem Hintergrund wird zum einen das Potential der phraseologischen Online-Wörterbücher geprüft, das zum anderen mit den Möglichkeiten der Printwörterbücher verglichen wird. Das Ziel ist dabei, die Funktionalitäten der beiden Typen von phraseologischen Wörterbüchern miteinander zu vergleichen, um feststellen zu können, ob alle Vorteile der Digitalisierung von den Autoren der Online-Wörterbücher genutzt werden, um verschiedenen Erwartungen der Benutzer gerecht zu werden und ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Die Grundlage der Analyse bilden auf der einen Seite sechs repräsentative phraseologische Printwörterbücher für Deutsch, vier für Polnisch, vier phraseologische deutsch-polnische Wörterbücher und zwei polnisch-deutsche und auf der anderen Seite drei Online-Wörterbücher für Deutsch, ein Online-Wörterbuch für Polnisch und zwei deutsch-polnische Online-Wörterbücher. Aus dem Vergleich der Mikrostruktur in den analysierten Wörterbüchern ergeben sich Schlussfolgerungen in Bezug auf die Empfehlungen und fertige Lösungen mancher Probleme lexikographischer Natur, die ihre Anwendung in der digitalen Phraseographie finden können.
Trotz der erheblichen Vorteile von digitalen Plattformen für Sprachlernende sind frei zugängliche Online-Tools im Bereich der Phraseologie, abgesehen von einigen Ausnahmen, noch Mangelware. Sie sind nicht an Platzbeschränkungen gebunden, leicht auf den aktuellen Stand zu bringen und fördern das autonome Lernen. Die in diesem Beitrag vorgestellte Online-Phraseologie-Lernplattform ReDeWe, die im Rahmen einer Lehrwerksuntersuchung entstanden ist, deckt drei Bereiche ab: (1) eine im Aufbau befindliche Phrasemdatenbank mit relevanten Informationen wie semantisches Feld, Register und Grundwortschatzniveau, (2) eine Multisuchmaschine, die die wichtigsten Online-Wörterbücher bzw. Korpora integriert, und (3) eine Lernplattform mit interaktiven Übungen.
Mit Fokus auf die Vorteile, die computergestützte Lehr- und Lernmittel bieten, soll in diesem Beitrag ein neues Lernportal, Phras.eu, mit interaktiven Übungen zur Phraseologie beschrieben werden. Die Lernaktivitäten der Plattform, deren Konzeption sich am Supplement zum GER orientiert, basieren auf dem pluralen Ansatz in CARAP/REPA. Dieser Ansatz besagt, dass durch das Erlernen von Fremdsprachen auf der Grundlage bereits bestehender sprachlicher Kompetenzen der Prozess des Spracherwerbs effizienter gestaltet wird. In der didaktischen Implementierung von äquivalenten Idiomen in Phras.eu soll das Lernen von deutschen Idiomen unabhängig von der Muttersprache durch das vorhandene Wissen der Lernenden in der englischen Sprache erleichtert werden.
In diesem Beitrag wird das Ziel verfolgt, eines der neuen digitalen Kommunikationsmittel, einen Lernerblog, zu untersuchen. Es handelt sich um ein neues, bereits sehr populäres Kommunikationsmittel, das als Ergebnis sich ändernder Kommunikationsbedürfnisse, technologischer Innovationen und variierender medialer Kontexte betrachtet werden kann. Im Fokus unseres Interesses steht Deutschlernerblog.de, eine beliebte und von vielen Benutzern und Benutzerinnen oft besuchte Internetplattform, auf der neben zahlreichen anderen Lehrmaterialien vier nach verschiedenen Kriterien zusammengestellte Phrasemsammlungen angeboten werden. Letztere werden im Beitrag unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert, um festzustellen, inwieweit dabei die gegenwärtige Forschungslage im Bereich der Phraseologie berücksichtigt wird. Aufgrund der ermittelten Ergebnisse werden Vorschläge für eine aus phraseodidaktischer Sicht effizientere Zusammenstellung der Phrasemsammlung und lernerfreundliche Beschreibung der einzelnen Phraseme gemacht.
Im Zentrum des Beitrags steht der Zusammenhang von konstruktivistischem Lernen in der Fremdsprache Deutsch und dem Einsatz aufgabenorientierter Lernaktivitäten in hypermedialen Lernumgebungen zur Bereicherung der Wortschatzarbeit im Bereich der Phraseologie. Anhand von Beispielen aus der Unterrichtspraxis werden Möglichkeiten für die Implementierung einer konstruktivistischen Lernkultur in der phraseologiebezogenen Wortschatzarbeit vorgestellt und kritisch reflektiert.
Nicht jeder Innenraum ist ein Interieur. Das Interieur ist ein unter spezifischen historischen, gesellschaftlichen und kulturpoetischen Bedingungen entstandenes komplexes Gebilde. Es lässt sich durch die Bündelung von drei Aspekten rekonstruieren: 1. einer Kultur- und Komfortgeschichte de Wohnens; 2. einer Beschreibung des Widerspiels von Draußen und Drinnen und 3. der interieurspezifischen Bestimmung einer Raumästhetik, bestehend aus einer Poetik der Atmosphäre und der Dinge und konstituiert aus Erwartung, Erinnerung und Koketterie.
Einläßliche Untersuchungen zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte Lichtenbergs fehlen bislang. Sie würden zunächst ein disparates Rezeptionsfeld aufweisen: Lichtenberg als Naturwissenschaftler, Lichtenberg als Physiognomikkritiker, Lichtenberg als Literatursatiriker , Lichtenberg als Stifter eines neuartigen ästhetischen Bildreservoirs, eines Orbis Pictus, den seine Hogarth Kommentare erschließen, schließlich Lichtenberg als Autor der Sudelbücher, die ihn als Selbstdenker zu erkennen geben. Darüber hinaus wäre das Besondere von Lichtenbergs Wirkungsweise methodisch zu bedenken und zu verwirklichen.
[...] Die dialektische Begriffsentfaltung schöner Kunst in ihren Momenten des Häßlichen, Komischen, Erhabenen ist nicht, wie das Vorurteil will, sophistische Begriffsspielerei; sie ist der angestrengte Versuch, die Möglichkeit bzw. Ermöglichung schöner Kunst unter den ihr "ungünstigen", "prosaischen" Lebensverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft zu entwickeln. Alle ästhetischen Theorien des Häßlichen greifen ein in die Debatte über den Vergangenheitscharakter schöner Kunst; sie melden sich zu Wort als Theorie gegenwärtiger Kunst; sie übernehmen präventiv die Gewährleistung schöner Kunst im Status ihrer drohenden Verabschiedung: sie behandeln sie als suspendiert. [...]
Juden, Philister und romantische Intellektuelle : Überlegungen zum Antisemitismus in der Romantik
(1992)
[...] Verschärfte Angriffe auf Juden fallen oft mit historischen Krisen zusammen. So grundiert auch hier die besondere Krisensituation der Napoleonischen Kriege den Konflikt, während ihn die Auseinandersetzung mit den Hardenbergschen Reformen in Preußen radikalisiert. Das Zusammengehen von Juden- und Philisterangriff aber leitet sich aus der spezifisch romantischen Zeitdiagnose her, einer Globalisierung der Krise und einer gleichsam apokalyptischen Alarmierung des Jetztzeitbewußtseins; ansteht das Überleben der Menschheit, ihr Untergang oder ihre Wiedergeburt. [...]
Der 1801 als Sohn eines Zuchthaus- und Leihbankverwalters in der fürstlichen Kleinresidenz Lippe-Detmold geborene Dramatiker Christian Dietrich Grabbe (1801-1836), neben Georg Büchner der heute unbestritten wichtigste Wegbereiter des modernen Dramas im frühen 19. Jahrhundert, als Visionär des Medienzeitalters und luzider Geschichtskritiker aber in seiner Zeit eben auch lediglich einer der vielen Autoren, die "ein Publikum nur in der Zukunft" (Bourdieu) haben sollten, bietet mit seinem ostentativ nach außen getragenen Antiklassizismus ein frühes Beispiel für die Positionierungskämpfe, die das sich herausbildende literarische Feld bestimmen und als solche überhaupt erst durch die Ausdifferenzierung des Literaturmarktes möglich wurden. Mit Grabbe, dem seine bürgerliche Existenz als Militärrichter (Auditeur) nicht genügte und der hinausstrebte in die Welt des Theaters, dem er in seiner Zeit aber als unspielbar galt, richten die folgenden Ausführungen die Aufmerksamkeit auf den Vormärz als historisch gesehen relativ offene Phase der Modernisierung, die sich im Rückblick als "Suchbewegung des Experimentierens" zwischen zwei relativ stabilen Literatursystemen darstellt: nämlich desjenigen der Goethezeit (das um 1830 relativ abrupt zusammenbricht) und dem des Realismus (in dem sich das System um 1850 restabilisiert). Die Klassifikationskämpfe, die nach Bourdieu das literarische Feld strukturieren, treten in dieser "'Labor'-Zeit", in der konträre Diskursformationen (Klassik, Romantik, Biedermeier, Vormärz) neben- und gegeneinander bestehen, besonders anschaulich zutage.