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Lebensräume, die unmittelbar der Flussdynamik ausgesetzt sind, werden durch eine Reihe von Variablen determiniert. Zu den Leitarten dieser temporären Gewässer zählen die Kiemen- und Blattfüßer der Klasse der Crustaceen, die umgangssprachlich als Urzeitkrebse bezeichnet werden. Diese Relikte der mesozoischen Tierwelt haben schon seit jeher das Interesse von Naturforschern geweckt. Ihre Lebensdauer und Kolonisierung, selbst kleinster Gewässer, ist auf nur wenige Wochen bis Monate begrenzt. Es kann davon ausgegangen werden, dass landschaftsverändernde Maßnahmen entlang der Flüsse nicht ohne Auswirkungen auf die aktuelle Verbreitung und das Vorkommen von Urzeitkrebsen und Rückenschalern geblieben sind. Im Biosphärenreservat (BR) Mittelelbe wurde ab dem Jahr 2004 damit begonnen, die geeigneten Gewässerlebensräume am Mittellauf der Elbe sowie am Unterlauf der Havel auf das Vorhandensein von Urzeitkrebsen zu untersuchen.
Vögel
(1995)
Die untere Havelniederung ist ein bedeutendes Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für eine arten- und individuenreiche Vogelwelt. Die im Jahre 1978 erfolgte Ausweisung des Deichvorlandes der Havel als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung (FIB) und, einschließlich des Schollener Sees, als Europäisches Vogelschutzgebiet (IBA, seit 1993 als EU SPA bestätigt) unterstreicht die Bedeutung für den Vogelschutz. Gegenwärtig werden 135 bis 140 Brutvogel- und 80 Gastvogelarten zur Avifauna der unteren Havelniederung Sachsen-Anhalts gezählt.
Wirbellose
(1995)
Der landschaftlich reizvolle Überschwemmungsbereich zwischen Schollene und Havelberg lässt aufgrund der naturräumlichen Ausstattung eine artenreiche Wirbellosenfauna vermuten. Leider sind bis heute für bestimmte Arten kaum Angaben zu Vorkommen bekannt. Historische Quellen existieren so gut wie nicht; wenn doch, so wurden zumeist nur Zufallsbeobachtungen dokumentiert. Nachdem 1989 von B. Heinze in Havelberg eine entomologische Fachgruppe gegründet wurde, war ein kleiner Aufschwung im Kenntnisstand zu verzeichnen. Nicht unwesentlich trägt auch die von ihm initiierte Schriftenreihe "Untere Havel - Naturkundliche Berichte" zur Erweiterung des Wissensstandes bei. Ansonsten finden sich nur vereinzelt faunistische Arbeiten aus dem Gebiet, so sei u.a. Spitzenberg erwähnt, der die aquatilen Coleopteren des NSG "Schollener See" untersuchte. Dabei konnten neben einer Vielzahl anderer Arten als bemerkenswerte Vertreter die beiden Kolbenwasserkäferarten Hydrous aterrimus und H. piceus gefunden werden.
Das Schutzgebietssystem
(1995)
In der unteren Havelniederung Sachsen-Anhalts existieren neben einer Vielzahl von nach Landesnaturschutzrecht ausgewiesenen Schutzobjekten auch Gebiete mit internationalem Schutzstatus. So wurde im Jahre 1978 das damalige verbliebene rund 5800 ha große Deichvorland beiderseits der Havel zwischen Hohennauen und Havelberg auf dem Gebiet der heutigen Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt (Anteil: 2400 ha) auf Grundlage der UNESCO-Konvention zum "Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Watt- und Wasservögel, von internationaler Bedeutung" als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung (RAMSAR-Gebiet) "Untere Havel" ausgewiesen. Das seit 1990 einstweilig gesicherte NSG "Untere Havel/Sachsen-Anhalt" (2038 ha) ist Teil dieses RAMSAR-Gebietes.
Das einstweilig gesicherte Naturschutzgebiet "Untere Havel/Sachsen-Anhalt", Teil des seit 1978 bestehenden Feuchtgebietes von internationaler Bedeutung "Untere Havel", steht gegenwärtig aufgrund seiner Größe und Naturausstattung im Mittelpunkt der Schutzbemühungen in der unteren Havelniederung. Auf der Grundlage einer Behandlungsrichtlinie werden in ihm schon seit 1988 Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen durchgeführt. Diese Behandlungsrichtlinie, die nach NatSchG LSA bis zur endgültigen Sicherung des NSG weiterhin gilt, definiert als Schutzziel die "Erhaltung der naturnah strukturierten Lebensräume der heimischen Flora und Fauna eines durch periodische Überflutung beeinflussten, extensiv genutzten Süßwasserfeuchtgebietes in einer für die norddeutsche Tiefebene typischen Flußniederung“.
Säuger
(1995)
Die vielfältige Biotopausstattung der unteren Havelniederung, insbesondere ihre ausgedehnten Verlandungszonen und Überschwemmungsflächen aber auch die Flurgehölze, Kleingewässer und Fließe in den eingedeichten Bereichen, bieten 51 Säugetierarten Lebensraum. Das sind 78 % der in Sachsen-Anhalt nachgewiesenen Arten. Davon ist ein hoher Anteil nach der Roten Liste des Landes Sachsen- Anhalt als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft (Tab. 2). Diese Tatsache belegt eindrucksvoll den Refugialcharakter der unteren Havelniederung.
Lurche und Kriechtiere
(1995)
Der derzeitige Stand der Erfassung der Amphibien- und Reptilienarten im Gebiet der unteren Havelniederung reicht längst nicht aus, um ein vollständiges Verbreitungsbild in dieser struktur- und gewässerreichen Landschaft aufzuzeigen. Sind die Froschlurche an Hand ihrer Ruf- und Wanderaktivitäten während der Laichperiode noch relativ leicht nachzuweisen, so wurden bislang potentielle Habitate für das Vorkommen von Molchen und Reptilien nur sehr unvollständig untersucht. Aktuelle Kartierungsarbeiten, die die Grundlage der hier vorgestellten Ergebnisse bilden, wurden sowohl durch Mitarbeiter der Naturschutzstation Fercheis als auch im Rahmen eines Praktikums durch Belde und Ulbrich (234) durchgeführt.
Die Lage des Gebietes
(1995)
Das vorliegende Sonderheft stellt die Landschaft der unteren Havelniederung in Sachsen-Anhalt mit ihrer vielfältigen Naturausstattung und ihrer spezifischen Schutzproblematik vor. Seit jeher hat dieses Gebiet sowohl die Aufmerksamkeit faunistisch und floristisch Interessierter erregt als auch Bemühungen zum Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt hervorgerufen. Durch das jahrzehntelange Wirken von Naturschutzbeauftragten und -helfern, regionalen Gebietskennern, Mitgliedern von Naturschutzvereinen und -verbänden sowie nicht zuletzt von den Mitarbeitern wissenschaftlicher Einrichtungen und Naturschutzbehörden konnte der derzeitige Stand der Schutzgebietsausweisung und -entwicklung in der unteren Havelniederung erreicht werden. Weist die floristische und faunistische Bearbeitung des Gebietes auch noch so manche Lücke auf, so ermöglichen doch die besonders in den zurückliegenden Jahren intensivierten naturschutzfachlichen Forschungen, Untersuchungen und Planungen sowie die Auswertung der gesammelten Erkenntnisse die vorliegende zusammenfassende Darstellung.
Die Vielzahl der schutz- und entwicklungsbedürftigen Lebensgemeinschaften der naturnahen Kulturlandschaft der unteren Havelniederung müssen sowohl naturschutzrechtlich gesichert als auch entsprechend gepflegt und entwickelt werden. Insbesondere zählen dazu die sich mehr oder minder "natürlich" entwickelnden Bruchwälder, Verlandungszonen und Auenwaldrelikte im Überflutungsbereich. Aber auch die an historische Nutzungsweisen gebundenen, speziell extensiv zu bewirtschaftenden Feucht- und Niedermoorwiesen können hierzu gerechnet werden. Die Darstellung der naturschutzfachlichen Entwicklungsziele und -maßnahmen in Pflege- und Entwicklungsplänen bildet die Grundlage für fachgerechte Pflegemaßnahmen.