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Hämophilie A (HA) ist eine X-chromosomal-rezessiv vererbte Blutgerinnungsstörung mit einem vollständigen Fehlen oder einem funktionellen Defizit des Gerinnungsfaktors VIII (FVIII). Trotz der Therapiefortschritte innerhalb der letzten Jahre, zeigen HA-Patienten auch unter der regelmäßigen FVIII-Substitutionstherapie weiterhin multiple Komplikationen, einschließlich Gelenkschäden, Entstehung einer Immunantwort (Hemmkörper) und reduzierter Lebensqualität. Im Gegensatz zu den bisherigen Therapieoptionen stellt die Gentherapie (GT) die vielversprechende Möglichkeit einer dauerhaften Anhebung des FVIII-Spiegels bis hin zur Heilung der HA in Aussicht.
In der vorliegenden Arbeit konnte ein geeignetes HA-Zellmodell auf Basis der primären humanen hepatischen sinusoidalen Endothelzellen (HHSEC) etabliert werden, um die zukünftige Erforschung einer SaCas-CRISPR-basierten HA-GT in vitro zu evaluieren, sowie wichtige Erkenntnisse für weiterführende Arbeiten gewonnen werden.
Mittels stabiler Integration des Doxycyclin-induzierbaren large T-Onkogens konnte eine gut charakterisierte, immortale HHSEC_LT-Zelllinie hergestellt werden, welche funktionalen FVIII exprimiert. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Immortalisierung in Abhängigkeit von Doxycyclin für weiterführende Experimente in der Zellkultur essenziell ist, um Stressreaktionen der HHSEC, aufgrund ra-scher Seneszenz und Apoptose, zu umgehen.
Im weiteren Verlauf des GT-Projektes sollten verschiedene HHSEC-F8-Mutations-Zelllinien hergestellt werden. Neben der Gensequenzierung wurden in der vorliegenden Arbeit mehrere in Betracht kommende FVIII-Detektionsverfahren getestet, um den Erfolg einer eingeführten F8-Genmutation in HHSEC sowie ihrer anschließenden Reparatur im weiteren Verlauf des GT-Projektes auch auf Proteinebene zu demonstrieren. Hierbei konnte gezeigt wer-den, dass für die vorliegende Fragestellung sich insbesondere die Immunfluoreszenz- (IF-) Mikroskopie und die Quantifizierung der FVIII-Aktivität (FVIII:C) mittels aPTT-basierter Messung zur spezifischen Detektion von FVIII in HHSEC bewähren.
In Anlehnung an patientenspezifische F8-Genmutationen mit einem Frameshift-Effekt wurden fünf verschiedene sgRNA/SaCas9-CRISPR-Expressionsvektoren konstruiert und mittels lentiviralem Gentransfer in die immortalisierten HHSEC stabil transduziert. Nach PCR-Amplifikation der betreffenden genomischen Loci dieser fünf verschiedenen stabil transduzierten HHSEC-F8-Mutations-Zelllinien zeigte die anschließende Sequenzierung, dass vier der fünf hergestellten Konstrukte Genveränderungen mit potenziellen Frameshift-Effekten in HHSEC generieren konnten, wovon zwei sehr gute Ergebnisse erzielten. Korrelierend zu den Sequenzierergebnissen konnten ebenfalls Verminderungen der FVIII-Fluoreszenzintensität mittels mikroskopischer IF-Aufnahmen sowie der FVIII:C mittels aPTT-basierter Messung dargestellt werden.
Weiterhin konnte bei der Beurteilung des morphologischen Erscheinungsbildes der stabil transduzierten HHSECs eine optisch veränderte Zellmorphologie sowie ein Wachstumsnachteil innerhalb der beiden Zellpools mit den höchst erreichten Indel-Raten und der niedrigsten FVIII:C beobachtet werden. Diese Beobachtungen erlaubten die Formulierungen neuartiger, vielversprechender Hypothesen in Bezug auf das Grundverständnis der HA-Erkrankung.
In der vorliegenden Studie wurden Patienten mit struktureller Epilepsie bedingt durch eine fokale kortikale Dysplasie (FCD) mittels moderner Magnetresonanztomographie (MRT)-Verfahren untersucht.
Bei FCDs handelt es sich um Fehlbildungen der Großhirnrinde, die mit einer hohen epileptogenen Aktivität vergesellschaftet sind. Einige dieser Patienten unterziehen sich einer epilepsiechirurgischen Resektion, sind jedoch hiernach hinsichtlich ihrer Anfallsfrequenz dennoch nicht ausreichend kontrollierbar, weshalb Grund zur Annahme besteht, dass es neben der fokalen kortikalen Dysplasie andere Faktoren geben könnte, die epileptische Anfälle verursachen.
Basierend auf dieser Überlegung wurde mittels T2-Relaxometrie untersucht, ob bei Patienten mit FCDs mikrostrukturelle Veränderungen in Teilen des Kortex vorhanden sind, die mittels konventioneller MRT-Verfahren normal bzw. gesund erscheinen. Es wird angenommen, dass bei diesen Patienten auch außerhalb der FCD mikrostrukturelle Veränderungen, beispielsweise bedingt durch Schädigung im Rahmen von Anfällen oder durch Therapieeffekte, vorzufinden sind.
Für die Studie wurden 16 Patienten mit einer neuroradiologisch gesicherten FCD und 16 hinsichtlich des Alters und des Geschlechts gematchte gesunde Probanden rekrutiert.
Die Daten wurden an einem 3 Tesla (T) MRT-Scanner erhoben. Um die T2-Relaxationszeit zu messen, wurden Spin-Echo Datensätze mit verschiedenen Echozeiten (TE) aufgezeichnet. Zur Erfassung der Ausdehnung der FCD wurden konventionelle fluid-attenuated inversion recovery (FLAIR)-Datensätze akquiriert. Zur Segmentierung des Gewebes wurden synthetische T1-gewichtete magnetization-prepared rapid acquisition of gradient echos (MP-RAGE)-Datensätze aus quantitativen T1-Karten berechnet. Der Kortex und dessen Grenzflächen wurden mittels FreeSurfer anhand der MP-RAGE-Datensätze identifiziert und die kortikale Dicke wurde gemessen. Die FCD-Areale wurden in den FLAIR-Datensätzen manuell markiert und aus den T2-Karten exkludiert, um die FCD-assoziierten Veränderungen nicht in die Analyse einzubeziehen.
Anschließend wurden kortikale T2-Werte ausgelesen und in Oberflächendatensätzen gespeichert, um dann durchschnittliche kortikale T2-Werte für jeden Probanden zu ermitteln und mittels ungepaartem t-Test zwischen den Gruppen zu vergleichen. Zudem wurde der Pearson-Korrelationskoeffizient zwischen den kortikalen T2 Werten und klinischen Parametern berechnet. Außerdem wurde eine oberflächenbasierte Gruppenanalyse kortikaler T2-Werte und der kortikalen Dicke durchgeführt. Hierbei wurden Permutationssimulationen durchgeführt, um kortikale Cluster zu erkennen, die fokale Gruppenunterschiede anzeigen, und um für Mehrfachvergleiche zu korrigieren.
Die Analyse ergab, dass die durchschnittlichen kortikalen T2-Werte außerhalb der FCD in der Patientenkohorte im Vergleich zu den gesunden Probanden signifikant erhöht waren. Diese T2-Veränderungen zeigten weder eine signifikante Korrelation mit der Anzahl der Anfälle der letzten drei Monate, noch mit der Anzahl der jemals eingenommenen antiepileptischen Medikamente. Insbesondere wurden T2-Erhöhungen in den frontalen, parietalen und manchen temporalen Regionen festgestellt. Die oberflächenbasierte Analyse der Kortexdicke zeigte keine signifikanten Gruppenunterschiede.
Mittels T2-Relaxometrie und oberflächenbasierten Analyse-Techniken wurden demnach T2-Veränderungen des mittels konventioneller MRT-Bildgebung unauffällig erscheinenden zerebralen Kortex bei Patienten mit FCD und Epilepsie festgestellt.
Die Ergebnisse deuten auf das Vorhandensein von mikrostrukturellen Veränderungen hin, die sich mit konventionellen MRT-Verfahren nicht erfassen lassen. Potentielle Ursachen dieser Veränderungen sind neben Effekten der antikonvulsiven Medikation möglicherweise auch gliotischer Gewebeumbau bedingt durch stattgehabte epileptische Anfälle. Die Studie legt nahe, dass strukturelle Epilepsien mehr als ein Symptom bedingt durch eine fokale Läsion sind und stattdessen das Gehirn als Ganzes betreffen.
Aktive Hörimplantate befinden sich seit Mitte der 1980er Jahre im klinischen Einsatz. Aufgrund der inzwischen sehr hohen Anwendungszahl und durch-schnittlich sehr langen Anwendungsdauer gelten diese als sehr sicher. Dennoch können Komplikation auftreten. Eine Komplikation wurde in der vorliegenden Arbeit als Auftreten eines negativen Ereignisses außerhalb des gewünschten Behandlungsablaufes gewertet.
Ziel dieser Arbeit war es, aufgetretene Komplikationen zu kategorisieren und zu quantifizieren. Ferner sollte untersucht werden, ob bestimmte Faktoren Einfluss auf die Häufigkeit von Komplikationen haben, insbesondere in Bezug auf die verschiedenen Implantat- und Elektrodenträgermodelle. Es wurden neben der Erfassung und Quantifizierung unerwünschter Ereignisse vier Hypothesen for-muliert, die sich aus der klinischen Erfahrung der Anwendung der Systeme ergaben: (H1) Kinder entwickeln nach Cochlea-Implantation häufiger Entzün-dungen. (H2) Implantatmodelle mit Magnettasche führen häufiger zu Infektio-nen. (H3) Perimodiolare Elektrodenträger führen häufiger zu „Tip fold-over“ (Umschlagen der Elektrodenträgerspitze). (H4) Gerade Elektrodenträger führen häufiger zu Elektrodenträgerdislokation.
In dieser Arbeit wurden alle von Januar 2006 bis Dezember 2016 im Universi-tätsklinikum Frankfurt mit aktiven Hörimplantaten versorgten Patienten einge-schlossen. Unter den 1274 Patienten befanden sich 583 Patienten, bei denen mindestens eine Komplikation auftrat. Hiervon machten den Großteil Schmer-zen (16,9 %), Drehschwindel (15,6 %) und Infektionen im Verlauf (8,3 %) aus.
Es wurde aus dem Datenmaterial eine Patientengruppe von 503 betroffenen Patienten gebildet, die nach der Operation erstmals eine Komplikation angaben. In dieser Kohorte „Erstereignis“ traten Komplikationen vor allem in den Bereichen Entzündung (281 Patienten), Hören (183 Patienten) und Gleichgewicht (158 Patienten) auf. Bei den unilateral versorgten Patienten dieser Kohorte zeigte sich das erste Ereignis durchschnittlich nach 5,64 Jahren, bei den beid-seitig Operierten trat das erste Ereignis durchschnittlich nach 7,35 Jahren auf.
Die Implantatmodelle wichen im Auftreten von Komplikationen voneinander ab: Die höchsten Komplikationsraten traten bei den Modellen HiRes90K mit 37 von 81 (45,7 %), Synchrony mit 62 von 140 (44,3 %), und Nucleus 5 mit 115 von 274 (42,0 %) auf. Die Elektrodenträgerbauformen wiesen signifikante (p < 0,001) Unterschiede untereinander auf: Die meisten Komplikationen traten bei den Elektrodenträgerbauarten Medium (75 %), Midscala (58,8 %), Slim Modi-olar (54,3 %), und Straight (52,1 %) auf. Eine Infektion trat besonders bei den Implantaten Synchrony (1,34 Jahre) und Clarion (1,57 Jahre) früh auf. Die Modelle Pulsar (7,51 Jahre) und CI24RE (6,13 Jahre) zeigten ein eher spätes Auftreten. Für das Auftreten einer Infektion der Implantatmodelle lag p unter 0,001, was für signifikante Unterschiede bezüglich des Zeitpunktes des Auftretens spricht. Die Elektrodenträgerbauart zeigte in Bezug auf eine Hörbeeinträchtigung und in Bezug auf das Auftreten einer Elektrodenträger bezogenen Komplikation, wie Tip fold-over, Migration oder inkomplette Insertion hoch signifikante (p < 0,001) Unterschiede. Elektrodenträgerbauformen wie Midscala, Straight und Slim Modiolar führten früh nach durchschnittlich einem (Slim Modiolar) bis 2,5 (Straight) Jahren zum ersten Auftreten von einem veränderten Höreindruck nach CI-Implantation. Etwas häufiger traten Probleme mit dem Elektrodenträger wie Tip fold-over, Migration oder inkomplette Insertion bei den Modellen Flex Soft und Helix auf, am häufigsten bei dem Modell Flex 24.
(H1) Bei Kindern traten signifikant (p < 0.001) häufiger implantatbezogene Entzündungen auf als bei Erwachsenen. In der Gruppe „Erstereignis“ hatten 66,0 % der Kinder und 23,7 % der Erwachsenen eine Entzündung. (H2) Das Vor-handensein einer Magnettasche an der Implantat-Empfänger-Spule führte nicht signifikant häufiger zum Auftreten einer Entzündung. (H3) Vorgekrümmte (engl. pre-curved) Elektrodenträger zeigten eine höhere Inzidenz für Tip fold-over als gerade Elektrodenträger. (H4) Gerade Elektrodenträger zeigten eine höhere Inzidenz für eine Migration des Elektrodenträgers. Insgesamt traten im betrach-teten Kollektiv „Erstereignis“ 11 Migrationen auf, 10 davon bei geraden Elektro-denträgern (p = 0,03).
Insgesamt führen Faktoren wie die Implantatmodelle, Elektrodenträgerbauformen, Alter des Patienten früher zum Auftreten von Komplikationen. Für zukünftige Studien wäre eine eigene Auswertung der noch relativ neuen (2012) Mittelohrimplantate interessant.
1.1. Einleitung
Die periprothetische Infektion (PPI) gilt als eine der schwersten Komplikationen nach endoprothetischem Gelenkersatz, deren Behandlung einen hohen finanziellen, personellen und zeitlichen Aufwand erfordert. Das Krankheitsbild ist seit Beginn der Endoprothetik bekannt und das Wissen um die Pathophysiologie wurde seitdem vertieft. Die Therapie wurde um stadienadaptierte Konzepte, wirksame Antibiotika und verbesserte Implantate beachtlich erweitert. Dennoch liegt die Inzidenz der PPI beim Kniegelenk unverändert zwischen einem und zwei Prozent, bei Risikopatienten auch deutlich darüber (1). Falle einer PPI sind die primären Ziele aus Patientensicht die Wiederherstellung der Gehfähigkeit und Schmerzfreiheit bei Implantation einer beweglichen Revisionsprothese. Es zeigt sich allerdings, dass nach mehrmaligem Prothesenwechsel die Gelenkfunktion, die Patientenzufriedenheit und das Outcome abnehmen. Nach multiplen Operationen am betroffenen Gelenk leidet der Streckapparat und ein Verlust von Knochen ist unumgänglich. In diesen Extremsituationen müssen neben der Ultima Ratio einer Amputation auch Salvage-Prozeduren, wie das Anlegen einer stabilen Arthrodese, erwogen werden. Das klinische Outcome und die Lebensqualität hiervon sind bisher weitgehend unbekannt. Daher vergleicht die vorliegende Arbeit das klinische und funktionelle Behandlungsergebnis in Kombination mit der resultierenden Lebensqualität von Patienten, bei denen das Anlegen einer stabilen Arthrodese klinisch erforderlich war, mit dem von Patienten nach Implantation einer Revisionsprothese als Resultat eines mehrzeitigen septischen Endoprothesen-Wechsels.
1.2. Material und Methoden
Die Studie umfasste 104 Patienten (2010-2017), von denen alle eine periprothetische Infektion einer Knie-Totalendoprothese (KTEP) aufwiesen. In einem mehrzeitigen Verfahren wurde das Implantat gewechselt. Nach Infektberuhigung erfolgte die Implantation eines Revisionsimplantates. Im Falle von ausgedehnten Knochendefekten oder bei Verlust der Streckapparates wurde ein modularer intramedullärer Arthrodesenagel verwendet (Knie-Arthrodese-Modul, KAM-Gruppe; n=52). In der Kontrollgruppe wurde eine gekoppelte Revisionsprothese reimplantiert (Rotating Hinge Knee, RHK-Gruppe; n=52). Infektremissionsraten und das klinische Behandlungsergebnis (anhand des Knee Society Score (KSS) und Western Ontario McMasters Universities Osteoarthritis Index (WOMAC), sowie die Lebensqualität (anhand des Short Form Health Survey 12 (SF-12)) wurden gemessen. Zusätzlich wurden patientenbezogene Daten, wie Komorbititäten (Charlson Comorbidity Index (CCI)) und das Schmerzniveau (visuelle Analogskala), untersucht.
1.3. Ergebnisse
Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer war 72,5 Jahre. Der Charlson Comorbidity Index war in der KAM-Gruppe leicht erhöht (3,3 KAM versus 2,8 RHK). Die Infektberuhigungsrate lag bei 89,4% (88,5 KAM versus 90,4% RHK). Bei Reinfektion war der Prothesenerhalt vor allem in der RHK-Gruppe (7,7%) möglich, Amputationen mussten hauptsächlich in der KAM-Gruppe (9,6%) durchgeführt werden. In beiden Gruppen wurde eine signifikante Schmerzreduktion (visuelle Analogskala prä-OP: 7,9 post-OP: 2,8) erreicht. Die Gehstrecke der KAM-Gruppe war signifikant gegenüber der RHK-Gruppe (504 Meter KAM versus 1064 Meter RHK) vermindert. Der KSS Funktionsscore und der WOMAC (25 KAM versus 40 RHK bzw. 35 KAM versus 64 RHK) waren in der KAM-Gruppe ebenfalls signifikant niedriger. Eine etwas niedrigere Lebensqualität wurde in der KAM-Gruppe (SF-12 Körpersubskala 34 KAM versus 40 RHK; SF-12 Psychesubskala 51 KAM versus 56 RHK) beobachtet. Die generelle Zufriedenheit mit der Behandlung lag in der KAM-Gruppe bei 88% und bei 81% in der RHK-Gruppe.
1.4. Schlussfolgerungen
Sowohl durch Therapie mittels Revisionsprothese als auch durch Arthrodese konnten hohe Infektremissionsraten erreicht werden. Die Gehstrecke und Gelenkfunktion war nach Arthrodesenimplantation reduziert, doch war die Rehabilitationszeit deutlich kürzer. Eine Arthrodese mit intramedullärer Marknagelung bietet eine gute Therapieoption zum Extremitätenerhalt, zur Schmerzreduktion und zum Erhalt von Lebensqualität und Alltagsmobilität, wenn aufgrund von Knochensubstanzverlust und Streckapparatinsuffizienz keine Möglichkeit zur Implantation einer Revisionsprothese mehr besteht.
Das Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) ist ein seltenes fibroblastisches Weichteilsarkom. Bisher ist wenig über die optimale Therapie des primären und insbesondere des rezidivierten DFSP im Kindes- und Jugendalter bekannt. Zudem gibt es sehr wenig klinische Daten über das fibrosarkomatöse DFSP (FS-DFSP) bei pädiatrischen Patienten, welches eine intermediär maligne Variante des DFSP darstellt. Die vorliegende Studie untersuchte das Dermatofibrosarcoma protuberans im Kindes- und Jugendalter im Hinblick auf die Therapie und Prognose der primären Erkrankung und bei Rezidiven. Es wurden Daten von 40 Patienten mit DFSP, welche im Zeitraum von 1996 bis 2016 in der Cooperativen Weichteilsarkomstudiengruppe (CWS) prospektiv registriert wurden, retrospektiv analysiert. Zusätzlich wurde die Therapie und der Verlauf von 3 Patienten mit der Diagnose eines FS-DFSP beschrieben.
Alle Patienten erhielten vorrangig eine chirurgische Tumorresektion. Eine sekundäre Resektion erfolgte bei 18 Patienten nach unvollständiger oder grenzwertig vollständiger primärer Resektion. Insgesamt konnte bei 85% (n = 34/40) eine mikroskopisch vollständige chirurgische Resektion (R0) in der besten Resektion erreicht werden. Alle Patienten konnten eine komplette Remission nach der primären Erkrankung erreichen und das 5-Jahres Gesamtüberleben war 100% (± 0; CI, 95%). Die R0-Resektion (IRS I) stellte einen signifikanten Faktor für die Prävention eines Rezidivs dar. Ein lokales Rezidiv trat nach einem Median von 1,1 Jahren bei insgesamt 15% (n = 6/40) der Patienten auf und wurde durch erneute chirurgische Resektion behandelt. Darunter konnten alle Patienten eine komplette Remission erreichen. Zwei von 3 Patienten mit einem FS-DFSP überlebten nach einer R0-Resektion in kompletter Remission.
Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass das DFSP eine gute Prognose bei pädiatrischen Patienten hat. Der wichtigste prognostische Faktor für die Prävention von Rezidiven ist eine mikroskopisch vollständige chirurgische Resektion. Im Falle eines Rezidivs oder dem Vorliegen eines FS-DFSP sollte ebenfalls eine vollständige chirurgische Resektion angestrebt werden.
This research project investigated how motor activity, such as cycling, influences the acquisition of foreign language vocabulary under two distinct conditions of auditory-motor-synchronisation. In a mixed subject design, 48 participants had to learn 40 Polish-German vocabulary pairs by auditory presentation over headphones in two different conditions, in which they performed motor activity cycling on a bicycle ergometer: in experiment 1, vocabulary was presented in a fixed rhythm while in experiment 2, participants self-initiated the presentation of vocabulary through pedalling. After having listened to the word pairs, they had to perform online vocabulary tests, one directly after the learning session and a second one 24 hours later from home. Additionally, the individual pitch perception preference (i.e. fundamental vs. spectral pitch perception) of the participants was determined.
The results showed that fundamental listeners forgot significantly more vocabulary than spectral listeners during the fixed than during the self-initiated condition. There was no difference within the groups for the self-initiated condition. The analysis of the motor data revealed a significantly more accurate synchronisation for fundamental listeners during the fixed condition. Therefore, this study provides first evidence for the benefit of self-initiated auditory-motor synchronisation in the process of learning a foreign language in adults. It also reveals that pitch preference has an effect on auditory-motor synchronisation.
Die Multiple Sklerose (MS) gehört zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems in Deutschland und kann durch Sehstörungen, Paresen oder Sensibilitätsstörungen symptomatisch werden.
Konventionelle Magnetresonanztomographie (MRT)-Verfahren leisten in der Diagnostik der MS einen wichtigen Beitrag, da diese die Läsionslast der weißen Substanz gut darstellen können. Frühere Studien deuten an, dass kognitive und psychomotorische Symptome wie Fatigue sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bei der MS mit Schädigungen des zerebralen Kortex in Beziehung stehen könnten. Mit konventionellen MRT-Bildgebungsverfahren lässt sich zwar kortikale Atrophie, nicht jedoch die zugrundeliegenden mikrostrukturellen kortikalen Umbauprozesse erfassen. In der vorliegenden Studie wurden daher quantitative MRT(qMRT)-Verfahren verwendet, die eben diese diffusen kortikalen Gewebsveränderungen messen und quantifizieren können. Mithilfe der dabei genutzten Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) als qMRT-Verfahren konnten Diffusionsanomalien analysiert und charakterisiert werden. Dabei wurden zwei Gewebsparameter im Gehirn bestimmt: die mittlere Diffusivität(MD) und die fraktionelle Anisotropie (FA). Da vorherige Studien uneinheitliche Ergebnisse hinsichtlich Änderungen von DTI-Parametern in der grauen Substanz bei der MS erbrachten, beschäftigten wir uns mit der Frage, ob kortikale MD- und FA-Veränderungen bei Patienten mit schubförmig-remittierender MS (RRMS) mithilfe optimierter DTI-Messtechniken zu detektieren sind, wie diese charakterisiert sind und wie sich diese im Kortex verteilen.
An der vorliegenden Studie nahmen 24 Patienten mit RRMS und 25 gesunde Kontrollprobanden teil. Der Schweregrad der Erkrankung wurde mithilfe des Expanded Disability Status Scale (EDSS) eingestuft.
Bei der MRT-Datenerfassung wurde eine optimierte DTI-Methode mit intrinsischer „Eddy-Current“-Kompensation verwendet. Die MD und die FA wurden für jeden Bildpunkt bestimmt. Kortikale Parameterwerte wurden ausgelesen und in Oberflächendatensätzen gespeichert. Es erfolgte ein oberflächenbasierter statistischer Gruppenvergleich. Kortikale Mittelwerte wurden für die MD und die FA bestimmt und zwischen den Gruppen verglichen.
Für Parameter mit nachgewiesenen globalen Gruppenunterschieden wurde die Korrelation mit dem klinischen Status (quantifiziert durch den EDSS) bestimmt.
Die Analyse kortikaler Mittelwerte zeigte eine Erhöhung der MD in der Patientengruppe. Die MD-Veränderungen waren räumlich ausgedehnt und es fanden sich Cluster mit erhöhten MD-Werten in der Patientengruppe, insbesondere in temporalen, okzipitalen und parietalen Regionen. Des Weiteren konnte eine signifikante positive Korrelation zwischen dem EDSS-Score und der kortikalen MD festgestellt werden. Außerdem ließen sich fokale FA-Erniedrigungen im Temporal- und Okzipitallappen nachweisen. Die MD quantifiziert das Ausmaß und die FA die Gerichtetheit der Diffusion.
Somit bietet die MD möglicherweise Hinweise auf die Intaktheit mikrostruktureller Barrieren und die FA auf die Integrität von Faserverbindungen. Unsere Ergebnisse könnten demnach darauf hinweisen, dass im Kortex von MS-Patienten der Abbau mikrostruktureller Barrieren räumlich ausgedehnter stattfindet als eine Störung axonaler Strukturen. Die Korrelation der MD mit dem klinischen Status legt die Möglichkeit der Quantifizierung klinisch relevanter kortikaler Gewebsveränderungen und somit eine mögliche Relevanz dieser Techniken für klinische Studien nahe.
Körpergrößenschätzung und Geschlechtsdiskrimination anhand von metrischen Schädeldachparametern
(2021)
1. Körpergrößenschätzung und Geschlechtsdiskrimination; Messung des maximalen Längs- und Querdurchmessers des Schädels
Knöcherne Schädel sind häufig die einzigen Skelettüberreste, die für forensisch-osteologische Untersuchungen zur Verfügung stehen. Am Schädel lassen sich gute Hinweise für Geschlechtsdiskriminierung, Lebensalter und Herkunft erlangen. Es sollte überprüft werden, ob mithilfe der an der frischen Sägefläche des Hirnschädels gemessenen maximalen Schädellänge und -breite eine Schätzung der Körpergröße oder eine Geschlechtsdiskrimination möglich ist.
In die Untersuchung gingen die Autopsieberichte von 959 Verstorbenen ein, die das 21. Lebensjahr vollendet hatten und in den Jahren 2004 bis 2008 am Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen obduziert worden waren. Um den Einfluss der Herkunft der Individuen auf die untersuchten Maße abzuschätzen, wurde eine getrennte Betrachtung der in Deutschland (n=760) und außerhalb von Deutschland geborenen Individuen (n=199) durchgeführt. Trotz signifikanter Korrelationen der maximalen Schädellänge mit der Körpergröße konnte aufgrund der hohen Standardfehler keine sinnvolle einsetzbare Regressionsformel berechnet werden. Die maximale Schädelbreite zeigte keine nennenswerte Korrelation zur Körperlänge. Bezüglich der Geschlechtsdiskrimination konnte für kaukasoide Individuen folgende Aussage getroffen werden: Schädellängen kleiner 15,5 cm sprechen für weibliche und größer 19 cm für männliche Individuen. Bei der Schädelbreite weisen Werte kleiner 12,5 cm auf eine Frau und größer 15,5 cm auf einen Mann hin.
2. Über die Korrelation von Schädelnahtlängen und Körperhöhe bei Mitteleuropäern
An den Stellen des Schädeldachs, an denen 2 benachbarte Knochenanlagen aneinanderstoßen, bildet das Bindegewebe Knochennähte, Suturae (Sutura sagitalis, Sutura coronalis, Sutura lambdoidea) aus (Schiebler et al. 2002).
Ein vielversprechender Ansatz hinsichtlich der Verwendung der Schädelnähte zur Körperhöhenschätzung wurde von Rao et al. (2009) publiziert. Sie konnten in ihrer Studie an 87 Schädeln südindischer männlicher Individuen eine Korrelation sowohl zwischen Sagittal- als auch Coronarnaht und Körperhöhe nachweisen und für deren Berechnung eine Regressionsformel ableiten. In der vorliegenden prospektiven Studie sollte überprüft werden, ob sich die Ergebnisse von Rao et al. auf eine mitteleuropäische Population übertragen lassen, und ob sich anhand von Sektionsfällen eine Korrelation zwischen Schädelnahtlängen (Sagittal- und Coronarnaht) einerseits und Körperlänge andererseits nachweisen lässt.
Am Gießener Institut für Rechtsmedizin wurden in den Jahren 2009 und 2010 bei 117 Verstorbenen prospektiv die Längen der Sagittal- und Coronarnaht sowie die Körperhöhen gemessenen. Das Alter der Verstorbenen lag zwischen 15 und 96 Jahren (Mittelwert 52,8 Jahre, Median 51 Jahre); 82 Personen waren männlich und 35 weiblich. Die Länge der Sagittalnaht in Bezug auf die Körperhöhe ergab in der Regressionsanalyse einen Korrelationskoeffizienten von lediglich r = 0,045 (p = 0,617). Ähnliche Ergebnisse wurden für die Coronarnaht ermittelt; hierbei betrug der Korrelationskoeffizient r = 0,015. Bei Annahme einer maximal zulässigen Fehlerwahrscheinlichkeit von α = 0,05 erwies sich keine der durchgeführten Regressionsanalysen als statistisch signifikant. Nach den erhobenen Befunden ist weder die Länge der Sagittal- noch die Länge der Coronarnaht geeignet, bei Mitteleuropäern die Körperhöhe zu schätzen.
Die Therapie des critical size defects stellt eine große Herausforderung der Medizin dar. Die Knochendefekte können beispielsweise in Folge von Tumorresektionen, Knochenheilungsstörungen oder nach Frakturen entstehen. Den aktuellen Goldstandard in der Therapie großer Knochendefekte stellt die Transplantation von autologem Knochenmaterial dar. Die Entnahme des Materials aus dem Beckenkamm ist allerdings mit Nachteilen wie der Entnahmemorbididät verbunden. Alternativ können Tissue-Engineering Techniken eingesetzt werden, bei denen Zellen mit regenerativem Potential mit Knochenersatzmaterialien und Wachstumsfaktoren kombiniert werden, um eine Defektheilung zu erzielen. Der Einsatz von bone marrow mononuclear cells (BMC) mit einem osteokonduktiven Gerüst wie b-TCP hat sich als geeignetes Therapiekonzept bewiesen. Einen weiteren Ansatz stellt die Verwendung von autologen Blutkonzentraten wie beispielsweise des platelet rich fibrin (PRF) dar. Das PRF kann innerhalb weniger Minuten aus patienteneigenem Blut mittels Zentrifugation hergestellt und direkt angewandt werden. Durch seine charakteristische dreidimensionale Fibrinmatrix dient das PRF als Reservoir für Wachstums- und Regenerationsfaktoren.
Die Kombination von BMC mit PRF könnte also durch die gesteigerte Konzentration an Zytokinen und Wachstumsfaktoren wie VEGF und TGF-b zu einer Unterstützung der regenerativen Wirkung der BMC führen. Ziel dieser Arbeit war es daher, den Effekt von PRF auf BMC in vitro zu analysieren.
In Anlehnung an das low speed centrifugation concept wurden zwei verschiedene PRF-Matrices hergestellt. Diese wurden entweder mit mittlerer relativer Zentrifugalbeschleunigung (RCF) (208g) oder mit geringer RCF (60g) zentrifugiert. Um eine geeignete Konzentration des PRF zur Kombination mit den BMC zu finden, wurde im Vorfeld eine Dosisfindungskurve erstellt. Zu diesem Zweck wurde der Einfluss ansteigender PRF-Konzentrationen auf die metabolische Aktivität der BMC nach 7 Tagen Inkubation analysiert. Wir konnten einen Trend zu erhöhten Werten bei einer Konzentration von 10% des PRF beobachten. Die metabolische Aktivität der BMC wurde durch höhere PRF-Konzentrationen nicht weiter gesteigert.
Aufgrund dieser Ergebnisse wurde für die nachfolgenden Experimente eine Konzentration von 10% der PRF-Aufbereitungen und der Serum-Kontrolle eingesetzt.
Zur Charakterisierung der beiden PRF-Aufbereitungen wurde der Gehalt an Wachstumsfaktoren im Vergleich zu humanem Serum untersucht. Es zeigten sich signifikant gesteigerte Konzentrationen von Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1), soluble Intercellular Adhesion Molecule-1 (sICAM-1) und Transforming Growth Factor-b (TGF-b) in dem PRF. Bezüglich des Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF)-Gehaltes ließ sich allerdings kein Unterschied zwischen humanem Serum und den PRF-Matrices darstellen.
Der Effekt des PRF low-RCF und PRF medium-RCF auf die Viabilität der BMC wurde anhand der metabolischen Aktivität nach 2, 7 und 14 Tagen Inkubation untersucht. Als Kontrollgruppe diente hierbei der Zusatz von humanem Serum. Die metabolische Aktivität der BMC zeigte sich an Tag 14 in allen Gruppen signifikant gesteigert.
Außerdem konnten wir zeigen, dass der Zusatz von PRF zu BMC zu einer statistisch signifikant erhöhten Genexpression der Matrix-Metalloproteasen (MMP) -2, -7 und - 9 im Vergleich zur Serum-Kontrollgruppe führt.
In unseren Versuchen konnte nachgewiesen werden, dass die apoptotische Aktivität der BMC durch Kombination mit PRF nicht negativ beeinflusst wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich PRF-Matrices als geeignete allogene oder autologe Quelle von Wachstums- und Regenerationsfaktoren nutzen lassen. Sie besitzen damit die Kapazität, Zellen wie die BMC zu stimulieren und zu aktivieren. Unsere Studie zeigt, dass der Zusatz von PRF für BMC-gestützte Therapien förderlich sein könnte. Dies muss jedoch in geeigneten Tiermodellen überprüft werden.
Doping ist ein Thema, das den modernen Leistungssport – und nicht nur diesen – seit jeher begleitet. Immer wieder werden Sportler – oft noch nach Jahren – überführt, illegale Substanzen zur Leistungssteigerung eingenommen zu haben. Der Landessportbund Hessen e. V. hat im Sommer 2013 Professor Dr. Dr. Gerd Geißlinger zum Anti-Doping-Beauftragten berufen. Für den UniReport hat Dr. Beate Meichsner mit dem Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie am Klinikum der Goethe-Universität über die damit verbundenen Aufgaben, Ziele und
Möglichkeiten gesprochen.
Bei seiner Einschulung hatte Wolfgang Niedecken ein besonderes Erlebnis, als er im Alter von 6 Jahren bemerkte, dass es höchste Zeit war, ordentlich sprechen zu lernen. Im Elternhaus war ausschließlich Kölsch gesprochen worden. Hochdeutsch war seine erste Fremdsprache, die sie in letzter Konsequenz auch immer geblieben ist. Denken, empfinden und träumen tut Niedecken nach wie vor auf Kölsch, wie er selbst beteuert.
Im Sommer 1976 schreibt Wolfgang Niedecken seinen ersten Song auf Kölsch: "Helfe kann dir keiner". 1979 erscheint sein erstes Album mit dem Titel: "Wolfgang Niedecken’s BAP rockt andere kölsche Leeder".
Nie hat sich BAP auf seinen Tourneen vor den „Karren politischer Machthaber“ spannen lassen. Zu Zeiten zweier deutscher Staaten sorgten die offenen Worte von „Deshalv spill`mer he“ für einen Eklat. Das Lied sprach sich unmissverständlich nicht nur für die westdeutsche Friedensbewegung, sondern ebenfalls für die ostdeutschen Friedens- und Menschenrechtsinitiativen aus. Als die DDR-Kulturbehörden BAP verboten, den Song zu spielen, platzt am Vorabend des ersten Konzertes im Berliner Palast der Republik die über 14 Stationen geplante und längst ausverkaufte DDR-Tournee.
Am 9. November 1992 findet das „Arsch huh“-Konzert gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus auf dem Kölner Chlodwigplatz vor über 100.000 Menschen statt. Danach ähnliche Konzerte in Frankfurt „Heute die, morgen Du“ und in Leipzig „Gewalt ätzt“ vor ähnlich großer Kulisse. Für sein gesellschaftspolitisches Engagement bekommt Niedecken 1998 das Bundesverdienstkreuz von Bundespräsident Roman Herzog überreicht. In der Laudatio heißt es: „Kölsch-Rock, BAP und Kölner Dialekt sind untrennbar mit ihm verbunden. Er ist einer der profiliertesten Rockmusiker Deutschlands. Als engagierter Künstler hat er sich nachhaltig für Frieden, Toleranz, Demokratie und gegen Fremdenfeindlichkeit eingesetzt.“
Zu Niedeckens 60. Geburtstag, den er am 30. März 2011 mit etwa 500 Gästen auf einem Rheinschiff feiert, sendet der WDR die „Niedecken-Nacht“. Zu seinem Geburtstag erscheint im Verlag Hoffmann und Campe auch das Buch „Für 'ne Moment. Autobiographie“. Auf über 500 Seiten erzählt der Musiker von seiner Familie, einer behüteten frühen Kindheit und der schwierigen Zeit als Heranwachsender im katholischen Internat, von seinem Kunststudium und Aufenthalten in der New Yorker Kunstszene, der ehe zufälligen Gründung von BAP, die zur erfolgreichsten Mundartgruppe Deutschlands wurde.
Und dann das: Am 2. November gegen 13 Uhr bemerkt Wolfgang Niedecken beim Lesen, „dass ich nichts mehr kapierte. Ich musste die Seiten immer wieder neu lesen. Dann wurde es nebelig vor den Augen, alles sah merkwürdig aus, mein ganzes Umfeld hatte amorphe Formen. Und dann begegnete ich Gott sei Dank meinem Schutzengel.“ Wolfgang Niedecken hatte einen Schlaganfall erlitten, obwohl er eigentlich kein typischer Schlaganfallpatient war. Es kann also jeden treffen! Dank des schnellen Reagierens seiner Frau Tina konnte das Schlimmste verhindert werden.
Gentechnik im Klassenzimmer
(2010)
Gerlach zum zweiten Mal in den Rat der Gesundheitsweisen berufen Foto: Institut für Allgemeinmedizin
(2010)
Für eine erfolgreiche Behandlung mit implantatprothetischen Therapiekonzepten ist eine stabile Implantat-Abutment-Verbindung entscheidend. Vor allem die Abutmentschraube als komplikationsanfälligste Komponente dieser Verbindung steht im Mittelpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen. Implantate und Komponenten aus Zirkoniumdioxid sind schon seit einigen Jahren auf dem Markt erhältlich. Dennoch gibt es keine Studien, die sich mit der Vorspannkraft von Schrauben bei Implantaten und Abutments aus Zirkoniumdioxid beschäftigen. Ebenso wurden bisher noch keine Schrauben mit Feingewinde im Bereich der Implantologie untersucht. Die vorliegende Studie soll den beschriebenen Forschungsbedarf abdecken.
Um zu ermitteln, in wieweit die Schraubengeometrie Einfluss auf die Vorspannkraft bei Implantat-Abutment-Verbindungen aus Zirkoniumdioxid hat, wurden verschiedene Schrauben hergestellt. Mit einem Schraubenkopfwinkel von 90° wurden Schrauben mit Feingewinde (M1,4x0,2) und 2, 4 und 6 Gewindegängen produziert. Zur Variation des Schraubenkopfwinkels wurden Schrauben mit Feingewinde und 4 Gewindegängen sowie einem Schraubenkopfwinkel von 30° und 60° hergestellt. Es wurden Gewindehülsen als Implantat-Analog und Schraubenkopfauflagen aus Zirkoniumdioxid extern hergestellt und eingekauft (Firma Microceram, Meißen, Deutschland).
Um die Vorspannkraft der Verbindung messen zu können, wurden die Prüfkörper in eine zu diesem Zweck entwickelte Messeinheit integriert. Die Messeinheit besteht aus einem Gerüstzylinder, der als Rahmenkonstrukt dient. Im Inneren des Gerüstzylinders befindet sich die Gewindehülse als Implantat-Analog in einem Spannfutter, das in direkter Verbindung mit dem Messsensor steht. In einer Fassung über der Gewindehülse befindet sich die Schraubenkopfauflage als Abutment-Analog. Gewindehülse und Schraubenkopfauflage stehen dabei nicht in direktem Kontakt. Erst durch die Versuchsschrauben kommt diese Verbindung zustande. Die Zugkraft, die beim Anziehen der Schraubenverbindung entsteht, wird vom Sensor registriert. Er leitet daraus die Vorspannkraft der Verbindung ab.
Jede Prüfverbindung wurde mit vier aufeinander folgenden Anzugsdrehmomenten angezogen (15 Ncm, 20 Ncm, 25 Ncm und 30 Ncm). Nach jedem Anzugsvorgang erfolgte die Messung der Vorspannkraft. Die Messwerte sind somit in Abhängigkeit des Anzugsdrehmoments erhoben worden.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Gewindegangzahl der Schrauben keinen Einfluss auf die erzielte Vorspannkraft der Verbindung hat. Die gemessenen Vorspannkräfte bei Schrauben mit 2, 4 und 6 Gewindegängen weisen einen nahezu linearen Einfluss des Anzugsdrehmoments auf die Vorspannkraft nach: Je höher das Anzugsdrehmoment, desto höher auch die ermittelte Vorspannkraft.
Der Schraubenkopfwinkel hingegen zeigte einen Einfluss auf die Vorspannkraft. Bei einem sehr steilen Schraubenkopfwinkel von 30° wurden die geringsten Werte für die Vorspannkraft ermittelt, bei einem Schraubenkopfwinkel von 90° die Höchsten.
Die Ergebnisse dieser Studie wurden mit Ergebnissen einer anderen Versuchsgruppe verglichen, die im selben Versuchsaufbau Schrauben mit gleicher Konfiguration, aber Regelgewinde (M1,6x0,35) statt Feingewinde und größerem Schraubendurchmesser untersuchten. Im Vergleich der Ergebnisse ergab sich kein Vorteil im Bezug auf die erzielte Vorspannkraft bei Schrauben mit Feingewinde.
Schrauben mit 2 Gewindegängen lieferten eine ähnliche Vorspannkraft wie Schrauben mit 4 oder 6 Gewindegängen. Dies legt die Möglichkeit nahe, kürzere Schrauben und somit kürzere Implantate zu entwickeln, um aufwendige Augmentationsmaßnahmen bei geringer Restknochenhöhe umgehen zu können. Vorher müssen jedoch weitere Untersuchungen folgen, um die Stabilität von Schrauben mit 2 Gewindegängen zu überprüfen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Kurzzeitdynamik zirkulierender Tumorzellen bei hepatozellulären Karzinompatienten, die erstmalig eine radiologische Intervention in Form einer transarteriellen Chemoembolisation oder einer Mikrowellenablation als Therapie erhielten. Dafür wurde in Vorversuchen eine neuartige Methode zur Isolation und Detektion von zirkulierenden Tumorzellen entwickelt.
Zugleich sollte ein potenzieller Einsatz dieser Methode als Screeningverfahren für hepatozelluläre Karzinompatienten mithilfe der Sensitivität und Spezifität überprüft werden. Darüber hinaus wurde eine mögliche Korrelation der Kurzzeitdynamik zirkulierender Tumorzellen sowohl mit der Kurzzeitdynamik des AFP-Wertes als anerkannten HCC-Tumormarker, als auch des IL-6-Wertes als aktuell diskutierten Tumormarker analysiert. Ferner wurde die Kurzzeitdynamik zirkulierender Tumorzellen mit dem klinischen Verlauf der Patienten verglichen.
Im Zeitraum von September 2017 bis Juni 2018 konnten Blutproben von 18 Patienten mit einem hepatozellulären Karzinom untersucht werden. Davon wurden zehn Patienten mittels Mikrowellenablation und acht Patienten mittels transarterieller Chemoembolisation behandelt. Daneben wurden Blutproben von 13 gesunden Probanden ausgewertet.
Methodisch wurden jeweils im Anschluss an die Gewinnung des Patientenblutes, vor und unmittelbar nach jeweiliger radiologischer Intervention, die zirkulierenden Tumorzellen aus dem Blut isoliert und die gewonnenen Zellen durch die Durchflusszytometrie nachgewiesen und quantifiziert. Als zirkulierende Tumorzellen wurden dabei jene Zellen betrachtet, die eine Negativität auf den Marker CD45 sowie eine Positivität auf die Marker ASGPR-1, CD146, CD274 und CD90 zeigten.
Durch den Vergleich der Proben vor und nach radiologischer Intervention konnte gezeigt werden, dass die Anzahlen zirkulierender Tumorzellen nach der radiologischen Intervention im Mittel niedriger sind als vor der Therapie. Die Anzahl zirkulierender Tumorzellen sank dabei im Schnitt bei den mit Mikrowellenablation behandelten Patienten stärker im Vergleich zu denen, die eine transarterielle Chemoembolisation erhielten. Dies bestätigte den klinischen Verlauf der Patientengruppen, da die Mortalität der Gruppe, die eine transarterielle Chemoembolisation erhielten deutlich höher war als bei den übrigen Patienten.
Als klinisch einsetzbare Screening-Methode im Sinne einer „Liquid Biopsy“ für das HCC müssen die Sensitivität und Spezifität weitergehend optimiert werden. Eine signifikante Korrelation zwischen der Kurzzeitdynamik der Anzahlen zirkulierender Tumorzellen und der Kurzzeitdynamik der AFP-Werte und der IL-6-Werte konnte nicht festgestellt werden. Entgegen des erwarteten Trends, legte die angewendete Methode, durch das Absinken der zirkulierenden Tumorzellen, die positive Wirkung der transarteriellen Chemoembolisation und der Mikrowellenablation in hepatozellulären Karzinompatienten dar.
Das Übergangstraining : Maßnahme in der betrieblichen Wiedereingliederung im professionellen Tanz
(2021)
Neben der Vorbeugung von akuten und chronischen Schäden ist im professionellen Bühnentanz bei gesundheitlichen Problemen am Muskel-Skelett-System eine intensive – dem Berufssport vergleichbare – Rehabilitation unter Berücksichtigung tanzspezifischer Bewegungselemente von großer Bedeutung. In Kombination mit anderen, die Leistungsfähigkeit wiederherstellenden Maßnahmen ist das in diesem Beitrag erläuterte sog. Übergangstraining („transition dance class“) als Trainingsform im Rahmen der stufenweisen beruflichen Wiedereingliederung von zentraler Bedeutung, da es die Übergangsphase zwischen allgemeinen Maßnahmen einer Rehabilitation und dem Wiedererreichen der vollständigen Arbeitsfähigkeit im Tanzberuf darstellt.
Für die Funktion und das Überleben von Zellen ist die Aufrechterhaltung und Regulation der Redoxhomöostase durch Produktion und Elimination von radikalen Sauerstoffspezies (ROS) von entscheidender Bedeutung. In Tumorzellen finden sich höhere basale ROS-Level als in gesunden Zellen, was jedoch trotz des vermehrten oxidativen Stresses nicht zur Zelltodinduktion führt, da kompensatorisch antioxidative Mechanismen ebenfalls gesteigert sind. Vor allem zwei antioxidative Systeme sind hauptsächlich bei der Elimination von ROS involviert: das Glutathion (GSH)-System und das Thioredoxin (TRX)-System. Hierbei spielt eine beständige Regeneration von GSH, als auch von TRX, eine wichtige Rolle, da diese bei der Reduktion von Sauerstoffradikalen verbraucht werden. Im hepatozellulären Karzinom (HCC) ist die gestörte Redoxhomöostase mit gesteigerten ROS Leveln ein wichtiger Faktor in der Karzinogenese. Das HCC wird oft erst im fortgeschrittenen, nicht mehr kurativen Stadium diagnostiziert und ist resistent gegenüber nahezu allen Formen von Chemotherapien. Dies verdeutlich die immense Bedeutung der Erforschung der teilweise unverstandenen Tumorgenese, aber auch die Notwendigkeit für die Entwicklung von neuen Therapien.
In der hier dargestellten experimentellen Arbeit gingen wir deshalb der Frage nach, ob die alleinige Inhibierung der antioxidativen Schutzmechanismen durch sog. ROS Modulatoren ausreicht, um eine Zelltodinduktion in humanen HCC-Zelllinien herbeizuführen und damit eine potenzielle neue Therapiestrategie aufzuzeigen.
Wir konnten zeigen, dass die simultane Inhibierung dieser zwei antioxidativen Hauptmechanismen im HCC durch die Kombination von Auranofin (TXR-Inhibitor) mit Buthionine-Sulfoximin (BSO, Glutathion-Inhibitor) und Erastin (indirekter Glutathion-Inhibitor) mit BSO zur ROS-abhängigen Zelltodinduktion im HCC in vitro führt. Interessant ist, dass die gesteigerten ROS-Level jedoch nicht den Zelltod im HCC induzierten, wenn nur eines der beiden antioxidativen Systeme inhibiert wurde. Offenbar ist die Tumorzelle in der Lage durch Hochregulierung anderer antioxidativer Systeme das induzierte ROS zu neutralisieren. Unsere Untersuchungen zum Wirkmechanismus der Zelltodinduktion durch die Kombinationsbehandlungen Auranofin + BSO bzw. Erastin + BSO identifizierten unerwarteterweise eine Caspasen-unabhängige, nicht-apoptotische Zelltodform, die sog Ferroptose, welche durch ROS-Produktion und Lipidperoxidierung charakterisiert ist.
Weitere Experimente konnten untermauern, dass mit der Induktion der Ferroptose durch die selektive ROS-Modulation die Apoptoseresistenz der HCC Zellen umgangen werden kann.
Mechanistisch kann diese erstmals 2012 beschriebene eisenabhängige Zelltodform, Ferroptose, durch zwei verschiedene Signalwege induziert werden: Erstens durch den kanonischen Pfad, bei welchem die Inhibierung der Glutathionperoxidase 4 (GPX4), einem Protein, welches die Zellmembran vor Lipidperoxidation schützt, eine zentrale Rolle spielt, und zweitens durch den nicht-kanonischen Pfad, welcher durch eine Anhäufung von zweiwertigem Eisen u. a. durch Aktivierung von Hämoxygenasen (HO), vermittelt durch den Transkriptionsfaktor Nuclear factor erythroid 2-related factor 2 (Nrf2), gekennzeichnet ist. Wir konnten feststellen, dass in unseren Kombinationsbehandlungen beide Pfade involviert sind und eine Herunterregulierung von GPX4 als auch eine Akkumulation von Nrf2 und Hämoxygenase-1 (HO-1) besteht.
Zusammenfassend konnte unsere Arbeit zeigen, dass mittels pharmakologischer Adressierung zweier antioxidativer Systeme die Therapieresistenz der HCC-Zellen umgangen werden kann, und dass die Induktion der Ferroptose zukünftig eine vielversprechende Therapieoption im HCC darstellen könnte.
Hintergrund: Seit mehr als 50 Jahren werden in Deutschland Herzschrittmacher-Implantationen durchgeführt, mittlerweile mit mehr als 100.000 Implantationen pro Jahr. Obwohl es sich um einen gängigen Eingriff handelt, existieren wenig prospektiv randomisierte Studien zu technischen Aspekten der Implantation, insbesondere dem Wundverschluss am Ende der Operation. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, an einem Kollektiv von Patienten unerwünschte Ereignisse und kosmetische Ergebnisse, in Abhängigkeit des beim Hautverschluss verwendeten Nahtmaterials (resorbierbarer bzw. nicht-resorbierbarer Faden), miteinander zu vergleichen.
Methoden: In einem Zeitraum von Juli 2018 bis April 2019 wurden Patienten mit geplanter de novo Herzschrittmacher-Implantation ohne Defibrillationstherapie prospektiv in die Studie eingeschlossen und anhand einer Randomisierungliste in zwei Probandengruppen eingeteilt: nicht-resorbierbares Nahtmaterial (Gruppe Prolene®) bzw. resorbierbares Nahtmaterial (Gruppe Monocryl®).
Ein Tag (Beobachtungszeitpunkt 1), sechs Wochen (Beobachtungszeitpunkt 2) und ein Jahr post-OP (Beobachtungszeitpunkt 3) erfolgte die Beurteilung der Narbe bezüglich des kosmetischen Ergebnisses und klinisch relevanter, unerwünschter Ereignisse. Zur kosmetischen Beurteilung diente die Wundbreite in mm, eine auftretende Kelloidbildung und die „Patient and Observer Scar Assessment Scale“ (POSA-Score). Dieser wurde zu Beobachtungszeitpunkt 1 seitens des Patienten auf zwei Fragen (Schmerzhaftigkeit, Juckreiz) reduziert. Die erhobenen klinisch relevanten Parameter waren Nachblutungen, Infektionen, Insuffizienz der Naht und Revisions-OP aufgrund eines Lokalbefundes.
Ergebnisse: Es konnten 114 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Zu Beobachtungszeitpunkt 2 und Beobachtungszeitpunkt 3 belief sich die Anzahl auf jeweils 92 Probanden. Zu allen drei Beobachtungszeitpunkten konnte zwischen beiden Gruppen weder ein signifikanter Unterschied im kosmetischen Ergebnis noch im Auftreten klinisch relevanter Ereignisse festgestellt werden.
Schlussfolgerung: Anhand der vorliegenden Studie scheint das verwendete Nahtmaterial keinen großen Einfluss auf das kosmetische Ergebnis der Narbe, sowie auf das Auftreten von unerwünschten Ereignissen zu haben. Eine multizentrische prospektiv randomisierte Studie mit größerer Patientenanzahl ist notwendig, um die hier erhobenen Daten zu verifizieren.
HINTERGRUND: Asthma ist die häufigste chronische Krankheit bei Kindern und Jugendlichen, wobei bei einem Großteil bereits erste Exazerbationen im Vorschulalter auftreten. Diese sind meist mit stationären Aufenthalten verbunden, jedoch gibt es nur wenige detaillierte zeitliche und demografische Untersuchungen dieser besonders schweren Asthmakohorte. Ebenso gibt es kaum Untersuchungen über die Verteilung der Asthmaphänotypen in dieser Altersgruppe.
METHODEN: Es erfolgte eine retrospektive Analyse von 572 Krankenhausaufenthalten im Universitätsklinikum für Kinder- und Jugendmedizin Frankfurt mit der ICD Diagnose Asthma (J.45) zwischen dem 1. Januar 2008 und dem 31. Dezember 2017 bei Kindern im Alter 1-5 Jahren. Die Aufteilung erfolgte in drei Phänotypen. Allergisches Asthma (RAST und/oder Prick-Test positiv), eosinophiles Asthma (Eosinophilie >300/µl und RAST/Prick-Test negativ) und nicht-allergisches Asthma (Eosinophilie ≤300/µl und RAST/Prick-Test negativ). Akut schweres Asthma wurde definiert als akute Dyspnoe, Tachypnoe, Sauerstoffbedarf und/oder systemische Steroidtherapie. Analysiert wurden u.a. Alter, Geschlecht, Liegezeit, Therapie und Re-Hospitalisierungsrate.
ERGEBNISSE: Von 572 Krankenhausaufenthalten mit der Diagnose Asthma erfüllten 205 Patienten die Definition eines akut schweren Asthmas. Von diesen 205 Kindern wurden bereits n=55 (26,8%) vor der stationären Aufnahme mit einem inhalativen Steroid (ICS) behandelt. Die phänotypische Charakterisierung ergab folgende Verteilung: 49% wiesen Allergisches Asthma, 15% Asthma mit atopischer Dermatitis, 10% eosinophiles nicht-allergisches Asthma und 26% nicht-allergisches Asthma. Von diesen Patienten wurden 71.7% mit ICS und 15,1% mit Montelukast als Monotherapie entlassen. Die Rate der Notfallvorstellung (Notfallambulanz und Re-Hospitalisierung) innerhalb von 12 Monaten nach Entlassung war mit n=42 (20,5%) hoch. Die Zahl der Eosinophilen (> 300 µl) hatte keinen Einfluss auf die Re-Hospitalisierung. Es zeigte sich eine hohe Verschreibung von Antibiotika bei Asthma-Patienten (143 (69,8%) der 205 Patienten) während des stationären Aufenthalts, wobei nur 42 Patienten (20,5%) einen CRP-Wert über 2 mg/dl aufwiesen.
Schlussfolgerung: Obwohl die Asthmaprävalenz bei Schulkindern höher ist, leiden Vorschulkinder im Alter von 1-5 Jahren häufiger an schweren Asthma-Exazerbationen mit Hospitalisierung. Trotz protektiver Therapie mit ICS oder Montelukast ist die Re-Hospitalisierungsrate hoch. Die bisherigen Therapiekonzepte reichen in dieser Altersgruppe anscheinend nicht aus, um Patienten mit schwerem Asthma im Vorschulalter ausreichend zu kontrollieren. Neue Therapiekonzepte wie die Triple-Therapie mit Zugabe des Long-Acting Muscarin Rezeptors (Tiotropium) sollten dringend evaluiert werden.
1. Zusammenfassung
1.1. Zielsetzung
Die hier beschriebene Studie vergleicht die effektive Linsenposition (ELP), die Vorderkammertiefenveränderung und den korrigierten Fernvisus nach einer Kataraktoperation bei Patienten mit und ohne Pseudoexfoliationssyndrom (PEX-Syndrom). Bei Patienten mit einem koexistierenden PEX-Syndrom wird während der Kataraktoperation eine Zonulaschwächen bedingte Verlagerung und tiefere Positionierung der eingesetzten Intraokular-linse erwartet.
1.2. Design
Prospektiv, randomisiert.
1.3. Methoden
In dieser prospektiven Studie wurden 56 Augen von 56 konsekutiven Patienten mit PEX-Syndrom (n = 28) oder ohne PEX-Syndrom (n = 28) und klinisch signifikanter Katarakt eingeschlossen. Sämtlichen Patienten beider Gruppen wurde mittels Phakoemulsifikation eine einteilige Acryl-Hinterkammer-Intraokularlinse implantiert. Als primäre Zielparameter der Studie dienten die Vorderkammertiefe als Indikator für die postoperative axiale Position der IOL benannt als die effektive Linsenposition sowie der korrigierte Fernvisus.
1.4. Ergebnisse
Vor der Operation betrug die Vorderkammertiefe (VKT) 2,54 ± 0,42 mm in der PEX-Gruppe und 2,53 ± 0,38 mm in der Kontrollgruppe (p = 0,941). Postoperativ betrug die VKT 4,29 ± 0,71 mm in der PEX-Gruppe bzw. 4,33 ± 0,72 mm in der Normalgruppe (p = 0,533). Es gab keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf die Veränderungen der VKT zwischen den Gruppen (PEX-Gruppe: 1,75 ± 0,74 mm, Kontrollgruppe: 1,81 ± 0,61 mm, p = 0,806) und dem korrigierten Fernvisus (DCVA) prä- (p = 0,469) sowie postoperativ (PEX-Gruppe: 0,11 ± 0,13 logMAR, Kontrollgruppe: 0,09 ± 0,17 logMAR, p = 0,245).
1.5. Schlussfolgerung
Die Kataraktoperation induzierten Veränderungen waren bei Patienten, die an einem PEX-Syndrom erkrankt waren, die gleichen, die auch bei Patienten ohne PEX-Syndrom zu beobachten waren. Die präoperative und postoperative Vorderkammertiefe, als Indikator für die ELP, zeigte zwischen PEX-Augen und gesunden Augen nach der Kataraktoperation keine signifikanten Unterschiede. Des Weiteren waren keine Unterschiede in Bezug auf den korrigierten Fernvisus zwischen beiden Gruppen zu beobachten. Demnach ist zu erwarten, dass eine Erkrankung am PEX-Syndrom bei einer durch einen erfahrenen Chirurgen durchgeführten Kataraktoperation nicht zu einer Verschlechterung des Visus oder einer tieferen Positionierung der eingesetzten Intraokularlinse führt.
Sprach- und Sprechstörungen kommen bei zahlreichen Kindern vor und werden in der ICD-11 analog zur ICD-10 als Entwicklungsstörungen im Kapitel 6 (Psychische, Verhaltens- und Entwicklungsstörungen) klassifiziert. International sind bislang die ICD-10-Kriterien nicht von allen Professionen, die sich mit Sprach- und Sprechstörungen klinisch oder im Rahmen der Forschung beschäftigen, akzeptiert. Sie werden einerseits als zu wenig differenziert hinsichtlich der unterschiedlichen Sprachkomponenten vonseiten der Linguistik, Sprachtherapie oder Logopädie erlebt. Zum anderen wird die unklare Abgrenzung organisch bedingter Sprach- und Sprechprobleme von der Sprachentwicklungsstörung vonseiten der Medizin teilweise kritisch bewertet. In dem vorliegenden Artikel wird deshalb einerseits die Klassifikation von Sprach- und Sprechproblemen und -störungen in der ICD-11 im Vergleich zur ICD-10 vorgenommen. Wesentlich erscheint hier die in der ICD-11 neu eingeführte Differenzierung in „primäre“ und „sekundäre“ Neuroentwicklungsstörungen. Zum anderen erfolgt aber auch eine Auseinandersetzung mit dem DSM-5 sowie anderen Klassifikationsvorschlägen vonseiten der englischsprachigen Sprachtherapie (CATALISE-2) und der deutschsprachigen Pädaudiologie („phonologische Wahrnehmungsstörung“) sowie der Vorschlag einer Ergänzung der aktuellen ICD-11-Klassifikation hinsichtlich konkreter sprachlicher Einschränkungen bei einem Kind mit Sprachentwicklungsstörung, basierend auf einer ausführlichen Diagnostik. Wir hoffen, mit dem Artikel so den Weg für eine berufsübergreifende Klassifikation von Sprach- und Sprechstörungen nach ICD-11 zu bahnen, damit perspektivisch alle Berufsgruppen, die Diagnostik und Therapie der betroffenen Personen anbieten, eine vergleichbare Terminologie verwenden. Diese vergleichbare Terminologie soll sowohl die klinische Versorgung verbessern als auch die unterschiedlichen Forschungsansätze und -richtungen vergleichbarer machen.
Der Einfluss von Chemotherapie bei malignen pädiatrischen Erkrankungen auf kindliche Impftiter
(2021)
Hintergrund: Chemotherapie hat nicht nur einen Einfluss auf die Krebszellen, sondern auch auf das Immunsystem der Behandelten. In unserer Studie untersuchten wir den Impftiterverlust impfpräventablen Erkrankungen (Masern, Mumps, Röteln und Varizella zoster) bei Kindern und Jugendlichen, welche eine chemotherapeutische Behandlung wegen einer malignen Erkrankung erhielten.
Methoden: Eingeschlossen in die retrospektive Studie wurden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter bis zum 21. Lebensjahr, welche zwischen 2001 und 2010 an der Kinderklinik für Hämatologie und Onkologie der Universitätsklinik Frankfurt am Main therapiert wurden. Es erfolgte die Analyse von Antikörper-Titer für Masern, Mumps, Röteln und Varizella zoster zum Diagnosezeitpunkt und erneut bis zu 12 Monate nach Therapieende.
Ergebnis: Insgesamt konnten 195 Kinder und Jugendliche in die Studie eingeschlossen werden. 122 Probanden waren männlich, 73 weiblich. Die größte Patientengruppe war an ALL erkrankt (80 Patienten). Die übrigen Patienten verteilten sich auf 15 Patienten mit AML, 18 Patienten mit NHL, 22 Patienten mit Hodgkin Lymphom. 60 Patienten waren an soliden Tumoren erkrankt. Insgesamt haben 27%, 47%, 19% und 17% der Kinder und Jugendlichen ihren Impfschutz gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizella zoster verloren. Hierbei zeigte sich eine Altersabhängigkeit. In der Auswertung zeigte sich bei jüngeren Kindern unter 7 Jahren häufiger ein Titerverlust als bei den älteren Kindern und Jugendlichen. Auch an ALL-erkrankte und behandelte Kinder und Jugendliche verloren häufiger ihren Impfschutz als die Patienten mit anderen untersuchten Krebserkrankungen (AML, NHL, M. Hodgkin, solide Tumore).
Fazit: Die Daten unserer retrospektiven Studie zeigen, dass eine signifikante Anzahl von Kindern und Jugendlichen durch eine chemotherapeutischen Behandlung ihre vorbestehenden Impftiter gegen impfpräventable Erkrankungen wie Masern, Mumps, Röteln und Varizella zoster verlieren. Dieser Verlust zeigt sich häufiger bei jüngeren Patienten und ALL-Patienten. Unsere Daten unterstreichen daher, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche nach Beendigung der Chemotherapie erneut zu impfen, um einen neuen ausreichenden Impfschutz gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizella zoster zu erhalten.
Unter dem vielseitigen Symptomkomplex der autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung Ataxia-teleangiectasia (A-T) nimmt die Lungenschädigung eine herausragende Rolle ein. Sie beeinflusst die Morbidität und Mortalität der Erkrankung durch rezidivierende Infekte, Bronchiektasien sowie akutes oder chronisches Lungenversagen nachhaltig. Als pathophysiologische Grundlage gilt oxidativer Stress mit einer erhöhten Sensitivität für reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und DNA-schädigende Reagenzien. Das aus dem gleichnamigen Gen resultierende Protein ATM wird durch das Vorkommen von DNADoppelstrangbrüchen (DSB) und ROS auf verschiedene Arten aktiviert und reguliert anschließend diverse Prozesse wie der DNA-Reparatur und den zellulären Stressantwortmechanismen. Ziel dieser Arbeit war es die Sensitivität von ATM-defizienten Lungenzellen im Hinblick auf oxidativen Stress näher zu untersuchen. Hierfür wurden Atm-defiziente murine Lungenzellen spontan und nach Stimulation mit Bleomycin (BLM) auf ihre prozentuale Verteilung in der Lunge, auf den Level von ROS, ihre Viabilität und ROS-induzierte DNA-Schäden hin untersucht. Spontan zeigte sich ein signifikant erhöhtes Vorkommen von Alveolarepithelzellen vom Typ 2 (AT2-Zellen) in Atm-defizienten Mauslungen im Vergleich zu Wildtyp-Lungen, welches sich durch die Stimulation mit BLM noch verstärkte und auf erhöhte Regenerations- und Reparaturvorgänge in der Lunge hindeutet. Zudem ist der intrazelluläre Level an ROS in den Lungenzellen und AT2-Zellen signifikant erhöht. Mit steigenden Konzentrationen an BLM sank die Zellviabilität pulmonaler Atm-defizienter Zellen deutlich und die Resolution von DNA-Schäden ist im Vergleich zu Wildtyp-Zellen verzögert. Die Ergebnisse der Arbeit deuten auf eine Beteiligung von oxidativem Stress und DNA-Schäden als pathophysiologische Komponente bei der Entstehung der Lungenmanifestation bei A-T hin.
Eines der übergeordneten Ziele neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung ist es, die Pathomechanismen neuropsychiatrischer Erkrankungsbilder besser zu verstehen. Als Erklärungsmodell für einige dieser Erkrankungen dient unter anderem ein gestörtes Verhältnis zwischen Exzitation und Inhibition im Gehirn. Synaptische Strukturproteine sind wichtige Modulatoren dieses Verhältnisses. Für eine unbeeinträchtigte inhibitorische synaptische Transmission spielt das postsynaptische Zelladhäsionsprotein Neuroligin 2 eine maßgebliche Rolle, um das Gleichgewicht zwischen Exzitation und Inhibition aufrechtzuerhalten. Neuroligin 2 ist an der inhibitorischen Synapse lokalisiert und beeinflusst die Entwicklung, Reifung und Funktion dieser Synapse. Die klinische Relevanz von Neuroligin 2 wurde bereits bei zahlreichen Erkrankungsbildern wie Schizophrenie, Depression oder Epilepsie im Rahmen von Studien nachgewiesen. Um das Verhältnis zwischen Exzitation und Inhibition in vivo sowie Mechanismen der synaptischen Übertragung und Plastizität zu untersuchen, hat sich die Ableitung von Feldpotentialen im Gyrus Dentatus des Hippocampus etabliert. Im Neuroligin 2 Knockout Mausmodell konnte bereits gezeigt werden, dass eine pränatale Deletion dieses Proteins eine stark erhöhte Erregbarkeit der Körnerzellen und eine verminderte GABAerge Netzwerkinhibition im Gyrus Dentatus in vivo zur Folge hat.
Unklar blieb bisher, ob diese durch den konventionellen Neuroligin 2 Knockout (pränatal) hervorgerufenen Netzwerkveränderungen alleine auf das Fehlen dieses Proteins zurückzuführen sind oder durch eine zusätzliche Beeinträchtigung der Hirnentwicklung hervorgerufen werden. Ziel dieser Dissertation ist es deshalb, die Rolle von Neuroligin 2 im Gyrus Dentatus durch einen induzierten Knockout in adulten Mäusen (postnatal) unabhängig von einem möglichen Entwicklungseffekt zu klären.
Dazu wurde im ersten methodischen Schritt dieser Dissertation durch orale Tamoxifen-Gabe eine zeitspezifische konditionale Eliminierung von Neuroligin 2 in genetisch modifizierten, adulten Mäusen erzielt. Im Anschluss an diese konditionale Eliminierung wurde die synaptische Transmission, Plastizität sowie neuronale Erregbarkeit von Körnerzellen im Gyrus Dentatus mittels elektrophysiologischer Experimente untersucht. Hierzu wurde zunächst der Tractus Perforans und die Körnerzellschicht durch stereotaktische Chirurgie in anästhesierten Mäusen lokalisiert. Anschließend wurde eine Stimulation des Tractus Perforans sowie eine Ableitung von Feldpotentialen im Gyrus Dentatus durchgeführt. Um die Erregbarkeit der Körnerzellen, die synaptische Transmission, Kurz- und Langzeitplastizität sowie Netzwerkinhibition im Gyrus Dentatus zu analysieren, wurden unterschiedliche Stimulationsprotokolle verwendet. Im Anschluss an die elektrophysiologischen Experimente wurden die Hippocampi beidseitig entnommen, konserviert und später einer Proteinquantifizierung von Neuroligin 2 mittels Western-Blotting unterzogen.
Die Ergebnisse zeigten ein signifikant verringertes Proteinlevel von Neuroligin 2 auf 41,07% im Hippocampus von konditionalen Neuroligin 2 Knockout Mäusen. Unter dieser Reduktion von Neuroligin 2 in adulten Mäusen war die in vivo Erregbarkeit der Körnerzellen des Gyrus Dentatus sowie GABAerge Netzwerkinhibition weitgehend unbeeinträchtigt und die signifikanten Beobachtungen des konventionellen Knockout Modells ließen sich nicht reproduzieren. Aufgrund der unvollständigen Proteinreduktion lässt sich jedoch nicht abschließend beurteilen, ob die Restmenge den elektrophysiologischen Effekt kompensiert oder ob die im konventionellen Neuroligin 2 Knockout Modell beobachteten Effekte auf eine ausschließliche Rolle von Neuroligin 2 in der Hirnentwicklungsperiode zurückzuführen sind. Kürzlich veröffentlichte Daten zeigten allerdings, dass die postnatale Deletion von Neuroligin 2 in anderen Hirnregionen zu einer verminderten Netzwerkinhibition führt.
Neben der hier verwendeten in vivo Methodik ist eine Ergänzung von Untersuchungen in nicht-anästhesierten Tieren sowie Messungen einzelner Zellen durch whole-cell patch-clamp Untersuchungen in vitro oder in vivo zu erwägen. Es sollte dabei auf eine konditionale Proteineliminierung geachtet werden, damit mögliche Kompensationsmechanismen weitgehend ausgeschlossen werden können. Eine weiterführende immunhistochemische Bildgebung der Hippocampuspräparate, wie sie im konventionellen Knockout durchgeführt wurde, könnte sich hierbei ebenso als aufschlussreich für die Funktion von Neuroligin 2 im Hippocampus des adulten Tieres erweisen.
Im Bereich der Neonatologie kommen die Patient*innen oft multimorbide zu Welt oder sind für bestimmte Komplikationen gefährdet, die sich aus ihrer Unreife ergeben. Dabei spielen sowohl bei reifen kranken Neugeborenen und erst recht bei Frühgeborenen Erkrankungen der Atemwege eine Hauptrolle. Nach wie vor ist das konventionelle Röntgen in diesem Bereich der Medizin ein wichtiges Instrument. Die diagnostische Strahlenexposition bietet jedoch immer wieder Raum zur Diskussion. Die Patient*innen sind nur wenige Tage alt und besitzen somit über eine hohe Proliferationsrate und ein Maß an undifferenzierten Zellen, sie erhalten in Summe teilweise viele Aufnahmen und haben auf der anderen Seite eine hohe Lebenserwartung, wenn sie die Neugeborenenzeit ohne Komplikationen überleben. Haupteffekte ionisierender Strahlen sind für die Früh- und kranken Neugeborenen Malignome, vor allem die Leukämien. Es soll herausgefunden werden, inwieweit die Strahlenbelastung ein gesundheitliches Risiko für die Früh- und Neugeborenen darstellt.
Hintergrund: Gegenstand der wissenschaftlichen und klinischen Diskussion ist immer wieder das eventuell bestehende Risiko der einfallenden ionisierenden Röntgenstrahlung auf das Früh- oder Neugeborene, dennoch ist das Röntgen als diagnostisches Mittel notwendig. Es soll untersucht werden, wie hoch das gesundheitliche Risiko durch diagnostische Röntgenaufnahmen in der Praxis für die Früh- und Neugeborenen ist.
Material und Methoden: Alle Patient*innen des Schwerpunktes Neonatologie in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin aus dem Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2018 im Universitätsklinikum Frankfurt wurden retrospektiv untersucht. Es wurden die Anzahl der Röntgenaufnahmen pro Patient*in, die zugrunde liegende Indikation, das Dosisflächenprodukt (DFP), die Effektive Dosis (ED) und das geschätzte Risiko dokumentiert, bzw. errechnet. Die ED ist eine Schätzgröße, welche mittels Konversionskoeffizienten aus den Eingangsgrößen des DFP, der Eintrittsdosis oder dem Air Kerma (Kai) berechnet wird. Im ICRP Bericht Nr. 60 finden sich Faktoren zur Risikoabschätzung von 2,8 bis 13*10-2 Sv-1. Diese Risikoeinschätzung nähert das durch Strahlung induzierte Risiko für Krebs in der ersten Lebensdekade an – vor allem für Leukämien, aber auch andere Krebsarten.
Ergebnisse: Von den insgesamt 3843 stationär in der Neonatologie behandelten Patient*innen (2013-2018) erhielten 1307 (34%) mindestens eine Röntgenaufnahme. Pro Jahr wurden in einer Abteilung für Neonatologie ca. 700 Röntgenaufnahmen angefertigt. Die mittlere Anzahl an Röntgenaufnahmen pro Patient*in betrug 3,19 Aufnahmen und korrelierte gegensinnig mit Geburtsgewicht und Gestationsalter. Am häufigsten wurden sehr kleine Frühgeborene untersucht, meistens in den ersten drei Lebenstagen. Im Laufe des Beobachtungszeitraums wurden weniger Röntgenaufnahmen angefertigt. Die häufigsten Gründe für Röntgenaufnahmen waren Kontrollen von Tubus oder ZVK-Lage. Je reifer und schwerer die Neugeborenen waren, desto seltener wurde ein pathologischer Befund erhoben. Bei niedrigem Geburtsgewicht war die Thoraxabdomenaufnahme die bevorzugte Röntgenart, bei reiferen Patient*innen die Thoraxaufnahme. Das kumulative DFP betrug im Mittel 5,95 mGy*cm² und die kumulative ED betrug im Mittel 23,7 µSv pro Aufenthalt. Damit errechnete sich ein Risiko von 3,1*10-6, das bedeutet 3,1 von 1.000.000 Patient*innen entwickeln nach dieser kumulativen Strahlendosis in der ersten Lebensdekade womöglich Krebs. Das kumulative DFP und die ED pro Aufenthalt und somit auch das Risiko, nach einer gewissen Strahlenexposition Krebs zu entwickeln, sinken mit zunehmendem Geburtsgewicht und zeigen einen Höhepunkt bei einem Geburtsgewicht von <500 g. Die maximale kumulative Strahlendosis betrug 342 µSv mit einem daraus resultierenden Risiko von 44*10-6 und ist damit selbst bei diesem Patienten nach Martin et al. als „minimal“ zu werten.
Schlussfolgerung: Die Strahlenbelastung der Früh- und Neugeborenen konnte evaluiert werden und der Zusammenhang zwischen Unreife und Strahlenbelastung konnte bestätigt werden. Die Strahlenbelastung fiel im internationalen Vergleich minimal aus und es ist nicht von einem gesundheitlichen Risiko durch diagnostische Bildgebung auszugehen. Dies lässt sich vor allem durch moderne Technik mit kurzer Belichtungszeit und hoher Aufnahmespannungen und durch die relativ niedrige Anzahl an gemachten Röntgenbildern erklären. Da bei weiterer Minimierung der eingesetzten Dosis von einem Qualitätsverlust der Bilder auszugehen ist, ist die Einsparung von Röntgenuntersuchungen und die vermehrte Nutzung von Alternativen anzuraten. Die Indikationen müssen vor allem bei Patient*innen <500 g genauestens überprüft werden. Weiterhin sollte nach Alternativen (Sonographie, Kernspintomographie) gesucht werden.
Increased intraindividual variability of reaction time is a main cognitive feature of Attention Deficit Hyperactivity Disorder. It is associated with deficits in sustained attention. While traditionally, mean and variance were used to characterize reaction time distributions, the ex-gaussian distributional model allows a more sophisticated analysis of reaction time series. Reaction time distributions are separated in a normal and an exponential component.
The present study investigates the impact of incentives on reaction time variability in a sample of adult ADHD patients. ADHD is associated with increased Tau, the output parameter of the ex-gaussian model characterizing the exponential part of the distribution. Tau is linked to “lapses of attention”, which are more frequent in ADHD patients. It is known that tau can be modulated in ADHD Patients. It was therefore postulated that tau would be higher in ADHD Patients in a paradigm where quick answers were required but could be modulated by monetary incentives. In addition, the effect of “delay discounting”, which is more distinct in ADHD patients, on reaction time variability was investigated. Eventually, the association of variability measures with strength of ADHD symptoms was tested.
To this end, reaction time distributions of 62 adult ADHD patients and 45 healthy controls from two different reaction time paradigms were analyzed. The monetary incentive delay task, by comprehending a control – and a win condition, allows an investigation of the effect of incentives on reaction times. Subjects had to react as fast as possible by keypress to a stimulus, after a cue signaled a possible monetary reward. During the Delay-Discounting-Task, subjects had to choose between sooner, but smaller, and higher delayed monetary rewards, during which they could use as much time for consideration as desired.
Results show that an increased Tau in the control condition of the monetary- incentive-delay-task could be replicated, while a distinct influence of the win condition emerged. Subjects with ADHD showed an improvement of Tau in the win condition even below the level of healthy controls. However, they showed increased variability of the “regular” responses around the mean of the normal component of the distribution, represented by sigma. Moreover, it was indicated by trend a higher reaction time variability in ADHD patients during choices of delayed rewards. Tau was associated the current symptom strength as well as with the strength of ADHD-Symptoms during childhood, assessed by questionnaire.
While the present results could have implications for etiological models of the disease, they may also contribute to the development of novel diagnostic methods. In advanced studies, neural correlates of sophisticated measures of reaction time variability should be investigated. Furthermore, they should be associated with genetic risk factors with regard to possible endophenotypes. Possible implications for clinical handling of patients should be explored.
Hintergrund: Die Verankerung der Kompetenzorientierung und die Betonung der praktisch-klinischen Ausbildung im Rahmen des Medizinstudiums sind zentrale Punkte in den Neuerungen der Ärztlichen Approbationsordnung. Mit der Entwicklung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Medizin (NKLM) ist ein Rahmenwerk erstellt und verabschiedet worden, das die Inhalte des gesamten Medizinstudiums in Deutschland abbilden und eine Implementierung kompetenzorientierter Lernziele an den Fakultäten forcieren soll. Um diesem Ziel gerecht zu werden, müssen bereits an den Fakultäten vorhandene Lehrveranstaltungen mit dem NKLM abgeglichen und im Rahmen eines Curriculum Mappings kartiert werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher die Kartierung der im Frankfurter Blockpraktikum Chirurgie erlernten Kompetenzen im Sinne eines Curriculum Mappings in Anlehnung an die im NKLM formulierten Lernziele. Zudem wurde folgenden Fragestellungen nachgegangen: Welcher Umfang kompetenzorientierter Lernziele kann Studierenden in einem zweiwöchigen Praktikum Chirurgie vermittelt werden? Wie ist die Vermittlung der einzelnen Kapitel des NKLM im Blockpraktikum Chirurgie gewichtet? Gibt es Unterschiede der erreichten Lernziele in Abhängigkeit des Geschlechts der Studierenden, der besuchten Fachrichtung bzw. des besuchten Lehrkrankenhauses?
Material und Methoden: Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Medizinstudierende im zweiten bzw. dritten klinischen Semester unmittelbar nach Abschluss ihres Blockpraktikums Chirurgie gebeten, unter Nutzung eines Online-Fragebogens anzugeben, welche der im NKLM formulierten Lernziele sie im zweiwöchigen Blockpraktikum Chirurgie gelernt haben. Somit konnte für jedes Kapitel dargestellt werden, zu welchem prozentualen Anteil die Lernziele dieses Kapitels erreicht worden sind. Zudem wurden die soziodemographischen Daten der Studierenden, die Fachrichtung des Blockpraktikums und das Lehrkrankenhaus erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Wilcoxon-Mann-Whitney Test und dem Kruskal-Wallis Test.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 81 Studierenden (28 Männer, 53 Frauen) aus dem 2. bzw 3. klinischen Semester an der Studie teil. Insgesamt wurden im zweiwöchigen Blockpraktikum Chirurgie 8,78 ± 5,10% (Min. 1,01%; Max. 29,84%) aller Lernziele von den Studierenden erreicht. Hierbei wurden anteilig die meisten Lernziele in den Kapiteln 5-11 (Abschnitt 1 „Ärztliche Rollen“) mit 29,92 ± 15,22% (Min. 0,00%; Max. 63,10%) vermittelt. Aus Abschnitt 2 („Medizinisches Wissen, klinische Fähigkeiten und professionelle Haltungen“) wurden vor allem die Lernziele der Kapitel 14b „Klinisch-praktische Fertigkeiten“ (15,49 ± 7,78% (Min. 0,00%; Max. 41,30%) und 14c „Ärztliche Gesprächsführung“ (22,98 ± 16,47% (Min. 0,00%; Max. 70,69%) von den Studierenden erreicht. Männer geben durchschnittlich an, mehr Lernziele erreicht zu haben als Frauen (9,84% vs. 8,22%; p=0.104731). Weiterhin haben Studierende, die ihr Praktikum in einem Lehrkrankenhaus mit weniger als 100 chirurgischen Bettenplätzen (10,60 ± 6,75%; Min. 2,33%; Max. 29,84%) oder in einer Rotation (9,95 ± 6,67%; Min. 1,90%; Max. 29,84%) durch mehrere Fachrichtungen absolvierten, angegeben mehr Lernziele erreicht zu haben als andere Studierende insgesamt.
Schlussfolgerung: Das zweiwöchige Blockpraktikum Chirurgie in Frankfurt kann den Studierenden (im Hinblick auf die Gesamtdauer des Medizinstudiums) einen großen Anteil der im NKLM formulierten Lernziele vermitteln. Vor allem die Lernziele der „Ärztlichen Rollen“ und der „klinisch-praktischen Fertigkeiten“ werden erlernt. Die Vermittlung gelingt besonders umfangreich in kleineren Lehrkrankenhäusern. Trotzdem bietet das Blockpraktikum Chirurgie den Teilnehmer nur einen kleinen Einblick in den Fachbereich Chirurgie. Für die Vermittlung von spezifischen chirurgischen Fähigkeiten, Prinzipen chirurgischer Diagnostik und Therapie, sowie Aspekte der „Patientenzentrierten Gesundheitsversorgung“ sind andere Formate notwendig.
Hauptrolle für die Krankenhaushygiene : »Tag der Patientensicherheit« am Universitätsklinikum
(2015)
Ernst, aber nicht hoffnungslos : Wissenschaftler berichten über Ergebnisse aus der Demenz-Forschung
(2015)
Locomotor activity patterns of laboratory mice are widely used to analyze circadian mechanisms, but most investigations have been performed under standardized laboratory conditions. Outdoors, animals are exposed to daily changes in photoperiod and other abiotic cues that might influence their circadian system. To investigate how the locomotor activity patterns under outdoor conditions compare to controlled laboratory conditions, we placed 2 laboratory mouse strains (melatonin-deficient C57Bl and melatonin-proficient C3H) in the garden of the Dr. Senckenbergische Anatomie in Frankfurt am Main. The mice were kept singly in cages equipped with an infrared locomotion detector, a hiding box, nesting material, and with food and water ad libitum. The locomotor activity of each mouse was recorded for 1 year, together with data on ambient
temperature, light, and humidity. Chronotype, chronotype stability, total daily activity, duration of the activity period, and daily diurnality indices were determined from the actograms. C3H mice showed clear seasonal differences in the chronotype, its stability, the total daily activity, and the duration of the activity period. These pronounced seasonal differences were not observed in the C57Bl. In both strains, the onset of the main activity period was mainly determinedby the evening dusk, whereas the offset was influenced by the ambient temperature. The actograms did not reveal infra-, ultradian, or lunar rhythms or a weekday/weekend pattern. Under outdoor conditions, the 2 strains retained their nocturnal locomotor identity as observed in the laboratory. Our results indicate that the chronotype displays a seasonal plasticity that may depend on the melatoninergic system. Photoperiod and ambient temperature are the most potent abiotic entraining cues. The timing of the evening dusk mainly affects the onset of the activity period; the ambient temperature during this period influences the latter’s duration. Humidity, overall light intensities, and human activities do not affect the locomotor behavior.
Durch die sich verändernde Altersstruktur nehmen die Inzidenz und Prävalenz von Herzklappenerkrankungen wie der Mitralinsuffizienz weltweit zu, verbunden mit einem Verlust an Lebensqualität und Lebensjahren für den individuellen Patienten und hohen Kosten für das Gesundheitssystem. Die Standardtherapie, eine chirurgische Rekonstruktion oder ein Ersatz der Mitralklappe kommt aufgrund von Alter und Begleiterkrankungen (insbesondere der Herzinsuffizienz) bei bis zu 50% der Patienten nicht in Frage. Die MitraClip- Prozedur ist ein etabliertes Verfahren zur minimalinvasiven Therapie der hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz bei Patienten mit hohem Operationsrisiko. In einigen, jedoch nicht allen Patientenkohorten konnte ein positiver Einfluss auf Rehospitalisierungen und Sterblichkeit gezeigt werden. Insbesondere Patienten mit Rechtsherzdysfunktion (RVD) scheinen weniger zu profitieren. Aufgrund des individuellen Risikos des Eingriffs und der erheblichen Kosten ist es notwendig, Patienten zu identifizieren die von dem Eingriff profitieren und solche bei denen ein ungünstiges Nutzen/ Risikoverhältnis besteht.
Im Rahmen des Frankfurter Mitralklappenregisters wurden 119 Patienten im interdisziplinären Konsens („Heart Team“) vom 07/2013 bis 02/2017 mit der MitraClip Prozedur behandelt und nach ihrem schriftlichen Einverständnis in die Analyse eingeschlossen. Der Langzeitverlauf wurde bis zum 31.12.2017 beobachtet.
Ziel der Studie war, zu erfassen, ob die Anwendung von bei Herzinsuffizienz etablierten Prognosemodellen bei diesen Patienten sinnvoll ist und ob sich das Seattle Heart Failure Model (SHFM) und der Meta-Analysis Global Group in Chronic Heart Failure (MAGGIC) Score in ihrer Genauigkeit bei diesen Patienten unterscheiden insbesondere im Kontext einer RVD.
Die Diagnose einer RVD erfolgte über den im Herzultraschall leicht zu erfassenden Parameter „Tricuspid Annular Plane Excursion“ (TAPSE), der die während der Systole zurückgelegte Strecke des Trikuspidalrings misst.
Die Genauigkeit in der Vorhersage der 1- Jahres Mortalität der beiden Scores wurde durch die Bestimmung der Area under the Receiver Operating Characteristic (AUROC) ermittelt.
Innerhalb eines Jahres nach MitraClip- Therapie verstarben 29 Patienten (28.2%) des Gesamtkollektivs. Bei Patienten mit funktioneller Mitralklappeninsuffizienz (FMR) betrug die 1- Jahres Mortalität 23,3%, bei Patienten mit degenerativer Mitralklappeninsuffizienz (DMR) 31,7%. In der Kaplan- Meier Analyse bestand eine signifikant erhöhte 1- Jahres Mortalität für Patienten mit RVD (34.8 vs 22.8%; p=0.009). Patienten mit FMR wiesen eine erhöhte Sterblichkeit auf, wenn gleichzeitig eine RVD bestand (38.1% vs 9.1% ohne RVD). Diese Assoziation bestand bei Patienten mit DMR nicht (32% mit RVD vs. 34.3%).
Die prognostische Genauigkeit beider Scores war im Gesamtkollektiv vergleichbar (SHFM: 0.704, MAGGIC: 0.692). Das gilt auch für separate Analysen nach funktioneller/ degenerativer Genese der Mitralklappeninsuffizienz (FMR: SHFM 0.696, MAGGIC 0.722; DMR: SHFM 0.727, MAGGIC 0.629). Bei Patienten ohne RVD zeigt das SHFM jedoch eine höhere diagnostische Genauigkeit als der MAGGIC Score (SHFM: 0.775; MAGGIC: 0.551, p <0.05). Bei Patienten mit Rechtsherzdysfunktion bestehen keine signifikanten Unterschiede (SHFM: 0.615; MAGGIC: 0.799, p>0.05), auch wenn ein Trend zugunsten des MAGGIC Scores bestand.
Eine bestehende RVD ist ein wichtiger prognostischer Marker für Patienten, die mit einem Mitraclip behandelt werden und sollte in der Entscheidungsfindung des „Heart Teams“ berücksichtigt werden. SHFM und MAGGIC Score besitzen eine adäquate prognostische Trennschärfe in unserer Patientenkohorte, Unterschiede bestehen bei Patienten mit/ ohne RVD. Aufgrund der Heterogenität der Erkrankung sowie der Begleiterkrankungen besteht für beide Scores nur eine moderate Trennschärfe, sie dürfen beim individuellen Patienten nicht einziges Entscheidungskriterium sein. Denkbar wäre, durch einen „machine learning“ Ansatz unter Einbeziehung klinischer, anatomischer, demographischer und laborchemischer Daten ein Score System zu entwerfen, mit dem eine höhere prognostische Genauigkeit erreicht werden könnte.
Im EU-Projekt „Regulatory Control Networks of Synthetic Lethality“ (SYNLET) wurden durch Vergleich der Genexpressionsprofile auf Transkriptionsebene von parentalen sensitiven Neuroblastom-Zelllinien und ihren Vincristin-resistenten Sublinien bioinformatisch 40 Kandidatengene ermittelt, die für Vincristin-Resistenz und damit Zellüberleben essentiell sein könnten. Diese Kandidatengene wurden im Rahmen dieser Dissertation einzeln in Neuroblastomzellen der Vincristin-resistenten Sublinie UKF-NB-2rVCR20 herunterreguliert durch Transfektion (Elektroporation) von small interfering RNAs (siRNAs; knock down). Anschließend wurden die Zellen ohne und mit verschiedenen Vincristin-Konzentrationen auf Zellviabilitätsveränderungen getestet. Beim Kandidatengen mit den niedrigsten Zellviabilitäten (SMARCC1) wurde ein Western Blot gemacht, um die Herunterregulierung zu bestätigen. Zu Beginn wurde das effektivste Programm zur Elektroporation der UKF-NB-2rVCR20-Zellen durch eine Transfektionsoptimierung ermittelt. Alle Kandidatengene wurden 2x transfiziert, bei unklaren oder besonders interessanten Ergebnissen auch 3x. Als positive Kontrolle wurde der ABC-Transporter MDR1 herunterreguliert, da hier die Auswirkungen auf die Resistenz gegen Vincristin bekannt sind. Bei 10 von 40 Kandidatengenen waren die Zellviabilitäten ohne Vincristin und/oder bei mindestens einer Vincristin-Konzentration extrem verändert (FOXJ1, MAP2K1, NFYB, RICS, SMARCA1, SMARCB1, SMARCC1, STK35, TOCA1 und TPM2). Das entspricht einem Prozentsatz von 25 % Kandidatengenen, bei denen die bioinformatisch vorhergesagte Wirkung in vitro bestätigt werden konnte. Allerdings sind bei diesen 10 effektiven Kandidatengenen auch 2 Gene dabei, nach deren Herunterregulierung es zu einer erhöhten Zellviabilität kam (FOXJ1 und RICS). Bei der Frage, welche Gene das Absterben der Tumorzellen beschleunigen und als ein mögliches Therapieziel in Frage kommen könnten, bleiben also 8 Kandidatengene (20 % aller Kandidatengene). Das interessanteste Kandidatengen ist SMARCC1, da die Herunterregulierung alleine (ohne Zugabe von Vincristin) zu einer massiven Abnahme der Zellviabilität führte. Damit stellt SMARCC1 ein interessantes Ziel zur Therapie in Tumorzellen dar.
Traumatische Verletzungen fordern jährlich über fünf Millionen Todesopfer. Sie sind bei unter 45-Jährigen die häufigste Ursache für Tod und körperliche Behinderung dar. Ein Polytrauma verursacht eine schwere Belastung für das Immunsystem und ist häufig von schweren Störungen der Immunregulation gekennzeichnet. Die Immunreaktion übersteigt bei schweren Traumata das für lokale Reparaturmechanismen notwendige Maß, und so kommt es je nach Ausmaß der Verletzungen innerhalb der ersten Minuten bis Stunden zu einer systemischen Hyperinflammation, dem sogenannten Systemischen Inflammatorischen Response- Syndrom (SIRS). Auch in nicht verletzten Organen verursacht SIRS Störungen in der Endothel-Funktion, wodurch die Mikrozirkulation in diesen Organgen beeinträchtigt ist. In der Folge kommt es zu interstitieller Ödembildung, zur Gewebsinfiltration durch Leukozyten und zu Zelluntergang. Diese Prozesse können zur Fehlfunktion von Organen bis hin zum Organversagen, und, da sie häufig in mehreren Organen gleichzeitig ablaufen, auch zum klinisch dann oft schwer beherrschbaren Multiorganversagen (MOV) führen. Auf der anderen Seite stoßen schwere Verletzungen antiinflammatorische Prozesse an, die zu einer ausgeprägten Immunsuppression führen können, dem Kompensatorischen Antiinflammatorischen Response-Syndrom (CARS), mit der Folge, dass polytraumatisierte Patienten erhöht anfällig für infektiöse Komplikationen sind. Die beschriebenen Funktionsstörungen des Immunsystems sind ein wichtiger Mortalitätsfaktor von polytraumatisierten Patienten. Während wir SIRS und seine Folgen über die letzten Jahre immer besser verstehen, mit signifikanten Fortschritten auch für die klinische Handhabung dieser Komplikationen des Polytraumas, ist CARS weit schlechter untersucht.
Während der post-traumatschen Immunantwort spielen nicht nur Zellen der angeborenen, sondern auch solche der erworbenen Immunabwehr eine wichtige Rolle. So sind regulatorische T-Zellen (Treg) entscheidend an der posttraumatischen Immunsuppression beteiligt. Treg beeinflussen die immunologische Homöostase Treg mit einem Arsenal immunsuppressiver Werkzeuge. Sie töten oder beeinflussen beispielsweise antigenpräsentierende Zellen oder T-Effektorzellen und verändern das Zytokinmilieu und metabolische Signalwege. Nach einem Trauma kann eine überschießende Aktivität von Treg die immunologische Balance so beeinträchtigen, dass eine posttraumatische Immunsuppression entsteht oder intensiviert wird. Die hier vorgestellte Studie Ziel dient daher dem besseren Verständnis der Dynamik von Treg nach einer stattgehabten traumatischen Verletzung. Dafür untersuchten wir die Verläufe verschiedener Subpopulationen von Treg im Blut schwer verletzter Patienten. Da der Forschung am Menschen in vivo enge ethische und methodologische Grenzen gesetzt sind, nehmen Tiermodelle in der Traumaforschung einen hohen Stellenwert ein. Daher verglichen wir die an Patienten erhobenen Daten über die posttraumatische Dynamik von Treg mit den Verläufen in einem adäquaten Tiermodell.
Aufgrund der guten anatomischen, physiologischen und genetischen Ähnlichkeit zum Menschen werden Tiermodelle am Schwein zunehmend beliebter. Ein Polytraumamodell am Schwein existiert erst seit wenigen Jahren. Über Treg wurde in diesem Rahmen bisher nicht geforscht. Die Charakterisierung ihres Immunphänotyps und ihrer Dynamik könnte die Anwendbarkeit des Schweine-Modells für Fragen der Trauma-Forschung verbessern und gleichzeitig unser Verständnis der Pathophysiologie posttraumatischer Komplikationen wir SIRS oder Sepsis erhöhen.
Bei 20 Traumapatienten (TP) mit einem Injury Severity Score (ISS) ≥ 16 wurde bei Ankunft in der Notaufnahme, nach einem und nach drei Tagen venöses Blut entnommen. Zehn gesunde Freiwillige (HV) fungierten in der Studie als Kontrollgruppe. Das Polytrauma im Großtiermodell am Schwein bestand aus einer Femurfraktur, einer Leberlazeration, einer Lungenkontusion und einem hämorrhagischen Schock, was einen ISS von 27 ergab. Auf die Traumainduktion folgte die Reanimationsphase und die chirurgische Versorgung der Femurfraktur nach dem damage-control-Prinzip. Die Blutentnahmen erfolgten bei den Versuchstieren vor und sofort nach Trauma, sowie nach 24 und 72 Stunden. Wir verglichen die Dynamik der Verläufe der Treg von TP mit denen von HV und mit Daten aus den Tierversuchen. Es herrscht noch kein wissenschaftlicher Konsens darüber, welche Kombination aus immunologischen Oberflächenmarkern die Identifikation von Treg zuverlässig gewährleisten kann. Dies liegt auch daran, dass Treg eine Gruppe verschiedener Unterpopulationen darstellen. Folglich analysierten wir verschiedene Kombinationen. Wir färbten Cluster of differentiation (CD) 4-positive und CD25-positive (CD4+CD25+), CD4+CD25+forkhead box P3 (FoxP3)+, CD4+CD25+CD127-negative (CD127−) und CD4+CD25+CD127−FoxP3+ Zellen mit Antikörpern und charakterisierten die jeweilige Gruppe mithilfe der Durchflusszytometrie. CD4+CD25+CD127− Treg sind beim Menschen bekannt. Beim Schwein werden sie in dieser Studie erstmalig beschrieben.
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