Refine
Year of publication
Document Type
- Working Paper (75) (remove)
Has Fulltext
- yes (75)
Is part of the Bibliography
- no (75)
Keywords
- Arbeitsverhältnisse (5)
- Globalisierung (4)
- Prekarität (4)
- Finance (3)
- Global Financial Class (3)
- Globale Finanzklasse (3)
- Globalization (3)
- Pierre Bourdieu (3)
- Transnational Capitalist Class (3)
- Vertrauen (3)
Institute
- Gesellschaftswissenschaften (75) (remove)
Beyond Weltpolitik, self-containment and civilian power : United Germany´s normalizing ambitions
(1999)
Mit Blick auf die liberale Theorie der Internationalen Beziehungen wird die Bedeutung von Medieninformation für außenpolitische Präferenzbildungsprozesse beleuchtet. Am Beispiel der Golfkrise 1990 und des Golfkrieges 1991 zeigt sich, dass von einer "frei deliberierenden" demokratischen Öffentlichkeit in den USA nicht unbedingt die Rede sein kann. Vielmehr bediente sich die Exekutive einer ausgefeilten "Medien(kriegs)politik", um den medialen Diskurs zu dominieren und die Meinungsbildung zu steuern. Dieser Befund stellt eine Herausforderung für die liberale Theorie dar: Wenn eine demokratische Öffentlichkeit nicht über ausgewogene Informationen verfügt, kann mit Blick auf militärische Gewalteinsätze nur eingeschränkt von demokratischer Kontrolle gesprochen werden. Ein amerikanischer Präsident, der mit seiner Medienpolitik den öffentlichen Diskurs über den Einsatz militärischer Gewalt dominieren kann, verfügt offensichtlich über größere Handlungsspielräume nach innen und außen, als die liberale Theorie bisher angenommen hat.
Die folgenden Ausführungen thematisieren die Praxis von Zeitgenossen, sich in besonderer Weise mit ihren Mitmenschen auseinanderzusetzen - frei nach dem Motto: Zur Rache, Schätzchen!ii Wer der Ex-Freundin, dem Nachbarn oder dem Chef eins ‚auswischen‘ will, ist im Internet zweifellos richtig: Anonym Rache zu nehmen, hat im World Wide Web Tradition. Alles hat - wie so häufig - in den Vereinigten Staaten mit einem Projekt begonnen, dem Stinky Meat Project: Seit Monaten ärgerte sich ein amerikanischer Programmierer über einen schwierigen, pöbelnden Nachbarn. Eines Tages war das Maß voll: Der Programmierer beschloß, sich zu rächen. Er fuhr in den nächsten Supermarkt, kaufte dort ein Steak, drei billige Würste und Hackfleisch und legte das Fleisch zu hause auf einen Teller und schob diesen unter dem Zaun hindurch in den Garten des Nachbarn. Von nun an kehrte der Rächer täglich zum Tatort zurück, fotografierte den Teller – und veröffentlichte die Bilder im Internet. Das Stinky Meat Project war geboren. Sein offizielles Ziel war herauszufinden, wie lange ein Teller mit verfaultem Fleisch in Nachbars Garten liegen kann, ohne dass dieser es bemerken und die Polizei rufen würde – so der Initiator. Diskussionsbeitrag auf dem Mediensymposium Luzern 2000, Stand 2.2.2001, http://www.edupolis.de/konferenz2001/texte/forum4_neumann_braun2.pdf Dokument 1 ist die Volltextversion, Dokument 2 ist ein Scan des Printexemplars.
Grundlage des Artikels ist der Berliner Teil der zweijährigen Studie "Moriana", in der – im ersten Jahr – Wandel der Produktion und Wirtschaftsstruktur, der Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse, der Sozialstruktur und die Rezeption dieser Veränderungen durch Politik, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Forschung und Dritter Sektor untersucht wurden. Im zweiten Jahr wurden die Situation und die Bedürfnisse von selbstständig Beschäftigten genauer betrachtet. Das Forschungsprojekt wurde von dem Institut A.A.STER in Mailand unter der Leitung von Aldo Bonomi koordiniert und in den Städten Berlin (D), Paris (F), Valencia (ES), Mailand (I), Turin (I), Genua (I) und Neapel (I) durchgeführt. Das Projekt arbeitete – vor allem im zweiten Teil – mit dem Ansatz der "aktiven Untersuchung", im Rahmen derer die Betroffenen selbst ihre Situation und Bedürfnisse beschreiben und ihre subjektive Wahrnehmung im Mittelpunkt steht. In Berlin wurden dafür im Jahr 2000 u.a. ausführliche Interviews mit 30 Selbstständigen verschiedener Einkommensstufen sowie unterschiedlichen Qualifikationsgrades geführt, und diesen ein zusätzlich ein Fragebogen mit 100 Fragen vorgelegt. Die Ergebnisse können zwar nicht als repräsentativ bezeichnet werden, zeigen aber eine Tendenz auf.
Vortrag in Linz im KunstRaum Goethestrasse am 25.09.2002 im Rahmen der Reihe ESTABLISH CULTURAL WORKER - Ist die KulturArbeit (oder) Kunst?: Zuerst möchte ich kurz zu dem Moriana Projekt etwas sagen. Es wurde in 7 Städten durchgeführt, und war ein europäisches Forschungsprojekt von einem italienischen Forschungsinstitut. Es ging um die Situation von Kleinstselbstständigen, FreiberuflerInnen etc. Dies mit einem erneuerten Ansatz dessen, was früher einmal Arbeitermituntersuchung hiess, nämlich militante Untersuchung. Das heisst, die Leute die in den Verhältnissen stecken, analysieren selbst ihre Arbeitssituation, versuchen selbst ihre Bedürfnisse zu beschreiben, versuchen selbst diesen Arbeitsprozess zu beschreiben, und werden, durch einen Intervention des/der ForscherIn, versucht in eine bestimmte Richtung zu drängen. Nämlich in die Richtung, für ihre Interessen zumindest zu einer Selbstformulierung zu kommen, wenn nicht gar zu einer Selbstorganisierung. Letzteres hat bei dem Projekt nicht geklappt, oder nur zu ganz kleinen Teilen. ...
Am Beginn des 21. Jahrhunderts wird der Zustand der US-Demokratie kontrovers diskutiert. Während manche Beobachter eine zu hohe Responsivität des politischen Systems gegenüber den Ansprüchen seiner Bürger entdeckt haben wollen und deshalb von demosclerosis und einer Hyperdemokratie sprechen, in welcher der Volkswille in einen unantastbaren, göttlichen Rang erhoben worden sei, kommen andere zu dem Schluss, dass die Gründerväter im Hinblick auf ihre handlungsanleitende Furcht vor einer »Tyrannei der Mehrheit« ganze Arbeit geleistet und ein nahezu unüberwindbares System von Vetopositionen geschaffen hätten, das Partikularinteressen strukturell bevorzuge und deshalb nur in Ausnahmesituationen die Mehrheitspräferenzen der Bürger in Politik umsetze. Kurzum: Die Furcht der Federalists vor einer »Mehrheitstyrannei« habe einer »Minderheitstyrannei« Tür und Tor geöffnet. Der Artikel versucht die Vereinigten Staaten in diesem Spannungsbogen zu verorten. Ziel ist es, die Qualität der amerikanischen Demokratie am Beginn des 21. Jahrhunderts zu problematisieren. Dabei werden auch die Entwicklungen nach dem 11. September berücksichtigt.
The future of NATO has been a hotly debated topic at the center of IR debates ever since the end of the Cold War. It has also been a very complicated one given the discipline´s conceptual and theoretical difficulties in studying change. Most analysts now agree that NATO (and the transatlantic order more broadly) are going through some major changes. Yet while there is consensus that the depth as well as the pace of these changes is more far-reaching than in past decades it is unclear exactly how deep and how far these changes reach. In order to come to grips with these changes most of the chapters in this book are exploring the character as well as the sources of these changes. This chapter approaches the topic by examining how the discipline has dealt with the question of the evolution of the transatlantic order in the past. It argues that IR has not been very well equipped conceptually to deal with the phenomenon in question, ie. large-scale processes of change. In applying a typological framework developed by Paul Pierson the chapter discusses what types of causal accounts have dominated in the IR literature – and what this may tell us about particular strengths, biases and potential blind spots in coming to grips with the evolution of this order. In essence it argues that the structure of the most prominent explanations is often quite similar irrespective of paradigmatic descent. Inspite of major differences – inspite, even, of mutually exclusive predictions – as to the expected path of the order´s evolution realist, liberal and constructivist accounts heavily rely in equal fashion on causal arguments which emphasize large-scale causal processes which are almost always framed in rather statist structural terms even though they essentially entail slow moving causal processes. This temporal dimension of the causal processes presumably shaping the future of the transatlantic order is seldom spelled out in detail, however. Thus, if one examines the debate as a whole one sees a picture of IR scholarship which essentially oscillates between two extremes: the position that NATO (as the core institution of the transatlantic order) was (and is) certain to survive and the position that it was (and is) certain to collapse. What is more, these extremes on a spectrum of possible positions on the transatlantic order´s evolution between breakdown on the one hand and successful adaptation on the other are not hypothetical but mostly real. Thus, the debate does not gravitate towards the center (ie. a position which, for instance, envisages a loser but still cooperative relationship) after the usual give and take of exchanging scholarly arguments. Rather it mostly sticks with either of the two extreme positions. The chapter illustrates the problems associated with this point in some details and discusses potential remedies.
Im Zusammenhang mit dem Präventivkrieg der Vereinigten Staaten gegen den Irak ist von einem Versagen der parlamentarischen Kontrolle die Rede. Analog zur Tonkin-Gulf-Resolution von 1964, mit der das amerikanische Parlament Präsident Lyndon B. Johnson praktisch eine Blankovollmacht für den Vietnamkrieg erteilt hatte, sei der USKongress im Oktober 2002 davor zurückgeschreckt, seiner verfassungsrechtlichen Verantwortung, welche ihm vor allem aus dem alleinigen Rechtzur Kriegserklärung erwächst, auch nur in Ansätzen nachzukommen. Häufig wird dieses Verhalten auf die Bedrohungslage und das politische Klima nach dem 11. September zurückgeführt. Wie eine kursorische Durchsicht der einschlägigen Literatur zeigt, handelt es sich bei der mangelnden institutionellen Selbstbehauptung des Kongresses im Zusammenhang mit Militäreinsätzen jedoch um kein neues Phänomen: Die Interventionspolitik galt auch schon vor den Terroranschlägen von New York und Washington als ein Politikfeld, in dem es der Legislative allenfalls partiell gelungen ist, die Exekutive nach den Auswüchsen der so genannten imperialen Präsidentschaft wieder stärker zu kontrollieren. Eine Deutung, die in den vergangenen Jahren verstärkt Zulauf erfahren hat, versucht den Ausnahmecharakter der Interventionspolitik mit dem sozialkonstruktivistisch grundierten Konzept einer Kultur der Unterordnung zu erklären. Es existiert aber auch eine rationalistisch argumentierende These, wonach politische Kalküle und Zwänge, die aus einem medial erzeugten Wählerdruck resultieren, das Parlament veranlassen, sich dem Präsidenten in der militärischen Interventionspolitik unterzuordnen. Die Studie will anhand von zwei Fallbeispielen aus den 1990er Jahren,dem zweiten Golfkrieg und dem Kosovokrieg, klären, welcher Stellenwert diesen beiden Faktoren für die mangelnde institutionelle Selbstbehauptung des Kongresses in der militärischen Interventionspolitik zukommt. Unser Befund deutet darauf hin, dass eine separate, besonders stark ausgeprägte Teilkultur der Unterordnung auf Seiten der Republikaner existiert, die ceteris paribus dazu führt, dass sich eine von der Grand Old Party kontrollierte Legislative in Fragen, die Krieg und Frieden betreffen, institutionell grundsätzlich weniger stark behaupten kann als ein demokratisch dominierter Kongress.
Diese Studie analysiert die deutsche UN-Reformpolitik der letzten Jahre. Im Mittelpunkt steht eine kritische Auseinandersetzung mit der politischen Zielsetzung, einen nationalen ständigen Sitz für Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu erlangen. Vor dem Hintergrund prominenter Vorschläge zur Reform des Sicherheitsrats wird zunächst die Genese dieses Anspruchs rekonstruiert. In einem weiteren Schritt werden die Positionen wichtiger Verbündeter und Partner untersucht. Dabei wird deutlich, wie wenig Unterstützung Deutschland selbst von seinen wichtigsten Partnern erfährt und wie sehr diese Unterstützung in den letzten Jahren abgenommen hat. Die anschließende Analyse der wichtigsten Argumente für einen ständigen deutschen Sitz zeigt, dass sie einer kritischen Prüfung nicht Stand halten können. Die Studie schließt mit einem Plädoyer und konkreten Vorschlägen für eine Wiederbelebung einer europäischen Option.
Die Herausbildung normativer Ordnungen : zur Idee eines interdisziplinären Forschungsprogramms
(2010)
Ein geistes- und sozialwissenschaftliches Forschungsprogramm betritt mit der These, dass wir in einer Zeit tiefgreifender sozialer Veränderungen leben, kein Neuland. Ein thematischer Fokus auf die Frage der Herausbildung normativer Ordnungen mit Bezug auf die entsprechenden Verschiebungen, Umbrüche und Konflikte in verschiedenen Gesellschaften und auf transnationaler Ebene bringt dagegen etwas Neues und Wichtiges ans Licht. Das ist jedenfalls unsere Überzeugung.
Auf der großen Konferenz der SGIR (Standing Group on International Relations) vom 9.-11. September 2010 in Stockholm, Schweden, organisierten wir eine eigene Sektion zum Thema Sicherheitskultur im Wandel. In sieben panels wurden viele Aspekte dieses Oberthemas diskutiert und erläutert, wie im ausführlichen Konferenzbericht nachzulesen ist
Ernst Bloch pointed out in a particularly emphatic way that the concept of human dignity featured centrally in historical struggles against different forms of unjustified rule, i.e. domination – to which one must add that it continues to do so to the present day. The “upright gait,” putting an end to humiliation and insult: this is the most powerful demand, in both political and rhetorical terms, that a “human rights-based” claim expresses. It marks the emergence of a radical, context-transcending reference point immanent to social conflicts which raises fundamental questions concerning the customary opposition between immanent and transcendent criticism. For within the idiom of demanding respect for human dignity, a right is invoked “here and now,” in a particular, context-specific form, which at its core is owed to every human being as a person. Thus Bloch is in one respect correct when he asserts that human rights are not a natural “birthright” but must be achieved through struggle; but in another respect this struggle can develop its social power only if it has a firm and in a certain sense “absolute” normative anchor. Properly understood, it becomes apparent that these social conflicts always affect “two worlds”: the social reality, on the one hand, which is criticized in part or radically in the light of an ideal normative dimension, on the other. For those who engage in this criticism there is no doubt that the normative dimension is no less real than the reality to which they refuse to resign themselves. Those who critically transcend reality always also live elsewhere.
The title I have chosen seems to signal a tension, even a contradiction, in a number of respects. Democracy appears to be a form of political organisation and government in which, through general and public participatory procedures, a sufficiently legitimate political will is formed which acquires the force of law. Justice, by contrast, appears to be a value external to this context which is not so much linked to procedures of “input” or “throughput” legitimation but is understood instead as an output- or outcome-oriented concept. At times, justice is even understood as an otherworldly idea which, when transported into the Platonic cave, merely causes trouble and ends up as an undemocratic elite project. In methodological terms, too, this difference is sometimes signalled in terms of a contrast between a form of “worldly” political thought and “abstract” and otherworldly philosophical reflection on justice. In my view, we are bound to talk past the issues to be discussed under the heading “transnational justice and democracy” unless we first root out false dichotomies such as the ones mentioned. My thesis will be that justice must be “secularised” or “grounded” both with regard to how we understand it and to its application to relations beyond the state.
Am 1. Januar 2012 tritt das KORUS-Freihandelsabkommen zwischen Südkorea und den USA in Kraft. Mit dem KORUS-Freihandelsabkommen und dem vergleichbar umfangreichen, bereits seit Juli 2011 rechtskräftigen Abkommen mit der EU (KOREU) verfügt Südkoreas exportorientierte Volkswirtschaft über einen nahezu uneingeschränkten Zugang zu den beiden stärksten Wirtschaftsräumen der Welt, die gemeinsam mehr als 50 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Nicht zuletzt angesichts der jüngsten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sowie des Stillstands der multilateralen Doha-Verhandlungsrunde zur globalen Handelsliberalisierung, setzen zahlreiche Staaten
in Ostasien wie auch Südkorea auf eine expansive und vor allem bilaterale Freihandelspolitik. In Seoul hat diese Politik mit den beiden jüngsten Abkommen ihren vorläufigen
Höhepunkt erreicht. Die weitere Handelsstrategie des Landes sieht eine Diversifizierung und Ausweitung der Freihandelspolitik vor.
* Insbesondere die jüngeren Abkommen mit Indien, den USA und der EU stellen eine Weiterentwicklung der bisherigen Freihandelspolitik Südkoreas dar. Verglichen
mit den anfänglichen Abkommen mit Chile oder auch Singapur haben diese umfangreichen und tiefgreifenden Vereinbarungen eine neue Qualität.
* In den neueren bilateralen Freihandelsprojekten Südkoreas mit dem Golfkooperationsrat oder Australien werden zunehmend auch Themen wie Rohstoff- und Ernährungssicherung in den Blick genommen. Mit dem Abschluss der Freihandelsabkommen werden auch politische Ziele verfolgt, wie zum Beispiel die Stärkung der Allianz mit den USA oder das Knüpfen
strategischer Partnerschaften über die ostasiatische Region hinaus.
* Vor allem für Japan stellen KORUS und KOREU eine ökonomische Herausforderung dar. Es ist möglich, dass nun in Ostasien, wie auch im gesamten pazifischen Raum, weitere große Freihandelsabkommen folgen werden.
Seit dem Jahr 2005 ist der Schutz vor schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Völkermord durch die UN zum überwölbenden Ziel von staatlicher, regionaler und globaler Sicherheit erhoben. Diese Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P) illustriert somit die Abkehr von "alter" globaler Sicherheitskultur, die sich über Jahrzehnte auf die scheinbar unumstößlichen Eckpfeiler souveräner Gleichheit und strikter Nicht-Einmischung gestützt hatte. Nimmt diese globale Norm aber regionale Sicherheitskomplexe ausreichend in den Blick? In diesem Working Paper beleuchtet die Perzeption der Schutzverantwortung in den regionalen Organisationen Südostasiens und Afrikas durch die Linse ihrer Sicherheitskulturen. Anstatt die Schutzverantwortung bloß als normative Innovation zu erfassen, wird sie als Ausdruck "kulturellen Wandels" konzeptualisiert, um neben der "abstrakten Norm" auch die "konkrete Praxis" in die Betrachtung einfließen zu lassen.
Apokalypsen beruhen auf tradierten Bildern, fiktiven Imaginationen und kulturellen Deutungsmustern. Damit sind weder reproduzierbar noch wissenschaftlich mit validen Methoden beschreibbar. Auch das traditionell starke Risikokonzept der Sozialwissenschaften zur Beschreibung der Zukunft ihres Forschungsgegenstandes greift hier nicht. Der folgende Beitrag unternimmt deshalb den Versuch, im Rahmen dieser sozialwissenschaftlichen Ansätze nach den spezifisch sicherheitskulturellen Aspekten von Apokalypsen zu fragen. Dazu wird eine Typisierung vorgeschlagen, die sich historisch auf das 20. Jahrhundert beschränkt und sich in drei Phasen unterteilt. Kreisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die apokalyptischen Bedrohungsszenarien noch um die Subjekte (die apokalyptische Bedrohung der Menschheit ging von der modernen Gesellschaftsordnung, d.h. von der Menschheit selbst aus), so geriet gegen Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend die objektive Welt der Dinge und Technologien unter Verdacht, eine Apokalypse auszulösen. Inzwischen scheint sich mit Übergang zum 21. Jahrhundert eine dritte Phase von apokalyptischen Szenarien auszudifferenzieren: Existentielle Bedrohungen gehen nicht mehr von identifizierbaren Bedrohungen wie gesellschaftlichen Entfremdungen oder Atomwaffen aus. Vielmehr gelten das Nicht-Identifizierbare, die Ununterscheidbarkeit als existentielle Bedrohung. Auf die Apokalypse der Subjekte und der Apokalypse der Objekte, so der Vorschlag dieses Papiers, folgt die ‚apokalyptoide’, d.h. Apokalypse-ähnliche Situation.
Im Mai 2008 verwüstete der Sturm Nargis über Myanmar/Burma hinweg, 140.000 Menschen wurden getötet. Das autokratisch regierte Land wies jedoch Katastrophenhilfe als innere Einmischung zurück und verweigerte die Einfuhr von Medikamenten und Lebensmitteln. Der französische Außenminister Kouschner drängte angesichts dieser Situation die UN zum Handeln, auf Grundlage der Responsibility to Protect (kurz R2P).
Dieser Akt der Versicherheitlichung steht allerdings im Kontrast zur Medienberichterstattung, wie Gabi Schlag in diesem Papier untersucht. Besonders das Bildmaterial aus dem Katastrophengebiet erzählt eine andere Geschichte. Die Photos der Berichterstattung von BBC.com zum Thema bilden ein visuelles Narrativ, welches keine Hilfsbedürftigkeit suggeriert, sondern kontrolliertes, besonnenes Vorgehen der lokalen Kräfte. Dieser Kontrast verweist auf die sprichwörtliche Macht der Bilder, welche die jeweiligen Bedingungen von Handlungsmöglichkeiten vorstrukturieren.
Den Menschen als vernunftbegabtes Wesen, als animal rationale, zu begreifen heißt, ihn als rechtfertigendes Wesen anzusehen. Die Vernunft ist die Fähigkeit, sich anhand rechtfertigender Gründe in der Welt zu orientieren. Denn „ratio, raison, reason bedeutet“, wie Tugendhat hervorhebt, „ebenso sehr ‚Grund‘ wie ‚Vernunft‘. Das Vermögen der Vernunft ist die Fähigkeit, für seine Meinungen und für seine Handlungen Rede und Antwort stehen zu können; lat. rationem reddere, griech. logon didonai.“ Dieses Rede-und-Antwort-Stehen ist eine soziale Praxis kulturell und historisch situierter Wesen, die einerseits frei sind, ihre Gründe zu wählen und zu prüfen, andererseits aber daran gebunden, welche Gründe ihnen zur Verfügung stehen und welche als gut oder rechtfertigend gelten. Der Raum der Gründe ist ein Raum der Rechtfertigungen, die nicht nur Einzelhandlungen, sondern auch komplexe Handlungsordnungen, also soziale Verhältnisse und politische Institutionen, legitimieren.
Menschen sind aber auch erzählende Wesen. Der Raum der Gründe, in dem sie sich orientieren, ist kein nackter Raum einzelner Sätze oder gar Normen, sondern bevölkert von Narrativen.
Obgleich Staaten im Kontext asymmetrischer Konflikte prinzipiell danach streben, nicht-staatlichen Gewaltakteuren Anerkennung und Legitimität vorzuenthalten, wird dieser Doktrin des Nicht-Dialogs weltweit zunehmend zuwider gehandelt. Der Doktrin der Nicht-Anerkennung steht eine Praxis der internationalen, politischen Anerkennung solcher Gruppen entgegen. Doch welchen Einfluss haben die Nicht-Anerkennung und die von internationalen Drittparteien gewährte Anerkennung auf die Gewaltanwendung nicht-staatlicher Gewaltakteure? Die Geschichte der palästinensischen Widerstandsgruppen Fatah (1962 bis 1993) und Hamas (1987 bis 2008) eignet sich, diesen Fragen auf den Grund zu gehen, da sie durch Akte der Anerkennung und Nicht-Anerkennung einerseits und Prozesse der Eskalation und De-Eskalation andererseits geprägt ist. Es zeigt sich, dass eine Strategie der graduellen Anerkennung unter bestimmten Bedingungen zur De-Eskalation nicht-staatlicher Gewalt beitragen kann.
Vor dem Hintergrund der Kontingenz des kulturwissenschaftlichen Forschungsprogramms, also Ursache-Wirkungsrelationen, die weder notwendig noch unmöglich sind, wird in diesem Beitrag ein Konzept von Sicherheitskultur aus Sicht der Akteur-Netzwerk-Theorie vorgestellt. Aus dieser Perspektive erklärt sich der Wandel von Sicherheitskulturen nicht aus einer einzigen Variable, sondern aus vernetzten Interaktionen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren. Der Versuch mithilfe von nicht-menschlichen Akteuren die gesellschaftliche Ordnung zu stabilisieren produziert dabei stets neue Unschärfen und Kontingenzen, die mit weiteren Stabilisatoren eingehegt werden müssen. Ein solches Konzept von Sicherheitskultur ermöglicht es den Blick auf quasi kausale Interobjektivitäten und deren Unvorhersagbarkeiten zu richten, die mit einer auf rein menschliche Akteure gerichteten Sozialwissenschaft unsichtbar blieben.
Seit einigen Jahren wird in wissenschaftlichen und politischen Kontexten immer häufiger der Begriff der 'Kultur' mit dem der 'Sicherheit' in Zusammenhang gebracht. Diesem Trend liegt offenbar die Vermutung zugrunde, mit dem Kulturbegriff ließen sich ungleichzeitige Veränderungen von objektiver und subjektiver, nationaler und internationaler, sozialer und militärischer Sicherheit beschreiben und das Verhältnis von sicherheitspolitischen Diskursen und sicherheitspolitischer Praxis analysieren. Noch freilich wird der Begriff der 'Sicherheitskultur' so unterschiedlich und unbestimmt verwendet, dass Erkenntnisse aus der einen Disziplin nicht einfach in eine andere übertragen werden können und der politische Sprachgebrauch uneinheitlich bleibt.
Humanitäre Interventionen sind seit den neunziger Jahren wiederkehrend im Fokus öffentlicher wie wissenschaftlicher Debatten. Erklärungen, warum sich Staaten entschließen, unabhängig von geopolitischen Interessen humanitäre Interventionen zu fordern oder sich an ihnen zu beteiligen, bleiben nach wie vor umstritten. Geteilte Moralvorstellungen und die Bereitstellung eines Handlungsrahmens für die Umsetzungspraxis sind zwei zentrale Analysedimensionen einer internationalen, humanitäre Interventionen befördernden Sicherheitskultur. Eine Normentwicklung kann in diesem Sinne nur in der Kombination mit tatsächlicher Akteurspraxis und medial-öffentlicher Aufmerksamkeit verstanden und beurteilt werden.
In der Pandemie hört die Gesundheit auf, Privatsache zu sein: Aufgrund der kollektiven Gefährdung der Bevölkerung wird sie zu einem öffentlichen Gut, das unter die Schutzverantwortung des Staates und nicht mehr allein unter die Selbstverantwortung des Individuums fällt, ja fallen darf. Pandemieereignisse können die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung massiv in Frage stellen. Die jedes Mal vorhandene wissenschaftliche Unsicherheit bei neu auftretenden und unbekannten Erregern können Gesellschaften – Experten, Laien und die Politik – in Angst und Schrecken versetzen und zu heftigen Reaktionen zur Gefahrenabwehr in der Sicherheitspolitik führen. Pandemien fordern somit 'den Staat' in seinen Kernwerten heraus; es ist der klassische Konflikt zwischen Sicherheit und Freiheit. Das empirische Beispiel dieses Beitrags untersucht den politische Diskurs über den 'richtigen' Umgang mit dem HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus oder HIV) in den 1980er Jahren in der Bundesrepublik. Dass sich dieser Diskurs letztendlich zugunsten der moderateren Position verlagert hat und eine Versicherheitlichung von AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome) vermieden werden konnte, ist vor allem der institutionellen Gewaltenverschränkung sowie der demokratischen Debatte um die Krankheit geschuldet, in der die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen öffentlich begründet und damit deren Sinnhaftigkeit trotz der vorherrschenden gesellschaftlichen Ängste rational hinterfragt und institutionell eingehegt – also entsicherheitlicht – werden konnte.
Noumenal Power
(2014)
In political or social philosophy, we speak about power all the time. Yet the meaning of this important concept is rarely made explicit, especially in the context of normative discussions. But as with many other concepts, once one considers it more closely, fundamental problems arise, such as whether a power relation is necessarily a relation of subordination and domination. In the following, I suggest a novel understanding of what power is and what it means to exercise it.
Obstetrical care as a matter of time: ultrasound screening in anticipatory regimes of pregnancy
(2014)
This article explores the ways in which ultrasound screening influences the temporal dimensions of prevention in the obstetrical management of pregnancy. Drawing on praxeographic perspectives and empirically based on participant observation of ultrasound examinations in obstetricians’ offices, it asks how ultrasound scanning facilitates anticipatory modes of pregnancy management, and investigates the entanglement of different notions of time and temporality in the highly risk-oriented modes of prenatal care in Germany. Arguing that the paradoxical temporality of prevention – acting now in the name of the future – is intensified by ultrasound screening, I show how the attribution of risk regarding foetal growth in prenatal check-ups is based on the fragmentation of procreative time and ask how time standards come into play, how pregnancy is located in calendrical time, and how notions of foetal time and the everyday life times of pregnant women clash during negotiations between obstetricians and pregnant women about the determination of the due date. By analysing temporality as a practical accomplishment via technological devices such as ultrasound, the paper contributes to debates in feminist STS studies on the role of time in reproduction technologies and the management of pregnancy and birth in contemporary societies.
In diesem Arbeitspapier1 soll die statistische Erfassungstechnologie – im Foucaultschen Sinne einer gouvernementalen Technologie – in zwei ihrer zentralen Bestandteile, die Teilpraxen Zählen und Ordnen zerlegt werden, die gerade in ihrer Kombination einen Reifizierungseffekt von statistischem Wissen bewirken, der, wie hier gezeigt werden soll, wenn es um die Produktion von Wissen über „Rasse“/Ethnizität geht, als solcher gleichzeitig ein rassistischer Effekt ist. Die Macht der Zahlen einerseits und die zumeist stillschweigend im Hintergrund erfolgende taxonomische Arbeit andererseits wirken dabei als Teilpraxen der statistischen Erfassungstechnologie zusammen und bewirken gemeinsam deren Blackboxing-Effekt. Im ersten Abschnitt über das Zählen soll der Unterschied zwischen Zahlen und Worten aufgespürt werden, und damit der Unterschied zwischen Zahlenwissen und anderen Formen des Wissens. Im zweiten Abschnitt über das Ordnen wird ausführlicher die taxonomische Arbeit im Zusammenhang von Regierungswissen einschließlich ihrer Subjektivierungseffekte betrachtet und im Fortgang zunehmend auf die Anlage von Taxonomien der „Rasse“/Ethnizität für amtliche Statistiken fokussiert.
Die folgenden konzeptuellen Überlegungen dienen im Rahmen meiner Studie über das Dilemma der Erhebung von Ethnizitätsdaten zur Diskriminierungsmessung dazu, statistische Taxonomien als Instrument des Regierens und der Wissensproduktion in einer machtanalytischen Perspektive zu fassen.
In my paper I take issue with proponents of ‘intersectionality’ which believe that a theoretical concept cannot/should not be detached from its original context of invention. Instead, I argue that the traveling of theory in a global context automatically involves appropriations, amendment and changes in response to the original meaning. However, I reject the idea that ‘intersectionality’ can be used as a freefloating signifier; on the contrary, it has to be embedded in the respective (historical, social, cultural) context in which it is used. I will start by mapping some of the current debates engaging with the pros and cons of the global implementation of the concept (the controversy about master categories, the dispute about the centrality of ‘race’, and the argument about the amendment of categories). I will then turn to my own use of ‘intersectionality’ as a methodological tool (elaborated in Lutz and Davis 2005). Here, we shifted attention from how structures of racism, class discrimination and sexism determine individuals’ identities and practices to how individuals ongoingly and flexibly negotiate their multiple and converging identities in the context of everyday life. Introducing the term doing intersectionality we explored how individuals creatively and often in surprising ways draw upon various aspects of their multiple identities as a resource to gain control over their lives.
In my paper I will show how ‘gender’ or ‘ethnicity’ are invariably linked to structures of domination, but can also mobilize or deconstruct disempowering discourses, even undermine and transform oppressive practices.
ichere Gesellschaften fordern immer mehr Sicherheit. Der Staat, traditionell verantwortlich für die Sicherheitsgewährleistung, gerät dadurch an die Grenzen seiner Steuerungsfähigkeit. In Zeiten globaler Risiken ist er allein schon durch seine territoriale Begrenztheit in seinen Kapazitäten überfordert, die wachsenden Sicherheitsbedürfnisse seiner vielfach verunsicherten Bevölkerung vollständig zu befriedigen. Gleichwohl machen politische Entscheidungsträger immer größere Sicherheitsversprechen, die ihr Verwaltungsapparat in Zeiten begrenzter Haushaltsbudgets kaum mehr einzulösen vermag. Damit befindet sich der Staat in einer paradoxen Situation. Je mehr Sicherheit er bereitstellt, desto weitgehender werden die gesellschaftlichen Sicherheitsanforderungen und desto weniger ist er selber in der Lage, diese zu befriedigen. Der Staat wird zum Opfer seines eigenen Erfolgs. Dies ist einer der Haupteffekte des Wandels der Sicherheitskultur. Dieser Beitrag, der als Einleitung zum zweiten Projektband konzipiert ist, geht auf die Folgen dieses Wandels für die Sicherheitspolitik nach und geht dabei insbesondere auf innenpolitische Faktoren von Sicherheitspolitik ein. In diesem Zusammenhang kommt der Kommunikation von Gefahr und Sicherheit und dem Zusammenwirken von Laien- und Expertenwissen im Rahmen einer demokratischen Sicherheitspolitik eine zentrale Rolle zu.