Refine
Year of publication
Document Type
- Article (403)
- Working Paper (402)
- Review (260)
- Conference Proceeding (119)
- Part of Periodical (61)
- Part of a Book (58)
- Book (55)
- Contribution to a Periodical (41)
- Doctoral Thesis (39)
- Report (14)
Language
- German (1036)
- English (389)
- Italian (13)
- French (8)
- Multiple languages (8)
- Portuguese (5)
- Spanish (3)
- mis (1)
- Polish (1)
Is part of the Bibliography
- no (1464)
Keywords
- Deutschland (72)
- Aktienrecht (17)
- Kapitalmarktrecht (16)
- Börsenrecht (12)
- Coronavirus (12)
- Corporate Governance (12)
- Börsenordnung (11)
- USA (11)
- Urheberrecht (11)
- Democracy (10)
Institute
- Rechtswissenschaft (1464) (remove)
"Ci-ce-ro! Ci-ce-ro!"
(2007)
"Journalistisch" ist ein Prädikat, das, wenn es von seriösen deutschen Wissenschaftlern verliehen wird, einen abfälligen, geringschätzigen, wenn nicht sogar hochnäsigen Klang hat. "Flotte Schreibe", die jede noch so gediegene Tageszeitung von ihren Autoren erwarten darf oder erwarten sollte, ist, wenn sie einem Habilitanden im Gutachten attestiert wird, ein fast schon tödliches Verdikt. Je flotter, desto näher rückt der Schreiberling dem Urteil, das Theodor Mommsen schon über Cicero verhängte: "eine Journalistennatur im schlechtesten Sinn des Wortes …" Um nicht in den Abgrund solcher Verdammung zu fallen, bewegen sich Historiker in Zeiten, die trotz allem "Sichtbarkeit" verlangen, zuweilen auf einem Schleichpfad: Sie schreiben Biographien und Sammelbände mit Biographien. Da darf man ein bisschen flott und populär und journalistisch sein. Weil ja große Männer im Grunde genau so menschlich sind, wie es die Julia in Lore-Romanen ist. ...
Was kann einem die Sicherheit verschaffen, vom Besonderen und nicht vom Sonderlichen auf das Allgemeine zu schließen? Da tat sich nach 1990 ein Aktenfund im Holzkeller eines vormaligen DDR-Gerichts auf; aber kann man mit Verfahrensakten eines Kreisgerichts (KG) eine Justizgeschichte für das ganze Land schreiben? Es blieb allerdings nicht bei den Verfahrensakten und auch Generalakten des KG "Lüritz". ...
Jon Elster hat sich in der rational choice-Theorie durch Studien zu Selbstbindungstechniken als Absicherung gegen Irrationalitäten im Entscheidungsprozess einen Namen gemacht. Passend zu diesem Theoriehintergrund untersucht Elster in seinem Buch "Die Akten schließen" Entscheidungsmöglichkeiten nationaler Gesellschaften, mit dem Irrationalen umzugehen und gesellschaftliche Umbrüche zu bearbeiten. Elster geht es darum zu zeigen, dass die Art und Weise, wie Gesellschaften ihre offenen Rechnungen nach Regimewechseln begleichen, höchst unterschiedlich ist. Darum trägt er unterschiedliche Formen der "Vergangenheitsbewältigung" zusammen und setzt sie miteinander in Bezug. ...
Im seinerzeit in ganz Europa für seine Kriminologie berühmten Graz gründete sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine neue Teildisziplin. Diese schaffte es 1927 zu einer eigenen Untersuchungsstelle, an der Theorien entworfen und Praktiken erprobt wurden, denn nebenan befand sich eine Männerstrafanstalt. Studenten und Professoren traktierten die Insassen mit Untersuchungsbögen, anhand derer Persönlichkeitsprofile erstellt und Rückfälligkeitsprognosen ausgesprochen wurden. Der Grazer Historiker Christian Bachhiesl verfolgt anhand dieses kleinen Faches eine große Frage. Das kleine Fach ist die Kriminalbiologie, und die große Frage lautet: Was ist Wissenschaft? ...
Drei wissenschaftshistorische Analysen haben sich in je unterschiedlicher Methodik den Feldern der Kriminologie und der Kriminalistik genähert. Silviana Galassi, Richard F. Wetzell und Peter Becker bieten den überzeugenden Beleg dafür, dass die Analyse der Kriminalität und ihrer gesellschaftlichen Verarbeitung weder den Kriminologen noch den Strafrechtlern allein überlassen werden darf. Die historischen Forschungsarbeiten zwingen die traditionelle Kriminologie und die normative Strafrechtswissenschaft zur Kenntnisnahme, dass die Wissenschaftsrichtung "Kriminologie" (Entstehungsbedingungen und Verarbeitung von Kriminalität) und schon gar die "Kriminalistik" (polizeiliche Tatnachweistechnologien) seit jeher im Ordnungsdienst des Staates stehen und – jedenfalls in den zugrunde gelegten Untersuchungszeiträumen – nicht den Anspruch selbst bestimmter Wissenschaft erfüllen. ...
Die Konsequenzen eines unzulässigen Erwerbs eigener Aktien auf ein Rechtsgeschäft zwischen zwei Handelspartnern sind hinreichend bekannt. Die Einführung einer zentralen Gegenpartei hat jedoch zu grundlegenden Veränderungen der Vertrags- und Abwicklungsstruktur im Börsenhandel geführt. Ein wirtschaftlich einheitlicher Kauf wird juristisch aufgeteilt in zwei Rechtsgeschäfte mit der CCP. Der folgende Beitrag zeigt, wie sich ein unzulässiger Erwerb eigener Aktien in diesem System auswirkt und welche Risiken für den zentralen Kontrahenten damit einhergehen.
Der DSGV hat, mit Unterstützung weiterer Verbände, einen Vorstoß zur Deregulierung des Depotstimmrechts vorgelegt. Erteilt der Aktionär dem Depotinstitut keine Weisung, wie dieses in der HV abstimmen soll, dann soll es künftig verpflichtet sein, den Vorschlägen der Verwaltung (Vorstand und Aufsichtsrat) zu folgen, sofern ihm hierfür eine entsprechende Dauervollmacht des Aktionärs vorliegt. Dem Vorschlag sollte in seiner gegenwärtigen Form nicht gefolgt werden. Er würde voraussichtlich nicht zu einer maßgeblichen Erhöhung der Präsenzen führen. Rechtspolitisch bedenklich erscheint, daß die Depotinstitute sich verpflichten, auf der Basis einer Dauervollmacht mit einer u.U. in den Geschäftsbedingungen versteckten generellen Weisung unbesehen den Verwaltungsvorschlägen zu folgen. Richtig am Vorstoß der Verbände erscheint aber, daß künftig darauf verzichtet werden sollte, daß jedes Depotinstitut, das Stimmrechte von Aktionären vertreten will, entweder selbst Abstimmungsvorschläge erarbeiten oder die Vorschläge eines Zentralinstituts oder Stimmrechtsberaters kostenintensiv prüfen muß. Vielmehr sollte der Gesetzgeber den Depotinstituten ermöglichen, ohne eigene Prüfungspflicht im Vollmachtsformular neben den Vorschlägen der Verwaltung auf die Abstimmungsvorschläge einer anerkannten Aktionärsvereinigung oder eines unabhängigen Stimmrechtsberaters zu verweisen. Dies könnte den Wettbewerb um Aktionärsstimmen beleben und auch dazu beitragen, den Stimmen inländischer Privatanleger auf den Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften wieder stärker Gehör zu verschaffen. Eine solche Vorgabe wäre mit der demnächst umzusetzenden Aktionärsrichtlinie der EU vereinbar. Eine entsprechende Empfehlung, auf die Abstimmungsvorschläge einer anerkannten Aktionärsvereinigung oder eines unabhängigen Stimmrechtsberaters zu verweisen, sollte im Corporate Governance Kodex für Gesellschaften festgelegt werden, die den Aktionären einen Stimmrechtsvertreter benennen.
I. Einführung Der Gesetzgeber hat mit dem am 1. 11. 2005 in Kraft getretenen „Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)“ eine Reform der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen im Aktienrecht eingeleitet. Diese Reform verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele: Erstens, die beklagten Gesellschaften sollen leichter und schneller als bisher die Eintragung angefochtener Beschlüsse ins Handelsregister erwirken können, wenn dem keine schwerwiegenden Bedenken entgegenstehen. Zweitens, die funktionswidrige Verwendung der Anfechtungsklage und mißbräuchliche Klagen sollen weiter zurückgedrängt, und die nachteilige Entwicklung eines „Klagegewerbes“ soll eingedämmt werden. Drittens, Qualität und Geschwindigkeit landgerichtlicher Entscheidungen in Beschlußmängelprozessen sollen verbessert werden. Eine empirische Studie zu den Auswirkungen des UMAG in der Unternehmens- und Gerichtspraxis in diesem Bereich hat ergeben, daß der Gesetzgeber wichtige Schritte unternommen hat, daß aber nicht alle Ziele erreicht werden konnten, sondern weiterer dringlicher Reformbedarf besteht, der sich im Wesentlichen erst in jüngerer Zeit, nach dem Abschluß der Beratungen zum UMAG, entwickelt und gezeigt hat. Das Bundesministerium der Justiz hat inzwischen angekündigt, daß weitere gesetzliche Maßnahmen vor allem gegen die zunehmende Flut von Beschlußmängelklagen durch Berufskläger erwogen werden sollen. Die nachstehenden Überlegungen wollen zu dieser Diskussion beitragen. Dabei bleiben die – zwar in engem Zusammenhang hiermit stehenden, gleichwohl Spezialfragen betreffenden – Vorschläge des Handelsrechtsausschusses des DAV zur Ausweitung des Spruchverfahrens bei Umwandlung und Sachkapitalerhöhung hier ausgeklammert. ... VII. Zusammenfassung 1. Es sind weitere gesetzliche Maßnahmen gegen die zunehmende Anzahl von Beschlußmängelklagen durch Berufskläger erforderlich. 2. Gegen das Erfordernis eines pauschalen Mindestanteilsbesitzes als Voraussetzung der Anfechtungsklage bestehen rechtliche und praktische Bedenken. 3. Das Freigabeverfahren sollte umgestaltet werden: Bei den materiellen Freigabevoraussetzungen sollte die sog. Interessenabwägungsklausel im Gesetz entsprechend der Regierungsbegründung zum UMAG gefaßt werden, so daß im praktischen Ergebnis die Eintragung eines angefochtenen strukturändernden Beschlusses in aller Regel vorzunehmen ist, wenn nicht im Einzelfall die Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzung dies ausschließt. Das Freigabeverfahren sollte ferner auf eine Instanz beschränkt werden; hierfür sollte die ausschließliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte vorgesehen werden. 4. Die Anreize für Aktionäre, Anfechtungsklagen zu erheben, um sich nicht den Nachteilen - insbesondere der überlangen Dauer - eines Spruchverfahrens aussetzen zu müssen, sollten beseitigt werden.
Die Übertragung von Kapitalmarktpapieren nach dem US-amerikanischen Uniform Commercial Code (UCC)
(2007)
Aus familienpolitischer Sicht war die arbeitsrechtliche Diskussion der vergangenen Jahre von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geprägt. Aber auch eine bessere Kinderbetreuung, beispielsweise in Krippen, hält die vorhergesagte demografische Entwicklung nicht auf. Im Jahr 2050 werden auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter zirka 75 Personen über 60 Jahre kommen, so die Schätzungen. Und schon im Jahre 2020 wird der Anteil der unter 20-Jährigen an der deutschen Bevölkerung wohl nur noch zirka 17 Prozent betragen; Deutschland wird europaweit das Land mit den wenigsten jungen Menschen sein. Damit wird ein anderes Problem immer drängender: Wer betreut und versorgt die alten Menschen? Mit der Zahl der Pflegebedürftigen wird zugleich auch die Zahl derjenigen – zumeist Frauen – steigen, die ihre Berufstätigkeit einschränken oder sogar aufgeben müssen. Doch wie lassen sich Beruf und Altenbetreuung vereinbaren?
Das OLG Hamburg hat kürzlich entschieden, dass in der AG & Co. KG die Mitglieder des Vorstands der Komplementär-AG keinem Wettbewerbsverbot gegenüber der KG unterliegen. Für die Übernahme eines Vorstandsmandats bei dem die Komplementär-AG beherrschenden und mit der KG konkurrierenden Kommanditisten soll daher die Einwilligung des Aufsichtsrats ausreichen. Der Beitrag kommt demgegenüber aufgrund einer kritischen Analyse der Interessenlage und der Argumentation des OLG Hamburg zu dem Ergebnis, dass der Vorstand der Komplementär-AG entsprechend § 112 HGB einem Wettbewerbsverbot gegenüber der KG unterliegt, von dem ihm nur die Gesellschafter der KG Befreiung erteilen können.
Befristete Anstellungsverhältnisse enden, sofern keine andere vertragliche Vereinbarung getroffen wurde, mit Ende der Laufzeit nach § 620 Abs. 1 BGB oder durch außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB. Liegt kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vor, kann allenfalls die erfolglose Abmahnung eine vorzeitige Beendigung des Anstellungsverhältnisses ermöglichen. Es sprechen keine zwingenden Gründe dafür, die Abmahnung nicht auch auf einen Geschäftsführer anzuwenden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG und der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Diese Rechtsprechung bezieht sich nicht auf den hier erörterten Fall der Pflichtverletzung unterhalb der Schwelle des § 626 BGB. Bei der Frage nach der konkreten Anwendung müssen grundsätzlich zwei Fallkonstellationen unterschieden werden: Im ersten Fall, in dem der Geschäftsführer zunächst nach § 38 GmbHG abberufen wurde, sein Anstellungsverhältnis jedoch weiterhin fortbesteht, kann der Geschäftsführer nur dann abgemahnt werden, wenn dieser nach seiner Abberufung gegen eine nachwirkende Pflicht verstößt und diese Pflichtverletzung nicht ausreicht, um ihn gemäß § 626 BGB fristlos zu kündigen. Wird der Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Beendigung seines Organverhältnisses auf eine Stelle unterhalb der Geschäftsführerebene versetzt, findet die Abmahnung nach den allgemeinen Grundsätzen auf zukünftige Pflichtverstöße Anwendung. Wird ein Geschäftsführer trotz einer Pflichtverletzung im Organverhältnis belassen, steht einer Abmahnung ebenfalls kein Hinderungsgrund entgegen. Bei der durch die Abwägung nach § 314 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorgeschriebenen Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zeigt sich, dass das Rechtsinstitut der Abmahnung in der angesprochenen Konstellation ein geeignetes Instrument des Interessenausgleichs darstellt, auf das im Interesse beider Parteien zunächst zurückgegriffen werden sollte.
Mein heutiger Vortrag kann nicht mehr als eine Momentaufnahme der Entwicklungen im europäischen Gesellschaftsrecht bieten. Ich beschränke mich dabei auf die rechtsetzende Tätigkeit der Organe der EU und hier insbesondere auf die Aktivitäten und Pläne der Kommission, blende also die Rechtsprechung des EuGH und die wissenschaftliche Debatte völlig aus.
Wissenschaftler, Unternehmer, Mäzen, NS-Opfer : zur Erinnerung an Arthur von Weinberg (1860 –1943)
(2007)
Im öffentlichen Bewusstsein sind die Brüder Arthur und Carl von Weinberg vielleicht wenig präsent. Aber bei den ehemaligen »Cassellanern«, in der Universität, im »Senckenberg«, im »Städel«, in der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft, bei den Leitern von Zoo oder Palmengarten, auf dem Rennplatz in Niederrad oder im dortigen Golfclub weiß man sehr wohl, wer die Brüder von Weinberg waren. Es gibt auch ausreichend Literatur, in denen ihre Verdienste hervorgehoben werden. Anlässlich der Übergabe des Schreibtischs von Arthur von Weinberg an die Universität sei versucht, die Geschichte der Familie Weinberg, insbesondere die von Arthur von Weinberg, aus fünf verschiedenen Perspektiven wenigstens anzudeuten.
Während in den Vereinten Nationen mit mäßigem Erfolg um eine international akzeptierte Weltpolitik gerungen wird, haben sich in anderen gesellschaftlichen Bereichen längst globale vernetzte Strukturen entwickelt. Ansätze für eine Vielzahl von autonomen Zivilverfassungen, die die Welt umspannen, sind erkennbar – vom »cyberspace « bis zur Weltwirtschaft. Lassen sich mit den Grundsätzen der nationalstaatlichen Verfassungen auch die Herausforderungen angehen, die sich aus den drei aktuellen Trends – Digitalisierung, Privatisierung und globaler Vernetzung – ergeben? Ging es im 18. und 19. Jahrhundert im Nationalstaat darum, die Rechte des Einzelnen gegenüber dem Staat zu stärken und die Politik durch ihre Bindung an das Recht zu disziplinieren, so dreht es sich heute um Freisetzung und Disziplinierung ganz anderer globaler Dynamiken. Der Rechtssoziologe Prof. Dr. Gunther Teubner beschäftigt sich mit der Frage: Kann man die Traditionen der Nationalstaatsverfassung fruchtbar machen und sie zugleich so umdenken, dass sie den neuen Problemlagen gerecht werden?
Normative Ordnungen legitimieren die Entstehung und Ausübung politischer Autorität, sie bilden aber auch die Grundstruktur, nach der Chancen und Lebensgüter in einer Gesellschaft verteilt werden sollen. Sie lassen sich nicht per Dekret unumstößlich fixieren, sondern leben von den dynamischen Impulsen aller Beteiligten. Solche Normen, die innerhalb einer Gesellschaft allgemeine Anerkennung beanspruchen und ihren Niederschlag zum Beispiel in Verfassungen finden können, müssen sich zudem kritisch mit der jeweiligen gesellschaftlichen Realität konfrontieren lassen. Oftmals gehen aus dieser Konfrontation neue Konflikte hervor, die zur Herausbildung einer anderen normativen Ordnung führen können. Wie bilden sich normative Ordnungen, welchen Prozessen sind sie unterworfen? Diese Fragen lassen sich unter ganz verschiedenen Gesichtspunkten betrachten: Man kann nach den ökonomischen Bedingungen fragen, nach dem Einfluss von anderen Faktoren wie den Macht- und Gewaltverhältnissen oder nach überindividuellen Mechanismen, wie sie sich in hochkomplexen Gesellschaften entwickeln und sich beispielsweise in den Eigenrationalitäten des ökonomischen oder des politischen Systems widerspiegeln, die sich unabhängig von den Absichten der Beteiligten selbst regulieren. In dem geplanten Exzellenzcluster »Die Herausbildung normativer Ordnungen« wollen wir unseren Fokus nicht so sehr auf die an diesen Prozessen beteiligten Systeme richten, sondern auf die Perspektive der Personen, die an der Herausbildung normativer Ordnungen beteiligt sind – Politiker, Richter bis zu Ehrenamtlichen bei Umweltgruppen, aber auch Bürger, die ausschließlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen oder sich öffentlich engagieren. Als Akteure haben sie die Erwartung, dass normative Ordnungen ihnen gegenüber gerechtfertigt werden und dass die Rechtfertigungen sie überzeugen können. Solche Erwartungen und die Art und Weise ihrer Erfüllung lassen sich gewiss nicht von jenen anderen Faktoren trennen, aber es wäre genauso falsch, sie nur als oberflächlichen Ausdruck anonymer überindividueller Strukturen zu untersuchen. In den geplanten Projekten des Clusters sollen nicht nur historische Prozesse, sondern auch die gegenwärtigen globalen Konflikte um eine gerechte Weltordnung aus der Perspektive der agierenden Personen beleuchtet werden.
This paper will sketch out some of the developments in European company law as seen from the current moment, which might be referred to as post- 2003 Action Plan, and from my purely personal viewpoint. I will thus restrict myself to presenting the current and expected legislative projects of the EU, with particular focus on the plans and activities of the Commission, and for the moment bracket out both a number of important and interesting decisions of the European Court of Justice and the debates among European legal scholars.
Unerwartete Geschäftszahlen und die daraus resultierende Notwendigkeit der Anpassung von Ergebnisprognosen zeigen sich bereits bei der Vorbereitung der Regelberichterstattung. Damit stellt sich für die Unternehmensleitung die Frage, ob sie solche Insiderinformationen adhoc publizieren muss oder ob sie die Veröffentlichung aufschieben und bis zu dem für die Regelberichterstattung vorgesehenen Termin zuwarten darf. ... Zusammenfassung Ergeben sich bei den Vorbereitungen für die Regelberichterstattung Abweichungen von den Erwartungen an die Geschäftszahlen, die im Falle ihres Bekanntwerdens erheblichen Einfluss auf den Kurs von Insiderpapieren haben können, kann sich der Vorstand des Emittenten vor die Frage gestellt sehen, ob er die Ad-hoc-Veröffentlichung dieser Insiderinformation bis zu dem Zeitpunkt aufschieben darf, der im Finanzkalender für die Regelberichterstattung vorgesehen ist. Jedenfalls dann, wenn der Termin für diese Berichterstattung unmittelbar bevorsteht, überwiegt das Interesse des Emittenten an einem solchen Aufschub regelmäßig das Interesse des Kapitalmarkts an sofortiger Veröffentlichung. Das gilt auch dann, wenn aufgrund der Geschäftszahlen Ergebnisprognosen angepasst werden müssen. Sofern nicht ausnahmsweise eine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist oder Bedenken hinsichtlich der Gewährleistung der Vertraulichkeit der Insiderinformation bestehen, ist der Emittent daher nach § 15 Abs. 3 WpHG bis zu dem für die Regelberichterstattung angekündigten Zeitpunkt von der Pflicht zur Veröffentlichung befreit.
Der vorstehende Beitrag hat untersucht, ob die Praxis, „defensive bids“ in Staatsanleiheauktionen abzugeben oder die Veröffentlichung einer künstlich erhöhten „Bid to Cover-Ratio“ durch die Emittenten von Staatsanleihen sowie ihre „Primary Dealers“ eine verbotene Marktmanipulation im Sinne des § 20 a WpHG darstellen. Das rechtspolitisch wenig überzeugende Ergebnis ist, dass der Emittent und Auslöser dieser Vorgänge – mangels Anwendbarkeit der Norm – nicht gegen das Verbot des § 20 a WpHG verstößt, die privatrechtlich organisierten „Primary Dealers“ – durch die Veröffentlichung der Kennzahl – hingegen durchaus. Inwiefern das aufgezeigte und als Marktmanipulation erkannte Verhalten strafrechtlich sanktioniert werden kann, soll hier nicht erörtert werden, hängt es doch sehr stark vom jeweiligen Einzelfall ab. Der Reputationsschaden, der aus dem Vorwurf der Marktmanipulation entsteht, ist indes nicht zu unterschätzen. Vielleicht gelingt es den „Primary Dealers“ aber gerade deswegen, unter Hinweis auf § 20 a WpHG die Finanzagenturen der Emittenten davon abzuhalten, „defensive bids“ von ihnen einzufordern. Insbesondere der gemeinschaftsrechtliche Hintergrund des Verbots der Marktmanipulation und das Streben nach einem Gleichlauf der Aufsichtspraxis für Marktmanipulationen legen es nahe, dass sich die Aufsichtsbehörden der entsprechenden Emittenten genauer mit den Vorgängen um die Staatsanleiheauktionen befassen. Schließlich besteht auch in Frankreich ein Verbot der Marktmanipulation in Form der Art. L. 465-2 Code monétaire et financier i.V.m. Art. 631-1 Règlement général de l’autorité des marchés financiers (AMF). Darüber hinaus stehen die Anforderungen der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFiD) zur „best practice“ und dem Transparenzgebot zum Schutz der Anleger im Widerspruch zu dem geschilderten Verhalten. Vor diesem Hintergrund sollten weder „defensive bids“ eingefordert noch abgegeben werden. Damit wäre nicht nur den „Primary Dealers“, sondern vor allem dem Markt für Staatsanleihen und den Anlegern gedient.
Die Richtlinie vom 6. September 2006 zur Änderung der Kapitalrichtlinie soll den Mitgliedstaaten erlauben, das bislang geltende Kapitalschutzregime in verschiedenen Bereichen zu liberalisieren. Größerer Freiraum kann danach den betroffenen Unternehmen unter anderem für einen Erwerb eigener Aktien eingeräumt werden. Der nachfolgende Beitrag geht der Frage nach, welcher Gestaltungsspielraum den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der insoweit maßgeblichen Bestimmungen zusteht und welcher Anpassungsbedarf sich für das deutsche Recht ergibt.
Als das Programm der diesjährigen Hamburger Non-Profit-Tage konzipiert wurde, war das Thema „Vereinsrechtsreform“ aktueller denn je. Das Bundesministerium der Justiz hatte am 25. August 2004 einen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vereinsrechts“ vorgelegt, der sich das Ziel gesetzt hatte, „das seit über 100 Jahren im Wesentlichen unveränderte Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) modern zu gestalten, zu vereinfachen und den heutigen Bedürfnissen anzupassen“. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte u. a. das sog. Nebenzweckprivileg in § 21 BGB verankert, die Bestimmung des § 22 BGB über den wirtschaftlichen Verein aufgehoben und die bislang auf die Amtsgerichte und Verwaltungsbehörden verteilte Rechtsformaufsicht über eingetragene Vereine bei den Amtsgerichten konzentriert werden. Ferner sollte § 54 BGB mit der Rechtswirklichkeit in Einklang gebracht und den nichtrechtsfähigen Vereinen auch die aktive Parteifähigkeit zugesprochen werden, die § 50 Abs. 2 ZPO ihnen derzeit noch vorenthält. Obwohl der Referentenentwurf nur ausgewählten Verbänden zur Stellungnahme übersandt wurde, hat er in der Vereinslandschaft für erhebliche Unruhe gesorgt. Im Schrifttum hat er überwiegend ein kritisches Echo gefunden: Der Entwurf sei ein unausgereifter, handwerklich mißlungener „Schnellschuß“ mit „verheerenden Folgen für die Verbände und Vereine“. Er verfehle sein Anliegen, zu mehr Rechtsklarheit im Vereinswesen beizutragen, ignoriere die wirklichen Regelungsprobleme und wirke daher „schon jetzt antiquiert“. Unter dem Eindruck dieser Kritik, aber womöglich auch wegen der über die Jahresmitte bestehenden Ungewißheit über die künftigen politischen Kräfteverhältnisse im Lande hat das Bundesjustizministerium * Inhaber der Juniorprofessur für Zivilrecht mit Schwerpunkt deutsches und europäisches Gesellschaftsrecht an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M. sein Reformprojekt vorerst zurückgestellt. Ob, wann und in welcher Gestalt der Entwurf weiterverfolgt wird, ist derzeit nicht abzusehen. Das Thema „Vereinsrechtsreform“ ist damit jedoch keineswegs erledigt. Wie im folgenden gezeigt werden soll, weist unser in die Jahre gekommenes Vereinsrecht nämlich in der Tat einige rechtspolitisch bedenkliche Defizite auf, die nicht ausschließlich durch Rechtsprechung und Wissenschaft behoben werden können. Diese Defizite sind freilich nicht durchweg dort zu finden, wo das Bundesjustizministerium sie ausgemacht haben will, und deswegen wird es nötig sein, den Blick auf andere Regelungsprobleme auszuweiten, die der Referentenentwurf nicht einmal andeutet. Andererseits wäre es verfrüht, den Entwurf schon jetzt vollständig aus der rechtspolitischen Debatte auszublenden, denn immerhin vermittelt er einen ersten Eindruck davon, wie man sich in Berlin-Mitte ein modernes Vereinsrecht vorstellt. Der Beitrag stellt daher die Änderungsvorschläge des Entwurfs auf den Prüfstand, um sie mit eigenen Reformvorstellungen zu kontrastieren. Er beschränkt sich auf ausgewählte Rechtsfragen rund um die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen.
„Den Aktionären dürfen Zinsen weder zugesagt noch ausgezahlt werden“ (§ 57 Abs. 2 AktG). Uns scheint dieses Zinsverbot heute selbstverständlich und geradezu dem Wesen der Aktie eigen. So heißt es hierzu etwa bei Lutter: „Der Aktionär ist risikotragender Mitunternehmer. Seine Einlage ist nie ein Darlehen im Sinne eines zu verzinsenden Fremdkapitals der AG. „Zinsen“ auf seine Einlagen sind deshalb ein Widerspruch in sich selbst…“. Danach lassen sich Fremdkapital und Eigenkapital zwar nicht so voneinander unterscheiden und daran erkennen, daß der Fremdkapitalgeber immer nur einen gewinnunabhängigen „Zins“, der Eigenkapitalgeber einen Gewinnanteil als Dividende erhält. Denn die Vergütung des Fremdkapitalgebers kann, wie etwa die Zwischenform des partiarischen Darlehens belegt, auch nach dem Gewinn des Schuldnerunternehmens bemessen werden. Zum Wesen der Eigenkapitalfinanzierung dagegen scheint, jedenfalls im Fall der Aktiengesellschaft, das Verbot der gewinnunabhängigen Verzinsung zu gehören. Das Zinsverbot ist heute in leicht veränderter Form auch im europäischen Recht und damit im Recht der Mitgliedstaaten der Union fest verankert und gehört dort zum ehernen Bestand, dessen Änderung jedenfalls derzeit nicht beabsichtigt ist. Ein Blick in die Rechtsgeschichte und auf andere Rechtsordnungen belehrt uns freilich darüber, daß die Zusage von Zinsen auf die Einlagen der Aktionäre nicht immer und überall als unzulässig angesehen wurden und werden. Im deutschen Recht wurden bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Finanzierungstitel „Aktie“ und „Obligation“ terminologisch häufig vermengt, und zwar wohl nicht zuletzt deshalb, weil sich das Verbot, die eingezahlten Einlagen gewinnunabhängig zu verzinsen, erst um diese Zeit in der Gesetzgebung durchgesetzt hat. Aktienzinsen während der Gründungsphase („Bauzinsen“) waren sogar bis zur Umsetzung der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie 1979 zulässig. Die nachstehende Studie zeichnet die historische Entwicklung des Zinsverbots im deutschen Recht nach und entfaltet das eingehend erwogene Für und Wider hierzu.
Ausgelöst durch die Folter im Gefängnis von Abu Graibh, die Folterandrohung durch den damaligen Polizeipräsidenten von Frankfurt/Main und die Neigung (nicht nur) bei Studierenden, Folter nicht immer und überall als Unrecht anzusehen, geht es darum, Schlussfolgerungen aus den sozialpsychologischen Experimenten von Milgram und Zimbardo für die Kriminalwissenschaft zu ziehen und zu zeigen, dass institutionelle Verhältnisse oft kriminogen sind, insbesondere auch deswegen, weil das Unrechtsbewusstsein und damit die Gewissensfunktion geschwächt und gestört wird. Nicht nur Folter, sondern auch viele andere Handlungen werden nicht mehr als Unrecht erkannt.
Das Buch entstand in einem Team, dessen Mitglieder durch einzelne Beiträge und Diskussion zu seiner Entstehung beitrugen: Sabina Bott, Jens Dallmeyer, Jasmin Koçak, Sevim Kurt, Anja Schiemann, Alexander Stein.
Ein juristisches Zeitalter wird besichtigt. Ein Franzose beschreibt und analysiert die Geschichte des bedeutsamen deutschen juristischen 19. Jahrhunderts, das im Allgemeinen vorrangig als ein Jahrhundert der Rechtswissenschaft wahrgenommen wird. Jouanjans Beschreibung ist umfassender angelegt, geschieht mit großer Sorgfalt, kenntnisreich und mit kritischer Sympathie, "comme on lit des romans policiers". Das ist aus der Sicht deutscher puristischer Wissenschaftsbetrachtung ein ungewöhnliches Vorgehen und macht auf eine Untersuchung der Geschichte der deutschen juristischen Denk- und Gedankenwelt des vorletzten Jahrhunderts neugierig. In Analogie zum "roman policier" betrachtet Jouanjan die Geschichte des Denkens im Verhältnis von Opfern und Tätern, in Lebensläufen und Schicksalen, Fallen und Befreiungen, guten und schlechten Detektiven, im Streit der Theorien, Rechtfertigungen und Metatheorien, im Waffenarsenal der Ideen und Begrifflichkeiten. Mit diesem detektivischen Interesse beobachtet er die juristische Gedanken- und Vorstellungswelt, d. h. Normpyramiden, Person, Gesetz, Rechtsorganismus, – in fast poetischer Metapher gesagt – den "ciel étoilé des concepts" im Spiegel von Geschichte und Philosophie, kurz: "l’institution imaginaire du droit" mitsamt der Mythologisierung des "juristischen Logos". So ist dieses Buch auch gegen den Hochmut der Positivisten und einer reinen Praxis gerichtet, die sich glaubt selbst genügen zu können. Diesen "Geschichten" im deutschen juristischen Denken des 19. Jh. gilt das Interesse des Verfassers. Folgerichtig werden Privatrecht und öffentliches Recht gleichermaßen behandelt, indem die Wegstrecke von der Historischen Rechtsschule Savignys bis zu Georg Jellinek – beide könnten auch den Untertitel abgeben – abgeschritten wird. Jouanjans besonderes Interesse gehört – noch vor Savigny – jedoch Georg Jellinek. Über ihn hat er erst kürzlich eine umfassende Studie veröffentlicht. ...
Eine echte rechtshistorische Überraschung legt Karl Kroeschell vor – die erste Landesrechtsgeschichte seit rund hundert Jahren, sieht man von der etwas anders gelagerten Schweizer Literatur ab. Folgt Kroeschell damit dem jüngeren Historikertrend, mehr auf Regionen als auf Staaten zu blicken? Die Entstehung spricht dagegen. ...
Wie lässt sich ein gemeinsamer Grund formen, der eine heterogene Gesellschaft verfassen kann? Ein Grund für alle. Keiner soll mehr dürfen, sein (haben) als der andere. Seit den Anfängen des Konstitutionalismus gewinnt der Gleichheitssatz an Fahrt und Gerechtigkeit wird nach und nach zu einer An-, Auf- und Abrechnungssache. Wer wem was und wie viel in Rechnung stellt, ist eine Frage, die an der jeweiligen Begründung hängt. Hierum kümmern sich die je befugten Teilsysteme des Rechts- qua Rechenbetriebes, wobei sich die dem Entscheid folgende gefährliche Begründung durch eine "Berechtigkeits"-Buchhaltung ergänzt bzw. – etwa nach dem Wegfall der peinlich gewordenen Schuldfrage im Scheidungsrecht – sogar beinahe ersetzt sieht. Begründungen sind nämlich immer prekär, provozieren den Widerspruch der Gegenseite, anstatt die Wogen zu glätten. ...
Das rhetorische Ensemble
(2006)
Auf dem Tisch liegt die zweite Auflage von Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz (1968) von Claus-Wilhelm Canaris, erschienen Berlin 1983. Die schriftliche Fassung basiert auf einem rhetorischen und mündlichen Ereignis, seinem Habilitationsvortrag. Spuren davon finden sich noch im Text. Das gilt für die Spuren, die Rhetorik immer schon in nicht-mündlichen Texten wie der Schrift hinterlassen hat, also etwa in den Kompositionsregeln und den Regeln des Umgangs mit Figuren und Stil. Die rhetorische Spur findet sich darüber hinaus an herausragenden Stellen in den kurzen Hinweisen und Adressen, die scheinbar außerhalb der eigentlichen Schrift selber stehen. In einem Fall findet sich z. B. in Kursivschrift eine Widmung an den verehrten Lehrer Karl Larenz, in einem anderen erinnert der Autor daran, dass der Vortrag am 20. Juli gehalten wurde. Es sind kurze und knappe Hinweise auf denMoment, an dem ein Jurist eigenständig, zu seinem autonomen System wird und eine eigene Lehrbefugnis erhält. Sie sind noch rhetorisch, weil sie in ihrem Aufspüren von Referenzen an den Lehrer und an historische Daten vollziehen und reflektieren, was sich in solchen Augenblicken geziemt. Sie begegnen einem an der Schwelle des Textes – also kurz bevor man sich auf die sachliche Ordnung des Textes einlässt. An der Schwelle wird die letzte Gelegenheit ergriffen, dem Text eine genealogische Adresse zu verleihen. Es sind (um selbst rhetorisch zu werden) letzte Tankstellen vor der Autobahn. Sie markieren keine Systembrüche, sie markieren den Eingang in den Text, der sich in einer rhetorischen Transmission positioniert. In der Architektur der Argumentationsführung sind diese Stellen der Bogen, der durchschritten wird, unmittelbar bevor die Lektüre beginnt – oder mit denen die Lektüre beginnt. Das hängt schon davon ab, wie man Rhetorik vom System abgrenzt. ...
Als allererste synthetische Darstellung der vollständigen Rechts- und Verfassungsgeschichte Osteuropas stellt Küppers Buch eine beachtenswerte Leistung dar, deren Stärke eine getreue Schilderung rechtshistorischer Fakten bildet. Hin und wieder gelingen Küpper aber auch tiefschürfende, obgleich nicht immer ganz neue, analytische Einsichten, etwa dass Ostmitteleuropas bis heute nachwirkende Rückständigkeit auf den sogenannten zweiten Feudalismus zurückgehe, in dessen Folge Böhmen, Ungarn und Polen im 16. – 18. Jahrhundert in verschiedenem Maße ihre Unabhängigkeit eingebüßt haben (24 f.). Die daraus entstandene "Staats- und Rechtsferne der Bevölkerung" gelte erst recht für das ein halbes Jahrtausend lang von den Osmanen beherrschte Südosteuropa (27), dem Küpper außerdem in der nachfolgenden Nationalstaatenperiode des 19. Jahrhunderts das starke Auseinanderklaffen des Modernisierten in den Städten und des Alten auf dem Lande treffend attestiert (368, 397). ...
Es ist eine besondere Pointe der Theorieschöpfung Thomas S. Kuhns, dass man im Wissenschaftsdiskurs nach schnellem Abschied vom "Fortschrittsdenken" nunmehr in den "Paradigmenwechsel" geradezu vernarrt zu sein scheint – fast täglich kippen die Paradigmen wie die Pappkameraden, Paradigmenwechsel ist immer und überall. ...
Alter im Recht
(2006)
"Die Menschen jedoch vor dem fünfundfünfzigsten oder sechzigsten Lebensjahr in den Ruhestand zu schicken, scheint mir nicht allzu sinnvoll. Ich fände es im öffentlichen Interesse besser, die Dauer unsrer beruflichen Tätigkeit soweit wie nur irgend möglich zu verlängern. Den Fehler macht man meines Erachtens am anderen Ende: indem man uns nicht früh genug tätig werden lässt. … Ich beklage mich hier also nicht deswegen über die Gesetze, weil sie uns zu lange zur Arbeit anhalten, sondern weil sie uns zu lange davon abhalten."
Wer könnte das gesagt haben? Der Satz, der Assoziationen an einen Politiker oder Arbeitsmarktexperten unserer Tage weckt, stammt von Michel de Montaigne. "Über das Alter" lautet der Titel des Essais aus dem Jahr 1580. Der institutionalisierte Lebenslauf, der mit Hilfe von Altersgrenzen, altersspezifischen Normierungen und staatlichen Altersversorgungssystemen das Erwerbsleben zur zentralen Lebensphase macht, wird hier bereits angedeutet. Die im Laufe seiner Etablierung ab 1750 geschaffenen Lebensphasen der Jugend und des Ruhestands werden bei Montaigne dagegen nur ansatzweise als rechtlich schützenswert gedacht. ...
Die Geschichte des Alters ist jung, jünger als die Geschichte der Jugend. Die historische Betrachtung einer Lebensphase hat Konjunkturen, die den gesellschaftlichen und demographischen Entwicklungen folgen. Stand die Geschichte der Jugend lange unter dem Vorzeichen einer als hochpolitisch begriffenen Generation vor und nach 1968, so wurden die gleichen geburtenstarken Jahrgänge in letzter Zeit eher als die erste konsumfreundlich alternde Kohorte ("best agers") von Werbefachleuten in den Blick genommen. Vor allem die demographische Entwicklung westeuropäischer Gesellschaften steht nun Pate für die Konjunktur der sozialgeschichtlichen Forschung zum Alter. Zwei methodische Ansätze können unterschieden werden. Ein Breitbandansatz sammelt Bilder, Märchen und Fabeln, betrachtet Theaterstücke und Bauernschwänke, vertieft sich in wichtige geistesgeschichtliche Dokumente und betrachtet die ökonomische Situation älterer Menschen. So entstehen oft reich bebilderte Werke wie etwa die Geschichte des Alters von Peter Borscheid oder die Kulturgeschichte des Alters von Pat Thane. Nach der Lektüre hat man einen guten Eindruck von der Aufladung der Altersbilder durch biblische Mahnungen, den immer wiederkehrenden Stereotypen von Weisheit und Verfall und den Auseinandersetzungen zwischen den Generationen. ...
Es ist wirklich nicht zum Lachen: ernsthaft aussehende Männer, bärtig, dunkel. Fundamentalisten nennt man sie, im Westen, und eine fundamentale Anspruchshaltung haben sie in der Tat. Der Mitgründer der Islamischen Heilsfront, der "Großinquisitor" oder auch "algerischer Savonarola" genannte Ali Benhadj, hat es nach seiner Entlassung aus langjähriger Haft in Algier klar gesagt: "Da wir ein muselmanisches Volk sind, kann es bei uns keinen Widerspruch geben wie im Westen. Der Koran ist die höchste Referenz … Die Leute des Buches – die Christen und die Juden – dürfen in der muselmanischen Gesellschaft ihre Religion praktizieren. Aber wir sind gegen diejenigen unter ihnen, die sich unter Ausnutzung der Schwäche der Unwissenden in Kämpfer verwandeln und Muslime konvertieren … Das sind Spione und Geheimagenten" (Interview Le Monde vom 4. April 2006). Widerspruch zwecklos. Ali Benhadj trägt keinen Bart. ...
Pourquoi Legendre?
(2006)
Das ist noch vornehm formuliert. Kommt man hierzulande auf Pierre Legendre zu sprechen, dann fallen die Kommentare von Verwaltungsrechtlern und Rechtshistorikern, also den Fachkollegen des französischen Gelehrten, drastisch aus. Vornehme Zurückhaltung wird kaum geübt, gefragt wird auch nicht, das Urteil steht fest: eine besonders spinnerte Spielart von French Theory. Man kennt das Verurteilungsspiel, meist sind Franzosen Objekte des Insults: Foucault – ein nihilistischer Phantast; Derrida – der Verderber unserer Jugend; Baudrillard – der Weltauflöser. Natürlich sind dies nicht die Urteile der modebewussten Intellektuellenschickeria, sondern des deutschen Normalprofessors, bei dem allenfalls der eher bodenständige, nachgerade empiristische Bourdieu durchgehen mag. ...
Luciano Canforas Buch "La democrazia. Storia di un’ideologia" ist in Deutschland bereits wegen seines Titels in Misskredit geraten. Demokratie als "Geschichte einer Ideologie" zu präsentieren, deute – so die FAZ vom 21. November 2005 – auf ein "Pamphlet" hin, denn die Demokratie sei, zumindest nach "unserer Alltagswahrnehmung", gerade der "Sieg über alle Ideologien". Weil Canfora den ideellen Stellenwert der Demokratie unserer Alltagswahrnehmung ganz offensichtlich nicht anzupassen gedenkt und die Begriffe Freiheit, Demokratie, Diktatur in einem eigenwilligen historischen Kontext interpretiert, hat sich der Verlag C.H. Beck geweigert, seinen mit Canfora abgeschlossenen Verlagsvertrag einzuhalten. Eine Vertragsauflösung hat im Rechtsleben durchaus nichts Dramatisches; im vorliegenden Fall bekommt sie allerdings dadurch ein spezifisches Gewicht, dass Canforas Geschichte der Demokratie zur Publikation in der vom französischen Historiker Jacques Le Goff herausgegebenen Reihe "Europa bauen" vorgesehen war und das Buch (in der jeweiligen Landessprache) in Frankreich, Italien, Spanien und England bereits erschienen ist. Ein deutscher Sonderweg also, dieses Mal im Verlagswesen? ...