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Die öffentliche Wahrnehmung und der kulturelle Stellenwert von Comics haben sich im deutschsprachigen Raum im vergangenen Jahrzehnt grundlegend gewandelt. Das zeigt auch der Titel dieser Studie, in dem einerseits von "graphischem Erzählen" und andererseits von "Autorencomics" die Rede ist. Comics werden hier also selbstverständlich – und zu Recht – als eine mediale Erscheinungsform von Literatur betrachtet. Mit der Fokussierung auf das Thema Adoleszenz schließt die Arbeit an entsprechende Diskurse in der Kinder- und Jugendliteraturforschung und der Jugendsoziologie an, während die transmediale Narratologie als Analysewerkzeug eine Brücke zu literatur- und medienwissenschaftlichen Ansätzen baut. Damit ist das interdisziplinäre Feld umrissen, in welchem die Dissertation von Felix Giesa verortet ist. ...
Mit subtilen Analysen literarischer Texte bietet die Aufsatzsammlung einen fulminanten Einblick in verschiedene Gegenstände der Kinderund Jugendliteraturforschung. Im Nachhinein wurde die Publikation, die anlässlich der Emeritierung von Otto Brunken sein Wirken würdigen sollte, zu einem Nachruf. Am 30. März 2017 starb der ausgewiesene Forscher. Nun ist diese Festschrift auch Anlass, über die wissenschaftlichen Gegenstände nachzudenken, die Otto Brunken mit Weitblick und Akribie ins Zentrum seiner Forschungen gerückt hat und damit einen wesentlichen Impuls vermittelte, unübersehbare Einseitigkeiten der literaturwissenschaftlichen und literaturdidaktischen Zuwendungen zur Kinder- und Jugendliteratur und ihrer medialen Kontexte zu erkennen und neue Zugänge zu wagen. ...
Öffentliche Diskussionen über Kinder- und Jugendliteratur sind spätestens seit 2013 maß- geblich von der Debatte um eine diskriminierungsfreie Sprache geprägt. Diese entzündete sich an der Praxis des redaktionellen Veränderns von Kinderbüchern, die gemeinhin als "Klassiker" wahrgenommen werden. Differenzierte Wortmeldungen waren selten, argumentiert wurde eher aufgrund persönlicher bzw. generationaler Erfahrungen, und so glitten viele Beiträge in Polemik ab, die in Denis Schecks "Blackfacing" ihren Höhepunkt fand. Eine wissenschaftliche Publikation zu diesem Thema war längst überfällig. ...
Es ist sinnvoll, sich zu vergegenwärtigen, dass die Geschichte der Kinderliteratur eng mit der Pädagogik und der Schule als Vermittlerin verbunden war, in besonderer Weise seit der Epoche der Aufklärung. So meint der Begriff "Schulbücher" ein breites Spektrum, das sich aus wachsendem öffentlichen und staatlichen Interesse an einer bildenden Wirkung durch Bücher auf SchülerInnen und Lehrpersonen entwickelt hat. Der Band dokumentiert Vorträge der Jahrestagung 2012 des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Bibliotheks-, Buch- und Mediengeschichte. Es geht um Fibeln, Lernbücher für Kinder, Lesebücher über die zunehmenden Wissensbereiche, die Morallehre, Kinderbibeln – vieles auch an Erwachsene adressiert; dazu kommen methodische Handreichungen und pädagogische Abhandlungen, die bis in Gelehrtenkreise hineinwirkten. Der erkennbare Bildungsaufbruch seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ist der Beginn des bis in unsere Gegenwart reichenden Bemühens um Bildung durch Bücher. ...
Narrative Delikatessen stellt den Auftakt der Schriftenreihe für Kulturökologie und Literaturdidaktik dar, die das Ziel verfolgt, Forschung zu präsentieren, die sich mit Motiven und Inhalten im Kontext von Kulturökologie auseinandersetzt, wobei interdisziplinär und anwendungsorientiert vorgegangen werden soll.
Diese Intention wird ausgezeichnet umgesetzt: Als Grundlagen für die Untersuchungen kommen u. a Gender Studies, Raumtheorie, Ethik, Erzähltheorie und Spieltheorie zum Einsatz. Mit Kochbuch, Tugendlehre, dramatischer Inszenierung, Roman und TV-Serie werden zahlreiche Genres, die mit unterschiedlichen narrativen Mitteln arbeiten, aufgegriffen. ...
In ihrer Dissertation nimmt Margarete Hopp 287 Bilderbücher zu den Themen Sterben, Tod und Trauer in den Blick, die zwischen 1946 und 2011 in Westdeutschland erschienen sind. Das Korpus besteht aus Sach- und Tierbilderbüchern, realistischen, fantastischen sowie märchenhaften Bilderbüchern. Nur zehn der insgesamt 287 Texte stammen aus der Zeitspanne zwischen 1946 und 1971, d. h. der Zeit vor dem kinderliterarischen Paradigmenwechsel. ...
Die vorliegende Werkbiographie Mira Lobes ist Ergebnis eines Forschungsprojekts am Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie in Wien. Daraus entstanden eine Ausstellung im Jahre 2014/15 mit dem Titel "Ich bin ich. Mira Lobe und Susi Weigel" anlässlich des hundertsten Geburtstags der Schriftstellerin, die der Verfasser mitkuratiert hat. Seine Forschungen wurden 2014 als Dissertation in Wien vorgelegt. Es ist die erste umfassende Darstellung zu Leben und Werk der erfolgreichen und kanonisierten Autorin, vermag über den Blick auf die Einzelperson hinaus außerdem wichtige Erkenntnisse über das kinderliterarische Leben in Österreich seit den 1950er Jahren zu vermitteln. Denn neben den Ausführungen zu Mira Lobe selbst berücksichtigt Huemer eine Vielzahl anderer Aspekte: die Publikationswege Lobes, die Verlagslandschaft, die IllustratorInnen ihrer Bücher wie auch zum Teil die Rezeption der Werke. Dies alles wurde erreicht durch eine akribische Auswertung des recht verstreuten Nachlasses sowie durch zahlreiche Interviews mit noch lebenden Weggefährten, die eine wichtige Rolle im Leben der Autorin gespielt haben. ...
Dass sich jemand nach 17 Büchern und 20 Jahren Schreib- und Übersetzertätigkeit noch einmal derart steigern kann, hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich habe Anders (2014), Andreas Steinhöfels vorläufig letztes Buch, mit so viel Spannung gelesen, dass es mir immer noch ein Rätsel ist, wie es ihm gelingt, die LeserInnen so nah an seinen Protagonisten heranzuführen. Was diesen Anders jedoch in seinem tiefsten Inneren bewegt, ist ein Geheimnis, das ihn sichtlich bedrückt und das er trotz größter Anstrengungen nicht entschlüsseln kann. Manchmal scheint er ganz nah dran, aber ein neunmonatiges Koma, in das Anders nach einem Unfall gefallen ist, hat alles verwischt, und er leidet darunter. ...
Die Kinder- und Jugendliteratur seit der Jahrtausendwende zeichnet sich durch ein Vielfalt an Genderpositionen aus und entspricht so der aktuellen Debatte um LGBT. Das Spektrum um Gender wird erweitert und bestehende Dichotomien aufgelöst. Zu Recht bemerken die Herausgeberinnen bereits in der Einleitung, dass queere ProtagonistInnen der aktuellen Kinderund Jugendliteratur zunehmend in "alltäglichen Settings" auftreten und sich nicht nur in problemorientierten Kinder- oder Jugendromanen finden. Hinzu kommen Inszenierungen in fantastischen und dystopischen Jugendromanen. Aber trotz dieser Veränderungen existieren nach wie vor auch glitzernde Bücher für Mädchen und heldenhafte Fußballbücher für Jungen. Diesem "gender-trouble" widmet sich der vorliegende Sammelband, der von Petra Josting, Caroline Roeder und Ute Dettmar herausgegeben wurde, die aktuelle Genderdebatte in Kinder- und Jugendliteratur vorstellt und für die Kinder- und Jugendliteraturforschung fruchtbar macht. ...
Tiere haben als Gegenstand gerade der Kinderund Jugendliteratur ihre eigene Geschichte, und so verwundert es nicht, wenn dies gegenwärtig, in einer Zeit des Klimawandel- und Umweltdiskurses, in hohem Maße und unter ganz spezifischen Gesichtspunkten der Fall ist. Der Fokus liegt dabei offensichtlich auf Insekten als relevanten Indikatoren für die Veränderungen in der Natur, und hier wiederum sind es die Bienen, deren Präsenz in Meldungen, Berichten, literarischen Darstellungen und Medien auffällt. Umweltaktionen und Ausstellungen wie »Summende Staatenbauer und pikende Plagegeister« in der Internationalen Jugendbibliothek 2018, in der ebenfalls die Bienen einen Schwerpunkt bilden, komplettieren dieses Szenarium. Bernhard Viels Biographie über Waldemar Bonsels trägt sinnigerweise den metaphorischen Obertitel Der Honigsammler (2015; siehe dazu die Rezension auf S. 187). ...
J ugendliteratur entsteht und besteht im Kontext von Jugendkultur, bildet diese ab, formt sie, um über sie zu reflektieren, und prägt sie dabei wechselwirkend mit. Das Programm des Bandes, jugendliterarische Texte mit Fokus auf ihre Bezüge zu den sich wandelnden Jugendkulturen im 21. Jahrhundert zu untersuchen, ist deshalb durchaus sinnvoll und bietet fruchtbare Anschlussmöglichkeiten für wissenschaftliche Fachdiskussionen. Der interdisziplinäre Zugriff nimmt dabei nicht nur die beschriebenen Wechselwirkungen in den Blick, sondern widmet sich der Jugend auch als literatur- und medienübergreifendem Darstellungsgegenstand. ...
Der Sammelband, der das innovative Konzept verfolgt, Beiträge von Studierenden mit denen von namhaften Fachwissenschaftlern zu vereinen, vesucht den Brückenschlag, "die bisher dominante Rezeption Endes als Schriftsteller" weiterzuverfolgen und dabei die mediale Aneignung in der Populärkultur zu fokussieren. Insgesamt werden somit die Felder des Biographischen, der Intertextualität und der Philosophie mit Blick auf die unterschiedlichen medialen Umsetzungen von Endes Œuvre betrachtet. In seiner Einführung zu Endes Leben konstatiert Tobias Kurwinkel, dass Ende weit mehr als nur der Autor seiner vielfach adaptierten Werke ist, sondern auch selbst als Filmkritiker und Drehbuchautor gearbeitet hat, und begründet dadurch plausibel den intermedialen Ansatz dieses Bandes. Susanne Kröber geht in ihrem bislang unveröffentlichten, leicht provokativen Interview mit Ende der Frage nach, ob der Wunschpunsch (1989) ein resignatives Konzept von Menschheit verfolge. ...
UTB-Bände können unterschiedlich gut geeignet sein für den Einsatz in Universitäts-Seminaren. Ein vorbildliches Werk war der Band Kinderund Jugendliteratur (2010) von Gina Weinkauff und Gabriele von Glasenapp. Der Band Bilderbuchanalyse von Tobias Kurwinkel lässt sich an diesem Vorbild messen, auch er tritt mit dem Anspruch an, ein »Grundlagenwerk« für »Lehrveranstaltungen« für »Lehramtsstudierende der Fächer Deutsch und Kunst« (11) zum Thema Bilderbuch anzubieten. Der in der Szene auch als Chefredakteur des Internetportals KinderundJugendmedien.de bekannte Verfasser leitet als Universitätslektor für Germanistische Literaturwissenschaft den Arbeitsbereich Kinder- und Jugendliteratur sowie Kinder- und Jugendmedien am Fachbereich 10 der Universität Bremen und ist Ko-Leiter des Bremer Instituts für Bilderbuchforschung (BIBF). ...
Die großen Wanderungsbewegungen unserer Zeit bringen nicht nur politische Integrationsfragen in stärkerem Maß als je zuvor mit sich. Auch die damit verbundene Durchmischung der Kulturen und Religionen fordert intensivere Aufmerksamkeit sowohl im tagesaktuellen wie im akademischen Bereich. So trifft das vorliegende Werk Kindertora – Kinderbibel – Kinderkoran. Neue Chancen für (inter-)religiöses Lernen genau ins Herz der aktuellen Fragestellungen zur Thematik des religiösen Miteinanders – und zwar sowohl das Genre als solches betreffend wie auch die diversen praxisorientierten Ansätze einbeziehend. In seiner Herangehensweise an das Thema stellt sich das Werk tatsächlich als Novum dar. Denn: »Erstmals in der Geschichte der drei monotheistischen Weltreligionen liegen speziell für Kinder und Jugendliche konzipierte Ausgaben von Tora, Bibel und Koran vor« (Rückseitentext). ...
Gillian Lathey ist eine ausgewiesene Expertin, was Forschung zur Übersetzung von Kinderliteratur angeht. Davon zeugen ihre Untersuchung The Role of Translators in Children’s Literature (2010) und der von ihr herausgegebene Sammelband The Translation of Children’s Literature: A Reader (2006). Außerdem genießt die Reihe Translation Practices Explained, in der die neue Arbeit der Autorin erschienen ist, unter DozentInnen und PraktikerInnen in der Translatologie einen sehr guten Ruf. Das Buch weckt also Erwartungen, und es enttäuscht sie nicht: Es bietet eine vorzügliche Mischung aus Fachkenntnis, Belesenheit und wissenschaftlich-didaktischer Kreativität. ...
Der Sammelband gibt einen breit gefächerten, diachronen Überblick über potenzielle Klassiker des Kinder- und Jugendfilms. Dieser setzt im Jahr 1901 mit dem nahezu vergessenen Science-Fiction-Film Die Reise zum Mond ein und endet im Jahr 2014 mit dem Film Rico, Oskar und die Tieferschatten nach dem gleichnamigen Roman von Andreas Steinhöfel aus dem Jahr 2008. Die Beiträge schließen stringent an den von Anita Schilcher und Claudia Pecher herausgegebenen zweiteiligen Sammelband Klassiker der internationalen Kinder- und Jugendliteratur (2012) an und basieren auf Vorträgen einer Ringvorlesung der Universität Augsburg im Jahr 2015. Als zentral für die Begriffsbestimmung erweist sich der erste Beitrag von Ulf Abraham, der den viel diskutierten und strapazierten Klassikerbegriff auf den Film zuschneidet. So wählt er einen deskriptiven Ansatz bei der Bestimmung des Klassikerstatus und unterscheidet zwischen innertextuellen (Inhalt und Form) und außertextuellen (Rezeption und Tradierung) Kriterien. ...
Entstanden ist das erste Jahrbuch der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. laut Präsidentin Claudia Maria Pecher aus zwei Gründen. Zum einen feierte die Akademie 2016 ihr vierzigjähriges Jubiläum und zum anderen sollte die Lücke geschlossen werden, die mit der Einstellung des Volkacher Boten. Zeitschrift für Kinderund Jugendliteratur entstanden ist. Die vorliegende Ausgabe basiert vor allem auf Beiträgen und Berichten der Jahrestagung zum Thema "Literarisch-kulturelle Begegnungen mit dem Judentum – heute", die, geleitet von Gabriele von Glasenapp, am 23./24. April 2015 stattfand. ...
Diskussionen um Kinderliteratur haben in vielfältiger Weise mit Ethik zu tun: In vielen kinderliterarischen Texten geht es um den Gegensatz zwischen ›gut‹ und ›böse‹; viele Bücher für Kinder dienen der moralischen Unterweisung, das heißt dem Zweck, Kindern das ›richtige‹ Verständnis von Gut und Böse zu vermitteln, und schließlich verspüren manche Kinderliteratur-Kritiker eine ethische Verpflichtung, kinderliterarische Texte auf ihre moralische (und politische) Korrektheit zu überprüfen. ...