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Die normative Assoziierung von Technikfolgenabschätzung (TA) mit der Habermas‘schen deliberativen Demokratietheorie ist weit verbreitet; eine tiefere Auseinandersetzung mit alternativen Demokratieverständnissen bleibt allerdings weitestgehend aus. Daher regt dieser Beitrag eine grundsätzliche Debatte über die demokratietheoretische Einbettung der TA und ihr Verhältnis zum Politischen an. Aufbauend auf der u. a. in dieser Zeitschrift geführten Diskussion über die (Un)Möglichkeit normativer Neutralität in der TA wird eine weiterführende Kritik am Anspruch der TA auf normative Fundierung hergeleitet. Mit der pluralen und radikalen Demokratietheorie von Laclau und Mouffe werden gesellschaftstheoretische Annahmen der an deliberativer Demokratie orientierten TA hinterfragt, und es wird für eine Politisierung und Pluralisierung der TA argumentiert
Die Frage nach Konflikten zwischen den Rechtskulturen der USA und Deutschlands wirft ein kürzlich erschienener zweisprachiger Sammelband auf. Wer aber so fragt, der fragt nach mehr als Differenz. Er sucht nach Differenz in Interaktion, in der unterschiedliche Geltungsansprüche gleichzeitig erhoben werden. Sonst ginge es um das weniger abenteuerliche Vergleichen eines Nebeneinander. Leider bleibt die Publikation der Bayerischen Amerika-Akademie aber hierbei stehen und streift die emphatische Frage ihres deutschen Titels nur in Einzelbeobachtungen. Der Einfluss des amerikanischen Rechts in vielen internationalen Verträgen – Ausdruck der politischen Hegemonialstellung der USA – und die Dominanz amerikanischer Juristen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit – Ausdruck der wirtschaftlichen Bedeutung der USA – hätten jedoch Anlass gegeben, immunologische Reaktionen an lebenden Rechtskörpern zu studieren. So aber bleibt es bei der In-vitro-Insemination des deutschen Lesers mit Hinweisen darauf, dass und warum die anderen es anders machen (etwa in Beiträgen zur Kriminalprävention von Streng und Kelling oder zum Jugendstrafrecht von Silverman). In letzterem, in kulturhistorischen Erklärungsversuchen des Warum, findet der Band freilich seinen gedanklichen Schwerpunkt und einige interessante Einsichten. Lamento also nach hinten und Lob nach vorne. ...
Am anderen Ende derWelt, in einem argentinischen Städtchen im Bundesstaat Buenos Aires, versetzten die epochalen Ereignisse in Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs den Bürger Dinko Šakić in Entzücken. Fünfzig Jahre nachdem er aus seiner Heimat geflüchtet war, führten die tektonischen Umwälzungen nach dem Ende des Kommunismus und der europäischen Teilung sogar zur staatlichen Verselbständigung seiner einstigen Heimat Kroatien – zu einer jahrzehntelang nicht einmal im Traum denkbaren Entwicklung. Dinko Šakić setzte sich daraufhin öffentlich für seine frühere Heimat ein. Es fiel ihm gar nicht ein, dass ihn seine Vergangenheit einholen könnte. Wahrscheinlich weil er "ein gutes Gewissen" hatte, ein von ihm gern benutzter Ausdruck, oder weil er in der jungen Republik Kroatien eine Art Fortsetzung jenes Staatsgebildes sah, dem er in seiner Jugend "gedient" hatte (auch ein beliebter Ausdruck Šakićs). In der größten lateinamerikanischen Kroatengemeinde in Argentinien gab es wahrscheinlich nichts, was ihn zur Vorsicht hätte mahnen können. Er schien die Öffentlichkeit geradezu gesucht, womöglich sogar eine Anerkennung erwartet zu haben. Bei einem Empfang zu Ehren des kroatischen Präsidenten während dessen Staatsbesuchs in Argentinien wurde Šakić von Journalisten beobachtet, wie er Tudjman nicht von der Seite weichen wollte, was diesen sichtlich irritierte und zu Hause für Empörung sorgte. Šakić, der sich selbst bei mehreren Gelegenheiten als glühenden kroatischen Nationalisten schilderte, weshalb er schon als Jugendlicher Anhänger der Ustascha-Organisation geworden sei, ahnte offensichtlich nicht, dass seine Art der Heimatliebe dort Entsetzen hervorrufen würde. ...
Einmal zu einer Zeit, als der Krieg sich in Bosnien-Herzegowina fortzusetzen begann, bekam ich von einer deutschenWochenzeitung den Auftrag, einen Beitrag über das Profil des Krieg führenden jugoslawischen Personals zu schreiben. Was sind das für Offiziere, die auf Zivilbevölkerung, Städte, Kirchen, Moscheen schießen lassen, ganze Dörfer platt machen und Gegenden entvölkern – muss man sich gefragt haben. Während meiner Jugend war ich vielen Kindern und Jugendlichen begegnet, die aus Offiziersfamilien kamen, und kannte so auch eine Menge Geschichten mit Elementen, die mir als charakteristisch für diese besondere Mentalität erschienen. Aber die Idee, aus solchen erinnerten Erfahrungen so etwas wie ein Täterprofil zu skizzieren, gab ich bald auf. Obwohl es dabei eindeutige Hinweise gab – so war ich mit der Leidenserfahrung einer Schulkameradin vertraut, deren brutaler Vater nach dem Kasernenregiment zu Hause herrschte –, stand keine brauchbare Mentalitätsforschung zusätzlich zur Verfügung, die die eigene Beobachtung hätte untermauern können. Das andere unüberwindbare Problem war, dass es sich bei dieser Gruppe fast ausnahmslos um Serben handelte und eine Generalisierung Gefahr gelaufen wäre, als ethnizistisch einseitig missverstanden zu werden. ...
Wissenschaftliche Literatur über Serbien zählt im Westen zur Mangelware. Auf dem Büchermarkt überwogen bis vor kurzem geschichtliche Abrisse von Journalisten und dilettierenden Historikern. Montenegro ist ein noch seltenerer Gegenstand wissenschaftlicher Geschichtsschreibung. Daher weckt ein Sammelband zur Gesellschafts-, Kultur-, Politik- und Staatsgeschichte, der von einem wissenschaftlichen Institut und ausgewiesenen Kennern der serbischen Geschichte herausgegeben wurde, hohe Erwartungen. ...
Für den Politikwissenschaftler Herfried Münkler ist Solidarität das "Stiefkind der Moralphilosophie, aber auch der Gesellschaftstheorie". Die Sache, so Münkler in dem von Beckert, Eckert, Kohli, Streeck vorzüglich edierten Tagungsband, sei offenbar "nicht sonderlich theoriefähig". So habe Kant, der Philosoph der Französischen Revolution, kurzerhand die Brüderlichkeit aus der Trias Liberté, Egalité, Fraternité entfernt und durch den schnöden Besitzindividualismus der Selbständigkeit substituiert. Genauso in der Theorie der Gesellschaft, in der die Prominenz des Solidaritätsbegriffs bei "Émile Durkheim (…) eine der wenigen Ausnahmen" darstelle. ...
Nach Hause…
(2002)
Wer kennt ihn nicht, den leisen, herzzerreißenden Klagelaut einer displaced person namens E.T.: "nach Hause…". Die übergroßen Augen sehnsuchtsvoll ins Weltall gerichtet, jammert jenes kleine, auf der Erde vergessene, unglückliche Wesen nach seiner Heimat, die fern und den Erdenbewohnern fremd und unbekannt ist – ein Nichtort, der gleichwohl der Ort des Ursprungs, des Zuhauseseins und aller Wehmut ist. ...
Die Welt im Sandkorn zu entdecken gehört seit jeher zu den Sehnsüchten der Historiker. Mit Blick auf das Ganze, das Allgemeine, wird oft das Typische, das Exemplarische bemüht, das man in Einzel- oder Fallstudien einzufangen glaubt. Hinge die Relevanz lokaler Studien von der Prämisse ab, die große Welt im Kleinen finden zu müssen, hätten sie schlechterdings keinerlei Relevanz. So zumindest urteilt Clifford Geertz über entsprechende Studien in der Ethnologie nach dem Modell "Jonesville-ist-die-USA". Der Versuchung eines solchen Modells ist Francisca Loetz in ihrer Heidelberger Habilitationsschrift über frühneuzeitliche Blasphemie am Beispiel Zürcher Gotteslästerer erlegen. In einer Langzeitstudie vom späten 15. bis zum frühen 18. Jahrhundert untersucht Loetz rund 900 dokumentierte Fälle der Wortsünde des Fluchens, Schwörens und Schmähens bei "Gotz schedel", "Gotz bart" oder "Gotz nasa". Delikte, bezüglich derer man im 16. Jahrhundert empfahl, den Angeklagten ein Schloss für ihre Zungen zu schlagen. Die Ergebnisse dieser Studie erfüllen jedoch nicht den erhobenen Anspruch der Repräsentativität für das Westeuropa der frühen Neuzeit. Und sie müssen es auch nicht, denn die Arbeit hat auch ohne diesen Anspruch genug zu bieten. ...
Frösche in Prinzen zu verwandeln, das wär’s doch.Was bislang nurMärchenprinzessinnen zu gelingen schien, traut sich nun auch die neue deutsche Intelligenz zu. In seinem jüngsten Suhrkamp- Bändchen möchte Peter Sloterdijk das tief schlummernde Europa aus seiner »Absence« wachküssen. "Falls Europa erwacht", werde es sich in ein post-imperiales "Reich" der Mitte verwandeln, damit zugleich den zweitausendjährigen Verwandlungsreigen europäischer Imperien überwinden. Sloterdijks Europa-Vision entspringt jedoch keiner neuen Utopievorstellung, vielmehr setzt der Philosoph aus Karlsruhe auf bereits vorhandene, kulturell tief verankerte Potentiale. Gemeint ist die Fähigkeit der Verwandlung, die Kraft der Metamorphose. ...
Nach Hause … [enth.: Olympia – Rom – New York / Michael Kempe ; Athen – Bagdad / Marie Theres Fögen]
(2003)
Geplünderte, rauchende Paläste, umgestürzte Statuen, ausgeweidete Museen – anders als die Ruinen von Bagdad, an die uns der TV-Jahresrückblick Ende 2003 erinnern wird, verweist die nur noch auf Bildern existierende Ruine der New Yorker Twin Towers nicht auf die Folgen eines Krieges, in dem auch das Völkerrecht ruiniert wurde, sondern auf die Folgen eines Terroranschlags, der das einstige stolze Symbol Manhattans in weniger als zwei Stunden in Schutt und Staub verwandelte. ...
So geht es einer Stadt, die Frieden schaffen sollte – selbst, aus eigner Kraft! – und für den Sieg gebetet hat. Als ob es Siege gäbe, wenn die Menschen sterben.
Wer diese Euripides-Verse in der Übertragung von Walter Jens im März 2003 am Vorabend, buchstäblich am Vorabend, eines Krieges gelesen hat, kann sich über den Titel des Buches, in dem sie stehen, nur wundern: "Ferne und Nähe der Antike". Wieso denn "Ferne"? Euripides- Jens ist so nah wie der Krieg nah war. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. ...
Wohl kaum wird der amerikanische "Imperator" den gefangenen "Barbaren von Bagdad" im Triumphwagen durch die Straßen von Washington ziehen lassen, auch wenn sich die publizistische Rhetorik seit den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak mit Vergleichen zwischen dem antiken Rom und dem neuen Amerika förmlich überschlägt. "Sind die Amerikaner die Römer unserer Zeit?", fragt sich als einer unter vielen der Publizist und Althistoriker Peter Bender. Expansionen der alten wie der neuen Imperatoren werden miteinander verglichen, Parallelen und Unterschiede in der geographischen Lage, in den Interessen und Willen der Akteure ausgemacht. So habe bei den Amerikanern der Sendungsglaube als universale Macht schon am Anfang des Imperiums und nicht erst an dessen Ende wie bei den Römern gestanden. Roms Ostkriege und der kalteOst-West-Krieg hingegen zeitigten dasselbe historische Ergebnis: "Davor waren Rom und Amerika die ersten Weltmächte ihrer Zeit, danach waren sie die einzigen." Von "Aufstiegen" ist die Rede, nicht aber von "Untergängen", wie es die zyklischen Zivilisationsgeschichten der Kulturmorphologen verkünden. Das hat seinen Grund. Hinter der Analyse kommt Normatives zum Vorschein, wenn es um den Schutz der "Zivilisation des Abendlandes" in "einer künftigen Welt" geht, "in der andere Kulturen sich gegen den 'Westen' behaupten, stärken und vordringen …" Bender lässt das imperium romanum nicht untergehen, weil er das amerikanische Imperium als Bollwerk westlicher Kultur braucht. ...
"Eines der schwierigsten geschichtlichen Probleme stellt sich mit der Frage, wie der Aufstieg Roms zu erklären ist und wie sein Untergang. Das Verständnis für diese weltgeschichtlichen Vorgänge wird erleichtert, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie nicht eine, sondern viele Ursachen hatten. Der Untergang des Römischen Weltreiches war kein Ereignis, sondern ein Prozess, der sich über 300 Jahre erstreckte. Es gibt Nationen, die nicht so lange existiert haben, wie Rom allein brauchte, um unterzugehen." So die bedeutungsvollen Worte aus dem Off über dem Vorspann des fast dreistündigen Hollywood-Filmes "Der Untergang des Römischen Reiches" (1963) von Anthony Mann – in den Hauptrollen Alec Guinness als Marc Aurel und Sophia Loren als dessen Tochter Lucilla. ...
Wir wissen nicht, was König Adolf von Schweden in seiner Satteltasche trug, als er im 30jährigen Krieg hoch zu Ross in die Schlacht zog. Angeblich soll es ein Exemplar des Buches "De iure belli ac pacis" gewesen sein, des völkerrechtlichen Hauptwerks von Hugo Grotius. Spätestens seit Louis Aubéry du Mauriers "Memoires pour servir a l’histoire de Hollande et des autres Provinces-unies" (1688) gehört diese Anekdote zum festen Bestandteil des Grotius- Mythos. Erzählt wird sie meist dann, wenn es um die Frage nach dem Verhältnis von Theorie und Praxis im Völkerrecht und ihrer Geschichte geht. Umdiese Frage dreht es sich auch in dermit Spannung erwarteten Arbeit von Martine Julia van Ittersum über die Verstrickungen des jungen Grotius in die Überseepolitik des ebenfalls noch jungen niederländischen Staates. ...
Zeit ist einer jener Begriffe, für die man die Augustinische Charakterisierung gelten lassen wollte, es sei klar, was sie bedeuten, solange nicht danach gefragt werde (Augustinus Confessiones Lib. XI, 17). Die Frage aber nach dem, was "Zeit" eigentlich ist, erscheint umso berechtigter, als es insbesondere die Naturwissenschaften sind, die für sich in Anspruch nehmen, hier Antworten geben zu können. Die zu erwartenden Antworten wären danach wesentlich empirischer Natur – also direkt oder indirekt experimentell gestützt und mithin Ergebnis dieser Forschung. ...
Jon Elster hat sich in der rational choice-Theorie durch Studien zu Selbstbindungstechniken als Absicherung gegen Irrationalitäten im Entscheidungsprozess einen Namen gemacht. Passend zu diesem Theoriehintergrund untersucht Elster in seinem Buch "Die Akten schließen" Entscheidungsmöglichkeiten nationaler Gesellschaften, mit dem Irrationalen umzugehen und gesellschaftliche Umbrüche zu bearbeiten. Elster geht es darum zu zeigen, dass die Art und Weise, wie Gesellschaften ihre offenen Rechnungen nach Regimewechseln begleichen, höchst unterschiedlich ist. Darum trägt er unterschiedliche Formen der "Vergangenheitsbewältigung" zusammen und setzt sie miteinander in Bezug. ...
Sowohl in den 1920er als auch in den 1960er und 70er Jahren waren materialistische bzw. marxistische Ansätze Bestandteil des Rechtsdiskurses. Diese Orientierung ist seitdem etwas aus dem Blick geraten. Man kann vielleicht sogar sagen, dass die materialistischen Ansätze auf dem Terrain der Rechtstheorie eher marginalisiert sind. Im Laufe der letzten Jahre hat Sonja Buckel in einer Reihe von Artikeln1 und in ihrem vor kurzem erschienenen Buch Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie des Rechts diese Fehlentwicklung in der Rechtstheorie zu korrigieren versucht. Die theoretische Originalität und soziologische Umsicht, mit der Sonja Buckel auf diesem Weg die weitreichenden Ansprüche einer materialistischen Rechtstheorie zu erneuern versucht, wären sicherlich schon Grund genug, sich mit ihrer materialistischen Theorie des Rechts gründlich auseinander zu setzen. Immerhin gelingt es ihr, im Gang ihrer Argumentation auch den Stellenwert einer Reihe von zeitgenössischen Ansätzen der politischen und rechtlichen Theorie im Rahmen der sozialen Auseinandersetzungen zu klären, von denen zumindest die europäischen Länder heute geprägt sind. Aber ein weiterer und für mich wesentlicher Grund, ihre Überlegungen mit großer Sorgfalt zu prüfen, ergibt sich aus der speziellen These, die sie als einen Leitfaden ihrem Erneuerungsversuch zugrunde legt: Es ist ihre Überzeugung, dass das Recht sich in kapitalistischen Gesellschaften seine "gespenstige Eigenwelt" (9) erzeugt. Die Faszination ihrer Theorie besteht gerade im Versuch, diese "phantasmagorischen" bzw. verdinglicht-verdinglichenden Prozesse des Rechts, seine Verselbständigung also, einer sowohl theoretischen als empirischen Analyse zu unterziehen. ...
Die Allgegenwärtigkeit des Begriffs der Menschenrechte in politischen Kontexten kann leicht übersehen lassen, dass der rechtsphilosophische, rechtstheoretische und praktische Streit um die genaue Bestimmung, Begründung und Kodifizierung dieser »Rechte« alles andere als beigelegt ist. Der notorische Dissens zwischen Philosophen und Juristinnen und sogar Theologen steht in einem seltsamen Missverhältnis zur Selbstverständlichkeit, mit der politische Akteure die Notwendigkeit dieser oder jener außenpolitischen Handlung durch Bezug auf die Menschenrechte rechtfertigen. ...
Situierte Kritik: Modelle kritischer Praxis in Hermeneutik, Poststrukturalismus und Neopragmatismus
(2008)
Wie ist Kritik an sozialen Verhältnissen möglich? Welches sind ihre Bedingungen, ihre Verfahren und ihre Grenzen? Diese Studie konturiert den Spielraum kritischer Praxis, indem sie die Aspekte der Analyse, Evaluation und Transformation gesellschaftlicher Wirklichkeit mit Blick auf Ansätze hermeneutischer, poststrukturalistischer und neopragmatistischer Philosophie (insbesondere von Gadamer, Butler und Rorty) expliziert. Aufgrund der sozialen Konstitution von Subjektivität, Rationalität und Normativität kann Kritik dabei nicht mit Bezug auf universelle überzeitliche Maßstäbe erläutert werden, sondern als ‚situierte Kritik‘, die ihre Ausgangs- und Orientierungspunkte in den herrschenden Verhältnissen selbst findet.
Welchen Stellenwert hat der Glaube im Bereich der menschlichen Überzeugungen? Wie verhalten sich Wissen und Gewissheit zueinander? Die moderne Wissenschaft wird oft mit Faktenwissen gleichgesetzt, doch ohne die Reflexion über die Welt ist Wissenschaft nicht denkbar. Sie findet z.B. statt in der Religionsphilosophie.
In dieser wirtschaftsphilosophischen Arbeit wird die fundamentale Bedeutung einer realistischen Gründe-Perspektive für die Erklärung und Beurteilung ökonomischer Praxis herausgestellt. Die Gründe-Perspektive bezieht sich in systematisierender Form auf alltägliche Interpretations- und Verstehensleistungen und greift zur Erklärung ökonomischer Sachverhalte auf Zuschreibungen mentaler Zustände zurück.
In Abgrenzung von einer Nicht-Gründe-Perspektive, die einer Vielzahl ökonomischer Erklärungsansätze, z.B. experimentell verhaltensökonomischer, behavioristisch orientierter neoklassischer oder evolutionärer Art, zugrunde liegt, wird betont, dass das Geben und Einfordern von Gründen in der ökonomische Sphäre in explanativer, prognostischer und normativer Hinsicht von großer Relevanz ist.
Ökonomische Grundbegriffe wie Präferenz, Axiom oder Nutzen werden thematisiert und deren Stellenwert innerhalb ökonomischer Theorien wird herausgestellt. Die behavioristische Fokussierung auf beobachtbare Wahlhandlungen wird in den Kontext naturalistischer Tendenzen in der Ökonomik gestellt. Dabei werden insbesondere wissenschafts- und erkenntnistheoretische Aspekte unter Bezugnahme auf die Philosophie des Geistes angeführt. Es zeigt sich, dass der Ökonom und Philosoph Don Ross einen in Abgrenzung zu Psychologie und experimenteller Verhaltensökonomik bestimmten Wahlbegriff auf aggregierter Ebene vertritt, unter anderem durch Bezug auf Dennetts Theorie intentionaler Einstellung und Möglichkeiten der Mustererkennung. Im Gegensatz dazu stehen Positionen, die mentale Zustände durch Bezug auf die Kognitionsforschung, stellenweise auch die Neuroökonomik, als real ansehen und für eine Erklärung von Präferenzen heranziehen wollen.
Unter Bezug auf die Position Nida-Rümelins wird die wirtschaftsphilosophische Relevanz von Kohärenz, struktureller Rationalität und einem Gründe-Realismus herausgestellt. Der Bezug auf lebensweltliche Gewissheit und formale Eigenschaften „alltagspsychologischer“ Zugänge soll eine bestimmte Gründe-Perspektive stützen. In welcher Hinsicht eine solche Stützung gerechtfertigt werden kann, wird unter anderem durch Bezug auf wissenschaftliche Theorien zur Alltagspsychologie (folk psychology) dargestellt. Die Vielfalt von Gründen, aus denen ökonomische Akteure handeln und die Personen auch in ökonomischen Kontexten prinzipiell verfügbar sind, wird unter Berücksichtigung spezifischer ökonomischer Rollen betont. Abschließend wird die soziale Bedingtheit von Gründen und die immanente Normativität der ökonomischen Praxis thematisiert. Die Möglichkeit einer normativen Rekonstruktion der Wirtschaftssphäre wird anhand der Theorie sozialer Freiheit von Axel Honneth diskutiert.
Der Beitrag arbeitet die moralische Subjektivierungsform ökonomischer Verschuldung heraus. In Auseinandersetzung mit Friedrich Nietzsche, Max Weber und Pierre Bourdieu wird argumentiert, dass die Form der Verschuldung durch eine spezifische Zeitlichkeit geprägt ist. Die zentrale These lautet, dass sich das Zeitregime von Schuld und Schulden als paradox erweist: Einerseits ermöglicht die moderne "Entzauberung der Welt" (Max Weber) eine Öffnung auf gesellschaftliche Zukünfte hin und diese temporale Öffnung bildet auch eine notwendige Bedingung kapitalistischer Investitionstätigkeiten. Andererseits verstellt das gegenwärtige rigide Zeitregime der Schuld(en) jedoch die Möglichkeit subjektiver und politischer neuer Anfänge in der Zeit, da die Verschuldung eine Dynamik der ökonomischen Determinierung gegenwärtiger Handlungsoptionen durch den Zwang zur Rückzahlung ins Werk setzt.
Die vorliegende Dissertation untersucht wie Hegel nicht nur den Begriff der Freiheit, aber auch das Subjekt der Freiheit verstanden hat. Sie versucht diese Idee Hegels durch die gegenwärtige Philosophie, insbesondere die analytische Philosophie, und auch die Soziologie, insbesondere die Soziologie von Talcott Parsons, umzudenken.
Im ersten Kapitel wird die Idee der Freiheit als private Sphäre analysiert, die durch eine ganze Gruppe von subjektiven Rechten gesichert oder sogar geschaffen ist, die ohne Hilfe anderer Struktur existierte und von den meisten Naturrechttheoretiker verteidigt wurden, den alten sowie den neuen. Hegel nannte diese Ideen abstraktes Recht. Er wirft diese Vorstellung als noch funktional unvollständig oder metaphysisch inkohärent vor.
Im zweiten Kapitel wird das andere große Modell der Freiheit in der Moderne, nämlich, die Freiheit als Autonomie analysiert. Hegel untersucht diese Idee durch die Konzepte der Verantwortlichkeit und Handelns, die sich in der Praxis des Strafrechts befinden. Nach Hegel ist Verantwortlichkeit das Ergebnis einer gesamten sozialen Beziehung der Anerkennung. Daher ist ein Verbrechen, erstens, die Verletzung einer Norm und diese Normverletzung ist zugleich Anerkennungsverletzung. Zweitens, ein Verbrechen ist die Negation des objektiven Rechts, die dem Akteur zurechnen werden kann, und das ist, warum ein Verbrechen eine Anerkennungsverletzung ist. Ein zentraler Begriff für die Verantwortlichkeit ist der Vorsatz. In dem Konzept von Vorsatz finden wir sowohl die Absicht wie das Wissen, d. i. wenn jemand vorsätzlich handelt, nicht nur wünscht er etwas, sondern er denkt auch, wie er handeln sollte, um zu erreichen, was sie will. Man findet im Vorsatz auch die Idee des Grundes. Dies öffnet wiederum die Idee der moralischen Standards und auch die Möglichkeit eines moralischen Gewissens. Hegel sieht Kant als der größte Befürworter dieser Theorie. Hegel kritisiert Kant, dass er eine Art solipsistischer Methode hat. Die Gewissheit des Guten in die eigene Handlung könnte das Böse verbreiten. Hegel argumentiert, dass ohne eine soziale Basis dafür, die Sittlichkeit, solche moralischen Standards und moralisches Gewissen nicht möglich sind.
Im letzten Kapitel wird analysiert, wie jemand in der hegelschen Lehre frei sein könnte. Nach Hegel gibt es mindestens drei Bedingungen, sodass jemand tatsächlich als frei betrachtet werden könnte: eine metaphysische Bedingung, eine psychologische Bedingung, und eine soziale Bedingung. Diese drei Bedingungen entsprechen den Hauptkritiken gegen die Möglichkeit des freien Willens. Die erste der Kritik besagt, dass es in einer durch mechanische Gesetze geregelten Welt keinen Raum für die Freiheit gibt. Nach Hegel sei die Möglichkeit der teleologischen Erklärung zugleich die Möglichkeit für die Freiheit. In der psychologischen Bedingung argumentiert Hegel, dass das hedonistische oder Wunsch-Überzeugung-Handlung Modell in der Tat fast eine mechanische Erklärung wäre. In einem systemischen Selbstbewusstsein Vorstellung der individuellen Persönlichkeit, in dem alle Teile des Akteurs systemisch artikuliert sind, könnte das Individuum wirklich frei handeln, da das Individuum nicht mehr in seinen Wünschen oder anderen Trieben verschwunden wäre. Am Ende argumentiert noch Hegel, dass die Gary Strawson‘ Kritik an der Idee des freien Willens, dass wir nicht den ersten Umstand unseres Lebens, unsere Sozialisierung und Erziehung ändern könnten, nicht korrekt wäre. Freiheit bedeutet nicht, jeden Aspekt unseres Lebens zu bestimmen, sondern uns selbst und unser Handeln zu bestimmen. Hegel zufolge können wir in der Tat unseren Anfang ändern, indem wir uns selbst neu interpretieren. Diese Art der Selbstbestimmung setzt die Teilnahme an der Gesellschaft voraus. Wenn wir die semantische in unserer Kultur ändern, ändern wir uns selbst und solches aktive Engagement mit unserer Gesellschaft wäre auch eine Bedingung, um ein freies Leben zu führen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, basierend auf den eigenen Publikationen, aktuelle Erkenntnisse aus dem Themenkomplex „Sitzen und Gesundheit“ einschließlich Gesundheitspotentiale leichter Aktivitäten bei Erwachsenen resümierend zusammenzustellen und kritisch zu bewerten.
Das Augenmerk der bewegungsbezogenen Gesundheitsforschung galt anfänglich primär den sportlichen und eher intensiven körperlichen Aktivitäten. Neuere Erkenntnisse lassen annehmen, dass auch andere Bewegungsarten als Sport, z.B. Bewegung im Alltag, gesundheitswirksam sein können. Die besondere Bedeutung dieser Aktivitäten liegt darin, dass sie mit wenigen Ausnahmen für jeden geeignet, risikoarm und niedrigschwellig sind. Die am besten erforschte Alltagsbewegung ist das Gehen. Die gesundheitliche Benefits von Gehen gelten sowohl im Bereich der Prävention als auch der Therapie als wissenschaftlich gesichert. Regelmäßiges Fahrradfahren verbessert die kardiorespiratorische Fitness und mindert das Gesamtmortalitätsrisiko. Die Gesundheitseffekte anderer Alltagsaktivitäten lassen sich u.a aufgrund methodischer Herausforderungen schwieriger nachweisen und quantifizieren. Neuere Arbeiten liefern Hinweise, dass Bewegung schon mit leichter Intensität zumindest bei unfitten und inaktiven Bevölkerungsgruppen ein hohes Gesundheitspotential haben kann.
Veränderte Lebensgewohnheiten in Lebensbereichen wie z.B. Arbeit, Freizeit und Fortbewegung haben dazu geführt, dass ein überwiegender Anteil der Bevölkerung den Tag sitzend verbringt. Seit den letzten 10-15 Jahren widmet sich eine wachsende Anzahl von Arbeitsgruppen der Erforschung möglicher gesundheitlicher Konsequenzen des langen ununterbrochenen Sitzens. „Sendentäres Verhalten“ (sedentary behavior), in Abgrenzung zur Inaktivität, bezeichnet Aktivitäten, die sitzend oder zurücklehnend stattfinden und mit einem Energieverbrauch von 1-1,5 MET einhergehen. In Akzelerometerstudien wird sedentäres Verhalten als Aktivitäten, bei denen das Signal mindestens eine minutelang unter 100 counts per minute (cpm) ausweist, definiert.
Akzelerometerdaten deuten darauf hin, dass sedentäres Verhalten in den Industrieländern weit verbreitet ist: es macht bis zu 69% der wach verbrachten Zeit aus.
Unsere Literaturanalyse nach Reviews und systematischen Reviews zum Thema sedentäres Verhalten und Gesundheit bei Erwachsen ergab 13 Übersichtsarbeiten. Die Übersichtsarbeiten weisen eine hohe methodische Heterogenität auf. 9 der Übersichtsarbeiten sind narrative Reviews. Die Literaturanalyse liefert Hinweise für eine graduelle Abnahme der Evidenz für die Zusammenhänge von sedentärem Verhalten mit Mortalität, Morbidität und gesundheitlichen Risikofaktoren. Die Ergebnisse von Querschnitt- und Langzeitbeobachtungsstudien zu möglichen Auswirkungen sedentären Verhaltens auf die Gesundheit sind durch Interventionsstudien nur sehr bedingt untermauert, (patho)physiologische Wirkmechanismen hinter sedentärem Verhalten nicht gesichert, und ein klarer Dosis-Wirkungszusammenhang nicht definierbar. Dennoch scheint die Evidenzlage beim Endpunkt Mortalität relativ eindeutig, bei den Endpunkten Morbidität und Risikofaktoren aber zunehmend schwach und widersprüchlich. Im Fazit deuten die Ergebnisse dieser Übersicht – besonders beim Endpunkt Mortalität und etwas weniger eindeutig bei kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes – auf die gesundheitsschädliche Wirkung langen ununterbrochenen Sitzens hin. In der Konsequenz ist neben Aktivität gemäß Leitlinien zu empfehlen, längere Sitzphasen nach Möglichkeit zu unterbrechen und durch Bewegung mit zumindest leichter Intensität zu ersetzen.
Es liegen einige Hinweise vor, dass nicht nur die Gesamtzeit des sedentären Verhaltens, sondern auch das Muster, in dem es entsteht, von gesundheitlicher Relevanz sein könnte. Neben der Erforschung (patho)physiologischer Effekte des langen Sitzens, ist die Überprüfung von Machbarkeit und Akzeptanz von Unterbrechungsintervention von großer Relevanz. In unserer eigenen Untersuchung haben wir in vivo überprüft, wie weit Beschäftigte mit einer überwiegend sitzenden Tätigkeit vorgegebenen Unterbrechungsempfehlungen nachkommen können, wie sie diese subjektiv erleben und wie sie ihre eigene Bereitschaft einschätzen, die Empfehlungen auch längerfristig durchzuführen.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass schon eine einmalige Information über die Gesundheitsrisiken langen Sitzens und über Unterbrechungen zu einer zumindest kurzfristigen Reduktion der Sitzphasen führen kann. In unserer Untersuchung erwies sich ein Unterbrechungsintervall von 60 Minuten als am ehesten realisierbar. Dieses Intervall wurde von den Teilnehmern am angenehmsten wahrgenommen.
Meine Arbeit beschäftigt sich mit dem systematischen Problem des Selbstbewusstseins, nämlich mit der konzeptuellen Möglichkeit des Selbstbewusstseins. Für die Problemstellung meiner Arbeit ist die Kritik von Fichte und der Philosophen der Heidelberger Schule (dazu gehört Dieter Henrich, Ulrich Pothast, Manfred Frank und Konrad Cramer) an Kant von zentraler Bedeutung. Sie besagt, dass Kants Selbstbewusstsein konzeptuell unmöglich ist, weil es sich in einem petitio principii bzw. Zirkelargument verwickelt. Aufgrund dieser Problemstellung formuliere ich die Fragestellung meiner Arbeit folgendermaßen: ob erstens die Kritik dieser Philosophen angemessen ist? Ob zweitens die Selbstbewusstseinstheorie der Philosophen der Heidelberger Schule, die als Alternative zu Kants Selbstbewusstseinstheorie gemeint ist, überzeugend ist? Drittens ob Kants Selbstbewusstsein konzeptuell unmöglich ist bzw. ob bei Kant eine Theorie des Selbstbewusstseins vorliegt, die philosophisch möglich erscheint?
Die Ergebnisse meiner Untersuchung, die zugleich als Thesen meiner Dissertation gelten, zeigen: erstens sind die Kritiken von Fichte sowie Henrich und seinen Schülern an Kant nicht angemessen. Die Argumentation, derer sich Fichte und Henrich bedienen, um die definitorische Unmöglichkeit der Selbstbewusstseinsphilosophie Kants zu belegen, basiert auf ihrer Gleichsetzung von Apperzeption und Reflexion. Die Apperzeption kann konzeptuell jedoch nicht mit der Reflexion gleichgesetzt werden. Zweitens sind die von Henrich und seinen Schülern entwickelten Selbstbewusstseinstheorien nicht überzeugend, weil sie paradoxerweise zum Verschwinden des erklärten Phänomens, d. h. des Selbstbewusstseins führen. Die Unzulänglichkeit der Selbstbewusstseinstheorie Henrichs verkleinert aber nicht ihre Beiträge zu der Philosophie des Selbstbewusstseins. Durch seine Untersuchung und seine Reflexion über das Selbstbewusstseinsproblem hat Henrich die anderen Dimensionen des Selbstbewusstseinsphänomens eröffnet, die ihn dazu veranlasst haben, dass dasselbe Phänomen von der Perspektive der Intuition und der Mystik und der Romantik her herangegangen werden kann, wie die Selbstbewusstseinstheorien von seinen Schülern zeigen. Drittens ist Kants Selbstbewusstseins nicht unmöglich, wie Fichte, Henrich und seine Schüler behaupten. Kant hat eine Theorie des Selbstbewusstseins. Für ihn ist das Selbstbewusstsein bzw. das Ich ein spontanes Handeln im Form des Ich denke. Es fungiert als das Zugrundeliegende, hypokeimenon, als transzendentales Subjekt im Erkenntnisprozess. Kants Selbstbewusstsein ist ein transzendentales Selbstbewusstsein, das logisch angenommen werden muss als die objektive und notwendige Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung.
Das kantische Subjekt kann jedoch nicht im ontologischen Sinne, nämlich als Substanz oder als ein erkennbares Dingartiges verstanden werden. Kant selbst warnt sein Leser an einigen Stellen der KrV, damit sein Subjekt nicht missverstanden wird. Es ist zwar ihm zufolge eine Substanz oder ein Ich, aber „nur eine Substanz in der Idee“ (A 351) oder „(Ich) Substanz im Begriffe, einfach im Begriffe“ (A 400) und nicht in Realität. D. h. das kantische Subjekt ist ein transzendentales Subjekt.
Kants Selbstbewusstsein thematisiert also einen philosophischen Sachverhalt. Worin liegt der philosophische Sinn des Selbstbewusstseins Kants? Er liegt erstens in seiner Transzendentalität, nämlich als Prinzip bzw. als apriorische Bedingung der Möglichkeit der Erkenntnis. Und seine Transzendentalität erlaubt uns nicht, es auf ein bestimmtes wissenschaftliches Problem zu reduzieren. Die Reduktion des Phänomens des Selbstbewusstseins Kants hat uns unmittelbar von seiner Transzendentalität weggeführt. Das philosophische Selbstbewusstsein kann nicht epistemologisch als natürliches Phänomen behandelt werden. Solche Naturalisierung hat unmittelbar seine Transzendentalität verneint. Kants Selbstbewusstsein hat auch zweitens philosophischen Sinn, weil unsere Erkenntnis davon bloß aus dem Begriff der Erfahrung kommt. Das heißt, wir haben Erkenntnis über dieses Selbstbewusstsein bloß aufgrund der Erklärbarkeit der Erfahrung.
Am Ende seiner Tage sprach der König Salomon: "Die Sonne geht auf und unter [...]. Was gewesen ist, wird [wieder] sein, was getan worden ist, wird [wieder] getan, und es gibt nichts Neues unter der Sonne".1 Im August des Jahres 1881, beim Spaziergang durch die Wälder am See von Silvaplana, bei einem mächtigen, pyramidal aufgetürmten Block, "6000 Tausend Fuß jenseits von Mensch und Zeit" kam einem Professor der klassischen Philologie jener Gedanke wieder – der Gedanke der "Ewigen Wiederkunft des Gleichen", die er später als das Hauptprinzip der altgriechischen Zeitauffassung formulierte. Der Professor hieß Friedrich Nietzsche.2 Mehr als hundert dreißig Jahre sind nach seinem Spaziergang vergangen, und mehr als hundert dreißig Jahre dauert die Diskussion über die zyklische und lineare Zeit. Es wurde mehrmals behauptet und wieder verworfen, dass der Hauptunterschied zwischen dem "hebräischen" und "griechischen" Denken, zwischen den "Gläubigen" und den "Heiden" gerade in dieser Zeitauffassung besteht. Die mythische Zeit der Griechen sei räumlich und statisch, sie habe kein Ziel und keinen Zweck, sie wandle im ewigen Kreislauf gefühllos und träge, ohne Anfang und Ende, ohne Wohin und Woher, ohne Hoffnung. Die Zeit der Tora hingegen sei zielgerichtet. Die Erschaffung der Welt und die Sintflut, der Auszug aus Ägypten und die Wüstenwanderung – all dies seien einmalige Ereignisse, welche sich nie wiederholen würden. Sie alle hätten einen Zweck – die Erlösung der Menschheit. Jede von ihnen sei ein Fortschritt – ein Schritt auf dem Pfad der Geschichte, der Geschichte mit Anfang und Ende, mit Wohin und Woher, mit Hoffnung.3
Die vorliegende Arbeit beabsichtigt nicht, die intuitive Völkerpsychologie zu untersuchen. Vielmehr handelt es sich hier um die Vorstellungen einer begrenzten Gruppe der mittelalterlichen jüdischen Intellektuellen aus dem Spanien des 12. Jhs. Ihre Gedanken waren gleichzeitig von der griechischen Philosophie und dem jüdischen Messianismus geprägt. Eben diese eigenartige Kombination macht die Frage nach ihrer Zeitauffassung so spannend. Als Quelle bei einer solchen Fragestellung scheinen mir die beiden Bücher des Rabbi Abraham Ibn Daud von Interesse zu sein – sein Geschichtsbuch Sefer ha-Qabalah (SQ) und sein philosophisch-theologisches Traktat Al-ʿAqīdah ar-Rafīʿah (AR).
Abraham Ibn Daud, Geschichtsschreiber, Philosoph, Astronom, vermutlich auch Arzt, wurde geboren um 1110 in Cordoba, der Hauptstadt des umayyadischen Kalifates und dem kulturellen Zentrum Andalusiens des 12. Jhs. Er war ein Sohn der Tochter des berühmten Gelehrten Isaak Albaliyah.4 Die Erziehung genoss er im Hause dessen Sohnes, seines Onkels, und dem Schüler von Isaak Alfasi, – Baruch Albaliyah.5 Aus seinen Schriften kann man schließen, dass er ausreichende Kenntnisse sowohl in der Bibel, dem Talmud, der hebräischen Poesie als auch in den Naturwissenschaften und der griechischen Philosophie besaß. Darüber hinaus soll er auch mit der polemischen Literatur der Christen, der Moslems und der Karäer, eventuell auch mit dem Evangelium und dem Koran vertraut gewesen sein. Von seinen Werken sind uns sieben bekannt, zwei davon allerdings nur ihrem Namen nach.6 Das auf Arabisch verfasste theologisch-philosophische Traktat Al-ʿAqīdah ar-Rafīʿah (AR, "Der erhabene Glaube") ist nur in zwei hebräischen Übersetzungen aus dem 14. Jh. – Emunah Ramah (ER)7 von R. Salomon Ben Labi und Emunah Niśʾah (EN)8 von R. Samuel Moṭoṭ erhalten.9 Das traditionshistorische Buch Sefer ha-Qabalah (SQ, "Buch der Tradition")10 wurde auf Hebräisch verfasst und von drei weiteren ebenso auf Hebräisch geschriebenen Werken begleitet: Divrey Malkey Yisraʾel (DMY, "Geschichte der Könige Israels"),11 Midraš Zeḫaryah (MZ, "Auslegung der Prophetie Sacharjas")12 und Zeḫer Divrey Romi (ZDR, "Chronik der römischen Geschichte").13
La Critique de la vision phénoménologique est une tentative de critique de la phénoménologie, à travers la Théorie Critique et la philosophie d’Emmanuel Lévinas, qui caractérise la phénoménologie comme une science eidétique. Nous proposons donc une bref histoire du concept de l’eidos, qui est compris comme un archétype idéal depuis le Platonisme. On aborde l’opposition du matérialisme et de l’idéalisme ancrée dans la Théorie des formes de Platon, l’hylémorphisme d’Aristote, et la Théorie matérialiste des simulacres de Lucrèce. La question substantielle : «matérialisme et/ou idéalisme »nous conduit aux principes de l’individuation, au formalisme et aux concepts de la réification. La phénoménologie de Husserl est née dans le Kulturkampf qui se caractérise par le déferlement du positivisme dans l’idéalisme. Sous cet angle, la phénoménologie est un certain tour de force idéaliste contre le positivisme. La phénoménologie essaie d’intégrer les courants contemporains de la philosophie allemande, et c’est ici et non en biologie que se situe la lutte pour la vie, selon Husserl. Le problème de la vision phénoménologique, en regard de la «race» comportant des significations qui ne sont pas particulièrement biologiques, est un problème qui remonte à Aristote. Selon lui, l’usage de l’eidos est aussi synonyme des catégories de genre et d’espèce. L’eidos d’Husserl inclut la conception d’Aristote, et se présente comme un moyen possible de construire un concept métaphysique de la race en dehors de la biologie. L’eidos en tant que type, tel qu’il est constitué dans la Lebenswelt , se caractérise finalement par la transformation de l’Umwelt en Heimwelt, dans lequel l’individu est passivement formé par la tradition, l’habitus, par terre et sang–un monde de la moyenne, de la « normalité ». Nous essayons de montrer, dans le processus de ce bouleversement irrationnel de la philosophie en Allemagne, le cas particulier et tragique du devenir de la phénoménologie de Husserl entre les mains de Heidegger, qui suggère une auto-limitation de la phénoménologie à la recherche d’un sens qui vise à l’unité du Dasein . Notre but ici est simple et radical : de même que Marx a montré que la philosophie de Hegel n’est rien d’autre que la collection des catégories de la philosophie bourg eoise en déclin, Lévinas et l’École de Francfort ont montré que la philosophie de Heidegger n’est rien d’autre qu’une poursuite de la philosophie hégélienne, mais à un niveau plus abstrait et aussi plus global.
Luis de Molina (1535-1600) grants slaves a legal status through which they can take up a position with respect to their masters between equivalent legal entity and legal object. Here, what is decisive is the figure of the subjective right, which both for Molina and modern proponents of this legal concept describes the 'right per se'. According to Molina's definition of ius, the denial of a subjective right or the hindrance of exercising an individual right represents an injustice. The rights granted to a slave in virtue of his being regarded a human being (despite the condition of slavery) serve to protect the slave against unjust acts. Molina does not distinguish the slave as a legal entity as separate from his master insofar as the slave should be protected against injustices committed against him or his property; injustices for which he would be entitled to compensation. Yet, the slave is not able to stake his claim to a particular right because it is not possible for him to take the matter to court. His natural law justified coequal legal status with respect to his master is limited in such a way by the positive legal order (by means of which slavery is generally made possible) that he is to be held legally incompetent as a legal entity with regard to defending and enforcing his 'qua homo'-legal rights. This precarious situation is due to the complicated legal intermediate position of a human legal entity, which, at the same time, represents the legal object of another person.
Aufgrund des Beschlusses des Fachbereichsrats des Fachbereichs Evangelische Theologie (FB 6) vom 19. Juni 2013, des Fachbereichsrats des Fachbereichs Sprach- und Kulturwissenschaften (FB 9) vom 24. April 2013 und 22. Mai 2013, des Fachbereichsrats des Fachbereichs Neuere Philologien (FB 10) und eines Umlaufverfahrens der an dem Abschluss Doktor der Philosophie/Doktorin der Philosophie (Dr. phil.) beteiligten Fachbereiche 3 - 11 im August/ September/Oktober 2013 wird die Ordnung zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) oder einer Doktorin der Philosophie (Dr. phil.) vom 26. Juni 2001 (Staatsanzeiger Nr. 46/2001, S. 4.026 ff.) in der Fassung vom 7. August 2013 wie folgt geändert:
Aufgrund von § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 2013 (GVBl. S. 218), hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs Philo-sophie und Geschichtswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am 30. Ok-tober 2013 die nachstehende Ordnung beschlossen:...