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Ein "hundertjähriger Krieg"? : über die Bildung einer Friedenskultur aus dem Geist des Krieges
(2014)
Wer nicht direkt Zeitgenosse im Jahre 1914 gewesen ist, kommt [...] nicht ohne Konstrukte und Nacherzählungen aus. Aber nicht nur das: Auch wer Zeitgenosse gewesen ist, mag die späteren Generationen mit Formen von Distanzierung überraschen, wie etwa Kafka mit seiner Tagebucheintragung vom 1. August 1914: "Deutschland hat Russland den Krieg erklärt. Nachmittag Schwimmschule" [...]. Nun wissen wir auch, dass Kafkas Werk einer "furchtbaren Welt" entspricht, indem sie "strukturell der Wirklichkeit, die wir zu erleben gezwungen wurden, unheimlich adäquat ist" [...]. Einer formneutralen Aufzeichnung wie derjenigen Kafkas bräuchte prinzipiell kein weiterer bedeutungsschwerer Charakter beigemessen zu werden. Jedoch könnte eine solche Aufzeichnung auch auf die Dynamik einer Kriegs- bzw. Friedenskultur hindeuten. Diese Dynamik hat nach der hier verfolgten Perspektive einen strukturellen Zusammenhang beider Kulturmuster als Spielarten, die allzu oft nur als Polaritäten, dementsprechend als Kontraste, angesehen werden. [...] Die hier vorgenommene Analyse einer solchen Problematik beinhaltet drei Schritte: 1. Die Auffächerung von Krieg und Frieden als Momente im unvollendeten Prozess der Zivilisation; 2. Thomas Manns retrospektiver Blick auf Kontraste und Spielarten, und 3. Jenseits von "kaltem Krieg", "heißem Frieden" und "blauäugigem" Pazifismus: "Ich will verstehen" oder die Rolle der Zwischenräume.
Der vorliegende Beitrag geht von der Fiktionalisierung des Ersten Weltkrieges in Remarques Erfolgsroman "Im Westen nichts Neues" (1929) aus und erforscht die literarische Funktionalisierung der Kriegsrepräsentation für Friedensdiskurse. "Zeit zu leben und Zeit zu sterben" (1954) enthält pazifistische Indizien, so dass Remarques Poetik des Friedens um die Darstellung der beiden Weltkriege strukturiert ist. In seinem Werk "Der seltsame Krieg" (2000) artikuliert der österreichische Schriftsteller Martin Auer seine Fiktion des Krieges um eine globale Sehnsucht nach Frieden, die auch neue Kriegsformen einschließt. So erhält der Signifikant "Krieg" eine dynamische Sinndeutung in der Konstruktion des Friedensdiskurses. Der Beitrag analysiert die klassischen Repräsentationen des Krieges und erkundet die Grundrisse einer Poetik des Friedens bei Erich Maria Remarque und Martin Auer.
Krieg, Mythos und Literatur
(2014)
Tatjana Marković: Memorizing battle musically : The Siege of Szigetvár (1566) as an identity signifier. - Wolf Wucherpfennig: Die Angst der Welt : Raabes Odfeld und das deutsche Kriegstrauma. - Martin Löschnigg: "Ich habe kein Wort" : Betrachtungen zu einem Topos literarischer Texte über den Ersten Weltkrieg. - Sabine A. Haring: "Kameradschaft" in der Habsburger Armee : Eine emotionssoziologische Annäherung. - Walter Hölbling: Vorstellungen von Krieg und Frieden in der US-amerikanischen Romanliteratur