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Wirtschafts- und Rechnungsbücher bieten mehrdimensionale Zugänge und erfordern multidisziplinäre Annäherungen. Dass sie weit mehr sind als Einnahmen- und Ausgabeverzeichnisse zeigen die hier vorliegenden 17 Beiträge mit Beispielen von Lübeck bis Lyon. Sie vereinen die Ergebnisse eines Workshops, der diese Gattung serieller Quellen von Seiten der Geschichtswissenschaft und der Historischen Sprachforschung, der Editions- und Medienwissenschaft sowie der historischen Wirtschafts- und Betriebswirtschaftswissenschaft in den Blick genommen hat.
apl. Prof. Dr. Jörg W. Busch (Goethe Uni Frankfurt) hat bisher 2 Vorträge in Trebur gehalten. Der erste am 14. Oktober 2004 mit dem Titel "Trebur ein Königshof am Mittelrhein" und am 6. Oktober 2005 mit dem Titel "Die Pfalz Trebur unter Heinrich IV. vom Schauplatz großer Politik zum gemiedenen Ort" ...
Friedrich Flick zählt zweifellos zu den umstrittensten Protagonisten der deutschen Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte des 20. Jahrhunderts – und mittlerweile auch zu den am besten erforschten. Zwischen 2004 und 2008 erschienen gleich vier teilweise recht umfangreiche Arbeiten zur Konzern- und zur Familiengeschichte. Was macht diesen Mann für Geschichtswissenschaft und politisch interessierte Öffentlichkeit so interessant? Ein kühner Unternehmensgründer vom Schlage eines Thyssen oder Siemens – das machen die vier Autoren gleich in der Einleitung deutlich – war er jedenfalls nicht, auch kein genialer Erfinder oder sozialpolitischer Pionier. Sein Name sei vielmehr zum "Synonym für politischen Opportunismus und den skrupellosen Einsatz wirtschaftlicher Macht geworden" (S. 8). Einen gewissermaßen widerwilligen Respekt nötigt allenfalls seine Fähigkeit ab, unter vier verschiedenen politischen Systemen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Schon aus diesem Grund erscheint es den Autoren angezeigt, Flick "als Unternehmer ernst zu nehmen" (S. 9). ...
Das vierte Jahrhundert war ein Jahrhundert der Bürgerkriege. Diese forderten einen überaus hohen Blutzoll und lähmten teils auch die Verteidigung an den Grenzen. Ein Bürgerkrieg aber war die weitestgehende Form der Desintegration des Reiches, da die Armee auseinanderbrach, in der sich doch das Kaisertum und — wenn man auf Kaisererhebungen blickt — das römische Volk verkörperte. Zudem bedeutete Auseinanderbrechen einen gewaltigen Ressourcenverlust, da einem Kaiser nur ein Teil der ohnehin schwer zu erneuernden römischen Armee zu Gebote stand. ...
Ob nun jeweils sicherheits-, innen- oder finanzpolitische Motive zu Grunde liegen, stets stehen Straffreiheit und Straferlass im Spannungsfeld von zwingender Verantwortung des Einzelnen als Grundlage unseres Rechtssystems und der Forderung nach ausgleichender Gerechtigkeit und sozialem Frieden. Das Rechtsinstitut der Amnestie steht nicht nur begrifflich, sondern auch sachlich in antiker Tradition, vergleichbare Maßnahmen sind aus allen Epochen des Altertums nachzuweisen. Fünfzehn renommierte AutorInnen aus Deutschland, Großbritannien und Österreich, alle ExpertInnen in verschiedenen Fachgebieten und Epochen des Altertums, nämlich der Altorientalistik, des pharaonischen Ägypten, der Griechischen und Römischen Rechtsgeschichte, des archaischen und klassischen Griechenland, des Hellenismus, der altitalischen Geschichte, der Römischen Republik, der frühen und hohen römischen Kaiserzeit und der Spätantike, präsentieren ihre Beiträge in diesem Band. Sie behandeln das Thema jeweils aus der eigenen Perspektive — entweder in Form von Spezialuntersuchungen zu exemplarischen Fällen oder aber in breit angelegten Übersichtsreferaten. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass alle Kategorien von Schriftquellen, also die literarische Überlieferung, juristisches Schrifttum, Inschriften und Papyri, in die Analyse eingeflossen sind. Hierdurch wurden erstmals in der Forschungsgeschichte die Voraussetzungen geschaffen, eine Gesamtschau über Fragen der Amnestie und des Straferlasses vom Alten Orient bis in die Spätantike zu bieten und rote Fäden durch die Jahrhunderte zu ziehen. Auf diese Weise wurde auch eine neue Grundlage für eine Typologisierung von Amnestien gelegt.
Die Collectio Thessalonicensis ist eine nur fragmentarisch überlieferte Sammlung von Papst- und Kaiserbriefen, angeblich vor dem Jahre 531 zusammengestellt. Sie ist seit langen Jahren nicht mehr (oder doch nur peripher) in der internationalen Forschung beachtet worden. Aber nicht nur dieser Umstand veranlasste uns zur eingehenderen Beschäftigung mit diesem Konvolut interessanter Texte. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat die wissenschaftliche Durchdringung der christlichen Spätantike enorme Fortschritte gemacht. Neue Hilfsmittel – nicht zuletzt die heute zur Verfügung stehenden elektronischen Ressourcen – stehen nunmehr zur Verfügung. Auch neue wissenschaftliche Fragestellungen evozieren eine erneute Beschäftigung mit dieser (angeblich oder tatsächlich) aus dem 6. Jahrhundert stammenden Sammlung wichtiger Dokumente. Die seit einigen Jahren erneut aufgeflammte Diskussion über die Umstände der endgültigen Unterstellung der Bistümer des sog. östlichen Illyricum in den 50er Jahren des 8. Jahrhunderts unter Rom erfordert es, die kirchengeschichtlichen Hintergründe dieser bis dahin lange zwischen Rom und Konstantinopel umstrittenen Region (man denke nur an das sog. Vikariat von Thessaloniki) erneut ins Auge zu fassen. ...
Zeitzeugen sind nicht immer gute Historiker, und Historiker geben nicht notwendig gute Zeitzeugen ab. Für den zweiten Sachverhalt war seit den 1990er Jahren unter anderem aufschlussreich, wie sehr es erst der Anstöße aus den Reihen einer Enkelgeneration deutscher Historiker bedurfte, bevor die Rolle ihrer akademischen "Großväter" im "Dritten Reich" kritisch und ohne jede Scheu vor persönlichen Bekanntschaften untersucht wurde. Gewiss muss man im Blick darauf sorgfältig zwischen Skandalisierung und wissenschaftlicher Erkenntnis unterscheiden, aber dieses Problem kann hiernach ohnehin nicht weiter vertieft werden. Vielmehr richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Frühgeschichte der Deutsch-Tschechoslowakischen Historikerkommission, der der deutsche Osteuropa-Historiker Detlef Brandes seit der Gründung im Jahr 1990 angehörte. ...
Nicht allzu häufig wird man in den Schriftverzeichnissen deutscher Althistoriker auf Studien zur Zeitrechnung und zum antiken Kalenderwesen stoßen, wie dies bei Jürgen Malitz der Fall ist. Im Jahr 1987 ist sein viel beachteter Aufsatz zur Kalenderreform Caesars erschienen und jüngst hat er sich unter dem Titel "Die Ordnung der Zeit", wiederum ausgehend von Caesars Reform, verschiedensten Aspekten des antiken Kalenderwesens zugewandt und einen Bogen bis in die Gegenwart gespannt. Dieses Interessengebiet des Geehrten aufgreifend, möchte der vorliegende Beitrag einen wenig erforschten Aspekt dessen beleuchten, wie Zeit in der Antike als ökonomische Ressource begriffen und instrumentalisiert wurde. ...
Die Studie behandelt archäologische und ethnoarchäologische wie auch ethnohistorische Untersuchungen im südlichen Tschadbecken Nigerias in der Zeit zwischen 1992 und 1998. Die Untersuchungen fanden im Rahmen der Anstellung des Verf. im Sonderforschungsbereich 268 "Kulturentwicklung und Sprachgeschichte im Naturraum Westafrikanische Savanne" sowie eines Habilitationsstipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft statt.
Zeitrahmen ist das 7./8. Jh. n. Chr. bis 1925, Hauptthema die Entwicklung komplexer eisenzeitlicher Gesellschaften in der Region sowie ihre Transformation bei der Eingliederung des Raumes in das expandierende Reich Kanem-Borno.
Dies ist eine Festschrift für Detlef Brandes zum 75. Geburtstag. Ein Vorwort für sie zu verfassen, ist kein leichtes Unterfangen, denn die beeindruckende wissenschaftliche Arbeit und die Tätigkeit von Detlef Brandes sind schon vor zehn Jahren in der Festschrift zum 65. Geburtstag ausführlich gewürdigt worden. Der inzwischen leider verstorbene Hans Lemberg zeichnete damals den wissenschaftlichen Lebensweg des Jubilars in bewegender Weise nach, von den Archivstudien des jungen Doktoranden in der Tschechoslowakei der 1960er Jahre über die Tätigkeit am Collegium Carolinum in München, an der Freien Universität Berlin und die internationalen Wanderjahre, die ihn nach Florenz, New York, Stanford und Sapporo geführt hatten, bis er nach einem kurzen Intermezzo in Oldenburg 1991 auf die Stiftungsprofessur für "Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa" an die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf berufen wurde. ...
Die Frankfurter Dissertation von Alexander Krey ist für den Themenkomplex "Rechtsräume" von besonderer Bedeutung. Unter den Leitbegriffen "Gerichtslandschaften" und "Rechtslandschaften" wird anhand der Oberhöfe im Rhein-Main-Gebiet des Spätmittelalters eine vergleichende Untersuchung vorgelegt, die zeigen soll, dass diese juristisch-geographischen Raumbildungen zu einer "Umwälzung in den vielschichtigen Gerichtslandschaften führte, in welche die jeweiligen Oberhöfe eingebettet waren", auch wenn der Terminus "Oberhof" selbst aus der Frühneuzeit stammt. Die bestimmende Frage ist, ob eine "Pluralität lokaler Rechtsordnungen anstelle des einen gemeinen deutschen Rechts" angenommen werden kann. Welchen Stellenwert nehmen Wechselwirkungen zwischen den regional beschränkt wirkenden Oberhöfen ein? Als Untersuchungsgegenstand wählt Krey, wie gesagt, das Rhein-Main-Gebiet, im Einzelnen Frankfurt, Gelnhausen und Ingelheim. ...
Das Folgende ist eine Auseinandersetzung mit dem Zeitungsartikel von Patrick Bahners (FAZ 5. 9. 2015) und zugleich mit seiner wichtigsten Autorität, Gerd Althoff (FmSt 48, 2014, S. 261-76: "Das Amtsverständnis Gregors VII. und die neue These vom Friedenspakt in Canossa"). Zu beiden Texten sind einige Bemerkungen vonnöten. Der vorliegenden Fassung meiner Darlegung gingen Versionen voraus, die an Jürgen Petersohn u.a., sowie jeweils erweitert an Nikolas Jaspert und zuletzt an Folker Reichert geschickt wurden. Ich stelle hiermit diese erweiterte Version (entgegen meiner ursprünglichen Absicht) auf Drängen von Kollegen und Freunden ins "Netz".
Die Abbauzone Lagoinhos im römischen territorium metallorum Três Minas / Jales (Nordportugal)
(2017)
Der vorliegende "Hephaistos"-Sonderband nimmt sich eines bislang auch im Kontext von Herrschaftsarchitektur und -repräsentation in der Antike eher wenig behandelten Themas an, nämlich des Zusammenhangs von "Bau- und Gartenkultur" auf der einen und "Herrschaftsverhältnisse[n] und Herrschaftslegitimation" auf der anderen Seite. Die hierin publizierten Beiträge sind das Ergebnis einer im Oktober 2014 an der Universität Hamburg veranstalteten Tagung und präsentieren anhand von Beispielstudien einen chronologisch sehr weit gefassten Überblick über das Thema, vom zweiten vorchristlichen Jahrtausend bis in das 20. Jahrhundert...
Die flavische Dynastie im Allgemeinen und ihr letzter princeps Domitian im Speziellen haben sich in den vergangenen Jahren ausgesprochen großer Beliebtheit erfreut. Vor dem Hintergrund des Unterganges des iulisch-claudischen Kaiserhauses und den einschneidenden Entwicklungen des Vierkaiserjahres stehen dabei Fragen nach dem herrschaftlichen Selbstverständnis der neuen principes sowie nach den Medien und Inhalten ihrer kaiserlichen Repräsentation im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Auch Jens Gering widmet sich mit seiner Osnabrücker Dissertation diesem Themenfeld. In seiner Arbeit verfolgt er "das Ziel, die Herrschafts- und Machtstrukturen der domitianischen Zeit anhand von ausgesuchten Aspekten römischer Politik längsschnittartig zu analysieren und in den Kontext der Principatsgenese einzuordnen" (S. 35), wobei er insbesondere den domitianischen Regierungsstil auf Kontinuitäten und Diskontinuitäten zu seinen Vorgängern und Nachfolgern untersuchen möchte...
In der anerkannten Reihe C(orpus) S(ignorum) I(mperii) R(omani), welche ihren Fokus auf die Untersuchung skulptierter, römischer Steindenkmäler legt, ist dieser neue Band für den Bereich Österreich erschienen. Gewidmet ist er den Grabstelen und -altären des Territoriums von Flavia Solva in Noricum. Hauptautor ist E. Pochmarski, die Bearbeitung des epigraphischen Materials ist I. Weber-Hiden zu verdanken, die auch einen Abschnitt zu den inschriftlich genannten Personen verfasst hat. Zeichnerisch unterstützt wurde der Band von M. Pochmarski-Nagele, weitere inhaltliche Hilfestellung leistete S. Lamm. O. Harl hat eine ganze Reihe an hervorragenden photographischen Aufnahmen zur Verfügung gestellt...
Der angezeigte Aufsatzband ist aus einer Tagung hervorgegangen, die im Mai 2011 an der McGill University in Montreal/Kanada veranstaltet wurde. In der "Introduction" (9- 17) skizzieren die Herausgeber die Zielsetzung der Konferenz und ihrer Akten: Untersucht werden soll, "how economic power and 'real' capital influenced and augmented the nature of aristocratic power at Rome and the driving forces behind the Republic’s foreign expansion" (12). Zwar gebe es einige wenige Studien, die sich dieser Thematik gewidmet hätten (verwiesen wird auf Publikationen von H. Schneider und I. Shatzmann), viele Detailfragen seien jedoch bislang ungeklärt. Im Anschluss an die kurze Einführung der Herausgeber folgt eine knappe inhaltliche Wiedergabe der dreizehn abgedruckten Artikel (13-17)...
Rezension zu: Verena Schulz, Die Stimme in der antiken Rhetorik, Hypomnemata 194 (Göttingen 2014)
(2017)
Die Stimme als vornehmlich akustisches Phänomen im Rahmen der antiken Rhetorik darstellen zu wollen, war schon den antiken Schriftstellern nach ein schwieriges Unterfangen, und umso willkommener ist eine derartige Darstellung zu begrüßen, insbesondere wenn sie sich, wie im Fall der vorliegenden Dissertation von Verena Schulz, eines interdisziplinären Ansatzes bedient. Bei der fast 400 Seiten starken Monographie handelt es sich einerseits um einen philologischen Kommentar zu den beiden ausführlichsten Quellentexten zur antiken Rhetorik, namentlich den Ausführungen des Auctor ad Herennium und denen des Quintilian. Andererseits aber stellt die Monographie eine Materialsammlung unter chronologischen und systematischen Gesichtspunkten dar, die die wesentlichen antiken Quellenstellen zur Stimme aus philologischer, medizinischer, musikalischer und historischer Perspektive in sich vereint und somit verschiedene Lesergruppen ansprechen soll. Ergänzt und erweitert um Exkurse, die sich dem heutigen Verständnis der Stimmphysiologie (S. 79-83), der antiken Terminologie von actio und pronuntiatio (S. 107-109) und den begrifflichen Vorstellungen der akustisch-physikalischen Stimmfaktoren zu Lautstärke und Tonhöhe (S. 178- 184) widmen, wird damit auf äußerst gelungene Weise eine Brücke von der Antike in die Rezeptionsgeschichte von Stimme und Rhetorik geschlagen, die abgrenzend zur bestehenden Forschung insbesondere um den medizinhistorischen Blickwinkel erweitert wurde...
Der Erzählforscher Johannes Merkel hat unlängst (2015) einen bemerkenswerten Überblick zur Gesamttradition des mündlichen Erzählens vorgelegt. Die folgenden Überlegungen, von einer Teilbesprechung dieser Neuerscheinung ausgehend, zielen grundsätzlich auf eine kritische Überprüfung von verschiedenen in der bisherigen Forschung für selbstverständlich gehaltenen Basisfaktoren (insbesondere den theoretischen Ansätzen von Nilsson und Parry). Dabei geht es zunächst einmal um jene allgemein vorausgesetzte vorgriechische Phase von oral poetry, auf die sich auch Merkel im 3. Kapitel unter dem Titel ‚Das singende Gedächtnis: Epenvortrag in Mittelasien und auf dem Balkan‘ bezog (105-148). Die neuere Forschung tendiert bekanntlich dazu, es habe eine längere oral poetry in den sog. "dunklen Jahrhunderten" zwischen 1200 und 850 v. Chr. noch vor Ausbildung der frühgriechischen Kultur gegeben; so z.B. der englische Althistoriker Robin Lane Fox (2008/11): "Ilias und Odyssee sind im Wesentlichen Werke der Mündlichkeit, die letzten in einem langen 'Zeitalter der Mündlichkeit'…". Eng damit verbunden waren Martin P. Nilssons Hypothese "The Mycenaen Origin of Greek Mythology" (1932) und der von Milman Parry seit 1928 konstituierte, von seinem Schüler Arthur B. Lord weiter entwickelte Ansatz, dass für frühgriechische Epen eine Vergleichbarkeit mit neueren Phasen mündlicher Epik z.B. auf dem Balkan gegeben sei. Merkels jüngste Ausführungen verstärken meine früheren Bedenken gegen dieses Gesamtkonzept.
In den Jahren 1886 und 1887 fanden sich in Avenches (Schweiz, Kanton Waadt), der ehemaligen römischen Colonia Pia Flavia Constans Emerita Helvetiorum Foederata, mehrere Fragmente einer Grabinschrift aus Marmor, die schon häufiger das Interesse der Forschung geweckt haben, da auf der Grabplatte anscheinend eine kaiserliche Gouvernante, eine educatrix Augusti nostri, genannt wird...
Die Deutschen traten »sich selbst immer ein wenig fremd gegenüber «, schreibt der Frankfurter Mittelalter-Historiker Johannes Fried in seinem Buch »Die Anfänge der Deutschen«, das deren »ethnische Taufe« vom späten 8. bis zum 12. Jahrhundert in den Blick nimmt. Das viel beachtete Werk, das nach 20 Jahren in einer überarbeiteten Neuausgabe vorliegt, lässt sich mittlerweile auch als Kommentar zur aktuellen Diskussion um eine angebliche Bedrohung »eigener« Werte lesen. Bernd Frye sprach mit Prof. Dr. Johannes Fried über ein Volk, das seinerseits aus fremden Elementen und Einwanderungsprozessen erwachsen ist.
Die Geschichte der frühen Christenverfolgung wird in Hollywoodstreifen wesentlich dramatischer dargestellt, als sie in der jüngeren Forschung beurteilt wird. Auch andere Kulte wurden unterdrückt, denn es bestand kein Recht auf Religionsfreiheit. Die Gründe für solche Maßnahmen lagen nicht in Glaubensvorstellungen, sondern in Handlungen, die als gefährlich für das Gemeinwesen galten. So fürchtete man, dass die Weigerung der Christen, Opfer darzubringen, den Zorn der Götter heraufbeschwören könne oder ein Zeichen mangelnder Loyalität sei. Vor diesem Hintergrund forderten Christen Religionsfreiheit von den Heiden, doch wurde diese auch im später christlichen spätantiken Reich nicht praktiziert.