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Stefan George und Alfred Schuler begegnen der sog. Krise des Historismus, die den Glauben an die Einheit von geschichtlichem und kulturellem Fortschritt erschütterte, mit einer neuen Art des Historismus, die mit einer signifikanten Umcodierung der überlieferten Wissensbestände einhergeht. Vor dem Hintergrund der kulturpessimistischen Stimmungslage des Fin de Siècle knüpft die Idealisierung der Antike hier zwar an deren bildungsbürgerlich tradierte normative Setzung durch Johann Joachim Winkelmann an, das klassische Antikenverständnis wird jedoch einer zeitbedingten Transformation unterzogen und zum vitalistischen Gegenpol einer als dekadent verstandenen Gegenwart erklärt. Unter dem Einfluss von Friedrich Nietzsches "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" (1874) wird das Griechische bei George bzw. das Römische bei Schuler als 'verlebendigte Antike' zum gegenwärtigen, heilsgeschichtlich aufgeladenen Kulturfaktor erhoben, der als produktive Kraft in der deutschen Gegenwart wirken soll.
Ziel des Artikels ist es, die Produktivität der Transformationstheorie, die am Berliner SFB 644 "Transformationen der Antike" zur Analyse kulturellen Wandels entwickelt wurde, zu belegen. Zu diesem Zweck werden Phänomene des kulturellen Wandels in den Wissenskulturen des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit untersucht. Aus der Sicht der Berliner Transformationstheorie ist ein hervorstechendes Charakteristikum kulturellen Wandels seine allelopoietische Struktur: Jede kulturelle Transformation setzt sich aus bidirektionalen, interagierenden, reziproken Phänomenen des Wandels in einer Aufnahmekultur und einer oder mehreren Referenzkulturen zusammen. Der Artikel behandelt deshalb soziale, epistemische und lehrende Praktiken und bezieht sich dabei zuvorderst auf 'convivia' und Akademien, Autopsie als besondere wissenschaftliche Methode und Disputationen und Deklamationen als akademische, universitäre Praktiken im 16. Jahrhundert. In all diesen Bereichen werden die Transformationen in einem andauernden Kampf um kulturelle und soziale Geltung verwirklicht, die durch die 'agency' einer Vielzahl vielfältiger Akteure und Agenten (wie Medien, Gattungen usw.) beeinflusst werden.
Zum Äquivalenzbegriff bei der terminologischen Arbeit im Recht unter translatologischem Aspekt
(2015)
In diesem Beitrag wird auf die Problematik der Äquivalenz in juristischen Texten aus kontrastiver Sicht eingegangen. Da die Problematik der Äquivalenz im Bereich Recht viele Spezifika im Vergleich zu anderen Fachgebieten aufweist, ist es notwendig, nach einem passenden Äquivalenzbegriff zu suchen, der als Ausgangspunkt der terminologischen Arbeit, beim Vergleich von zwei terminologischen Beständen genommen werden könnte. Zuerst wird kurz die Äquivalenz im Allgemeinen behandelt. Im Zusammenhang mit den Besonderheiten der Übersetzung von Rechtstexten und den damit verbundenen Problemen bei der Übertragung der Rechtstermini, die zugleich als Repräsentanten eines anderen Rechtssystems gelten, wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit der Äquivalenzbegriff für den Bereich Recht überhaupt haltbar ist.
Das Konzept "Heimat" besitzt für die Identitätsstiftung eine große Bedeutung, in jüngerer Vergangenheit sogar in zunehmendem Maße. Dies wird durch den Rechtsextremismus aufgegriffen und für den Transport der eigenen xenophoben Ideologie genutzt. Dabei wird auch an die Ausdeutung des Themas im Nationalsozialismus angeknüpft. Heimat wird dabei zu einem bedrohten Wert erklärt, den es vor dem Fremden zu schützen gilt. Aus diesen Gründen spielen Heimatdiskurse schon seit langem eine wichtige Rolle im deutschen Rechtsextremismus. Wesentliche identitätsstiftende Momente von Heimat sind das Brauchtum und die Sprache, durch deren Besonderheiten Zugehörigkeit signalisiert und erkannt wird. Zugleich bieten diese Spezifika die Möglichkeit, sich von anderen abzugrenzen. Lässt man das Brauchtum im Hinblick auf die sprachwissenschaftliche Ausrichtung des Beitrages unberücksichtigt, so ist es die Sprache, genauer die Verwendung von Dialekt oder doch zumindest eines Regiolektes oder einer landschaftlichen Färbung, die landläufig ebenfalls als Marker für die regionale bzw. lokale Identität gilt [...]. Dementsprechend liegt die Frage nahe, ob dialektale bzw. regiolektale Elemente auch in rechtsextremer Kommunikation irgendeine Rolle bei der Konstituierung des Heimatbezuges spielen.
Die kontrastive Kollokationslinguistik und Kollokationsdidaktik muss mehrere, bisher ungelöste Fragen klären. Aus linguistischer Perspektive stehen wir vor dem Problem der Delimitation der Kollokationen, aus der didaktischen Sicht geht es um die Festlegung des Kollokationsoptimums, daraus abgeleiteter Kollokationsminima und effektiver Methodik ihrer Didaktisierung
für die einzelnen Unterrichtsthemen und -stufen
Der Erwerb der interkulturellen Kompetenz kann entweder spontan oder in pädagogisch gesteuerten Lernsituationen erfolgen. Der Vorteil des institutionalisierten Unterrichts liegt im bewussten intendierten Lernen, wozu alle drei traditionellen Teilbereichen des FSU – Spracharbeit, Literatur und Landeskunde – Möglichkeiten bieten. [...] Die vorliegende Forschung beschreibt die Implementierung des interkulturellen Ansatzes (IKA) nach den Angaben von LehrerInnen. [...] Der wichtigste Schluss aus der Datenanalyse ist, dass der interkulturelle Ansatz im Deutschunterricht in der Slowakei nur im geringen Maße berücksichtigt wird.
Das Thema der Nutzung von Musik und Liedern im Fremdsprachenunterricht ist immer sowohl in unterrichtspraktischen als auch in theoretisch-konzeptionellen Diskussionen präsent. Im Unterricht erfüllen Musik und Songs unterschiedliche Funktionen (siehe etwa die psychohygienische, emotionale, sozialpsychologische Funktion), sind an der Förderung des unbewussten Lernens sowie (sprachlich) kognitiver Prozesse beteiligt, unterstützen das inter- bzw. (trans-)kulturelle Lernen, dienen als Auslöser fremdsprachlicher Kommunikationsprozesse etc. Praxiserfahrungen berichten über die herausragende Rolle von Songs beim Erwerb des Sprachmaterials (siehe insbesondere die Entwicklung des auditorisch-sensorischen Gedächtnisses). Allgemein bekannt sind die Vorteile des Liedhörens und Singens im mnemotischen Bereich, nicht zuletzt erweist sich ihr affektives sowie didaktisches Potenzial. In der Forschung vermehren sich seit den 1990er-Jahren Veröffentlichungen unterschiedlicher Qualität und Glaubwürdigkeit, die über vielfältige Wirkungen des Musikhörens, Musikspielens sowie des Gesangs auf Intelligenzleistungen, auf Gedächtnis, auf Emotionen sowie auf menschliche Gesundheit berichten. Uns als Theoretiker und Praktiker im Fach DaF interessiert in erster Linie der mögliche Beitrag unterschiedlicher Formen von Musikbeschäftigung zum(Fremdsprachen-)Lernen. Die bisherigen Resultate zeigen sich als nicht befriedigend: Trotz zahlreicher Publikationen und vielversprechender Schlussfolgerungen gibt es nur selten relevante theoretisch und empirisch untermauerte Studien über die gegenseitige Beeinflussung musikalischer und sprachlicher Fähigkeiten. Die Hauptursachen dieses Zustands sind in zahlreichen Querverbindungen zwischen den verschiedensten Aspekten der Musik sowie der menschlichen Kognition zu suchen, die so kompliziert und subtil erscheinen, dass es beinahe unmöglich ist, alle auftretenden Variablen kritisch zu prüfen und zu interpretieren.
In der Oberzips sind [...] die durch das benachbarte Schlesien vermittelten Merkmale des Ostmitteldeutschen vorherrschend. Einen Sonderfall stellen das Kesmarker Stadtprotokoll aus den Jahren 1554-1614 sowie das zweitälteste Gerichtsbuch von Kesmark aus den Jahren 1607-1624 dar, in denen die ostmitteldeutschen Merkmale gänzlich fehlen. [...] Nach Piirainen könnte dies auf eine eigene Schreibtradition in der Kesmarker Stadtkanzlei hinweisen. Die Teilergebnisse der sprachlichen Analyse von Originalhandschriften der Zunftsatzungen aus den Jahren 1573-1636 deuten jedoch darauf hin, dass man den ostmitteldeutschen bzw. schlesischen Einfluss in der Kesmarker Kanzleisprache nicht ausschließen kann.
Das Kanon-Motiv "Der Wanderer" im Denkraum Sarmatien, ausgehend von Johannes Bobrowskis Gedicht
(2015)
Nach Bobrowskis Statement ist auch der Kanon eine "Vorstellung", die "zuende" geht, dennoch liegt in diesem klaren Eingeständnis gleichzeitig für ihn die Verpflichtung zu einer "Überschau", zur Darstellung von "Bindungen" in einem 'tiefen Verständnis', zu einer Allgemein-'Gültigkeit' trotz vergangener und zukünftiger Verlusterfahrungen. Wenn Kanon, dann in diesem neuen Sinne, im Bewusstsein einer Herkunft und eines Weiterziehens in eine andere, fremde Zukunft, in der offenen Beweglichkeit von Lebensräumen im Plural, in einer Bereitschaft zum Gehen im Spannungsfeld der Beobachtung von 'Vergehendem' und 'Noch-nicht-ganz-Vergangen-Sein'. [...] der Kanon [erweist sich] in Form des Motivs "Wanderer" als gattungsübergreifendes – hier Lyrik und Prosa – Narrativ in klarer chronologisch-topographisch-logischer Struktur. Das Wandern als Bewegung in Zeit und Raum ist Modell für eine Wandlungsbereitschaft, die erst Orientierung für das Leben in der Zukunft bietet.
Der Themenschwerpunkt des vorliegenden Heftes der Slowakischen Zeitschrift für Germanistik zielt darauf ab, das vermeintlich altbekannte Phänomen des Literaturkanons genauer unter die Lupe zu nehmen. Zu diesem Zweck werden zweierlei Aspekte ins Auge gefasst. Zum einen wird darauf fokussiert, wie das Phänomen selbst zustande kommt, welche Formen es annimmt, welche Strukturen es entwickelt und welche Funktionen es erfüllt, zweitens wird die Kanonforschung zum Gegenstand der Untersuchung im Sinne einer literaturwissenschaftlichen Selbstreflexion. Der Schwerpunkt liegt in allen Beiträgen auf der literaturwissenschaftlichen Germanistik. Gerade in Deutschland werden seit den 1990er Jahren in der literaturwissenschaftlichen Praxis verstärkt Fragen der Kanonbildung diskutiert. Angesichts der großen Komplexität dieser Fragen differenziert sich auch der wissenschaftliche Diskurs bald aus und nimmt immer deutlichere Konturen an. Es werden zunächst einmal Fragen nach dem Sinn bzw. der Notwendigkeit des literarischen Kanons aufgeworfen, es wird demgegenüber auch oft auf seine Schädlichkeit hingewiesen, darüber hinaus wird auf die Geschichtlichkeit des Kanons und dessen damit verbundenen Wandelbarkeit eingegangen und im Zusammenhang damit Prozesse der Dekanonisierung und Rekanonisierung reflektiert etc.
Die Forderung, Kultur und Kunst stärker in den Deutschunterricht und ins germanistische Studium
einzubeziehen, wiederholt sich zyklisch seit Jahren, obwohl die Unterrichtsbedingungen sich im Laufe der Zeit veränderten und unterschiedliche didaktische Ansätze verschiedene Schwerpunkte präferierten. Dabei wird die Kultur in germanistischen Kreisen in ihren beiden Bedeutungen erörtert – als Hochkultur, als Kunst, die den Zeitgeist reflektiert und Anregungen für die Weiterentwicklung der Kulturen gibt, sowie als anthropologischer Begriff, der sich auf eine soziale Gruppe bezieht, ihre Artefakte, Praktiken, Normen und Werte umfasst. Im vorliegenden thematischen Block überwiegen Beiträge, die Kunst in ihren vielfältigen Formen – als Literatur, Musik, Film als auch Kombinationen von diesen Kunstsparten darlegen, wie sie in der Verfilmung literarischer Werke oder in der Werbung vorkommen. Aus didaktischer Sicht sollte der Kunst im Fremdsprachenunterricht ein besonderer Stellenwert eingeräumt
werden.
In der Dissertation wird das Antwortverhalten von Kindern bei der Koordination von Theorie und Evidenz untersucht. Diese Fähigkeit ist besonders beim naturwissenschaftlichen Lernen relevant. Dazu werden zwei Studien vorgestellt. In der ersten Studie, der Querschnittsstudie wird das Antwortverhalten von Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren am Beispiel der Leitfrage: „Warum springt ein Ball?“ untersucht. Verschiedene Vermutungen wie zum Beispiel „Dinge, die rund sind, springen“, werden geprüft. In der zweiten Studie, dem Kernstück der Arbeit werden zwei Fördermaßnahmen zum Training der Koordination von Theorie und Evidenz bei fünf- bis sechsjährigen Kindern vorgestellt.
Die Zahl der Verfahren und der Sterilisationen nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
(2015)
In dem Buch wird die Zahl der Verfahren nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses von 1934 bis 1945 (nach Hochrechnung) im "Altreich" auf ca. 436.000 geschätzt. Durchgeführt wurden laut Schätzung im "Altreich" ca. 294.000 Sterilisationen. Dazu kommen noch ca. 10.000 bis 20.000 Sterilisationen in den "angeschlossenen" oder annektierten Gebieten bis 1945.
Die folgende Auseinandersetzung mit der "Wahlverwandtschaften"-Abhandlung versteht sich nicht allein als Beitrag zur Rezeption Benjamins in der Literaturwissenschaft, zumal diese von Burkhardt Lindner und Vivian Liska bereits auf umfassende Weise nachgezeichnet worden ist. Ihr geht es vielmehr darum, in der kritischen Auseinandersetzung mit dem zwiespältigen Echo, das Benjamin in der Literaturwissenschaft gefunden hat, eine poetologische Dimension in seinen Schriften aufzuweisen, die in der doppelten Bedeutung als Theorie und Praxis der Dichtkunst noch heute für die Literaturwissenschaft wie die philosophische Ästhetik von Bedeutung ist. Wie zu zeigen sein wird, sind Benjamins "Wahlverwandtschaften" für die Philologie wie die Philiosophie noch immer zu entdecken.
Die Südostasienwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt a. M. luden in Zusammenarbeit mit der Südostasien Informationsstelle im Asienhaus Köln und dem Arbeitskreis Südostasien der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde den 19. und 20. Juni 2015 zu der Konferenz „Die Schattenseiten des Wirtschaftswachstums in Südostasien“ nach Frankfurt ein...
Globaler Konstitutionalismus ist etwas für Optimisten. Dass politische Macht in der globalisierten Welt sich der Herrschaft des Rechts, der Demokratie und den Menschenrechten unterwirft, ist nichts, was sich rein faktenorientiert an irgendwelchen Messinstrumenten ablesen ließe – noch viel weniger, dass sie sich diesen konstitutionellen Grundprinzipien auch auf globaler Ebene unterwerfen sollte. Das muss man schon auch glauben wollen, zumal in Zeiten wie diesen, wo sich die Zweifel häufen: Sind diese im Westen entwickelten Verfassungsprinzipien wirklich so universalisierbar, dass sie sich Chinesen, Saudis, Türken und Russen auch dann anempfehlen, wenn diese zunehmend – und zunehmend selbstbewusst – ohne sie zurechtzukommen scheinen? Was lehrt es uns bei unseren Versuchen, supra-, trans- und internationale Organisationen in konstitutionellen Kategorien zu beschreiben, dass dieselben allerorten die Bürgerinnen und Bürger auf die Barrikaden treiben? Kritische Reflexion tut not, und die Gelegenheit dazu erhielt der globale Konstitutionalismus letzte Woche bei einem außergewöhnlich prominent besetzten Workshop, den unser Partner, das Center for Global Constitutionalism beim WZB, gemeinsam mit der Humboldt-Universität und dem Frankfurter "Normative-Orders"-Cluster in Berlin veranstaltet hat.
Der Exchequer – das englische Schatzamt – entwickelte sich im Laufe des 12. Jahrhunderts und bestand danach für 700 Jahre. Im Mittelpunkt der von Ulla Kypta 2012 an der Universität Frankfurt am Main eingereichten Dissertation steht das Erkenntnisinteresse an der außergewöhnlichen Kontinuität dieser Organisation und der Frage, wie diese sich im 12. Jahrhunderts konstituierte. Die zentrale These von Kyptas Studie lautet: Der Exchequer entstand aus unhinterfragt, kontinuierlich wiederholten Routineakten – dem Abfassen der sogenannten Pipe Rolls. Dabei wirkte die Fachsprache dieser Dokumente einerseits abgrenzend und gruppenkonstituierend, andererseits bewirkte die Anpassungsfähigkeit der Sprache, dass sich die Organisation an unterschiedliche Rahmenbedingungen anpassen und sich somit selbst reproduzieren konnte. Im Zusammenspiel von Abgrenzungswirkung und Anpassungsfähigkeit institutionalisierte sich der Exchequer als höchst beständige Organisation. ...
Der im Jahr 2013 gegründete Arbeitskreis für spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte veranstaltete seine zweite gemeinsame Tagung am 01./02. Dezember 2014 in Mannheim. Nachdem man sich ein Jahr zuvor unter dem Rahmenthema "Neue Methoden der spätmittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte" getroffen hatte, lud der Arbeitskreis nun mit einem verstärkten Fokus auf „Theoretische und methodische Zugriffe auf die spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte am Beispiel von Quellen zum Rechnungswesen“ zu einer weiteren Tagung ein.In ihrer Begrüßung erläuterte TANJA SKAMBRAKS (Mannheim) im Namen der Veranstalterinnen (Julia Bruch (Köln), Ulla Kypta (Frankfurt am Main), Tanja Skambraks (Mannheim)) die grundsätzlichen Ziele des Arbeitskreises und das Konzept der Konferenz. ...
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäubles Behauptung, Griechenland könne wegen Art. 125 AEUV nur außerhalb der Eurozone seine Schulden gegenüber anderen Euro-Staaten und EFSF bzw. ESM restrukturieren, beruht auf einem Denkfehler, wenn nicht gar auf einem Taschenspielertrick. Die Pringle-Rechtsprechung des EuGH zeigt: Das Europarecht schaufelt sich nicht sein eigenes Grab. Man muss es nicht erst umgehen, um die Ziele der Union wahrhaft zu verwirklichen.
Herausforderungen für die nationale, regionale und thematische Webarchivierung und deren Nutzung
(2015)
Das World Wide Web ist als weltweites Informations- und Kommunikationsmedium etabliert. Neue Technologien erweitern regelmäßig die Nutzungsformen und erlauben es auch unerfahrenen Nutzern, Inhalte zu publizieren oder an Diskussionen teilzunehmen. Daher wird das Web auch als eine gute Dokumentation der heutigen Gesellschaft angesehen. Aufgrund seiner Dynamik sind die Inhalte des Web vergänglich und neue Technologien und Nutzungsformen stellen regelmäßig neue Herausforderungen an die Sammlung von Webinhalten für die Webarchivierung. Dominierten in den Anfangstagen der Webarchivierung noch statische Seiten, so hat man es heute häufig mit dynamisch generierten Inhalten zu tun, die Informationen aus verschiedenen Quellen integrieren. Neben dem klassischen domainorientieren Webharvesting kann auch ein steigendes Interesse aus verschiedenen Forschungsdisziplinen an thematischen Webkollektionen und deren Nutzung und Exploration beobachtet werden. In diesem Artikel werden einige Herausforderungen und Lösungsansätze für die Sammlung von thematischen und dynamischen Inhalten aus dem Web und den sozialen Medien vorgestellt. Des Weiteren werden aktuelle Probleme der wissenschaftlichen Nutzung diskutiert und gezeigt, wie Webarchive und andere temporale Kollektionen besser durchsucht werden können.
Die junghegelsche Bewegung bildete, indem sie sich als Partei darstellte, eine wichtige Neuerung in der Geschichte der Auffassungen und der Praktiken der Philosophie. Während eine traditionelle Auffassung der Philosophie Parteilichkeit als Symptom fehlender Allgemeinheit ablehnt und sie deshalb als für die Philosophie ungeeignet betrachtet, verteidigten als Erste die Junghegelianer eine Auffassung der Philosophie als Parteinahme. Bei ihnen bedeutet Philosophie ein in den Kämpfen seiner Zeit engagiertes Lager und nicht eine über dieselben hinausragende Stellung. Weit davon entfernt, als ein Fehler zu gelten, wird Parteilichkeit bei den Junghegelianern zum Beleg für die Wirklichkeit der Philosophie oder für ihre Fähigkeit, ihre eigene Zeit zu begreifen und auf sie zu wirken. Diese Umwandlung entspricht der im Vormärz stattfindenden Veränderung eines Diskursregimes der Kritik und impliziert einen Bruch mit dem Diskursregime des in der nahen Vergangenheit liegenden sogenannten Jahrhunderts 'der Kritik' oder der Aufklärung. [...] Die Entwicklung einer Kritik agonistischer Natur konnte, so scheint es, nur in der dem Vormärz zugrunde liegenden Situation seine geschichtliche Bedingung finden, nämlich in der Erfahrung des revolutionären Ereignisses und seiner Repression. In diesem neuen Erfahrungsfeld bietet die junghegelsche Definition der Kritik als Partei die Gelegenheit einer doppelten Verwandlung der Philosophie, nämlich deren Form und deren Inhalt. Die Absicht dieses Aufsatzes ist es, das Paradigma, die Begründung und die Folgen dieser parteilichen Kritik bei einigen zentralen Figuren der junghegelschen Bewegung zu erläutern.
2004 erschütterten Terroranschläge in London und Madrid die Welt. Die Reaktion der EU/EG im seinerzeit schnellsten Gesetzgebungsverfahren seit Bestehen: Verabschiedung der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie. 2009 sah der EuGH die Richtlinie trotzdem als Binnenmarktregelung an, mit der Harmonisierung auf dem Informationsmarkt herbeigeführt werden sollte. Äußerungen zum Inhalt – quasi als obiter dictum möglich gewesen – versagte er sich. 2010 beurteilte dann das BVerfG die bundesdeutsche Umsetzung, aber – ganz dem Verhältnis von EuGH und BVerfG entsprechend – nur den die europäischen Mindestvorgaben überschießenden Teil. Dieses Gesetz hatte national schon für reichlich Sprengstoff im Rechtsstaat gesorgt und u.a. den Rücktritt der beharrlich widersetzlichen Justizministerin bewirkt. ...
Ausgehend vom Kreis um den seit 1827 in München lehrenden Joseph Görres und seinen Sohn Guido mobilisierten die etwa 60 Zweigvereine des "Vereins für konstitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit" in der Endphase der Revolution - vor allem in den altbayerischen Regierungsbezirken - weite Teile der Bevölkerung für die gegenrevolutionäre Politik des Ministeriums von der Pfordten und trugen somit erheblich zum Scheitern der Reichsverfassungskampagne bei. Umso erstaunlicher ist es, dass weder die Revolutionsforschung noch die Katholizismusforschung den bayerischen Revolutionsgegnern bislang größere Aufmerksamkeit gewidmet haben. [...] Vor diesem Hintergrund zielt der Aufsatz zum einen darauf ab, einen Überblick über die Entwicklung der katholischen Vereine 1848/49 zu geben und ihre geographische und soziale Reichweite zu vermessen. Zum anderen rücken in einem zweiten Schritt die Selbstvergewisserungen, Mobilisierungsmechanismen und Praktiken in den Fokus, ohne die der Erfolg der katholischen Volksbewegung in Bayern nur unzureichend erklärt werden kann. Wenn der Ultramontanismus "Revolution und Freiheit fürchtete wie der Teufel das Weihwasser", wie rechtfertigten dann die führenden Kirchenmänner - sich selbst, aber auch ihren Anhängern gegenüber - die aktive Teilnahme an der Revolution? Somit geht es darum, einen konkreten Einblick in das Phänomen zu gewinnen, das Wilfried Loth treffend als eine "moderne Bewegung gegen die Moderne" charakterisiert hat. Darüber hinaus bleibt zu fragen, inwiefern der Katholizismus bereits im Vormärz auf 'moderne' Mittel gesetzt hatte oder ob diese Entwicklung erst im März 1848 begann.
Mit dem josefinischen Toleranzpatent von 1781 wurden "Akatholiken" im Habsburgerreich rechtsfähig. Unter dieser Bezeichnung wurden die Evangelischen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses (neben den mit Rom nicht unierten Griechen, also Griechisch-Orthodoxen) zusammengefasst, die auf der Grundlage einer schmalen Duldung und eingeschränkten individuellen Religionsfreiheit aus dem Untergrund ihres praktizierten Geheimprotestantismus hervortreten und im Wege des Dispens Bürger- , Meister- und akademische Rechte erwerben und unter limitierten Bedingungen eigene "Kultus"-Gemeinden bilden, d. h. Schulen, Bethäuser und Friedhöfe errichten sowie Pastoren und Lehrer berufen und einsetzen konnten. [...] Eine Sonderstellung beanspruchte schließlich die evangelische Gemeinde in Triest/Trieste/Trst, wo zeitgleich mit dem Toleranzpatent die öffentliche Religionsübung zugestanden wurde. Mit dieser Stadt, dem österreichischen Tor zur Adria, wird sich der folgende Beitrag eingehender befassen, denn von Triest aus wurden entscheidende Schritte im Emanzipationsprozess der Akatholiken getan - freilich auch nicht vor dem März 1848.