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Das Myc-Bindeprotein 2 (MYCBP2) könnte aufgrund seiner enormen Größe, seiner multiplen funktionalen Domänen und seiner ubiquitären Expression in die verschiedensten Signaltransduktionswege involviert sein. Bisher wurde überwiegend die Funktion der C-terminalen RING-Finger-Domäne untersucht, die die E3-Ubiquitinligase-Aktivität des MycBP2 bedingt. Über die Interaktion mit verschiedenen Signalwegen, wie den p38-Signalweg oder die mTOR-Aktivierung, kann MycBP2 über Ubiquitylierung und anschließendem proteosomalen Abbau diverse Prozesse der Synaptogenese und der spinalen Schmerzverarbeitung, aber auch der peripheren Nozizeption regulieren. Über die Funktionen der N-terminalen RCC1-ähnlichen Domäne ist dagegen weniger bekannt. Bisher konnte eine direkte Protein-Protein-Interaktion mit dem neuronenspezifischen elektroneutralen Kalium- und Chlorid-Ionen Co-Transporter KCC2 und mit der Adenylylcyclase nachgewiesen werden. Bindet MycBP2 oder seine RCC1-ähnliche Domäne an membranständiges KCC2 führt dies einem verstärkten Transporteraktivität, während die Bindung an die Adenylylcyclase in deren Hemmung resultiert. In der vorliegenden Arbeit sollten nun auf Basis eines Antikörperarrays neue Interaktionspartner des MycBP2 und deren Funktion bestimmt werden.
Der Antikörperarray vergleicht die Expression diverser Proteine in DRG-Lysat von SNS-Cre positiven und SNS-Cre-negativen MycBP2lox/lox Mäusen und weist Unterschiede im Vorkommen von SUMO1 auf. Durch Analyse mittels Western Blot zeigte sich ein verstärktes Signal für ein 85 kDa-Protein. Mittels Immunpräzipitation sowohl aus HeLa-Zellen als auch aus DRG-Neuronen wurde das Protein als SUMOyliertes RanGAP1 identifiziert. Durch CO-Immunpräzipitationen konnte eine direkte Protein-Protein Interaktion nachgewiesen werden, die während einer Zymosan-induzierten Hyperalgesie zu einer MycBP2-abhängig Regulation der RanGAP1 Expression und SUMOylierung führt. Die erhöhte RanGAP1 Menge in Abwesenheit von MycBP2 ist dabei nicht auf eine MycBP2-abhängige Ubiquitinierung des RanGAP1 zurückzuführen. Dagegen konnte eine Hemmung der Ubiquitinligaseaktivität des MycBP2 in Anwesenheit von SUMOyliertem RanGAP1 festgestellt werden, die sowohl bei der Autoubiquitylierung als auch beim proteosomalen Abbau von TSC2 nachgewiesen werden konnte. Weitere Untersuchungen zeigen eine durch SUMOyliertes RanGAP1-vermittelte Translokation des MycBP2 an den Zellkern, die durch Transfektion mit RanGAP1 siRNA sowohl in HeLa-Zellen als auch in primären DRG-Kulturen gehemmt werden kann.
Im nächsten Schritt wurde die mögliche Interaktion von MycBP2 mit Ran untersucht. Es zeigte sich, dass die Ranexpression in DRGs von Cre-positiven MycBP2lox/lox Mäusen im Gegensatz zu Cre-negativen MycBP2lox/lox Mäusen signifikant gesteigert ist und auch hier eine MycBP2-abhängige Expressionsregulation während der Zymosan-induzierten Hyperalgesie vorliegt. Ein 3D-Modell von primären DRG-Kulturen nach Immunfärbung weist eine Kolokalisation von MycBP2 und Ran sowohl im Cytosol als auch im Zellkern auf. Immunfärbungen von DRG-Schnitten zeigten außerdem, dass Ran in Abwesenheit von MycBP2 verstärkt im Zellkern vorliegt, was auf eine direkte Interaktion von MycBP2 mit Ran hindeutet. Auf Grund des stationären GTPase Assays konnte eine Integration des MycBP2 in den RanGTPase Zyklus belegt werden, da die Anwesenheit von MycBP2 zu einer gesteigerten GTP-Hydrolyse führte. Anhand des Ein-Zyklus-GAP-Assay wurde daher der Einfluss des MycBP2 auf die GAP-Aktivität des RanGAP1 überprüft, wodurch sich zeigte, dass MycBP2 die GAP-Aktivität des RanGAP1 hemmt. Damit bedingt die MycBP2/RanGAP1-Interaktion eine gegenseitige Hemmung der Enzymaktivität der beteiligten Proteine. Weitere Untersuchungen durch 35S-GTP-Bindeassays deckten eine konzentrationsabhängige GEF-Aktivität des MycBP2 für Ran auf, wobei die GEF-Aktivität von der RCC1-ähnlichen Domäne des MycBP2 vermittelt wird. Des Weiteren zeigte sich anhand von Versuchen mit der konstitutiv aktiven Ran-Mutante Q69L und der inaktiven Ran-Mutante T24N, dass MycBP2 verstärkt die inaktive Form des Ran, also RanGDP bindet.
In dieser Arbeit konnte so zum ersten Mal eine Integration des MycBP2 in den RanGTPase-Zyklus gezeigt werden, die es MycBP2 ermöglicht, sowohl in die nukleare Import/Export-Maschinerie, in den Aufbau der mitotischen Spindel und die Bildung der Kernmembran einzugreifen.
In der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen an zwei verschiedenen Retinalproteinen durchgeführt. Das erste analysierte Retinalprotein, Channelrhodopsin 2, wurde hauptsächlich auf die Beziehung zwischen Retinalisomerisierung und Photozyklus bzw. Funktionalität untersucht. Hierfür wurde das Chromophor all-trans Retinal durch verschiedene, sterisch anspruchsvolle, Retinalanaloga ersetzt. Das 9,12-Phenylretinal wurde bereits in BR erfolgreich eingesetzt, um die Isomerisierung des all-trans Retinals zum 13-cis Retinal in der Bindetasche zu verhindern und die Funktionalität des Proteins zu stoppen. In ChR2 hingegen kann das Phenylretinal nach Lichtanregung isomerisieren und ein Photoprodukt bilden, welches anschließend einen modifizierten Photozyklus durchläuft. In diesen Photozyklus zerfällt das erste Photoprodukt P1' sehr schnell und bildet ein zusätzliches Intermediat, Px, welches zeitlich zwischen dem P1' und P2' Intermediat liegt und eine grundzustandsähnliche Absorptionsbande besitzt. Im Vergleich zum Wildtyp läuft der modifizierte Photozyklus schneller ab als im Wildtyp und das Protein behält seine Funktion. Ein weiteres Retinalanalogon ist das trans-locked Retinal, welches sich als schwierig in das Protein einzubauen erwies. Dies resultierte in zwei verschiedenen Absorptionsbanden, wobei nicht klar war, welche die mit dem korrekt eingebauten Retinal war. Beide Banden wurden in Ultrakurzzeitexperimenten angeregt, hierbei stellte sich heraus, dass die bathochrom verschobene Spezies das korrekt eingebaute Retinal besitzt, da diese auch eine Schwingungsfeinstruktur, wie auch der Wildtyp, zeigt. Das trans-locked Retinal kann ChR2 erfolgreich an der Isomerisierung hindern und zeigt nach dem Zerfall des angeregten Zustandes keine Photoprodukt-Bildung.
Bei dem zweiten Retinalprotein, welches in dieser Arbeit untersucht wurde, handelt es sich um Krokinobacter eikaustus rhodopsin 2. Zuerst wird in dieser Arbeit die Primärreaktion des Proteins untersucht. Diese wurde unter verschiedenen Salzbedingungen, welche wichtig für die spätere Funktion des Proteins sind, jedoch auch Einfluss auf die Ultrakurzzeitdynamik des Proteins nehmen, analysiert. Der angeregte Zustand des Proteins zerfällt biexponentiell, wobei die erste Komponente den reaktiven Pfad und die langsamere Komponente den nicht-reaktiven Pfad beschreibt. Der reaktive Pfad bildet innerhalb einiger hundert Femtosekunden das bathochrom verschobene, isomerisierte J Intermediat, welches durch Kühlprozesse auf der unteren Pikosekundenzeitskala in das K Intermediat übergeht. Beim nicht-reaktiven Pfad zerfällt der angeregte Zustand innerhalb einiger Pikosekunden und geht in den Grundzustand über, ohne dass eine Isomerisierung des Retinals stattfindet. Sind Na+ oder K+ Ionen in der Lösung anwesend, sind diese Prozesse gleich schnell. In Abwesenheit dieser Ionen wird der nicht-reaktive Pfad stärker populiert und zerfällt langsamer. Das gleiche salzabhängige Verhalten konnte mit der Mutante H30A gezeigt werden. Die Aminosäure H30 sitzt im Interface zweier Oligomere in der Nähe der extrazellulären Na+ Bindestelle. Durch die Mutation von Histidin zu Alanin, wird das Protein fast ausschließlich zu einer Na+-Pumpe und pumpt kaum noch Protonen. Die Ultrakurzzeitdynamik bleibt jedoch unbeeinflusst davon und unterscheidet sich nicht vom Wildtyp. Neben dem normalen all-trans Retinal wurden auch hier, wie schon für Channelrhodopsin 2, Retinalanaloga im Wildtyp untersucht, hier hauptsächlich unter dem Aspekt der Farbanpassung. Die hier verwendeten Analoga waren das A2 Retinal und das MMA Retinal (MMAR), die beide durch die Erweiterung des -Systems zum Grundzustand rotverschobene Absorptionsspektren aufweisen. Das A2 Retinal besitzt eine weitere Doppelbindung und das MMAR zwei weitere Doppelbindungen im -Jonen Ring im Vergleich zum Retinal. Das MMAR hat zusätzlich noch eine weitere Methylamino-Gruppe. Durch das größere -System hat das MMAR auch die größere Rotverschiebung im Spektrum. Beide Retinalanaloga zeigen sehr breite ESA Banden und isomerisieren nur zu einem geringen Prozentsatz, die Hauptpopulation der angeregten Moleküle geht über den nicht-reaktiven Pfad zurück in den Grundzustand.
Der Photozyklus von KR2 wurde ebenfalls untersucht. Hierbei wird unter anderem das Verhalten des Proteins unter verschiedenen pH- und Salzbedingungen analysiert. Hierbei konnte festgestellt werden, dass die Dynamik des Natrium-Pump-Zyklus unabhängig vom pH Wert ist. In einem pH Bereich zwischen 6 und 9.5 ändern sich die Lebenszeiten des Zyklus nicht signifikant, jedoch wird die Amplitude des O Intermediats, welches als Indikator für den (nicht Protonen) Ionentransport genutzt wird, bei niedrigem pH Wert geringer. Die geringere Amplitude weist auf einen geringeren Na+-Transport hin. Dies liegt an der Kompetition der zu transportierenden Ionen, in diesem Fall Na+ und H+. Ist die H+ Konzentration viel höher als die Na+ Konzentration, so fängt das Protein an H+ zu pumpen. Unter physiologischen Bedingungen handelt es sich bei KR2 jedoch um eine reine Na+-Pumpe. Sind Kalium-Ionen bei pH 9.5 anwesend, so zeigt das Protein wie auch beim Natrium-Pump-Zyklus ein starkes O Intermediat, was darauf hindeutet, dass auch K+ transportiert werden kann. Dies konnte von Dr. Janina Sörmann (Arbeitsgruppe Bamberg, MPI für Biophysik Frankfurt) auch in elektrophysiologischen Messungen gezeigt werden. Bisher wurde in der Literatur davon ausgegangen, dass K+ vom Wildtyp nicht transportiert werden kann. Um die Photozyklusdynamik des Natrium-Pumpzyklus besser verstehen zu können, wurde die Temperaturabhängigkeit des Photozkylus mit Hilfe der Target Analysis untersucht. Hierbei stellte sich heraus, dass das simple sequentielle Modell K -> L -> M -> O -> GS die besten Fitresultate liefert, obwohl viele verschiedene Modelle mit Verzweigungen oder Rückraten ebenfalls getestet wurden. Resultat der Target Analysis sind unter anderem die Evolution Associated Difference Spectra (EADS). Diese beinhalten die Differenzspektren der einzelnen Zustände, welche um das Grundzustandsbleichen korrigiert werden können, um die Evolution Associated Spectra (EAS) zu bilden. Durch Entfaltung dieser EAS (auf der Energieskala) konnten die Reinspektren der einzelnen Photointermediate K, L, M und O berechnet werden. Auffällig hierbei war, dass das M Intermediat eine geringere Blauverschiebung als erwartet aufwies, was höchstwahrscheinlich an der Elektrostatik in der Retinal-Bindetasche liegt. Durch die Entfaltung der Spektren konnten ebenfalls die Gleichgewichte, welche zu schnell sind, um in der Target Analysis aufgelöst zu werden, bestimmt werden. Die K, L und M Intermediate stehen, je nach Temperatur, in verschiedenen Gleichgewichten zueinander, während das O Intermediat, keine Gleichgewichte eingeht und nur separiert von den anderen Intermediaten auftaucht. Dies bedeutet, dass sich zwischen M und O Intermediat ein unidirektionaler Schritt im Photozyklus befinden muss. Dieser hängt wahrscheinlich mit dem Na+-Transport zusammen, da das Ion beim Übergang vom M zum O aufgenommen und an der Schiffbase vorbei transportiert werden muss.
Um den Photozyklus besser untersuchen zu können, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Anlage zur transienten Blitzlichtphotolyse aufgebaut und die bestehende Breitband-Blitzlichtphotolyse automatisiert und verbessert. Hierfür wurden mithilfe von MATLAB und LABVIEW verschiedene Programme zur Datenakquisition, -verarbeitung und -analyse geschrieben. Für die transiente Blitzlichtphotolyse musste ein Datenreduzierungsprogramm entwickelt werden, um die mehrere Gigabyte großen Datensätze auf eine verarbeitbare Größe, mit gleichzeitiger Verbesserung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses, zu bringen. In der Breitband-Blitzlichtphotolyse konnte ein Pulsverzögerungsgenerator als zentrale Steuereinheit aller Komponenten der Breitband-Blitzlichtphotolyse eingesetzt und programmiert werden, um das Messverfahren zu automatisieren. Anschließend musste noch ein neues Datenverarbeitungsprogramm geschrieben werden, welches die Daten für die anschließende Analyse zusammenstellt und vorbereitet. Die neuen Programme gewähren einen reibungslosen Anschluss an die Analysesoftware OPTIMUS, welche in der Arbeitsgruppe genutzt wird.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Dynamik zweier grundlegend verschiedener, deaktivierender Mechanismen von Retinalproteinen untersucht. In einem dritten Projekt wurde die Photodynamik einer Dreifachmutante von visuellem Rhodopsin erforscht, von der eine Mutation zu kongenitaler (angeborener) Nachtblindheit führt und zwei andere Mutationen das Protein über eine Disulfidbrücke stabilisieren. Die Ergebnisse dieser drei Projekte sind im Folgenden zusammengefasst.
Die Aktivität des mikrobiellen Proteorhodopsins als lichtgetriebene Protonenpumpe kann photoinduziert unterbunden werden. Dies erfolgt durch die Absorption von blauem Licht durch das Retinal bei deprotonierter Schiff‘schen Base. Vor dieser Arbeit war allerdings nur wenig über den Mechanismus und die Kinetik dieses Effekts bekannt. Das einzige Retinalprotein, an dem diese Deaktivierungsdynamik auf molekularer Ebene zeitaufgelöst untersucht wurde, ist Bakteriorhodopsin. Doch auch an diesem System wurde die ultraschnelle Primärreaktion in der photoinduzierten Deaktivierungsdynamik - die Photoisomerisierung des 13-cis-Retinals - bisher nicht zeitaufgelöst gemessen.
In dieser Arbeit wurde ein Weg gefunden, diesen Prozess auf einer Sub-Pikosekundenzeitskala zu detektieren. Dazu wurde eine Proteorhodopsinmutante genutzt, in der der primäre Protonendonor E108 durch Glutamin ersetzt ist. Diese Mutante weist eine signifikante Erhöhung der Lebensdauer des M-Intermediats auf. Im photostationären Gleichgewicht führt diese veränderte Kinetik zu einer erheblich erhöhten Akkumulation des Proteins im M-Zustand, die ausreicht, um photoinduzierte Absorptionsänderungen der Deaktivierungsdynamik sowohl im sichtbaren als auch im mittleren Infrarotbereich auf ultrakurzer Zeitskala zu detektieren. Dieses Projekt erfolgte in Kooperation mit dem Arbeitskreis Glaubitz (Goethe-Universität Frankfurt am Main).
Es zeigte sich, dass die Anregung des Retinals von Proteorhodopsin im M-Zustand zur Isomerisierung von 13-cis zu all-trans führt, die nach wenigen Pikosekunden abgeschlossen ist. Der zweite und abschließende Schritt ist die Reprotonierung der Schiff'schen Base. Es stellte sich heraus, dass dieser Prozess auf einer Nanosekundenzeitskala abläuft und über einen Protonentransfer vom primären Protonenakzeptor D97 zur Schiff'schen Base ermöglicht ist.
Die in dieser Arbeit vorgestellte Methodik zur Untersuchung der deaktivierenden Photodynamik von Proteorhodopsin auf ultraschneller Zeitskala, könnte in Zukunft auf weitere mikrobielle Rhodopsine angewandt werden. So ist die Studie der Deaktivierungsdynamik von Channelrhodopsinen von großem Interesse für optogenetische Anwendungen. Eine lichtgesteuerte Kontrolle der Ionenkanalöffnung und -schließung sollte die Präzision in der Regulierung ionischer Permeation erheblich verbessern.
Die Proteorhodopsinmutante E108Q wurde außerdem in ihrer primären Photodynamik sowohl bei grünem als auch blauem Anregungslicht untersucht. Es zeigte sich in beiden Fällen eine Dynamik, die der des Wildtyps sehr ähnlich ist. Eine Beobachtung unterscheidet sich jedoch wesentlich vom Wildtyp. Das K-Intermediat der E108Q-Mutante scheint nach einigen hundert Pikosekunden zumindest partiell zu zerfallen, woraufhin sich eine Signatur im blauen Spektralbereich bildet. Blitzlichtphotolysemessungen lassen vermuten, dass diese blau absorbierende Species im zwei- bis dreistelligen Nanosekundenbereich wieder zerfallen sein muss.
Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Photozerfall von visuellem Rhodopsin. Es ist bekannt, dass die Signaltransduktion durch Wechselwirkung zwischen aktiviertem Rhodopsin und Arrestin unterbunden wird. Im ersten Abschnitt wurde der Einfluss der Arrestin-1-Variante p44 auf die Photodynamik visuellen, bovinen Rhodopsins untersucht. In einer Kooperation mit dem Arbeitskreis Schwalbe (Goethe-Universität Frankfurt am Main) konnte gezeigt werden, dass Arrestin erheblichen Einfluss auf die Zerfallsdynamik von Meta II und Meta III hat. Es wurde festgestellt, dass die Wechselwirkung von p44 mit photoaktiviertem Rhodopsin eine erhöhte Population des Intermediats Meta III bewirkt, mit der Folge einer zweifach langsameren Freisetzungskinetik des all-trans-Retinals. Diese Beobachtung weist auf eine physiologische Rolle des Zustands Meta III in der Retinalhomöostase hin.
Gegenstand einer zweiten Studie mit dem Arbeitskreis Schwalbe ist zum einen die Rhodopsinmutation G90D, die mit kongenitaler (angeborener) stationärer Nachtblindheit zusammenhängt, und zum anderen die Doppelmutation N2C und D282C, die zur Ausbildung einer stabilisierenden Disulfidbrücke zwischen den im extrazellulären Bereich eingeführten Cysteinen führt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Photodynamik des Wildtyps, der Doppelmutante und der stabilisierten G90D-Mutante (Mutationen G90D, N2C und D282C) sowohl auf einer ultrakurzen Zeitskala als auch auf einer Minutenskala untersucht.
Den photoaktivierbaren Schutzgruppen PPGs wurde als wichtige Werkzeuge, um z. B. biologische Prozesse zu untersuchen, in den letzten Jahren eine beachtliche Aufmerksamkeit zuteil. Der Einsatz von PPGs weist gegenüber chemischen Schutzgruppen wertvolle Vorteile auf, was deren Einsatz für biologische Konzepte attraktiv macht. Insbesondere, da keine weiteren Reagenzien außer Licht als Mittel für die Photolyse benötigt werden. Darüber hinaus ist es möglich, durch Einsatz moderner Lasertechnik, eine homogene Bestrahlung des Reaktionsvolumens mit einer hohen Lichtdosis auf einer, im Vergleich zu klassischen Lichtquellen, kürzeren Zeitskala zu gewährleisten.
Die Diversität der einsetzbaren photosensitiven Schutzgruppen, kommt einerseits der Vielfalt der anwachsenden biochemischen Fragestellungen insofern zugute, als dass die ausgewählten PPGs auf verschiedenste Anforderungen der zu untersuchenden Systeme zugeschnitten werden können. Anderseits kann die, durch einige Problemstellungen, erforderte chromatische Orthogonalität der eingesetzten Schutzgruppen, gewährleistet
werden, deren Umsetzung sich in den letzten Jahren in zahlreichen Studien als erfolgsversprechend erwies. Beide Aspekte sind unter anderem Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
Zum einen sollte das Photocaged Puromycin als photolabiles Antibiotikum Derivat, mithilfe der Cumarinylmethyl-Schutzgruppe (DEACM-Puromycin) optimiert werden und mit dem vorherigen Nitrobenzyl-geschützten NVOC-Puromycin mittels spektroskopischer und biochemischer Methoden verglichen werden. Zum anderen sollte eine neue Strategie etabliert werden, mit deren Hilfe das photolytisch entschützte Puromycin erneut deaktiviert werden kann.
DEACM-Puromycin konnte mithilfe eines fünfstufigen Syntheseweges hergestellt werden. Ausgehend von 7-Amino-4-methylcumarin, dessen allylische Methylgruppe durch die Riley-Reaktion mit Selendioxid Se2O zum entsprechenden DEACM-Aldehyd oxidiert wurde und anschließende Reduzierung in Anwesenheit von NaBH4 zum Cumarinalkohol DEACM-OH. Eine nicht toxische Variante, bei welcher Selendioxid umgangen wurde, zeichnete sich ebenso als zielführend aus. DEACM-OH und Puromycin konnten im Anschluss über ein Carbonat-Intermediat miteinander als Carbamat verknüpft und mithilfe von HPLC aufgetrennt werden.
Die Vorrangigkeit des neuen photolabilen Puromycin Derivates (DEACM-Puromycin), wurde zuerst mithilfe der Laser-NMR-Spektroskopie sowie HPLC Verfahren erfasst. Spektroskopische Analysen im Rahmen einer Kollaboration mit dem AK von Professor Wachtveitl bestätigten, dass DEACM-Puromycin für biologische Anwendungen geeignetere photolytische Eigenschaften, wie z. B. einen höheren Extinktionskoeffizienten, eine bathochrome Verschiebung des Absorptionsmaximums, sowie eine höhere Quantenausbeute und Uncaging Effizienz der Photolyse, aufwies. Basierend auf einer vergleichbaren HOMO-LUMO Differenz beider Verbindungen (DEACM-OH und DEACM-Puromycin), konnte die Spaltung der Schutzgruppe mithilfe der Differenz der Fluoreszenzslebensdauern mit einer Rate von 0,71*108 s-1 charakterisiert werden. Dies war im Vergleich zum vorherigen NVOC-Puromycin um eine Größenordnung höher. Weitere durchgeführte spektroskopische Methoden wurden mittels quantenchemischer Rechnungen unterstützt, um wichtige Erkenntnisse der kinetischen und dynamischen Abläufe der Photolyse des geschützten Puromycins anzueignen, z. B.:
• Der zur Photolyse von DEACM-Puromycin konkurrierende Fluoreszenzprozess, kann durch protische Medien unterdrückt werden. Dies und die somit ermöglichten Wasserstoffbrückenbindungen, welche die entstehenden ionischen Intermediate während der Photolyse stabilisieren, könnten sich für die Erhöhung der Quantenausbeute der photolytischen Abspaltung von DEACM-Puromycin zu Nutze gemacht werden.
• Anhand von Experimenten auf der ultrakurzen Zeitskala wurde die Population eines angeregten S1-ICT-Zustandes detektiert. Bei diesem findet, in Anwesenheit von polarem Lösungsmittel, einen Ladungstransfer der Diethylaminoreste auf den Cumarinring statt.
• Polare Lösungsmittel bewirken ebenfalls den Übergang zu einem TICT Zustand, welcher als nichtstrahlende Relaxation die Fluoreszenz des DEACM-Puromycins reduziert. Die Auswahl von Substituenten sowie polaren und protischen Lösungsmitteln zur Begünstigung der ICT- sowie TICT- Zustände, könnte zukünftig zur Optimierung der Photolyse Effizienz herangezogen werden.
Die gelungene Optimierung des geschützten Puromycins als ein photosensitives Antibiotikum, durch die DEACM-Schutzgruppe, konnte mittels eines XTT-Zellviabilität-Experimentes mit sf9-Insektenzellen nachgewiesen werden. Zusätzlich konnte die lichtkontrollierte Puromycylierung zur Visualisierung neu synthetisierter Proteine als weitere Funktion des optimierten photoaktivierbaren Puromycins in Zusammenarbeit mit dem AK. Schumann (MPI für
Hirnforschung, Frankfurt am Main) nachgeprüft werden. Obwohl beide photocaged Verbindungen, DEACM- sowie das vorherige NVOC-Puromycin, eine vergleichbare Zellpermeabilität zu den präparierten Neurozellen aufwiesen, zeigte DEACM-Puromycin unter gleichen Bedingungen nach der Belichtung ein signifikant intensiveres Puromycylierungsignal als NVOC-Puromycin. Unter der Annahme, dass sich mehr NVOC- als DEACM-Puromycin in
den Zellen befand, bestätigt diese Beobachtung die Vorrangigkeit des DEACM-Derivates, aufgrund seiner bereits optimierten photochemischen Eigenschaften. Durch den Einsatz eines Zwei-Photonen-Lasers, konnte die Eignung von DEACM-Puromycin für die raumselektive Steuerung der Detektion von neu exprimierten Proteinen, mit größerer Auflösung auf subzellularem Level, nachgewiesen werden.
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Die vorliegende Dissertationsarbeit behandelt eine umfangreiche Studie des nukleären Rezeptors (NR) TLX (engl. tailless homolog, TLX). Als ligandenaktivierbarer Transkriptionsfaktor ist TLX in Differenzierungs- und Proliferationsprozessen involviert und übernimmt somit eine tragende regulatorische Rolle in der Neurogenese von neuronalen Stammzellen87,88. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine fehlgesteuerte TLX-Expression mit gravierenden kognitiven, visuellen und neurodegenerativen sowie tumorigenen Erkrankungen assoziiert ist, sodass TLX ein vielversprechendes Wirkstofftarget mit hohem therapeutischem Potential darstellt94,95,99,100 105. Die pharmakologische Validierung von TLX als neues Wirkstofftarget befindet sich allerdings aufgrund limitierter Verfügbarkeit von validierten und potenten synthetischen und natürlichen kleinen organischen Molekülen in einer frühen Phase. Daher ist das Interesse sehr groß neuartige und wünschenswerterweise selektive TLX-Modulatoren zu generieren109,119-121.
Im Rahmen dieser Dissertationsarbeit wurden zu diesem Zweck mehrere Reportergenassays eingeführt, die die in vitro Aktivitätsstudie von TLX sowohl im Gal4-Hybridformat in Kombination mit Gal4-VP16 als starken Transkriptionsaktivator als auch als TLX-Volllängenprotein in HEK293T-Zellen (engl. human embryonic kidney, HEK293T) erlaubten. Zusätzlich wurde Gal4-TLX in Kombination mit VP16-RXRα untersucht, um bisherige unbekannte potentielle Heterodimer-vermittelte Effekte zu studieren. In einem primären Screeningansatz im Gal4-Format unter Verwendung einer kommerziell erhältlichen Wirkstofffragmentbibliothek und ausgewählter strukturähnlicher Wirkstoffe wurden mehrere Wirkstofffragmentkandidaten identifiziert (30, 34, 39, 45 und 47), die einen attraktiven Ausgangspunkt zur Darstellung von TLX-Modulatoren darstellten. Insgesamt wurden in vier Projekten vier strukturdiverse Chemotypen anhand von Struktur-Wirkungs-Beziehungs-Studien anhand der Aktivität an TLX untersucht. Ausgehend von Fragment 34 beinhaltete das erste Projekt die Identifizierung und Charakterisierung von Xanthinderivaten als inverse TLX-Agonisten. Eine systematische Struktur-Wirkungs-Beziehungs-Studie lieferte mehrere hochpotente Derivate, die auf das Grundgerüst von 8-Phenyltheophyllin (97) basierten. Parallel konnte Istradefyllin (116), welches aktuell zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung in den USA und Japan Anwendung findet, als potenter inverser TLX-Agonist identifiziert werden. Mehrere orthogonale zelluläre und zellfreie Experimente klassifizierten die Xanthine als neue erste TLX-Modulatoren. Das zweite Projekt umfasste die Identifizierung und Charakterisierung des unselektiven β-Adrenorezeptorblockers Propranolol (54) ausgehend vom Wirkstofffragment 30. Durch eine vorläufige systematische Struktur-Wirkungs-Beziehungs-Untersuchung der aliphatischen Aminoalkoholseitenkette von 54 konnte die sekundäre Aminogruppe als determinierendes Strukturmotiv für eine Aktivität an TLX bestimmt werden. Weitere Migrations- und Zellviabilitätsexperimente demonstrierten erste phänotypische Effekte in T98G-Glioblastomzellen seitens 54, die TLX-vermittelt sein könnten. Das dritte Projekt behandelte die Darstellung eines potenten neuartigen TLX-Agonisten mit Hilfe eines ligandenbasierten Pharmakophormodells. Das verwendete Pharmakophormodell wurde hierbei unter Verwendung des publizierten Referenzliganden ccrp2 (2) und dem identifizierten Wirkstofffragment 45 aus dem vorherigen Screeningansatz generiert. Durch eine anschließende rationale Fragmentfusion von 45 mit weiteren TLX-Agonisten aus dem Wirkstofffragmentscreening konnte der neuartige potente TLX-Agonist 137h synthetisiert werden, welcher eine verbesserte mikrosomale Stabilität im Vergleich zu 45 und 2 aufwies. Das vierte Projekt beinhaltete die Darstellung neuartiger TLX-Modulatoren mit Hilfe eines Scaffold Hopping Ansatzes. Hierbei wurden essentielle Strukturmotive aus der Xanthin-Struktur-Wirkungs-Beziehung (erstes Projekt) auf weitere Wirkstofffragmente übertragen. Die Validierung dieses Scaffold Hoppings anhand der Verbindung 156 führte anhand eines darauf folgenden kombinatorisch-chemischen Ansatzes zur Darstellung einer Substanzbibliothek (255 Amidrohprodukte). Ein Aktivitätsscreening der Amidrohprodukte deutete in den Reportergenassays auf drei aktive TLX-Modulatoren hin (582, 611 und 629), welche nachträglich gezielt synthetisiert, isoliert und erneut auf Aktivität an TLX validiert wurden. Hierbei hob sich besonders 629 hervor, welches in drei orthogonalen zellulären Reportergenassays TLX-vermittelte Effekte aufwies und zusätzlich einen Bindungseffekt an rekombinanter exprimierter TLX-Ligandenbindedomäne zeigte.
Mit dieser Arbeit konnte mit Hilfe der Einführung diverser TLX-basierter Reportergenassays zur Aktivitätsstudie von TLX mehrere strukturdiverse Liganden als potentielle tool compounds identifiziert und charakterisiert werden. Alle abgeleiteten TLX-Modulatoren können somit als wertvolle neue Startpunkte zur Derivatisierung neuartiger potenter Liganden und somit zu einem Fortschritt in der pharmakologischen Validierung von TLX als Wirkstofftarget dienen.
In Vorarbeiten wurde gezeigt, dass der Kaliumkanal Slack an der Verarbeitung neuropathischer Schmerzen funktionell beteiligt ist und dass das klassische Neuroleptikum Loxapin Slack-abhängig neuropathisches Schmerzverhalten im Mausmodell lindert (Lu et al. 2015).
Ausgehend von Loxapin als Leitstruktur wurden in der vorliegenden Arbeit im FluxOR™ Kaliumkanal-Assay an Slack-transfizierten HEK-Zellen insgesamt 68 neue Loxapin-Derivate gescreent. Hierbei wurden 23 Substanzen mit Slack-aktivierenden Eigenschaften identifiziert, von denen VHP93, VH408 und VH425 weiter in vivo untersucht wurden. Dabei zeigten Mäuse nach systemischer Gabe von VHP93 ein reduziertes Verhalten in einem Modell für neuropathische Schmerzen. Dem gegenüber wurde durch VH408 das Verhalten im neuropathischen Schmerzmodell nicht beeinflusst.
Des Weiteren konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass durch eine Slack-Aktivierung nicht nur neuropathisches Schmerzverhalten gehemmt wird, sondern auch die Kratzreaktionen im Chloroquin-Modell des Histamin-unabhängigen Juckreizes reduziert werden können.
Neben Slack wurde in dieser Arbeit auch die Gewebsexpression und funktionelle Bedeutung des eng mit Slack verwandten Kaliumkanals Slick charakterisiert. Expressionsanalysen ergaben, dass Slick überwiegend in dünn myelinisierten A-delta-Fasern und inhibitorischen Interneuronen im Dorsalhorn des Rückenmarks lokalisiert ist. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass Slick-Knockout-Mäuse ein erhöhtes Schmerzverhalten nach thermischer Stimulation aufwiesen. Außerdem wurde bei Slick-Knockout-Mäusen in der späten Phase des Capsaicin- und Formalin-Tests ein signifikant erhöhtes Leckverhalten verzeichnet. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern somit Hinweise auf eine funktionelle Beteiligung von Slick bei der Detektion von Hitzeschmerzen und bei der TRPV1- und TRPA1-vermittelten Schmerzantwort. Zusammengefasst zeigen diese Daten, dass Slick vorrangig an der Verarbeitung thermischer und chemischer Noxen beteiligt ist und dabei eine antinozizeptive Funktion ausübt.
Das Zusammenspiel von experimentellen mit quantenchemischen Methoden ermoeglicht eine detaillierte Untersuchung der ablaufenden Mechanismen einer chemischen Reaktion auf molekularer Ebene. Insbesondere für quantenchemische Rechnungen zu molekularen Uebergangsmetall-Verbindungen haben sich die Methoden der Dichtefunktionaltheorie (DFT) als aeusserst leistungsfaehiges Forschungswerkzeug herausgestellt. Im Rahmen der DFT fehlt es allerdings prinzipiell an der Möglichkeit zur systematischen Verbesserung der erzielten Ergebnisse und DFT-Rechnungen zeigen eine hohe Abhängigkeit von der Natur der untersuchten molekularen Verbindungsklasse. Daher muss vor jeder mechanistischen Untersuchung ein jeweils optimaler DFT-Ansatz durch Vergleich mit hochgenauen Referenzrechnungen oder mit experimentellen Referenzdaten für relevante Vergleichssysteme identifiziert und gegebenenfalls kalibriert werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden quantenchemische Rechnungen zur Reaktivität von Übergangsmetall-Verbindungen anhand von fünf Forschungsprojekten vorgestellt. Im ersten Kapitel werden die Ergebnisse für die Aktivierung kleiner Moleküle (Alkohole, Sauerstoff und Stickstoff) durch bifunktionelle Übergangsmetall-Pincer-Komplexe dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich mit der bioanorganischen Chemie von dinuklearen Kupfer-Sauerstoff-Komplexen. Die Auswahl einer geeigneten DFT-Methodik erfolgte in allen Fällen durch den Vergleich zu experimentellen Referenzdaten.
In Kooperation mit der Arbeitsgruppe Schneider wurden Eisen-Komplexe für die katalytische (De)hydrogenierung von Alkoholen entwickelt, eine wichtige Reaktion zur Funktionalisierung von Alkoholen zu Carbonylverbindungen. Durch DFT-Rechnungen konnte der ablaufende Katalysezyklus der (De)hydrogenierung des Modell-Substrats Methanol aufgeklärt und der geschwindigkeitsbestimmende Schritt identifiziert werden. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Schneider wurde die selektive Reduktion von Sauerstoff zu Wasser, vermittelt durch einen dihydridischen Iridium-Komplex, untersucht. Da durch die beiden Hydrid-Liganden insgesamt vier Elektronen für die Reduktion von Sauerstoff zu Wasser bereitgestellt werden, sollte prinzipiell ein monomolekularer Reaktionsverlauf möglich sein. Detaillierte DFT-Rechnungen in Kombination mit experimentellen Kinetikmessungen ergeben starke Hinweise auf einen derartigen Reaktionspfad mit geschwindigkeitsbestimmender Sauerstoff-Aktivierung. Zuletzt wird ein weiteres Kooperationsprojekt mit derselben Arbeitsgruppe vorgestellt. Die protoneninduzierte
übergangsmetallvermittelte Spaltung von Stickstoff in zwei Metall-Nitrid-Komplexe stellt ein neuartiges synthetisches Konzept dar. Durch die Protonierung eines dinuklearen Molybdän-Stickstoff-Komplexes erfolgt die Spaltung in die entsprechenden Mo-Nitrid-Komplexe. Der Grund für die ungewöhnliche Änderung der Spin-Multiplizität bei der Protonierung der Molybdän-Komplexe konnte durch detaillierte quantenchemische Analysen identifiziert werden.
Im zweiten Kapitel werden Untersuchungen zur bioanorganischen Chemie von dinuklearen Kupfer-Sauerstoff-Komplexen vorgestellt. In der Natur werden viele (bio)chemisch relevante Prozesse durch übergangsmetallhaltige Enzyme unter moderaten Reaktionsbedingungen vermittelt. Kupferhaltige Enzyme sind unter Anderem für die hochselektive Oxidation organischer Substrate zuständig. Der Ansatz der Bioanorganik befasst sich mit der Übertragung der enzymatischen Struktur und/oder Funktion auf synthetische Modell-Verbindungen. Da die akkurate Beschreibung der Energien von dinuklearen Kupfer-Sauerstoff-Komplexen höchste Anforderungen an die angewandten quantenchemischen Methoden stellt, wurde eine geeignete DFT-Methode in aufwändigen Voruntersuchungen durch den Vergleich mit experimentellen Ergebnissen identifiziert. Mit Hilfe des so kalibrierten BLYP-D3-Ansatzes wurde in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Meyer ein neuartiges Konzept für die baseninduzierte Isomerisierung des reaktiven Kerns etabliert. In einer weiteren Arbeit wurde die regio- und stereoselektive Hydroxylierung von nicht-aktivierten aliphatischen C-H-Bindungen in Steroid-Substraten mit Hilfe von mechanistischen DFT-Rechnungen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die stereochemische Anordnung des Liganden um den reaktiven Kupfer-Sauerstoff-Kern die Selektivität der Hydroxylierung bestimmt.
Lange ging man davon aus, dass die Physiologie der Thyroidhormone weitestgehend erforscht ist und nahm an, dass sämtliche Thyroidhormon-Wirkungen auf einer Bildung von L-Thyroxin (T4) und einer anschließenden Deiodierung zu Triiodthyronin (T3) beruhen, welches an die nukleären Thyroidhormon Rezeptoren (THRs) bindet. Über die THRs werden genomische Signalwege vermittelt, die während der Wachstums- und Entwicklungsphase essentiell sind. Beim Erwachsenen werden zudem vorwiegend katabole Stoffwechsel-Prozesse induziert. Jedoch zeigte sich in den letzten 20 Jahren, dass die Signalwege der Thyroidhormone komplexer sind als bisher angenommen. Vor allem die Metabolite des in der Schilddrüse gebildeten T4s, zeigen ein breites Interaktions-Profil mit anderen molekularen Zielstrukturen. Thyronamine, die decarboxylierten Thyroidhormon-Metabolite, binden beispielsweise den G-Protein-gekoppelten Trace Amine Associated Receptor 1 (TAAR1). Wird dieser Rezeptor aktiviert, kommt es innerhalb kürzester Zeit zu einem rapiden Abfall der Köpertemperatur, sowie zu einer akuten Bradykardie. Die durch oxidative Deaminierung gebildeten Iodthyroacetate Tetraiodthyroacetat (TETRAC) und Triiodthyroacetat (TRIAC) sind Antagonisten des Membran-Rezeptors Integrin αVβ3 und besitzen antiproliferative und pro-apoptotische Eigenschaften.
In dieser Arbeit sollte die Hypothese untersucht werden, ob Thyroidhormone neben diesen neuen zumeist nicht-genomischen Signalwegen, auch THR-unabhängige genomische Wirkmechanismen besitzen.
Mit Hilfe eines Gal4-Luciferase-Reportergen-Assays wurde in einem Screening die Aktivität einiger Thyroidhormone und Thyroidhormon-Metabolite an elf THR-ähnlichen Rezeptoren und den drei Retinoid X Rezeptor (RXR)-Subtypen untersucht. Es konnte detektiert werden, dass Thyroidhormone, vor allem TETRAC, potente Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor (PPAR)γ-Agonisten sind, die zum Teil zusätzlich dessen Heterodimer-Partner RXR aktivieren können. Diese PPARγ- und RXR-Aktivität wurde zunächst mit Hilfe eines Coaktivator-Rekrutierungs-Assays, einer Isothermen Titrationskalorimetrie (ITC) und einer Kristallstrukturanalyse genauer charakterisiert. Zum einen konnte nachgewiesen werden, dass sowohl PPARγ, als auch RXR in artifizielleren Testsystemen durch Thyroidhormone aktiviert werden. Zum anderen konnte die für permissive Heterodimere, wie das PPARγ/RXR-Heterodimer, typische additive Transaktivierungs-Effizienz nach Bindung beider Heterodimer-Partner bestätigt werden. Außerdem zeigte die Untersuchung der Kristallstruktur von TETRAC und PPARγ, dass Thyroidhormone einen abweichenden Bindungsmodus im Vergleich zu anderen PPARγ Agonisten, wie den Glitazonen und entsprechende Fettsäuren oder Fettsäuremimetika, besitzen.
Die Evaluation der biologischen Relevanz der PPARγ/RXR-Heterodimer-Aktivierung ergab zudem, dass TETRAC, als potentester PPARγ-Agonist, in der Lage ist die Differenzierung von Präadipocyten zu Adipocyten zu induzieren. Außerdem wurde die mRNA-Expression wichtiger PPARγ-regulierter Gene in Hepatozyten trotz knockdown beider THR-Isoformen signifikant durch Thyroidhormone induziert.
Für eine erste Abschätzung einer möglichen physiologischen Relevanz der PPARγ/RXR-Aktivierung durch Thyroidhormone, wurde die Bildung von TETRAC nach Inkubation von Hepatozyten mit T4 quantifiziert. Es konnte festgestellt werden, dass ausreichend TETRAC in den Hepatozyten gebildet werden kann, um PPARγ zu aktivieren. Auch in einem in vivo-Experiment, bei dem Mäusen ein mit Brom substituiertes T4-Analog (Br-T4) appliziert wurde, um Interferenzen mit der endogenen Thyroidhormon-Produktion zu verhindern, konnte gezeigt werden, dass die PPARγ-regulierte Genexpression in den Lebern der Tiere induziert wurde. Dies deutete auf eine physiologisch relevante Bildung von Br-TETRAC hin, da Br-TETRAC analog zu TETRAC eine hohe Bindungs-Aktivität an PPARγ besaß, während Br-T4 keine Aktivität an diesem Rezeptor aufwies.
Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten darauf hin, dass Thyroidhormone neben den THR-vermittelten Effekten auch andere genomische Wirkmechanismen besitzen, indem sie das PPARγ/RXR-Heterodimer aktivieren. Diese biologische Aktivität könnte sowohl eine physiologische als auch eine pharmakologische Relevanz besitzen. Die beiden T4-Metabolite T3 und TETRAC sind in der Lage komplementäre Signalwege zu induzieren. Wird T4 deiodiert kommt es zur Bildung von T3, welches den THR aktiviert. Durch oxidative Deaminierung des T4s bildet sich TETRAC, das wiederum PPARγ bindet und aktiviert. Durch die vermehrte Bildung von TETRAC und anschließende Aktivierung von PPARγ könnte die katabole Wirkung der THR-Signalwege abgeschwächt werden und so eine Art negative Rückkopplung gewährleistet werden. Die physiologische Bedeutung der Interaktion von Thyroidhormonen mit PPARγ/RXR muss jedoch noch genauer untersucht werden.
Aber auch pharmakologisch könnte die Iodthyroacetat-Aktivität an PPARγ eine Rolle spielen. TETRAC könnte durch seinen individuellen Bindungsmodus als Leitstruktur für neue PPARγ-Partialagonisten mit verbessertem Nebenwirkungs-Profil dienen. Außerdem wird das Thyroidhormon-Derivat TRIAC schon jetzt als Leitstruktur für die Entwicklung von Thyroidhormon-Analoga mit THRβ-Selektivität verwendet. Durch die zusätzliche PPARγ-Aktivität könnte zukünftig ein dualer THRβ/PPARγ-Agonist bei Erkrankungen, die mit einer Insulinresistenz einhergehen, Verwendung finden.
Zusammenfassend stellt die Entdeckung der Aktivität von Thyroidhormonen an PPARγ und RXR einen weiteren Baustein im komplexen System der Thyroidhormone dar.
Nukleinsäuren besitzen neben der Speicherung und Übertragung der genetischen Information weitere vielfältige Funktionen in einem komplexen und dynamischen Netzwerk von gleichzeitig ablaufenden Prozessen in der Zelle. Die gezielte Kontrolle bestimmter Nukleinsäuren kann helfen, die jeweiligen Prozesse zu studieren oder auch zu manipulieren. Photoaktive Verbindungen, wie photolabile Schutzgruppen oder Photoschalter, sind ideal dazu geeignet die Struktur und Funktion von Nukleinsäuren zu studieren. Photolabile Schutzgruppen werden dazu meistens auf die Nukleobase installiert und stören die Watson-Crick Basenpaarung. Dies verhindert die Ausbildung einer Sekundärstruktur oder die Möglichkeit einen stabilen Doppelstrang zu bilden. Licht ist ein nicht-invasives Trigger-signal und kann mit hoher Orts- und Zeitauflösung angewendet werden, um selektiv die temporär geschützten Nukleinsäuren in der Zelle zu aktivieren.
Das erste Projekt dieser Arbeit ist eine Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Erin Schuman (MPI für Hirnforschung) und beschäftigt sich mit der lichtgesteuerten Regulation der miR-181a Aktivität in hippocampalen Neuronen von Ratten. Die Langzeitpotenzierung (LTP) ist der primäre Mechanismus von synaptischer Plastizität und somit essentiell für Lernen und Gedächtnis. Die langfristige Aufrechterhaltung von LTP erfordert eine gesteigerte (lokale) Proteinbiosynthese, ein Prozess, der noch nicht vollständig aufgeklärt ist. Die miR-181a reguliert die Genexpression von zwei für synaptische Plastizität wichtigen Proteinen, GluA2 und CaMKIIα. Mit einem lichtaktivierbaren AntimiR sollte der Einfluss der miR-181a auf die lokale Proteinsynthese von CaMKIIα und GluA2 untersucht werden. Photolabile Schutzgruppen sollen eine ortsaufgelöste Aktivierung des AntimiRs in den Dendriten ermöglichen. Ein Tracking-Fluorophor sollte die Lokalisierung des AntimiRs und eine gezielte Lichtaktivierung ermöglichen. Die Bindung der miRNA sollte fluoreszent visualisiert werden können, um eine Korrelation zwischen der inhibierten Menge an miR-181a und den neu synthetisierten CaMKIIα-Molekülen zu untersuchen. In diesem Projekt wurden drei Konzepte zur Synthese von lichtregulierbaren AntimiR-Sonden verglichen: Das erste Konzept verwendete eine Thiazolorange-basierte Hybridisierungssonde nach Seitz et al. Allerdings war mit diesem Konzept der Fluoreszenzanstieg zur Visualisierung der Hybridisierung zu gering. Im zweiten Konzept wurde ein dual-Fluorophor markierter Molecular Beacon entwickelt, bei dem die photolabilen Schutzgruppen in der Schleifen-Region die Hybridisierung der miR-181a vor Belichtung verhinderten. Nach Optimierung der Stammlänge, Anzahl und Position der photolabilen Schutzgruppen, sowie Auswahl des idealen Fluorophor-Quencher Paars, konnte nach UV-Bestrahlung in Anwesenheit der miR-181a ein signifikanter Anstieg des Hybridisierungsreporter-Fluorophors gemessen werden. Das dritte Konzept untersuchte lichtaktivierbare Hairpin-Sonden, bei denen ein Gegenstrang (Blockierstrang) über einen photospaltbaren Linker mit dem AntimiR verknüpft wurde. Dabei musste die optimale Länge des Blockierstrangs und die Anzahl der photo-spaltbaren Linker im Blockierstrang ermittelt werden, sodass die miR-181a erst nach Photoaktivierung das AntimiR binden und den Quencher-markierten Strang verdrängen konnte. Die in vitro Experimente vom Arbeitskreis Schuman waren zu dem Zeitpunkt des Einreichens dieser Arbeit noch nicht abgeschlossen. Erste Ergebnisse zeigten, dass der mRNA und Protein-Level von CaMKIIα eines gesamten hippocampalen Neurons durch ein nicht-lichtaktivierbare AntimiR um den Faktor ~1,5 gesteigert werden konnte. Zudem konnte durch die lokale Bestrahlung einer lichtaktivierbaren Hairpin-Sonde die lokale Gen-expression von CaMKIIα in einem Dendriten deutlich gesteigert werden.
Das zweite Projekt dieser Arbeit beschäftigte sich mit der reversiblen Lichtregulation von DNA und RNA durch Azobenzol Photoschalter. Azobenzole eignen sich ideal für die Regulation der Duplexstabilität, denn das planare trans-Azobenzol kann zwischen die Basen interkalieren und somit einen Doppelstrang stabilisieren. UV-Licht überführt das trans-Isomer in das cis-Isomer. Dies ist gewinkelt, benötigt mehr Platz und stört dadurch die Stabilität eines Nukleinsäuredoppelstrangs. Entscheidend für die Effizienz der Regulation der Duplexstabilität ist der Linker, der das Azobenzol mit der Nukleinsäure verknüpft. Während vorangegange Studien von Asanuma et al. unnatürliche Linker (D-Threoninol, tAzo) verwendeten, wurde in dieser Studie das Azobenzol mit der C1‘-Position von (Desoxy-)Ribose C-Nukleoside verknüpft, um Azobenzol (pAzo und mAzo) zu erhalten. Der Riboselinker sollte die helikale Natur der Nukleinsäure optimal nachahmen und möglichst wenig Störung des Ribose-Phosphat-Rückgrats bewirken. Thermische Stabilitätsstudien zeigten, dass UV-Licht induzierte trans-zu-cis Isomerisierung den Schmelzpunkt eines RNA- und DNA-Duplexes um 5,9 und 4,6 °C erniedrigte. Dabei führte der Austausch eines Nukleotids gegen pAzo oder mAzo zu einer effektiveren Regulation der Duplexstabilität als der zusätzliche Einbau eines Azobenzol C-Nukleosids in die Sequenz. Ein Vergleich mit dem in der Literatur etablierten System, tAzo, zeigte, dass pAzo und mAzo teilweise einen stärkeren Duplexdestabilisierungseffekt nach UV-Bestrahlung bewirkten.
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Ein wichtiges Teilgebiet der Organokatalyse stellt die Wasserstoffbrücken-vermittelte Katalyse dar. Als erfolgreiche katalytische Einheiten haben sich dabei diejenigen Systeme ausgezeichnet, die in der Lage sind mindestens zwei Wasserstoffbrücken zeitgleich auszubilden. Zu den bekanntesten Vertretern zählen hierbei sicher (Thio-) Harnstoffe sowie Guanidinium- und Amidinium-Ionen.
Im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit wurden drei Katalysatortypen mit Amidin- und Guanidingrundgerüst synthetisiert. Zum Einen wurde ein neues axial-chirale Amidin mit zusätzlicher Thioharnstoff-Funktion synthetisiert. Hierfür wurden drei aromatische Fragmente mittels zweier Suzuki-Kupplungen verknüpft und im Nachhinein mit einem chiralen Aminoalkohol über eine Williamson-Ethersynthese kondensiert. Die basenvermittelte, diastereoselektive Makrocyclisierung lieferte das axial chirale Amidin und stellte den Schlüsselschritt der Synthese dar. Schließich konnte durch Addition des erhaltenen Anilin-Derivats an ein Aryl-Isothiocyanat die Thioharnstoff-Funktionalität eingeführt werden.
Zum Anderen wurde eine Reihe an C2-symmetrischer Bisamidine hergestellt. Sie wurden in einer N-Acetylcystein-katalysierten Reaktion zwischen Phthalonitril und den entsprechenden chiralen, vicinalen Diaminen hergestellt. Die erhaltenen Ausbeuten der Bisamidine wurden unmittelbar durch den sterischen Anspruch der Substituenten des jeweils eingesetzten Diamins bestimmt. Auf der einen Seite konnten bei Verwendung 1- und 2-Naphthyl-substituierter Diamine nur mäßige Ausbeuten erzielt werden. Auf der anderen Seite konnte man durch den Einsatz kleinerer Reste wie Phenyl nahezu quantitative Ausbeuten erzielen. Die Herstellung chiraler, vicinaler Diamine wurde über eine Diaza-Cope-Umlagerung realisiert.
Schließlich wurde ein C2-symmetrisches bicyclisches Guanidin hergestellt. Die Synthese begann mit einer Knoevenagel-artigen Kondensationsreaktion und anschließender Veresterung der erhaltenen Carbonsäure. Kinetische Racematspaltung des racemischen Esters unter Verwendung einer Lipase lieferte enantiomerenreines (S)-β-Phenylalanin, welches als Ausgangverbindung der überwiegend linearen Synthese diente. Das im Zuge der Synthese hergestellte chirale Triamin wurde schließlich mithilfe von Dimethyltrithiocarbonat zum Guanidin cyclisiert.
Alle drei Katalysatortypen wurden für die enantioselektive Steuerung diverser Reaktionen eingesetzt, u. A. der Diels-Alder-, Morita-Baylis-Hillman-, Friedel-Crafts-Reaktion und dem Schlüsselschritt der Quinkert-Dane-Estron-Synthese. Bei Letzterem handelt es sich um eine Diels-Alder-Reaktion, um den C-Ring eines Steroidgerüsts aufzubauen, welches durch wenige chemische Transformationen in das bedeutende weibliche Sexualhormon Estron überführt werden kann.
Massenspektrometrie-basierte Proteomuntersuchungen erfolgen auch heute überwiegend nach dem sogenannten Bottom-Up-Ansatz, d.h. die Identifizierung von Proteinen erfolgt auf der Basis von Peptiden, die chromatographisch gut voneinander getrennt werden können und massenspektrometrisch leichter zu analysieren sind als Proteine. Nach Identifikation der Peptide kann rekonstruiert werden, welche Proteine ursprünglich in der Probe vorgelegen haben. Zentraler Arbeitsschritt der Probenvorbereitung ist daher die Zerlegung des Proteins, die entweder chemisch oder - wie in den meisten Fällen – enzymatisch erfolgt. Trypsin ist das mit Abstand am häufigsten genutzte Enzym, da es eine hohe Schnittspezifität aufweist und sehr effizient ist. Der Trypsin-Verdau ist darüber hinaus sehr robust, d.h. er zeigt eine hohe Toleranz gegenüber Verunreinigungen, und zudem werden Peptide erzeugt, die sowohl gute Ionisations- als auch gute Fragmentierungseigenschafen aufweisen. Die durch Trypsin gebildeten Peptide enthalten neben dem basischen N-Terminus eine weitere basische Aminosäure am C-Terminus, so dass sie leicht zumindest doppelt-geladene Ionen bilden können und sehr häufig aussagekräftige C-terminale Fragmentioneserien liefern.
Neben den zahlreichen Vorteilen gibt es allerdings auch Nachteile. So können nach einem tryptischen Verdau in Abhängigkeit von der Verteilung der Schnittstellen Peptide entstehen, die entweder zu klein sind, um eine verlässliche Zuordnung zu einem Protein zu erlauben oder die zu groß sind für den Massenbereich des gewählten Massenanalysators. Eine vielversprechende Alternative zu Trypsin wäre ArgC, welches C-Terminal zu Argininen schneidet und somit im Durchschnitt größere Peptide mit Ionisations- und Fragmentierungseigenschaften ähnlich zu tryptischen Peptiden erzeugt. Das Enzym ArgC weist jedoch nur eine geringe Schnittspezifität auf und sein Trypsin-ähnliches Verhalten – also das Schneiden auch hinter Lysin - wurde öfters beobachtet und wird auch vom Hersteller angegeben. Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung einer Verdaumethode, die Peptide erzeugt, die ausschließlich auf Argininen enden.
Das Resultat der zu entwickelnden Verdaumethode sollte somit dem eines idealen enzymatichen ArgC-Verdaues entsprechen. Realisiert wurde der ArgC-ähnliche-Verdau durch den Einsatz von Trypsin, dessen enzymatischer Schnitt durch die chemische Derivatizierung der Substrat-Lysine auf Arginine reduziert wurde. Neben dem weiteren Einsatz von Trypsin sollte dieser "Quasi-Arg-C-Verdau" weitere systematische Vorteile für Proteomanalysen realisieren: Zum Ersten sollte die Anzahl von Fehlschnitt-Peptiden, die sich bei Trypsin insbesondere an Lysinen mit saurer chemischer Umgebung ergeben, reduziert werden, zum Zweiten sollten die Arg-C-Peptide sowohl durch ihre gewachsende Größe, als auch durch das mit dem C-terminalen Arginin verbesserte Fragmentierungsverhalten höhere Score-Werte bei der bioninformatischen Auswertung der MS-Daten ergeben.
Im ersten Teil wurden zunächst bioinformatische Werkzeuge entwickelt, die MALDI-MS-Dateien automatisiert prozessierten. Die entwickelten Programme umfassen die Identifizierung und relative Quantifizierung von Proteinen aus diesen Dateien. Des Weiteren wurde ein Programm zur Analyse von MALDI-ISD-Dateien entwickelt. Automatisierte Auswertungen gelangen durch die Erstellung von Workflows in der Datenanalyseplattform KNIME. Diese Workflows kombinieren in Python geschriebene Skripte und Funktionalitäten frei verfügbarer Programme wie "MSConvert" und "mMass".
Nach Erstellung der bioinformatischen Werkzeuge wurde die Methodenentwicklung zur Modifizierung der Lysine für verschiedene Reagenzien durchgeführt. Die Auswahl fiel auf vier Substanzen, von denen bekannt ist, dass sie unter milden Reaktionsbedingung im quantitativen Ausmaß mit Aminogruppen reagieren. Diese waren Sulfo-NHS-Acetat, Propionsäureanhydrid, Diethylpyrocarbonat und die reduktive Methylierung mit Formaldehyd und Picolin-Boran. Die Reaktionsbedingungen mussten zunächst für Proteine optimiert werden, da die publizierten Protokolle hauptsächlich zur Derivatizierung von Peptiden verwendet worden waren. Anschließend wurden die optimierten Protokolle für eine Protein- und Proteomprobe eingesetzt und die Resultate miteinander verglichen. Die Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, dass sowohl auf Protein- als auch auf Proteomebene die Propionylierung des Lysins die besten Resultaten zeigte. Insbesondere ist hervorzuheben, dass alle ArgC-ähnlichen Ansätze unabhängig vom eingesetzten Reagenz zu besseren Ergebnissen in jeder der Untersuchungen führte als der klassische enzymatische ArgC-Verdau.
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Eukaryotische Zellen sind durch, aus Lipiddoppelschichten bestehenden, Membranen in Kompartimente mit unterschiedlichen Funktionen eingeteilt. Um einen Transport von Molekülen über die Membranen hinweg zu gewährleisten, werden Kanälen und Transporter benötigt. Eine Familie von Transportern sind die ATP-binding cassette (ABC) Transporter, die in allen Lebewesen, von Bakterien bis zum Menschen, vorkommen. Ein Mitglied dieser Familie ist der transporter associated with antigen processing-like (TAPL oder ABCB9). TAPL ist ein lysosomaler Polypeptidtransporter der per ATP-Hydrolyse Peptide von 6 – 59 Aminosäuren Länge vom Zytosol in das Lumen der Lysosomen transportiert. Hierbei kann TAPL, das ein Homodimer ist, in zwei funktionale Domänen geteilt werden. Der Teil des Komplexes, der für den Transport zuständig ist, wird als coreTAPL bezeichnet. Dieser beinhaltet die zytosolischen nucleotide binding domains (NBDs), die ATP binden und hydrolysieren können, und die Transmembrandomänen (TMDs), die Peptide binden und sie durch konformationelle Änderungen auf der anderen Membranseite freilassen. Die zweite Domäne ist eine N-terminale TMD, die als TMD0 bezeichnet wird. Dieser, aus vier Transmembranhelices (TMHs) bestehende Teil des Proteins, ist für die Lokalisation von TAPL in der lysosomalen Membran verantwortlich, sowie für die Interaktion mit den dort lokalisierten Membranproteinen LAMP-1 und LAMP-2. CoreTAPL ohne die TMD0s erreicht nicht die Lysosomen, sondern liegt in der Plasmamembran (PM) der Zelle vor. Die TMD0 hingegen benötigt coreTAPL nicht um korrekt in der lysosomalen Membran lokalisiert zu sein.
Die korrekte Lokalisation in der Zelle ist ein kritischer Punkt für ein Protein, um seine Funktion ausüben zu können. Die Transportprozesse vom Ort der Synthese des Proteins, dem Endoplasmatischem Reticulum (ER), zum Organell wo es seine Funktion ausüben soll, umfassen dutzende Proteine und Proteinkomplexe und ein komplexes Zusammenspiel zwischen Proteinen und den einzigartigen Lipidzusammensetzungen der Membranen verschiedener Organellen. Auf das Einfachste heruntergebrochen benötigt ein Transmembranprotein eine kurze Aminosäuresequenz auf der zytosolischen Seite, die Signalsequenz. Diese Sequenz wird von sogenannten Adapterproteinen erkannt, die wiederum andere Bestandteile der zellulären Maschinerie rekrutieren, die letztlich Vesikelbildung, Transport und Fusion mit der Zielorganelle vermitteln. Allerdings weisen nicht alle lysosomalen Transmembranproteine eine solche Signalsequenz auf, sondern besitzen unkonventionelle Zieldeterminanten, wie posttranslationale Modifikationen, oder sie interagieren mit anderen Proteinen, die wiederum die Interaktion mit den Adapterproteinen vermitteln.
Mit 71 Millionen chronisch erkrankten Patienten im Jahr 2015 stellt die chronische Hepatitis C-Virusinfektion eine wichtige Ursache für Zirrhose, Leberdekompensation und Leberkrebs dar.
Eine grundlegende Eigenschaft des Hepatitis C-Virus (HCV) ist die Biogenese modifizierter intrazellulärer Membranen. Das dabei aus dem endoplasmatischen Reticulum (ER) gebildete, sogenannte membranöse Netz (MW, membranous web) dient im Rahmen des HCV-Lebenszyklus als Gerüst für die Assemblierung eines Multi-Protein-Replikase-Komplexes. Das MW wird durch virale nicht-strukturelle Proteine wie NS5A induziert.
Das Multidomänen-Metalloprotein NS5A ist über seine verschiedenen Domänen sowohl bei der Replikation am MW als auch bei der viralen Assemblierung und Freisetzung in der Nähe von Lipidtropfen (LD, lipid droplet) maßgeblich beteiligt. Seine N-terminale amphipathische Helix (AH) spielt dabei über die vermittelte Assoziation von NS5A mit Membranen eine wichtige Rolle. Damit verbundene spezifische Lipidinteraktionen von NS5A unterliegen molekularen Umstrukturierungen, die benötigt werden, um NS5A für seine
verschiedenen Aufgaben im viralen Lebenszyklus anzupassen. Es liegen zwar Röntgen-strukturmodelle von Domäne 1-Dimeren und NMR-Strukturen zur AH vor, allerdings keine experimentellen Strukturen des NS5A-Proteins vollständiger Länge (NS5A fl) in seinem natürlichen Lipidmilieu. Trotz der essentiellen Bedeutung von NS5A für den HCV-Lebens-zyklus und langjähriger Forschung ist bisher nur wenig zur molekularen Funktionsweise von NS5A bekannt.
Dennoch konnten durch Screening hochpotente NS5A-Inhibitoren entdeckt und weiterentwickelt werden. NS5A-Inhibitoren tragen als direkt wirkende antivirale Arzneimittel(DAA, direct-acting antiviral) entscheidend zum Therapieerfolg bei der Behandlung der Hepatitis C bei. Trotz ihrer Bedeutung in der Therapie und intensiver Forschung ist der Wirk-mechanismus von NS5A-Inhibitoren bisher ungeklärt. Eine durch NS5A-Inhibitoren
induzierte intrazelluläre Umverteilung von NS5A und das ausschließliche Auftreten von Resistenz-assoziierten Mutationen (RAM) nahe der NS5A-Lipid-Interaktionsbereiche weisen jedoch auf einen Effekt der Inhibitoren auf die Lipid-NS5A-Interaktion hin.
Als grundlegende Hypothese dieser Arbeit wurde somit vermutet, dass abhängig vom NS5A umgebenden Lipidmilieu (MW oder LD) spezifische Lipid-Protein-Interaktionen Einfluss auf die Struktur und Funktion von NS5A nehmen und NS5A-Inhibitoren über eine Inhibition dieser Interaktionen wirken. Polyphosphoinositide (PPI) könnten dabei als Lipidinteraktionspartner eine besondere Rolle spielen, da sie bedeutend für die Membran-Kennzeichnung verschiedener Zellkompartimente sind und auch die Funktion von Membranproteinen regulieren können. Eine Interaktion von NS5A mit PtdIns(4,5)P2 wurde bereits publiziert.
Um basierend auf der postulierten Hypothese die mechanistischen Details im Wechselspiel von NS5A und intrazellulären Membranen sowie den dabei möglichen Effekt von
NS5A-Inhibitoren zu untersuchen, musste zunächst NS5A in ausreichender Menge, Reinheit und Qualität rekombinant hergestellt werden. Hierfür wurde ein entsprechendes Protokoll zur Proteinexpression durch Baculovirus-vermittelte Expression in Sf9-Insektenzellen und Strep-Tactin-Reinigung für das full length Protein und trunkierte Varianten etabliert.
In Kooperation mit einem Partner konnte unter Verwendung von giant unilamellar vesicles (GUVs) und konfokaler Mikroskopie gezeigt werden, dass unser full length Protein die Struktur von Membranen verändert (Membran-Remodellierung).
Die Stabilität des gereinigten Proteins und damit Effekte auf die Proteinfaltung wurden mittels Thermal shift assay (TSA) untersucht und dabei auch Effekte des NS5A-Inhibitors
Daclatasvir (DCV) und des Metall-Chelators EDTA überprüft. Die Bindung des Inhibitors hatte einen stabilisierenden Effekt auf die Proteinstruktur zur Folge.
Potentielle Interaktionsmuster mit Membranlipiden wurden mit Hilfe eines Protein lipid overlay assays (PLOA) detektiert. Zusätzlich zum in der Literatur bereits beschriebenen
Interaktionspartner PtdIns(4,5)P2 konnten weitere Lipid-Bindungspartner für NS5A identifiziert werden. Dabei legen die gewonnenen Daten nahe, dass die Interaktion über die Domäne 1 von NS5A vermittelt wird, wobei die Domänen 2 und 3 die Affinität zu den Lipidbindungspartnern erhöht, aber nicht das Phospholipid-Bindungsmuster verändert.
DCV hatte im PLOA keine qualitativen Auswirkungen auf das Lipid-Bindungsmuster. Die Lipidinteraktionen wurden mittels eines Liposomen-Rekonstitutionsmodells validiert.
In silico konnten basierend auf verfügbaren, experimentellen Strukturdaten und einem dynamischen Modell drei Cluster basischer Aminosäuren in NS5A-D1-AH als mögliche
PPI-Bindungsstellen identifiziert werden. Basierend auf dem Strukturmodell wurde eine Mutationsstrategie zur Charakterisierung der potentiellen PPI-Bindungsstellen entwickelt.
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Die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zur Reaktivität zweifach reduzierter 9,10-Dihydro-9,10-diboraanthracene [A]2– erweitern das Einsatzspektrum von Hauptgruppenverbindungen im Hinblick auf die Aktivierung kleiner Moleküle. Komplementär zu Übergangsmetallkomplexen und FLPs ermöglichen die Salze M2[A] (M+ = Li+, Na+, K+) die Entwicklung neuartiger Synthesestrategien. Als besondere Herausforderung gilt die Aktivierung des stabilen H2-Moleküls, dessen Bindung die Dianionen [A]2– homolytisch in einer konzertierten Reaktion spalten.
Untersuchungen zur Kinetik der H2-Addition an M2[A] stellten die Abhängigkeit dieses Reaktionsschritts vom borgebundenen Substituenten und vom Kation heraus. Eine geringe sterische Abschirmung der Boratome durch kleine borgebundene Substituenten (C≡CtBu, Me, H) begünstigt die H2-Aufnahme gegenüber großen Substituenten (pTol, Xyl, Et). Die maximale Ausbeute an M2[A-H2] wird für M+ = Li+ erst nach mehreren Tagen bei 100 °C erhalten, während einige Stunden bei nur 50 °C für die quantitative Bildung von K2[A-H2] ausreichen.
Unter den Salzen M2[A] eignet sich Li2[68] mit borgebundenen Me-Substituenten besonders gut für den Einsatz als Hydrierungskatalysator. Mit Li2[68] konnten das Imin Ph(H)C=NtBu, das terminale Alken Ph2C=CH2 und Anthracen erfolgreich im NMR-Maßstab hydriert werden (Katalysatorladung 37 mol%, THF-d8, 1 atm H2-Initialdruck, 100 °C, 16 h). Im Reaktionsautoklaven war für die Hydrierung von Ph(H)C=NtBu eine Verringerung der Katalysatorladung auf 10 mol% Li2[68] möglich (THF, 7 atm H2-Initialdruck, 100 °C, 18 h). Konkurrenzreaktionen begründen Einschränkungen in Bezug auf die Substratpalette, da M2[68] (M+ = Li+, Na+) mit elektronenarmen ungesättigten Verbindungen, die C=C-, C≡C-, C=O- oder C=N-Bindungen enthalten, [4+2]-Cycloadditionsprodukte bilden können. Die Reversibilität dieser Reaktion entscheidet, ob Li2[68] als Katalysator fungiert oder irreversibel in den Strukturen gebunden bleibt.
Vielseitiger sind die H2-Aktivierungsprodukte M2[A-H2] als H–-Donoren geeignet: Na2[68-H2] ersetzt Halogenid- durch H–-Substituenten in Bromethan, sowie in Chlorsilanen und PCl3; CO2 wird in Natriumformiat überführt. Unabhängig von der Anzahl der Chlorliganden werden die Produkte immer vollständig hydriert. Eine erneute Reduktion von 68 kann wieder Na2[68] bereitstellen, das H2 aufnimmt und Na2[68-H2] regeneriert, welches für neue H–-Abgaben zur Verfügung steht. Bei der experimentellen Umsetzung des Kreislaufs ist es wichtig, die beschriebenen Reaktionsschritte nacheinander auszuführen und jeweils nur stöchiometrische Mengen des Elektrophils zuzugeben. Bei Abweichungen vom schrittweisen Syntheseprotokoll finden formale nukleophile Substitutionen mit M2[68] statt und monoanionische Spezies entstehen, z. B. wenn Et3SiBr als Elektrophil anwesend ist.
Gegenüber CO2 zeigt Li2[68] eine hohe Reaktivität, durch die selektiv CO und [CO3]2– gebildet werden. Wie zuvor bei den H–-Transferreaktionen ermöglicht die Reduktion der Neutralverbindung 68 die Regeneration von Li2[68].
Die Dianionen [A]2– stechen unter anderen cyclischen Borverbindungen in niedrigen Oxidationsstufen heraus, da mit [A]2– nicht nur die Aktivierung von H2 oder CO2 gelang, sondern erstmalig über die Einbindung der Additionsprodukte in zum Teil katalytische Folgereaktionen berichtet werden konnte.
Ribonukleinsäure (ribonucleic acid, RNA) wirkt bei der Proteinbiosynthese nicht nur als Informationsüberträger, sondern kann auch beispielsweise durch sogenannten Riboschalter (auch Riboswitches) regulatorische Funktionen übernehmen. Riboschalter sind komplett aus RNA aufgebaut und man kann sie sich als molekulare Schalter vorstellen, die die Genexpression kontrollieren. Konzeptionell besteht ein Riboswitch aus zwei Untereinheiten, dem Aptamer und der Expressionsplattform. Das Aptamer bindet, üblicherweise sehr spezifisch, kleine organische Moleküle, aber auch Ionen. Diese Ligandenbindung induziert Änderungen in der Struktur des Riboswitches, welche wiederum die Expressionsplattform beeinflussen. Je nach Riboswitch ermöglicht oder verhindert dies schließlich die Genexpression. Die vorliegende Doktorarbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung und Etablierung von Methoden der optischen Spektroskopie zur Aufklärung von RNA-Dynamiken und -Strukturen im Allgemeinen und der Erforschung von Aptamerbindungsmechanismen im Besonderen.
Eine der dazu verwendetet Methoden ist die FTIR-Spektroskopie. Hierfür wurden zunächst kritische Parameter wie verschiedenste Messeinstellungen oder die Probenpräparation ausgiebig an RNA-Modellsträngen getestet. Dabei war es möglich, eine kleine Spektrenbibliothek als internen Standard aufzubauen. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass kleinere RNA-Oligonukleotide (< ca. 20 Nukleobasen) gut mittels FTIR-Methoden untersucht werden können. Anschließend wurde eine statische Bindungsstudie am adenosin- sowie am guanosinbindenden Aptamer vorgenommen.
Die zweite hier vorgestellte Methode zur Untersuchung von RNA-Molekülen ist die Fluoreszenzspektroskopie. Im Gegensatz zur FTIR-Spektroskopie ist dazu allerdings eine Modifizierung der RNA durch ein Fluoreszenzlabel nötig. Deshalb beschäftigt sich der Hauptteil dieser Doktorarbeit mit der Charakterisierung und der Anwendung des quasi bifunktionellen RNA-Markers (auch RNA-Labels) Çmf. So wurden zunächst die photophysikalischen und photochemischen Eigenschaften des Markers untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass Çmf sich als lokale Sonde eignet, da es empfindlich auf Änderungen der Mikroumgebung in Lösung reagiert. Durch direkten Vergleich der optischen Eigenschaften von Çmf mit den entsprechenden Eigenschaften des Spinlabels Çm war es möglich, den starken Fluoreszenzlöschungseffekt (sog. quenching) des Çm aufzuklären. So kann davon ausgegangen werden, dass die Fluoreszenz des Çm durch eine sehr schnelle interne Konversion (IC) in einen dunklen Dublettzustand (D1) gelöscht wird.
Im nächsten Schritt wurde Çmf in RNA-Modellstränge eingebaut, um den Einfluss der RNA auf die Photochemie des Markers zu untersuchen. Dabei konnte gezeigt werden, dass sich dessen Fluoreszenzsignal abhängig von den direkten Nachbarbasen sowie abhängig vom Hybridisierungszustand signifikant ändert. Gleichzeitig konnte keine deutliche Veränderung der Stabilität der Modellstränge festgestellt werden. So konnte also nachgewiesen werden, dass sich Çmf sehr gut als lokale Sonde in RNA eignet. Im Speziellen wurde aus den Ergebnissen geschlossen, dass der Fluorophor für Ligandenbindungsstudien herangezogen werden kann.
Deshalb wurde Çmf schließlich an mehreren verschiedenen Stellen in das neomycinbindende Aptamer (N1) eingebaut, um dessen Bindungskinetik zu untersuchen. Mittels Stopped-Flow-Messungen war es möglich, die Bindungsdynamik des Aptamers zu beobachten. Anhand dieser transienten Daten konnte ein Zweischrittbindungsmodell abgeleitet werden. Dabei bindet Neomycin zunächst unspezifisch an das weitgehend vorgeformte Aptamer. Anschließend kommt es durch die Ausbildung von Wasserstoffbrücken zu einer spezifischen Bindung des Liganden am Aptamer.
Im dritten Teil dieser Arbeit geht es ebenfalls um die Entwicklung und Etablierung eines spektroskopischen Werkzeuges. Dabei stehen allerdings Rhodopsine im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Hierbei handelt es sich um Membrantransportproteine, die nach optischer Anregung einen sehr schnellen Photozyklus mit mehreren Intermediaten durchlaufen. Es ist möglich, diese Intermediate dank transienter Absorptionsmessungen mit sehr guter zeitlicher und spektraler Auflösung zu beobachten. Allerdings besteht der Bedarf, diese Intermediate statisch zu präparieren, um sie näher charakterisieren und mit anderen Methoden, wie z.B. der Festkörper-NMR, vergleichen zu können.
Ein spektroskopisches Werkzeug zum Präparieren von frühen Photointermediaten ist kryogenes Einfangen (sog. Cryotrapping) dieser Intermediate. Im Rahmen dieser Arbeit wurden das Cryotrapping und die anschließende statische UV/vis-Absorptionsspektroskopie der fixierten (getrappten) Zustände optimiert und an einer Reihe von Rhodopsinen (ChR2, GPR) demonstriert.
Die sekretorischen Phospholipasen A2 (sPLA2) sind eine Familie von Enzymen, die von Glycerophospholipiden spezifisch Fettsäuren abspalten. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden im Menschen neun verschiedene sPLA2-Subtypen identifiziert, die in zahlreiche physiologische und pathophysiologische Prozesse involviert sind. So sind sPLA2s in der humanen Epidermis maßgeblich am Aufbau der Permeabilitätsbarriere beteiligt. Darüber hinaus kontrollieren sie die Freisetzung von Arachidonsäure für die Produktion von Eicosanoiden, die sowohl für die Proliferation der Keratinozyten als auch für inflammatorische Prozesse und die Entstehung von Tumoren in der Haut von entscheidender Bedeutung sind.
Da bislang weder das detaillierte Expressionsmuster der einzelnen sPLA2-Enzyme noch deren spezifische Funktion in humaner Epidermis bekannt war, wurde in der vorliegenden Arbeit eine umfassende Analyse an Biopsien gesunder und erkrankter humaner Haut durchgeführt. Zusätzlich zum Nachweis der sPLA2-Expression in vivo wurden humane primäre Keratinozyten in vitro verwendet, um die Auswirkungen der Differenzierung der Keratinozyten auf die Expression der verschiedenen sPLA2-Enzyme zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen sowohl in gesunder Haut als auch in primären Keratinozyten eine starke Expression der sPLA2-IB, -IIF und -X in differenzierten Zellen, während die der sPLA2-IID und -V auf proliferierende Zellen beschränkt war. Die sPLA2-IIA hingegen wurde in gesunder Haut vor allem in der äußersten, verhornten Schicht der Epidermis nachgewiesen. Die Analyse der Haut von Patienten mit Psoriasis oder Atopischer Dermatitis, beides Erkrankungen, die mit einer Störung der Permeabilitätsbarriere assoziiert sind, zeigte im Vergleich zu gesunder Haut ein deutlich verändertes Expressionsmuster. So konnte in Biopsien kranker Haut eine verstärkte Expression der sPLA2-IIA und -IID nachgewiesen werden, während die sPLA2-V nicht detektiert werden konnte. Besonders auffallend war das Verteilungsmuster der sPLA2-X, die, im Gegensatz zu gesunder Haut, in der Epidermis erkrankter Haut nicht zu detektieren war. Dagegen konnte hier eine starke Färbung der Dermis nachgewiesen werden. Die Abwesenheit der sPLA2-X in der Epidermis unter entzündlichen Bedingungen könnte durch die Sekretion des Enzyms erklärt werden. So führte die Behandlung von HaCaT-Zellen, die als in vitro Modellsystem dienten, mit Psoriasistypischen TH-1-Zytokinen wie TNF a und IFN g zur Freisetzung der sPLA2-X ins Kulturmedium. Zudem induzierte die exogene Stimulation der Zellen mit rekombinanter sPLA2-X die Synthese des Eicosanoids Prostaglandin E2 (PGE2), das zu Entzündungsreaktionen in der Haut entscheidend beiträgt. Die weitere Analyse des Signaltransduktionsweges zeigte, dass der Effekt der exogenen sPLA2-X sowohl durch den Einsatz des sPLA2-spezifischen Inhibitors Methyl-Indoxam als auch durch die Hemmung der katalytischen Aktivität der zytosolischen PLA2 a (cPLA2 a) blockiert werden konnte. Da zudem Hydrolyse-Produkte der PLA2s, wie freie Fettsäuren und deren Metabolite, endogene Aktivatoren der Transkriptionsfaktoren PeroxisomProliferator-aktivierte Rezeptoren (PPAR) darstellen, wurde auch deren Rolle bei der PGE2-Produktion untersucht. Experimente mit dem PPAR g Antagonisten GW 9662 und dem PPAR g Aktivator Ciglitazon und die Untersuchung des Bindungsverhaltens der PPARs an ihre DNA-Konsensus-Sequenz nach Stimulation mit exogener sPLA2-X zeigten, dass insbesondere PPAR g (PPAR g) an der Signalweiterleitung beteiligt ist. Zudem hatte die Herunterregulation der sPLA2-X mittels RNA-Interferenz die Suppression von differenzierungsassoziierten Proteinen wie Involucrin und PPAR g zur Folge.
Die unterschiedliche Lokalisation der untersuchten sPLA2-Enzyme in gesunder und erkrankter Haut lässt darauf schließen, dass die einzelnen Subtypen in der humanen Epidermis unterschiedliche Funktionen wahrnehmen. So ist einerseits die sPLA2-IIA mit inflammatorischen Prozessen der Haut verbunden, andererseits korreliert insbesondere der Verlust der sPLA2-X in der Epidermis mit einer Störung der epidermalen Permeabilitätsbarriere, so dass dieses Enzym offenbar zum Aufbau der Permeabilitätsbarriere beiträgt. Unter entzündlichen Bedingungen kommt es allerdings, induziert durch Zytokine, zur Sekretion der sPLA2-X. In großen, nicht-physiologischen Mengen freigesetzt, ist das Enzym in der Lage, die Synthese von Eicosanoiden wie PGE2 zu steigern, und unterstützt dadurch die Entzündungsreaktionen in der Haut.
Die Aufdeckung krankheitsbedingter Unterschiede und die Identifizierung neuer Biomarker sind essenziell für Diagnose und Behandlung verschiedener Erkrankungen. Unterschiede zwischen Erkrankungen können u.a. durch Analyse des Lipidprofils aufgedeckt werden, da dieses eng mit dem Phänotyp verknüpft ist. Ein unvoreingenommenes Screening gewährt einen umfassenderen Einblick in den metabolischen Zustand als eine gezielte Untersuchung weniger Analyten und kann neue Hypothesen generieren. Deshalb wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Screening-Methode zur untargeted Untersuchung des Lipidoms in biologischen Proben entwickelt. Durch die Kombination aus Umkehrphasenchromatographie und hochauflösender Massenspektrometrie mit datenabhängiger Aufnahme von MS/MS-Spektren konnten in Humanplasma 440 Lipide aus mehr als 15 Lipidklassen identifiziert werden. Die mehrstufige Identifizierung der Analyten, basierend auf der exakten Masse ±5 ppm, der Isotopenverteilung, der MS/MS-Fragmentierungsmuster in beiden Ionisationsmodi sowie der chromatographischen Auftrennung von Isomeren und Isobaren, erfolgte mit hoher Selektivität. Mit der vorgestellten Methode können sowohl Lipidklassen als auch einzelne Lipide relativ zu den internen Standards quantifiziert werden.
Der Probendurchsatz wurde erhöht, um den Einsatz der Methode im Rahmen größerer klinischer Studien zu ermöglichen und vorhandene Ressourcen effizient einzusetzen. Dabei wurden die Inkubationszeiten während der Flüssig-Flüssig-Extraktion mit MTBE:Methanol deutlich reduziert und die Handhabung vereinfacht bei gleichbleibend hoher Wiederfindung. Der hohe Probendurchsatz wird weiter unterstützt durch die kurze chromatographische Laufzeit von 17 min pro Ionisationsmodus. Die Auswertung der Ergebnisse ist der heikelste und zeitintensivste Schritt bei der Entwicklung und Anwendung von Screening-Methoden, deshalb wurde der Arbeitsablauf zur univariaten Analyse durch Entwicklung von R Skripten vereinfacht und beschleunigt.
Die Qualität und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sind essenziell. Aus diesem Grund wurde die Qualität der entwickelten Methode, angelehnt an den strikten Vorgaben der FDA und EMA zur Validierung von quantitativen Methoden, sichergestellt, obwohl eine Methodenüberprüfung im Bereich von untargeted Methoden nicht verbreitet ist. Die Reproduzierbarkeit der relativen Lipidkonzentrationen konnte z.B. durch die Messung von Kontrollplasmaproben über einen Zeitraum von 10 Monaten gezeigt werden. Außerdem wurde die Linearität der Verdünnung von Plasmaproben bestätigt und eine Verschleppung in darauffolgende Proben ausgeschlossen. Die Stabilität der Proben muss in jeder Messphase inklusive der Präanalytik durch geeignete Untersuchungen und Maßnahmen sichergestellt werden. Anhand einer Studie zur präanalytischen Stabilität humaner Blutproben konnte ein Protokoll zur Probennahme und -vorbereitung für weitere klinische Studien erarbeitet werden. Die Stabilität des Lipidoms in Vollblut und Plasma konnte durch den Einsatz von Natriumfluorid/Citrat als Antikoagulans verbessert werden. Auch die Stabilität der Proben während der Lipidextraktion und Messung konnte gezeigt werden. Es wurden 16 verschiedene Probenarten analysiert, darunter Plasmaproben, verschiedene Mausgewebe und Zellpellets.
Mit der entwickelten Methode wurden die Unterschiede im Lipidprofil im Plasma und Gewebe von Mäusen mit einer akuten Entzündung durch LPS bzw. Zymosan-Injektion aufgedeckt. Dabei wurden die Ether-Phosphatidylcholine als potenzielle Entzündungsmarker identifiziert. Die entwickelte Methode wurde außerdem erfolgreich im Rahmen anderer Arbeiten für die Untersuchung verschiedener Erkrankungen angewendet.
In der vorliegenden Arbeit wird demnach eine schnelle, reproduzierbare und vor allem selektive LC-MS-Screening-Methode vorgestellt, die Veränderungen des Lipidstoffwechsels aufdecken und potenzielle Biomarker identifizieren kann.
Die Wechselwirkungen von flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) mit Eis in der Atmosphäre sind für viele umweltrelevante Aspekte von Interesse, dennoch gibt es bisher erst wenige Untersuchungen zu dieser Thematik.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Wechselwirkungen verschiedener VOCs mit Eis durch Kraftfeldrechnungen simuliert. Als Substanzen wurden das Keton Aceton, die Kohlenwasserstoffe Isopren und Mesitylen, die Alkohole Ethanol, tert-Butanol, 2-Methyl-3-buten-2-ol (MBO) und Perillylalkohol, die Ether Methyl-tert-butylether und Ethyl-tert-butylether (ETBE) sowie die Aldehyde Nonanal und Methacrolein ausgewählt.
Hierbei wurden sowohl die Adsorption an verschiedenen Oberflächen von hexagonalen Eis (Eis Ih) und von kubischem Eis (Eis Ic) als auch die Absorption in Eiskristallen und an den darin enthaltenen Linien- und Flächendefekten betrachtet. Für jedes VOC wurden die resultierenden Strukturen sowie die dazu gehörigen Enthalpien ermittelt und mittels Boltzmann-Statistik ausgewertet.
Für die Berechnung der Wechselwirkungen von VOC mit Eis wurde ein Kraftfeld entwickelt, das sowohl die Strukturen von Eis Ih und Eis Ic als auch die Strukturen der organischen Moleküle und ebenso die Wechselwirkungen zwischen Eis und organischem Molekül gut wiedergibt. Es basiert auf dem für organische Moleküle verwendeten DREIDING-Kraftfeld und wurde modifiziert mit Parametern für Wasser aus dem TIP5P-E-Kraftfeld. Das Kraftfeld wurde an Ab-initio-Rechnungen und experimentellen Daten validiert.
Die Simulationen erbrachten folgende Ergebnisse:
– Unpolare Kohlenwasserstoffe werden nur in geringem Maße an den Eisoberflächen adsorbiert; eine Absorption in die Eiskristalle ist energetisch noch wesentlich ungünstiger. Für diese Verbindungen ist der Austrag aus der Atmosphäre durch Wechselwirkungen mit der Eisphase daher nicht relevant.
– Sauerstoffhaltige Verbindungen werden an der Eisoberfläche gut adsorbiert. Zwischen dem VOC-Molekül und der Eisoberfläche bilden sich Wasserstoffbrückenbindungen aus. Ihre Anzahl ist abhängig von der Art des Moleküls (Keton, Aldehyd, Ether oder Alkohol). Die Simulationen zeigen, dass die nasse Deposition durch Wechselwirkungen mit der Eisphase für diese Stoffe ein Austragsweg aus der Atmosphäre ist, der nicht vernachlässigt werden darf.
– Bei einem Einbau von VOC-Molekülen in den Eiskristall wird die Eisstruktur teilweise erheblich verzerrt. Je kleiner die VOC-Moleküle sind, desto geeigneter sind sie für einen Einbau in den Eiskristall; bei größeren Molekülen ist der Einbau aufgrund des sterischen Anspruchs behindert. Zunehmende Größe des Moleküls begünstigt andererseits die Adsorption.
Parallel zu den theoretischen Untersuchungen wurde eine Apparatur entwickelt, mit der sich die Ad- und die Absorption von VOCs beim Wachsen der Eiskristalle experimentell untersuchen lässt. Die Eiskristalle entstehen dabei unter kontrollierten Bedingungen und wachsen, wie in der Atmosphäre, durch Anlagerung von Wasserdampf. Gleichzeitig wird dem Wasserdampf eine definierte Menge an VOC zugegeben. Das entstehende Eis wurde mittels GC analysiert. Als alternatives Analyseverfahren zur Bestimmung von VOCs in Wasser wurde ein NMR-Verfahren entwickelt, das quantitative Messungen im dreistelligen ppm-Bereich erlaubt. Erste Untersuchungen an Eiskristallen, die in Gegenwart von ETBE erzeugt wurden, zeigten, dass dieses VOC − wie auch in den Simulationen vorhergesagt − überwiegend an der Oberfläche von Eis adsorbiert, und nicht in den Eiskristall eingebaut wird.
Für ETBE wurde im Rahmen dieser Arbeit zusätzlich die Kristallstruktur der alpha-Phase aus Röntgenpulverdaten durch Kristallstrukturvorhersage und Realraummethoden bestimmt. ETBE kristallisiert in der für organische Verbindungen sehr seltenen Raumgruppe C 2/m. Die experimentelle Kristallstruktur entspricht der von der Dichte her günstigsten, von der Gitterenergie her zweitgünstigsten vorhergesagten Kristallstruktur. Die Kristallstruktur eines zweiten VOCs, MBO, konnte ebenfalls aus Röntgenpulverdaten bestimmt werden, obwohl die Kristallstruktur drei symmetrieunabhängige Moleküle pro asymmetrischer Einheit enthält. Da sowohl ETBE als auch MBO bei Raumtemperatur flüssig sind, wurden beide für die Messungen bei tiefer Temperatur kristallisiert.
Die Kristallstrukturen dieser beiden VOCs können wiederum zur Simulation von sekundären organischen Aerosolen in der Atmosphäre genutzt werden.
Auch die Kristallstrukturen zweier weiterer Verbindungen konnten aus Röntgenpulverdaten bestimmt werden: zum einen die Strukturen des Trihydrates, des Monohydrates und des Anhydrates von Pigment Red 57:1 (C18H12CaN2O6S), dem wichtigsten industriellen Rotpigment, mit dem weltweit die Mehrheit aller Zeitungen und Zeitschriften gedruckt werden, zum anderen die Struktur des 2-Butanol-Hemisolvats von Methyl-(2R,3R)-2-{3-[amino(imino)methyl]benzyl}-3-{[4-(1-oxido-4-pyridinyl)benzoyl]¬amino}butanoat-hydrochlorid. Mit diesen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass Kristallstrukturen organischer Verbindungen aus Röntgenpulverdaten auch dann bestimmt werden können, wenn verschiedene Probleme kombiniert auftreten, z. B. schlecht kristalline Pulver, Textur, Solvate, Hydrate, Fehlordnung, funktionelle Gruppen mit vergleichbarer Streukraft, mehrere symmetrieunabhängige Moleküle, hohe Anzahl von Parametern bei der Strukturlösung etc.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen deutlich, dass die Wechselwirkungen zwischen sauerstoffhaltigen VOC-Molekülen und der Eisphase nicht vernachlässigt werden dürfen. Sie sollten in Simulationen der Atmosphäre berücksichtigt werden, um so Aussagen über Auswirkungen auf das Klima und andere umweltrelevante Aspekte zu verbessern.
Die Autophagie ist ein in Eukaryonten evolutionär konservierter Prozess, bei dem es zu einem lysosomalen Abbau von cytosolischen Bestandteilen kommt. Die dabei entstehenden biochemischen Bausteine stehen anschließend erneut zum Aufbau benötigter Strukturen zur Verfügung. Verschiedene Stimuli, wie beispielsweise Nährstoffmangel, können die Aktivität der Autophagie erhöhen und ermöglicht Zellen dadurch die Aufrechterhaltung der Zellhomöostase, selbst unter Stressbedingungen. Im Verlauf der Autophagie bildet sich eine tassenförmige Doppelmembran-Struktur, das sogenannte Phagophor. Dieses wächst, um das abzubauende Material zu umschließen und wird dabei von sogenannten Atg-Proteinen (autophagy-related genes) prozessiert. Nach der Schließung spricht man vom Autophagosom, welches letztlich mit einem Lysosom verschmilzt und das Autophagolysosom bildet, welches wiederum die eingeschlossenen Bestandteile zerlegt und die recycelten Bausteine freigibt. Die einzelnen Schritte während der Autophagie sind hochgradig durch die Atg-Proteine reguliert. Eines dieser Atg-Proteine, das Atg8, ist an einigen entscheidenden Schritten wie dem Phagophor-Wachstum, der Autophagosom-Reifung sowie der Schließung beteiligt. Während es in Hefen nur ein einziges Atg8-Protein gibt, so zeigt sich in höheren Eukaryonten meist eine gewisse Diversität. So codiert beispielsweise das humane Genom mindestens sechs Atg8-Homologe. Neben den drei Proteinen der LC3-Familie (A, B, C) zählen auch GABARAP, GABARAPL1 und GABARAPL2 dazu. Die Gründe für diese Diversität sind noch nicht vollständig aufgeklärt, weshalb es wichtig ist, möglichst selektive Modulatoren zu entwickeln, um so die Aufgaben der einzelnen Homologen entschlüsseln zu können. Eine weitere wichtige Aufgabe übernimmt Atg8 beim Binden des abzubauenden Materials über sogenannte Autophagie-Rezeptoren, wie beispielsweise p62. Der Bindevorgang beruht dabei auf der Interaktion von p62 mit ubiquitinierten Zellbestandteilen auf der einen Seite und der Interaktion zwischen p62 und LC3 auf der anderen Seite. Letztgenannte beruht auf dem Binden des LIR-Motivs (LC3-interagierende Region) von p62 an die LDS (LIR-docking site) des LC3-Proteins. Das LIR-Motiv zeichnet sich durch Aminosäure-Sequenz D-D-D-W/F/Y-X1-X2-L/I/V aus. Währende die aromatische Seitenkette (W/F/Y) die hydrophobe Tasche 1 (HP1) der LDS besetzt, ragt die aliphatische Seitenkette (L/I/V) in die HP2 hinein. Damit sollte es möglich sein, die LIR-LC3-Interaktion, durch das Besetzen der LDS zu stören bzw. zu inhibieren. Solche Inhibitoren könnten zum einen der weiteren Aufklärung der Prozesse, an denen die Autophagie beteiligt ist, dienen, zum anderen jedoch auch die Untersuchung fehlerhafter Autophagie ermöglichen. Ausgangspunkt für diese Arbeit stellt die Verbindung Novobiocin dar, die im Rahmen eines Mitteldurchsatz-Screenings als potenzieller Inhibitor der LIR-LC3-Interaktion identifiziert und mittels ITC, TSA und 1H-15N-HSQC verifiziert werden konnte. Die Struktur des Novobiocins setzt sich aus dem 3-Amino-4-hydroxy-8-methylcoumarin-Kern, der über eine Amidbindung an 3-iso-Prenyl-4-Hydroxybenzoesäure gebunden ist, sowie einer O-glykosidischen Bindung in Position C7 des Coumarins mit L-Noviose zusammen. Da es sich bei Novobiocin (XL6) um ein verhältnismäßig komplexes Molekül handelt, wurde der Einfluss einzelner funktionellen Gruppen des Moleküls auf die Bindungsaffinität hin untersucht. Hierfür wurden Synthesestrategien sowohl für die Coumarin-Gerüste als auch verschiedene Benzoesäuren entwickelt. Die erhaltenen Verbindungen wurden mittels ITC und TSA untersucht. Dabei wurde die Verbindung MH507 als geeigneter Ausgangspunkt für die Untersuchung der Struktur-Aktivitätsbeziehungen (SAR) bezüglich der Benzamid-Seite identifiziert. Im Rahmen einer ersten SAR-Untersuchung wurden neben verschiedenen 3-Alkyl-benzoesäuren, auch verschiedene divalente Isostere (-O-, -S-, -NHSO2-) der benzylischen Methylengruppe synthetisiert. Diese, sowie kommerzielle Aminosäuren, wurden mit 3-Amino-4,7-dihydroxycoumarin zu den entsprechenden Endverbindungen gekuppelt. Ergänzend dazu wurden auch eine Verbindung mit umgekehrter Konstitution der Amidbindung dargestellt, um den Einfluss der Reihenfolge zu verifizieren. In einer weiteren SAR-Studie wurden Derivate synthetisiert, die zusätzlich eine Funktionalisierung am C7 des Coumarin-Gerüstes über Amidkupplung, Sulfonamid-Bildung bzw. Suzuki-Reaktion erlauben und somit eine Interaktion mit der HP1 ermöglichen könnten. Dafür wurde eine weitere Synthesestrategie zur Darstellung von 7-Nitro- bzw. 7-Brom-3-amino-4-hydroxycoumarinen ausgearbeitet und eine Reihe von Endverbindungen dargestellt. Neben den Coumarin-Derivaten wurden auch vier Peptidomimetika synthetisierten. Hierfür wurde, basierend auf den Interaktionen zwischen dem LIR-Motiv und der LC3 Proteinoberfläche, ein Pharmakophor-Modell erstellt. Neben einem Pentapeptid wurden auch drei Verbindungen dargestellt, die ein 5-Amino 2-methoxybenzohydrazid-Gerüst besitzen. Um die synthetisierten Verbindungen auf ihre inhibitorische Aktivität auf LC3A bzw. LC3B gegenüber dem LIR-Motiv von p62 hin untersuchen zu können, wurde ein HTRF-basierter Verdrängungsassay entwickelt. Dabei diente ein mit dem LIR-Motiv modifiziertes sGFP als FRET-Akzeptor, während das jeweilige Terbium-Kryptat-gelabelte SNAP-LC3-Fusionsprotein als FRET-Donor fungierte. Neben den Titrationsexperimenten zur Bestimmung der IC50-Werte wurden auch die jeweiligen Dissoziationskonstanten (Kd) von LC3A und LC3B gegenüber dem LIR-sGFP-Fusionsprotein bestimmt, um die IC50-Werte in inhibitorische Konstanten (Ki) zu überführen, da diese untereinander besser vergleichbar sind.
Die Verbindung MH209 zeigte die höchste Aktivität auf LC3A bzw. LC3B und besitzt aufgrund der Noviose-Einheit eine gute Wasserlöslichkeit, weshalb sie für die weiteren Untersuchungen ausgewählt wurde. Im Zuge von Kristallisationsexperimenten gelang die Isolierung und Vermessung eines Co-Kristalls von LC3A mit Verbindung MH209. Durch die Kristallstruktur wurden wichtige Einblicke in die intermolekularen Wechselwirkungen der 4-Hydroxycoumarine mit der LC3A- bzw. LC3B-Proteinoberfläche gewonnen und die Bindungsmode aufgeklärt. Diese Erkenntnisse passen gut zu den Ergebnissen aus den durchgeführten TSA-, ITC- und HTRF-Assays, wie beispielsweise der korrekten Konstitution der Amidbindung am C3 des Coumarin-Gerüstes. Mittels ITC wurde die Verbindung MH209 auf ihre Bindungsaffinität gegenüber den anderen humanen Homologen der Atg8-Proteinfamilie hin untersucht. Dabei zeigte sich, dass MH209 abgesehen von LC3A und LC3B keinerlei Aktivität auf den humanen Atg8-Homologen besitzt. Diese Selektivität ist nützlich, um die biologische Bedeutung der Diversität von Atg8-Homologen in höheren Eukaryonten zu untersuchen und Prozesse, in die diese involviert sind, aufzuklären.
Im Rahmen dieser vorliegenden Thesis wurden verschiedene photosensitive Systeme anhand statischer und zeitaufgelöster optischer Spektroskopiemethoden charakterisiert. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit lag in der Entwicklung und Untersuchung neuer Quantenpunkt-basierter Hybridsysteme. Es war möglich die optischen Eigenschaften der Quantenpunkte über Optimierung der Syntheseschritte zu variieren und so auf geplante Projekte anzupassen.
Im Projekt „Quantenpunkte als Zwei-Photonen Antenne“ sollten die hohen Zwei-Photonen Einfangquerschnitte von Quantenpunkten ausgenutzt werden um in Kombination mit einer photolabilen Schutzgruppe, ein Uncaging im NIR-Bereich zu realisieren. Es wurden ZnSe/ZnS Partikel synthetisiert, die eine starke Emission im Bereich der Absorption der Schutzgruppe zeigen. Anhand von zeitaufgelösten transienten Absorptionsexperimenten mit einer Anregungswellenlänge bei 775 nm wurde eine Zwei-Photonen Absorption der Partikel nachgewiesen. Jedoch wurden starke Emissionsbeiträge aus Fallenzuständen und eine geringe Stabilität beobachtet. Die Synthese von CdS/ZnS Quantenpunkten lieferte stabile Partikel mit geringer trap state Emission. Diese Partikel wurden in einem Modellhybridsystem als Energiedonoren eingesetzt. Als Akzeptor wurde der Farbstoff Cumarin343 gewählt. In statischen Absorptions- und Emissionsmessungen, zeitkorrelierten Einzelphotonenmessungen sowie in fs-zeitaufgelösten transiente Absorptionsmessungen konnte ein ultraschneller Energietransfer nach Ein-Photonen Anregung des Hybridsystems beobachtet werden. Über TPiF Messungen wurde die Zwei-Photonen Absorption der Quantenpunkte detektiert. Ein Energietransfer nach Zwei-Photonen Anregung der Quantenpunkte wurde beobachtet. Schließlich wurde ein Hybridsystem aus CdS/ZnS und der photolabilen Schutzgruppe Az-NDBF (Synthese im AK Heckel, Goethe Universität, Frankfurt a. M.) untersucht. Auch in diesem System wurde ein Energietransfer von Quantenpunkt auf die Schutzgruppe nach Ein- und Zwei-Photonen Anregung beobachtet. Anhand von TA Experimenten wurde eine Zeitkonstante von <100 ps für den Energietransfer nach Ein-Photonen Anregung ermittelt. Es konnte anhand der vorgestellten Resultate gezeigt werden, dass sich Quantenpunkte, aufgrund der guten Anpassung ihrer optischen Eigenschaften generell sehr gut als Antennen für organische Verbindungen eigenen.
Des Weiteren wurde ein Hybridsystem aus CdSe/ZnS Quantenpunkten und einer Dyade (Verbindung eines DTE Photoschalters und BODIPY Derivats), entworfen und charakterisiert. Ein ultraschneller EET von BODIPY auf den geschlossenen DTE Schalter wurde in vorangegangenen Studien beobachtet. Dieser EET führte zur Löschung der BODIPY-Emission. Sobald der Photoschalter im offenen Zustand vorliegt, findet aufgrund des fehlenden spektralen Überlapps kein EET statt und es wird die BODIPY-Emission detektiert. Die Erweiterung der Dyade um einen Quantenpunkt zeigte nach Anregung des Quantenpunkts dessen Fluoreszenzlöschung. Da die Emissionsbande der Quantenpunkte im Absorptionsbereich des BODIPY Farbstoffes liegt, konnte über statische und zeitaufgelöste Experimente ein ultraschneller EET von CdS/ZnS auf den Farbstoff ermittelt werden. Dies führte zu der Erweiterung des Anregungsspektrums des BODIPY Farbstoffs. Die Kopplung der Dyade an die Quantenpunktoberfläche lieferte eine Verbindung mit dem breiten Anregungsspekrum des Quantenpunkts und der schaltbaren Fluoreszenz der Dyade.
Das Hybridsystem aus CdSe Quantenpunkten und PDI zeigte vom Verhältnis der Quantenpunkte zu gekoppelten PDI Molekülen abhängige Fluoreszenzsignale. In TA Experimenten wurde ein ultraschneller EET ermittelt. Für hohe PDI Konzentrationen wurde ein weiterer EET von höher angeregten Elektronen auf das PDI identifiziert. Neben der EET Charakterisierung konnte ein zusätzlicher Prozess innerhalb des Hybridsystems mit hoher PDI Konzentration beobachtet werden. Auf den EET von Quantenpunkt auf PDI folgt ein ET aus dem Valenzband des Quantenpunkts in das HOMO des PDI*. In vorangegangene Arbeiten zu Hybridsystemen aus CdSe/ZnS und PDI wurde kein ET beobachtet. In dem beschriebenen Projekt konnte der Einfluss einer passivierenden Schale auf die elektronischen Eigenschaften von CdSe Quantenpunkten gezeigt werden.
Im letzten Teil dieser Thesis wurde die spektroskopische Charakterisierung einer NVOC und zweier NDBF Schutzgruppen beschrieben. Es konnten anhand statischer Absorptionsmessungen eine Freisetzungsquantenausbeute für NVOC-Adenin von 1,1 % ermittelt werden. Die Charakterisierung der Schutzgruppen mit einer NDBF Grundstruktur (DMA-NDBF und Az-NDBF) ergab eine Abhängigkeit der Freisetzungs- und Fluoreszenzausbeute von der Polarität des Lösungsmittels. In polarer Umgebung reduzierten sich die Quantenausbeuten deutlich...
Die Synthese und Charakterisierung von neuartigen metallorganischen Koordinationsverbindungen hat in den vergangenen Jahrzehnten einen wahren Aufschwung erlebt. Aufgrund ihrer außerordentlichen strukturellen Vielfalt eröffnen sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten über alle naturwissenschaftlich-technischen Domänen hinweg. Daher besteht ein allgemeines Interesse nicht nur in der Entwicklung neuer Verbindungen und Untersuchungen von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen, sondern auch in einer Verbesserung ihrer Darstellungsmethoden.
Diese Dissertation beschäftigt sich mit Koordinationspolymeren und -netzwerken, die aus zweiwertigen 3d-Übergangsmetallhalogeniden (MX2, wie bspw. MnCl2 oder FeBr2) und Pyridin (py) bzw. Pyridinderivaten (CNpy, wie bspw. 3-Cyanopyridin) aufgebaut sind. Die Darstellung der Koordinationsverbindungen erfolgte in erster Linie über gewöhnliche Kristallisationsexperimente in alkoholischer Lösung, bei denen Phasen der Stöchiometrie [MX2(CNpy)4] oder [MX2(CNpy)2]n anfielen. Diese wurden anschließend systematisch erhitzt (“getempert“), was in der Regel zu einer stufenweisen und irreversiblen Abgabe eines Teils der Liganden führte, also bspw. von [MX2(CNpy)2]n zu [MX2(CNpy)1]n. Für diesen sog. „thermischen Abbau“ hat sich die Verwendung eines DTA-TG-Gerätes bewährt. Da die Zielverbindungen als mikrokristalline Pulver anfielen, erfolgte die Bestimmung ihrer Kristallstrukturen auf Basis von Röntgenpulverdaten.
Insgesamt wurden im Rahmen dieser Arbeit 41 neue Phasen synthetisiert und deren Kristallstrukturen aus Röntgenpulverdaten bestimmt. Zusammenfassend ist für die verschiedenen Pyridinderivate folgendes zu konstatieren:
3-Cyanopyridin
Im Falle der MBr2-Serie wurden für M = Mn, Fe, Co und Ni Koordinationsverbindungen der Stöchiometrie [MBr2(3-CNpy)4] erhalten, deren Kristallstrukturen aus diskreten Komplexmolekülen bestehen. Derart ligandenreiche Verbindungen konnten bei keiner der übrigen Serien erhalten werden. Alle Kristallstrukturen der Zusammensetzung [MX2(3-CNpy)2]n zeigen bei M = Mn, Fe, Co, Ni und Cu eine Kettenstruktur, in der die Halogenatome als µ2-Brückenliganden fungieren. Die Ketten weisen eine Fischgrät-Anordnung auf. Im Falle von [ZnX2(3-CNpy)2] werden ausschließlich diskrete Komplexmoleküle beobachtet. In allen Kristallstrukturen der [MCl2(3-CNpy)1]n-Serie liegen Doppelketten mit µ2- und µ3-verbrückenden Cl-Atomen vor. Hingegen weisen die Verbindungen der [MBr2(3-CNpy)1]n-Serie Netzwerkstrukturen auf, in denen, zusätzlich zu µ2-Cl-Atomen, über NCN-Atome gebrückt wird.
3,5-Dicyanopyridin
Aufgrund der umfassenden Erkenntnislage bei [NiCl2(CNpy)x]n und [NiCl(py)x]n- Verbindungen wurde NiCl2 für erste Experimente mit 3,5-Dicyanopyridin als neuem, bifunktionalem Liganden ausgewählt. Erwartungsgemäß führte deren Umsetzung zur Bildung von [NiCl2(3,5-CNpy)2]n, dessen Kristallstruktur das hinlänglich bekannte charakteristische Kettenmotiv aufweist. Thermischer Abbau von [NiCl2(3,5-CNpy)2]n führt indes nicht zur Bildung von [NiCl2(3,5-CNpy)1]n (bzw. grundsätzlich zu [NiCl2(3,5-CNpy)x<2]n (mit bi- oder gar tridentatem Liganden), sondern unmittelbar zur vollständigen Zersetzung in NiCl2 und 3,5-CNpy. Daher sollten weitere Experimente mit NiBr2 als Edukt durchgeführt werden, da in [NiBr2(CNpy)1]n neben Npy auch NCN an Ni-Atome zu koordinieren vermag, wodurch ja deren Netzwerkstrukturen resultieren.
4-Cyanopyridin
Alle Kristallstrukturen der Zusammensetzung [MX2(4-CNpy)2]n zeigen bei M = Mn, Fe, Co, Ni und Cu ebenfalls eine Kettenstruktur, in der die Halogenatome als µ2-Brückenliganden fungieren. Auch in diesen Kristallstrukturen liegt eine Fischgrät-Anordnung der Ketten vor. Im Falle von [ZnX2(4-CNpy)2] werden ausschließlich diskrete Komplexmoleküle beobachtet. In allen Kristallstrukturen der [MX2(4-CNpy)1]n-Serie liegen Netzwerkstrukturen vor, in denen die Metallatome über µ2-Halogenatome und NCN-Atome verbrückt werden. Alle Kristallstrukturen der [MBr2(4-CNpy)1]n-Serie sind charakteristisch fehlgeordnet, da die Orientierung der 4-CNpy-Liganden invertiert wird („Kopf-Schwanz“-Fehlordnung).
Die vorliegende Arbeit beschreibt die Herstellung von codierten Peptidbibliotheken durch kombinatorische Synthese, sowie deren Selektion auf Wechselwirkung mit einer verkürzten Sequenz der TAR-RNA des HI-Viruses.
Die zur Selektion benötigte RNA wurde dazu auf chemischem Wege hergestellt und mit einem Fluoreszensfarbstoff für eine optische Selektion markiert. Ausgehend von dieser RNA wurde ein Anfärbeassay entwickelt. Bei der Anwendung des Assays auf Tri- und Pentapeptide, die auf einem Polymerträger immobilisiert waren, zeigten sich einige intensiv leuchtende Polymerkügelchen. Die hellsten unter ihnen wurden selektiert. Die Synthese der Trimeren und Pentamerenbibliothek erfolgte zuvor an wasserquellbarem, polymerem Trägermaterial. Die Identifizierung der polymergebundenen Verbindungen erfolgte über die Codierung nach W.C. Still, welche im Rahmen dieser Dissertation in der Arbeitsgruppe von Hr. Prof. Göbel erfolgreich etabliert wurde und die einfache Unterscheidung zwischen Enantiomeren ermöglicht. Drei der am häufigsten auftretenden Trimerensequenzen wurden im Nachhinein erneut synthetisiert und Experimenten an Zellen zugeführt. Unabhängig davon, wurde ihre Wechselwirkung mit RNA als auch mit RNA-Peptid Komplexen direkt getestet.
Weiterhin wurde exemplarisch anhand von Aminopyridinen die Möglichkeit getestet, neuartige Synthesemonomere für die automatische Synthese polymergebundener Verbindungen darzustellen.
Die vorliegende Arbeit macht deutlich, dass man durch kombinatorische Synthese im Verbund mit gerichteter Selektion, die Entwicklung von in vitro RNA-Liganden für RNA mit bekannter Struktur vorantreiben kann. Umgekehrt müsste dies auch bald die Selektion von Liganden für strukturell nicht charakterisierte RNA ermöglichen.
Das nächste Ziel sollte, die Entwicklung weiterer Selektionstests sein und die Etablierung von NMR-Methoden, welche die genauen Bindungsmodi der selektierten Verbindungen an RNA aufklären, um somit die gezielte Synthese neuartiger Liganden vorantreiben zu können, da letztendlich das "Wie", für die Weiterentwicklung einer Leitstruktur ausschlaggebend ist.
Weiterhin sollten die Transportmechanismen von körperfremden Substanzen zu dem gewünschten Wirkort studiert werden, damit die vorab in vitro getestete Substanz auch im späteren Entwicklungsstadium in vivo die gewünschten Eigenschaften zeigen kann.
Molekulare Werkzeuge können in der Wissenschaft unter anderem dazu verwendet werden, biochemische Prozesse gezielt zu untersuchen, um sie somit besser zu verstehen. Dabei handelt es sich zum Beispiel, um kleine chemische Moleküle, die gezielt für ihr Anwendungsgebiet konzipiert worden sind. Mit Ihnen lassen sich z.B. Interaktionen zwischen (Makro-)Molekülen regulieren, chemische Gleichgewichte lokal verändern oder auch Botenstoffe zielgerichtet freisetzen. Die Effekte dieser temporären Einwirkung auf verschiedenste biologische Systeme können hilfreiche Erkenntnisse struktureller, funktioneller oder systematischer Art für die entsprechenden Forschungsgebiete liefern.
Um die interdisziplinären Problemstellungen zielgerichtet mit den entsprechend zugeschnittenen Werkzeugen zu adressieren, ist es dabei jedoch absolut notwendig, dass ein umfassendes und über die Grenzen der jeweiligen Fachgebiete hinaus gehendes Verständnis der jeweiligen Fragestellungen entwickelt wird.
Viele der bisher bekannten Werkzeuge benötigen für ihren Einsatz bis heute noch relativ harsche Reaktionsbedingungen, haben ein eingeschränktes Anwendungsfeld oder lassen sich nicht ausreichend Zeit- & Ortsaufgelöst „aktivieren“. Die Möglichkeit Licht als externes Trigger-Signal zu verwenden, um die entsprechenden molekularen Werkzeuge zu aktivieren (oder auch zu deaktivieren), überwindet genau diese Defizite und bringt neben der hohen zeitlichen und räumlichen Auflösung noch viele weitere Vorteile mit sich. Im Rahmen meiner Doktorarbeit ist es mir gelungen gemeinsam mit meinen Kooperationspartnern neue lichtaktivierbare molekulare Werkzeuge von Grund auf zu designen, zu synthetisieren, sie auf ihre photochemischen Eigenschaften zu untersuchen und sie anzuwenden. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Doktoranden aus der Organischen, Theoretischen und Physikalischen Chemie, konnte ein umfassendes Bild dieser neuen Substanzklassen aufgezeigt werden. Die verschiedenen Arten lichtaktivierbarer Werkzeuge sollen im Verlauf dieser Arbeit genauer herausgearbeitet werden. Generell kann man in drei grundlegenden Klassen von lichtaktivierbaren Werkzeugen unterscheiden: 1. irreversibel photolabile Schutzgruppen, 2. photoaktivierbare Label und 3. reversibel lichtschaltbare Photoschalter.
Auf dem Gebiet der photolabilen Schutzgruppen, auch photoaktivierbare Schutzgruppen oder Photocages genannt, ist es uns gelungen eine neue Spezies von Molekülen zu identifizieren, die dazu in der Lage sind, nach photochemischer Anregung eine spezifische Bindung innerhalb ihres molekularen Gerüsts zu spalten. Möglich gemacht wurde dies, indem wir den sog. „uncaging Prozess ganz neu gedacht“ haben und mit der Unterstützung von Theorie und Spektroskopie unsere Ergebnisse in einer Struktur-Aktivitäts-Beziehungs-Studie (SAR) festhalten konnten. Aus einer Substanzbibliothek von diversen theoretisch berechneten Kandidaten, wurden die vielversprechendsten Verbindungen anschließend synthetisiert und photochemisch charakterisiert. Nach initialen Untersuchungen und den daraus hervorgehenden Erkenntnissen, wurden weitere molekulare Struktur auf die Optimierungen der photochemischen Eigenschaften hin theoretisch berechnet und anschließend im Labor realisiert. Daraus resultierend entwickelten wir einen Photocage, der mit einer hohen Quantenausbeute mit Licht von über 450 nm photolysierbar ist und ebenfalls dazu in der Lage ist Neurotransmitter wie z.B. Glutamat zielgerichtet und lichtaktiviert freizusetzen. Eine weitere Struktur-Aktivitäts-Beziehungs-Studie wurde im Rahmen dieser Arbeit mit dem Isatin-Gerüst als potentiell neue photolabile Schutzgruppe durchgeführt.
Ebenfalls konnten in einer dritten Studie auf dem Gebiet der photolabilen Schutzgruppen Untersuchungen am Coumarin-Grundgerüst zeigen, dass eine systematische Einschränkung der Relaxationspfade im Molekül eine Verbesserung der photochemischen Eigenschaften mit sich bringen kann.
Photoaktivierbare Label werden in den verschiedensten Bereichen der Wissenschaft angewendet. Meist erlauben jedoch die chemischen Moleküle nur eine begrenzte „Beobachtungszeit“ der biochemischen Prozesse aufgrund der effizienten und damit schnellen Relaxationspfade zurück in den Grundzustand. Zu Beginn der durchgeführten Untersuchungen, bestand unsere Idee darin, die selektive Prä-IR-Anregung mit Hilfe eines UV/vis-Pulses (entsprechend der VIPER-Spektrokopie) in ein langlebiges Triplett-Signal eines geeigneten Chromophors zu überführen, welches anschließend für die Beobachtung vergleichsweise lang-lebiger biochemischer Prozesse verwendet werden könnte. Aus dieser Idee heraus entwickelten wir einen Chromophor, der neben einer Absorption im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums, zusätzlich eine IR-adressierbare funktionelle Gruppe, sowie die Eigenschaft, ein effizientes Inter-System-Crossing (ISC) nach photochemischer Anregung durchzuführen, besaß. Zu unserem Erstaunen zeigte dieses Derivat jedoch nach erfolgreicher Synthese nicht das erwartete Verhalten. Ein weiteres Beispiel für die hochgradige Komplexität der Photochemie.
Mit Hilfe von theoretischen und spektroskopischen Methoden konnten dennoch viele hilfreiche Erkenntnisse aus dieser Studie für zukünftige Untersuchungen aufgedeckt werden.
Ebenso war es während meiner Promotion eines der Ziele, den Schaltprozess des sog. Fulgid-Photoschalters genauer zu untersuchen und somit besser zu verstehen. Hierbei handelt es sich um ein ausgesprochen beständiges, photochemisch reversibel schaltbares Molekül, auch wenn dies vielleicht auf den ersten Blick ein Widerspruch in sich zu sein scheint. Es gelang uns diesen Photoschalter, genauer gesagt seine Photo-Isomere, auf dem Gebiet der chemischen Aktinometrie zu etablieren.
Dafür waren zahlreiche Messungen diverser Reaktivitäten (photochemische Reaktions-Quantenausbeuten) in verschiedenste Wellenlängenbereiche vom Nah-UV-Bereich bis hin zur 700 nm Grenze erforderlich. Außerdem wurden alle Werte mit der Referenzmessung einer Photodiode bzw. je nach Wellenlängenbereich auch mit der klassischen Ferri-Oxalat-Aktinometrie verglichen. Im Anschluss daran fokussierte ich mich weiter auf die einzelnen Photo-Isomere und ihre einzigartige chemische Struktur. Mit Hilfe der chiralen HPLC gelang es uns die einzelnen Photo-Isomere voneinander zu isolieren und diese mit verschiedensten photochemischen und theoretischen Methoden „genauer unter die Lupe“ zu nehmen. Die aus dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse bereiten den Weg für diverse, zukünftige spektroskopische Anwendungen dieses Photoschalters.
Licht ist ein wertvolles Werkzeug zur Regulation biochemischer Reaktionsabläufe. Denn die Applikation von Licht erlaubt eine sehr präzise Einflussnahme auf den Ort und den Startzeitpunkt der zu untersuchenden Reaktionen. Als nichtinvasives Medium bietet die Lichtkontrolle bei der Wahl einer geeigneten Anregungswellenlänge den Vorteil nur minimal in einen lebenden Organismus einzugreifen. Um eine solche lichtbasierte Kontrolle für biologische Anwendungen zu realisieren, ist die Anwesenheit einer lichtsensitiven Verbindung nötig. Ein Konzept der lichtsensitiven Verbindungen ist die sogenannte photolabile Schutzgruppe. Im Allgemeinen handelt es sich hierbei um einen Chromophor der temporär an ein Biomolekül angebracht wurde, um dessen biologische Aktivität zu unterdrücken.
In dieser Arbeit wurde dieses Konzept auf das Antibiotikum Puromycin angewendet, welches durch das synthetische Anbringen der Cumarin-Schutzgruppe DEACM in seiner biologischen Aktivität behindert und durch einen Lichtpuls wieder freigesetzt wurde. DEACM st eine photolabile Schutzgruppe mit breitem Anwendungsspektrum, da es im Vergleich zu anderen Cumarin-Derivaten vorteilhafte photophysikalische Eigenschaften aufweist. Zum einen ist durch den 7-Diethylamino-Substituenten das Absorptionsmaximum dieser Verbindung um etwa 20 nm bathochrom verschoben. Zum anderen zeichnet sich dieses Derivat durch einen erheblich erhöhten Extinktionskoeffizienten aus, sodass eine Freisetzungsreaktion mit einer geringeren Lichtdosis induziert werden kann, was weniger Stress für die Zellen in lebenden Systemen bedeutet.
Die antibiotische Wirkung von Puromycin beruht auf der strukturellen Ähnlichkeit zum5'-Ende von Tyrosyl-tRNA, wodurch sich das Antibiotikum kondonunspezifisch während der Translation der Proteinsynthese an das Ribosom anlagern kann. Anschließend wird die naszierende Polypeptidkette auf das Puromycin transferiert. Da diese neue Bindung unter biologischen Bedingungen nicht spaltbar ist, führt dies zu einer verfrühten Freisetzung des Polypeptid-Puromycin-Fragments. Schließlich ist die Proteinsynthese vollständig abgebrochen.
Die Motivation zur photoinduzierten Kontrolle von Puromycin besteht in der Vielzahl an biologischen Applikationsmöglichkeiten, da die lichtregulierte Freisetzung der biologischen Aktivität als Trigger für sich anschließende biochemische Abläufe verwendet werden kann. Durch das hier gezeigte System kann in Kombination mit anderen Techniken (z.B. NMR) die posttranslationale Proteinfaltung beobachtet werden, welche als hochgradig komplexer Prozess bisher nicht verstanden ist. Eine weitere Motivationsgrundlage ist die Anwendung von DEACM-puromycin in Nervenzellen. Hier kann durch die Photofreisetzung die Proteinsynthese in den Dendriten der Neuronen beobachtet werden, wodurch Rückschlüsse auf neurodegenerative Krankheiten möglich sein sollten, wie z.B. Alzheimer-Krankheit. In dieser Arbeit konnte in-vitro nachgewiesen werden, dass die antibiotische Wirkung von Puromycin mittels Licht kontrollierbar ist. Aus der photophysikalischen Grundcharakterisierung ging hervor, dass DEACM-puromycin einen hohen Extinktionskoeffizienten bei Wellenlängen größer als 380 nm aufweist. Folglich kann zur Induktion der Photolyse eine geringere Lichtdosis mit energiearmer Strahlung als bei dem Vorläufersystem NVOC-puromycin verwendet werden, angesichts dessen ist das hier vorgestellte DEACM-puromycin für Anwendungen in Zellen zu empfehlen.
Über die Kombination von quantenchemischen Rechnungen und spektroskopischen Methoden konnten die frühen Schritte der Freisetzungsreaktion bestimmt und quantifiziert werden. Zudem zeigte sich ein Einfluss der Lösungsmittelzusammensetzung auf die Uncaging-Schritte. In Gegenwart eines protischen Lösungsmittels wird der zum Uncaging in Konkurrenz stehende Prozess der Fluoreszenz unterdrückt, wodurch die Freisetzungsschritte effektiver werden. Zudem führt die Präsenz von Protonen zu einer Stabilisierung des ionischen Intermediates, sodass die Bildung dessen beschleunigt ablaufen kann. Die Spaltung der photolabilen Schutzgruppen vom Puromycin findet mit einer Rate von 0,71*10^8 s-1 statt, welche im Vergleich zu Vorgängersystem um eine Größenordnung größer ist. Die Wiederherstellung der biologischen Aktivität resultiert aber erst nach einem anschließenden Decarboxylierungsschritt. Mithilfe von IR-Messungen konnte die Decarboxylierung beobachtet und daraus die Quantenausbeute zu 2,5% determiniert werden. Die so bestimmte Quantenausbeute entspricht etwa dem Zweifachen von NVOC-puromycin, sodass die hier untersuchte Verbindung eindeutig als das effizientere System zu betrachten ist. Die hier beschriebenen Ergebnisse zeigen, dass DEACM-puromycin vorteilhafte photophysikalische Eigenschafen aufweist, die diese Verbindung zu einem wertvollen Hilfsmittel für eine Vielzahl von lichtkontrollierten Untersuchungen in biologischer Umgebung macht. Zudem wurden Einblicke in den Reaktionsmechanismus gegeben, die das Verständnis der photolytischen Spaltung von Carbamat-geschützten Cumarinen erstmals auf der ultrakurzen Zeitskala ermöglicht.
Entzündungen sind eine Gegenreaktion des Körpers auf einen schädlichen Stimulus. Eine akute Entzündung zeichnet sich durch typische Zeichen wie Schwellung, Rötung, Überwärmung, Schmerz und eingeschränkter Funktionsfähigkeit aus.Findet die Auflösung der Entzündung nur sehr langsam oder nicht statt, entsteht eine chronische Entzündung. Eine chronische Entzündung kann Auslöser vieler schwerwiegender Krankheiten, wie Diabetes mellitus, Krebs oder kardiovaskulärer Erkrankungen sein. Die symptomatische Behandlung einer chronischen Entzündung erfolgt unter anderem durch NSAIDs. Diese haben bei einer Langzeiteinnahme schwere Nebenwirkungen wie gastrointestinale Blutungen oder nephrotoxische Eigenschaften.NSAIDs greifen in den Metabolismus der Arachidonsäure-Kaskade ein. Die Arachidonsäure wird über mehrere Enzyme metabolisiert, die drei Hauptmetabolismuswege erfolgen über die Cyclooxygenase- (COX), 5-Lipoxygenase- (5-LOX) und Cytochrom P450-Enzyme (CYP450). Studien ergaben, dass die Inhibition eines Metabolismusweges eine Verschiebung der Lipidwerte innerhalb des Arachidonsäurestoffwechsels verursacht. Viele dieser Nebenwirkungen bei einer Langzeitmedikation kommen vermutlich durch die Verschiebung der Metabolite zustande.8 Diese Problematik könnte möglicherweise durch eine Inhibition mehrerer Metabolismuswege umgangen werden. Tierstudien belegen eine bessere Wirksamkeit dualer Inhibitoren gegenüber der Einzelverabreichung von „selektiven“ Inhibitoren und zudem wird ein erhöhtes Sicherheitsprofil für duale Inhibitoren postuliert.9,10 Im Rahmen dieser Arbeit wurden einerseits duale Inhibitoren der löslichen Epoxidhydrolase (sEH) und Leukotrien-A4-Hydrolase (LTA4H) und anderseits der sEH und der 5-Lipoxygenase entworfen, synthetisiert und in vitro gegenüber den betreffenden Enzymen in einem Aktivitätsassay evaluiert.
Es ist gelungen, duale Inhibitoren der sEH und LTA4H mit IC50-Wert im submikromolaren Bereich zu synthetisieren. Dies wurde durch die Erweiterung des Fragments 3-(4-(Benzyloxy)phenyl)propan-1-ol, welches Amano et al. publizierten, bewerkstelligt.11 Die synthetisierten Inhibitoren wurden analytisch charakterisiert und in vitro auf ihr inhibitorisches Potential untersucht. Des Weiteren konnte die Kristallstruktur eines dualen Inhibitors in der Bindetasche der sEH gelöst werden und damit weitere Erkenntnisse über den Bindungsmodus des Inhibitors gewonnen werden. Es konnten auch duale Inhibitoren der sEH und 5-LOX synthetisiert werden und jene auf ihr inhibitorisches Potential untersucht werden. Es wurden einige Inhibitoren mit submikromolaren bis nanomolaren IC50-Werten gegenüber beiden Zielproteinen entworfen, synthetisiert und analytisch charakterisiert. Da mehrere Inhibitoren zwei stereogene Zentren aufweisen, wurde ein Inhibitor mit definierten Stereozentren durch eine asymmetrische Synthese generiert. Ein stereogenes Zentrum wurde über drei Schritte synthetisiert und zum Nachweis der Reinheit des Enantiomeres zum Diastereomer gekuppelt. Per NMR-Spektroskopie wurde das Verhältnis (dr 9:1) der Diastereomere zueinander bestimmt. Das andere stereogene Zentrum wurde mit Hilfe eines Evans-Auxiliar über eine achtstufige Synthese dargestellt und mit dem Enantiomer aus der dreistufigen Synthese verknüpft. Per HPLC konnte ein dr-Verhältnis von 99:1 für den Inhibitor HK330 bestimmt werden. Das andere Diastereomer wurde mittels HPLC aus dem Recemat isoliert. Eine in vitro Evaluation zeigte, dass der Einfluss des stereogenen Zentrums auf das Inhibitionsvermögen marginal ist.
Nach einer Evaluation des Inhibitionsvermögens, der Löslichkeit, der Zelltoxizität, der metabolischen Stabilität und der synthetischen Zugänglichkeit, wurde der Inhibitor HK330 weiter untersucht. In einem Zellassay konnte jener die 5-LOX-Aktivität senken, die 12- und 15-LOX wurde jedoch nicht inhibiert. Des Weiteren wurde der Inhibitor in einer pharmakokinetischen Studie untersucht und erreichte Plasmawerte, die bis zu 4 h in der aktiven Konzentration des Inhibitors lagen. LC-MS/MS Untersuchungen der Plasmaproben ergaben ein erhöhtes EETs/DHETs-Verhältnis, welches die in vivo Inhibition der sEH bestätigt. Die Verbindung HK330 besitzt vielversprechende Eigenschaften und deshalb soll die Wirksamkeit des Inhibitors in einem Tiermodell getestet werden. Geeignete Tiermodelle wie die unilaterale Harnleiterobstruktion (unilateral ureteral obstruction, UUO) in Mäusen könnten Aufschlüsse über die Wirksamkeit von HK330 geben. Denn sowohl die Inhibition der 5-LOX als auch der sEH sind renoprotektiv.12,13 Die profibrinolytischen und anti-inflammatorischen Eigenschaften eines sEH-Inhibitors könnten auch in einem Tiermodell zur gestörten Wundheilung untersucht werden. In einem murinen Ohrwundmodell wurde gezeigt, dass eine Behandlung mit Epoxyeicosatriensäuren (EETs) die Wundheilung signifikant beschleunigte.15 Ramalho et al. zeigten, dass die Leukotriene des 5-LOX-Metabolisimusweges eine verminderte Wundheilung in diabetischen Mäusen (Typ 1) bewirkten.
RNA ist vor allem als Vermittler von Erbinformationen bekannt. Doch neben der Translation in Proteine ist sie auch maßgeblich an regulatorischen Prozessen in der Zelle beteiligt. So kommen in vielen Organismen Argonautenproteine vor, die zusammen mit microRNA einen Komplex bilden, der in der Lage ist, mRNA zu spalten oder auf andere Weise deren Translation zu unterdrücken. Da die Deregulierung von microRNA bei verschiedenen Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Alzheimer auftritt, wurden in dieser Arbeit Alkylanzien entwickelt, die zur besseren Inhibierung von microRNA beitragen sollen.
Als Alkylierungsmittel wurden ortho-Chinonmethide verwendet, die zunächst in geschützter Form synthetisiert wurden und nach Aktivierung mit einer Nukleobase reagieren können. Für die Erkennung der miRNA-Sequenz wurden diese zu einem Konjugat mit Peptid-Nukleinsäuren (PNAs) verbunden. Es wurden zwei Arten von Chinonmethid-Präkursoren hergestellt: Mit o Nitrobenzyl photolabil geschützte, die sich mit Licht der Wellenlänge 365 nm aktivieren lassen, und über ein Disulfid geschützte, die mithilfe eines Reduktionsmittels aktiviert werden. Die photolabil geschützten Derivate lassen sich damit gezielt örtlich und zeitlich aktivieren. Vom reduktiv aktivierbaren Präkursor wurden drei Derivate mit sterisch unterschiedlichen Resten am Disulfid (Benzyl-, Isopropyl- oder tert-Butyl-Rest) hergestellt, die einen Einfluss auf die Kinetik der Entschützung haben. Diese Derivate können nach Eintritt in eine Zelle durch die dort vorherrschende hohe Glutathion-Konzentration aktiviert werden, während sie extrazellulär unreaktiv sind.
Zunächst wurde die Kinetik eines photolabil geschützten Konjugats ohne RNA untersucht. Hier kommt es nach Bestrahlung zur Selbstalkylierung, bei der die Nukleobasen der PNA angegriffen werden. Bei 37 °C erfolgte dies mit einer Halbwertszeit von 0.43 h unter Annahme einer Reaktion 1. Ordnung. Die Kinetik der Alkylierung der komplementären RNA ließ sich durch zwei parallel ablaufende Reaktionen 1. Ordnung abbilden. Die Schnelle hatte eine Halbwertszeit von 0.42 h und die Langsame 11 h mit einer Ausbeute von 73 % nach 168 h. Bei Bestrahlung des Konjugats und erst anschließender Zugabe der RNA wurde ebenfalls eine Halbwertszeit von 11 h bei einer einzelnen Reaktionen 1. Ordnung erhalten. Dies lässt sich mit der Reversibilität mancher Reaktionsprodukte erklären. Die schnelle Reaktion entspricht der direkten Reaktion des Chinonmethids mit der RNA, die langsame entsteht durch Umlagerung von reversiblen Addukten.
Die Analyse der RNA-Alkylierung erfolgte mithilfe von denaturierender Polyacrylamid-Gelelektrophorese, bei der in Abhängigkeit der Gel-Temperatur scheinbar unterschiedliche Kinetiken gemessen wurden. Dies ist ebenfalls eine Folge der Reversibilität. Bei 57 °C kann ein Teil der Bindungen zwischen RNA und den Konjugaten brechen und es wird am Anfang der Reaktion eine geringere Ausbeute gemessen als bei 25 °C Geltemperatur. Die Ausbeute nach 168 h änderte sich jedoch nicht, da im Verlauf der Reaktion die reversiblen Addukte in irreversible umgewandelt werden.
Mit miRNA-20a als Ziel wurden mit einem 10mer Konjugat zunächst nur 13 % Ausbeute nach 72 h und mit einem 15mer Konjugat 41 % nach 75 h erreicht. Durch internen Einbau des Chinonmethid-Präkursors in die PNA, sodass es einem Adenosin der RNA gegenübersteht, konnte die Ausbeute auf 75 % nach 72 h gesteigert werden, da Adenosin bevorzugt alkyliert wird.
Bei den reduktiv aktivierbaren Chinonmethid-Präkursoren waren alle synthetisierten Konjugate in Puffer ohne Glutathion (GSH) stabil. Die Reihenfolge der Reaktionsgeschwindigkeit der Disulfidspaltung war bei 0.5 mM und 10 mM GSH: Benzyl > Isopropyl > tert-Butyl. Die Halbwertszeit bei 10 mM GSH betrug weniger als 5 min (Benzyl-Konjugat) bis 2 h (t Butyl Konjugat). Jedoch bildeten sich mit allen Konjugaten bei 10 mM GSH auch Addukte mit GSH.
Die Reaktivitätsreihenfolge blieb bei der Alkylierung von RNA erhalten. Allein das Benzyl-Konjugat erreichte bei einer GSH-Konzentration von 0.5 mM schon die gleiche Reaktionsgeschwindigkeit wie das photolabil geschützte Chinonmethid. Bei 10 mM GSH erreichten die Derivate zwar nach wenigen Stunden ihre maximale Ausbeute, diese betrug jedoch nur 23 % (tert-Butyl-Konjugat) bis 43 % (Benzyl-Konjugat), da die Chinonmethide auch durch GSH als Nukleophil abgefangen werden.
Mit einem Konjugat, das ein photolabiles Chinonmethid sowie Biotin trägt, wurde ein Fluoreszenzpulldown mit Cy5-markierter RNA durchgeführt. Hier zeigte die bestrahlte Probe eine deutlich höhere Fluoreszenz (6.8x), als eine unbestrahlte Vergleichsprobe. Bei einem Pulldown-Versuch mit miRNA-20a bzw. mit RISCs aus HeLa-Zelllysat konnte das Argonautenprotein jedoch nicht eindeutig mittels Westernblot nachgewiesen werden.
Anhand des reduktiv aktivierbaren Benzyl-Konjugats konnte gezeigt werden, dass sich das Konjugat in Zelllysat zersetzt und nur ein Teil zu Addukten mit Nukleobasen reagiert. Die Ursache wurde in der hydrolyselabilen Abgangsgruppe gesehen, sodass weitere photolabil geschützte Derivate mit Dimethylamino-, Trimethylammonium-, Pivaloylester- und Benzoylestergruppe synthetisiert wurden. Von diesen war nur das Benzoylester-Konjugat in der Lage, RNA mit 72 % Ausbeute nach 48 Stunden zu alkylieren. Zudem war es für mindestens 1 h in Zelllysat stabil.
Mit einer Prävalenz von rund 5% bildet das Hereditäre Nonpolypöse Kolorektalkarzinom (HNPCC), auch Lynch Syndrom genannt, die häufigste genetische Disposition unter allen Kolorektalkarzinomen in Deutschland. Das Lynch Syndrom wird autosomal-dominant vererbt und tritt im Schnitt bereits ab dem 44. Lebensalter auf, während die Mehrheit der Kolorektalkarzinome erst mit 63 Jahren diagnostiziert wird. Ein wichtiges Merkmal sind sogenannte HNPCC-assoziierte Malignome, welche sich außerhalb des Dickdarms befinden. Die Diagnose gestaltet sich allerdings relativ schwierig, da bei Lynch Syndrom-Patienten kein eindeutiger klinisch auffälliger Phänotyp vorliegt und die Diagnosestellung nur in Zusammenhang mit einer Familienanamnese des Patienten möglich ist.
Mittlerweile ist bekannt, dass für das charakteristische Auftreten von hochgradigen Mikrosatelliteninstabilitäten im Tumorgewebe ein defektes DNA-Mismatch-Reparatursystem verantwortlich ist. Diese Defekte treten vor allem in den Genen MLH1, MSH2, MSH6 oder PMS2 auf und können über die Keimbahn vererbt werden.
Das Fusionsprotein MLH1•ITGA9 wurde im Jahr 2009 publiziert, nachdem es bei einer Familie aus Französisch-Guyana gehäuft identifiziert wurde. Mehrere Familienmitglieder waren an unterschiedlichen Krebsarten erkrankt, und die Tatsache, dass neben Dickdarmtumoren auch synchrones und metachrones extrakolonisches Tumorwachstum auftrat, ließen den Schluss einer positiven Familienanamnese für das Lynch Syndrom zu. Auffällig war jedoch, dass das Spektrum dieser extrakolonischen Tumoren nicht im Einklang mit den typischen HNPCC-assoziierten Malignomen stand. Daher lag die Vermutung nahe, dass das Fusionsprotein MLH1•ITGA9 für diesen Phänotyp verantwortlich ist.
Das dem zugrundeliegende Fusionsgen MLH1•ITGA9 ist das Resultat einer interstitiellen Deletion auf Chromosom 3p21.3. Es kodiert für den N-Terminus des Mismatch-Reparaturgens MLH1 sowie den C-Terminus des rund 400 kb downstream gelegenen Integrin α9. Aufgrund der fehlenden nukleären Lokalisationssequenz und weiterer wichtiger im C-Terminus gelegenen Domänen des MLH1-Proteins ist davon auszugehen, dass es außer Stande ist, Basenfehlpaarungen zu reparieren; ebenso sollte das Fusionsprotein theoretisch keine Funktionen des Wildtyp Integrin α9 mehr ausüben können.
Diese Annahmen konnten durch diverse Versuche wie Zelladhäsions- und Zellmigrationsassays bestätigt werden; das Fusionsprotein hatte dabei keinerlei Einfluß auf das Adhäsions- oder Migrationsverhalten unterschiedlicher Zelllinien.
Bezüglich der Lokalisation von MLH1•ITGA9 wurde über Fluoreszenzmikroskopie aufgrund der fehlenden nuklären Lokalisationssequenz im MLH1-Proteinteil der Nachweis erbracht, dass sowohl das Fusionsprotein als auch seine Variante MLH1∆ (bestehend aus dem MLH1-Teil) lediglich im Zytoplasma, und nicht wie der Wildtyp auch im Zellkern, zu finden ist.
Desweiteren zeigten Co-Immunopräzipitationsexperimente eine Interaktion zwischen dem Fusionsprotein und MLH1∆ mit dem Tumorsuppressor BRCA1. Die Folgen dieser Interaktion wurden auf translationeller und Proteinebene mit dem Ergebnis untersucht, dass Zellen, welche das Fusionsprotein oder seine trunkierte Variante MLH1∆ exprimieren, nach Etoposidstimulierung teilweise in gravierendem Ausmaß einen negativen Einfluss auf die p53-abhängige DNA-Reparaturmaschinerie aufweisen. Dies zeigte sich besonders deutlich auf transkriptioneller Ebene in einer bis zu 96%igen Herunterregulierung wichtiger Zellzyklus- sowie proapoptotischer Gene. Die durchflusszytometrische Analyse dieser Zellen zeigte außerdem eine höhere Apoptoseresistenz nach Etoposidstimulierung im Vergleich zu Wildtyp-MLH1 exprimierenden Zellen.
Das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die sechsthäufigste Krebsart mit der zweithäufigsten krebsbedingten Letalität. Sorafenib ist bereits seit über 10 Jahren die einzige verfügbare und zugelassene systemische Chemotherapie. Allerdings zeigen Patienten oft eine Resistenz gegenüber Sorafenib.
In zahlreichen Krebsarten konnte bereits gezeigt werden, dass Sphingolipide bei der Tumorentwicklung und Chemoresistenz eine wichtige Rolle spielen. Sphingolipide sind bioaktive Lipidmoleküle, welche unteranderem für die Beeinflussung verschiedener Signalwege intra- und extrazellulär verantwortlich sind. So konnte gezeigt werden, dass das Verhältnis zwischen Sphingosin-1-Phosphat (S1P) und Ceramiden eine wichtige Rolle für das Überleben von Zellen spielt, wobei eine Verschiebung des Verhältnisses zugunsten des S1P meist eine proliferative Wirkung auf Zellen hat. Für die Phosphorylierung des Sphingosins zu S1P sind die zwei Enzyme Sphingosinkinase 1 und 2 (SPHK1/2) verantwortlich.
Es gibt bereits Studien, die nachweisen konnten, dass diese Enzyme gerade in Tumorzellen verstärkt exprimiert werden. Auf der anderen Seite kann eine verstärkte Bildung von Ceramiden die Apoptose der Tumorzellen verstärken. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Sphingolipid-Stoffwechsel einen interessanten Angriffspunkt für die Krebstherapie darstellt. Aus diesem Grund sollte in der vorliegenden Arbeit zunächst untersucht werden, ob Sorafenib einen Einfluss auf den Sphingolipid Stoffwechsel hat. Weiter sollte untersucht werden, ob die Beeinflussung des Sphingolipid-Stoffwechsels die Effekte von Sorafenib potenzieren könnte.
Es konnte zunächst gezeigt werden, dass Sorafenib die mRNA-Expression verschiedener Enzyme, die das Verhältnis zwischen Ceramiden und S1P regulieren, beeinflussen kann. Es wurde weiter untersucht, wie sich der Ceramidsynthase Inhibitor FB1 auf die Proliferation und die Induktion der Apoptose auswirkt. Dies wurde ebenfalls mit SLP (SPHK1 Inhibitor), SLM (SPHK2 Inhibitor) und SKI II, einem unspezifischen Inhibitor beider Sphingosinkinasen, untersucht. Es wurden weiter die Einflüsse aller verwendeten Substanzen auf die Bildung verschiedener Sphingolipide untersucht.
Hierbei konnte gezeigt werden, dass Sorafenib in der Lage ist, die Proliferation der Zellen zu hemmen und die Apoptose-Induktion zu fördern. Weiter führte Sorafenib zu einer Akkumulation der Dihydroceramide. Was wiederrum weder mit SKI II, FB1; SLP noch SLM beobachtet werden konnte. Der signifikante Anstieg der Dihydroceramid-Konzentrationen konnte mit dem durch Sorafenib induzierten oxidativen Stress in Verbindung gebracht werden.
SLP und SLM waren nicht in der Lage, die Effekte von Sorafenib auf die Proliferation zu potenzieren. Die Kombination von Sorafenib mit SLP oder SLM führte jedoch in den Huh7.5 Zellen zu einer drastischen Reduktion des S1P-Spiegel.
FB1 und SKI II führten zu einer stärkeren Hemmung der Proliferation als Sorafenib. Wobei gezeigt werden konnte, dass beide Substanzen die Ceramid-Spiegel tendenziell eher vermindern und die S1P-Spiegel erhöhen. Durch die Stimulation mit FB1 kam es sogar zu einer signifikanten Erhöhung der S1P-Spiegel. Es scheint, dass der Einfluss von FB1 und SKI II auf die Proliferation der Zellen unabhängig vom Sphingolipid-Stoffwechsel ist. Diese scheinen eher über andere Mechanismen zu wirken. Es könnte von Interesse sein, gerade diese Signalwege von SKI II im HCC weiter zu untersuchen, da SKI II bereits in Mausmodellen anderer Krebsarten vielversprechende Ergebnisse zeigte.
In der vorliegenden Arbeit konnte die Entwicklung und Evaluierung einer neuen Apparatur zur Untersuchung der Freisetzungseigenschaften von kolloidalen Arzneiträgern erfolgreich umgesetzt werden. Verschiedene Prototypen und Versionen des Dispersion Releasers konnten entwickelt und mit Hilfe der Werkstatt des Fachbereiches 14 umgesetzt werden. Dabei ermöglicht die letzte Optimierung (Version 3) den Einsatz beider relevanter Dialysemembranen. Sowohl regenerierte Cellulose als auch Celluloseacetat konnten zur Freisetzungsuntersuchung eingesetzt werden. Vorteilhaft ist diese Optionalität vor allem, da auf diese Weise Partikelsysteme und Wirkstoffe mit unterschiedlichen physiko-chemischen Eigenschaften in der gleichen Apparatur auf das Freigabeverhalten untersucht werden können. Darüber hinaus hat der Dispersion Releaser das Potential, sich im Bereich der Freisetzungsuntersuchungen kolloidaler Arzneiträger über den Arbeitskreis von Dr. Wacker hinaus zu einem bevorzugten Testsystem zu entwickeln. In diesem speziellen Gebiet der Freisetzungsuntersuchung von kolloidalen Arzneiträgern wie Nanopartikeln oder Liposomen existiert bisher keine Apparatur, die als sogenannter Gold-Standard angesehen werden kann. Untersuchungen mittels der Durchflusszelle, dem A4D oder Sample & Separate Methoden im Labormaßstab unterliegen kaum standardisierbaren Bedingungen und diversen Limitierungen. Der Dispersion Releaser ist einfach zu handhaben und mit wenig Aufwand in die Freisetzungsapparatur 2 nach Ph. Eur. einzubauen. Zu den zahlreichen Vorteilen gehören außerdem die Kontrolle der Rührgeschwindigkeit sowie der Temperatur und der mögliche Probenzug in beiden Kompartimenten der Dialysezelle. Würden mehr Freisetzungsuntersuchungen von kolloidalen Arzneiträgern mit der gleichen, im besten Falle standardisierten, Apparatur durchgeführt, so würde dies die Vergleichbarkeit der Resultate erheblich verbessern.
Die präparierten Modellarzneiformen der beiden Arzneistoffe mTHPC und Flurbiprofen konnten die Funktionalität des Dispersion Releasers mittels der erhobenen Freisetzungsprofile belegen. Es konnten sowohl schnell als auch langsamer freisetzende kolloidale Formulierungen produziert und identifiziert werden. Als Standard-Freisetzungsmedium diente ein 10 mM Phosphatpuffer versetzt mit Natrium- und Kaliumchlorid bei pH 7,4. Dieser im Hinblick auf pH-Wert, Osmolalität und Pufferkapazität dem Blut angepasste Puffer lieferte reproduzierbare Freisetzungsprofile für alle untersuchten Partikelsysteme. Der Zusatz von Plasmaproteinen erfolge durch Zufügen von FBS zu diesem Standardpuffersystem oder durch Verwendung des im Ph. Eur. gelisteten Phosphatpuffers pH 7,2 mit Rinderalbumin. Der Effekt der im Plasma natürlicherweise enthaltenen Komponenten, insbesondere der Plasmaproteine, auf das Freisetzungsprofil zeigt in dieser Arbeit, dass -wie erwartet- die Freisetzungseigenschaften in komplexen, bzw. physiologischen Medien deutlich von denen in einfachen Puffersystemen abweichen können. Die Anwesenheit von Plasmaproteinen führte zu einer veränderten Freisetzungsrate, sowohl im Falle von Flurbiprofen als auch im Falle von mTHPC. Für mTHPC konnte außerdem der Zusatz von lösungsvermittelndem Methyl-ß-cyclodextrin zum Freisetzungsmedium etabliert werden. Gegenüber üblicherweise eingesetzten Tensiden verändert dieses cyclische Zuckermolekül die Oberflächenspannung des Mediums und damit die Benetzbarkeit der Partikel nicht.
Die mittels Dispersion Releaser und Dialysesack erhobenen Freisetzungsdaten des Wirkstoffes Flurbiprofen wurden in Zusammenarbeit mit Frau Dr. Li Kirsamer einer mathematischen Auswertung unterzogen. Auf diese Weise konnte zunächst das Freisetzungsprofil beider Kompartimente der Dialyse dargestellt werden, wodurch weitere Erkenntnisse der Qualität des kolloidalen Trägers und seiner Eignung für den jeweiligen Arzneistoff abgeleitet werden können. Die Auswertung an Hand dieses Modells berücksichtigt zwar die Fraktion des freigesetzten Wirkstoffes in beiden Kompartimenten, ermittelt jedoch keine theoretische Freisetzungsrate welche ohne Membrankinetik messbar wäre. Dies wäre in der Auswertung von Freisetzungsdaten ebenfalls von Interesse, konnte jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht näher untersucht werden. Berechnungen wie diese können in weiterführenden Arbeiten möglicherweise dazu dienen, in vitro Freisetzungsdaten mit Plasmaprofilen zu korrelieren. Mit dem Erwerb der Rechte an dem Dispersion Releaser durch die Firma Pharma Test Apparatebau AG im Jahr 2016 wurde der Weg für eine mögliche breite und auch kommerzielle Nutzung der neuartigen Apparatur eingeleitet. Diese Transaktion und die andauernde Kooperation zwischen Pharmatest und dem Arbeitskreis von Herrn Prof. Dr. Wacker soll die erfolgreiche Beantwortung der Fragestellungen innerhalb der vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Entwicklung einer Apparatur zur in vitro Testung der Wirkstofffreisetzung aus kolloidalen Arzneistoffträgern“ hervorheben.
Ferroelektrische Strontium-Wismut-Tantalat- (SBT) Filme werden in der Mikroelektronik als nicht-flüchtige Speichermedien verwendet und weiterentwickelt. Informationen werden durch Polarisation des Materials gespeichert und bleiben ohne weiteren Energieaufwand über einen Zeitraum von Jahren in solchen Speichern erhalten – sogenannten FeRAMs (Ferroelectric Random Access Memories). Darüber hinaus können gespeicherte Daten innerhalb von wenigen Nanosekunden wieder ausgelesen werden. Zusammengefasst ist eine Langzeitspeicherung kombiniert mit niedrigem Energieverbrauch und schneller Informationsverarbeitung durch den Einzug ferroelektrischer Materialien in die Computertechnologie möglich geworden.
Da die fortschreitende Miniaturisierung in der Mikroelektronik von zentraler Bedeutung ist, sind zur Charakterisierung der verwendeten Materialien Untersuchungsmethoden mit hoher Ortsauflösung unverzichtbar. Das Rasterkraftmikroskop – engl. Atomic Force Microscope (AFM) – ist eine solche Technik, mit der im Submikrometerbereich die Topographie sowie physikalische Eigenschaften von Materialien abgebildet werden können. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Untersuchung von SBT-Filmen mit solchen AFM-Methoden.
Besonders die Rauhigkeit der einzelnen Filme in schichtartig aufgebauten Mikrochips ist bei der Herstellung von Halbleiterbauelementen von großer Bedeutung, wobei möglichst glatte Filme favorisiert werden. Deshalb wurden zunächst verschiedene SBT-Filme auf ihre topographischen Merkmale hin charakterisiert. Die Rauhigkeiten von SBT Filmen verschiedener Herstellungsverfahren wie der Metal Organic Decomposition (MOD) und der Metal Organic Chemical Vapour Deposition (MOCVD) wurden gegenübergestellt. Außerdem ist der Einfluss der SBT-Schichtdicke sowie der des Ferro-Anneals untersucht worden – Ferro-Anneal ist ein Temperungs-Schritt während der Filmherstellung, der zur Bildung der ferroelektrischen Aurivillius-Phase durchgeführt werden muss. Zudem wurde das unterschiedliche Kurzschlussverhalten zweier SBT-Filme in Zusammenhang mit ihren verschiedenen RMS-Rauhigkeitsdaten gebracht.
Der größte Teil der Arbeit setzt sich mit einer Methode auseinander, mit der die Polarisationseigenschaften von ferroelektrischen SBT-Filmen charakterisiert werden sollen – dem AFM/EFM-Polarisationsexperiment – engl. Electrostatic Force Microscope (EFM). Die SBT-Filme werden dabei mit einer AFM-Spitze polarisiert und in einem zweiten Schritt die daraus resultierenden elektrostatischen Felder mit einem EFM über der Probe abgebildet. Es wurde dabei kritisch hinterfragt, in wieweit diese Methode als Beurteilungskriterium der Materialeigenschaften herangezogen werden kann. Zudem wurden Aufladungsphänomene bei dieser Versuchsführung dokumentiert.
Außerdem wurde das Leckstromverhalten von SBT-Filmen auf der Submikrometerskala mit einer relativ neuen Messmethode, dem conducting-AFM (C-AFM), untersucht.
Die Ergebnisse aller Untersuchungen sind im folgenden stichpunktartig dargestellt.
Topographieuntersuchungen:
• Die RMS-Rauhigkeit von MOD/SBT-Filmen ist größer als die der MOCVD/SBTFilme. Mit steigender Prozesstemperatur des Ferro-Anneals wird die Oberflächenrauhigkeit von SBT-Filmen erhöht.
• SBT-Filme, die mit niedrigen Prozesstemperaturen hergestellt wurden, hier als Niedrigtemperatur-Filme bezeichnet, erfahren mit zunehmender Schichtdicke eine Glättung. Sie ist auf die Einbettung der Kristallite in die verhältnismäßig glatte FluoritPhase zurückzuführen, die wegen der geringen Temperaturen während des FerroAnneal-Prozesses noch nicht vollständig in die rauere ferroelektrische AurivilliusPhase umgesetzt wurde.
• Die unterschiedliche Zusammensetzung der Filme SrxBi2.2Ta2O8,3+x mit X1 = 0.9 und X2 = 1,0, im Text als Sr0,9-Film und Sr1,0-Film bezeichnet, führte zu höheren Kurzschlussraten des Sr0,9-Films in fertiggestellten FeRAM-Kondensatoren. Die Ursache kann auf die höhere Oberflächenrauhigkeit des Sr0,9-Films zurückgeführt werden. EFM-Untersuchungen:
• Bei der Polarisation ferroelektrischer SBT-Filme mit einer elektrisch gepolten AFMSpitze werden Ladungen in undefinierbarer Anzahl auf die Oberflächen gebracht. Diese Ladungen sind mehr oder weniger auf den Oberflächen beweglich. Mit zunehmender Polarisierbarkeit des ferroelektrischen Films wird die Ladung stärker am Polarisationsort durch elektrostatische Anziehung zwischen den orientierten Dipolen und der Oberflächenladung fixiert.
Die eingereichte Dissertation liefert fundamentale Erkenntnisse zur Chemie nucleophiler Borzentren, die unter B•B-, B–B- und B=B-Bindungsbildungen reagieren. Zusammen mit den aufgedeckten Prinzipien zu (e–)-induzierten Umlagerungen des 9-Borafluorengrundgerüsts und Übertragungen von Hydridionen liegt nun ein umfassendes mechanistisches Wissen vor, das die effiziente Synthese neuartiger Moleküle ermöglicht. Im Folgenden ist eine Übersicht über bearbeitete Teilprojekte gegeben.
Durch Reduktion des Bis(9-borafluorenyl)methans 7 wurde über [7•]– (B•B-Einelektron-Zweizentrenbindung) und [7]2– (B–B-Zweielektronen-Zweizentrenbindung) das Tetraanion [7]4– dargestellt, das bei Zugabe von Elektrophilen unter Oxidation reagiert.
Die Injektion von Elektronen in das B(µ-H)2B dotierte Dibenzo[g,p]chrysen 12 führt in Abhängigkeit der Natur und der Stöchiometrie des eingesetzten Reduktionsmittels zu unterschiedlichen Hauptprodukten (bordotierte Dibenzo[g,p]chrysen- oder 9,9‘-Bifluorenylgrundkörper) mit verschiedenen Bindungsmodi (B–B-, B=B- oder (µ-H)B-B-Bindungen), deren Entstehung mechanistisch über Gerüstumlagerungen und Hydridübertragungen dargelegt wurde.
Durch die Zugabe etherischer HCl kann die B=B-Bindung in [37]2– quantitativ zu [116]– [(µ-H)B–B] oder 12 (B(µ-H)2B) protoniert werden. Umgekehrt lässt sich das scheinbar hydridische Diboran 12 durch sterisch anspruchsvolle Basen selektiv zu [116]– deprotonieren. Die kleine Base H3CLi führt neben der Deprotonierung von 12 auch zu einem Bis(9-borafluorenyl)methan, das ein verbrückendes Hydridion trägt ([125]–). Der Mechanismus wurde detailliert untersucht (z. B. wurde eine C–H-Aktivierung aufgeklärt), was u. a. genutzt werden konnte, um einen atomökonomischen Pfad von [37]2– zu [125]– zu etablieren.
Die Intermediate [132Cn,X]– (formale Addukte eines 9-Borafluorenyl-Anions an borständig substituierte 9-Borafluorene), gebildet durch die Zugabe von Halogenalkanen zu [37]2–, reagieren in Abhängigkeit der borständigen Alkylkette unter: (i) intramolekularer C–H-Aktivierung, (ii) intramolekularer Substitutionen oder (iii) intermolekularer Substitution.
Die Reduktion des 9-Borafluorens 6∙THF mit Lithium erzeugt das B=B-gebundene Dibenzo[g,p]chrysen-Dianion [37]2–, das 9-Borafluoren-Dianion [6]2–, das 9,9-Dihydroboratafluoren [34]– und das tetraanionische Bis(9-borafluorenyl) [146]4–.
Das 9-Borafluoren-Dianion [6]2–, das durch Reduktion von 6∙THF bei –78 °C mit Alkalimetallen selektiv dargestellt wurde, reagiert als formales Nucleophil. Über eine Reaktionskaskade gelang die selektive Synthese unterschiedlicher Produkte, die bei der literaturbekannten Reduktion des unsymmetrischen 9-Borafluoren-Dimers (6)2 mit Lithium in Toluol in Gegenwart von Et3SiBr beschrieben wurden. Hierüber konnte u. a. die Bildung eines organischen Derivats von [B3H8]– erklärt werden.
Biologischen Systemen liegen Mechanismen zugrunde, die bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind. Für die Untersuchung eignen sich externe Trigger, die eine Regulation von außen auf das System erlauben und Prozesse gezielt steuerbar machen. Eine Möglichkeit ist das System unter optische Kontrolle zu bringen, d.h. durch Licht eine externe Steuerung zu implementieren, was von einem internen Chromophor aufgenommen wird. In der vorliegenden Dissertation werden drei individuelle Projekte vorgestellt, die alle dieses Prinzip auf unterschiedliche Weise anwenden.
RNAs haben eine Vielzahl an verschiedenen Funktionen in der Zelle, die von der Proteinsynthese bis zur Genregulation variieren. Im ersten Projekt wurde der Photoschalter Spiropyran im Kontext von RNA eingesetzt. Mit dem Ziel das Derivat PyBIPS kovalent an ein Oligonukleotid zu binden und damit die Hybridisierung eines Duplexes zu steuern, wurden Strukturmotive gesucht, an die der Photoschalter postsynthetisch gebunden werden kann. Dabei soll die sterisch anspruchsvolle Spiropyran-Form die Watson-Crick-Basenpaarung stören und die planare, konjugierte Merocyanin-Form in den Duplex, zur zusätzlichen Stabilisierung, interkalieren. In Vorarbeiten von Clara Brieke wurde festgestellt, dass erstens nur PyBIPS, nach kovalenter Verknüpfung, noch vollständig photochemisch aktiv ist und zweitens eine Herstellung über Festphasensynthese nur in schlechter Ausbeute realisierbar ist. Ausgehend davon wurde PyBIPS an die drei nicht-nukleosidischen Linker, Aminoglykol, D-Threoninol und Serinol, postsynthetisch über eine Amidbindung angebracht, die zuvor über Oligonukleotidfestphasensynthese in 2´-OMe-RNA eingebaut wurden.
In der photochemischen Charakterisierung konnte gezeigt werden, dass PyBIPS, gebunden an alle drei Motive, noch photochemisch aktiv ist und im Vergleich zu ungebundenem PyBIPS stabiler ist gegenüber Photolyse. In Untersuchungen im Doppelstrang im Wedge Motiv, d.h. im Gegenstrang befindet sich kein Nukleotid gegenüber dem Photoschalter, wurde ein ähnliches Verhalten festgestellt. Zusätzlich zur charakteristischen Merocyanin-Bande bei 550 nm ist ein zweites, rotverschobenes Absorptionsmaximum entstanden, das die gleichen Eigenschaften besitzt. In Schaltzyklen wurde festgestellt, dass eine Isomerisierung bis 660 nm möglich ist, was eine Anwendung im therapeutischen Fenster zwischen ca. 600 und 1000 nm von Blut ermöglichen würde. Das Auftreten der zweiten Bande hängt stark vom Linker und dem Baustein im gegenüberliegenden Strang ab. Es wird vermutet, dass sich das, sonst nicht-bevorzugte, TTT-Isomer der Merocyanin-Form, durch Stabilisierung durch die Umgebung im Oligonukleotid ausbildet.
Zur Untersuchung, inwiefern die Isomerisierung des Photoschalters die Duplexstruktur beeinflusst, wurden Schmelzpunktstudien und Fluoreszenzmessungen zur KD-Bestimmung durchgeführt, ohne dass eine Veränderung zu erkennen war. In einer größeren NMR-Studie, in Kooperation mit Tom Landgraf (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Harald Schwalbe) wurde der Fokus darauf-gelegt mehr Informationen über die strukturelle Integrität zu erhalten. Es findet eine Störung der benachbarten Basenpaarungen durch den Photoschalter statt, jedoch kann die Kraft der Isomerisierung des Photoschalters nicht übertragen warden. Der Einfluss war zunächst geringer als erwartet, was in anderen Anwendungen überprüft warden muss.
Im zweiten Projekt steht das Membranprotein OmpG aus E. Coli K12 im Fokus. Proteine besitzen viele verschiedene funktionelle Gruppen, die für selektive Biokonjugation genutzt werden können in einer Reihe von Anwendungen. OmpG gehört zur Gruppe der Porine, die in der äußeren Membran von Gram-negativen Bakterien sitzen und die seltene ß-Fassstruktur ausbilden. Die Pore besitzt einen großen Innendurchmesser ohne Selektivität. Das Molekül wurde bereits intensiv auf seine Struktur, insbesondere Loop 6, der pH-abhängig die Pore verschließt, untersucht. In Vorarbeiten von Grosse et al. wurde der Loop entfernt, sodass ein ruhiger Kanal entstanden ist, der ein optimales Modellsystem darstellt. Außerdem wurden in der Pore zwei Cysteine, die auf gegenüberliegenden Seiten auf halber Höhe des Kanals sitzen, eingeführt. An die Thiolgruppen wurden photolabile Schutzgruppen angebracht, die erst den Kanal blockieren und nach Abspaltung durch Licht wieder freigeben. Dazu wurde jeweils ein 7-Diethylaminocumarin (DEACM) postsynthetisch angebracht.
Der Linker am Cumarin-Alkohol stellt dabei einen Kompromiss dar, da er zum einen selektiv mit der Thiolgruppe des Cysteins reagieren soll, gleichzeitig aber noch photo-induziert wieder abspalten muss. Durch Belichtung findet eine Hydrolyse des Esters unter Abspaltung des Alkohols statt, der einen Carbonsäurerest am Thiol in der Pore zurück lässt. In spannungsabhängigen Einzelkanal-messungen, durchgeführt von Dr. Philipp Reiß (Universität Marburg), konnte gezeigt werden, dass die zwei DEACM Modifikationen eine Reduktion der Leitfähigkeit bewirkten und durch Licht abgespalten und aus dem Kanal entfernt werden konnten. Dabei war außerdem zu erkennen, dass die Leitfähigkeit aufgrund der Carboxylreste über das Niveau von unmodifiziertem OmpG steigt.
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Nukleinsäuren und Proteine bilden zusammen mit den Kohlenhydraten und Lipiden die vier großen Gruppen der Biomoleküle. Dabei setzen sich Nukleinsäuren aus einer variierenden Abfolge von Nukleotiden zusammen. Gleiches trifft auf die Proteine zu, wobei deren Bausteine als Aminosäuren bezeichnet werden. Die Reihenfolge der Bausteine bestimmt zusammen mit der Interaktion, die die einzelnen Bestandteile untereinander eingehen, deren Funktion. Um deren Wirkungsweise verstehen und nachverfolgen zu können, wurden unterschiedliche Methoden entwickelt, zu welchen auch die EPR-Spektroskopie gehört.
Durch den Einbau modifizierter Nukleotide oder Aminosäuren lassen sich Spinlabel in die sonst EPR-inaktiven Nukleinsäuren und Proteine einführen. Diese Marker lassen sich grundsätzlich in drei Klassen unterteilen (Metallionen, Nitroxidradikale und TAMs), weisen aber immer mindestens ein ungepaartes Elektronenpaar auf. Die Festphasensynthese ist eine Standardprozedur zur Herstellung von markierten Nukleinsäuren und Proteinen. Allerdings führen die Bedingungen dieser Methode zumindest teilweise zur Zersetzung der Nitroxidradikale, die dieser Arbeit zugrunde liegen, wenn sie direkt während der Synthese eingebaut werden. Der direkte Einbau ist aber in vielen Fällen essenziell, um bestimmte Eigenschaften zu erzielen.
Um den Abbau des Nitroxidradikals während der Festphasensynthese zu verhindern, kann dieses vorübergehend mit einer Schutzgruppe versehen werden, welche sich anschließend wieder abspalten lässt.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt hierbei auf der Darstellung neuer photolabil geschützter Spinlabel zur Synthese markierter Proteine und Nukleinsäuren.
Basierend auf den Nukleotiden Uridin und Cytidin konnten zwei für die RNA-Synthese vorgesehene Phosphoramidite synthetisiert werden, welche jeweils an der 5-Position des Pyrimidinrings mit einem photolabil geschützten Spinlabel auf Basis von TPA versehen waren. Durch Einbau des Uridinderivats in das Neomycin-Aptamer konnte zudem der Einfluss der Spinlabel auf die lokale Struktur mit Hilfe von in-line probing gezeigt werden.
Der gleiche TPA-Label konnte ebenfalls mit einem Lysin gekuppelt werden, welches später über ein orthogonales tRNA/Aminoacyl-tRNA Synthetase Paares in eine Polypeptid eingebaut werden sollte. In Kooperation mit dem AK Grininger ist auch ein nicht geschützter Spinlabel zur kupferfreien Markierung der Fettsäuresynthase entstanden. Abschließend war noch die Synthese eines auf Phenylalanin basierenden photolabil geschützten Spinlabel in Arbeit, welcher jedoch nicht beendet werden konnte. Dieser sollte mittels Festphasensynthese einbaubar sein, weswegen er am N-Terminus mit Fmoc geschützt ist.
Viele Studien konnten nachweisen, dass die Produktion von cGMP eine entscheidende Funktion im nozizeptiven System einnimmt. Hierbei wurde vor allem die cGMP-Produktion über lösliche Guanylatzyklasen untersucht. Welche Rolle die partikulären Guanlyatzyklasen bei der Entstehung von Schmerzen haben ist weitgehend ungeklärt. Die vorliegende Arbeit zeigte, dass die partikuläre Guanylatzyklase NPR2 stark in DRG-Neuronen exprimiert wird und dort mit cGKI-alpha sowie CRP4 colokalisiert ist. Aktiviert wird NPR2 über den Peptidliganden CNP. Hervorzuheben ist, dass CNP nicht in primär afferenten Neuronen, dafür jedoch vermehrt im Dorsalhorn des Rückenmarks gebildet wird. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass SNS-Npr2-/--Mäuse ein verringertes Schmerzverhalten bei thermischer Stimulation aufwiesen. Während sie im Capsaicin-Test keinen Phänotyp zeigten, wiesen sie in Phase II des Formalin-Modells ein signifikant reduziertes Leckverhalten auf. Diese Ergebnisse liefern Hinweise für eine Beteiligung des CNP/NPR2/cGKI Signalwegs an der Detektion von Hitzeschmerz und an der TRPA1-vermittelten Schmerzantwort. Dabei scheint NPR2 eine pronozizeptive Funktion zu besitzen. CRP4 als Zielprotein scheint hingegen eine antinozizeptive Wirkung zu haben. Zudem kann die Hypothese aufgestellt werden, dass CNP über einen retrograden Transport aus dem Rückenmark die Aktivierung von NPR2 auslösen könnte. Zusammengefasst zeigen die Daten dieser Arbeit, dass eine cGMP-abhängige Aktivierung durch NPR2 primär für die Detektion thermischer Reize zuständig ist, während die Literatur Hinweise darauf gibt, dass lösliche Guanylatzyklasen vor allem an inflammatorischen und neuropathischen Prozessen beteiligt sind. Daher scheinen partikuläre und lösliche Guanylatzyklasen unterschiedliche Eigenschaften im nozizeptiven System zu besitzen.
Im ersten Projekt der vorliegenden Arbeit wurden CD - 1 Mäuse mit drei unterschiedlichen Diäten für zwei Wochen ad libitum gefüttert. Die Diäten bestanden aus zwei kohlenhydratarmen, fettreichen Diäten und einer Standard Haltungsdiät. Die kohlenhydratarmen, fettreichen Diäten enthielten entweder Triheptanoin (dreifach mit Heptanoat verestertes Glycerol) oder Soja - Öl als Fettkomponente (jeweils 35 % der Gesamtkalorien). Nach zwei Wochen wurde ein ischämischer Schlaganfall für 90 min. mithilfe eines Silikonfadens induziert. Die Leber, das Blut und das Gehirn wurden nach dem Schlaganfall entnommen und die Konzentrationen der Metabolite β - Hydroxybutyrat, Glukose, Laktat und Citrat wurden mit der zuvor etablierten GC - MS-Methode ermittelt. Unter gleichen Bedingungen wurde eine Mikrodialysestudie durchgeführt.
Bei den Tieren, die die kohlenhydratarmen, fettreichen Diäten erhielten, konnte in den Leber - und Hirnhomogenaten, im Plasma sowie im Mikrodialysat eine Ketose festgestellt werden. Die BHB Konzentrationen durch eine Soja Diät erreichten im Leberhomogenat bis zu 4 mM, im Plasma bis zu 1,5 mM, im Hirnhomogenat bis zu 1,5 mM und im Mikrodialysat bis zu 30 µM. Um eine Aussage treffen zu können, ob das Gehirn die von der Leber produzierten Ketonkörper als Energiesubstrate nutzen kann, wurde eine Folgestudie (unter gleichen Bedingungen) durchgeführt. Bei dieser Studie wurde der Zeitpunkt der Gewebeentnahme 60 min. nach Entfernen des Fadens (Reperfusion) gewählt. In den Leber – und Hirnhomogenaten konnten erniedrigte Konzentrationen des Ketonkörpers BHB nachgewiesen werden. Die nicht operierten Tiere, die eine fettreiche Diät erhielten, hatten erhöhte Konzentrationen an Citrat in den genannten Geweben. Durch den Abbau des Ketonkörpers BHB können bei Verstoffwechslung in Geweben außerhalb der Leber, zwei Moleküle Acetyl - CoA gebildet werden. Diese gebildeten Acetyl - CoA Moleküle können in den Citratzyklus eingespeist werden.
Um diesen Befund mechanistisch besser verstehen zu können, wurde den Mäusen Propranolol (ein unselektiver β - Blocker) verabreicht, und zwar kurz nachdem der Faden die mittlere Zerebralarterie verschlossen hatte. Als Folge blieb bei den fettreich gefütterten Tieren die zuvor beobachtete Ketose, aus. Daraus wurde geschlossen, dass die auftretende Ketose bei den fettreich gefütterten Tieren durch adrenerge β - Rezeptoren vermittelt wurde. Zusammengefasst kann eine fettreiche bzw. ketogene Ernährung im Falle einer Ischämie die Versorgung des Gehirns durch die Bildung von Ketonkörper gewährleisten.
Die zu beobachtende hepatische Ketogenese aus dem ersten Projekt hat die Frage entstehen lassen, ob eine akute Gabe von β - Hydroxybutyrat (BHB) bei Entfernen des Fadens schützende Effekte auf das Verhalten bzw. die Mitochondrien als Kraftwerke der Zelle hat. Hierzu wurde BHB bei Reperfusion gegeben und die Wirkungen dieser Einmalgabe nach 24 h untersucht. Als erster Schritt wurde der Nachweis erbracht, dass eine exogene Gabe von BHB das Gehirn erreicht. Im zweiten Schritt wurde das Verhalten der Mäuse nach 24 h untersucht. Hierbei erbrachte die Gabe von BHB eine signifikante Verbesserung der sensorischen und motorischen Fähigkeiten der Mäuse. Die metabolischen Veränderungen nach 24 h wurden erneut in Leberhomogenaten und Plasma vermessen. Eine Einzelgabe von BHB bewirkte eine milde Ketose auch 24 h nach Reperfusion der mittleren Zerebralarterie. Um eine detailliertere Erkenntnis über die Wirkung von BHB zu erlangen, wurden die Mitochondrien als potentielles Ziel für BHB in den Fokus genommen. Die Einmalgabe von BHB verhinderte ein Absinken der Komplex – II Aktivität. Außerdem kann die Aktivität der Citratsynthase unter der Gabe von BHB erhalten werden, sodass die Mitochondrien vor allem im wichtigen Zeitraum nach der Reperfusion geschützt werden. Im Rahmen der Untersuchungen der Mitochondrien wurden unterschiedliche Substrateinflüsse auf die Respiration der isolierten Mitochondrien getestet. Bei Zugabe von BHB, Oxalacetat + Acetat oder Citrat zu dem Respirationsmedium stieg die Respiration der Mitochondrien an. Im Falle von Glukose, Propranolol oder Acetat wird die Respiration verringert. Bei Zugabe von Laktat, verbleibt die Respiration auf Ausgangsniveau. Abschließend ist festzustellen, dass die Einzelgabe von BHB nach 24 h das Verhalten der Mäuse verbessert, eine milde Ketose induziert, sowie Mitochondrien und die Citratsynthase gegen ischämische Ereignisse schützt.
Um die in dieser Arbeit gezeigten Daten über metabolische Veränderungen zeigen zu können, musste eine vorherige Etablierung der GC – MS Analytik vollzogen werden. Auf der einen Seite musste die Probenvorbereitung, aber auch die gesamte Vermessung der Proben aufgebaut werden. Es wurden insgesamt 11 Analyte in vier unterschiedlichen Kompartimenten quantifiziert. Die Nachweisgrenze lag bei diesen 11 Analyten bei 0,01 - 1 ng/µl, was einer umgerechneten Stoffmengenkonzentration von 0,5 - 10 µM entspricht. Mithilfe dieser Methode können optional weitere Substanzen aus verschiedenen Geweben zugänglich gemacht werden. Diese Arbeit bietet hierzu eine Anleitung, wie die Etablierung erfolgen kann. Im Rahmen der Probenvorbereitung wurden alle Schritte systematisch verbessert. Dazu wurden Wiederholungsmessungen für unterschiedliche Modalitäten vollzogen. Die Abundance und die Zeitbeständigkeit waren die wesentlichen Beurteilungskriterien. So wurden die Daten für die Extraktionseffektivität, die Lösungsmittelabhängigkeit der Silylierung, der Zusatz von Hünig - Base sowie die Temperatur und Zeitabhängigkeit der Silylierung in dieser Arbeit erarbeitet. Die Quantifizierung wurde anhand von internen Standardverbindungen durchgeführt. Die jeweiligen Response – Faktoren blieben über die gesamte Zeit nach der Etablierung konstant und erlaubten die Quantifizierung mit geringen Fehlern. Die Beurteilung der ermittelten Daten über die Validierung wurden anhand von geltenden Regelwerken der pharmazeutischen Industrie entschieden. Es wurde ein Protokoll entwickelt, das im Rahmen der universitären Forschung eine vertrauenswürdige Aussage über Veränderungen von Metabolitenspiegeln in vielen Geweben der Maus und der Ratte geben kann.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollten neue Synthesemethoden für den schnellen und effizienten Aufbau von molekularer Komplexität ausgehend von Enamiden als zentrale Synthesebausteine entwickelt werden. Dabei konnten insgesamt fünf unterschiedliche Reaktionen entwickelt werden, die die Synthesen nützlicher Bausteine, wie z.B. β-Amidosulfone 127 oder 1,3-Diamide 128, und neuartiger Heterocyclen ermöglichen. Insgesamt konnte so in einem diversität-orientierten Ansatz, die selektive Bildung von bis zu fünf stereogenen Einheiten ausgehend von einfachen, acyclischen Startmaterialen ermöglicht werden.
Metall-vermittelte Sulfonierungen von Enamiden mittels Sulfinatsalzen:
Im ersten Abschnitt sollten Enamide für die Synthese von Sulfonen eingesetzt werden. Dabei konnte, abhängig vom Katalysatorsystem, sowohl eine C-(sp2)-H Sulfonylierung (Schema 5-1-a.)) als auch eine Oxysulfonylierung (Schema 5-1-b.)) entwickelt werden. Durch die Verwendung von Mn(OAc)3.2 H2O wurden selektiv (E)-konfigurierteβ-Amidovinylsulfone 126 erhalten. Die Reaktion ist unempfindlich gegenüber Luft und Wasser, was sie besonders einfach in der Durchführung macht. Zudem besitzt sie eine große Substratbreite und bietet durch die Kombination mit klassischer Organometallchemie mit einem Isomerisierung-Sulfonierungs-Protokoll eine interessante Alternative zur C-H Sulfonylierung von Enamiden. Auf Grundlage dieser Reaktion sollte, durch zusätzliches Abfangen eines intermediär gebildeten Acylimins durch einen Alkohol, auch eine Oxysulfonierung entwickelt werden. In der Tat konnte durch die Verwendung von Fe(NO3)3∙9 H2O eine entsprechende 3-Komponentenreaktion zu β-Amidosulfonen 127 mit zwei stereogenen Zentren etabliert werden.
Diese Verbindungen versprechen vor allem durch ihr hohes Vorkommen als Schlüsselmotiv in biologisch aktiven Substanzen ein hohes Anwendungspotential. Die Reaktion verfügt über eine breite Substratbreite und ist analog zur Mangan-vermittelten Variante einfach in der Durchführung. Die erhaltenen sulfonierten N,O-Acetale 127 können zudem in die entsprechende Imine überführt und mit einem geeigneten Nukleophil abgefangen werden. So lässt sich z.B. das Methylfuran-Derivat 177a darstellen, welches durch eine oxidative Spaltung in die geschützte Aminosäure 178 überführt werden kann.
Addition von Enamiden und Enimiden an N-Acylimine:
Aufbauend auf der zweistufigen Reaktionssequenz zum Aufbau von 1,3-Diamiden 128 über die Addition von Enamiden 29 an N-Acylimine 131 und anschließender Umsetzung mit einem Nukleophil, konnte die Synthese zu einer Eintopf-Reaktion weiterentwickelt werden (siehe Schema 5-3-c.).
Als Katalysator für beide Reaktionsschritte zeigte Bi(OTf)3 als luft- und wasserstabiler Katalysator die besten Ausbeuten und Selektivitäten. Dabei werden selektiv 1,2-anti-2,3- anti-konfigurierte 1,3-Diamide 128 mit drei fortlaufenden Stereozentren erhalten. Vorteile dieser Methode sind, neben einer einfachen Durchführbarkeit, die simple Skalierbarkeit sowie die Toleranz einer Vielzahl unterschiedlicher funktioneller Gruppen in der Reaktion. So konnten durch Variation aller drei Komponenten über 30 Beispiele der gewünschten 1,2-anti-2,3-anti-konfigurierten 1,3-Diamide 128 dargestellt werden. Die hier entwickelte Eintopf-Reaktion stellt somit eine wichtige Erweiterung zu bestehenden 1,3-Diamidsynthesen dar. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass ausgehend von Phthaloyl-basierten Enimiden 125 die nur schlecht darstellbare Substanzklasse der Dihydropyrimido[2,1-a]isoindol-6(2H)-one 129 hergestellt werden kann (siehe Schema 5-3-d.). Dieses neuartige heterocyclische Motiv wurde bisher kaum auf seine biologische Aktivität hin untersucht und verspricht daher ein interessantes Anwendungsfeld. Insgesamt weisen die erhaltenen Verbindungen drei fortlaufende Stereozentren auf, wobei sie in guten bis sehr guten Ausbeuten diastereomerenrein erhalten werden konnten. Dabei lässt sich der hohe Grad an Stereoselektivität durch eine [4+2] Cycloaddition zwischen dem in situ erzeugten N-Acylimin 131 und einem Enimid 125 zu einem Oxazin 132, gefolgt von einer Säure-vermittelten Umlagerung, erklären. Durch Variation der Enimid- und Acyliminkomponente konnten insgesamt 27 neuartige Dihydropyrimido[2,1-a]isoindol-6(2H)-one 129 synthetisiert werden.
Addition von Enamiden an Aldehyde – Stereoselektive Synthese
pentasubstituierter Tetrahydropyrane:
Im letzten Teil der Arbeit sollte, analog zur stereodivergenten Synthese von 1,3- Diaminen, durch Addition von Enamiden an Aldehyde, die jeweiligen 1,3-Aminoalkohole dargestellt werden. Interessanterweise wurde in dieser Transformation die selektive Bildung eines pentasubstituierten Tetrahydropyrans beobachtet. Dabei werden in einem Schritt drei neue σ-Bindungen und fünf fortlaufende Stereozentren aufgebaut. Bemerkenswert ist zudem der außerordentlich hohe Grad an Stereoselektivität, da von 16 möglichen Diastereomeren nur eines gebildet wird. Durch Variation der Aldehyd- und Enamidkomponente ließen sich insgesamt 23 verschiedene Tetrahydropyrane in guten bis sehr guten Ausbeuten und exzellenter Diastereoselektivitäten darstellen. Der Einsatz (Z)-konfigurierter Enamide erlaubte zudem die Synthese eines weiteren Diastereomers 262b, welches sich in der relativen Konfiguration an C5 von 262a unterscheidet.
Insgesamt zeigen die in dieser Arbeit entwickelten Reaktionen die enorme Anwendungsbreite von Enamiden in der stereoselektiven Synthese. So konnten in einfach durchführbaren Transformationen aus simplen Startmaterialien bis zu fünf benachbarte stereogene Einheiten aufgebaut werden. Dabei zeigt die Vielfalt der erhaltenen Verbindungen gleichsam die unterschiedlichen Reaktionsmodi der Enamideinheit 29 (siehe Kapitel 1.2). Daher werden, besonders bei der Entwicklung neuer Synthesemethoden für acyclische, stickstoffhaltige Verbindungen mit mehreren fortlaufenden Stereozentren, Enamide auch in Zukunft noch ein interessantes Forschungsfeld bleiben.
Stickstoff (NO), Kohlenmonoxid (CO) und Schwefelwasserstoff (H2S) gehören zur Gruppe der Gasotransmitter. Dabei handelt es sich um kleine gasförmige Signalmoleküle, welche innerhalb des Körpers gebildet werden und dort wichtige physiologische Funktionen bei der Regulation der Apoptose, der Proliferation, der Entzündungsreaktion und der Genexpression übernehmen. Aufgrund ihrer Membranpermeabilität ist die Wirkung der Gasotransmitter nicht an die Interaktion mit spezifischen membranständigen Rezeptoren gebundenen. Je nach Organ, Gewebe und Konzentration können diese Mediatoren unterschiedliche Prozesse beeinflussen und teils sogar gegenteilige Wirkungen hervorrufen.H2S beispielsweise kann im Verlauf der Leukozytenadhäsion im Epithelium anti-inflammatorisch, bei Brandwunden oder rheumatischen Erkrankungen jedoch pro-inflammatorisch wirken. Im Kreislaufsystem hingegen bewirkt H2S durch die Aktivierung von ATP-abhängigen K+-Kanälen und die damit zusammenhängende Vasorelaxion der glatten Muskelzellen einen eindeutig protektiven Effekt.
H2S kann je nach Substrat und Zelltyp durch eines von 3 Enzymen gebildet werden. Die Cystathionin-γ-Lyase (CSE) und die Cystathionin-β-Synthase (CBS) nutzen L-Cystein als Substrat für die Synthese von H2S. Das dritte H2S-bildende Enzym, die 3-Mercaptopyruvate Sulfurtransferase (3-MST) verwendet α-Ketoglutarat als Substrat, welches zuvor von der Cystein-Aminotransferse (CAT) aus L-Cystein synthetisiert wurde. Während die beiden Enzyme CSE und CBS im Zytosol der Zelle zu finden sind, ist die 3-MST hauptsächlich in den Mitochondrien der Zelle zu finden. Im Gegensatz zur CBS, welche eher ein konstitutiv exprimiertes Protein ist, wird die Expression der CSE auf der Transkriptionsebene durch u.a. Entzündungsmediatoren wie TNF-α oder Wachstumsfaktoren wie PDGF-BB induziert.
Ein Ziel der Arbeit war es, die Wirkung von H2S bei der Wundheilung, bei entzündlichen glomerulären Erkrankungen der Niere und beim Schlaganfall zu untersuchen. Für diesephänotypische Analysen stand ein Knockoutmodell für die CSE zur Verfügung.
Zudem wurden in dieser Arbeit Untersuchungen mit einem Knockoutmodell für das zytoskeletäre Protein durchgeführt. Bei Clp36 (PDLIM1) handelt es sich um ein PDLIM-Protein (PDZ and LIM domain protein),welches durch die Gasotransmitter NO und H2S auf transkriptioneller und translationaler Ebene reguliert wird ist und aufgrund seiner Assoziation mit dem Zytoskelett dynamische Vorgänge der Zelle moduliert. Es ist bereits bekannt, dass Clp36 ein negativer Regulator des Glykoprotein VI (GPVI), welches eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Thrombozyten spielt, ist.
Beide Knockoutmodelle wurden in murinen Mesangiumzellen der Niere und in Krankheitsmodellen der Haut (kutane Wundheilung)und des Gehirns (Schlaganfall mit dem MCAO-Modell) analysiert.
Neben nicht signifikanten Effekten im MCAO-Modell, konnten sowohl Effekte des CSE-, als auch des CLP36-KOs auf die Migration und Proliferation und im Falle der CSE auch auf die Adhäsion der murinen Mesangiumzellen beobachtet werden. Die Depletion von Clp36 führte zu einer Verringerung der Migrations- und einer Erhöhung der Proliferationsrate, wohingegen die Depletion der CSE zu einer Erhöhung der Migrations-, Proliferations- und Adhäsionsrate führte. Die vielversprechendsten Ergebnisse konnten im Tiermodell der kutanen Wundheilung generiert werden. Untersucht wurde die Expression der H2S-produzierenden Enzyme CSE, CBS und 3-MST. Alle drei Enzyme zeigten im Tiermodell keine transkriptionelle Regulation und blieben auch während der akuten Entzündungsphase und der proliferativen Phase der Wundheilung unverändert. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Expression der CSE in der späten Phase der Wundheilung signifikant anstieg, wenn die Proliferation innerhalb des Granulationsgewebes und der Neoepidermis geringer wurde. Die Vermutung, dass H2S in dieser Phase eine wichtige Rolle spielt, konnte durch die Analyse der CSE-KO Mäuse bekräftigt werden, da dort der Verlust der CSE offenbar durch die CBS kompensiert wurde.
In immunhistochemischen Untersuchungen konnten insbesondere follikuläre Keratinozyten der Neo-Epidemis als Quelle der CSE-Expression identifiziert werden. Durch in-vitro Studien auf mRNA und Proteinebene in HaCaT Zellen wurde gezeigt, dass H2S die Keratinozyten-Differenzierung beeinflusst. Der langsam freisetzendeH2S-Donor GYY4137 konnte in humanen Keratinozyten zu einer signifikanten Erhöhung der Ca2+- induzierten Expression der frühen Keratinozyten-Differenzierungsmarker Cytokeratin 10 (CK10) und Involucrin (IVN) beitragen.
Im Laufe dieser Arbeit konnte der molekulare Mechanismus hinter diesen Beobachtungen noch nicht geklärt werden.
Durch weitere Versuche meiner Arbeitsgruppe konnte jedoch gezeigt werden, dass die GYY4137-abhängige Induktion der CK10-Expression durch eine verstärkte Bindung der RNA-Polymerase II an den CK10 Promotor zustande kommt.
Die Entstehung von Leukämien steht meist im Zusammenhang mit chromosomalen Translokationsereignissen, bei denen vor allem das MLL (Mixed Lineage Leukemia)-Gen auf Chromosom 11q23 involviert ist. Die häufigste Translokation, die eine Akute Lymphatische Leukämie (ALL) bei Kleinkindern auslöst, stellt die t(4;11)-Translokation dar. Die Rekombination der Chromosomen 11 und 4 führt hierbei zur Entstehung der beiden Fusionsproteine MLL-AF4 und AF4-MLL. Bisherige Studien, die den Krankheitsmechanismus hinter dieser ALL-Form untersuchten, identifizierten eine charakteristische Überexpression der HOXA-Gene als einen besonderen Treiber dieser Krankheitsentstehung. Durch die Deregulierung des HOX-Clusters durch das chimäre MLL-AF4-Protein wird ein Differenzierungs- und Apoptoseblock induziert und eine stetige Proliferation der Zellen gefördert. Arbeiten von Trentin et al. (2009) klassifizierten eine Subgruppe von t(4;11)-Patienten, die, im Gegensatz zu den bisher charakterisierten ALL-Leukämien, eine Reprimierung ihrer HOXA-Cluster aufwiesen und mit einer schlechteren Prognose assoziiert waren. Das Genexpressionsprofil dieser HOXAlow-Patienten sprach für einen neuen Krankheitsmechanismus. Allen HOXAlow-Patienten war zudem gemein, dass sie eine Überexpression des Transkriptionsfaktors IRX1 aufwiesen. Die Relevanz dieses Transkriptionsfaktors im Kontext einer t(4;11)-Leukämie wurde durch diese Doktorarbeit genauer untersucht. Durch Vorarbeiten mit transient exprimiertem IRX1 in HEK293T-Zellen wurde eine DNA-Microarray-Analyse durchgeführt, durch die ein Genexpressionsprofil (GEP) dieser Zellen im Vergleich zu Kontrollzellen (mit dem Leervektor transfiziert) erstellt wurde. Dies schuf die Grundlage für die Durchführung weiterer Experimente, die mit Hilfe von RT-PCR-, Chromatin-Immunpräzipitations-, Co-Immunpräzipitations- und Western Blot-Versuchen den Effekt und das Verhalten des IRX1-Proteins im Zusammenhang mit MLL-AF4, bzw. die Funktion von IRX1 alleine, charakterisieren sollten. Es zeigte sich, dass IRX1 eine Reprimierung der HOXA-Gene induziert und dieser Effekt über den aktivierenden Effekt des chimären MLL-AF4-Proteins dominiert. Dies geschah jedoch auf zwei unterschiedliche Wege, da zum einen das IRX1 in der Abwesenheit von MLL-AF4 nicht direkt an die HOXA-Gene binden kann und zum anderen durch MLL-AF4 eine Inkorporation des IRX1 in den Multiproteinkomplex des chimären Onkoproteins stattfindet und IRX1 dadurch direkt an die HOXA-Promotoren gelangt. Zudem wurden weitere direkte und indirekte Zielgene des IRX1 identifiziert. Zu ihnen zählen MEIS1, HOXB4 und EGR1-3. Durch die Erweiterung der Versuche durch Behandlungen mit dem pan-HDAC-Inhibitor Trichostatin A konnte belegt werden, dass MLL-AF4 vom Promotor seiner Zielgene dissoziiert und durch das endogene wt-MLL ersetzt werden kann. Trotz der inhibitorischen Wirkung des IRX1 auf das MLL-AF4 verursacht es eine Stabilisierung des MLL-AF4 an den Promotoren seiner Zielgene, was eine Dissoziation des Komplexes durch TSA verhindert. Die Applikation von TSA führt unabhängig von der vorherigen Konstitution (±IRX1) aber auch zu einer Normalisierung der HOXA-Expression. Die vorgelegten Daten verdeutlichen, dass IRX1 kausal für das GEP der HOXAlow-Patienten verantwortlich ist und durch seine Anwesenheit wichtige Regulatoren der Differenzierung und der Zellzyklusregulierung gestört werden. Zudem wurde der Benefit einer Histondeacetylaseinhibitor (HDACi)-Behandlung bei dieser Patientenkohorte hervorgehoben, da der inhibierende Effekt des IRX1 auf die HOXA-Gene aufgehoben und das wt-MLL in seiner Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt wurde. Die Relevanz des IRX1 im Kontext einer t(4;11)-Leukämie wurde somit aufgeklärt und ein neuer Krankheits-mechanismus der HOXAlow-Patientenkohorte definiert. Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit war die Etablierung eines Transfektionsprotokolls, um eine stabile Integrationen der Sleeping Beauty-Konstrukte in t(4;11)-Suspensionszellen zu ermöglichen. Bisher war es nur über lentivirale Methoden möglich, diese Zellen genetisch zu manipulieren. Durch die hier vorgestellte Methode können nun SEM-Zellen (B-Zell-Vorläuferzellen einer ALL mit t(4;11)) über Elektroporation stabil transfiziert und anschließend über Selektion zu einer homogenen Zellpopulation positiv transfizierter Zellen herangezogen werden. Hierdurch wird eine Übertragung bisheriger Methoden in ein leukämisches Zellsystem möglich, wodurch genetische Manipulationen in einer physiologischen Umgebung getestet werden können, ohne in S2-Laboratorien arbeiten zu müssen.
mRNS ist einer der wichtigsten Informationsträger in lebenden Zellen. Mit ihr wird die in der DNS gespeicherte Information zu aktiven Zellprozessen umgesetzt. Dabei finden erste regulatorische Prozesse, die den Phänotyp eines Organismus bestimmen können, bereits über Strukturelemente auf der mRNS statt. Diese, als Riboschalter bezeichneten Strukturen, können spezifisch, kleine Moleküle binden und dadurch ihre Struktur ändern. Durch diese dynamische Änderung der Struktur, in An- oder Abwesenheit des Liganden, wird reguliert, ob nachfolgende Gene vom Ribosom abgelesen werden können. Der Cd1-Riboschalter aus Clostridium Difficile ist schon während der Transkription aktiv und ein Teil des regulatorischen Netzwerkes, das bestimmt, ob das Bakterium einen mobilen oder stationären Lebensstil einnimmt. Das zentrale Signalmolekül in diesem Netzwerk ist der sekundäre Botenstoff c-di-GMP, der gleichzeitig auch der Ligand des Cd1-Riboschalters ist. In der folgenden Arbeit wurde der zeitliche und strukturelle Ablauf des Cd1 Regulationsmechanismus und die Bindung von c-di-GMP untersucht. Auch ohne einen Riboschalter in der Sequenz ist strukturierte mRNS ein interessanter Forschungsgegenstand. Wie die Covid-19 Pandemie und die Forschungen, mRNS Abschnitte als Krebsmedikamente zu gebrauchen, zeigen, gewinnt RNS immer mehr an Bedeutung für die medizinische Forschung und Anwendung. Mit dieser Motivation im Hintergrund wurden drei weitere RNS Projekte bearbeitet. Im ersten wurde ein 19F-Screening für die Erkennung von RNS bindenden Fragmenten etabliert. Im zweiten wurde ein RNS Doppelstrang untersucht, der mit Hilfe verschiedener, kovalent gebundener Spiropyrane reversibel gefaltet und entfaltet werden sollte. Im abschließenden Projekt wurden im Rahmen der COVID-19-NMR Initiative zwei Sekundärstrukturelemente der Covid-19 RNS untersucht.
Bei der Untersuchung des Cd1-Riboschalters konnten folgende Ergebnisse erzielt werden. Es wird gezeigt, dass die Bindung von c-di-GMP an das Cd1-Aptamer ein konzentrationsabhängiges Magnesiumverhältnis braucht. Dieses Verhältnis wurde ausgehend von initialen Messungen als 1/40 (RNS/Ligand) bestimmt. Spätere ITC Messungen geben aber Hinweise darauf, dass dieses Verhältnis bei niedrigen RNS Konzentrationen höher liegt und bei größeren RNS Konzentrationen niedriger. Die Bestimmung des Start- und Endpunktes der c-di-GMP Bindung wird in Unterkapitel 3.1.2 behandelt. Es wurde ermittelt, dass Cd1 bei 83 Nukleotiden eine alternative schwach Ligand bindende Konformation einnimmt, die wahrscheinlich durch eine P1 Helix bis zum Erreichen von Cd1-87 stabilisiert wird. Ab Cd1-87 bildet sich die reguläre von der Literatur vorhergesagte Bindetasche. Das Ende der c-di-GMP Bindung wird mit Cd1-148 erreicht, auch wenn hier noch Reste der Reportersignale für Bindung zu sehen sind. Diese Reste werden aber aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Cd1-83 entsprechende Konformation der Bindetasche erzeugt. In Kapitel 3.2 wird gezeigt, wie durch NMR Messungen die Zuordnung der Sekundärstruktur des Cd1-Riboschalters vollzogen wurde. Durch diese Messungen konnte bestätigt werden, dass in allen Längen eine P2 und P3 Helix vorhanden ist. Im Aptamer wird die Ligandbindung durch zwei Interaktionen zwischen P2 und P3 stark stabilisiert und der untere Abschnitt der P3 erst dann nicht mehr dynamisch, wenn c-di-GMP gebunden wird. Durch x-filter Experimente und Mutationen konnte nachgewiesen werden, dass C87 das basenpaarende Nukleotid an einem G des Liganden ist. Die Anwesenheit des HP1 Stamms konnte in den Längen 147, 148 und 160 nachgewiesen werden, wobei besonders der Vergleich der NOESY Spektren von Cd1-147 und Cd1-148 die Änderung der Sekundärstruktur hin zum Antiterminator zeigen. Der Verlauf der Bindungsaffinitäten wurde auch durch ITC Messungen an Cd1-83, 86, 87, 88, 135 und 146 bestätigt. Für die volle Länge (Cd1-160) des Riboschalters konnte gezeigt werden, dass der Terminatorstamm ausgeformt ist. Die erreichten Ergebnisse wurden in einem Modell zusammengefasst und der zeitliche Verlauf der Cd1 Regulation simuliert. Aus der Simulation ist zu erkennen, dass Cd1, wie erwartet, Ligand abhängig schaltet. Dabei ist der Aus-Zustand bei hoher Ligandkonzentration zu 90% populiert und der An-Zustand zu 100% bei niedriger Konzentration. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Transkriptionsgeschwindigkeit bei hohen Ligandkonzentrationen einen starken Einfluss auf die Regulationseffizienz des Riboschalters hat. So ist bei einer Transkriptionsgeschwindigkeit von 100 nt/s nach 1 s eine Gleichverteilung von An- und Aus-Zustand zu erkennen. Dieses Verhalten kann durch einen Stopp der Transkription an der potentiellen Pausierstelle U141-145 aufgehoben werden. Unter den Rahmenbedingungen des Modells erwiesen sich Transkriptionsgeschwindkeiten von um die 20 nt/s als optimal und bei niedrigen Ligandkonzentrationen hatte die Transkriptionsgeschwindigkeit faktisch keine Auswirkungen auf die Regulation. Ein interessantes Ergebniss der Modellierung ergab sich aus der Notwendigkeit der Verwendung einer Rate für konkurrenzlose Basenpaarschließungen. Hier konnte gezeigt werden, dass eine Rate von 400 nt/s ausreicht um einen voll funktionsfähigen Riboschalter zu beschreiben.
Beim 19F Bindungsscreenings von 101 Fragmenten, die alle ein oder mehrere 19F Atome besaßen, an Cd1-98 wurden 9 Fragmente gefunden die an Cd1-98 binden. Diese sind größtenteils planar mit Ausnahme von 2 Fragmenten bei denen die eine Hälfte des Moleküls nicht aromatisch ist. Des Weiteren besitzen alle Fragmente, außer einem, mindestens eine Aminogruppe im Molekül. Die daraus resultierende Vermutung, dass die Fragmente in die RNS interkalieren, konnte durch RNS beobachtende NMR Messungen nicht überprüft werden, da keine Signaländerung im Imino-Bereich zu erkennen war. Durch Verdrängungsexperimente konnte gezeigt werden, dass die Fragmente, nicht wie c-di-GMP, die RNS Faltung homogenisieren und auch nicht in der Bindetasche gebunden werden.
Im Forschungsgebiet der Proteomik hat sich die Massenspektrometrie als essenzielles Werkzeug etabliert. Zur Probengewinnung und deren Präparation für die chromatogra-phische Trennung und massenspektrometrische Analyse existieren eine Vielzahl von Protokollen, deren Verwendung jedoch unterschiedlichste Vor- und Nachteile mitbringt. Im Idealfall wäre ein solches Protokoll schnell und kostengünstig durchführbar, würde mit hoher Robustheit die Proteine aus den Ausgangszellmaterial quantitativ extrahieren und Probenverluste auf ein Minimum beschränken. Ziel dieser Arbeit war es, in einem strukturierten Ansatz sich diesem Ideal zu nähern und mögliche Kompatibilitaten mit anderen Methoden wie dem Arg-C analogen Proteinverdau zu untersuchen. Als Maß-stäbe dienen hierbei die aktuellen Standardprotokolle: die Acetonfällung der Proteine mit anschließender Solublisieung und das FASP-Protokoll, bei dem die zur Proteinpro-zessierung notwendigen Arbeitsschritte auf einer Größenausschlussmembran stattfinden. Dazu wurde zunächst das Adsorptionsverhalten von Proteinen auf den Silica-Oberflächen paramagnetischer Beads untersucht und dabei insbesondere der Einfluss von Chemikalien zur Zell-Lyse und den im Anschluss verwendeten Reduktions- und Alkylierungsreagenzien analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass die Proteine aus dem Totalzelllysat sehr effektiv an die Silicaoberfläche binden und dass der Prozess der Re-duktion von Disulfidbrücken mit nachfolgender Carbamidomethylierung positiv zur Adsorption beiträgt und negative Einflüsse auf die Immobilisierung negieren kann. Dar-aus wurde ein Protokoll zur kombinierten Lyse, Aufreinigung, Modifikation und Proteo-lyse (abgekürzt: ABP) entwickelt. Parallel dazu konnte die Kompatibilität des Protokolls mit dem ArgC-analogen Verdau gezeigt werden und in der Folge konnte die Komple-mentarität der Methoden erfolgreich getestet werden. Mit frischen Zell-Lysaten wurde der Einfluss der Lysisreagentien unter Einschluss einer kommerziellen Variante ("Bug-buster" Lysis-Puffer) bestimmt und Harnstoff konnte als Mittel der Wahl definiert wer-den, da mit diesem höhere Identifikationszahlen erreicht wurden, lipophile Proteine vermehrt in der Probe erhalten blieben und größere Ionscores ermittelt werden konnten. Das Potential von ABP wurde im Direktvergleich mit FASP und dem Verdau in Lösung anhand eines humanen Proteoms genauestens untersucht, wobei eine konsequente Ver-besserung gegenüber beiden Methoden festgestellt werden konnte, insbesondere im Hinblick auf Praktikabilität und die Zahl der erforderlichen Arbeitsschritte, Reprodu-zierbarkeit und Zahl der identifizierten Peptide. Ein Bias des ABP zugunsten spezieller Proteineigenschaften konnte nach ausführlicher Analyse der identifizierten Proteine und Peptide nicht festgestellt werden. Eine vermehrt auftretende Oxidation von Methionin wurde identifiziert, allerdings zeigten sich keine negativen Auswirkungen auf die Pro-teinidentifizierungen. Zur Unterdrückung potentieller und unerwünschter Nebenpro-dukte in Form von Methylierungen, die als Folge des ursprünglichen ArgC-analogen Verdaus36 auftreten, wurde mit Verwendung von Acetonitril eine Alternative erfolg-reich getestet. Ein humanes Proteom wurde mittels des formulierten Protokolls sowohl tryptisch als auch mit ArgC-analogen Verdau (mit Acetonitril bzw. Methanol) analysiert. In diesem Zusammenhang wurde die Vollständigkeit der Modifikation der Lysine unter Verwendung von ACN mit zufriedenstellenden 99% bestätigt und die unerwünschte Carbamylierung der Aminosäure durch Harnstoff als Lysisreagenz konnte ausgeschlos-sen werden. Beide Ansätze zum ArgC-analogen Verdau erwiesen sich zudem gegenüber der tryptischen Variante als überlegen, was sich in einer Erhöhung der Identifikations-zahlen des humanen Proteoms widerspiegelt. Insbesondere wenig abundante Proteine, Histone und membranassoziierte Proteine bildeten den Großteil der zusätzlich identifi-zierten Proteine. Zusätzlich konnte eine günstigeres Fragmentierungsverhalten beobach-tet werden. Die effektiven Grenzen des ABP im Hinblick auf die erforderliche Protein-menge wurden untersucht und beschrieben. Der zu erwartende Zusammenhang zwi-schen abnehmender Proteinmenge und Identifikationszahlen niedrig abundanter Protei-ne wurde bestätigt und ein effektiver Grenzwert von 5µg Ausgangsmenge humanen Proteoms ermittelt. Abschließend wurden Dauer und Aufwand der Probenvorbereitung durch Etablierung paralleler Reduktion, Carbamidomethylierung und Propionylierung minimiert und damit zusätzlich Probenverluste reduziert. Die dadurch erreichte Erhö-hung der Identifikationszahlen ergab sich wiederum aus der höheren Repräsentanz nied-rig abundanter Proteine.
Im Rückblick ist es überraschend, dass die Verwendung der Adsorptionstendenzen von Proteinen bisher keine größere Rolle in der Probenvorbereitung proteomischer Analysen eingenommen hat. Die symbiotisch wirkende, aktive Denaturierung als Resultat der durchgeführten Derivatisierung zur Analysenpräparation macht die Adsorption auf Sili-ca-Oberflächen zum prädestinierten Mittel der Probengewinnung und schafft die Vo-raussetzung für die erreichte Verkürzung der Arbeitsabläufe und Verbesserung der Ergebnisse.
Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt in der erfolgreichen Entwicklung von vier neuen Methoden zur Darstellung von Sulfonen und von einer neuen Methode zur Synthese von N-Aminosulfonamiden. Dabei sollen die Strukturmotive von Sulfonen und Sulfonamiden aus stabilen Startmaterialien in einer einfachen Durchführung, vorzugsweise in einer Eintopf-Synthese oder Multikomponenten-Reaktion, aufgebaut und der Reaktionsmechanismus weitestgehend experimentell aufgeklärt werden. In diesem Rahmen konnte die Lücke einer Nickel-katalysierten Darstellung von Diarylsulfonen sowohl unter thermischen als auch unter photochemischen Bedingungen gefüllt werden. Zusätzlich konnten im Bereich der SO2-Fixierung Sulfonylradikale mittels Diaryliodoniumsalzen und sichtbaren Licht erzeugt werden, die mit dem entsprechenden Quencher zum Sulfonamid oder Sulfon weiter reagieren konnten.
Identifizierung potenzieller Taspase1 Inhibitoren für die Behandlung von t(4,11) akuter Leukämie
(2022)
Leukämie ist die häufigste bösartige Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter. Bei einem Kind von 1120 Kindern wird Leukämie diagnostiziert, dabei trifft diese Diagnose Jungen 30 % häufiger als Mädchen. Die Krankheitssymptome treten bei den Kindern noch vor dem Schulalter auf und am häufigsten haben die Kinder mit der akuten Form zu kämpfen. Bei einer Diagnose mit einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) haben die Kinder meist eine gute Prognose, während bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) eine deutlich schlechtere.1
Die t(4;11)(q21;q23) Translokation ist aufgrund ihres häufigen Auftretens und der damit schlechten verbundenen Prognose eines der bekanntesten strukturellen Chromosomen-anomalien bei akuten Leukämien. Diese Translokation wurde das erste Mal 1977 von Oshimura et al. beschrieben.2 Bei einer t(4;11)-Translokation ist das Chromosom 4 und das Chromosom 11 involviert. Auf Chromosom 4 ist das AF4-Gen lokalisiert (AFF1) und auf dem Chromosom 11 liegt das MLL-Gen (ALL-1, HRX, hTRX, KMT2A).
Taspase1 wurde als ein proteolytisch prozessierendes Enzym identifiziert, das sich in Wirbellosen und Vertebraten zusammen mit Mitgliedern der Trithorax/MLL/KMT2A-Protein¬familie koevolviert hat. Taspase1 prozessiert nicht nur das MLL und MLL2, deren Fusions¬proteine AF4-MLL, sondern auch den Transkriptionsfaktor IIA (TFIIA) sowohl in vitro als auch in vivo.3
Die Dimerisierung von Taspase1 löst eine intrinsische Serinproteasefunktion aus, die zum katalytischen Rest Thr234 führt, der die Konsensussequenz Q-3X-2D-1•G1X2D3D4 katalysiert, die in Mitgliedern der MLL-Familie sowie im Transkriptionsfaktor TFIIA vorhanden ist. Taspase1 ist kein klassisches Enzym, da es seine Zielproteine stöchiometrisch hydrolysiert. Diese Eigenschaft macht es nahezu unmöglich, in einem klassischen Screening-Setup nach potenziellen Inhibitoren zu screenen.
In dieser Arbeit wurde ein Homogeneous time-resolved fluorescence HTRF-Reporter-Assays etabliert. Das etablierte Testsystem ermöglicht erstmalig die Untersuchung von Substanzen zusammen mit Taspase1 Monomere, die in einem zellfreien System (cfs) hergestellt wurden. Durch die Expression non monomeren Taspase1 Proteinen sollten Inhibitoren durch das etablierte Screening-Verfahren gefunden werden, die sowohl (1) Dimerisierung, (2) Autoaktivierung oder (3) Substratbindung selektiv blockieren können. Die durchgeführten Experimente führten zur Identifikation eines ersten Taspase1-Inhibitors, Closantel sodium. Closantel sodium ist ein U.S. Food and Drug Administration (FDA) zugelassenes Medikament, das Taspase1 auf nicht-kovalente Weise bindet. Die erzielten Daten zeigen, dass Closantel sodium den Dimerisierungsschritt und/oder die intrinsische Serinproteasefunktion blockiert. Closantel sodium hemmte die Spaltung des eingesetzten CS2-Substratproteins mit einem IC50 zwischen 1,6 und 3,9 µM, je nachdem, welches Taspase1-Präparat in dem HTRF Screening Assay ver¬wendeten (cfs- oder E.coli-produziert). Die Daten weisen darauf hin, dass Closantel sodium als allosterischer Inhibitor gegen die Taspase1 fungiert. Taspase1 wird zur Aktivierung der AF4-MLL-Onkofusionsproteine benötigt und wird auch in mehreren soliden Tumoren überexprimiert. Daher könnte dieser neue Inhibitor für die weitere Validierung von Taspase1 als Ziel für die Krebstherapie und für das Design potenterer Liganden für zukünftige klinische Anwendungen nützlich sein.
Synthese und Struktur-Wirkungsbeziehungen neuer rezeptorselektiver Dopamin-D 2- und -D 3-Liganden
(2003)
Dopaminrezeptoren gehören zur Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, der bisher größten Rezeptorklasse. Seit der Identifizierung der zuvor unbekannten Rezeptorsubtypen D3-D5 in den Jahren 1990 und 1991 hat die Erforschung des dopaminergen Systems neuen Anschub erhalten, der maßgeblich auf das spezifische Vorkommen jeweiliger Subrezeptoren in diskreten Hirnarealen zurückzuführen ist. Während dopaminerge Neuronen an neurologischen und psychiatrischen Störungen wie Morbus Parkinson, Schizophrenie und Drogenmißbrauch bzw. -abhängigkeit seit geraumer Zeit in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht werden, begründen die unterschiedlichen Charakteristika der Rezeptorsubtypen hinsichtlich Lokalisation, Aminosäuresequenz und pharmakologischem Verhalten die Hoffnung, mit subrezeptorselektiven Wirkstoffen neue therapeutische Ansätze verwirklichen zu können, die eine Reduktion der gravierenden, mit bisherigen Therapiekonzepten korrelierten Nebenwirkungen erlauben. In der vorliegenden Arbeit wurden, ausgehend von den D2- und D3-rezeptorbevorzugenden Wirkstoffen ST 177, L-741,626, ST 314, NAN190, ST 198 und BP 897, gezielte Modifikationen an unterschiedlichen Molekülteilen unternommen, um ihre jeweils charakteristischen pharmakologischen Eigenschaften stärker zu profilieren.
Biomoleküle, insbesondere Membranproteine (MPs), sind oftmals sehr sensitiv gegenüber ihrer chemischen Umgebung, wie pH-Wert, Puffer, Salzkonzentration und vielen weiteren Faktoren. MPs stabil und funktional in Lösung zu halten ist nicht trivial. Sie stellen deshalb eine besondere Herausforderung bei der Analyse von biologischen Systemen dar. Aus diesem Grund wurden und werden nach wie vor sogenannte membrane mimicking-(MM-) Systeme, wie beispielsweise Nanodiscs (NDs) oder styrene-maleic acid lipid particles (SMALPs), untersucht und entwickelt, um MPs eine naturähnliche Umgebung in Form einer Lipid-Doppelschicht zu bieten und sie so in ihrer natürlichen Konformation und natürlichen Funktionsweise/Aktivität in Lösung zu halten.
Laser induced liquid bead ion desorption (LILBID) Massenspektrometrie (MS) hat sich als hervorragende analytische Methode herausgestellt, um MPs in Kombination mit MM-Systemen zu untersuchen. LILBID-MS bietet nicht nur die Möglichkeit Proteine an sich zu identifizieren, sondern ermöglicht ebenfalls eine zerstörungsfreie Analyse von nicht-kovalent gebundenen Proteinkomplexen, sowie die Detektion einzelner Subkomplexe eines Proteinkomplexes. Auch die Analyse von Protein-Ligand-Wechselwirkungen ist möglich. Bei der LILBID-Ionisationsmethode werden kleine Tröpfchen erzeugt, die einen wässrig gelösten Analyt enthalten. Die Analyt-Tröpfchen werden anschließend mittels IR-Laser bestrahlt, wodurch der Analyt freigesetzt und massenspektrometrisch analysiert werden kann.
Diese Dissertation beschäftigt sich zum einen mit der Analyse des Lyse-Proteins ΦX174-E der Bakteriophage ΦX174, zum anderen mit Untersuchungen zur Histidinkinase SpaK aus B. subtilis in Kombination mit MMs. Weiterhin wird die Frage geklärt, ob und wie gut sich LILBID-MS zur Analyse von Saposin-Nanopartikel-(SapNPs)-solubilisierten MPs eignet. Darüber hinaus wird in dieser Dissertation die Darstellung von SapNP-solubilisierten MPs mittels zellfreier Proteinsynthese näher charakterisiert und untersucht welche Parameter aus präparativer Sicht optimiert werden können.
In vorausgegangenen Analysen von ND-solubilisierten MPs mittels LILBID-MS zeigte sich, dass manche in Verbindung mit NDs genutzten Lipide unerwünschte Signale im Spektrum zur Folge haben, die aus massiven Lipid-Anhaftungen am MSP oder dem Analyten resultieren. Überlappungen der m/z-Signale verschiedener Analyt- und/oder Komplexkomponenten mit diesen Lipid-Cluster-Signalen kann wiederum zum Verlust von Informationen führen. Daher beschäftigt sich ein weiterer Teil dieser Arbeit mit der Frage, ob durch den Einsatz von UV-schaltbaren Lipiden der Anwendungsbereich und/oder die Auflösung von LILBID-MS erweitert und verbessert werden kann.
Um biologische Prozesse zu verstehen ist es ebenfalls wichtig die zeitlichen/kinetischen Aspekte einer Reaktion zu untersuchen/kennen, sowie molekulare Prozesse gezielt zu kontrollieren. Licht hat sich hierbei als ein hervorragendes Werkzeug in der Analytik, sowie in der molekularen Prozesskontrolle etabliert. Licht bietet den Vorteil sehr selektiv eingesetzt werden zu können und sowohl orts- als auch zeitaufgelöst Informationen liefern zu können. Das gezielte Triggern einer Reaktion oder einer Protein-Protein-Interaktion kann beispielsweise durch sog. photo-cleaving von photolabilen Schutzgruppen ermöglicht werden. Bisweilen bietet die native MS nur wenig Möglichkeiten schnelle Reaktionen zu analysieren und kinetische Informationen zu gewinnen. Daher beschäftigt sich ein weiterer Teil dieser Dissertation damit zu untersuchen, ob und wie sich lichtgesteuerte Reaktionen im LILBID-Ionisationsprozess induzieren und gegebenenfalls auch zeitlich analysieren und charakterisieren lassen können.
In dieser Arbeit konnte 1,8-Diborylnaphthalin (11) präparativ in einer Stufe und 65% Ausbeute aus dem literaturbekannten Boronsäureanhydrid 9 dargestellt werden. 11 ist das zweite bekannte, aromatisch verbrückte Derivat des Diborans B2H6. 11 kann als Startverbindung für eine Reihe strukturverwandter BNB-dotierter Phenalenderivate verwendet werden. Dazu werden zwei der vier Bor-gebundenen Protonen durch die Umsetzung mit einem Mesitylgrignard und Trimethylsilylchlorid substituiert. Die Umsetzung mit Wasser bzw. Aminen liefert BOB- bzw. BNB-Phenalene unter Freisetzung von elementarem Wasserstoff. Alle, auf diese Weise dargestellten Verbindungen, zeigen reversible Redoxeigenschaften und Photolumineszenz mit zum Teil besonders scharfen Emissionssignalen mit Halbhöhenbreiten von bis zu 31 nm. Zusätzlich wurden drei analoge Vertreter einer NBN-Phenalen Spezies dargestellt und charakterisiert. Die entgegengesetzte Dotierung äußert sich in einem grundlegend verschiedenem Redoxverhalten. Abschließend wurde die Reduktion des BNB-Phenalens 22 untersucht. Dabei gelang es das Radikal K[32] zu charakterisieren und seine Abbaureaktion in THF aufzuklären.
Nanoarzneimittel haben in den letzten Jahren in der Therapie verschiedener Erkrankungen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dadurch hat auch die Anzahl zugelassener Arzneimittel mit an Arzneistoffträgern wie Liposomen gebundenen Wirkstoffen zugenommen. Weil für die Zulassung, neben der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, auch die Qualität der neuen Arzneimittel gewährleistet sein muss, spielen die verschiedenen Eigenschaften der Arzneistoffträger eine wichtige Rolle in der Qualitätskontrolle. Neben der Partikelgröße, der Partikelgrößenverteilung und der Oberflächenladung spielt die (Rest-)Kristallinität des Wirkstoffs und die Wirkstofffreisetzung eine wesentliche Rolle für die erfolgreiche in vivo-Performance von Nanoarzneimitteln. Zur Bestimmung der Wirkstofffreisetzung aus kolloidalen Arzneistoffträgern wie Liposomen, Nanopartikeln oder Mizellen gibt es bis heute keine Standardmethoden. In der Forschung und der pharmazeutischen Industrie werden folglich verschiedene Methoden wie Filtration, Zentrifugation oder Dialyse verwendet, um den freigesetzten Wirkstoff zu bestimmen. Dabei ist die Wahl der Separationsmethode auf die Eigenschaften der Arzneistoffträger abzustimmen.
In der vorliegenden Arbeit wurde eine dialysebasierte Apparatur, der Dispersion Releaser (DR), zur Untersuchung der in vitro Wirkstofffreisetzung aus kolloidalen Trägersystemen eingesetzt. Diese kann direkt mit den Apparaturen I/II der Arzneibücher der Europäischen Union (Ph. Eur.) und der Vereinigten Staaten (USP) gekoppelt werden. Zur Untersuchung der Wirkstofffreisetzung wird die Formulierung in das Donorkompartiment gegeben, sodass der freigesetzte Wirkstoff infolge über die Dialysemembran in das Akzeptorkompartiment permeiert. Dort kann dieser mittels HPLC analysiert werden. Besonders hervorzuheben ist das synchrone Rühren in beiden Kompartimenten des DR, worüber andere dialysebasierte Apparaturen nicht verfügen.
Die Entwicklung und Patentierung eines funktionsfähigen Prototyps des DR erfolgte an der Goethe Universität, Frankfurt am Main und wurde im Rahmen dieser Arbeit gemeinsam mit der Pharma Test Apparatebau AG (Hainburg, Deutschland) zu einer kommerziell erwerbbaren Apparatur (Pharma Test Dispersion Releaser, PTDR) weiterentwickelt. Innerhalb dieser Kollaboration wurde der Prototyp des DR unter Einbezug der Anforderungen der pharmazeutischen Industrie rekonstruiert. Eine erleichterte Anwendung für den Nutzer wurde dabei mitberücksichtigt.
Die finale Apparatur wurde zuletzt einer ausgiebigen Validierung unterzogen, bei der Diclofenac und Hydrocortison als Modellarzneistoffe dienten. Neben Untersuchungen zur Hydrodynamik und dem Einfluss der Umdrehungszahl auf die Membranpermeationsrate kM wurde eine Methode mit Gold-Nanopartikeln zur Bestimmung der Dichtigkeit des Systems entwickelt. Hierbei wurden Messungen mit einer UV/Vis-Methode und mit dynamischer Lichtstreuung durchgeführt, um die Abwesenheit der Goldpartikel im Akzeptorkompartiment nachzuweisen. Der Einfluss von Proteinen im Freisetzungsmedium auf die Membran-permeation wurde ebenfalls untersucht.
Der DR wurde ursprünglich zur Untersuchung von parenteralen Nanoformulierungen entwickelt. Aufgrund der bisher noch nicht erfolgten Untersuchung von halbfesten Zubereitungen im DR, wurde die Apparatur im Rahmen dieser Forschungsarbeit für zwei verschiedene Diclofenac-Gele (Voltaren® Emulgel, Olfen® Gel) unter verschiedenen Bedingungen evaluiert. Dabei konnte unter non-sink-Bedingungen der Einfluss der lipophilen Phase des Voltaren® Emulgels (GlaxoSmithKline Consumer Healthcare GmbH & Co. KG, München, Deutschland) gezeigt werden. Im Vergleich zum fettfreien Olfen® Gel (Mepha Pharma AG, Basel, Schweiz) zeigte Voltaren® Emulgel eine vollständige Freisetzung unter den erschwerten Löslichkeitsbedingungen.
Mit Hydrocortison als Modellsubstanz wurden vier verschiedene Proliposomen zur vaginalen An¬wendung formuliert. Neben der Charakterisierung der Partikelgröße und der Verkapselungs¬effizienz wurden Messungen mit dynamischer Differenzkalorimetrie durch-geführt und Aufnahmen zur morphologischen Charakterisierung mittels Transmissions-elektronen¬mikroskopie der Liposomen erstellt. Die Wirkstofffreisetzung des Hydrocortisons aus dem rekonstituierten liposomalen Gel sowie die Permeabilität über eine Zellmonoschicht wurde vergleichend untersucht. Dabei wurden Zelllinien aus humanem Cervixkarzinom beziehungsweise Endometriumkarzinom eingesetzt. Die Unterschiede der Formulierungen konnten vom DR sensitiver erfasst werden und die Verkapselungseffizienz als relevanter Faktor für die in vivo-Performance festgelegt werden.
Weil die tatsächliche Wirkstofffreisetzung durch die Permeation über die Dialysemembran überlagert werden kann, wurde neben der Standardisierung der Konstruktion die Auswertung mit Hilfe eines neuen mathematischen Modells, das auf dem Fick’schen Diffusionsgesetz basiert, verbessert. Das Normalisieren des Freisetzungsprofils mit Hilfe des mathematischen Modells dient dazu, die tatsächliche Wirkstofffreisetzung zu berechnen und den Vergleich verschiedener Freisetzungen ohne den Einfluss der Membranpermeation zu ermöglichen. Im Zuge der Validierung des DR wurde das mathematische Modell ebenfalls erfolgreich validiert.
In der vorliegenden Forschungsarbeit wurde eine neue Konstruktion des DR für die kommerzielle Anwendung entwickelt und validiert. Nebenbei wurde der Auswerteprozess zur Berechnung der diffusionsbereinigten Wirkstofffreisetzung vereinheitlicht und validiert. Zuletzt wurde das Anwendungsgebiet des DR von parenteralen Nanoformulierungen auf halbfeste Arzneiformen erweitert.
Der retinoid-related orphan receptor α (RORα) ist ein nukleärer Rezeptor, der nach Bindung an sein Responselement die Transkription zahlreicher Gene reguliert. Pharmazeutisches Interesse erlangt der Rezeptor vor allem durch seine Verwicklung in pathophysiologische Prozesse wie Osteoporose und Arteriosklerose sowie durch seine antiinflammatorische Wirkung, die auf der negativen Interferenz mit dem NF-κB-Signalweg beruht. Bisher konnten vier RORα-Isoformen isoliert werden, die durch alternatives Spleißen sowie durch die Regulation über unterschiedliche Promotorregionen entstehen. In verschiedenen Studien konnte eine isoformspezifische Regulation als Antwort auf pathophysiologische Veränderungen der Zellen festgestellt werden, wie beispielsweise die Induktion der RORα4-Transkription in Leberzellen infolge einer Sauerstoffunterversorgung. Um Einblicke in die Mechanismen zu gewinnen, die der spezifischen Regulation der RORα4-Expression zugrunde liegen, wurde in der vorliegenden Arbeit der RORα4-Promotor als erster Promotor einer RORα-Isoform identifiziert und analysiert.
Sechs Fragmente mit einer Länge von bis zu 5,1 kbp der aus Datenbanken entnommenen, putativen Promotorsequenz wurden in einen Reportergenvektor kloniert. Transiente Transfektionsexperimente und Reportergenanalysen deckten die Promotoraktivität der gewählten Sequenz auf.
In dem durch einen hohen Gehalt an den Nukleotiden G und C auffallenden Promotor wurden drei einzelne GC-Boxen (A, B und C) sowie eine Viererkette (Box D) und eine Tandem-GCBox (Box E) als mögliche Bindungsmotive für Sp-Transkriptionsfaktoren gefunden. Mithilfe von Kotransfektionen konnte eine Induktion der Promotoraktivität durch die Transkriptionsfaktoren Sp1 und Sp4 nachgewiesen werden, während Sp3 die Promotoraktivität in diesen Experimenten nicht beeinflusste.
Durch die gezielte Mutation oder Deletion, bzw. die Inkubation mit verschiedenen Substanzen konnten diesen GC-Boxen unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden. Durch transiente Transfektionen stark verkürzter Promotorfragmente wurde ein für die Promotoraktivität nötiger Sequenzbereich von 170 Basenpaaren eingegrenzt. In Mutationsanalysen wurde demonstriert, dass die beiden proximalen GC-Boxen A und B für die basale Promotoraktivität essentiell sind.
Die RORα4-Promotoraktivität ließ sich zelltypabhängig durch den Phorbolester TPA induzieren. In Deletionsanalysen ließ sich dieser Effekt teilweise auf die GC-Boxen C und D zurückführen. Der distalen GC-Box E konnte ebenfalls eine Funktion zugeordnet werden. In Reportergenanalysen konnte demonstriert werden, dass sie die Induktion der Promotoraktivität durch den HDAC-Inhibitor Trichostatin A vermittelt.
Durch die Untersuchungen an den TK-luc-Konstrukten mit RORα-Responselementen konnte gezeigt werden, dass der virale Promotor aufgrund der einklonierten RORα-Responselemente sehr stark auf die Kotransfektion der RORα-Isoformen reagiert. Die Reportergenanalyse mit diesen Konstrukten stellt daher eine effiziente Methode dar, um die RORα-vermittelte Transaktivierung zu bestimmen.
Obwohl der RORα4-Promotor zahlreiche RORα-Responselemente trägt, konnte in den Kotransfektionen mit Expressionsplasmiden für die einzelnen Isoformen in keiner der drei Zelllinien eine Autoregulation gefunden werden. Ebensowenig zeigte sich ein Einfluss des putativen RORα-Liganden Melatonin auf die Promotoraktivität.
Des Weiteren wurde gezeigt, dass die RORα4-Promotoraktivität in HeLa und MCF-7-Zellen durch das cAMP-Analogon DbcAMP induzierbar ist, während in HEK 293 keine Beeinflussung der Promotoraktivität erzielt wurde. Neben der Steigerung der Promotoraktivität durch TPA, konnte mit der DbcAMP-Induktion folglich ein zweiter, zelltypabhängiger Effekt auf die RORα4-Promotoraktivität identifiziert werden.
Die moderne Hauptgruppenchemie ermöglicht es Siliciumverbindungen in unterschiedlichen Oxidationsstufen und mit ungewöhnlichen Koordinations- umgebungen zu realisieren: Silane, Silylene, Disilene, Disiline und molekularer Sand (SiO2) können soweit stabilisiert werden, dass eine Charakterisierung gelingt. Ein Verständnis für die Eigenschaften und Reaktivitäten dieser Verbindungen eröffnet Perspektiven zur gezielten Synthese verschiedener Siliciumverbindungen. Industriell sind im wesentlichen zwei Substanzklassen interessant: Perchlorierte Silane, die als Vorstufen für die Abscheidung elementaren Siliciums als Halbleitermaterial Verwendung finden und Organo(Chlor)silane, die wichtige Bausteine für den Aufbau von Silikonen und für Hydrosilylierungsreaktionen darstellen. Im Rahmen dieser Dissertationsschrift wurden mittels quantenchemischer Rechnungen Schlüssel-intermediate für den Aufbau solcher Verbindungen identifiziert und durch Einblicke in den Reaktionsmechanismus das Fundament für ein tiefergehendes Verständnis der dynamischen kovalenten Chemie der Oligosilane gelegt. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit den experimentellen Arbeitsgruppen von Prof. Wagner und Prof. Auner.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurde die Hochtemperatur-Komproportionierungsreaktion von gasförmigem Siliciumtetrachlorid und elementarem Silicium untersucht (Chem. Eur. J. 2017, 23, 12399). In einer Gasphasenreaktion entsteht dabei ein perchloriertes Polysilan (PCS) unbekannter Zusammensetzung. Im Ergebnis konnten wir zeigen, dass PCS eine komplexe Mischung verschiedener molekularer perchlorierter Silane darstellt, von denen lediglich cyc-Si5Cl10 experimentell eindeutig charakterisiert werden kann. Ausgehend von Dichlorsilylen als reaktive Spezies in der Gasphase zeigten DFT-Berechnungen, dass durch Silylendimerisierung, Silyleninsertion und eine Reihe von Isomerisierungsreaktionen der Aufbau cyclischer Perchlorsilane mit unterschiedlichem Silylierungsgrad gegenüber dem entsprechenden Aufbau acyclischer Perchlorsilane aus nicht umgesetzten Siliciumtetrachlorid bevorzugt stattfindet. PCS liefert ein 29Si-NMR- Spektrum mit einer verwirrenden Vielzahl verschiedener Signale, die auch anhand quantenchemisch berechneter 29Si-NMR-chemischer Verschiebungen nicht eindeutig zugeordnet werden konnten. Dennoch war eine Einteilung der berechneten Verschiebungen in Bereiche möglich, in denen Verschiebungen für Siliciumatome cyclischer und acyclischer Perchlorsilane mit einer bestimmten formalen Oxidationsstufe zu erwarten sind.
Weiterhin wurde der Chlorid-induzierte Aufbau perchlorierter Silane aus Si2Cl6 untersucht: Der Bildungsmechanismus für die durch Tillmann röntgen- kristallographisch charakterisierten perchlorierten Silikate und dianionischen (silylsubstituierten) Cyclohexasilane wurde in einer DFT-Studie untersucht und Schlüsselintermediate sowie stabile Zwischenstufen identifiziert (Chem. Eur. J. 2014, 20, 9234). Wir konnten zeigen, dass SiCl3– als reaktives Intermediat für die Si–Si Bindungsknüpfung verantwortlich ist. Die experimentell nachgewiesenen Silikate sind, mit einer Ausnahme für die ein anderes Konformer gefunden wurde, identisch mit den theoretisch vorhergesagten lokalen Minima. Sie entstehen durch eine Reihe von reversiblen Additions- und Isomerisierungsreaktionen. Dabei sind die acyclischen Silikate über Gleichgewichtsreaktionen miteinander verknüpft, wobei die berechneten Aktivierungsbarrieren für die Rückreaktion immer etwas höher sind als die Barrieren für den nächsten Aufbauschritt. Im Rahmen dieser Gleichgewichtsreaktionen entsteht nicht nur SiCl3–, sondern es können auch höhere Silanide eliminiert werden, die ab einer Größe von drei Siliciumatomen zu Cyclohexasilanen dimerisieren. Mit der head- to-tail Dimerisierung des bevorzugt gebildeten Silanids erklärt sich zwanglos das Substitutionsmuster aller röntgenkristallographisch charakterisierten zweifach silylsubstituierten Cyclohexasilane. Weiterhin ist es gelungen, den Reaktions- mechanismus für den Chlorid-induzierten Aufbau des dianionischen inversen Sandwichkomplexes [Si6Cl12*2Cl]2– aus HSiCl3 aufzuklären, in dem ebenfalls SiCl3– das Schlüsselintermediat darstellt. Letzteres entsteht durch die Eliminierung von HCl aus dem Chloridaddukt von HSiCl3. Der Reaktionsmechanismus beinhaltet Chlorid- abstraktionen, Hydridabstraktionen, Deprotonierungen, Silanid-Additionen, sowie Silanid-Eliminierungen, die nahezu gleichberechtigt nebeneinander vorkommen. Alle identifizierten Reaktionsschritte münden immer wieder in die Pfade, die bereits für den Aufbau aus Si2Cl6 gefunden wurden.
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