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Wunsch
(2016)
Wünsche sind gedanklich-sprachliche Repräsentationen von abwesenden Dingen oder Zuständen, deren Anwesenheit für den Wünschenden erstrebenswert – 'wünschenswert, wünschbar' – ist. Dabei ergibt sich eine enge Verbindung von Wünschbarkeit und Zukünftigkeit: Es gehört zum Charakteristikum vieler Wünsche, dass in ihnen das Erwünschte als 'noch nicht' anwesend, aber als in Zukunft erreichbar vorgestellt wird. Ein solches Herbeiwünschen eines zukünftigen Zustands kann auf möglichst vollständige Befriedigung abzielen, etwa wenn das Aussprechen eines Geschenkwunsches – oder auch seine Niederschrift auf einem Wunschzettel – dafür sorgen soll, dass man später genau die gewünschte Gabe erhält. Am theoretisch namhaftesten findet sich diese Reduktion des Wünschens auf den Augenblick seiner Erfüllung in Sigmund Freuds Deutung des Traums als einer „Wunscherfüllung“, die „bequem“ und „vollkommen egoistisch“ gewährt werden könne.
Walter Benjamin spricht von 'wolkigen Stellen' in Kafkas Texten, die - stark vereinfacht gesagt - die Abkehr von 'unserer' bekannten, sinnlichen erfassbaren Welt und den Übergang in eine (wieder nach Benjamin) 'obrige' anzeigen. Diese 'wolkigen Stellen', an denen oft Kafkas 'Verwandlungen' stattfinden, sind sprachlich markiert: Hier endet der nach Kafka 'vergleichsweise' Gebrauch der Sprache, die ,empirische‘ Ebene wird verlassen und eine 'parabolische' (nach Fülleborn) erreicht.
Kafkas Romanfragment "Das Schloß" wird üblicherweise nicht mit einem persönlichen Handlungsspielraum oder Emanzipation in Verbindung gebracht. Und doch lohnt es sich, den Roman neu zu betrachten und die Frage zu stellen, ob man sich K. nicht auch als einen glücklichen Menschen vorstellen kann, dem sich durchaus ein Raum für Agency öffnet. Zwar ist die Schlosslandschaft, in der K. sich bewegt, alles andere als frei, und doch wird der Roman durch zahlreiche Ereignisse bestimmt, in denen K. auf eigentümliche Weise frei wirkt. [...] K.s Agency zeigt sich demnach vor allem dann, wenn man sich nicht so sehr auf seine absurde Unfreiheit, sondern eher auf seine absurde Freiheit konzentriert. Dieser Perspektivwechsel soll mit Hilfe des Konzepts des Institutionenromans vorgenommen werden. Es eignet sich nicht nur dazu, K.s Gefangensein auf dem Schlossterritorium zu analysieren, sondern ebenso, seinen geschickten Befreiungskampf in den Blick zu bekommen, indem man das Zusammenspiel von Arbeit und Müßiggang in unterschiedliche institutionelle Kontexte einordnet. K.s Freiheit taucht so in unübersichtlichen Schichtungen und Zusammenhängen auf und K. versteht sie zu nutzen, indem er sich, wie Kant es fordert, mit Entschlossenheit und Mut seines eigenen Verstandes bedient. Aufgrund der Gegenmacht des Schlosses kommt es aber auch zu 'Bedienungsfehlern' des Verstandes. Deshalb erzählt der Roman neben K.s Erfolgen auch von den Widerständen und Rückschlägen beim optimistischen Gebrauch der Kant'schen Aufklärungsformel. Den theoretischen Rahmen meiner Untersuchung bilden Konzepte, welche die Unterdrückung (Campe), Aushebelung (Vogl) und Förderung subjektiver Agency (Rancière) zum Thema haben.
Frühe Leser von Kafkas Erzählung 'In der Strafkolonie' verwarfen ihre schockierende, perverse Offenheit. Wie Hans Beilhack schon 1916 schrieb, sei Kafkas Erzählung sadistisch, und ihr Autor sei ein "Lüstling des Entsetzens". Otto Erich Hesse ging einen Schritt weiter, indem er behauptete, Kafka und seine Leserschaft seien "Ekel erzeugen[de]" sexuelle Scheusale, die "sich an derartigen Quälereien erlustier[en] und aufgeil[en]." Selbst Kafkas Bewunderer fühlten sich verpflichtet, sich von den sexuellen Exzessen zu distanzieren, wie auch von der Beschuldigung, daß sie perverses Vergnügen aus ihr zögen. Kurt Tucholsky, der erste öffentliche Verteidiger der Erzählung, befürchtete, Kafkas Beschreibungen von Nadeln, die einen nackten Körper durchdringen, würden Vergleiche zu den allgemein bekannten sadomasochistischen Schriften des "parfümierten Salonsadisten" Hans Heinz Ewers ziehen. Doch Tucholsky betonte, daß man weder Kafka noch den Protagonisten seiner Erzählung, einen Offizier, korrekterweise als einen "Sadist[en]" bezeichnen könne. Zwar mag der Text einem perverse sexuelle Phantasien ins Gedächtnis rufen, aber das eigentliche Thema von In der Strafkolonie ist politischer Natur: Es geht um die Schilderung eines militärischkolonialen Regimes, das Amok läuft.
In seinen Schriften, insbesondere seinen späten des letzten Lebensjahrzehnts, prägte Stéphane Mosès die Begriffe der normativen und der kritischen Moderne innerhalb der jüdischen Tradition. Er erklärt, wie diese beiden Tendenzen im jüdischen Denken des 20. Jahrhunderts fast zeitgleich entstehen, nämlich in und nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, und wie zwei parallele Stränge nebeneinander bestehen. [...] Der Dialog von Benjamin und Scholem über Kafka gehört zu den bedeutenden Briefwechseln der Literaturgeschichte, vergleichbar demjenigen von Lessing und Mendelssohn über das Trauerspiel, der erst im 20. Jahrhundert, lange nach seinem Entstehen, wirklich bekannt und rezipiert wurde. Es ist ein großes Verdienst von Stéphane Mosès, diesen Briefwechsel von Benjamin und Scholem kommentiert und uns die Positionen der beiden Denker lebendig vor Augen geführt zu haben. Ich habe meinerseits versucht, im Sog dieses Briefwechsels das Wesentliche hervorzuheben, um Benjamin in die jüdische Moderne einzubetten. Dabei scheinen mir die Gedanken des "Zerfallsprodukts der Weisheit" und des "Gerüchts von den wahren Dingen" sowie auch der einer "theologischen Flüsterzeitung, in der es um Verrufenes und Obsoletes geht" die Diagnose vom Traditionszerfall in der jüdischen und nicht jüdischen Moderne äußerst prägnant zu begleiten.
Queste note su memoria e oblio prendono le mosse da due fenomeni noti, pur nella loro enigmaticità, e apparentemente opposti come il déjà-vu e il jamais-vu. Accade qualcosa e si ha l'impressione che si stia ripetendo un evento già vissuto, oppure ci si trova in un luogo praticato da anni e, a un certo punto, letteralmente, non lo si riconosce più, percependolo come nuovo ed estraneo. Si tratta di sentimenti che, pur facendo parte dell'esperienza più comune, conservano un alone di opacità. Sia nella "familiarità estranea" sia nella "estraneità familiare" si ha a che fare con uno spaesamento, una vertigine emotiva che sulle prime fa retroagire la nostra comprensione. In entrambi i casi lo stupore si accompagna all'inquietudine: la portata dirompente del nuovo strappa fuori dal riparo delle proprie certezze, dall'impalcatura delle proprie conoscenze. Sono i momenti di interferenza di livelli temporali diversi, in cui alla finitudine dell'evento vissuto si giustappone l'illimitata dimensione del ricordo. La simultaneità delle sfere contrapposte, il loro cortocircuitare e sovrapporsi, dà luogo a uno spaesamento, che talvolta assume un carattere demonico, perturbante (unheimlich), per dirla con Freud. Il senso dell'Unheimlichkeit fa tutt'uno con il sentimento di angoscia o di terrore che si genera nella conversione dell'opposto, quando il noto diventa fonte di terrore, quando il familiare si fa estraneo, o anche quando l'estraneo appare come familiare. Il ritorno del rimosso, sotto forma di paure o desideri inconfessabili, rinvia ai conflitti dell'infanzia e alle fase arcaiche della vita umana. In questo senso rappresenta una "promessa" che il presente non ha saputo esaudire, e che sopravvive in tutta la sua carica sovversiva.
In diesem Aufsatz wird die These vertreten, dass in Kafkas Türhüter-Legende der Begriff "Gesetz" nicht nur, wie man es häufig in der jüngeren Forschung findet, theologisch, sondern auch juristisch gelesen werden kann. Die Titel-Formulierung "Vor dem Gesetz" wird als Aufruf des im zeitgenössischen österreichischen Verfassungsrecht verankerten Gleichheitsgrundsatzes "Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich" verstanden. Dieser Aufruf erfolgt mit einer Neu- bzw. Wiederbetonung der ursprünglich räumlichen Bedeutung der zu Kafkas Zeit grammatikalisiert verwandten Präposition "vor", die ihren sprachlichen Ursprung im Vortreten des Menschen vor den Richterstuhl hat.
Ein rascher Blick in die einschlägigen Tertiärdarstellungen bestätigt: Kaum ein Autor von Rang, der sich nicht im Laufe seines Schreiblebens mit Kafka beschäftigt, kaum ein (Leit-)Gedanke, der nicht mit und an dem Prager Klassiker auf literarische Weise reflektiert ist - mit enorm vielgestaltigen Resultaten. Da wird Kafka, in einer für das Ende der 1990er Jahre erstaunlich anachronistisch anmutenden Geste, als notwendig unbestimmbares Originalgenie erkannt und verdrängt zugleich, ein andermal wiederum recht rigoros der eigenen Weltsicht vereinnahmt oder gar selbstbewusst vervollkommnet, dann wieder doppelsinnig getötet, zuletzt im Gestus theatralischer Bewältigungsarbeit beerdigt - und dergleichen mehr. Es scheint weniger, als lähme Kafka die Schriftsteller, wie Imre Kertész vermerkt, sondern als treibe er im Gegenteil zu emsigen, ja fieberhaft anmutenden Bezugnahmen an, die kaum unter einem gemeinsamen Nenner zu vereinen sind - nimmt man die verhandelten Themen, Motive und Topoi ins Visier. Überblickt man die Rezeptionen hingegen in ihrer generellen Fragestellung und zugrundeliegenden Motivation, können durchaus übergeordnete Strukturen festgestellt werden, wobei meiner Ansicht nach diejenige These besonders erfolgversprechend ist, nach welcher die so vielgestaltigen Bezüge zu Leben und Werk hintergründig stets das Originelle verhandeln: So bestimmt die schon frühzeitig einsetzende, vor allem vom Freund Max Brod geförderte und weiterhin außer Frage stehende Behauptung geradezu genialisch anmutender Originalität Kafkas den Rezeptionsdiskurs nachhaltig.
"Der Arme wartete tausend Jahre vor der Pforte des Paradieses, und dann, als er ein kleines Schläfchen nahm, öffnete und schloß es sich."
Sprichwort aus Persien
War das nicht das Kernmotiv der Türhüter-Legende in Kafkas "Der Proceß"? In der Kafka-Forschung, so dachte ich, wird dieses eigentümlich narrative Sprichwort wohl schon seit langem bekannt sein; und ich nahm mir vor, mir darüber Gewissheit zu verschaffen. Soviel ich inzwischen gesehen habe, wird jedoch in den Quellenstudien zur Türhüter-Legende weder das persische Sprichwort erwähnt noch auch irgendeine andere Quelle mit vergleichbarem Inhalt. Ich stelle daher einige Beobachtungen zur Diskussion, die mir für die Annahme eines Quellenbezugs zu sprechen scheinen. Um mehr als eine Annahme kann es sich nicht handeln, da ich die von Kafka mutmaßlich genutzte Quelle nicht habe ermitteln können. Ich denke aber, dass der Textvergleich selbst dann erhellend ist, wenn ein Quellenbezug auszuschließen sein sollte, käme dabei doch zum Vorschein, dass die Türhüter-Legende ein Motiv enthält, das in seiner Grundform in einer sozusagen archaischen Phantasietätigkeit beheimatet ist.
The article shows, through a close reading of the two first chapters of Kafka's novel "The Trial", that the irruption of the extraordinary and inexplicable in Kafka's text is demonstrated above all in a shift of the spatial order. The disturbance of K., the derangement of his habitual surrounding becomes readable not through his interiority, but rather in a literal de-rangement of interior spaces and of their objects that are presented in their exteriority.
Günther Anders deutete schon 1951 auf Kafkas Vorliebe hin, eine rhetorische Figur in ein empirisches Faktum zu verwandeln. Mit Bezug auf den Käferkörper von Gregor Samsa in der Erzählung "Die Verwandlung" schreibt Anders: »[…] er schöpft aus dem vorgefundenen Bestand, dem Bildcharakter, der Sprache. Die metaphorischen Worte nimmt er beim Wort. Seit Anders hat Kafkas Beim-Wort-Nehmen der Metapher eine wichtige Rolle in der Kafka-Forschung gespielt. In Bezug auf die "Verwandlung" schreibt Theodor W. Adorno 1955: 'Diese Reisenden sind wie Wanzen', heißt die Redensart, die Kafka aufgegriffen haben muß, aufgespießt wie ein Insekt. Wanzen, nicht wie die Wanzen. Eine Metapher aufzuspießen heißt hier, den bruchlosen metaphorischen Übergang vom sinnlichen Bildteil zur übertragenen Bedeutung zu destruieren. In seinem Aufsatz "The Metamorphosis: Metamorphosis of the Metaphor" beschreibt Stanley Corngold ebenfalls Gregor Samsas Metamorphose als eine "Verwörtlichung" ("literalization") einer Metapher. Nach Corngold produziert eine solche Verwörtlichung ein rhetorisches Ungeheuer, das als eine Destruktion und Dekonstruktion der metaphorischen Sprache zu deuten ist.
Am 23. September 1912 - Kafka hatte die Nacht zuvor "Das Urteil" zu Papier gebracht - kommentiert er seinen literarischen Durchbruch emphatisch: "Wie alles gewagt werden kann, wie für alle, für die fremdesten Einfälle ein großes Feuer bereitet ist, in dem sie vergehn und auferstehn." Das Schreiben als Schmelztiegel, als alchimistische Läuterung der unterschiedlichsten Traditionen - das bietet ein etwas anderes Bild, als es lange Zeit von der Forschung favorisiert wurde; die las Kafka mit Vorliebe voraussetzungslos, als Neuanfang, als Sonderfall, der sich keiner Epoche zuordnen lasse. Tatsächlich aber können gerade in den frühen Texten Kafkas, die, wie das Tagebuch belegt, während intensiver Auseinandersetzung mit den Werken von Dickens, Goethe und Kleist entstanden sind, Spuren literarischer Diskurse, Zitate und Anspielungen gesichert werden. Diese Zitationen aber sind vor allem auf ein poetologisches Interesse Kafkas zurückzuführen und beziehen sich bevorzugt auf traditionelle Künstlerkonzepte und -biographien. Es sind im "Verschollenen" zwei Traditionslinien, die den Text über das amerikanische Exil palimpsestisch grundieren: Zum einen werden biographische Details von Autoren eingearbeitet, insbesondere von Goethe und dem Freiheitskämpfer und Dichter Körner, so daß das frühe Fragment Kafkas als versteckte Künstlerbiographie gelesen werden kann. Karl ist ein Künstler, obgleich, oberflächlich betrachtet, seine Kunstbemühungen banalisiert oder sogar dementiert werden - er spielt Soldatenliedchen, er will nicht Schauspieler werden, sondern technischer Arbeiter. Die andere Traditionslinie, die ebenfalls im Zeichen einer Künstlerinitiation eingearbeitet wird, ist eine mythologische; in Kafkas Romanfragment werden Mythen wie die des Prometheus und des Musenpferdes Pegasos aufgenommen, zu ironischen Details verdichtet.
Unbekannte Essays von Robert Musil : Versuch einer Zuweisung anonymer Beiträge im "Losen Vogel"
(2001)
Nicht mit einer Signatur oder vergleichbaren "Zeichen" versehene d.h. anonyme Erscheinungen sind in einer Zeit der Namen eine besondere Herausforderung. In den bildenden Künsten hat sie neben Hilfsnamen wie "Meister mit den Bandrollen" oder "Petrarca-Meister" zu einer Fülle von Attributionen geführt; vor allem, weil der Markt, auf dem die Gier einzelner und der Museen nach großen Namen den großen Preis macht, danach lechzt; so dass sich der Betrachter eines Rembrandt, van Gogh usw. nicht zu Unrecht immer wieder einmal fragt, ob das stolz von einer Galerie herausgestellte Bild denn auch tatsächlich echt sei; und weil er überdies weiß, wie auch in jüngster Zeit renommierte Museen und Auktionshäuser mit ausgewiesenen Experten auf Fälschungen hereinfielen und statt durch Forschung durch bloßen Zufall dahinter kamen. Oder weil er weiß, dass die zahllosen Zuschreibungen zahlreiche Abschreibungen nach sich zogen, etwa die Anzahl der erhaltenen eigenhändigen Gemälde Rembrandts sich von 1935 festgestellten über 600 zunächst um ein rundes Drittel und inzwischen nochmals verringert hat. - Ohne jeden Zweifel: Wäre der "Lose Vogel" eine Sammlung 1911 bis 1914 entstandener und erworbener Gemälde, noch das kleinste davon wäre längst attribuiert und die Attribution diskutiert. Im Wissen um die Probleme des Attribuierens auf dem Gebiet der bildenden Künste habe ich die Herausforderung angenommen und bin das Wagnis eingegangen. Ein Teil der hier mitgeteilten Attributionen ist skizzenhaft entstanden im Zusammenhang mit den textkritischen Untersuchungen zu Kafka. Bei der Rolle, die Blei für Kafka spielt, musste dabei auch die Zeitschrift der Anonymen "Der Lose Vogel" genauer angesehen werden; denn viele der jungen Leute, die Blei gefördert hat oder die mit ihm in Kontakt waren - Carl Einstein, Karl Klammer, Robert Musil, René Schickele, Kurt Tucholsky u. a. – wählen wie Blei selbst irgendwann einmal ein Pseudonym, ein Kryptonym oder die Anonymität.
Nessuno scrittore più di Franz Kafka si è inoltrato in quel "mondo inconoscibile" che è la zona di transizione tra l'umano e il bestiale, tra la cosiddetta natura e la cosiddetta cultura, tra la inconsapevolezza e la consapevolezza. L'intera opera kafkiana si muove sotto il segno del passaggio tra animalità e umanità, in una sorta di "assalto al limite". Basterebbe ricordare quel capolavoro che è il racconto La metamorfosi (Die Verwandlung), del 1912, per sottolineare la centralità di questo motivo. Ma, già se si dà un'occhiata ai titoli dei racconti più brevi, come La tana (Der Bau, 1923), Giuseppina la cantante, ossia il popolo dei topi (Josefi ne, die Sängerin oder das Volk der Mäuse, 1924), Indagini di un cane (Forschungen eines Hundes, 1922), ci si rende conto di quanti "quasi animali" affollano la letteratura kafkiana. Le Erzählungen annoverano una nutrita popolazione di fi gure bestiali: insetti, cani, topi, martore, scarafaggi, pantere, avvoltoi, cavalli, talpe, cani, gatti, cornacchie, cammelli e scimmie. Niente di nuovo se si pensa alla favola classica, da Esopo o Ovidio a La Fontaine, che pullula di metafore feriomorfe. E tuttavia – come ha giustamente osservato Günther Stern/Anders nella sua magistrale interpretazione di Kafka pubblicata nel 1951 –, sussiste rispetto alla visione kafkiana una sostanziale differenza. In ambito classico lo scambio tra uomo e animale aveva una chiara funzione didascalica: quella di dimostrare come gli uomini siano animali.
Traduzir Franz Kafka
(2011)
De facto, a palavra escrita representa para Kafka qualquer coisa de sagrado. Daí, o célebre “aforismo”, “Schreiben als Form des Gebetes”, a “escrita como forma de oração”. Esta escrita “como forma de oração” passou, daí em diante, a representar para mim, como adolescente que era, “a leitura como forma de oração”. A leitura passou a ser para mim algo de especial e, a partir daí, fiz de Kafka e da sua escrita uma espécie de diapasão para o que devia ou não devia ler. Nessa altura, estava ainda longe de pensar que viria alguma vez a traduzir Kafka, muito menos a referida “lenda”. Entre o convite feito pelo falecido editor da Assírio & Alvim, Manuel Hermínio Monteiro, para traduzir o romance “O Processo” e as recordações do meu primeiro contacto com a obra de Kafka mediaram cerca de vinte e cinco anos de convívio quase diário com a obra do autor. Estes longos anos de leitura de Kafka nunca criaram em mim o desejo, nem sequer íntimo e secreto, de o traduzir. Quando, em 1997, subitamente me vi perante um convite para traduzir o romance “O Processo”, a minha primeira reacção foi dizer “não”! E a razão talvez tivesse sido a importância que atribuía àquela escrita singular de Kafka, que, não obstante ser simples e transparente em termos formais, tinha algo que a aproximava da perfeição.
Im Folgenden werde ich auf Texte von zwei Autoren eingehen, in denen das genaue Hinhören und das leise Rauschen zentrale Motive sind und zum Anlass für Schock und nervlichen Zusammenbruch werden. Es sind Erzählungen von Poe und Kafka, in denen das leise Ticken und Rauschen einer technisierten Moderne die Protagonisten heimsucht. Es ist wichtig für meine vergleichende Diskussion der beiden Texte, dass hier Geräusch nicht nur auf der Plotebene eingebettet ist, sondern auch in beiden Fällen an den medienhistorischen Kontext anschließt; in ihm sind das Ticken und Pochen in Poes Texten und das Rascheln und Rauschen in Kafkas Erzählungen zu verorten.
Wenn es in Franz Kafkas Erzählung 'Eine kaiserliche Botschaft' (1919) gegen Ende heißt: "Niemand dringt hier durch und gar mit der Botschaft eines Toten", so ließe sich dies als das Scheitern eines erwünschten Nachlebens verstehen, erwünscht in Form einer nach dem eigenen Tod bei jemandem ankommenden Botschaft; als das Scheitern einer erwünschten Souveränität, die einen Toten, und sei er auch Kaiser gewesen, offenbar nicht länger auszeichnet. Am Ende der folgenden Überlegungen aber wird eine andere Lektüre stehen: Sie resultiert aus der Frage nach den Bedingungen, Praktiken und Effekten eines Schreibens, das die Idee der Souveränität in bestimmter Weise verfolgt, nämlich hinsichtlich der Organisation des Nachlebens, des Sich-Heranschreibens an die Grenze des Todes, des Sich-selbst-Überlebens - ein testamentarisches Schreiben also. Damit ist zunächst eine juristisch relevante Form bezeichnet: das Testament, das heißt eine konkrete Praxis der Adressierung an die Nachwelt. Diese Praxis ist sowohl institutionalisiert als auch individualisiert, und ihr eignet eine grundlegende Literarizität, nicht nur in formalästhetischer Hinsicht, sondern auch bezogen auf ihren Imaginations- und Fiktionalitätsstatus, der aus der Schreibhaltung des "ich bin tot" herrührt. Dies sei im Folgenden anhand eines etwas grob verfahrenden Cursus entwickelt, dessen erster Teil zum "Testament als Medium der Souveränität" zunächst im antiken römischen Recht einsetzt und dann zu Jean Paul springt; dessen zweiter Teil sich "das testierende Ich" vornimmt; und dessen dritter Teil sich den theoretischen und literarischen 'double binds' eines Testaments und eines "desire to speak with the dead" widmet.
Ein wichtiger Ansatzpunkt zum Verständnis von Kafkas Roman "Das Schloss" liegt in der bislang zu wenig beachteten Korrespondenz zwischen der geistigen Verfassung des Protagonisten auf der einen und den äußeren Strukturen auf der anderen Seite - ein Zusammenhang, für den sich im zeitgenössischen Wissenschaftsdiskurs auffällige Parallelen finden. Bereits für die "Beschreibung eines Kampfes" konnte von Barbara Neymeyr aufgezeigt werden, dass zeitgenössische Debatten aus den Bereichen Psychologie und Psychiatrie in Kafkas Werk größere Spuren hinterlassen haben, als bislang wahrgenommen wurde. Dies gilt in besonderem Maße auch für das "Schloss": In der Debatte um den Hypnotismus findet sich mit dem Dipsychismus ein dynamisches Modell, vor dessen Hintergrund sowohl die Topografie als auch entscheidende inhaltliche Szenarien des Romans verständlicher werden. Insbesondere das grundlegende Strukturprinzip des Romans, das Ineinander von äußerer und innerer Welt, wird hierin in bemerkenswerter Art und Weise vorgezeichnet.
The reading of Kafka's "Metamorphosis" that I propose on the following pages is based on two assumptions that are derived from widely divergent approaches to Kafka's writings. The first is the offspring of psychological interpretation and recognizes that homologous unconscious strategies are operative in the "Letter to his father" and Kafka's tale. Josef Rattner, writing about the "Ur-Situationen", the "primal situations" that Kafka experienced as a child and which produced in him his most basic psychological attitudes (Rattner calls them Grundhaltungen), concludes: "Kafka's life is an incessant attempt to cope with his father-experience. His father is at the base of his anxiety of life and his crippling hypochondria. … Sadism and masochism are distinctive features of Kafka's works."
Indem Benjamin die "Umkehr" als zentrales Element herausgreift – also das Verwandeln von Leben in Schrift und nicht von Schrift in Leben -, löst er Kafka aus einer nur auf das Judentum beschränkten Bedeutung und zeigt dessen Relevanz für das Verständnis von Geschichte überhaupt. Die Form des Kafka’schen Werks enthalte "Hinweise auf einen Weltzustand". Insofern tut sich in der Auseinandersetzung zwischen Benjamin und Scholem bezüglich der Frage von Heiligkeit und Schrift etwas Neues auf: Wie wahre Hoffnung nur für die Hoffnungslosen ist, so erscheint das Verständnis echter Heiligkeit als rein theologischer Kategorie durch die Erkenntnis der nicht mehr heiligen Schrift bedingt.
This chapter proposes the scar as a productive image to conceptualize the relation of speakers to the particular language otherwise called mother tongue, native or first language. Thinking of this relation in terms of a scar avoids the biopolitical implications of concepts derived from the context of family and birth that have, throughout the nineteenth and twentieth century, come to present language as basis of a nation state. The image of the scar also avoids the biographical normalization and linguistic hierarchization implied in the term first language, as both are equally important biopolitical strategies of forming individuals and communities. Thinking of the mother tongue in terms of a scar emphasizes the intensity of lasting formation and identification entailed by acquiring this particular language, and it highlights the violence inherent to these processes that tends to be covered up by the naturalizing and family-related imagery of native or mother tongue as well as by the favour implied in the term first language.
In Ralf Rulands Verfilmung der Kafka Erzählung "Ein Bericht für eine Akademie" werden verschiedene intermediale Markierungen verwendet, die eine Verweisstruktur zwischen literarischer Vorlage und Film aufbauen. Beispielsweise sind im Film Fotographien, Gemälde und Gegenstände zu sehen, die direkt oder indirekt auf Sprache und Inhalte der Erzählung Kafkas anspielen und eine sehr textorientierte Vorgehensweise des Regisseurs erkennen lassen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der gesamte Kafkatext als Monolog von einem Schauspieler gesprochen wird. Dennoch wählt man durch jede Bebilderung von Literatur eine spezifische Interpretation, die den Grad der fiktionalen Abstraktionsmöglichkeiten gegenüber dem Text reduziert und ihm eine zwar ebenfalls fiktionale, aber dennoch bildlich reale Ebene gibt. Das heißt jedoch nicht, dass der Rezipient einer Literaturverfilmung zwangsläufig einer abgeschlossenen und offensichtlichen Deutung eines Textes gegenüberstünde, die zu weiteren Anschlussüberlegungen einlädt.
Kafka war in der DDR kein Gegenstand der Poesie und Literaturwissenschaften allein. Spätestens seit der berühmten Kafka-Konferenz im tschechischen Liblice, im Mai 1963, war sein Werk ein Politikum, das kurioser Weise zeitweise sogar das Verhältnis zwischen den 'sozialistischen Bruderparteien' entzweite. In theoretischer Hinsicht war insbesondere der Versuch einiger tschechischer und westlicher Teilnehmer brisant, die Marx'sche Entfremdungsproblematik unter Inanspruchnahme des Prager Dichters auf den Sozialismus selbst zu beziehen. Insofern war es schon erstaunlich, dass Wolfgang Heise nur zwei Jahre später seinen, den Entfremdungsbegriff auf die DDR beziehenden Aufsatz 'Über die Entfremdung und ihre Überwindung' sogar in der 'Höhle des Löwen', nämlich in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie veröffentlichen konnte. Rückblickend gesehen stehen verschiedene Themen und Thesen Heises ganz im Einklang mit den in Liblice diskutierten: etwa dem von Ernst Fischer modifizierten Begriff des Realismus und der Hervorhebung "des Künftigen, des Möglichen, des wie ein Schimmer oder Schatten in die Gegenwart Fallenden, [einer] mitunter tiefere[n] Wirklichkeit als die mit Händen zu greifenden sogenannten Tatsachen". Folgt man Camilla Warnke, so hat es in der DDR keinen anderen Theoretiker gegeben, "der so eindringlich und so konsequent wie Heise seine Kritik am realen Sozialismus im Rückgriff auf das Marxsche Entfremdungskonzept formuliert hat und seinen Implikationen unter den neuen, nicht mehr privateigentümlichen Verhältnissen nachgegangen ist." Auf Kafka hatte Heise in seinem Aufsatz nur kurz, aber an signifikanter Stelle verwiesen: "Kafka hat an den Gittern der Ohnmacht gerüttelt".
In Carl Barks' 1963 comic strip "The Invisible Intruder", the bed becomes the main theme of the story. We get to know how Uncle Scrooge became a creative and successful entrepreneur. Since his parents were too poor to provide a proper sleeping place for their son, Scrooge had to sleep in a cabinet drawer. Therefore, Scrooge's only aim was to buy himself a bed. His capitalist creativity is, as he himself admits, driven by the "desire for a better bed." With the economic growth of his company, his bed becomes bigger too. But in the end, he throws out his enormous mattress because it is too sensitive to the vibrations caused by the money rammer in the money bin; and moreover, the investigation into the cause of the vibrations became far too expensive. Eventually, Scrooge is returning to his childhood bed: the cabinet drawer. What is striking about this story is not the idea that objects of everyday culture play a leading role within a narrative; it is the fact that the usual cultural function of furniture is altered in a significant way. The misapplication of the drawer draws attention to the object of everyday culture as signifier of the everyday experience in capitalist societies. The function of the bed is no longer defined by criteria of good sleep but of economic calculation. The bed thereby becomes an agency within the narrative that questions the stability of the cultural and linguistic semantics of the everyday. In the following, I will press the point that the representation of the bed in literary texts from Homer to Kafka can be read as an implicit linguistic theory of cultural signification.
Peter Weiss'ın Direnmenin Estetiği romanı tematik kurgusu içinde geçmişteki direnişleri belgeleyen sanat ve edebiyat eserlerini yeniden yorumlayan bir çizgi izlemektedir. Sosyalizmin pratiklerini içeriden eleştiren bu roman sosyalist gerçekçiliği de konu etmektedir. Bu kapsamda işçi perspektifinden yazılmış bir roman olan Klaus Neukrantz'ın Wedding Barikatları ile - sosyalist gerçekçilik çizgisinin dekadan (yozlaşmış) yazar kabul ettiği - Franz Kafka'nın Şato romanı arasında bir yakınlık ilişkisi kurmakta, Şato için 'işçi sınıfının romanı' ifadesini kullanmaktadır. Bu bağlamda Peter Weiss'ın sosyalist gerçekçiliği nasıl yorumladığı, sosyalist iktidarların sanat ve edebiyat üzerindeki denetimlerine itiraz etmesine rağmen sosyalist gerçekçilikte hangi değeri gördüğü ve Kafka’nın Şato romanına 'işçi sınıfının romanı' derken nasıl bir bağlantı kurduğu çarpıcı bir soru haline gelmektedir.
Bu makale, adı geçen iki eserin özelliklerini ve düzen karşısındaki konumlanmalarını karşılaştırmalı olarak incelemektedir; Direnmenin Estetiği'nde bu iki romanla ilgili bölümlerde, romanın genel kurgusu ve yaklaşımı dikkate alınarak değerlendirilmektedir. Bu incelemeyle, Peter Weiss'ın sosyalist gerçekçiliğe bakışındaki özgünlüğü ve bu bağlamda nasıl bir Kafka yorumu yaptığını göstermek amaçlanıyor. İncelemenin vardığı sonuç: Peter Weiss; Kafka'nın, mücadelenin hedefini gösteren sosyalist gerçekçiliğin eksik bıraktığı şeyi yaptığını, yani ezilenlerin kendi içsel yaşantılarını bulmalarını sağladığını düşünmektedir. Yine Direnmenin Estetiği'nde izlerine rastlandığı gibi, Peter Weiss hayatının önemli bir bölümünde kendini Kafka’nın dünyasında hissetmiştir. Bu da Kafka'yı Peter Weiss için önemli kılan bir başka unsurdur. Bu anlamda Direnmenin Estetiği romanı Franz Kafka, Klaus Neukrantz ve Peter Weiss'ın ortak noktalarının izini süren, üç kurgusal metnin iç içe geçtiği bir üst metin olarak görülebilir.
Franz Kafka manteve doze cadernos in-quarto ao longo de quatorze anos e fez neles o registro da sua peculiar existência. Conhecidos como seus diários íntimos, esses cadernos servem de valiosa fonte para a compreensão não apenas da vida do escritor como também – e especialmente – do seu legado literário. Não obstante, pouca atenção ainda é dada pela crítica e pela academia a esses textos como objeto exclusivo de investigação, ora pelo constrangimento exercido pelos resquícios das abordagens pós-estruturalistas, ora pela recepção e pela tradução a que se sujeitaram. Este artigo tem o propósito de apresentar um panorama desses doze cadernos, abrangendo sua origem, sua recepção, sua tradução, suas particularidades, sua estrutura e seu conteúdo. Por ser a crítica em nosso país tanto a respeito do gênero diário quanto dos cadernos in-quarto de Kafka escassa, essa apresentação pode auxiliar potenciais leitores e interessados nesses diários a contextualizá-los e consequentemente permitir o desenvolvimento de pesquisas mais aprofundadas acerca dessas notas.
Através da ideia de quimera, esse ensaio tentará compreender a constituição aberta do personagem Odradek, da narrativa curta "A preocupação do pai de família" de Franz Kafka. O interestante nessa construção literária seria o deslocamento (inclusive das possibilidades de expressão de gênero nas línguas) que Odradek impõe ao esforço constante do narrador (representante de grupos sociais específicos) em categorizá-lo e, por consequência, do leitor, que tentaria encerrá-lo num tipo fechado de interpretação. Odradek parece um tipo de ser incapturável pelas principais categorias, sejam elas literárias, biológicas ou sociais, que ajudaram a fundar a ideia de Modernidade.
O presente artigo busca investigar como a fotografia, técnica em expansão no início do século 20, se faz presente na escrita de "Contemplação" (1912), de Franz Kafka. A técnica se faz presente em outros textos em prosa do autor, mas em "Contemplação" Kafka incorpora a fotografia à escrita. Em cartas, o autor se refere ao conjunto de prosas curtas publicado em 1912 como um retrato pessoal muito mais fidedigno do que a própria técnica fotográfica seria capaz de produzir. A partir da análise textual da narrativa breve "O passageiro", ao lado das referências de Franz Kafka em seus "Diários e Cartas", desenvolve-se aqui a hipótese de que há uma íntima relação da escrita do autor com a nova técnica de então.
Seit den 1880er Jahren tauchen Hungerkünstler kometenhaft in der Öffentlichkeit auf. Mit Fug und Recht kann man von einer "Mode" sprechen, wie es Franz Kafka in seiner "Hungerkünstler"-Geschichte von 1922 getan hat, einer seiner "Geschichten vom Ende", vom "Verlöschen und Verschwinden des Menschlichen", die der Kehrseite von Mode, dem Umschlag ins Vergessen zugewandt war. Über eine Generation hatten sich Hungerkünstler auf Jahrmärkten, im Zirkus und in Varietés präsentiert. Zeitungsmeldungen schürten die Sensationslust des Publikums und auch die Neugier der Wissenschaftler. So erforschte der Physiologe und Anthropologe Rudolf Virchow in Berlin im Beisein von Fachkollegen und Assistenten vor Ort Zustand und Entwicklung des Francesco/Francisco Cetti, bevor der berühmte Hungerkünstler sich öffentlich zur Schau stellte.
Heute sind es die Literatur- und Kulturwissenschaftler, die, maßgeblich angetrieben von Kafkas Geschichte, sich diesem sonderbaren Phänomen widmen; zumeist auf den Schultern von Gerhard Neumanns bahnbrechenden Untersuchungen und den Recherchen von Kafka-Forschern wie Walter Bauer-Wabnegg oder Hartmut Binder. Alles scheint inzwischen gesagt und entdeckt. Gleichwohl lassen sich noch immer Funde machen, womit allerdings nicht behauptet werden soll, dass die hier präsentierten fünf Zeitungstexte einen direkten Einfluss auf Kafka ausgeübt hätten.
Rezensionen zu:
- BINDER, Hartmut (2007): Mit Kafka in den Süden. Eine historische Bilderreise in die Schweiz und zu den oberitalienischen Seen. Prag: Vitalis, ISBN 978-3-89919-058-8, 418 S.
- BINDER, Hartmut (2008): Kafkas Welt. Eine Lebenschronik in Bildern. Reinbek: Rowohlt, ISBN
978-3-498-00643-3, 687 S.
- JAGOW, Bettina von/JAHRAUS, Oliver (Hrsg.) (2008): Kafka-Handbuch. Göttingen Vandenhoeck &
Ruprecht, ISBN 978-3-525-20852-6, 576 S.
- KOCH, Hans Gerd (2008): Kafka in Berlin. Eine historische Stadtreise. Berlin: Wagenbach, ISBN 978-3-8031-1252-1, 136 S.
- PRINZ, Alois (2007): Auf der Schwelle zum Glück. Die Lebensgeschichte des Franz Kafka. Frankfurt am Main: Suhrkamp, ISBN 978-3-518-45894-5, 392 S.
- SALFELLNER, Harald (2007): Franz Kafka und Prag. Prag: Vitalis, ISBN 978-3-89919-077-9, 336 S.
- SELG, Peter (2007): Rainer Maria Rilke und Franz Kafka. Lebensweg und Krankheitsschicksal im 20. Jahrhundert. Dornach: Pforte, ISBN 978-3-85636-175-4, 292 S.
- STACH, Reiner (2008): Kafka. Die Jahre der Erkenntnis. Frankfurt am Main: S. Fischer, ISBN
978-3-10-075119-5, 729 S.
- WITTE, Bernd (2007): Jüdische Tradition und literarische Moderne. Heine – Buber – Kafka – Benjamin. München: Carl Hanser, ISBN 978-3-446-20845-2, 271 S. (S.141-204).
Erst in seinen letzten Lebensjahren in Berlin hat Kafka sich intensiver in Kursen der 'Hochschule für die Wissenschaft des Judentums' mit dem Talmud befasst: "Er hört in der Präparandie Professor Torczyner und Professor Guttmanns Vorträge über den Talmud. Er liest leichtere hebräische Texte. Nur dieser Kurse wegen kommt er regelmäßig aus dem stillen Vorort nach Berlin." Aus dieser Erfahrung heraus schrieb Kafka Ende 1923 an Robert Klopstock: "Daß Sie in die Iwriah gehen wollen, ist sehr gut, vielleicht nicht nur in die Hebräischkurse, sondern auch zu der Talmudstunde (einmal wöchentlich!, Sie werden es nicht ganz verstehn, was tut es? Aus der Ferne werden Sie es hören, was sind es sonst, als Nachrichten aus der Ferne)." Was aber heißt bei Kafka 'aus der Ferne'? Wäre nicht auch 'Eine kaiserliche Botschaft', hätte sie den Adressaten erreicht, aus der Ferne gekommen?
Mauscheln
(2018)
Der Begriff 'Mauscheln' ist paradox: er existiert in keiner anderen Sprache als im Deutschen und ist unübersetzbar. Als Fremdwort wird er zumindest im Englischen gebraucht, doch aus dem deutschen Wortschatz ist er heute verschwunden, zumindest soweit dieser ein öffentlicher ist. 'Mauscheln' ist verpönt, obwohl der Begriff seit dem 17. Jahrhundert weit verbreitet war. Als Ausdruck des "Verhältnisses zwischen Juden und Christen in Deutschland" haften ihm antisemitische Stereotypen über den betrügerischen Juden an. Seine Geschichte hält die Erfahrung fest, dass die "Verfolgung und Vernichtung der Juden durch sprachliche Agitation vorbereitet" wurde. Sie geht allerdings nicht in dieser Erfahrung auf.
In der Literatur jüdischer Autoren des letzten Jahrhunderts steht die Darstellung des Martyriums in drei spezifischen, sehr unterschiedlichen Kontexten: in Werken der literarischen Moderne, die die Übernahme der religiösen Traditionen verhandeln - hierzu gehört wohl auch noch Philip Roths Erzählung - im Umkreis der Literatur in und nach Auschwitz und in literarischen Texten zur Geschichte oder Befindlichkeit des Staates Israel. Am Beispiel eines literarischen Bezugs auf die Märtyrertradition aus jedem dieser Umfelder - im Werk Franz Kafkas, Nelly Sachs' und David Grossmans - gilt es nunmehr, jeweils die Korrelation von Verschriftung und interreligiösem Subtext herauszulesen.
Wie keine andere kulturelle Handlung spiegelt das Tätowieren eine intentionale Ästhetisierung des menschlichen Körpers, zwischen individueller (und damit hoch-persönlicher) Schönheitsvorstellung auf der einen und öffentlicher (Selbst-)Inszenierung auf der anderen Seite schwankend. Die Haut wird dabei – quasi lebenslang beschrieben – zum Medium der Erinnerung. Zwar wurde bereits in der Antike 'tätowiert', der heutige Begriff sowie die 'Wiederentdeckung' dieser Praxis geht allerdings auf die Forschungs- und Entdeckungsreisen des 18. Jahrhunderts zurück, in denen Europäer mit fremden Kulturen in Kontakt kamen, die solche Verfahren mit einem ästhetischen oder rituellen Hintergrund praktizierten. So übernahm James Cook in seinen Aufzeichnungen den samoanischen Begriff "tatau", etymologisch die Grundlage für "to tattoo" und das deutsche "tätowieren". Inzwischen gilt die Modifikation des eigenen Körpers durch eine Tätowierung längst nicht mehr als 'verrucht' und stellt ebenso auch keine Ausnahmeerscheinung mehr dar, was sich vor allem an der explosionsartig gestiegenen Zahl von Tattoo-Studios in der Bundesrepublik ablesen lässt – und so trägt in Deutschland heute (konservativ geschätzt) etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung und 23 Prozent der 16- bis 29-Jährigen mindestens ein Tattoo auf der Haut. Aber längst nicht jede Tätowierung ist auch der Ausdruck des eigenen Schönheitsempfindens oder eine vom Träger intentional auf dem Körper eingeschriebene Botschaft. Denn bereits in der griechischen Antike wurde das Verfahren auch dazu benutzt, Sklaven zu markieren, Besitzverhältnisse und damit ihre Unfreiheit auf der Haut einzuritzen; diese entpersonalisierende Markierung setzt sich mit der Häftlingstätowierung in Gefängnissen und schließlich den nationalsozialistischen Konzentrationslagern fort, die vor allem in literarischen Texten des Shoah-Diskures aufgegriffen und verhandelt wird.
Menschliches Leben vollzieht sich notwendigerweise mit Hilfe des Gebrauchs von Dingen. Versteht man unter Dingen - in bewusster Umgehung aller definitorischen und philosophischen Abgrenzungsprobleme - alle natürlichen und artifiziellen Entitäten, die unbelebt, sprachlos und mobil sind, dann kann man insgesamt vier Bereiche von Dingen identifizieren, die für menschliche Handlungen zentral sind: 1. der Bereich des Körpers (hierher gehören die Unterbereiche von Wohnen, Kleiden, Essen und Sport mit Dingen wie Möbeln, Essgeschirr und etwa Schlägern und Bällen), 2. Kommunikation und Verkehr (hierher gehören neben Autos, Telefonen und Büchern auch Spiele, Musikinstrumente, Bilder und Kunst), 3. Krieg (Waffen) und 4. schließlich die Arbeit (mit der ganzen Fülle von Instrumenten und Werkzeugen). Selbstverständlich gibt es Mischformen, Steine etwa können zum Wohnen gehören, wenn aus ihnen die Wände der Häuser gebaut werden, zum Krieg, wenn eine Steinschleuder zum Einsatz kommt, oder zur Arbeit, wenn Mauern oder Pyramiden gebaut werden oder einfach alle Werkzeuge aus Stein sind, wie in der Steinzeit.
After studying the way in which various modern interpretations (political, psychoanalytic, traumatological) of Homer analyze the emotions aroused and/or conveyed by the song of the sirens, we will look at the "self-reflexive" interpretation that Maurice Blanchot ("Le Livre à venir", 1959) proposes of "Odyssey's" "Song XII". We will see that this interpretation can provide an excellent reading grid for modern rewritings of the episode, which overinvest one of the emotional aspects of the sirens' song - that is, the emotion of the language that goes out of itself in order to become music (in Joyce - "Ulysses", 1918-1920) or silence (in Kafka - "Das Schweigen der Sirenen", 1917).
Kafka und die Weltliteratur
(2005)
Tagungsbericht zum internationalen Symposion an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, vom 20. bis 23. September 2004
Die Veranstalter des Saarbrücker Symposions 'Kafka und die Weltliteratur', Manfred Engel (Saarbrücken) und Dieter Lamping (Mainz), wußten, daß sie mit ihrer Tagung die vielfältigen Differenzen innerhalb der Kafka-Forschung nicht würden ausräumen können. Wohl aber hofften sie, die schmale Konsensbasis der Kafka-Forschung durch einen neuen Zugangsweg zu vergrößern: Statt den Autor, wie schon so oft, als (bewunderten) Einzelgänger innerhalb der klassischen literarischen Moderne zu betrachten und alle Anstrengungen auf eine Deutung der Einzeltexte zu konzentrieren, ging es in Saarbrücken erstmals darum, Kafkas Dichtungen in komparatistischer Hinsicht zu kontextualisieren.
Aus Kafkas Berliner Zeit, die im September 1923 mit so vielen neuen Impulsen und Hoffnungen begonnen hatte und ein halbes Jahr währte, ist nur die Erzählung "Eine kleine Frau" erhalten (deren Reinschrift er noch in Berlin seinem neuen Verlag Die Schmiede überlassen hatte) und was er aus einem unmittelbaren Interesse heraus bei seiner Rückreise nach Prag am 17. März 1924 mitnahm. Weil der auf den 7. März 1924 datierte Vertrag über einen "Novellen"-Band lediglich die schon früher gedruckten "Ein Hungerkünstler" und "Erstes Leid" sowie die vor kurzem entstandene "Eine kleine Frau" nennt, die später in sehr großräumigem Satz nur rund 50 Seiten umfassen und damit noch kaum ein Buch darstellen, ist anzunehmen, dieser Vertrag sei von vornherein so verstanden worden, dass weitere Erzählungen hinzukommen könnten.
Kafka in der Türkei : Transkription des Literaturworkshops mit dem Kafka-Biografen Reiner Stach
(2019)
Die Abteilung für Germanistik an der Hacettepe Universität (mit Unterstützung des Goethe-Instituts Ankara) lud am 02. November 2018 Studierende zu einem Kafka-Workshop mit Dr. Reiner Stach ein. Reiner Stach hat mit seiner Kafka-Biographie die Möglichkeiten der literarischen Biographie neu ausgelotet. International gilt sie längst als die definitive Biographie Kafkas. Ergänzt hat Reiner Stach sein Opus magnum nun um den Dokumentationsband "Kafka von Tag zu Tag". Basierend auf Stachs jahrzehntelangen Forschungen erlebt man als Leser, was Tag für Tag in Kafkas Leben geschah: in seiner Familie, seinem Freundeskreis bis hin zu weltpolitischen Ereignissen seiner Zeit. Ein einzigartiges Dokument, das eine schier unendliche Fülle an Material übersichtlich und beeindruckend ordnet und so das Leben und die Zeit des großen Autors unmittelbar erfahrbar macht.
Ao desconstruímos, neste ensaio, o conceito Monstruosidade apresentamos as pretensões dos "níveis de malevolência" nos estereótipos da feiura advindos de personificações tais como o Golem, o Ciclope ou as personagens bestiais made in Hollywood - em sua maioria, discursos preconceituosos contra a Alteridade. Dito isso, o problema do mal será considerado aqui a partir da condição de inescapabilidade em face de imensos acontecimentos, dentro dos quais o homem se encontra implicado - disso conceituamos Monstruosidade em correlação com o Mal e o Inescapável. Assim, este texto objetiva investigar tal conceito na imanência dos acontecimentos de "A Metamorfose", de Franz Kafka. Para isso, nossas hipóteses são: a) a Monstruosidade se configura tanto mais quanto maior for à inescapabilidade dos fatos nos quais os homens são vitimados; b) o homem não é monstro nem algoz em si, mesmo que se revista de fealdade de aparência; c) o Mal se constitui através dos acontecimentos caudalosos e sequenciados da história humana nos quais os homens se engajam; d) inocência e culpa se constituem em arbitrariedades no regime de monstruosidade. Assim, efetuamos uma pesquisa textual de cunho filosófico e literário, sobre o texto de Kafka em busca destas questões.
The present essay engages with the short story 'The Burrow', written by Franz Kafka between 1923 and 1924, a few months before his death. The ambiguity of the original title, 'Der Bau', which defies translation by pointing at the same time at a construction and an excavation work, anticipates the multilayered image of the burrow itself. While both nature and function of the burrow are hard to pinpoint (is it a dwelling, a shelter, a fortress, a labyrinth, a ruin?), the initially reported success of its construction is revealed as illusory, thus prompting the ongoing first-person narration of the incessant builder's work. Similarly unsuccessful is any attempt of the reader to attain metaphorical closure. In the light of other impossible, i.e., unfinished, bound-to-fail, ruinous, or selfdismantling structures portrayed by Kafka, as well as on the background of coeval texts by Paul Valéry and Georg Simmel, the essay investigates the wide and deep significance of the burrow’s countering the classical ideal of architectural wholeness.
Franz Kafka'nın Dava'sının Melih Cevdet Anday'ın İsa'nın Güncesi adlı romanına etkisi açık olmakla birlikte, incelenen romanlar arasındaki ilişki, basit bir esinlenmenin ötesinde, eserlerin kaleme alındığı dönemlerdeki toplumsal ve hukuki sorunların özüne ilişkin benzerlikle dikkat çekmektedir. Romanların karşılaştırmalı analizi, modernitenin, toplumsal farklılıklar ve iki roman arasındaki altmış yıla rağmen, değişik kültürlerde hukuk felsefesine ilişkin benzer sorunlara yol açtığını göstermektedir. Ulus devletlerinin kurulması ve demokrasinin gelişmesiyle ortaya çıkan kriz kalıcı olmuş, dünya savaşları ve askeri darbeler arasında olağan hâle gelen olağanüstü hâl modern dönemin hukuki durumu hâline gelmiştir.
Kafka war gewiß kein Verkünder des nervösen "Fin de siècle" (dazu war es um 1911 bereits zu spät) und auch wenn er wie viele intellektuelle Zeitgenossen dem Modethema Nervosität einige Aufmerksamkeit schenkte, so war er doch in erster Linie: ein nervöser Patient. Und als solcher begab er sich in ärztliche und heilpraktische Behandlungen, wo man ihm sehr bald das zugehörige Krankheitsbild bestätigte - Neurasthenie. Die nervöse Karriere des Schriftstellers und Unfallversicherungsbeamten Franz Kafka ist aus den gängigen Biografien bekannt. Sie bietet reichlich Einblicke in die Szenarien gesellschaftlicher Heilpraxis nach 1900, in die Diskussionen um Krankheit, pathologische Zustände und Minderwertigkeit, aber auch in die individuelle Verfassung des Autors Kafka, seine Selbstwahrnehmung und seine Schreibobsessionen. Doch zunächst: Was bedeutete eigentlich Neurasthenie? Die Frage führt uns in nuce in die Aporien ihrer Beantwortung; dennoch muß sie gestellt werden, um die Tragweite ihrer Formulierung zu bestimmen. Wir wohnen der begrifflichen Auseinandersetzung eines Krankheitsbildes bei, das in den Jahren Kafkas eine erstaunliche Entwicklung nahm. Joachim Radkau spricht im Zusammenhang der Jahre 1880-1914 von der "Epoche der Nervosität".
In einem nachgelassenen Heft Franz Kafkas fand ich folgende Fabel: "Von Prometheus berichten vier Sagen: Nach der ersten wurde er, weil er die Götter an die Menschen verraten hatte, am Kaukasus festgeschmiedet, und die Götter schickten Adler, die von seiner immer wachsenden Leber fraßen. Nach der zweiten drückte sich Prometheus im Schmerz vor den zuhackenden Schnäbeln immer tiefer in den Felsen, bis er mit ihm eins wurde. Nach der dritten wurde in den Jahrtausenden sein Verrat vergessen, die Götter vergaßen, die Adler, er selbst. Nach der vierten wurde man des grundlos Gewordenen müde. Die Götter wurden müde, die Adler wurden müde, die Wunde schloß sich müde.
Blieb das unerklärliche Felsgebirge. - Die Sage versucht das Unerklärliche zu erklären. Da sie aus einem Wahrheitsgrund kommt, muß sie wieder im Unerklärlichen enden."
Schließt Kafka damit die Akten über den Fall Prometheus? War das Resultat der großen Rebellion kein anderes, als wäre nichts gewesen? Oder formuliert dieser fast nüchterne Bericht im Paradox die Sehnsucht, jene Erinnerung ins Künftige zu retten? Spricht hier ein gekreuzigter Prometheus, ein Prediger des Schlosses oder dessen letzter Untertan? Rollt hier ein Prozeß der Trivialisierung ab, der Verwandlung der heroischen Tragödie ins Nichtige - wer erleidet und wen entlarvt und verlacht diese Komik: Gegenstand, Richter oder Opfer des Prozesses, das Publikum oder alle miteinander?
Ist die Sage, die vergangenes Geschehen mythisch berichtet, nur Illusion? Kapituliert hier historische Erinnerung vor der stummen, unbegreiflichen, immerwährenden Natur des Felsgebirges? In der alten Sage wurde Prometheus, der Helfer der Menschen, von Herakles befreit. Ist hier keine Hoffnung mehr?
Franz Kafka: raízes
(1997)
This text attempts to follow the roots of Franz Kalka's works, looking for them in different concentric and excentric circles. A first and narrow circle is made up of Kafka's family, with the domineering figure of the authoritarian father. A second and wider circle is that of the Jews in Prague, condemned to a position of outsiders. This condition is also that of the third and still wider circle, that of the German speaking population of Prague at the beginning of the century. The roots that emerge from these circles are conditioning factors for Kafka's own position as an outsider, but at the same time they enable him to take on the role of the poet as prophet.
Franz Kafka Almanca yazılan edebiyat içinde dünyada en çok okunan ve eserleri en çok yorumlanan yazarlardan biridir. Farklı dillere çevrilerek uluslararası büyük yankı bulan Kafka'nın eserlerinin Türkçe'ye çevrilmesi Türkiye'de 1950'li yıllarda başlar. Türkiye'deki Kafka alımlanmasının temelini oluşturan bu çevirilerin aynı zamanda Türk Edebiyatı ve entelektüel dünyanın gelişimini devamlı etkilediği görülür. Türkiye, kültürel ve toplumsal yapısı itibarıyla Franz Kafka'nın doğup büyüdüğü ve sosyalleştiği ortamdan birçok açıdan farklılık gösterir. Bu farklılığa bağlı olarak ortaya çıkan alımlanma şartları Kafka ve eserlerini anlama ve yorumlamada da farklılıkları beraberinde getirir. Bu kapsamda bu makalede amaç Franz Kafka ve eserlerinin Türkiye'deki alımlanmasını, alımlanma süreci ile birlikte Kafka'nın eserlerinin Türk okuyucusu ve Modern Türk Edebiyatı üzerine etkisi, ülkenin tarihsel, kültürel, toplumsal ve siyasi gelişimleri de dikkate alınarak incelemektir.
Fantastik und Möglichkeitssinn : zur literarischen Organisation des Wissens bei Kafka und Musil
(2007)
Ich möchte mich im Folgenden mit Texten beschäftigen, die alle drei genannten Tendenzen aufweisen, ohne dass sie sich dem Genre der Utopie oder Dystopie zurechnen ließen. Diese literarischen Texte greifen die wissenschaftlichen, technischen, politischen, ökonomischen und verwaltungstechnischen Diskurse ihrer Zeit auf, deformieren sie aber gleichzeitig dadurch, dass sie sie mit poetischen überblenden. Indem die außerliterarischen Diskurse neu organisiert und arrangiert werden, werden sie gleichzeitig verfremdet: Sie erhalten Funktionen, die von ihren ursprünglichen radikal abweichen. Eben durch diese Verschiebungen und Verzerrungen können diese Diskurse überhaupt erst als solche erkannt und reflektiert werden. Franz Kafkas und Robert Musils Werke belegen dies auf ihre je eigene, aber in jedem Fall eindrucksvolle Weise. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Wissen ihrer Zeit in seiner ganzen Vielfalt in sich geradezu aufsaugen, diese Wissenselemente aber auf eine sehr eigenwillige Art zueinander in Beziehung setzen. Wissensbestände dienen ihnen als Materialien für fundamentale Neukonstruktionen. Das soll im Folgenden an einigen markanten Beispielen demonstriert werden.
Exil und Migration : minoritäres Schreiben auf Deutsch im 20. Jahrhundert - von Kafka bis Zaimoglu
(2012)
Die Begriffe 'Exil' und 'Migration' miteinander in Beziehung zu setzen erscheint zugleich zwingend und erklärungsbedürftig. Zwingend ist es aus systematischen Gründen, denn wer freiwillig oder gezwungenermaßen seine Heimat verlässt um ins Exil zu gehen, der wandert aus und wird zum Migranten. Für viele der nach 1933 vor den Nationalsozialisten Geflohenen begann mit der Flucht oder Vertreibung eine fundamental unsichere Zeit des Unterwegsseins, die in dem Maße wie sich der nationalsozialistische Herrschaftsbereich ausdehnte immer neue Ziele und Aufenthaltsorte bedeutete. Fast alle Migrantinnen und Migranten haben nach der Vertreibung, dem Verlust ihres bisherigen Daseins, extrem schwierige Arbeits- und Lebensbedingungen vorgefunden. Den Kunstschaffenden, vor allem den Schriftstellern, fehlte mit einem Schlag das muttersprachliche Umfeld und ein entsprechendes Publikum, was viele in ihrer intellektuellen und wirtschaftlichen Existenz bedrohte.
Das alles ist bekannt. Erklärungswürdig ist die Rede von 'Migration' gegenüber dem in der Forschungstradition häufigeren Begriff 'Emigration'. 'Migration' betont den Prozesscharakter des Auswanderns, was historisch plausibel ist und, darum soll es im Folgenden gehen, neue literaturgeschichtliche und literaturtheoretische Anschlussmöglichkeiten eröffnet. Die Beschäftigung mit den Texten, die unter den schwierigen Bedingungen des Exils entstanden sind, hat in der Nachfolge der Pionierarbeit von Walter A. Berendsohn innerhalb der Germanistik einen eigenständigen Forschungszweig hervorgebracht, dessen Institutionalisierung fortwährend von Methodendiskussionen begleitet worden ist.
Im Folgenden sollen zwei literarische Freundschaftsgeschichten fokussiert werden, deren Kern in einer gewissen Zufälligkeit des Freundschaftsbundes besteht. Freundschaft erwächst bei so unterschiedlichen Autoren wie Baudelaire und Kafka aus einer Ethik der Täuschung, die im Zeichen des Bösen zu stehen scheint. Dem allgemeinen Verständnis nach beruht Freundschaft auf Gemeinsamkeit, auf Geschichte, auf Erinnerung. Die Protagonisten bei Baudelaire und Kafka kennen nichts von dem: Der Freund, von dem sie je erzählen, erscheint als zufälliger Einbruch in die Welt des literarischen Subjekts.
Schon bei einer rein lexikalisch orientierten Lektüre von Kafkas Erzählung 'Das Urteil' drängt sich die Hypothese auf, dass die Semantik des 'Verkehrs' das Sinnzentrum dieser Novelle bildet: Kumulativ und mit einer geradezu pointenhaften Zuspitzung verdichtet sich der Kern des narrativ gestalteten Konflikts in diesem Wortfeld und lädt zu einer Analyse ein, die Rekurrenz als Varianz (im Sinne einer metamorphotischen Wiederkehr des Verdrängten) verstehbar macht. Eine Analyse der 'Verkehrs'-Semantik in Kafkas Urteil, die in der Forschung bislang noch nicht unternommen wurde, scheint daher lohnend. Stehen das leitmotivisch wiederholte mot-clé 'Verkehr' bzw. seine Synonyme doch offenbar für das Sinn-Zentrum der Erzählung und erfüllen damit jene Funktion, die dem 'Falken' im Rahmen der traditionellen Novellen-Typologie zugeschrieben wird: die kognitive Funktion, eine zunächst verborgene oder verschlüsselte Botschaft verstehbar zu machen. Dabei ist es keineswegs damit getan, die übliche Semantik des Wortes 'Verkehr' lexikologisch aufzufächern, vielmehr ergibt sich - so meine These - die 'Bedeutung' dieses Wortes im Urteil erst aus dem Zusammenspiel affiner und assoziativ vernetzter bzw. kontaminierter Semantiken, die für diesen und nur für diesen Einzeltext charakteristisch sind.