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Staaten sind nicht gleich. Sie unterscheiden sich in Größe, innerer Verfassung und äußeren Beziehungen. Dennoch gibt es gute Gründe, auf die Fiktion der Gleichheit zurückzugreifen, wie es das moderne Völkerrecht vielfach tut. Dieses moderne Völkerrecht wiederum ist maßgeblich ein Produkt europäisch-amerikanischen Rechtsdenkens. Harald Kleinschmidt hat ein kleines, aber gehaltvolles Buch geschrieben, in welchem nicht etwa ein weiteres Mal emphatisch der Wert der juristischen Fiktion herausgehoben wird oder rechtstatsächliche Ausweitungen des Gleichheitspostulats angemahnt werden, im Gegenteil: Kleinschmidt widmet sich dem fragwürdigen Gebrauch und offenkundigen Missbräuchen dieser Gleichheitsfiktion im völkerrechtlichen Vertragswesen des 19. Jahrhunderts. Die "Ungleichen Verträge", von denen auch der Buchtitel spricht, bezeichnen dabei nicht allgemein eine Gattung im völkerrechtlichen Vertragswesen, sondern meinen speziell eine Fallgruppe ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, die die geografisch auf Fernost fokussierte Studie tatsächlich auch untersucht. Dieser inhaltliche Bezug wäre klarer geworden, wenn die Formel konsequent in Majuskeln wiedergegeben worden wäre, wie es typografisch sonst vielfach geschieht. ...
Man erwartet einen der spannendsten Briefwechsel der deutschen Staatsrechtslehre des 20. Jahrhunderts, den zwischen der großen "bête noire" Carl Schmitt und seinem neben Ernst Rudolf Huber wohl bedeutendsten Schüler Ernst Forsthoff. Erhalten sind Briefe, Briefentwürfe, Postkarten und Telegramme, 218 von Forsthoff und 141 von Schmitt. Doch ist schon die Verteilungskurve dieser Korrespondenz merkwürdig. Die ersten 16 Nummern liegen in den Jahren 1926 bis 1934, dann folgen nur noch eine Gratulationskarte (1936) und ein Kondolenzbrief (1942). Mit anderen Worten: Fast die gesamte NS-Zeit bleibt eine große weiße Fläche. Das mag daran liegen, dass es im August 1933 eine schwere Störung des Verhältnisses gab, weil Forsthoff sich für die Unterstützung des "Halbjuden" Arnold Ehrhardt eingesetzt, Schmitt aber Hilfe verweigert hatte. Die Tagebücher scheinen dies, wie deren Herausgeber Wolfgang Schuller berichtet, zu bestätigen. Möglicherweise ist aber auch viel an kompromittierendem Material vernichtet worden. Vor allem Briefe von Schmitt fehlen, auch aus der Nachkriegszeit. Schon im ersten Brief von 1948 spielt Forsthoff auf einen vorhergehenden Brief Schmitts an ("meine Briefschuld Ihnen gegenüber"), den wir aber nicht kennen. ...
Hervorgegangen aus einem interdisziplinären wissenschaftlichen Symposion, bietet der vorliegende Band aufschlussreiche Einblicke in höchst unterschiedliche literarische sowie künstlerische Harzreisen und deren jeweilige ästhetische Reflexion in jener Epoche des Übergangs zwischen der europäischen Romantik und Moderne. Der Harz präsentiert sich den Herausgebern als ein facettenreiches regionales Kulturphänomen mit internationaler Außenwirkung und als literarischer Imaginationsraum sui generis, dessen kulturelle und metaphorische Transformationen es näher zu erforschen gilt. Dankenswerterweise setzt der Eröffnungsbeitrag von Rolf Parr gleich eingangs einen Akzent kritischer Selbstreflexion, indem er unterschiedliche historische Varianten von Regionalgeschichtsschreibung vorstellt und durchleuchtet. Auf diese Weise gelingt ihm überzeugend die Abgrenzung der gegenwärtig geläufigen und repräsentativen Neuansätze innerhalb der Erforschung von Regionalkultur von den dunklen Kapiteln völkischer Literaturgeschichtsschreibung. Ein zeitgemäßes regionalgeschichtliches Unterfangen versteht sich demzufolge vor allem als kulturwissenschaftliche Analyse, die den diskursiven Vernetzungen und Überschneidungen der Verhandlungen über die Harzlandschaft angemessen Rechnung trägt und so beispielsweise eine sinnvolle Verbindung von genuin literaturwissenschaftlichen und kultursoziologischen Fragen erlauben kann.
Rezension zu Thomas Amos: Architectura cimmeria. Manie und Manier phantastischer Architektur in Jean Rays 'Malpertuis'. Heidelberg (Winter) 2006. 244 S.
Die vorliegende Studie, eine Frankfurter Dissertation, beschäftigt sich mit der manieristischen Dimension von Jean Rays Roman 'Malpertuis' aus dem Jahre 1943 und beleuchtet dabei insbesondere die vielfaltigen Beziehungen des Textes zur bildenden Kunst und Architektur, die von der mittelalterlichen Baukunst über Piranesi bis Magritte reichen.
Rezension zu Sabina Becker: Literatur- und Kulturwissenschaften. Ihre Methoden und Theorien. Reinbek b. Hamburg (Rowohlt) 2007 (=Rowohlt Enzyklopädie, Bd. 55686). 223 S.
Sabina Becker, Professorin für germanistische Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg, hat mit diesem Buch eine kleine, aber feine Methoden-Enzyklopädie vorgelegt. Zwar kommt es zu Wiederholungen, wenn einzelne Methoden gegeneinander abgegrenzt werden, aber daraus ergibt sich der Vorteil, dass jeder Eintrag auch für sich gelesen werden kann. Die 19 Abschnitte des Buches reichen von Gadamers Hermeneutik bis Bourdieus Kultursoziologie, erschlossen werden kann es auch über ein Personen- und Sachregister.
Der Wandel von Perspektiven, Deutungen, Methoden und Themen bestimmt den wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb zerbricht die Vorstellung sicheren Wissens über die Generationen hinweg, so dass sich die Vergangenheit in den historisch arbeitenden Kulturwissenschaften in immer neuen Methodenwenden verändert. Der moderne Mut, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktiv in die Subjektivität ihrer Perspektivierungen einzubauen, bringt die steuernde Macht des Erkenntnisinteresses und seiner Veränderungen vermehrt zur Geltung. Dabei geraten selbst traditionelle Kontrollinstanzen der historisch-kritischen Hermeneutik in die Debatte. Während heute die einen das Vetorecht der Quellen beschwören, stellen andere die beständig verformende Kraft des Gedächtnisses und damit die Relativität punktueller schriftlicher Fixierungen heraus. ...
Rezension zu Gerald Gillespie: Echoland. Readings from Humanism to Postmodernism. Brüssel, Bern, Berlin, Frankfurt a.M., New York, Oxford, Wien (Peter Lang) 2006 (=New Comparative Poetics, Vol. 19). 334 S.
'Echoland', der Titel von Gerald Gillespies rezentem Band mit Abhandlungen zur Vergleichenden Literaturwissenschaft, ist selbst ein Echo: Er wurde bei Joyce entlehnt (genauer: aus 'Finnegans Wake'), dessen Werk für Gillespie exemplarisch die neuzeitliche Literatur in ihrer Vielschichtigkeit und Polyfunktionalität repräsentiert.
[Rezension zu:] Oxana Swirgun: Das fremde Rußland. Rußlandbilder in der deutschen Literatur 1900-1945. Frankfurt a.M., Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien (Peter Lang) 2006 (= Bochumer Schriften zur deutschen Literatur, Bd. 65). 268 S.
Wer sich über das literarische deutsche Russlandbild und die vielfältigen imagologischen Aspekte der deutsch-russischen Literaturbeziehungen vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts orientieren will, findet hierzu verlässliche erste Informationen und zahlreiche bibliografische Hinweise zu spezieller Forschungsliteratur in den zwischen 1985 und 2000 von Mechthild Keller bei Wilhelm Fink herausgegebenen vier Sammelbänden zum Thema 'Russen und Rußland aus deutscher Sicht', die innerhalb der von Lew Kopelew herausgegebenen Reihe "West-Östliche Spiegelungen" erschienen sind. Überblicksdarstellungen zu den deutsch-russischen Literaturbeziehungen des 20. Jahrhunderts liegen in größerer Zahl vor, wobei der Schwerpunkt auf der deutschsprachigen Russland- bzw. Sowjetunion-Reiseliteratur vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges liegt.
Rezension folgender Werke: Ben Barkow, Raphael Gross, Michael Lenarz (Hg.): Novemberpogrom 1938. Die Augenzeugenberichte der Wiener Library London. Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag 2008, 933 S., ISBN: 978-3-633-54233-8, EUR 39,80. Ramona Bräu, Thomas Wenzel: „ausgebrannt, ausgeplündert, ausgestoßen“. Die Pogrome gegen die jüdischen Bürger Thüringens im November 1938. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2008, 192 S., ISBN: 978-3-937967-41-7, kostenlos. „Reichskristallnacht“ – der Pogrom im November 1938 in Stuttgart. Ein Quellen- und Arbeitsbuch für den Geschichtsunterricht. Bearb. v. Michael Hoffmann, Jürgen Lotterer und Roland Müller. Stuttgart: Stadtarchiv Stuttgart 2008, 50 S., kostenlos. Andreas Nachama, Uwe Neumärker, Hermann Simon (Hg.): „Es brennt!“ Antijüdischer Terror im November 1938. Berlin: Stiftung Topographie des Terrors 2008, 167 S., ISBN: 978-3-9811677-4-0, EUR 15,00. Mitchell G. Bard: 48 Hours of Kristallnacht. Night of Destruction, Dawn of the Holocaust. An Oral History. Guilford, Connecticut: The Lyons Press 2008, 240 S., ISBN: 978-1-59921-445-0, $ 19,95. Martin Ruch: Das Novemberpogrom 1938 und der Synagogenprozess 1948 in Offenburg. Verfolgte berichten, Täter stehen vor Gericht. Norderstedt: Books on Demand 2008, 120 S., ISBN: 978-3-8370-5338-8, EUR 14,80. Erhard Roy Wiehn: Zum Reichspogrom 1938. Die Ereignisse in Konstanz 70 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz: Hartung-Gorre Verlag 2008, 155 S., ISBN 3-86628-165-X, EUR 14,80. Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten NRW (Hg.): Gewalt in der Region. Der Novemberpogrom 1938 in Rheinland und Westfalen. Düsseldorf u.a.: Landeszentrale für politische Bildung NRW 2008, 135 S., ISBN: 3-9807674-8-5, EUR 5,00. Hans D. Arntz: „Reichskristallnacht“. Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande – Gerichtsakten und Zeugenaussagen am Beispiel der Eifel und Voreifel. Aachen: Helios Verlag 2008, 196 S., ISBN: 978-3-938208-69-4, EUR 29,90. Bastian Fleermann, Angela Genger (Hg.): Novemberpogrom 1938 in Düsseldorf. Essen: Klartext Verlag 2008, 443 S., ISBN: 978-3-8375-0085-1, EUR 22,95. Sven F. Kellerhoff: „Kristallnacht“. Der Novemberpogrom 1938 und die Berliner Juden. Berlin: Berlin Story Verlag 2008, 95 S., ISBN: 978-3-929829-66-2, EUR 9,80. Heft
Rezension zu: Regina Römhild et. al. (Hrsg.) : Fast Food. Slow Food. Ethnographische Studien zum Verhältnis von Globalisierung und Regionalisierung in der Ernährung. Kulturanthropologie Notizen. Schriftenreihe des Instituts für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Frankfurt am Main, Band 76, Frankfurt, 2008, ISBN 978-3-923992-78-2 ; 226 Seiten, 19 Euro.
Zwei glücklich zusammenwirkende Merkmale verleihen dem Buch Jan Rolins ein klares Profil. Einerseits beruht seine Rekonstruktion auf einer breiten Basis von Quellen und bietet eine Fülle von Einzelheiten; andererseits werden die Materien, die fast alle Hauptströmungen und Vertreter der deutschen gelehrten Diskussion im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert umfassen, immer durch klare und distinktive Thesen geordnet, so dass das Buch eine deutliche und erkennbare Kontur erhält. Die Absicht des Autors ist nämlich, die politischen Theorien des 18. und 19. Jahrhunderts auf wenige und klar umrissene Argumentationsmuster zurückzuführen, die dann an zwei Maßstäben gemessen und beurteilt werden: einerseits nach ihrer Leistung für die Legitimation der politischen Gewalt, andererseits, und im entgegengesetzten Sinn, nach ihrem Beitrag zur Gestaltung des modernen Rechtsstaats, denn die politischen Lehren haben die moderne Staatlichkeit zugleich theoretisch begründet und praktisch beschränkt. Aus dem Zusammenwirken von Stabilisierung der politischen Herrschaft und deren Begrenzung (auch) durch die gelehrte Diskussion ist der moderne Rechtsstaat entstanden. ...
Sowohl in den 1920er als auch in den 1960er und 70er Jahren waren materialistische bzw. marxistische Ansätze Bestandteil des Rechtsdiskurses. Diese Orientierung ist seitdem etwas aus dem Blick geraten. Man kann vielleicht sogar sagen, dass die materialistischen Ansätze auf dem Terrain der Rechtstheorie eher marginalisiert sind. Im Laufe der letzten Jahre hat Sonja Buckel in einer Reihe von Artikeln1 und in ihrem vor kurzem erschienenen Buch Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie des Rechts diese Fehlentwicklung in der Rechtstheorie zu korrigieren versucht. Die theoretische Originalität und soziologische Umsicht, mit der Sonja Buckel auf diesem Weg die weitreichenden Ansprüche einer materialistischen Rechtstheorie zu erneuern versucht, wären sicherlich schon Grund genug, sich mit ihrer materialistischen Theorie des Rechts gründlich auseinander zu setzen. Immerhin gelingt es ihr, im Gang ihrer Argumentation auch den Stellenwert einer Reihe von zeitgenössischen Ansätzen der politischen und rechtlichen Theorie im Rahmen der sozialen Auseinandersetzungen zu klären, von denen zumindest die europäischen Länder heute geprägt sind. Aber ein weiterer und für mich wesentlicher Grund, ihre Überlegungen mit großer Sorgfalt zu prüfen, ergibt sich aus der speziellen These, die sie als einen Leitfaden ihrem Erneuerungsversuch zugrunde legt: Es ist ihre Überzeugung, dass das Recht sich in kapitalistischen Gesellschaften seine "gespenstige Eigenwelt" (9) erzeugt. Die Faszination ihrer Theorie besteht gerade im Versuch, diese "phantasmagorischen" bzw. verdinglicht-verdinglichenden Prozesse des Rechts, seine Verselbständigung also, einer sowohl theoretischen als empirischen Analyse zu unterziehen. ...
Die Allgegenwärtigkeit des Begriffs der Menschenrechte in politischen Kontexten kann leicht übersehen lassen, dass der rechtsphilosophische, rechtstheoretische und praktische Streit um die genaue Bestimmung, Begründung und Kodifizierung dieser »Rechte« alles andere als beigelegt ist. Der notorische Dissens zwischen Philosophen und Juristinnen und sogar Theologen steht in einem seltsamen Missverhältnis zur Selbstverständlichkeit, mit der politische Akteure die Notwendigkeit dieser oder jener außenpolitischen Handlung durch Bezug auf die Menschenrechte rechtfertigen. ...
Vor der Neuzeit war das Empfinden für die Zeit ein anderes, das wissen wir seit den begriffsgeschichtlichen Untersuchungen Reinhart Kosellecks. Die Sattelzeit markiert den Übergang von einem zyklischen zu einem lineareren Zeitverständnis, so könnte man vielleicht einen verkürzten Merksatz seiner innovativen Forschungen formulieren. Erst aufgrund seiner Studien entdeckte die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte das Thema Zeit. Es sind die gelungenen Sprachbilder Kosellecks und seiner Nachfolger, die im Gedächtnis haften bleiben. In ihnen stehen mittelalterliche Mönche mit ihrer Aufzeichnung von Chroniken für ein auf die Ewigkeit gerichtetes Zeitverständnis, in dem so etwas wie Fortschritt oder individuelle Lebenszeitplanung keinen Platz hat. Für die beschleunigte Zeit unserer Tage stehen die Bilder von dampfenden Eisenbahnen, die zeitliche Distanzen radikal verkürzten, von Fließbändern der modernen, vertakteten Arbeitswelt und von Menschen, die sich in Tagebüchern und Autobiographien Rechenschaft über die eigene Lebenszeit ablegen. Versucht man diese Bilderfolge in eine zeitliche Ordnung zu bringen, so entsteht ein merkwürdiger Befund. Die mit dem alten Zeitverständnis verknüpften spielen im Mittelalter, die anderen debütieren im Vormärz. So betrachtet entsteht ein Vakuum von mehreren hundert Jahren. Dieser Eindruck entsteht nicht nur für den Verfasser dieser Zeilen. Bei den vielfältigen historischen Untersuchungen zur Zeit dominieren eindeutig solche zum Mittelalter und der Neuzeit. Wenn man den Gegensatz linear-zyklisch einmal gedanklich beiseite legt und nach den Akteuren bei der sozialen Konstruktion der Zeit fragt, dann entstehen andere Zäsuren. ...
"Nach wie vor lückenhaft ist auch die Analyse der Einflussfaktoren, die für die Entwicklung der Kinderarbeit im 19. Jahrhundert maßgeblich waren." Dieser Befund Annika Boenterts in ihrem Buch über die "Kinderarbeit im Kaiserreich 1871–1914" erstaunt zunächst, trifft aber vollauf zu. Das "Preußische Regulativ zum Schutz jugendlicher Arbeiter" aus dem Jahr 1839 ist vielleicht die am besten erforschte preußische Verordnung des 19. Jahrhunderts. Das ist kein Verdienst der Rechtsgeschichte. Sie konzentriert sich in erster Linie auf die Privatrechtsgeschichte, meist in Form von Ideengeschichte, und in zweiter Linie auf die Verfassungsgeschichte. Die Geschichte des Straf- und Verwaltungsrechts, aber auch des Völkerrechts kommen dabei genauso zu kurz wie die Betrachtung der Wechsel- und Steuerungswirkungen von Recht und sozialen Prozessen. So haben sich vor allem die an der Geschichte der Arbeiterbewegung orientierten Sozialhistoriker der Geschichte der Kinderarbeit zugewandt. Die deutsche Historiographie zu dieser verwaltungsrechtlichen Vorschrift ist zudem die Geschichtsschreibung eines ehedem geteilten Landes. Im Westen waren es die Sozial-, Wirtschafts- und Technikhistoriker, die den Beginn der Fabrikschutzgesetzgebung in Deutschland erforschten. ...
Rezension zu: George G. Szpiro : Mathematik für Sonntagmorgen : 50 Geschichten aus Mathematik und Wissenschaft, NZZ Verlag, Zürich 2006, ISBN 978-3-03823-353-4 ; 240 Seiten, 26 Euro/38 CHF George G. Szpiro : Mathematik für Sonntagnachmittag : Weitere 50 Geschichten aus Mathematik und Wissenschaft, NZZ Verlag, Zürich 2006, ISBN 978-3-03823-225-4 ; 236 Seiten, 26 Euro/38 CHF
Die Elbe ist mit einer Länge von ca. 1.100 km und einem Gesamteinzugsgebiet von knapp 150.000 km2 einer der größten Flüsse Mitteleuropas. Bis heute wurden etwa 80 % der Auen des Flusses eingedeicht. Dennoch blieben trotz Ausbau als Wasserstraße weite Bereiche als naturnahe Kulturlandschaften erhalten, die das bestehende großflächige Schutzgebietssystem an der Elbe rechtfertigen.
Das vorliegende Buch fasst Erforschtes, Entdecktes und Erlebtes von Uwe Zuppke aus einer über 50-jahrigen Beobachtungszeit in der Aue im Raum Lutherstadt Wittenberg zusammen. Als interessierter Jugendlicher, vielseitig tätiger Wissenschaftler und Landschaftsplaner und engagierter Naturschützer kennt er wohl wie kaum ein Anderer die Vielfalt der Lebenswelten und Lebensformen dieser Aue. Mit zahlreichen eigenen Beitragen zur Wirbeltierkunde besticht seine Wissensbreite, aber auch hinsichtlich der Wirbellosen sowie der Pflanzenwelt verschafft ihm seine Übersichtskenntnis gute Voraussetzungen für die Autorenschaft des vorliegenden Buches. Iris Elz, Tochter des Autors, trägt mit zahlreichen Fotos zur reichen Bildausstattung des Buches bei und zeichnet verantwortlich für Redaktion und Organisation.
Rezension zu Theodor Fontane und Wilhelm Wolfsohn - eine interkulturelle Beziehung. Briefe, Dokumente, Reflexionen. Hg. von Hanna Delf von Wolzogen u. Itta Shedletzky. Bearb. von Hanna Delf von Wolzogen, Christine Hehle u. Ingolf Schwan. Tübingen: Mohr Siebeck, 2006. XXVI, 548 S. (Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts. 71).
Die Überwindung des postkolonialen Blicks scheint bereits in sich ein paradoxes Unterfangen zu sein, sehen sich doch viele postkoloniale Theorieansätze (zumal bei dem Begriff der Hybridität) dem Vorwurf ausgeliefert, auch noch in einem Gegenanschreiben koloniale Diskurse fortzuführen. Jochen Dubiel hat sich in seiner Dissertation gleich in mehrfacher Hinsicht diesem Problem gestellt, indem er Charakteristika und Konstanten des kolonialen Diskurses herausarbeitet und darüber hinausgehend ein poetologisches Modell zur Analyse von Hybridität entwickelt. Interessant ist in diesem Fall die Verschiebung, die weniger die Repräsentation des Fremden, sondern hybride literarische Darstellungsweisen über eine intrakulturelle Perspektive herleitet. Dabei reagiert Dubiel auf ein Forschungsdesiderat, denn im Rahmen seines literaturwissenschaftlich-komparatistischen Ansatzes wird eine postkoloniale Lektüre nunmehr auf deutschsprachige Texte (Wilhelm Raabe: "Stopfkuchen", Arno Schmidt: "Gelehrtenrepublik", Franz Kafka: "Ein Bericht für eine Akademie") angewendet, die oft genug noch von postkolonialen Fragestellungen ausgenommen werden. Getragen ist die Vorgehensweise von der Absicht nicht allein zu zeigen "wie Europa mittels diskursiver Strategien anderen Völkern Gewalt antut, sondern sich durch die Verstrickung in zahlreiche Widersprüche auch selbst hintergeht." (Dubiel, S. 24)