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In ihrer klar und konsequent gegliederten Studie nimmt sich Th. Brero des zeremoniellen Ablaufs fürstlicher Tauffeiern am herzoglichen Hof von Savoyen im 15. und 16. Jh. an. Sie kann damit zum Versuch beitragen, eine Lücke in der existierenden Forschungsliteratur zu schließen, deren Existenz erstaunen muss, angesichts des regen Interesses, das den rituellen und zeremoniellen Aspekten der spätmittelalterlichen Adelskultur in den letzten Jahren entgegengebracht wird. Trotz der im Titel anklingenden vergleichenden Perspektive, die in allen Teilkapiteln immer wieder aufscheint, bilden das eigentliche Zentrum der Studie die Feierlichkeiten zu den Taufen Adrians, Emmanuel-Philiberts und Charles-Emmanuels I. von Savoyen in den Jahren 1522, 1528 und 1567. Die hierzu vorliegenden Texte, vor allem die von Antonino Dal Pozzo stammende Beschreibung der Taufe Adrians ( Adrianeo ), deren erstes Buch die Autorin im Anhang mitsamt einer Übersetzung in das moderne Französisch wiedergibt, sowie die Beschreibung der Taufe Emmanuel-Philiberts durch den Herold "Bonnes Nouvelles", die ebenfalls im Anhang ediert ist, bieten eine außergewöhnliche Basis: von keiner der früheren Taufen im savoyischen Umfeld sind derart reichhaltige Berichte überliefert, im deutschen Raum scheinen entsprechende Beispiele gänzlich zu fehlen. Auf dieser Grundlage und unter Beiziehung weiterer Texte aus dem französischen, burgundischen und englischen Milieu, unter denen die "Honneurs de la Cour" Éléonores von Poitiers, einer Hofdame der burgundischen Herzogin Isabella von Portugal, die prominenteste Stellung einnehmen, verfolgt Brero detailliert die einzelnen Etappen und Aspekte fürstlicher Tauffeiern. Ausgehend von den Umständen der Geburt und deren ritueller Rahmung, greift sie die Frage der Einrichtung des Zimmers der Mutter und des Kindes auf, der materiellen Vorbereitung der Taufprozessionen, der Anlage und Teilnehmerschaft der Prozessionen selbst, des Taufrituals sowie der abschließenden Feierlichkeiten. Abgerundet wird der sorgfältig ausgearbeitete Band von den erwähnten Texteditionen, einigen analytischen Tafeln zu den untersuchten Prozessionen und einem ausführlichen biographischen Katalog der erwähnten Personen, der vor allem einem in der savoyischen Geschichte weniger bewanderten Publikum den Zugang zur Thematik erleichtern dürfte. Ein Personen- und Ortsregister schließt den Band ab. ...
Schillernde und problematische Gestalten stehen im Mittelpunkt dieser Publikation, mit der G. Lecuppre eine gekürzte Fassung seiner 2002 in Poitiers verteidigten Dissertation vorlegt. Die "falschen Fürsten" des Mittelalters haben schon mehrfach die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, wenngleich aus unterschiedlichen Perspektiven: Während Tilman Struve die "falschen Friedriche" unter dem Paradigma der Fälschung anging, untersuchte Rainer C. Schwinges die "falschen Herrscher" des Spätmittelalters als Indikatoren einer durch Krisen geprägten Mentalität. Trotz solcher Einzelfallstudien fehlte bislang aber eine monographische Darstellung des Phämomens in breiterer und vergleichender Anlage. Lecuppres Arbeit befriedigt daher zweifellos ein Desiderat der Forschung. Ausgehend vom derzeit wieder stärker in den Vordergrund tretenden Problemfeld der Identität und der Identifikation, bemüht sich der Autor anhand von Beispielen des 12. bis 15. Jhs. um eine Typologie des politischen Hochstaplers und dessen Umfeld. Die Auswahl der exemplarischen Fälle konzentriert sich dabei auf Fürstenfiguren, so dass etwa die "falschen Jeanne d’Arcs" nur kurz in den Blick geraten (über das Register aber erschließbar sind). In vier Abschnitten widmet sich Lecuppre den kulturellen Parametern der Vorspiegelung falscher Herrscheridentitäten (Kap. 1–3), den Etappen und Praktiken des Verlaufs einer solchen Hochstapelei (Kap. 4–6), den gesellschaftlichen Hintergründen und den Reaktionen der in Frage gestellten Herrscher (Kap. 7–8) sowie der Verbindung der politischen Hochstapelei mit dem Phänomen des Messianismus (Kap. 9–10). Die strukturell orientierte Analyse zergliedert die jeweiligen Einzelfälle recht stark, so dass dem Leser nicht immer sofort ein eingehender Überblick gelingt: Das Exempel dient als Ansichtsmaterial für systematisierende Erwägungen. Zahlreiche Sprünge über Zeit und Raum hinweg, vom "falschen Balduin IX." in Flandern über den "falschen Waldemar II." von Brandenburg oder Giannino Baglione, den "falschen Johann I. von Frankreich", zu Perkin Warbeck, dem "falschen Richard von York" in England machen daher den Nachvollzug der einzelnen Geschichten im Detail nicht immer einfach. ...
Trotz des enggefassten Titels bietet die vorl. Arbeit mehr als nur eine Untersuchung der angesprochenen "Waldenserprozesse", die in den Jahren 1459–60 die Einwohner von Arras und über die Stadt hinaus auch die umgebenden Territorien erschütterten. In einem breiten Panorama versucht der Autor eine Neudeutung der Häretiker- und Hexenprozesse, die über eine rein ideologiekritische Analyse materieller Interessen der Verfolger hinausgeht. In drei großen Abschnitten zum "Trugbild der Verfolgung", zum "Weg der burgundischen Herzöge zur Souveränität" und zur "Logik der Inquisition" werden Ablauf und Umfeld der Prozesse entwickelt, in denen 34 Personen verschiedenster sozialer Situierung eines Paktes mit dem Teufel beschuldigt und als Ketzer verurteilt wurden. Von besonderem Interesse mag hier die über weite Gebiete ausgreifende Entwicklung des Imaginaire eines "Hexensabbats" sein, welche den behandelten artesischen Raum mit den Randgebieten Savoyens verbindet, wo ebenfalls die Figur des magischen Flugs auf einem Stock und des Bündnisses mit dem Teufel früh präsent wird. Grundlage der Ausführungen zu Arras sind u. a. der jüngst neu edierte "Waldensertraktat" des Johannes Tinctorius sowie die bereits von Hansen publizierte Recollectio casus, status et condicionis Valdensium eines anonymen Autors, der Mitglied des Inquisitionstribunals war und vielleicht mit Jacques du Bois identifiziert werden kann, dem Dekan des Domkapitels von Arras. Wie aber lässt sich die frenetische Verfolgung von randständigen Personen ebenso wie von städtischen Honoratioren erklären, die der Stadt als ganzer massive Nachteile brachte, da die unsichere Situation ihren Ruf soweit schädigte, dass auswärtige Händler den Kontakt vermieden? Folgt man Mercier, so stand mehr im Hintergrund als eine spontane Aufwallung religiösen Fanatismus’ oder der Versuch, sich einzelner Personen unter einem unangreifbaren Vorwand zu entledigen. Detailliert geht er dem Prozessverlauf nach (soweit dies angesichts der großen Brandverluste des lokalen Archivs möglich ist), über weite Passagen anhand der chronikalischen Überlieferung Jacques du Clercqs. Diese Quelle zeigt in Verbindung mit der anonymen Recollectio den Weg zu einem geradezu entgrenzten juristischen Verfahren auf, in dessen Verlauf das Wort der Angeklagten immer mehr an Zeugniswert verlor und lediglich das gesuchte Eingeständnis der dämonischen Verbindung als vollwertige und wahrheitsgemäße Aussage akzeptiert wurde. Wenn hier die üblichen Schranken und Vorsichtsmaßnahmen beim Einsatz der Folter fallen, so ist dies in erster Linie mit dem Stellenwert zu erklären, den die Vorstellung der Majestätsbeleidigung, der "lèse-majesté", erhält. ...