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Die Rassenmischung bekam in der Entwicklung der Sozialwissenschaften in Brasilien immer wieder neue Bedeutungen, um sich an jeden politischen Zusammenhang anzupassen. Sie wurde von den Männern des Wissens als Problem und später als Lösung angesehen – nämlich durch die Aufhellung – gemäß der evolutionären Rassentheorien Ende des 19. Jahrhunderts. Aber vor allem in den 1930er Jahren betrachteten einige Intellektuelle Brasiliens, wie Gilberto Freyre, die Mischung der drei Rassen, die das Volk Brasiliens bilden, als Bestandteil der Nation. Eine solche Vorstellung brachte juristische und politische, manchmal unmerkliche Folgen für den Platz des Mischlings innerhalb der brasilianischen Gesellschaft. Dieser wird als Notausstieg Mulatte nach Carl Degler oder als epistemologisches Hindernis nach Eduardo de Oliveira e Oliveira verstanden. Der Zweck dieser Arbeit besteht darin, aufzuzeigen, inwiefern jene Tradition eine tiefe Auseinandersetzung verbirgt und wie sie juristische Auswirkungen in der Gegenwart hervorruft, z.B. in Bezug auf die Debatte über Rassenquoten an öffentlichen Universitäten.
Es wird eine Verbindung zwischen dem von Antiphon entwickelten infinitesimalen Berechnungsverfahren, der Theorie Verteilungsgerechtigkeit von Aristoteles, des Hebelgesetzes, der eben radialen Figuren und der Verteilung hergestellt.
Die Problemstellung stellt sich wie folgt dar: dem Kennenlernen der Gründe, die Antiphon mutmaßen ließ, die Exhaustionsmethode als ein Mittel der Bildung des Quadratur des Kreises anzusehen, Beziehungen von grundsätzlicher und historischer Art zwischen der Verteilungsgerechtigkeit und den Hebelgesetz herzustellen, ein Model der Verteilungsgerechtigkeit, basierend auf der modernen Mathematik der Verteilung, von multipler Partizipierung zu konstruieren.
Die Zielsetzungen sind:
Die These zu erstellen, dass die Exhaustionsmethode aus der Gerichtspraxis stammt; dass das Hebelgesetz und die Theorie der Proportionen von Eudoxos Modelle der Verteilungsgerechtigkeit von Aristoteles sind; weiter soll gezeigt werden, dass die ebene Verteilung der materiellen Partikel auch ein Modell der Verteilungsgerechtigkeit ist.
Das Modell der Mehrteiligkeit der Verteilung, das vorgestellt wurde, enthält zwei Arten von Freiheitsgraden, einen für den Wert der zu verteilenden Güter an jeweils einen der Beteiligten und einen zweiter Freiheitsgrad für die verschieden Ebene zwischen den Beteiligten im Falle der Ungleichheit.
Keywords: Exhaustionsmethode, Hebelgesetz, Verteilungsgerechtigkeit, Verteilung.
Die Stellung der Grundrechte im europäischen Rechtsraum zeichnet eine tiefe Ambivalenz aus. Einerseits haben sie ihr Schattendasein im Unionsrecht hinter sich gelassen: Man denke an die Grundrechtecharta, den bevorstehenden Beitritt zur EMRK, das Bekenntnis zu einer grundrechtsorientierten Außenpolitik (Art. 21 Abs. 2 lit. b) EUV) und die strenge Überprüfung von Beitrittskandidaten. Andererseits gibt die Grundrechtslage in einigen Mitgliedstaaten Anlass zu erheblicher Sorge. Traurige Bekanntheit genießt die Situation von Minderheiten und Migranten. Maßgebliche Institutionen, wie der Europarat und die OSZE, sehen aber auch die Freiheit der Medien stark gefährdet. Ranglisten zur Pressefreiheit verzeichnen einen signifikanten Abstieg einiger EU-Mitgliedstaaten wegen Medienkonzentration, offener politischer Einflussnahme, unverhältnismäßiger Sanktionen, der Zweckentfremdung von Antiterrorgesetzgebung, unzureichenden Quellenschutzes und nicht aufgeklärter Gewaltakte gegen Journalisten. ...
"Selbstverwaltung" war das Thema der Hofgeismarer Tagung der Vereinigung für Verfassungsgeschichte 2008. So interessant die einzelnen Referate auch waren, ihre unterschiedlichen Zugriffe und inhaltlichen Ausrichtungen gebieten es doch, nicht die einzelnen Aufsätze des Tagungsbandes zu referieren, sondern den Versuch zu unternehmen, aus der Vielfalt der Beiträge strukturierende Überlegungen herauszuarbeiten. Daher sei nur kurz auf die Themen der einzelnen Referate verwiesen. Gerhard Dilcher sprach über die mittelalterliche Stadt, Ludwig Elle über die Selbstverwaltung(sbestrebungen) der Sorben; Matthias Asche trug zur Autonomie der Hugenotten und Waldenser vor und J. Friedrich Battenberg zu der der jüdischen Gemeinden und Landjudenschaften im Heiligen Römischen Reich. Christoph Schönberger befasste sich mit französischen Parlamenten (vor der Revolution), Jörg-Detlef Kühne mit den Selbstverwaltungsvorstellung von Steins. Hans-Christof Kraus referierte zur englischen Selbstverwaltung und deren deutscher Rezeption, Thomas Simon behandelte die Föderalisierung Österreichs. Und schließlich trug Dieter Kugelmann zum Stellenwert des Selbstverwaltungsgedankens in der europäischen Kooperation und Integration vor. – Die folgenden Ausführungen beschränken sich darauf, diejenigen Aussagen herauszustellen, die sich in grundsätzlicher Weise zu Selbstverwaltungsverständnissen (1), zu den Realisierungsformen von Selbstverwaltung (2), zu den Ursachen von Selbstverwaltung (3) und zu Konzeptualisierungen von Selbstverwaltung (4) äußern. ...
Spätestens seit den 1980er Jahren ist Partizipation ein mächtiges Schlagwort. In neuerer Zeit kann man damit sogar Wahlen gewinnen. Wo herkömmliche Legitimationsmodi der repräsentativen Demokratie an Kraft verlieren oder zu verlieren scheinen, sucht man nach Ersatz. Das Prinzip der Legitimation durch allgemeine Wahl der Vertretungskörperschaften funktioniert da nicht, wo es solche Vertretungskörperschaften nicht gibt – bzw. diese, wie in der EU, auf weiten Gebieten nicht über die Entscheidungsprärogative verfügen – oder sie als verkrustet angesehen werden und/oder dort, wo die Mobilisierung des Bürgers zwischen den Wahlterminen nötig erscheint. Bürgerschaftliche Partizipation hat einen ambivalenten Charakter. Sie kann Belebung oder Gefährdung von Demokratie sein, wobei dies auch vom jeweils zugrundegelegten Demokratieverständnis abhängt. ...
Der vorliegende Beitrag leitete das Programm des Workshops „Schlichten und Richten – Differenzierung und Hybridisierung” (Frankfurt/Main, 9./10. Februar 2012) ein. Mit diesem Workshop begann das Arbeitsprogramm des LOEWE–Schwerpunkts „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“, der am 1. Januar 2012 seine Tätigkeit aufgenommen hatte (siehe hierzu www.konfliktloesung.eu; eine leicht veränderte Fassung des Beitrags in englischer Sprache wird in Kürze abrufbar sein unter: http://www.ssrn.com/link/Max-Planck-Legal-History-RES.html ). Der Ausgangspunkt des Workshops ist eine deutsche Debattentradition, die die Alternativität von gerichtlichen und nichtgerichtlichen, kontradiktorischen oder konsensualen sowie mehr formalisierten und mehr informalisierten Konfliktlösungsformen unter dem Schlagwort „Schlichten oder Richten“ (auch „Schlichten statt Richten“ oder „Schlichten oder Richten“) thematisierte.
Der Beitrag problematisiert zunächst die bisherige mangelnde rechtshistorische Aufmerksamkeit, die Alternativen zur gerichtlichen Konfliktlösung zugewandt wurde. Er weist daraufhin, dass auch die heutige Diskussion über gelungenes Konfliktlösungsmanagement oft explizit oder implizit von – zuweilen nicht ausreichend reflektierten – historischen Vorannahmen geprägt ist und – damit verbunden – von Vorstellungen über rechtskulturelle Fremdheit und Nähe.
Im zweiten und dritten Abschnitt skizziert der Beitrag kurz den historischen Gang der deutschen Diskussion über „Schlichten und Richten“ seit dem Aufkommen auch rechtswissenschaftlich anerkannter Schlichtungsinstitutionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er versucht, deren wechselnde zeitgenössische Kontexte sichtbar zu machen und zeigt, wie sich in diesen Diskussionen (zuweilen utopisch scheinende) rechtspolitische Verheißungen ansiedeln konnten, welch fruchtbaren Boden diese Diskussionen aber auch für neue Kategorienbildungen und multidisziplinäre Zugänge bot.
Im vierten Abschnitt wird versucht, Verknüpfungen mit der gegenwärtigen ADR-Diskussionen herzustellen, während im fünften Abschnitt in analytischer Absicht Konfigurationen des Wortpaars „Schlichten“ und „Richten“ vorgestellt werden: „Schlichten“ und „Richten“ als Alternative, als Abhängigkeitsverhältnis und als Abfolge. Der fünfte Abschnitt schließlich fragt nach Funktionselementen und den Funktionsbedingungen von Schlichten und Richten, d.h.: Welche Leitrationalitäten, Partizipationsmechanismen, Legitimationsnarrative und Reflexionsformen lassen sich jeweils der einen oder anderen Form der Konfliktlösung zuordnen.
All diese Überlegungen sind eher tentativer Art und vermitteln nur erste umrisshafte Vorstellungen. Sie dienen in erster Linie dem Diskussionsanstoß und sollen erste Schneisen in dieses komplexe Forschungsfeld schlagen. Die Vortragsform ist beibehalten und der Fußnotenapparat ist auf das nötige Minimum reduziert.
Mit der Europäischen Rechtsgeschichte verfügt die Rechtsgeschichte seit vielen Jahrzehnten über eine Tradition transnationaler rechtshistorischer Forschung. Sie wurde von deutschsprachigen Wissenschaftlern der Vor- und Nachkriegszeit geprägt – Emil Seckel, Paul Koschaker, Franz Wieacker, Helmut Coing – und stand im Kontext des westeuropäischen Nachkriegsprojekts. Noch heute bauen wir auf ihren großen Leistungen auf. Sie war, wie alle Geschichtswissenschaft, Teil eines Prozesses der gesellschaftlichen Selbstverständigung über die eigene Identität und zeichnete das Bild einer distinkten europäischen Rechtskultur.
In den letzten Jahren sind im Zuge der Diskussion um postkoloniale Perspektiven auf die Geschichte, um Transnationale und Globalgeschichte, viele Grundlagen der traditionellen Europahistoriographie kritisiert und massiv erschüttert worden. Das wirft Fragen auch an die Europäische Rechtsgeschichte auf: Welches Europabild liegt ihr zu Grunde? Auf welchen intellektuellen und konzeptionellen Grundlagen beruht sie? Wie antwortet sie auf die Vorwürfe des Eurozentrismus, des epistemischen Kolonialismus, wie auf die Forderung, Europa zu ‘provinzialisieren’? Wie definiert sie das Verhältnis der Europäischen zur Transnationalen und Globalen Rechtsgeschichte? - Diesen und ähnlichen Fragen wenden sich die folgenden Überlegungen zu. Der Schwerpunkt liegt auf einer Auseinandersetzung mit der Tradition, ihren konzeptionellen Grundlagen und deren wissenschaftshistorischem Kontext (1. Teil, 1.-6.). Aus dieser kritischen Bestandsaufnahme und den Ergebnissen der Debatte um Globalgeschichte ergeben sich Ausgangspunkte und Aufgaben einer in vielem auf den Leistungen der Disziplin aufbauenden, doch notwendigerweise auf einer anderen Konzeption beruhenden Rechtsgeschichte Europas in globalhistorischer Perspektive (2. Teil, 7.-11.).
Die Hauptthese dieses Papers geht von dem Konzept der normativen Verfassung der Nachkriegzeit aus und setzt sich kritisch mit dem Konzept des 19. Jahrhunderts „Verfassungswandlung“ auseinander. Das Konzept des Verfassungswandels ist mit der Verfassungsdemokratie inkompatibel. Statt von einem Verfassungswandel zu sprechen, sollte man die Entwicklung des Sinns der Normen in der Zeit als dynamische Interpretation bezeichnen.
Einer der zahlreichen Vorträge von Gertrude Lübbe-Wolff beginnt folgendermaßen: "Herr Gerhardt hat mich eingeladen, etwas über die aktuelle Bedeutung von Hegels Rechtsphilosophie zu sagen. Nichts lieber als das. An der Aktualität der Hegelschen Rechtsphilosophie leide ich geradezu, und über das, woran man leidet, spricht man ja gern. Die Aktualität der Hegelschen Rechtsphilosophie zeigt sich mir darin, dass ich öfter an Hegel denken muss, als mir lieb ist. Ich muss so oft an ihn denken, weil in unserer öffentlichen Kultur das Hegelwidrige so präsent ist." ...
Dieter Grimm im Interview: Welche Hürden das Grundgesetz vor einem NPD-Verbot errichtet, wie andere Demokratien mit verfassungsfeindlichen Parteien fertigwerden, und warum eine NPD-Klage gegen ein Verbot vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg durchaus Erfolgschancen besäße.