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"Man ficht und spricht heute schneller als vor 100 Jahren. Sogar von Demosthenes zu Cicero läßt sich die Entwicklung zum Telegraphenstil, zur mangelhaften Verknüpfung der Sätze, zur Wirkung durch abgerissene bedeutende Wörter beobachten".
Hugo von Hofmannsthal, Aufzeichnungen aus dem Nachlaß (1890?)
Die Bemerkung, die Hugo von Hofmannsthal im Alter von 16 Jahren gemacht haben soll, weist ihn schon vor dem eigentlichen Beginn seiner schriftstellerischen Laufbahn als feinfühligen Beobachter sprachhistorischer Entwicklungen, aber auch medialer Einflüsse aus. Mit seiner Ferndiagnose zur Entwicklung des literarischen Stils von Demosthenes bis Cicero, die er unter dem Eindruck des Telegraphenstils seiner eigenen Epoche vornimmt, bestätigt er nicht nur seine klassische Bildung, sondern auch seine medienkulturhistorische Zeitgenossenschaft. Der wahrgenommene Effekt ist einer der Dynamisierung und Fragmentierung von Kommunikation.
Seit Jahrhunderten zieht sich die stereotype Klage deutscher Schriftsteller, insbesondere deutscher Bühnenautoren, über zu Unrecht bevorzugte ausländische Konkurrenz durch Korrespondenzen und Publikationen. Ein Blick auf die Produktionszahlen des Buchgewerbes, die sich zwischen 1820 und 1845 explosionsartig von 3 772 Büchern auf 13 008 Bücher entwickeln, bestätigt zumindest die erhebliche Bedeutung der Übersetzungen für den deutschen Buchmarkt: 1845 waren ca. 48% der in Deutschland herausgebrachten Romane Übertragungen aus anderen Sprachen. Der Buchmarkt reagiert damit selbstverständlich nur auf die veränderte gesellschaftliche Situation. Einerseits wird das Bürgertum in immer stärkerem Maße zur Zielgruppe des literarischen Marktes, der so erst seine Dynamik entwickeln kann; andererseits ist diese Zielgruppe verstärkt an unterhaltsamer, spannender Literatur interessiert, die ihr vorrangig in Form der französischen und englischen Romanliteratur geboten wird. Im Bereich des Theaters ist die Entwicklung durchaus mit der auf dem Buchmarkt vergleichbar. Auch hier entwickeln sich die reinen Zahlen mit einer enormen Rasanz: Gab es 1836 kaum 50 Theater in Deutschland, so sind es 1840 bereits ca. 100, am Ende des Jahrhunderts dann weit über 300. Auch diese Entwicklung ist den Veränderungen im Publikum geschuldet.
Mit etwa siebzig Liedern „nach“ den Minnesängern, darunter etwa die Hälfte nach Walther von der Vogelweide, ist Gleim der produktivste Rezipient mittelalterlicher Lyrik im 18. Jahrhundert, weit vor den Dichtern des Göttinger Hains. Seine erste Nachschöpfung erschien bereits im Jahre 1749 in ‚Lieder’ in Halberstadt (...) das Gedicht „Daphne“, das er dann in den „Petrarchischen Gedichten“ von 1764 unter dem neuen Titel „Ismene“ wieder aufnahm, jedoch als „Daphne“ im 1. Teil der „Sämtlichen Schriften“, Reutlingen 1779, S. 52f. wieder abdruckt.
This paper examines the political-economy and cultural dynamics and discourses underlying the emergence of the Palestinian Hamas and the Algerian Islamic Salvation Front. Both movements emerged in the late 1980s as responses to continuing (neo) colonial conditions in their countries. I explore to what extent the various processes commonly referred to as “globalization,” both the world-wide economic transformations epitomized by post-fordism on the macro/system level and neo-liberal structural adjustment programs within countries, and—perhaps more important—its cultural dynamics contributed to the rise and power of both movements. I examine the socio-economic situation in Algeria and Palestine-Israel during the 1980s and link it to the politics developments in both countries. Next I review the events behind the founding of both movements and the main components of their ideologies and strategies. Finally I explore their arguments to determine whether the political-economic or cultural pressures unleashed by globalization were the determining factor in their emergence and ideological development. I conclude by comparing the two case studies to determine if there are common threads that can serve as the basis for a region-wide investigation of the role of globalization in the emergence and/or rise to social hegemony of Islamist movements in other MENA countries.
Am 26. April 1916 findet am Deutschen Theater in Berlin unter der Regie von Max Reinhardt die Uraufführung eines Balletts "Die grüne Flöte" statt, dem ein einaktiges Lustspiel vorausgeht: "Die Lästigen. Nach Molière". Die Aufführung steht unter dem Protektorat der Stadt Berlin zugunsten der zerstörten Karpatenorte; der Weltkrieg hat bereits eine für Deutschland kritische Wendung genommen. Die Kritiken in den Zeitungen am nächsten Tag reagieren ausschließlich positiv: Das Ballett erregt "helles Entzücken" und der Einakter findet Gefallen; ein Kritiker will darin sogar "den ganzen Molière in der Größe seiner Anschauungen" erkennen, das sei "echter Molière, jener Molière, der uns Deutschen heute nähersteht als manchem seiner Landsleute". Der nationalistische, von der Kriegspropaganda nicht ganz freie Ton, der Molière gegen seine eigenen Landsleute ausspielt, ist nicht zu überhören. Aber am französischen Autor selbst kommt kein Zweifel auf, der Text des Lustspiels wird in dieser und anderen Besprechungen eindeutig Molière zugewiesen.
Die Sache hat allerdings einen Haken, der den meisten Kritiken entgangen ist. Das Stück "Die Lästigen" trägt zwar den übersetzten Titel von Molières "Les Fâcheux", aber es ist nicht von Molière: von ihm stammt nur - wie der tatsächliche Verfasser Hofmannsthal in einem Brief an Pannwitz bemerkt - der "Titel und vagste Grundidee", sonst sei alles eine "völlige Improvisation", was der "ganzen breitmäuligen Presse" entgangen sei. Und an Richard Strauss schreibt Hofmannsthal: "Übrigens ganz im Vertrauen: Reinhardt spielte die letzten 6 Wochen allabendlich einen Molière, die 'Lästigen', wovon außer dem Titel keine Zeile von Molière war, sondern jedes Wort vom ersten bis zum letzten von Ihrem ergebenen Librettisten, ohne daß die Kritik 'Mau' sagte." Die Genugtuung, das Publikum und vor allem die Kritik so hintergangen zu haben, die Freude, daß der Schwindel nicht aufgeflogen ist, klingt in diesen Sätzen durch.
Die erste Hypothese: Die Börne-Forschung machte besonders seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts bedeutende Fortschritte; sie ließ die 'Dramaturgischen Blätter', sozusagen das Debut des Autors, nicht unbeachtet; diese liegen mittlerweile, so der Eindruck, recht kenntlich vor den Augen der Interessierten, klar und heiter wie eine
schöne Landschaft unter der Sommersonne - und doch verdunkeln einige prinzipielle Schwierigkeiten, die sich mit dem Werk verbinden, das Verständnis bis zur Gegenwart.
Die zweite Hypothese: Konnte die bisherige Forschung den 'Dramaturgischen Blättern' nicht völlig auf den Grund sehen, ihren Kern nicht zu Tage fördern, so ist erstens immer noch die schon von Tröger und Inge und Peter Rippmann
benannte Ursache virulent: die "mangelhafte Erfassung der auf Börne direkt einwirkenden geistigen Richtungen". Sowie ein Zweites, damit Verbundenes: "die komplexe wie komplizierte Substanz" von Börnes Schaffen. Das trifft auf das ganze zu wie auf Teile davon, auf Teile wie auf Details darin.
It is an established policy in the United States to separate commercial banking (the business of taking deposits and making commercial loans) from other commercial activities. The separation of banking and commercial activities is achieved by federal and state banking laws, which enumerate the powers that banks may exercise, the activities that banks may engage in, and the investments that banks may lawfully make, and expressly exclude banks from certain activities or relationships. Some of these provisions could be circumvented if a nonbank company could carry on banking activities through a banking subsidiary and nonbanking activities either itself or through a nonbanking subsidiary.
Die Gefühlsemphase in den Dichtungen des Sturm und Drang wurde häufig als Versuch einer Aufwertung der Leidenschaften interpretiert. Dagegen wird hier die Ansicht vertreten, dass die immer wieder bezeugte Erfahrung des sentio ergo sum sich auf einen anderen Emotionsbereich bezieht als der ältere Leidenschaftsdiskurs. Der heroische Kraftkult ("Genie-Kult") und die Melancholie in der Sturm-und-Drang-Literatur werden unter emotionspsychologischen Prämissen neu analysiert und als spezifische Verarbeitung von Furcht- und Strafreizen gedeutet. Die emotionalen Selbstvergewisserungen des Sturm-und-Drang-Individuums stellen sich somit dar als historisch-empirische Stressreaktionen und psychische Coping-Prozesse in einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels.
Die Bilder der Terroranschläge des 11. September in den Medien erinnerten viele Menschen an Katastrophenfilme aus Hollywood. Michael Staiger geht davon aus, dass die Bildsprache solcher Filme auch unsere Wahrnehmungsweise des realen Terrors beeinflusst. Er stellt eine zunehmende Verflechtung der Ästhetik des Hollywood-Kinos mit der Medienberichterstattung realer Ereignisse fest. "Die Inszenierung von Fernsehnachrichten verweist inzwischen ebenso auf fiktionale Bildwelten, wie sich die Spielfilmästhetik seit Jahren der Machart von Fernsehbildern bedient." Am Beispiel des Thrillers "Ausnahmezustand" (1998) analysiert Michael Staiger die Inszenierung des Terrors in Hollywood-Filmen und zeigt damit eine medienpädagogische Umsetzungsmöglichkeit des Themas auf.
"In the hands of a maniac" : der moderne Horrorfilm als kommunikatives Handlungsspiel ; ein Essay
(2002)
Als zentraler Bestimmungsgrund des Horrorgenres gilt die vom Produzenten beim Zuschauer intendierte Emotion. "Horror" basiert auf einem genrespezifischen Affekt-Management. Was aber macht dessen Spezifik aus? Seit dem Ende der "klassischen" Phase der Genregeschichte in den 1960er Jahren scheint Horror zu einem Schirmbegriff für verschiedene, wenn auch komplementäre Erlebnisformen geworden zu sein. Als Zuschauer mögen wir damit wohligen Schauder verbinden, aber ebenso Ekel, Schreck oder Schock, sogar Heiterkeit angesichts der häufig parodistischen oder komödiantischen Einschläge. Nicht nur die erwünschten Affekte haben sich vervielfacht, sondern auch die Objekte, auf die sie sich beziehen.
Eine Konstante der Diskussion zur Bestimmung von "Narrativität" ist der Versuch, Narrativität als kennzeichnendes Merkmal des erzählenden Textes funktional zu bestimmen: nämlich als eine spezifische Form der symbolischen Ereignisrepräsentation. Dieser Beitrag entwickelt dagegen die These, daß Narrativität keine Frage des Entweder/Oder ist, sondern eine der graduellen Realisation spezifischer logischer Bedingungen, die sich in Form einer sog. "Ereignis-Matrix" definieren lassen. Alles, was die Bedingungen der Ereignis-Matrix erfüllt, taugt zum "Ereignis-Konstrukt" – aber nur jene Ereignis-Konstrukte und damit auch die ihnen zugrundeliegenden Texte sind in sich selbst narrativ, in denen die temporale Ordnung sich nicht auf die reine Sequentialität der symbolischen Zeichen reduziert.
[Erhard Schütz skizziert vier Phasen:] 1. Das Doppel von sozialdemokratischer Selbstbildproduktion und bildungsbürgerlicher Einhegungsbeschwörung (ca. 1850–1917) 2. Das Doppel von Hegemonial-Konkurrenz in der Arbeiterbewegung und neusachlicher Funktionalitätsfaszination (ca. 1917–1933) 3. Das Doppel von Produktionsverherrlichung als politischer Systemfeier und industriepopularisierender Sachliteratur (ca. 1933–1961) 4. Das Doppel von industrieweltlichem Sozialrealismus und politischer Systemagitation. (ca. 1961–1987) Arbeiterliteratur im engeren Sinne fundiert sich zunächst entscheidend in einer vom Industrieproletariat ausgehenden, gesellschaftlichen Zukunftsperspektive. Sie ist in diesem strikteren Sinne Teil von Arbeiterkultur. Arbeiterkultur war – zugespitzt – geprägt durch Arbeitsplatz, Familie und Verein. Als solches ist sie natürlich auch Gegenstand von Arbeiterliteratur gewesen. Aber Arbeiterliteratur ist darüber hinaus durch die Arbeiterkultur formbestimmt. Sie ist in diesem Sinne weder ein Ausdruck der sozialen Lage der Arbeiter noch der Reflex eines Klassenbewußtseins. Ihre Spezifik besteht zunächst vielmehr darin, den, wie Klaus-Michael Bogdal es ausdrückt, "Prozeß der Subjektkonstituierung der Arbeiter" zu verstärken und zu sichern, "indem sie einen wirksamen Code der Ich-Rede zur Verfügung stellt". Arbeiter-Schriftsteller bedienten sich mit der Literatur eines Bereichs, der traditionell als besonders intensi-ver und höchster Ausdruck von Subjektivität galt, um darin ein "kollektives Arbeiter-Subjekt" zu imaginieren. Oder anders gesagt: In der historischen Arbeiterliteratur konstituierte sich in Literatur, im Medium emphatischer Subjektivität, ein Schreiben in transindividuell-sozietärer Perspektive. Das prägt vor allem die frühe Phase der Arbeiterliteratur im 19. Jahrhundert.