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Am 5.9.1940 erhielt Carl Froelich anlässlich seines 65. Geburtstags aus den Händen von Joseph Goebbels die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Goebbels hatte diese Ehrung zwei Tage zuvor in einem Schreiben an den Staatsminister und Chef der Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers Otto Meißner wie folgt begründet: Mit der technischen Beherrschung des Stoffes verbindet Froelich eine hervorragende künstlerische Begabung, die ihn befähigte, schon seit vielen Jahren sowohl als Regisseur wie als Produzent zahlreiche bedeutsame Filme herzustellen. Unter seinen bekanntesten Filmen sind vor allem zu nennen: Reifende Jugend (1933), Traumulus (1935), Wenn wir alle Engel wären (1936) und Heimat (1938). In Anerkennung des künstlerischen und staatspolitischen Wertes seiner Filme wurde Carl Froelich am 30. Jan. 1937 der Professoren-Titel verliehen. Aufgrund des großen Ansehens, das er im gesamten Bereich des Filmes genießt, wurde er am 29. Juni 1939 zum Präsidenten der RFK bestellt, die er seitdem ehrenamtlich leitet. (Barch, R 55/96, Bl. 373) Für Froelich war dies der Höhepunkt der Karriere: Aus dem Kameramann bei Oskar Meßter (ab 1906) und dem selbständigen Produzenten und Regisseur (ab 1920) war ein hoch dekorierter Funktionär geworden. Voraussetzung dafür war nicht nur der Eintritt in die NSDAP, sondern auch die enge Zusammenarbeit des Tonfilm-Studio Carl Froelich&Co mit der Ufa.
Dimitri Schostakowitschs Verhältnis zur Filmmusik war ausgesprochen zwiespältig. Einerseits empfand er seine Tätigkeit als Stummfilmpianist von 1923-1925 als ausgesprochen belastend und z. T. als beschämend: Der Dienst in den Kinos paralysierte meine Schaffenskraft. Komponieren konnte ich überhaupt nicht mehr, und nur dann, wenn ich vollständig mit dem Kino aufhörte, konnte ich meine Arbeit weiterführen. (Schostakowitsch 1966, zitiert in Gojowy 1983, 17) Andererseits trug die Stummfilmbegleitung auch zu einer Bereicherung seiner musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten bei und prägte seine kompositorische Entwicklung in nicht zu unterschätzender Weise mit. So verstand er es durchaus eigene musikalische Vorstellungen zu verwirklichen, die seine Begleitungen von der gängigen Illustrationspraxis unterschieden.
Seit dem Jahre 2000 veranstaltet die Europäische Film-Philharmonie Film-Konzerte, bei denen „klassische“ Stummfilme, beispielsweise Fritz Langs METROPOLIS (1927), Friedrich Wilhelm Murnaus NOSFERATU (1922), Sergej Eisensteins PANZERKREUZER POTEMKIN (1925) oder Charlie Chaplins DER GOLDRAUSCH (1925) von einem Orchester begleitet werden.
Zofia Lissa wurde 1908 in Lemberg geboren. Sie studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Psychologie und erwarb 1929 den Grad eines Magisters der Musikwissenschaft. 1930 dissertierte sie zur Harmonik Skrijabins zum Dr. phil., 1954 zum Dr. der geschichtlichen Wissenschaften. 1947 habilitierte sie sich an der Universität Posen mit einer Arbeit „Über das Wesen des Komischen in der Musik”. 1948 übernahm sie den musikwissenschaftlichen Lehrstuhl an der Universität Warschau. In Warschau starb Zofia Lissa 1980. Die folgende Zusammenfassung soll und kann nicht die gesamte Ästhetik der Filmmusik Lissas wiedergeben. Vielmehr sollen die wesentlichen Gesichtspunkte ihrer Ästhetik aufgezeigt und anhand einiger Beispiele möglicher Funktionen der Musik im Film veranschaulicht werden. Bestenfalls soll sie die Neugierde des Lesers auf die Lektüre des leider nur noch schwer erhältlichen Werkes wecken.
Wolfgang Zeller wurde am 12.9.1893 in Biesenrode/Harz als Sohn eines Pfarrers geboren. Seine musikalische Begabung zeigte sich früh: erster Violinunterricht mit acht Jahren, Kompositionsstudien schon während der Schulzeit; nach dem Abitur (Potsdam) Unterricht in München bei Felix Berger, einem anerkannten Geigenvirtuosen, und in Berlin bei Jean Paul Ertel (Komposition). Nach dem 1. Weltkrieg - Zeller diente von Oktober 1914 bis November 1918 - entstanden größere Kompositionen: Orchesterstücke, Kammermusik und Lieder; eine Anstellung als Geiger im Orchester der Berliner Volksbühne mündete bald darauf in ein festes Engagement als Komponist und Dirigent der Schauspielmusik an der Volksbühne (1921-1929). Er schrieb Musiken für Theater-Regisseure wie Erwin Piscator und Heinz Hilpert. Die Begegnung mit Lotte Reiniger ermöglichte ersten Kontakt zum Film. Nach PRINZ ACHMED (1926) folgte schnell die Vertonung von Hans Kysers Filmbiographie LUTHER (1927). 1927 war Zeller der meistgespielte Kinokomponist in Deutschland.
Winfried [Petrus Ignatius] Zillig (geboren am 1.4.1905 in Würzburg, gestorben am 17.12.1963 in Hamburg) arbeitete als Komponist, Musiktheoretiker und Dirigent. Zillig begann das Studium der Jura und der Musik in Würzburg. In Wien traf er mit Arnold Schönberg zusammen, dem er nach Berlin folgte. Er gilt nach Theodor W. Adorno als größte Begabung in Arnold Schönbergs Berliner Meisterklasse und wird den Mitgliedern der so genannten Berliner Schule zugerechnet. 1927 wurde er Assistent von Erich Kleiber an der Berliner Staatsoper; Engagements in Oldenburg, Düsseldorf, Essen und Posen folgten. Nach dem Weltkrieg wurde er Erster Kapellmeister an der Düsseldorfer Oper. 1947 wechselte er zum Sinfonie-Orchester des Hessischen Rundfunks. Seit 1959 leitete er bis zu seinem frühen Tod die Musikabteilung des Norddeutschen Rundfunks.
Werner [Friedrich Emil] Eisbrenner war Komponist und Dirigent; neben einer Vielzahl von Filmmusiken entstanden außerdem einige symphonische Werke und das musikalische Lustspiel Von Hand zu Hand (1946). Eisbrenner wurde am 2.12.1908 in Berlin geboren. Er studierte Kirchen- und Schulmusik an der Staatlichen Akademie in Berlin. Seit 1930 verdiente er sich als Pianist, Korrepetitor und Arrangeur sein Geld. Auf Anraten des Operettenkomponisten Max Winterfeld alias Jean Gilbert ("Die keusche Susanne") wandte er sich dem Film zu. Die erste Arbeit an einem Tonfilm, die er vollständig verantwortete, war die Musik zu dem Historienfilm DER HÖHERE BEFEHL (1935, Gerhard Lamprecht). Eisbrenner wurde schnell einer der beständigsten und populärsten Filmkomponisten der Nazizeit. Er war auf kein Genre festgelegt.
Der frühe abendfüllende Dokumentarfilm NANOOK (USA 1922, Robert Flaherty) verdeutlicht in einer Szene metaphorisch das Verhältnis von dokumentarischen Formen des Films und Musik. Dem Hauptprotagonisten Nanook wird in dieser Szene eine Schellackplatte auf einem Grammophon vorgespielt, welche dieser nach dem erfreuten Vernehmen der Musik in die Hände nimmt, um sie an den Mund zu führen und prüfend auf sie zu beißen. Neben der – dem Hintergrund der folgenden Ausführungen förderlichen – Deutung der Szene als ein bildhaftes Aufzeigen des zu prüfenden und sich gelegentlich beißenden Verhältnisses von dokumentarischen Filmformen und Musik, weist diese Szene noch entschieden auf etwas anderes hin. Sie eröffnet nicht nur den Horizont für die Diskussion der konnotierenden und interpretierenden Wirkung von Filmmusik, sondern verdeutlicht auch das problematische Referenzverhältnis zwischen dokumentarischem Film und außerfilmischer Realität an sich. Robert Flaherty, der Regisseur des Films, verstand sein filmisches Schaffen nämlich als ein „Dramatizing Life“ (Zimmermann 2001, 6), welches, wie Witzke und Rothaus beschreiben, selbstverständlich das Nachstellen und Spielen von Szenen für die Kamera akzeptierte bzw. zur filmischen Methoden entwickelte (2003, 47/48). Diesbezüglich ist das inszenierte Beißen und der dieses bejahende und absichernde Blick von Nanook in die Kamera auch ein praktischer Verweis auf die nicht enden wollende theoretische Diskussion um das referenzielle Wesen des dokumentarischen Films, die hier jedoch nicht geführt werden soll und kann.
Vom klassischen Film zur Zweiten Moderne : Überlegungen zur Differenz von Bild und Ton im Film
(2008)
Michel Chion, einer der wichtigsten Filmtontheoretiker der Gegenwart, geht in seinem Werk L´audio-vision (1990) davon aus, dass Bild und Ton hinsichtlich eines „audiovisuellen Kontrakts“ zwar keine natürliche Beziehung zueinander unterhalten, der Rezipient jedoch eine symbolische Beziehung zwischen beiden sieht, die aus Bild und Ton eine Einheit werden lässt. In der Filmtheorie steht diesem synthetisierenden Modell von Akustischem und Visuellem ein differentieller Denkansatz entgegen, der das audiovisuelle Zusammenspiel im Film nicht als Synthese, sondern als Kräftefeld unterschiedlicher Bestandteile begreift, die zwar einen Bezug zueinander haben, aber dennoch technisch wie ästhetisch getrennt und heterogen sind.
Un grand amour de Beethoven
(2008)
Im Zuge der so genannten „romantischen Beethoven-Rezeption“, die bis in das 20. Jahrhundert reichte, wurde Beethovens fünfte Symphonie c-moll (op. 67) als eine „musikalisch objektivierte Erzählung von Niederlage und Triumph, vom ewigen menschlichen Schicksalskampf, von Leid und Erlösung“ interpretiert, wie im entsprechenden Eintrag in der Wikipedia sehr richtig vermerkt wird. Als Musik gewordenes Bild einer existenziellen Krise, aus der sich das geschundene Individuum am Ende erhebt, geläutert, stärker geworden; der in der Musik scheinbar so sinnfällig beschriebene Held hat sich gegen das Schicksal aufgelehnt, er hat nicht aufgegeben, sondern ist durch die Niederungen der Verzweiflung angesichts der Krankheit schließlich ein anderer geworden. Dass diesem Bild ein Heroismus innewohnt, der die Musik nicht nur für ästhetische, sondern auch ideologische Deutungen öffnet, ist evident.
Wer ein U-Boot kaufen will, kann sich auf der Internetseite der Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH (Kiel) über die aktuellen Angebote informieren. Über die neuen Boote der 214er-Klasse ist da unter anderem vermerkt: „The net result was and is an air-independent but non-nuclear submarine with exceptional technical and operational capabilities, featuring extraordinarily developed stealth characteristics and an impressive weapon and sensor payload.“ (Internetseite HDW 2007). Auch die Deutsche Marine gibt mit Stolz an, ihre U-Boote – acht Boote der Klasse 206 A und vier der Klasse 212A – seien „extrem schwer ortbar“, und die Signatursilhouette der neuen 212er-Boote sei „im Vergleich zu anderen konventionellen U-Booten nochmals minimiert worden.“ (Die Flotte 2006, 21 und 23). In einem Telefongespräch gab der ehemalige Inspekteur der Marine, Vize-Admiral a.D. Lutz Feldt, sogar an, die neu entwickelten 212er-Boote seien so leise, dass sie, wenn man sie zu orten versuche, als eine Art akustisches Schwarzes Loch vor dem allgemeinen Geräuschhintergrund des Meeres erschienen – und dadurch fatalerweise schon wieder geortet werden könnten (Lutz Feldt, Telefonat v. 16.3.2007). Mag diese Aussage auch ein bisschen überspitzt sein – es ist nicht zu leugnen, dass sich bei einem NATO-Manöver mehrere deutsche U-Boote geräuschlos an einen amerikanischen Flugzeugträger heranschleichen konnten und mit diesem Beweis mangelhafter Abschirmung größte Bestürzung beim NATO-Partner hervorriefen.
The Glenn Miller story
(2008)
Der Film verfolgt das Leben des Jazzmusikers und späteren Bandleaders Glenn Miller. Zunächst wird er als armer Künstler dargestellt, der häufiger im Pfandleihhaus als auf der Bühne ist. Motiviert durch seinen Freund reist er nach New York, wo er ein Engagement am Broadway erhält. Auf dem Weg trifft er sich mit seiner unglücklich in einen anderen Mann verlobten Ex-Freundin, die er später nach New York holt und zügig und sehr zu ihrer Überraschung heiratet.
Vertov defined the basic qualities of his Cine-Eye by means of a simple negation: it sees what remains inaccessible to the human eye. This means that in his films we see media-based and media-produced images that have nothing to do with the imitation of human perception. According to Vertov, such filmic, telescopic, or microscopic perception develops, educates, and expands the viewer’s analytical abilities. Thus, we have on the one hand a media-induced perception and on the other a new assemblage or montage of the fragments of this mediated perception. This new montage is based on a specific interaction and follows poetic rather than prosaic rules. It is freed from such constraints as time, space, causality, or speed. In other words it is based on properly media-specific qualities and, following the terminology of the Russian Futurists who influenced Vertov in his youth, it constitutes zaum or transrationality.
Als Terrence Malicks Kinodebüt BADLANDS im Oktober 1973 Premiere auf dem New Yorker Filmfest feierte, saß auch Vincent Canby, Kritiker der New York Times, im Kinosaal. Canby schrieb eine überaus positive Rezension über dieses Drama um ein junges Paar auf der Flucht (1973/1). Wenige Tage später war BADLANDS für ihn „The Movie that Made the Festival Memorable“ – so die Überschrift seines abschließenden Festivalberichts (1973/2). Doch über die in dem Film verwendete Musik verlor er kein Wort. Pauline Kael, Kritikerin des New Yorker, erwähnte die Musik in ihrer Rezension des Films zum US-Kinostart wenige Monate später nur am Rande (vgl. Kael 1974). Und auch in einem Interview, das Michel Ciment, Herausgeber des französischen Filmmagazins Positif, im März 1975 in Los Angeles mit Malick führte, wird nur kurz auf die musikalische Ebene eingegangen (1975, 32). Dabei ist der Soundtrack eine ganz zentrale Dimension dieses Films. Umso dringlicher erscheint es, BADLANDS mit Blick auf die Musik genauer zu untersuchen.
Stormy weather
(2008)
Der Musicalfilm STORMY WEATHER von 1943 ist die erste Hollywoodproduktion, die ausschließlich schwarze Darsteller beschäftigte, darunter populäre Entertainer der damaligen Zeit wie Lena Horne, Bill „Bojangles“ Robinson, Fats Waller, Katherine Durnham und Cab Calloway. Schon allein dadurch nimmt das Werk eine besondere soziokulturelle Komponente ein; afroamerikanische Darsteller lösten sich allmählich vom Butler/Dienstmädchenklischee- der Ära schwarzer Charakterdarsteller wie Sidney Portier wurde ein Fundament errichtet (auch wenn STORMY WEATHER immer noch viele Stereotype bedient: abgesehen von den Hauptfiguren bezeugen viele der Charaktere ein kindliches, aufschneiderisches, faules, aber durchweg musikalisches Gemüt).
Der Film STANDING IN THE SHADOWS OF MOTOWN erzählt die Geschichte der Funk Brothers, der immanent wichtigen und dennoch wenig beachteten Studioband von Motown Records. Das Plattenlabel, welches vor allem initiiert worden war, um farbigen Musikern den Einstieg in den Mainstream zu ermöglichen, hatte während seiner erfolgreichsten Zeit in den Jahren zwischen 1950 bis 1970, der sogenannten Detroit-Era, eine Gruppe von Studiomusikern unter Vertrag, die durch ihren speziellen Sound maßgeblichen Anteil am Erfolg der Künstler und damit auch der Firma selbst hatten. Trotz dieses Umstandes führte die Band, wie es der Titel des Films verrät, ein permanentes Hintergrunddasein und blieb von jeglicher Anerkennung durch die Öffentlichkeit während der ganzen Hochperiode ihres Schaffens ausgeschlossen. Mit der Dokumentation wird ein Einblick in die Entwicklung der Gruppe gewährt, vom Anheuern der Musiker für das junge Label in den Fünfzigern über Schicksalsschläge und Triumphe bis hin zur Auflösung Anfang der Siebziger durch die Verlagerung des Motown-Firmensitzes nach Los Angeles.
Das Schaffen des 1931 in Buenos Aires geborenen Komponisten, Regisseurs, Autors und Interpreten Mauricio Kagel erstreckt sich von autonomer Instrumentalmusik und Musiktheater über Film und Hörspiel bis hin zu bildnerischen Werken und Raum- und Klanginstallationen. Dabei kann eine kompositorische Idee auch mehrere Werkstadien durchlaufen. So gingen dem 1969 abgedrehten und 1970 fertiggestellten Film LUDWIG VAN, für den Kagel ausschließlich auf Beethovens Musik zurückgriff, zunächst konzertante Aufführungen voraus; im Zuge der Filmproduktion entstand wiederum eine Partitur, die auf Bildmaterial des mit Noten collagierten so genannten Musikzimmers basiert. Diese aus den Filmbildern gewonnene Partitur diente Kagel wieder als Grundlage für konzertante Aufführungen, und die Kulisse des Musikzimmers fand als Rauminstallation schließlich ihren Platz im Museum.
Das zentrale Kennzeichen des Hindi-Films ist die Musiknummer. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen gibt es keinen Hindi-Film ohne Musiknummern. Die Bedeutung dieser Filmmusik für die indische Kultur auf dem Subkontinent und in der Diaspora ist unbestritten. Ihre narrative Funktion hingegen wird weitgehend übersehen oder geleugnet: Die Musiknummern hätten keine Verbindung zur Geschichte, die der Film erzählt, für das Verständnis der Handlung eines Hindi-Films seien die Musiknummern ohne Bedeutung, so die allgemeine Meinung, die selbst in der indischen Filmindustrie vertreten wird. So meint etwa der Drehbuchautor und Song-Texter Javed Akthar, die Musiknummern seien „not part of the narrative“ (Kabir 1999, 130). Unbestritten ist, dass es etliche Musiknummern gibt, die tatsächlich so gut wie nichts zur Handlung beitragen. Die überwiegende Mehrheit jedoch besitzt sowohl narrative wie auch reflexive Funktionen. Das sei an einigen Beispielen genauer dargestellt.
Musical(-Film)
(2008)
Mit der Einführung des Tonfilms seit dem Ende der 1920er Jahre sich entwickelndes Hollywood-Genre, das in seinen heterogenen Wurzeln unter anderem aus der Music-hall-, Vaudeville- und Broadway-Tradition hervorgegangen ist. Die obligatorischen Gesangs- und Tanznummern unterbrechen die Filmhandlung in der Frühphase zunächst unvermittelt, werden später jedoch in die Narration integriert bzw. gehen motiviert aus dieser hervor und erfüllen vielfältige Funktionen: sie eröffnen irreale „Wunschräume“, nehmen Zukünftiges vorweg, kommentieren das diegetische Geschehen oder machen Subtexte sichtbar.
Lisztomania
(2008)
Eine der schillerndsten Figuren des Musikfilms ist der Engländer Ken Russell. Der 1927 geborene Regisseur produzierte seit 1958 eine ganze Reihe von Komponistenporträts für die BBC, ein Thema, das ihn lebenslang immer wieder beschäftigte. Schon früh warfen ihm vor allem Musikkritiker eine Respektlosigkeit im Umgang mit den Porträtierten vor, die der Sache eher schade als nütze. Russell hat sich von diesen Einwürfen nie beeindrucken lassen, sondern von Beginn an Musiker als Träger historischer Bedeutungen und als Elemente politisch-ästhetischer Diskurse zu interpretieren versucht.