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In dem Beitrag wird der Prozeß der Professionalisierung der Linguistik beleuchtet, indem die Zusammenhänge beschrieben werden, die zwischen linguistisch-diskursanalytischer Forschung an der Universität, der praktischen Anwendung ihrer Ergebnisse im Berufsfeld Kommunikationsberatung und -training sowie der Gestaltung der universitären Ausbildung, d.h. von Lehre und Studium, bestehen. Es werden Möglichkeiten und Wege aufgezeigt, diese drei Elemente enger aufeinander zu beziehen, sie in eine positive Wechselwirkung miteinander zu bringen und dadurch Synergieeffekte zu erzeugen. Die Herstellung und Absicherung solcher positiven Wechselwirkungen ist eine wesentliche Voraussetzung für eine verbesserte Trainings- und Beratungspraxis und zugleich ein Beitrag zur Professionalisierung der Linguistik.
Es wurden Interviews mit hauptberuflichen KommunikationstrainerInnen geführt, um herauszufinden, inwieweit diese sprachwissenschaftliche Theorien, Methoden und Ergebnisse kennen und für ihre Trainings nutzen, wie sie das Verhältnis von Theorie und Praxis der Kommunikation sehen und welche Methoden der Diagnose von Kommunikationsproblemen, Veränderung und Evaluation sie einsetzen. Wie die Befragung zeigt, ist die Distanz zwischen Trainingspraxis und Sprachwissenschaft noch immer sehr groß und haben nur wenige Theorien und Ergebnisse in den Trainingsbereich Eingang gefunden. Die diskursanalytischen Methoden zur Analyse kommunikativer Probleme werden hier bislang kaum genutzt. Eine Konsequenz daraus sollte u.E. sein, daß die Linguistik für eine Kooperation in aktiver Weise attraktive und auf die Adressaten zugeschnittene Angebote machen muß.
Deutschland 1932: die Erfahrungen des Amerikanismus und des Fordismus waren gerade verarbeitet; man hatte die neuen Geschwindigkeiten und die Vermassung der Millionenstädte ebenso studiert wie das Industrieproletariat und die frischen Angestelltenschichten; der Funktionalismus hatte in allen Bereichen der Moderne, auch im Design und in der Architektur, seinen Siegesszug angetreten; man hatte an der Metropole Berlin erstmals auch die Wahrnehmungs-Modalitäten von Big Cities ästhetisch durchbuchstabiert; man hatte indes auch mit dem schwarzen Freitag die Konsequenzen globalisierter Wirtschafts- und Börsenverflechtungen erlitten – in diesem Jahr 1932 also bildet der österreichische Schriftsteller und Naturwissenschaftler Robert Musil in seinem "Mann ohne Eigenschaften" die "soziale Zwangsvorstellung" einer "überamerikanischen Stadt", "wo alles mit der Stopuhr in der Hand eilt oder stillsteht. Luft und Erde bilden einen Ameisenbau, von den Stockwerken der Verkehrsstraßen durchzogen. Luftzüge, Erdzüge, Untererdzüge, Rohrpostmenschensendungen, Kraftwerkketten rasen horizontal, Schnellaufzüge pumpen vertikal Menschenmassen von einer Verkehrsebene in die andre; man springt an den Knotenpunkten von einem Bewegungsapparat in den andern, wird von deren Rhythmus, der zwischen zwei losdonnernden Geschwindigkeiten eine Synkope, eine Pause, eine kleine Kluft von zwanzig Sekunden macht, ohne Überlegung angesaugt und hineingerissen, spricht hastig in den Intervallen dieses allegemeinen Rhythmus mit einander ein paar Worte. ...
Im Jahr 1837 schreibt Gustave Flaubert – er ist sechzehn Jahre alt – die Erzählung Quidquid volueris, eine nahezu perfekte Schauergeschichte im Stil der gothic novel, ein goyaesker Alp "schlafloser Nächte", worin der Erzähler eingangs die Teufel seiner Einbildungskraft, die "Kinder meines Hirns" anruft wie Musen der Inspiration. Virtuos setzt der adoleszente Autor alle Stilmittel des langsam sich aufbauenden Grauens ein, das sich am Ende in einer entsetzlichen Tat entlädt. ...
Hegel hat endlos vielen Interpretationen von Tragödien, und so auch solchen der "Antigone" das Schema vorgegeben, wenn er den tragischen Konflikt als die Kollision zweier sittlicher Ansprüche bezeichnete, die beide in sich selbst gerechtfertigt sind. Für die "Antigone" hieß dies, daß die Sittlichkeit der Familie, durch Antigone repräsentiert wie erlitten, auf die Sittlichkeit des Staates stoße, die in Kreon resümiert ist. Und da beide Sittlichkeiten in sich notwendig seien, müsse die Kollision einen tragischen Terminus finden. Dies umso mehr, als zur tragischen Kollision gehöre, daß beide Positionen jeweils Momente der Gegenposition enthielten, die aber jeweils implizit und unausgedrückt blieben, so daß weder Antigone noch Kreon die Berechtigung der jeweils anderen Auffassung auch nur ansatzweise teilen könne. Unversöhnlich prallen beide Positionen aufeinander, weil die Protagonisten innere Ambivalenzen nicht zuließen. ...
Der folgende Beitrag handelt nicht eigentlich über Theodor von Neuhoff (1694 bis 1756), jenen Sproß einer westfälischen Adelsfamilie, der sich in den Aufstand der Bevölkerung Korsikas gegen die Republik Genua verwickeln ließ, 1736 als Theodor I. zum König gewählt und gekrönt wurde und, nach Jahren scheiternd, bis kurz vor seinem Tod in einem Londoner Schuldgefängnis leben mußte. Dieser Mann, den so unterschiedliche Literaten wie Voltaire, Karl August Varnhagen von Ense und Theodor Heuss – um nur je einen Namen pro Jahrhundert anzuführen – als einen ›Abenteurer‹ entweder verspottet (Voltaire) oder mit Sympathie gezeichnet haben (Varnhagen und Heuss), hat nicht nur die Historiographen, sondern auch die Romanciers und Librettisten inspiriert. Der folgende Beitrag handelt über eben diese Fiktionen, zu denen die Lebensgeschichte des Barons und Königs schon im 18. Jahrhundert (und übrigens noch jüngst in einem deutschen Roman) Anlaß gegeben hat.1 Er beginnt mit zwei knappen Abschnitten über Neuhoffs fiktionale Existenz vor dem Zugriff von Christian August Vulpius auf den Stoff (Abschnitt 1) und über die Semantik des Abenteuerlichen in Nachschlagewerken des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts (Abschnitt 2). Die Analyse von Theodor König der Korsen unter der im Titel formulierten Fragestellung macht naturgemäß den Hauptteil aus (Abschnitte 3 und 4). Abgeschlossen werden Analyse und Beitrag durch eine Deutung der von Vulpius in den Roman eingefügten Figur des Ewigen Juden (Abschnitt 5).
Spartacus mußte, als bis dahin teuerste Filmproduktion überhaupt, ein kommerzieller Erfolg werden – was auch gelang. Den weiteren historischen Rahmen des Films bildet das gereizte antikommunistische Klima, das die Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg beherrschte und in dem man sehr schnell auch gegen Künstler mißtrauisch geworden war. Dalton Trumbo, einer der gefragtesten Drehbuchautoren seiner Zeit, gehörte zu den „Hollywood Ten“, die 1947 vor dem House Un-American Activities Committee die geforderten Denunziationen vermeintlicher Kommunisten verweigert hatten. Folge für sie waren Gefängnisstrafen und Beschäftigungsverbote: die schwarzen Listen. Diese waren 1958, bei Beginn der Arbeiten zu Spartacus, nach wie vor intakt. Viele Drehbuchautoren arbeiteten aber doch für die Produktionsfirmen: unter falschem Namen und größter Geheimhaltung – so auch Trumbo für Spartacus. Während der Dreharbeiten erschien Douglas irgendwann das Risiko tragbar, Trumbo nach 1947 zum ersten Mal namentlichen screen credit zu geben: eines der Ereignisse, die zur Auflösung der blacklist führten. Daß Spartacus offen mit Trumbo und auch Howard Fast, dem kommunistischen Autor der Vorlage, firmieren konnte, ist zunächst erstaunlich. Gibt es doch kaum ein antikes Thema, das kommunismusaffiner erschiene als der Aufstand der Sklaven gegen ihre römischen Unterdrücker, kaum einen Helden, der subversiver zur Identifikation mit dem gefürchteten politischen Gespenst verführen könnte. Zwei Aspekte sollen die folgenden Ausführungen beleuchten: Wie sieht der Held aus, der den Amerikanern seinen Aufstand vorführen darf? Und: Wohin zielt diese Rebellion, die von vornherein auch im Kassenhäuschen der Kinos Epoche machen wollte?
Bis weit ins achtzehnte Jahrhundert hinein schöpft der Dichter seine Identität und Autorität aus einer Tradition, die im wesentlichen als diachrone "textual community" auftritt. Die Schrift ist das Medium, das die Kontinuität der Tradition sichert. [...] Wer außerhalb dieses Universums steht, wer zum Archiv der Schrift keinen Zugang hat, ist gedächtnislos, kann seine Individualität, kann seine Subjektivität nicht realisieren, ist allenfalls Objekt der Belehrung. Noch die aufklärerischen Konzepte der Volkserziehung – etwa bei Gottsched – speisen sich aus dieser Auffassung und beruhen auf dem Prinzip der In- bzw. Exklusion durch Teilhabe an der Schriftkultur.
Dies scheint sich (in Deutschland) seit den sechziger und siebziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts grundlegend zu andern. [...] Als Phönix aus der Asche des poeta doctus steigt nun aber nicht nur das Originalgenie empor; zum Genialitätsparadigma gehört als komplementärer Pol wesentlich die Orientierung auf eine Sphäre, die im Horizont des Gelehrsamkeitsparadigmas außerhalb des Blickfelds geblieben war: jene des aliteralen Volks und der mündlichen Überlieferung. Das Volk gilt nicht mehr nur als Objekt der Erziehung, der Dichter nicht mehr einfach als sein Erzieher. Das Volk wird im Gegenteil zum Ursprungsort der Dichtung und damit das Mündliche zum Ursprungsort des Schriftlichen erhoben. Die Schriftkultur legitimiert sich fortan gar durch Bezug auf ein ihr gegenüber grundsätzlich anders strukturiertes semiotisches System. Diese Komplementarität berührt aber die Frage nach der Autorschaft bereits am kulturgeschichtlichen Ursprungsort ihres emphatischen Begriffes essentiell. Wer ist der Autor – das literale Originalgenie oder das aliterale Volk?
Das Konzept "Engagierte Literatur" verhalt sich dem Se1bstverstandnis seiner Vertreter zufolge zu jenem des ästhetizistischen "l'art pour l'art" gegenläufig. Verliert sich der "Ästhetizismus", so das kritische Urteil seiner Gegner, in weltloser Selbstbezüglichkeit, so begehren die Vertreter der "Engagierten Literatur" gegen die von Max Weber zum Epochenschicksal erklärte Ausdifferenzierung der Kultur in füreinander gleichgültige Wertsphären auf und versuchen, in geradezu prometheischem Gestus ein literarisches Konzept aufzurichten, das die Grenze des Subsystems Literatur für die außerästhetischen Parameter des Ethischen und des Politischen offen hält . "[D]ie Kunst", urtei1t Bertolt Brecht in seinem Arbeitsjournal, "ist ein autonomer bezirk, wenn auch unter keinen umständen ein autarker". ",[D]as dichten muß als menschliche tätigkeit angesehen werden, als gesellschaftliche praxis mit aller widersprüchlichkeit, veränderlichkeit, als geschichtsbedingt und geschichtsmachend". Erkennt der Dialektiker Brecht die Autonomisierung der Kunst und Literatur in der Moderne einerseits an, so bezieht – und verpflichtet – er sie zugleich auf das gesellschaftliche Ganze, dessen Teil sie sei. Damit stehe Brecht in der Tradition der Konzepte ästhetischer Erziehung seit der Aufklärung; und der wohl prominenteste Ort dieser Erziehung ist seit dem achtzehnten Jahrhundert das von Gottsched und seinen Nachfolgern konsequent literarisierte Theater.
Zwar wurde seit der Romantik akademischen Darstellungsprinzipien zunehmend entgegengesteuert, stand die Abkehr vom Mimesis-Gebot immer häufiger auf der künstlerischen Tagesordnung. Doch im gleichen Maß geht die Erschließung neuer ästhetischer Horizonte durch die konsequente Weiterentwicklung und Durchformung des künstlerischen Materials einher mit dem Anspruch, Alternativen zur jeweils herrschenden philosophischen und naturwissenschaftlichen Forschung zu entwerfen […]. Dieses oppositionelle Moment von Kunst macht sich das ästhetische Denken von Theodor W. Adorno (1903-1969) in besonderem Maße zu eigen. […] Adorno verzichtet auf keinen der beiden […] Pole von Kunst in der Moderne. Es geht ihm sowohl um Kunst als autonomen, für sich und nur für sich sprechenden Bereich wie auch um ihre Steigerung zur Souveränität, in der das Kunstwerk gewissermaßen zur Funktion des Lebens wird. Beide Aspekte aufgenommen zu haben und sich gegenseitig kritisieren zu lassen, dies definiert die Negativitätsästhetik in der Konzeption Adornos, in der sowohl Kant wie Schelling, Hegel wie Nietzsche deutliche Spuren hinterlassen haben. In der Ästhetischen Theorie von 1970 haben beide Linien einen vielleicht letzten verdichtenden Kreuzungspunkt gefunden.
Der folgende Beitrag ist im Rahmen des Forschungsprojektes der Arbeitsstelle für mährische deutschsprachige Literatur entstanden, die vor drei Jahren an der Palacký-Universität in Olmütz (Olomouc) gegründet wurde und sich im allgemeinen mit dem Sichten und Sammeln von Material beschäftigt, mit Aufdecken von verschütteten und vergessenen Spuren, mit deren Festhalten in klassischer sowie elektronischer Form und deren wissenschaftlicher Auswertung in verschiedenster Form. Die Forschung der Arbeitsstelle bewegt sich um ihr Forschungsobjekt, die mährische deutschgeschriebene Literatur, und hiermit auf dem weiten Feld der regionalen Forschung, das eben durch diese seine Weite und Breite sowohl Vorteile als auch Nachteile darbietet. Zu den Vorteilen gehört (um nur kurz Allgemeinplätze zu streifen) der unumstößliche heuristische und historische Wert einer solchen Arbeit, denn längst hat die Literaturgeschichte erkannt, dass die kanonbildende Orientierung bloß an den großen Werken der sogenannten Weltliteratur die Geschichte verzerrt oder gar verfälscht, zu Verflachungen und Pauschalisierungen führt und außerdem Ideologien transportiert.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit einer spezifischen Sprach- und Sprachensituation auseinander, die besondere Ausformungen sowie Strukturierungen des Deutschen aufweist und für die ein umfassender und durchdringender soziokultureller sowie sprachlicher Austausch – und als deren Folge Mehrsprachigkeit und Inter- bzw. Transkulturalität – den Bezugsrahmen darstellen. In dieser inter- bzw. transkulturellen „Fugen-Position“ ist das Deutsche weder Mutter- noch Fremdsprache im herkömmlichen Sinne des Wortes. Es handelt sich um Deutsch als Minderheitensprache (nach einer anderen Terminologie: Nationalitätensprache) in Ungarn. Die Sprach(en)verhältnisse der Ungarndeutschen werden seit über 250 Jahren grundlegend durch immer intensiver werdende „Außenkontakte“ mit dem Ungarischen und mit anderen Umgebungssprachen bzw. -varietäten gekennzeichnet: Ungarisch übt seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen sukzessiv erstarkenden Einfluss auf das kommunikative Handeln und dadurch auf das Sprachrepertoire der Ungarndeutschen aus, wohingegen nach 1945 die Einwirkung des Ungarischen besonders massiv wurde. Im Hinblick auf den sog. „geschlossenen“ (m.E. besser: zusammenhängenden) deutschen Sprachraum hat Mattheier (1980: 160) ausgeführt, dass Veränderungen in den Sprachgebrauchsstrukturen eng mit Veränderungen in den sprachlichen Strukturen verbunden sind und dass beide Prozesse gewöhnlich gleichzeitig vor sich gehen. Unter Bedingungen der Mehrsprachigkeit und der Inter- bzw. Transkulturalität gilt dies, wie mir scheint, verstärkt. Denn die Sprachgebrauchsstrukturen der Ungarndeutschen haben sich zugleich aus zweierlei Hauptgründen mehrfach geändert: (a) Zum einen haben die erwähnten lange andauernden und tief greifenden (alle sozialen Domänen erfassenden) sozio- bzw. interkulturellen und sprachlichen Kontakte und die sich aus ihnen ergebenden kommunikativen Muster erhebliche Konsequenzen für die Sprache. Denn Sprachenkontakte lösen „von Haus aus“ nicht unwichtige Veränderungen in den interagierenden Sprachvarietäten aus. Dies betrifft sowohl die sprachlichen Formen, Strukturen und Modelle als auch die Sprach- bzw. Diskursgewohnheiten und darüber hinaus – wie ich meine – sogar das Weltmodell der miteinander in Berührung befindlichen ethnischen Gruppen bzw. Kommunikationsgemeinschaften. (b) Zum anderen erfolgte die sprachliche Bewältigung der Umwelt – auch abgesehen von der Mehrsprachigkeitssituation – auf andere Art und Weise als im zusammenhängenden deutschen Sprachraum, unterscheidet sich doch der soziokulturelle Referenzrahmen für die deutsche Minderheit in Ungarn fundamental im auf dem deutschen Sprachgebiet. Diese beiden Aspekte (a und b) üben ihre sprachgestaltende Wirkung auf das Deutsche als Minderheitensprache im Kulturraum Ungarn auch heute aus. Somit werden im vorliegenden Beitrag Elemente, Strukturen, Modelle und Gesetzmäßigkeiten im Mikrokosmos einer spezifischen Kontaktvarietät des Deutschen beschrieben und exemplifiziert, die sich von der binnendeutschen Standardsprache, aber auch von den binnendeutschen regionalen Varietäten grundlegend unterscheidet. Anhand ausgewerteter oraler Sprachproben, die ich im Rahmen eines kontaktlinguistischen Feldforschungsprojekts in der ungarndeutschen („donauschwäbischen“) Ortschaft Hajosch (auf Ungarisch: Hajós) in der nördlichen Batschka erhoben habe, sollen Aspekte der Varianz und Kontaktlinguistik der Sprachinnovation ermittelt und dokumentiert werden.
Als Hintergrund der Übersetzungen Elisabeths von Nassau-Saarbrücken wird in der Forschungsliteratur unseres Jahrhunderts wiederholt eine kulturelle Bewegung namhaft gemacht, die man mit den Begriffen ,Ritterrenaissance' oder "Ritterromantik" belegt. So spricht beispielsweise Wolfgang Haubrichs von der "aufkomrnenden Ritterrenaissance Frankreichs und Burgunds [ ... ], wo man Motive aus ,Perceval' in prunkvolle, als Palastschmuck gedachte Teppiche webte". Einen Versuch, die Werke Elisabeths in einen grösseren europäischen Zusammenhang einzuordnen, hat Josef Strelka in seiner ungedruckt gebliebenen Wiener Dissertation von 1950 unternommen: "Feudalromantische Strömungen in der Renaissancedichtung und ihre Entwicklung".
In ihrer einführenden Studie versucht Ingrid Kasten (durch die Vorstellung neuerer methodologischer und literaturtheoretischer Konzepte), den Begriff der Wahrnehmung als epistemische Kategorie der Literaturwissenschaft weiter zu fundieren indem sie Anknüpfungsmöglichkeiten in anderen, benachbarten Forschungsgebieten sucht (u.a. in der Sprechakttheorie, in der philosophischen Phänomenologie und im Forschungs-paradigma ‚Theatralität’ / ‚Szenographie’); Kasten betrachtet die Kategorie der Wahrnehmung als eine „kulturtheoretisch argumentierende Literaturwissenschaft“.
Der Begriff Eurocomprehension steht für Europäische Interkomprehension in den drei großen Sprachengruppen Europas, der romanischen, slawischen und germanischen. Es geht der Eurocomprehension darum, unter EU-konformen sprachpolitischen Zielsetzungen Mehrsprachigkeit über den Einstieg in rezeptive Kompetenzen modularisiert zu erreichen. Dabei liefert die linguistische Interkomprehensionsforschung die interlingualen Transferbasen zur kognitiven Nutzung von Verwandtschaftsbeziehungen in Sprachgruppen, die eine Mehrsprachigkeitsdidaktik umsetzt. ...
Der 1793 in Poppitz bei Znaim geborene Carl Post, der unter dem Namen Charles Sealsfield in den 1830er Jahren zu schriftstellerischem Ruhm gelangte, ist bis heute einer der geheimnisumwittertsten Autoren der deutschen Literatur, wobei schon die Frage, ob er eher im Kontext der deutschen oder nicht vielmehr der amerikanischen Literatur zu sehen sei, für Diskussion sorgt. Allzu lange hat sich die Erforschung seines Werkes auch auf biographische Fragen beschränkt; erst seit den 1970er Jahren stand die ästhetische Struktur seiner Romane zunehmend im Zentrum des Interesses. ...
Kleist, so der Ausgangspunkt meiner folgenden Überlegungen, interessiert sich nicht nur für Zeit als Machtfaktor im Krieg, für Beschleunigung und die Taktik des Partisanen, sondern er analysiert – umfassender – Zeit als Medium für gesellschaftliche Wirklichkeitskonstruktionen. Zum einen geht es in seinen Texten um Zeitknappheit in Szenen von Kampf und Gewalt. Es greift meines Erachtens zu kurz, diese auf ein Plädoyer für den Partisanenkrieg zu reduzieren. Denn ausgeblendet bleibt dann deren Analysepotential im Hinblick auf die Frage, welche Konsequenzen Zeitknappheit für Kommunikation hat – und umgekehrt: wie Kommunikation Zeitknappheit produziert. Zum anderen geht es in Kleists Texten um die Zeit institutioneller Macht, d.h. um Machtwirkungen, die sich im Rahmen organisierter und strukturierter Zeit entfalten. Das Recht etwa braucht nicht nur Zeit für die Verfahren, auf deren Legitimation es im modernen Staat mehr und mehr beruht, sondern es garantiert auch Zeiten, etwa wenn es darum geht, Identitäten festzustellen oder vergangene Sachverhalte zu rekonstruieren.
Paradigma
(2002)
PARADIGMA: Der Begriff P. ist von Thomas S. Kuhn in die neuere Wissenschaftsgeschichtsschreibung eingeführt worden. Ihm zufolge sind P.en allgemeine kognitive Orientierungsmuster, die für eine gewisse Zeit von den Mitgliedern einer wissenschaftlichen Gemeinschaft als die jeweils gültigen Lösungsmodelle für die Problemstellungen einer Disziplin anerkannt werden. Diesen Zustand bezeichnet Kuhn als Normalwissenschaft. Wird das bisher vorherrschende P. durch ein neu auftretendes in Frage gestellt, so befindet sich diese Wissenschaft in einer Krise, die erst mit der Durchsetzung des neuen P.s überwunden werden kann. Kuhn bezeichnet einen solchen P.wechsel als wissenschaftliche Revolution. Dieser folge keinem vorgegebenen Ziel, sondern kennzeichne die Art und Weise, in der sich der wissenschaftliche Fortschritt als naturwüchsiger Prozeß der Selektion der jeweils erfolgreichsten Problemlösungsstrategie vollzieht. Literatur Kuhn, Thomas S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt am Main 1967. - Masterman, Margaret: Die Natur eines P.s, in: Lakatos, Imre / Musgrave, Alan (Hrsg.): Kritik und Erkenntnisfortschritt, Braunschweig: Vieweg 1974.