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Zwei glücklich zusammenwirkende Merkmale verleihen dem Buch Jan Rolins ein klares Profil. Einerseits beruht seine Rekonstruktion auf einer breiten Basis von Quellen und bietet eine Fülle von Einzelheiten; andererseits werden die Materien, die fast alle Hauptströmungen und Vertreter der deutschen gelehrten Diskussion im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert umfassen, immer durch klare und distinktive Thesen geordnet, so dass das Buch eine deutliche und erkennbare Kontur erhält. Die Absicht des Autors ist nämlich, die politischen Theorien des 18. und 19. Jahrhunderts auf wenige und klar umrissene Argumentationsmuster zurückzuführen, die dann an zwei Maßstäben gemessen und beurteilt werden: einerseits nach ihrer Leistung für die Legitimation der politischen Gewalt, andererseits, und im entgegengesetzten Sinn, nach ihrem Beitrag zur Gestaltung des modernen Rechtsstaats, denn die politischen Lehren haben die moderne Staatlichkeit zugleich theoretisch begründet und praktisch beschränkt. Aus dem Zusammenwirken von Stabilisierung der politischen Herrschaft und deren Begrenzung (auch) durch die gelehrte Diskussion ist der moderne Rechtsstaat entstanden. ...
Rezension zu: Regina Römhild et. al. (Hrsg.) : Fast Food. Slow Food. Ethnographische Studien zum Verhältnis von Globalisierung und Regionalisierung in der Ernährung. Kulturanthropologie Notizen. Schriftenreihe des Instituts für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Frankfurt am Main, Band 76, Frankfurt, 2008, ISBN 978-3-923992-78-2 ; 226 Seiten, 19 Euro.
Rezension folgender Werke: Ben Barkow, Raphael Gross, Michael Lenarz (Hg.): Novemberpogrom 1938. Die Augenzeugenberichte der Wiener Library London. Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag 2008, 933 S., ISBN: 978-3-633-54233-8, EUR 39,80. Ramona Bräu, Thomas Wenzel: „ausgebrannt, ausgeplündert, ausgestoßen“. Die Pogrome gegen die jüdischen Bürger Thüringens im November 1938. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2008, 192 S., ISBN: 978-3-937967-41-7, kostenlos. „Reichskristallnacht“ – der Pogrom im November 1938 in Stuttgart. Ein Quellen- und Arbeitsbuch für den Geschichtsunterricht. Bearb. v. Michael Hoffmann, Jürgen Lotterer und Roland Müller. Stuttgart: Stadtarchiv Stuttgart 2008, 50 S., kostenlos. Andreas Nachama, Uwe Neumärker, Hermann Simon (Hg.): „Es brennt!“ Antijüdischer Terror im November 1938. Berlin: Stiftung Topographie des Terrors 2008, 167 S., ISBN: 978-3-9811677-4-0, EUR 15,00. Mitchell G. Bard: 48 Hours of Kristallnacht. Night of Destruction, Dawn of the Holocaust. An Oral History. Guilford, Connecticut: The Lyons Press 2008, 240 S., ISBN: 978-1-59921-445-0, $ 19,95. Martin Ruch: Das Novemberpogrom 1938 und der Synagogenprozess 1948 in Offenburg. Verfolgte berichten, Täter stehen vor Gericht. Norderstedt: Books on Demand 2008, 120 S., ISBN: 978-3-8370-5338-8, EUR 14,80. Erhard Roy Wiehn: Zum Reichspogrom 1938. Die Ereignisse in Konstanz 70 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz: Hartung-Gorre Verlag 2008, 155 S., ISBN 3-86628-165-X, EUR 14,80. Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten NRW (Hg.): Gewalt in der Region. Der Novemberpogrom 1938 in Rheinland und Westfalen. Düsseldorf u.a.: Landeszentrale für politische Bildung NRW 2008, 135 S., ISBN: 3-9807674-8-5, EUR 5,00. Hans D. Arntz: „Reichskristallnacht“. Der Novemberpogrom 1938 auf dem Lande – Gerichtsakten und Zeugenaussagen am Beispiel der Eifel und Voreifel. Aachen: Helios Verlag 2008, 196 S., ISBN: 978-3-938208-69-4, EUR 29,90. Bastian Fleermann, Angela Genger (Hg.): Novemberpogrom 1938 in Düsseldorf. Essen: Klartext Verlag 2008, 443 S., ISBN: 978-3-8375-0085-1, EUR 22,95. Sven F. Kellerhoff: „Kristallnacht“. Der Novemberpogrom 1938 und die Berliner Juden. Berlin: Berlin Story Verlag 2008, 95 S., ISBN: 978-3-929829-66-2, EUR 9,80. Heft
[Rezension zu:] Oxana Swirgun: Das fremde Rußland. Rußlandbilder in der deutschen Literatur 1900-1945. Frankfurt a.M., Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien (Peter Lang) 2006 (= Bochumer Schriften zur deutschen Literatur, Bd. 65). 268 S.
Wer sich über das literarische deutsche Russlandbild und die vielfältigen imagologischen Aspekte der deutsch-russischen Literaturbeziehungen vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts orientieren will, findet hierzu verlässliche erste Informationen und zahlreiche bibliografische Hinweise zu spezieller Forschungsliteratur in den zwischen 1985 und 2000 von Mechthild Keller bei Wilhelm Fink herausgegebenen vier Sammelbänden zum Thema 'Russen und Rußland aus deutscher Sicht', die innerhalb der von Lew Kopelew herausgegebenen Reihe "West-Östliche Spiegelungen" erschienen sind. Überblicksdarstellungen zu den deutsch-russischen Literaturbeziehungen des 20. Jahrhunderts liegen in größerer Zahl vor, wobei der Schwerpunkt auf der deutschsprachigen Russland- bzw. Sowjetunion-Reiseliteratur vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges liegt.
Rezension zu Gerald Gillespie: Echoland. Readings from Humanism to Postmodernism. Brüssel, Bern, Berlin, Frankfurt a.M., New York, Oxford, Wien (Peter Lang) 2006 (=New Comparative Poetics, Vol. 19). 334 S.
'Echoland', der Titel von Gerald Gillespies rezentem Band mit Abhandlungen zur Vergleichenden Literaturwissenschaft, ist selbst ein Echo: Er wurde bei Joyce entlehnt (genauer: aus 'Finnegans Wake'), dessen Werk für Gillespie exemplarisch die neuzeitliche Literatur in ihrer Vielschichtigkeit und Polyfunktionalität repräsentiert.
Der Wandel von Perspektiven, Deutungen, Methoden und Themen bestimmt den wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb zerbricht die Vorstellung sicheren Wissens über die Generationen hinweg, so dass sich die Vergangenheit in den historisch arbeitenden Kulturwissenschaften in immer neuen Methodenwenden verändert. Der moderne Mut, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktiv in die Subjektivität ihrer Perspektivierungen einzubauen, bringt die steuernde Macht des Erkenntnisinteresses und seiner Veränderungen vermehrt zur Geltung. Dabei geraten selbst traditionelle Kontrollinstanzen der historisch-kritischen Hermeneutik in die Debatte. Während heute die einen das Vetorecht der Quellen beschwören, stellen andere die beständig verformende Kraft des Gedächtnisses und damit die Relativität punktueller schriftlicher Fixierungen heraus. ...
Rezension zu Sabina Becker: Literatur- und Kulturwissenschaften. Ihre Methoden und Theorien. Reinbek b. Hamburg (Rowohlt) 2007 (=Rowohlt Enzyklopädie, Bd. 55686). 223 S.
Sabina Becker, Professorin für germanistische Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg, hat mit diesem Buch eine kleine, aber feine Methoden-Enzyklopädie vorgelegt. Zwar kommt es zu Wiederholungen, wenn einzelne Methoden gegeneinander abgegrenzt werden, aber daraus ergibt sich der Vorteil, dass jeder Eintrag auch für sich gelesen werden kann. Die 19 Abschnitte des Buches reichen von Gadamers Hermeneutik bis Bourdieus Kultursoziologie, erschlossen werden kann es auch über ein Personen- und Sachregister.
Hervorgegangen aus einem interdisziplinären wissenschaftlichen Symposion, bietet der vorliegende Band aufschlussreiche Einblicke in höchst unterschiedliche literarische sowie künstlerische Harzreisen und deren jeweilige ästhetische Reflexion in jener Epoche des Übergangs zwischen der europäischen Romantik und Moderne. Der Harz präsentiert sich den Herausgebern als ein facettenreiches regionales Kulturphänomen mit internationaler Außenwirkung und als literarischer Imaginationsraum sui generis, dessen kulturelle und metaphorische Transformationen es näher zu erforschen gilt. Dankenswerterweise setzt der Eröffnungsbeitrag von Rolf Parr gleich eingangs einen Akzent kritischer Selbstreflexion, indem er unterschiedliche historische Varianten von Regionalgeschichtsschreibung vorstellt und durchleuchtet. Auf diese Weise gelingt ihm überzeugend die Abgrenzung der gegenwärtig geläufigen und repräsentativen Neuansätze innerhalb der Erforschung von Regionalkultur von den dunklen Kapiteln völkischer Literaturgeschichtsschreibung. Ein zeitgemäßes regionalgeschichtliches Unterfangen versteht sich demzufolge vor allem als kulturwissenschaftliche Analyse, die den diskursiven Vernetzungen und Überschneidungen der Verhandlungen über die Harzlandschaft angemessen Rechnung trägt und so beispielsweise eine sinnvolle Verbindung von genuin literaturwissenschaftlichen und kultursoziologischen Fragen erlauben kann.
Rezension zu Thomas Amos: Architectura cimmeria. Manie und Manier phantastischer Architektur in Jean Rays 'Malpertuis'. Heidelberg (Winter) 2006. 244 S.
Die vorliegende Studie, eine Frankfurter Dissertation, beschäftigt sich mit der manieristischen Dimension von Jean Rays Roman 'Malpertuis' aus dem Jahre 1943 und beleuchtet dabei insbesondere die vielfaltigen Beziehungen des Textes zur bildenden Kunst und Architektur, die von der mittelalterlichen Baukunst über Piranesi bis Magritte reichen.
Man erwartet einen der spannendsten Briefwechsel der deutschen Staatsrechtslehre des 20. Jahrhunderts, den zwischen der großen "bête noire" Carl Schmitt und seinem neben Ernst Rudolf Huber wohl bedeutendsten Schüler Ernst Forsthoff. Erhalten sind Briefe, Briefentwürfe, Postkarten und Telegramme, 218 von Forsthoff und 141 von Schmitt. Doch ist schon die Verteilungskurve dieser Korrespondenz merkwürdig. Die ersten 16 Nummern liegen in den Jahren 1926 bis 1934, dann folgen nur noch eine Gratulationskarte (1936) und ein Kondolenzbrief (1942). Mit anderen Worten: Fast die gesamte NS-Zeit bleibt eine große weiße Fläche. Das mag daran liegen, dass es im August 1933 eine schwere Störung des Verhältnisses gab, weil Forsthoff sich für die Unterstützung des "Halbjuden" Arnold Ehrhardt eingesetzt, Schmitt aber Hilfe verweigert hatte. Die Tagebücher scheinen dies, wie deren Herausgeber Wolfgang Schuller berichtet, zu bestätigen. Möglicherweise ist aber auch viel an kompromittierendem Material vernichtet worden. Vor allem Briefe von Schmitt fehlen, auch aus der Nachkriegszeit. Schon im ersten Brief von 1948 spielt Forsthoff auf einen vorhergehenden Brief Schmitts an ("meine Briefschuld Ihnen gegenüber"), den wir aber nicht kennen. ...
Staaten sind nicht gleich. Sie unterscheiden sich in Größe, innerer Verfassung und äußeren Beziehungen. Dennoch gibt es gute Gründe, auf die Fiktion der Gleichheit zurückzugreifen, wie es das moderne Völkerrecht vielfach tut. Dieses moderne Völkerrecht wiederum ist maßgeblich ein Produkt europäisch-amerikanischen Rechtsdenkens. Harald Kleinschmidt hat ein kleines, aber gehaltvolles Buch geschrieben, in welchem nicht etwa ein weiteres Mal emphatisch der Wert der juristischen Fiktion herausgehoben wird oder rechtstatsächliche Ausweitungen des Gleichheitspostulats angemahnt werden, im Gegenteil: Kleinschmidt widmet sich dem fragwürdigen Gebrauch und offenkundigen Missbräuchen dieser Gleichheitsfiktion im völkerrechtlichen Vertragswesen des 19. Jahrhunderts. Die "Ungleichen Verträge", von denen auch der Buchtitel spricht, bezeichnen dabei nicht allgemein eine Gattung im völkerrechtlichen Vertragswesen, sondern meinen speziell eine Fallgruppe ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, die die geografisch auf Fernost fokussierte Studie tatsächlich auch untersucht. Dieser inhaltliche Bezug wäre klarer geworden, wenn die Formel konsequent in Majuskeln wiedergegeben worden wäre, wie es typografisch sonst vielfach geschieht. ...