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Die Entzündung ist eine grundlegende und lebensnotwendige Reaktion unseres Immunsystems. Leukozyten wandern aus der Blutbahn an die Orte des entzündlichen Geschehens. Für diesen Prozess der Extravasation sind Adhäsionsmoleküle notwendig, die den gesamten Vorgang vom ersten Kontakt mit dem Endothel bis zur Transmigration durch die Basalmembran vermitteln. Eines dieser Moleküle ist das Junctional adhesion molecule-B (JAM-B), ein Immunglobulin-ähnliches Adhäsionsmolekül. JAM-B ist an der Transmigration von Leukozyten beteiligt, es bindet an T-Lymphozyten und speziell das Integrin VLA-4 (alpha4beta1) unter Beteiligung des verwandten JAM-C. JAM-B befindet sich bevorzugt im Bereich der lateralen Zellmembran von Endothelzellen, kann aber nach Stimulation mit TNFalpha auch auf der apikalen Membranseite gefunden werden. Diese Arbeit behandelt die Fragestellung, ob JAM-B auch in der frühen Phase der Extravasation mit T-Lymphozyten in Kontakt treten kann. Zuerst wurde untersucht, ob JAM-B unter dynamischen Bedingungen mit T-Lymphozyten in Kontakt treten kann. Die T-Lymphozyten wurden aus Leukozytenkonzentraten extrahiert. Sie wurden über eine mit JAM-B Protein beschichtete Glasoberfläche perfundiert und die Anzahl der rollenden Zellen, deren Geschwindigkeit und die Zahl der adhärenten Zellen bestimmt. Als Negativkontrolle diente ein mit unspezifischem Protein (BSA) beschichtete Oberfläche. Um die Rolle des möglichen Bindungspartners VLA-4 zu charakterisieren, wurden die T-Lymphozyten mit monoklonalen Antikörpern gegen VLA-4 oder der beta1 Untereinheit dieses Integrins oder JAM-C inkubiert. Von allen Antikörpern wurden zudem entsprechende Isotypkontrollen durchgeführt. In diesen Versuchen konnten bereits publizierte Beobachtungen reproduziert werden: So adhärierten die T-Lymphozyten bevorzugt auf JAM-B im Vergleich zur Kontrolle mit unspezifischem BSA. Antikörper gegen VLA-4 und beta1 Integrin vermochten die Zahl adhärenter Zellen signifikant zu senken. Es zeigte sich außerdem, dass auf JAM-B vermehrt Zellen rollten und deren Geschwindigkeit im Durchschnitt niedriger war. Damit fanden sich erstmals Hinweise darauf, dass JAM-B auch unter dynamischen Bedingungen an T-Lymphozyten bindet. Antikörper gegen VLA-4 oder beta1 Integrin führten das Rolling auf das Niveau der Kontrolle zurück. Ein JAM-C Antikörper hatte keinen Effekt, sodass JAM-B vermitteltes Rolling und Adhäsion möglicherweise unabhängig von JAM-C sind. In weiteren Experimenten wurde die Relevanz dieser Interaktionen in einer Flusskammer mit Endothelzellbeschichtung untersucht. Auf einem speziellen Objektträger mit Flusskanal wurden humane Endothelzellen (HUVEC) angezüchtet und vor Versuchsbeginn mit TNFalpha inkubiert. Anschließend wurde ein monoklonaler Antikörper gegen JAM-B aufgebracht und T-Lymphozyten durch die Flusskammer perfundiert. Die Auswertung erfolgte anhand der Parameter aus dem ersten Flusskammerexperiment. Der JAM-B Antikörper verminderte das Rolling signifikant im Vergleich zur Leerkontrolle und führte zur Erhöhung der Rollgeschwindigkeit dieser Zellen. Die Zahl adhärenter Zellen vermochte er nicht zu senken. Wenn JAM-B durch Stimulation auf der Oberfläche von Endothel exprimiert wird, kann es also an der Extravasation von T-Lymphozyten beteiligt sein. Die Daten zeigen, dass JAM-B mit T-Lymphozyten unter dynamischen Bedingungen interagieren kann und deuten darauf hin, dass es an der Extravasation beteiligt ist. Die Antikörper konnten bei Einzelgabe die Zahl adhärenter Zellen nicht senken. Möglicherweise ist dies Folge der kompensatorischen Wirkung anderer Adhäsionsmoleküle. In vivo Experimente unterstützen die These von der Beteiligung des JAM-B an der Entzündungsreaktion. Ein monoklonaler Antikörper konnte das entzündliche Infiltrat in einem Mausmodell von Kontakthypersensitivität vom Spättyp reduzieren. Da in der vorliegenden Arbeit der Antikörper die Zahl adhärenter Zellen nicht verringern konnte, kommen möglicherweise andere Mechanismen in Betracht. Für JAM-C wurden ähnliche Daten erhoben, hier lag die Ursache der milderen Entzündungsantwort nicht in einer verringerten Zahl eingewanderter Zellen. Die Blockade führte vielmehr zur vermehrten Rückwanderung der Zellen aus dem Entzündungsgebiet. Möglicherweise liegt bei JAM-B ein ähnlicher Mechanismus vor. JAM-B erfüllt als phylogenetisch altes Molekül verschiedene Aufgaben bei der Extravasation. Sein Expressionsmuster auf Endothel, besonders der lymphatischen Gefäße, macht es als Ziel für innovative anti-inflammatorische Therapieansätze interessant.
Am 10. November erscheint für die Xbox 360 und die PlayStation 3 der Ego-Shooter "Call of Duty: Modern Warfare 2" – ein Spiel, das die Gemüter bereits vor der Veröffentlichung erregt, wie man heute in einem Kommentar der Chefredakteure Markus Schwerdtel (GamePro) und Michael Trier (GameStar) auf GamePro lesen kann. Im Spiel übernimmt man in einer Sequenz die Rolle eines Undercover-Agenten, der in eine russische Terror-Organisation eingeschleust wurde und zusammen mit dieser einen Moskauer Flughafen überfällt. Dabei richtet man – zumindest in der Originalfassung – ein Blutbad unter den dort wartenden Fluggästen an. In der deutschen Fassung ist – trotz anderslautender Angaben vom Publisher "Activision Blizzard" – die betreffende Sequenz so weit entschärft, dass als Spielfigur bei dem Anschlag nur zuschauen darf und sein Leben verliert, sobald man ebenfalls auf die Passanten schießt.
"Chasing Spots"
(2009)
Das Berliner Computerspiele-Museum stellt zusammen mit einem Special Guest pünktlich zur Games Convention 2009 eine "History of Videogames"-Timeline vor. Die Geschichte der Videospiele ist am Maßstab der Mediengeschichte gemessen noch recht jung. Als Kapitel des Computerzeitalters ist sie jedoch längst Gegenstand archäologischen Interesses. Das Berliner Computerspiele-Museum hat jetzt eine interaktive "History of Videogames" auf seinen Webseiten veröffentlicht, die nach und nach die wesentlichen Meilensteine dieser Geschichte dokumentiert. Hierzu fand am 29. Juli in der Berliner Home-Base-Lounge eine Veranstaltung statt, auf der zwei der wichtigsten und berühmtesten Vertreter dieser Geschichte anwesend waren: Der Erfinder Ralph H. Baer und seine Videospiel-Konsole "Brown Box".
Ein Krieg tobt. Ganz im Verborgenen, aber an Milliarden Fronten gleichzeitig. Eine Schlacht, die seit jeher von den gleichen Parteien geführt wird, die den Angreifer immer erbitterter zuschlagen, den Angegriffenen sich immer verzweifelter wehren lässt. Ein Krieg mit ungleichsten Waffen geschlagen: Die Zeit und das Fleisch gegen die kleinen elektrischen Blitze: das Ich. Seit ich denken kann, kämpfe ich in diesem Krieg: Das Bewusstsein gegen den Körper: Ein ständiger Zustand von Stalingrad! Doch je bewusster ich mir meiner Niederlage werde, desto erbitterter versuche ich sie zu verhindern. Kann ich mein Fleisch bezwingen, oder wird der Zynismus siegen: das was “ichÒ sagt zum fleischlichen sarg dieses ich werden? Ich bin ein kriegsgefangener meines Körpers, der mich jeden abend begnadigt, um mich morgens erneut dem Erschießun gskommando vorzuführen. Damit ist im Großen und Ganzen beschrieben, worum es gehen soll. Mein Bewusstsein verneint die Endlichkeit seiner Hülle, doch diese geht radikal ihrem Ende entgegen – durch nichts aufzuhalten.
Kraftfelder sind ein vielseitiges Werkzeug zur schnellen Berechnung vielfältiger Moleküleigenschaften. Die Qualität der damit erhaltenen Vorhersagen ist auch ein Maß, wie gut die wichtigen Einflussgrößen verstanden und vor allem in das Kraftfeld-Modell integriert sind. Bei der Parametrisierung müssen viele Effekte gegeneinander ausbalanciert werden, da die Kraftfeldterme nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können. Umfangreiche Testrechnungen sind erforderlich, um die notwendige Qualität der Parameter sicher zu stellen. Eine Automatisierung dieses Prozesses bringt nicht nur eine enorme Zeitersparnis, sie zwingt auch zur sorgfältigen Definition von Vorgaben und Qualitätskriterien. Die Formulierung einer Strategie in einem Programm anstelle von „intelligentem Raten“ fördert zudem ein tieferes Verständnis. Bei einer Änderung der Strategie muss nur das entsprechende Programm geändert werden, dem Entwickler bleibt der manuelle Test erspart. Automatische Methoden zur Plausibilitätsprüfung vermeiden Probleme durch Fehler bei der Dateneingabe von Hand. Die programmgesteuerte Erstellung aussagekräftiger Protokolle und Grafiken macht die Fülle der bei der Parametrisierung und Evaluierung eines Kraftfeldes anfallenden Informationen für den Benutzer überschaubar. Probleme und deren Zusammenhang können so leichter erfasst werden. Für das MOMO-Kraftfeld konnten auf diese Weise verbesserte und neue Parameter für Wasserstoffbrücken abgeleitet werden, zwei empirische Punktladungsmodelle und deren Verträglichkeit mit zwei quantenchemischen Modellen verbessert und prinzipielle Probleme bei deren Vereinbarkeit erkannt werden sowie die automatische Parametrisierung von Bindungslängen, Bindungswinkeln und Torsionswinkeln ermöglicht werden. Bei Letzterem konnte jedoch keine Verbesserung gegenüber den Originalparametern erreicht werden, was nicht weiter verwunderlich ist, da diese seit Jahrzehnten entwickelt worden sind, wohingegen Wasserstoffbrücken und Partialladungen erst später hinzugekommen sind und nicht so umfangreich wie die bindenden Kraftfeldterme getestet wurden. Voraussetzung für die hier gewählte Vorgehensweise, alle Arbeiten weitgehend zu automatisieren und Strategien immer in Programme umzusetzen, waren sehr umfangreiche Programmierarbeiten. Ziel war es, auf einfache Weise die Steuerung des Kraftfeldes aus kleineren Programmen, die spezielle Probleme bearbeiten, zuzulassen. Durch die Nutzung zahlreicher Open-Source-Projekte, die gemeinsam die gewünschte Funktionalität zur Verfügung stellen, konnte der Aufwand auf die dazu passende Implementierung des MOMO-Kraftfeldes und das Verbinden mit der von diesen Projekten bereitgestellten Software beschränkt werden. Der Kern des MOMO-Kraftfeldes wurde aus Geschwindigkeitsgründen in der Compilersprache C geschrieben, Datenein- und -ausgabe und die Programme zur Parametrisierung und Auswertung wurden in Python geschrieben.
Untersuchung hochmolekularer Proteinkomplexe in menschlichen Leukämien mittels Proteomics-Werkzeugen
(2009)
Funktionelle Multiproteinkomplexe stellen im Sinne von Proteomics das kleinste isolierbare Proteom dar. Die Untersuchung von Proteinkomplexen gibt uns die Möglichkeit, Funktionen innerhalb der Zelle oder des Zellkompartiments genauer zu verstehen. Erst durch das Verständnis der einzelnen kleinen Zusammenspiele innerhalb einer Zelle, können wir die Auswirkungen auf ein betreffendes Organ und damit auf den Körper betrachten. Wir erhalten dadurch auch Informationen über die Funktion von spezifischen Genen und können so Erklärungsansätze für Gendefekte finden und über mögliche Therapieansätze nachdenken. Neben den Hefe-Zwei-Hybrid-Analysen und dem Nachweis von Protein-Interaktionen mittels Immunopräzipitationsexperimenten stellt die Massenspektrometrie seit den 90er Jahren ein essentielles Werkzeug der Proteom-Forschung dar. Sie entwickelte sich zu einem etablierten Verfahren für die Charakterisierung von Biomolekülen und ermöglicht die Identifizierung unbekannter Proteine eines Komplexes. Das MLL-Gen auf Chromosom 11 Bande q23 ist in zahlreiche, reziproke chromosomale Translokationen verwickelt, die mit der Entstehung von akuten Leukämien assoziiert sind. Chromosomale Translokationen des MLL-Gens werden aufgrund ihrer sehr schlechten Prognose und Therapierbarkeit als Hochrisiko-Leukämien eingestuft. Bis heute konnten 64 Translokations-Partnergene identifiziert werden, wobei das AF4-Gen mit 42% bei allen untersuchten Leukämien und mit ca. 66% bei ALL (akute lymphatische Leukämie) den größten Prozentsatz ausmacht. Bei der Translokation t(4;11) sind das MLL-Gen auf Chromosom 11 und das AF4-Gen auf Chromosom 4 beteiligt. Akute Leukämien mit einer t(4;11)-Translokation treten häufig bei Säuglingen und Kleinkindern auf und betreffen vorwiegend den lymphatischen Zweig des blutbildenden Systems. Durch die Translokation entstehen zwei neue Derivatchromosomen – Derivat 11 (MLL•AF4, der11) und Derivat 4 (AF4•MLL, der4). Beide Fusionsgene verfügen über einen intakten Leserahmen und führen zur Expression der zwei Fusionsproteine MLL•AF4 (der11) und AF4•MLL (der4). Der pathomolekulare Mechanismus der t(4;11)-vermittelten ALL ist bis heute noch nicht hinreichend geklärt. Funktionen des der11-Fusionsproteins werden zwar schon intensiv erforscht, aber es gibt noch keine Erkenntnisse über die Funktion des der4-Fusionsproteins. Ähnlich sah die Situation zu Beginn dieser Arbeit für das AF4-Protein aus. Während schon einige Daten zur Funktion des MLL-Multiproteinkomplexes vorlagen, gab es nur wenige Informationen über die Funktion von AF4. Im Zuge dieser Arbeit wurden der AF4- und der der4-Multiproteinkomplex mittels affinitätschromatographischer Methoden aus transient transfizierten 293T-Zellen erfolgreich isoliert. Eine Größenbestimmung der Komplexe über eine Größenausschlusschromatographiesäule ergab für beide Komplexe eine Größe von ca. 2 MDa. Die Charakterisierung der beteiligten Interaktionspartner erfolgte mittels nLC-MALDI-MS/MS, Western Blot Analyse und Immunopräzipitation. Es konnte gezeigt werden, dass AF4 zusammen mit den Proteinen ENL/AF9, CDK9, CCNT1, AF10, DOT1L und der RNA-Polymerase II in einem Komplex vorliegt. Bereits 2007 konnte dieser Komplex in einem Mausmodell isoliert werden. Damit fungiert der AF4-Komplex auch in humanen Zellen als Stimulator der RNA-Polymerase-II-abhängigen transkriptionellen Elongation und vermittelt eine DOT1L-abhängige H3K79-Methylierung, die einen aktiven Transkriptionsstatus aufrechterhält. Zusätzlich konnten 6 neue Interaktionspartner identifiziert werden (AF5q31, BDR4, DDX6, HEXIM1, NFkB1/RELA und NPM1). Die Anwesenheit von BRD4 und HEXIM1 lässt vermuten, dass der AF4-Komplex in einem aktiven und einem inaktiven Zustand vorliegen kann. Außerdem wird der AF4-Komplex möglicherweise über den NFkB-Signalweg reguliert bzw. durch die Anwesenheit von NFkB1 an dessen Zielgene rekrutiert. Die Untersuchung des der4-Komplexes zeigte, dass er sich aus Mitgliedern der beiden Wildtyp-Proteinkomplexe zusammensetzt. So wurden die Proteine P-TEFb, HEXIM1, NFkB1, NPM1, DDX6 und das AF4 selbst aus dem AF4-Komplex sowie ASH2L, RBBP5, WDR5, DPY-30, CBP, HCF-1 und HCF-2 aus dem MLL-Komplex identifiziert. Der der4-Komplex weist somit partielle Eigenschaften des AF4- und MLL-Wildtyp-Proteins auf. Diese Eigenschaften sind ausreichend für eine kompetitive Situation zwischen dem der4-Komplex und den beiden AF4- und MLL-Wildtyp-Komplexen. Die Gleichgewichte dieser Wildtyp-Komplexe werden vermutlich gestört. Für beide Komplexe wurde mit Hilfe eines in vitro Histon-Methyltransferase-Assays eine Histon-Methyltransferase-Aktivität nachgewiesen. Für den AF4-Komplex muss zusätzlich eine bisher noch unbekannte Methyltransferase-Aktivität angenommen werden, da eine Methylierung des Histons H3 in den ersten 46 Aminosäuren gezeigt werden konnte, die sich nicht auf die Methyltransferase-Aktivität des DOT1L-Proteins im AF4-Komplex zurückführen lässt. Die H3K4-Methyltransferase-Aktivität des der4-Komplexes wird auf die Anwesenheit des SET-Domänen-Komplexes (ASH2L, WDR5, RBBP5 und DPY-30) zurückgeführt. Im Zusammenhang mit dem AF4-Protein wurde auch der ENL-Komplex untersucht. Mittels Western Blot konnten die Interaktionspartner AF4, CDK9, CCNT1, RNA-Polymerase II, NFkB1 und RING1 identifiziert werden. Damit ist auch das ENL mit dem globalen positiven transkriptionellen Elongationsfaktor P-TEFb assoziiert und beeinflusst die RNA-Polymerase-II-abhängige transkriptionelle Elongation.
Der suprachiasmatische Nucleus (SCN) des Hypothalamus enthält die zentrale innere Uhr der Säugetiere. Diese innere Uhr besteht aus einem Verbund von untereinander gekoppelten Neuronen, die durch ein intrinsisches molekulares Uhrenwerk eine selbsterhaltende Oszillation mit einer Periode von circa einem Tag (circadian) aufrechterhalten. Diese Oszillation dient dem Organismus als innere Uhr und muss, da ihre Periode nicht exakt 24 Stunden beträgt, durch Zeitgeber mit der Umwelt synchronisiert werden. Der wichtigste circadiane Zeitgeber ist das Licht. Die Lichtsignale gelangen von der Retina über den retinohypothalamischen Trakt (RHT) direkt zum SCN. Von dort werden circadiane Informationen an zentrale und periphere Effektoren weitergeleitet, unter anderem an das Pinealorgan, welches zyklisch das Hormon Melatonin als Dunkelheitssignal ausschüttet. Melatonin kann wiederum auf die circadiane Uhr zurückkoppeln und in einem engen, sensitiven Zeitfenster die Phasen des SCN verschieben. Neben diesem Regelkreis gibt es direkte Verbindungen vom SCN zum lateralen Hypothalamus (LH), der eine zentrale Rolle bei der Regulation des Schlafes und der Energiehomöostase innehat. Ein spezieller Neuronentyp des LH schüttet das Neuropeptid Orexin aus, das große Bedeutung bei der Schlafregulation und der Appetitbildung besitzt. Diese orexinergen Neurone projizieren in weite Teile des Gehirns, unter anderem in die Region des SCN, was aufgrund der bekannten Wechselbeziehungen zwischen circadianer Aktivität, Schlaf und Appetit auf eine Rückkoppelung auf das circadiane System schließen lässt. In der vorliegenden Arbeit wurden mit Hilfe von Multielektroden-Ableitungen (MEAs) die neuronalen Signale einzelner Zellen des SCN, die zusammen ein komplexes Netz für die Steuerung der Effektormechanismen bilden, analysiert. Es standen dabei folgende Fragestellungen im Vordergrund: Bieten primäre Zellkulturen von SCN-Neuronen ein ausreichendes Modell für die Untersuchung der zellulären Kommunikation und der neuronalen Ausgangssignale der circadianen Uhr? Wirken Zeitgebersignale direkt auf die primären Oszillatoren oder sind Phasenverschiebungen eine Eigenschaft des gesamten Netzwerkes im SCN? Besteht ein Einfluss der orexinergen Neurone des lateralen Hypothalamus auf die Uhren-Neurone im SCN? Auf Multielektrodenplatten kultivierte SCN Neurone sind spontanaktiv und zeigen über Tage und Wochen ausgeprägte circadiane Rhythmen in ihrer Spikerate. In der Regel sind diese Aktivitäts-Rhythmen einzelner Neurone nicht synchronisiert, obwohl die Zellkulturen zahlreiche synaptische Verbindungen und korrelierte Aktivität aufweisen Um die Interaktion der verschiedenen Neuronen innerhalb des Uhrennetzwerkes aufzuklären, wurde eine Methode basierend auf Kreuzkorrelationen entwickelt. Mit dieser Methode konnte gezeigt werden, dass korrelierte Aktivität in SCN-Zellkulturen verbreitet ist, die stabilen Oszillatoren davon jedoch immer ausgenommen waren, obwohl eine durchgehende Vernetzung innerhalb der Kulturen bestand. Somit bilden Zellkulturen von SCN Neuronen ein sehr heterogenes Netzwerk mit stabilen Oszillatoren, schwachen Oszillatoren und nicht rhythmischen Neuronen, das viele einzelne Uhren elastisch miteinander koppelt und mit verarbeiteten Informationen über äußere und innere Zustände versorgt. Stabile Oszillatoren können direkt durch Zeitgeber-Stimuli, wie zum Beispiel Melatonin, beeinflusst und in ihren Aktivitäts-Phasen verschoben werden. Die Phasen-Antwortkurven sind im Vergleich zu in vivo Untersuchungen jedoch variabler, was für eine starke Beteiligung des neuronalen Netzwerkes bei der Verarbeitung und Stabilisierung der Antworten auf die Zeitgeber-Stimuli spricht. Phasenverschiebungen als Reaktion auf einen Zeitgeber-Stimulus sind demnach eine Eigenschaft der einzelnen Oszillatorzelle, die aber durch die Interaktion der verschiedenen Uhren-Neurone in ein stabiles Ausgangssignal umgesetzt werden müssen. Kultivierte SCN-Neurone reagieren auf Applikation von Orexin A mit kurzzeitigen Änderungen der Spikerate, sowie mit deutlichen Phasenverschiebungen, die in Zellkulturen sehr variabel ausfallen, während sie in Ableitungen von organotypischen Hirnschnitten stabil und reproduzierbar sind. Dies unterstreicht wiederum die Bedeutung des neuronalen Netzwerkes im SCN. Orexin A scheint zwar direkt auf stabile Oszillatorzellen einzuwirken, aber auch auf die synaptische Übertragung zwischen den SCN-Neuronen. Sein Wirkungsmechanismus könnte dabei in einer Hemmung der GABAergen und in einer Verstärkung der glutamatergen synaptischen Übertragung liegen. Die Wirkung von Orexin A im SCN spricht für eine vielfältige Rückkoppelung des orexinergen Systems auf den circadianen Schrittmacher.
Gert Wilden wurde am 15.4.1917 in Mährisch-Trübau (Moravská Trebová) im heutigen Nord-Tschechien als Kind einer böhmischen Musikerfamilie geboren. Nach der Kindheit in Mähren nahm Wilden das Studium an der Musikhochschule Prag auf; seine Fächer waren Kompositionslehre, Klavier und Dirigieren, seine akademischen Lehrer George Szell, Fidelio F. Finke und Fritz Rieger. Noch während seines Studiums übernahm er die Leitung des Rundfunkorchesters des Senders Pilsen. Nach dem Krieg komponierte und arrangierte er Tanzmusiken für diverse deutsche Radiosender.
In der Kompositionsgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts nistet schon immer die Überzeugung von der Entbehrlichkeit des Genres Ballettmusik. Dabei ist der wahrscheinliche Grund für diese Auslassung das beklagenswerte Klischee, es handele sich lediglich um seichte Musik zu leichter Bewegung. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass Ballettpartituren vor Differenziertheit und dramatischer Präzision geradezu bersten und die Musik sich passgenau an die Bühnenaktion anschmiegt. Ein Schelm, wer Parallelen zur Struktur von Filmmusik assoziiert? Keineswegs. So unübersehbar, ja offensichtlich diese strukturellen Ähnlichkeiten sind, so nachdrücklich empfiehlt es sich, den Radius der herkömmlichen Musikwissenschaft zu überschreiten und ihn um eine tanzwissenschaftliche Perspektive zu erweitern. Dies soll nun im Folgenden in einer quasi sternförmigen Annäherung geschehen: Ausgehend von einer vergleichenden Darstellung der Funktionsweise von Ballett- und Filmmusik und einigen Aspekten zur Visualisierung von Kunstmusik im Allgemeinen soll anhand einer Szene aus DISNEY’S FANTASIA (USA 1940) exemplifiziert werden, dass die Terminologie der Filmmusikanalyse ebenso trefflich auf das Verhältnis von Musik und Tanzbewegung anwendbar ist.
Gemessen an der Tatsache, dass die Soundtrack_Cologne 2008 erst ihr fünfjähriges Jubiläum feierte, muss das Kölner Festival/ Symposium zu „Musik und Ton in Film und Medien“ als voller Erfolg gewertet werden. Das Filmmusik-Event in der Rheinmetropole konnte trotz mancher improvisatorischer Einlage und budgetbedingter Einschränkungen bezüglich Inhalt, Vielfalt und Organisation wohl selbst die meisten anspruchsvollen „Fach-Gemüter“ überzeugen und zufrieden stellen. So wundert es – gerade in Hinblick auf die Fülle des Programms sowie die illustre Gästeliste – auch nicht, dass sich die Soundtrack Cologne inzwischen national und international, über brancheninterne Kreise hinaus, zu einer festen kulturellen Institution entwickelt hat.
Der erste Workshop des Symposiums galt einer Analyse der Musik in Peter Weirs Film THE TRUMAN SHOW (1998). In vier Einzelbeiträgen von Siegfried Oechsle und Bernd Sponheuer (Musikwissenschaft, Kiel), Claus Tieber (Filmwissenschaft, Wien), Christian Vittrup (Medienwissenschaft, Kiel) und Guido Heldt (Musikwissenschaft, Bristol) wurde das äußerst komplexe Verhältnis inner- und extradiegetischer Bindungen der Musik auszuhorchen versucht. In einer künstlichen Welt, in der der Protagonist lebt, ohne von deren Künstlichkeit und Inszeniertheit zu wissen (darum auch könnte man von der „Truman-Welt“ sprechen), wird die Geschichte Trumans für das Fernsehen als Reality-Soap inszeniert; so entsteht eine zweifache Film-im-Film-Rahmung, in der die Musik immer wieder oszilliert, ihren textstrukturellen Ort verändert. Die „Unsicherheit“ der Musik läßt sich bis in Feinheiten der Auflösung und Inszenierung hinein verfolgen. Ein zweites Thema dieses bidisziplinären Workshops war die Frage nach den Funktionen, die Filmmusik allgemein erbringen kann und in diesem konkreten Fall erbringt - Potentiale zusätzlicher Bedeutungsgebung auch unabhängig vom Text und seinen dramatischen und narrativen Strukturen, Strategien der Zuschauerlenkung, die Artikulation oft verborgener Subtexte des Films.
Oskar Sala (1910-2002)
(2009)
Oskar Sala wurde am 18.7.1910 in Greiz in Ost-Thüringen geboren; er starb am 27.2.2002 in Berlin. Sala war Komponist und Physiker. Sala bereitete sich zunächst auf eine Laufbahn als Pianist vor, als er nach dem Abitur 1919 das Studium der Musik in Berlin aufnahm. Sein Lehrer war Paul Hindemith, der Sala 1930 mit dem Ingenieur Friedrich Trautwein bekanntmachte, der dabei war, das „Trautonium“ zu entwickeln. Dabei handelte es sich um ein einstimmiges elektrisches Musikinstrument, das einen waagerecht über eine Metallschiene gespannten Draht als Spielmanual hatte. Es war in Klavierhaltung spielbar. Oskar Sala entwickelte die Konstruktion von Trautwein weiter. Seitdem hatte jedes Instrument zwei übereinander liegende Saitenmanuale. Kurz nach der Entstehung des Instruments hatte Paul Hindemith 7 Triostücke für drei Trautonien (1930) und ein Konzertstück für Trautonium komponiert. Ein Trautonium besteht aus einem Spielmanual (eine Art Tastatur), einem elektrischen Schwingkreis, einem Verstärker und einem Lautsprecher. Das Zentrum ist eine im Inneren des Geräts montierten Metallschiene und eine waagerecht darüber gespannte drahtumsponnene Darmsaite; wird die Saite an einer Stelle auf die Metallschiene gedrückt, wird eine elektrische Schwingung freigesetzt, die mittels des Verstärkers als Ton wiedergegeben werden kann. Das Trautonium war eines der ersten elektronischen Instrumente und Vorläufer des Synthesizers. Mit ihm konnte man nicht nur herkömmliche Musikinstrumente nachahmen, sondern Vokale, Tierstimmen und synthetische Klänge (Subharmonische) erzeugen.
Die Differenz zwischen Musik im Film und Filmmusik ist Voraussetzung dafür, dass musikalische Unfälle, Stümpereien und brüske Unterbrechungen, die außerhalb des Kinos nichts als Befremden und Ärger auslösen würden, in Spielfilmen oftmals als bedeutsame Momente unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zerkratzte Schallplatten, schlechte Intonation, falsche Einsätze, Gedächtnislücken usw. treten, wenn sie im Rahmen einer Szene erklingen, in ein bedeutungs- und andeutungsreiches Wechselspiel mit Geräuschen, Handlung, Dialog und Bildern ein. Das Erbärmlichste kann anrührend, komisch oder tragisch inszeniert werden, und falsche Töne können richtig klingen, indem sie expressive, symbolische oder dramaturgische Funktionen erfüllen. Beispiele für dieses ästhetische Paradox sind zahlreich.
Once
(2009)
Bei ONCE, dem auf Festivals erfolgreichsten Musikfilm der letzten Jahre, handelt es sich um eine Independent-Produktion des irischen Regisseurs John Carney (mit dem geringen Budget von nur € 130,000), der mit der Inszenierung zweier junger musikalischer Talente den Versuch unternommen hat, der besonderen Kommunikativität von Musik auf die Spur zu kommen. Die Hauptfiguren, als Charaktere einfach mit „guy“ und „girl“ bezeichnet, werden von Glen Hansard, dem Sänger der „Frames“ (deren früherer Bassist John Carney war), und Markéta Irglová, einer bis dahin unbekannten tschechischen Musikerin, verkörpert; bereits im Vorfeld des Films wurden die beiden ein Paar, gingen auf Tournee und nahmen das im Zuge der Vermarktung des Films bekannt gewordene, jedoch bereits im Vorjahr erschienene Album The Swell Season auf. Der dort enthaltene Song Falling slowly, das Kernstück des Soundtracks und des Films, gewann schließlich gar den Oscar für den besten Original-Song, worin die Popularität des Films bei Kritikern und Zuschauern erneut ihre Bestätigung fand.
Wer sich mit den Arbeiten Alexander Kluges beschäftigt, bemerkt schnell, dass er in ein Labyrinth gerät, dessen Ausgang schwer zu finden ist. Dennoch gibt es einige wenige Themen, die sich wie ein roter Faden durch die Film-, Fernseh- und Textproduktionen Kluges ziehen: Neben der jüngeren deutschen Geschichte – womit bereits das zentrale Thema des ‚Krieges‘ ins Blickfeld gerät – ist dies etwa die Justiz im Verhältnis zum Privatleben, das politische Zeitgeschehen (u.a. im Film DEUTSCHLAND IM HERBST, BRD 1978), einige mythologische Geschichten, Erzählungen und Märchen, der Komplex ‚Babylon‘ sowie die Kunstform der Oper. Letztere steht bei Kluge zugleich für die zentrale philosophische Fragestellung, die ihn – ähnlich wie bereits seine Schriftstellerkollegen Immanuel Kant oder, vor allem, Robert Musil – immer wieder, gleichsam als Leitmotiv sämtlicher künstlerischer Tätigkeit, umtreibt: Gemeint ist der ‚Möglichkeitssinn‘ des Menschen.
Das Genre des Horrorfilms gehört zu jenen festen Genres die ohne den Einsatz der Musik einen großen Teil ihrer originären Wirkung einbüßen würden. Man denke an den WEISSEN HAI (USA 1975, Steven Spielberg) ohne John Williams markante Streicherpassage oder an das Teufelskind Damien ohne die von Jerry Goldsmith komponierten Chorstücke für die OMEN-Trilogie (USA 1976-81, Richard Donner, Don Taylor, Graham Baker). Der 1973 von William Friedkin in den USA gedrehte Film THE EXORCIST gilt in vielerlei Hinsicht als Markstein des Genres. Vor allem in ökonomischer Hinsicht hat er es geschafft, das Genre des Horrorfilms aus der Underground- und Schmuddel-Ecke herauszuholen, trotz visuell und verbal kühner Passagen ein großes Publikum anzusprechen und damit den Weg zu ebnen für formal und inhaltlich ähnlich gelagerte Filme der 70er und 80er Jahre. Erst mit den FRIDAY, THE 13TH- und NIGHTMARE ON ELM STREETFilmen konnte sich Mitte der 80er Jahre eine andere Art von Horrorfilm im US-Kino etablieren. An dieser Stelle soll nicht der Film THE XORCIST und seine Musik en detail analysiert werden. Vielmehr geht es um ein größeres Bild, dass einen Blick auf den Umgang mit vorhandener symphonischer Musik im USSpielfilm wirft. Dabei sollen zwei Fluchtlinien verfolgt werden, um zu zeigen, wie die verwendete Musik und der Umgang mit Klang im Film den Weg für zukünftige Entwicklungen geebnet haben.
Alan Croslands Film THE JAZZ SINGER wird in zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen zum Übergang vom Stumm- zum Tonfilm als der Film beschrieben, der dem Tonfilm endgültig zum Durchbruch verhalf (vgl. Dibbets 1998, 197; Nowell-Smith 1998, 193; Henzel 2006, 47). Doch obwohl THE JAZZ SINGER maßgeblich dazu beigetragen hat, das neue Medium Tonfilm am Markt zu etablieren, handelt es sich bei diesem Film nicht um den ersten Tonfilm, wie gelegentlich behauptet wird (vgl. Ferrari 2004, 70), sondern lediglich um einen „Stummfilm mit einigen vertonten Einschüben“ (Dibbets 1998, 197). THE JAZZ SINGER ist ein so genannter part-talkie, ein Film also, der nur zum Teil vertont wurde. An ausgewählten Stellen enthält er „lippensynchrone Lieder und Dialog“ (Dibbets 1998, 197). Das expressive Spiel der Figuren und der Einsatz von Zwischentiteln hingegen erinnern an den Stummfilm. Doch nicht nur die Tatsache, dass THE JAZZ SINGER kein hundertprozentiger Tonfilm ist, steht laut Christoph Henzel einer Definition als erstem Tonfilm entgegen. Darüber hinaus ist er auch nicht der erste Film, der technisch in der Lage war, Bild und Ton zu synchronisieren. Vielmehr positioniert er sich als ein Ereignis unter vielen, als ein Glied innerhalb einer ganzen Reihe technischer Entwicklungen vom Stumm- zum Tonfilm (vgl. Henzel 2006, 48/49).