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Ausgangspunkt dieser Doktorarbeit ist die dominant erbliche hypertrophische Kardiomyopathie, eine Herzkrankheit, die mit Funktionseinschränkungen des Myokards und einem relativ hohen Risiko für einen plötzliche Herztod assoziiert ist. Als Ursachen wurden ca. 160 Mutationen in bisher zehn verschiedenen Genen nachgewiesen, die - mit einer möglichen Ausnahme - für Proteine des kardialen Sarkomers kodieren. Am häufigsten betroffen sind das ventrikelspezifische -Myosin (schwere Kette) sowie das kardiale Myosin-Bindungsprotein C. Ein in Bad Nauheim initiiertes Projekt hat zum Ziel, die Wirkungen einer Mikrodeletion im - Myosingen (Deletion des Codons 927, E927) auf die Struktur und Arbeitsweise des Herzens in transgenen Mäusen zu untersuchen. Es ist bei diesem Projekt beabsichtigt, die Expression des mutierten Myosin-Transgens so zu steuern, dass es nicht unkontrolliert dauernd (konstitutiv), sondern zeitlich kontrolliert (induzierbar) im Herzen exprimiert wird. Als Induktionssystem der Wahl ist dabei das bakterielle Tetrazyklinrepressor-System vorgesehen. Dieses besteht aus dem Repressor tetR, einer DNA- Repressor-Bindungssequenz tetO und einem von außen zugeführten Induktor (Tetrazyklin, tet, oder Doxyzyklin, DOX, einem tet-Derivat). Da dieses Regulationssystem vor dem aufwändigen Einsatz an transgenen Mäusen zunächst in vitro an Zellkulturen zu testen war, wurden für die transiente Transfektion von Zellen in Kultur zwei Plasmide (mit jeweils zwei verschiedenen Promotoren, also insgesamt vier Plasmide) hergestellt. Ein Plasmid enthielt den Repressor und das zweite die tetO-Sequenz mit einem nachgeschalteten Reportergen (lacZ für -Galactosidase). Die beiden Promotoren waren der ubiquitäre virale CMV-Promotor (hCMV-Promotor) einerseits und der herz- und mäusespezifische -Myosin-Promotor (-MHC Promotor) andererseits. Getestet wurde die Regulierbarkeit des Reportergens in transient transfizierten COS1-Zellen, L6 Myoblasten sowie an neonatalen Kardiozyten von Ratten. Für die Kotransfektion von jeweils einem Paar der Plasmide (mit dem tetR-Gen, bzw. dem tetO/lacZ-Gen) wurde ein modifiziertes und in dieser Arbeit optimiertes ballistisches System (Gene Gun von BioRad) benutzt. Die Versuchsanordnung bestand aus Anzüchtung der Zellen, Transfektion, Induktion und Nachweis des Reporterenzyms. Mit dem hCMV-Promotor wurde in allen drei getesteten Zelltypen eine von DOX abhängige Expression der -Galaktosidase nachgewiesen. Mit dem -MHC Promotor, der wegen seiner Herzspezifität nur an kardialen Rattenmyozyten getestet werden konnte, waren in der Standardversuchsanordnung (nach DOX Induktion) nur sehr geringe Mengen an - Galaktosidase nachweisbar. Um die Regulierbarkeit des lacZ-Gens eindeutig zu demonstrieren, wurden als Stimulatoren des -MHC Promotors die Hormone Trijodthyronin, Insulin und Dexamethason einzeln und in Kombination verwendet. Die höchste Stimulierung (ca. 5-fach) wurde mit einer Kombination aller drei Hormone erreicht. In dieser Anordnung wurde damit gezeigt, dass das binäre tetR/tetO-System in vitro nach Induktion auch mit dem -MHC Promotor funktioniert. Mit diesem Resultat war - im Prinzip - der Weg für Experimente mit transgenen Mäusen vorgegeben. In Transgen-Linien mit Einzeltransgenen (entweder mit dem tetR-Gen oder dem lacZ-Gen, beide unter Kontrolle des -MHC Promotors, letzteres zusätzlich mit der tetO- Sequenz für den Repressor) wurde die herzspezifische Expression der -Galaktosidase eindeutig nachgewiesen, nicht jedoch die des tet-Repressors. Die Gründe dafür können gegenwärtig nur vermutet werden. Die Zahl der Genkopien könnte unzureichend gewesen sein. Da es sich um ein bakterielles Gen handelt, könnte auch eine ungünstige Codon-Verwendung einer effizienten Expression entgegenstehen. Zur Klärung dieser Umstände sind weitere Versuche (die nicht mehr Gegenstand dieser Doktorarbeit sind) inzwischen initiiert worden. Das hier in Zellkultur getestete Regelsystem wird als tetON-System charakterisiert, bei dem das Transgen, dessen Expression kontrolliert werden soll (jetzt das Gen für -Galktosidase, später ein mutiertes ventrikelspezifisches Myosingen), erst nach Zugabe des Induktors (Doxyzyklin, bei Mäusen im Trinkwasser) aktiviert wird. Damit unterscheidet sich dieses System von vielfach benutzten tetOFF-Systemen. Diese bestehen aus einem hybriden Protein, das aus zwei verschiedenen Struktur/Funktionsdomänen besteht: der tet-Bindungsdomäne des bakteriellen tet-Repressors und einem viralen ubiquitären Transkriptionsaktivator (das Hybridprotein hat die Bezeichnung tTA). Die zu regulierenden Zielgene enthalten die tetO- Sequenz. Bindung von tet an tTA führt zur Dissoziation des tTA/tetO-Komplexes und damit zur Deaktivierung des Zielgens. Entzug von tet erlaubt die Bindung von tTA an den Promotor des Zielgens und ermöglicht damit dessen Transkription. Dieses System, dessen Funktionalität an Modellversuchen nachgewiesen wurde, hat gleichwohl Nachteile. Diese sind erstens auf eine gewisse Toxizität des Transkriptionsaktivators tTA und zweitens auf negative Wirkungen in Verbindung mit der Dauerzufuhr von Tetrazyklin (zur Unterdrückung der Expression des Zielgens) zurückzuführen. Da ein in der Literatur auch beschriebenes tTA-basiertes tetON- System als nicht ausreichend berichtet wird, erscheint der Aufwand für die Herstellung eines einfachen (nicht-viralen) und ggf. genetisch modifizierten tetON-Systems für die Anwendung an Mäusen sinnvoll und notwendig.
Der erste Teil dieser Promotionsarbeit umfasste die Etablierung und Validierung eines in vitro Testsystems zur Auffindung von Substanzen, die selektiv die Interaktion der mitogenen Signalmoleküle Ras und Raf inhibieren können. Die Deregulation der Ras-Signalkaskade spielt in einer Vielzahl maligner Transformationen eine bedeutende Rolle. Daher besteht in der pharmazeutischen Forschung großes Interesse an der Auffindung von Inhibitoren, die in der Lage sind, solche proliferativen Signale zu unterbinden und möglicherweise Ras- vermittelte Malignität einzudämmen. Das im Rahmen dieser Promotionsarbeit entwickelte Testsystem zur Detektion von Inhibitoren der Ras-Raf-Proteininteraktion basiert auf der intracistronischen ß-Galaktosidase Komplementation. Hierbei werden zwei sich nicht komplementierende Deletionsmutanten der ß-Galaktosidase, deren Affinität zueinander sehr niedrig ist, mit interagierenden Proteinpaaren fusioniert, wodurch es zur Ausbildung eines aktiven Enzymkomplexes kommen kann, dessen Aktivität sich über die Umwandlung eines fluorogenen Substrats nachweisen lässt. Bei Expression der interagierenden Fusionsproteine im E.coli Stamm ER2507 zeigte sich in intakten Zellen eine spezifische Komplementation der Interaktionspartner. Eine in vitro Komplementation der Fusionsproteine konnte trotz nativer Aufreinigung nicht beobachtet werden, da die Proteine im zellfreien System unter den gegebenen Versuchsbedingungen nur sehr schwach miteinander interagierten. Das zelluläre Testsystem ließe sich in dieser Form für die Wirkstoffsuche nach Inhibitoren der Ras-Raf-Proteininteraktion einsetzen. Die Evaluierung und Validierung muss aber für jedes interagierende Proteinpaar gesondert erfolgen. Der zweite Teil dieser Promotionsarbeit umfasste die Entwicklung und Charakterisierung zellulärer Systeme zur Validierung von PKB/Akt als Zielstruktur für die Entwicklung neuartiger anti-tumoraler Strategien. PKB/Akt wird in der Literatur als zentraler Mediator von zellulären Überlebenssignalen beschrieben. Zudem weisen verschiedene Tumore eine konstitutive Aktivierung und/oder eine Überexpression von PKB/Akt auf, was möglicherweise mit dem Auftreten von Chemoresistenz korreliert. Im Rahmen dieser Promotionsarbeit konnte durch die Etablierung eines geeigneten zellulären Modells die Bedeutung von PKB/Akt bei der Verhinderung des Auftretens von Anoikis herausgestellt werden. Darüber hinaus gelang es erstmals, einen kausalen Zusammenhang zwischen konstitutiver Aktivierung von PKB/Akt und der Vermittlung von Chemoresistenz in vitro als auch in vivo darzulegen. Bei der molekularen Untersuchung der PKB/Akt- vermittelten Desensitivierung von Lungenkarzinomzellen gegenüber Zytostatika zeigte sich, dass PKB/Akt Chemoresistenz durch breit gefächerte Eingriffe in die apoptotischen Hauptsignalwege über eine Vielzahl von Mechanismen wie beispielsweise die verstärkte Phosphorylierung der Initiator-Caspase 9, die erhöhte Expression des anti-apoptotischen Proteins Bcl-xL oder die verlangsamte Induktion von p53 vermittelt. Die selektive Inhibition der Kinaseaktivität von PKB/Akt stellt somit einen interessanten Ansatz für neuartige therapeutische Strategien dar, die darauf abzielen, Tumorzellen, die Chemoresistenz aufgrund einer hohen intrinsischen Aktivität von PKB/Akt aufweisen, durch Applikation eines PKB/Akt-Inhibitors gegenüber Standard-Chemotherapeutika zu resensitivieren und auf diese Weise eine Vielzahl von chemoresistenten Tumoren einer Therapie zugänglich zu machen.
Termiten (Insecta: Isoptera) sind soziale Insekten und ein wichtiger Bestandteil der Fauna terrestrischer Ökosysteme der Tropen. Dort stellen sie bis zu 25 Prozent der Bodenfauna und sind als Ökosystem-Ingenieure eine sogenannte Keystone-Gruppe (Abe & Higashi, 1997). Untersuchungen zur Rolle in Stoffkreisläufen wurden bisher hauptsächlich in den Savannen Afrikas oder Asiens durchgeführt. Bis heute sind auffallend wenig Daten aus tropischen Wälden vorhanden. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit mehreren Teilaspekten der Termitenökologie in einem amazonischen Festlandregenwald. Die Atmungsaktivität von 24 Termitenarten wurde mittels Infra-Rot-Gas-Absorptions-Messungen (IRGA-Messungen) bestimmt. Hierbei wurde nach Kasten (Arbeiter und Soldaten) differenziert. Das Verhältnis von Körpermasse und CO2-Produktion folgt einem ubiquitären biologischen Gesetz, nach dem die Metabolismusrate mit zunehmender Köpergröße abnimmt. Die untersuchten Termiten konnten in vier verschiedene Nahrungsgilden eingeteilt werden: Holzfresser, OM-Fresser (OM=organisches Material), Interfacefresser und Spezialisten. In Übereinstimmung mit der taxonomischen und funktionellen Einteilung konnte gezeigt werden, dass Holzfresser mit 0,87 g [CO2 g Biomasse -1] signifikant mehr CO2 als OM-Fresser (0,47 g [CO2 g Biomasse -1]) und Spezialisten (0,42 g [CO2 g Biomasse -1]) produzieren. In einem weiteren Teil der Arbeit wurden verschiedene Einflüsse unterschiedlicher Waldsysteme auf die Termitenaktivität untersucht. Die Präsenz von Termiten an Köderfallen wurde dazu in drei verschiedenen Waldsystemen (Primärwald, Sekundärwald und verschiedene agroforstwirtschaftliche Anbausysteme) für den Zeitraum eines Jahres beobachtet. Es konnte gezeigt werden, dass die Termitenaktivität mit dem Komplexitätsgrad der untersuchten Systeme und der Bodenfeuchte korreliert. Die meisten mit Termiten besetzten Fallen fanden sich im Primärwald. Es war außerdem möglich den Nachweis zu liefern, dass der Vegetationstyp forstwirtschaftlich genutzter Flächen die Termitenaktivität beeinflusst. In vier verschiedenen agroforstwirtschaftlichen Polykulturen wurden sowohl in der Trocken- als auch in der Regenzeit mehr besetzte Köderfallen gezählt als in Monokulturen der untersuchten amazonischen Nutz-Baumarten (Citrus sinensis, Theobroma grandiflorum, Hevea brasilensis, Bactris gasipaes und Cocos nucifera). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Termiten auf Feuchtigkeitsunterschiede im Boden reagieren indem sie zu feuchte (> 28% volum. Wassergehalt) oder zu trockene Standorte (< 23% volum. Wassergehalt) meiden. Auf der Basis der ermittelten Atmungsdaten wurde die Rolle der Termiten im lokalen und globalen Kohlenstoffkreislauf mit Hilfe von Modellen spezifiziert. Erstmalig konnten hierbei die Daten der neotropischen Termiten in ökologische Modelle integriert werden. Zum einen ergab die Modellierung der CO2-Produktion der untersuchten Arten aus Teil A mit dem Makrofaunamodell NEOMITES, dass Termiten in einem tropischem Regenwald in der Lage sind, bis zu 28 Prozent des Bodenkohlenstoffes zu mobilisieren. Zum anderen wurde mit einem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Modell die Nettomenge der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan die durch Termiten produziert wird, berechnet. Demnach tragen Termiten tropischer Regenwälder zwischen 0,52 und 2,75 Prozent zur globalen jährlichen Nettoproduktion des Kohlendioxids bei und liegen damit über dem bisher vermuteten Anteil von 0,22-1,56 Prozent. In bezug auf Methan liegen die Ergebnisse der globalen jährlichen Nettoproduktion im Bereich bisheriger Schätzungen (zwischen drei und 19 Prozent). Die durchgeführten Untersuchungen konnten zeigen, dass Termiten auf Bodenqualitätsmerkmale wie Feuchtigkeit reagieren und somit als Monitororganismus bei der nachhaltigen Nutzung tropischer Böden eingesetzt werden können. Durch die Ermittlung der Atmungswerte und der darauf basierenden Modellierung konnte ihre zentralen Rolle im Kohlenstoffkreislauf der Böden tropischer Regenwälder demonstriert werden. Die Modellvorhersagen ihres Beitrags zur Nettoproduktion von Kohlendioxid und Methan zeigen, dass Termiten tropischer Regenwälder keine primäre Quelle des atmosphärischem Kohlendioxids und Methans darstellen. Allerdings liegt ihr Beitrag - insbesondere im Fall von Kohlendioxid - über den bisherigen Annahmen.
Für verschiedene gentherapeutische Ansätze zur Behandlung der HIV-Infektion oder anderer erworbener oder angeborener Krankheiten wie z. B. der angeborenen Immunschwäche SCID ist ein hocheffizienter Gentransfer in CD4-positive T- Lymphozyten erforderlich. In der vorliegenden Arbeit wurden daher geeignete retrovirale Pseudotypvektoren weiterentwickelt. Unter Einsatz von Markergenen wurden Methoden der Transduktion primärer humaner Lymphozyten optimiert. Schließlich wurden verschiedene potentielle therapeutische anti-HIV-Gene durch retroviralen Gentransfer in humane T-Zelllinien übertragen und hinsichtlich der Hemmung der in-vitro Replikation verschiedener HIV-Stämme verglichen. Zunächst wurden stabile Verpackungszelllinien zur Herstellung von [MLV(HIV-1)]- und [MLV(GaLV)]-Pseudotypvektoren entwickelt, die ein für die Analyse der Transduktionseffizienz geeignetes Markergen übertragen. [MLV(HIV-1)]-Vektoren konnten mit Titern bis zu 2 x 10 hoch 5 i.E. / ml hergestellt werden. Die Optimierung der Kultivierung primärer humaner T-Lymphozyten vor dem ex- vivo Gentransfer ergab, dass eine 24-stündige PHA/IL-2 Stimulation mit anschließender 48-stündiger Kultivierung in IL-2 Medium optimal für die Transduktion primärer CD4-positiver T-Lymphozyten unter weitgehender Erhaltung des Expressionsmusters der Chemokinrezeptoren CXCR4 und CCR5 ist. Bei längerer Stimulation mit PHA und IL-2 verändert sich sowohl das CD4/CD8-Verhältnis als auch die CCR5-Expression gegenüber nativem Blut signifikant. Die Analyse der Expression des übertragenen Markergens und anderen Oberflächenmarkern der Zellen nach der Transduktion zeigte eine strikte Abhängigkeit der Transduktion der [MLV(HIV-1)]-Vektoren vom HIV-Rezeptor CD4, während herkömmliche [MLV(GaLV)]-Vektoren sowohl CD4-positive als auch CD4-negative Zellen transduzierten. Die Effizienz von [MLV(HIV-1CXCR4)]- Vektoren für CD4-positive Zellen war signifikant höher als die der [MLV(GaLV)]-Vektoren, während die Transduktionseffizienz der [MLV(HIV-1CCR5)]-Vektoren aufgrund der geringen Anzahl CCR5-positiver CD4-T-Zellen am niedrigsten war. Zwei Tage nach der Transduktion wurde eine reduzierte Korezeptorexpression in den Zellen nachgewiesen. Gründe hierfür könnten die Internalisierung der Korezeptoren nach der Transduktion oder eine durch die Kultivierung der Zellen bedingte Änderung der Expression sein. Nach weiterer Optimierung des retroviralen Gentransferprotokolls, u.a. durch Verwendung autologen Plasmas, konnten schließlich bei einmaliger Transduktion mit einer m.o.i. von 5 mit den [MLV(HIV-1CXCR4)]-Vektoren Transduktionsraten von bis zu 80 % erreicht werden. Zum Vergleich der Wirkung potentieller anti-HIV-Gene, die mit den neuen Vektoren in der Gentherapie des Immunschwächesyndroms AIDS eingesetzt werden könnten, wurden fünf verschiedene HIV-Inhibitoren (zwei intrazellulär exprimierte Antikörperfragmente (scFv) gegen HIV-1 Integrase und Reverse Transkriptase, zwei Ribozyme, die die HIV-1 RNA in der 5´-LTR oder im Pol- Leserahmen spezifisch spalten, sowie Interleukin-16) in den gleichen Transfervektor kloniert und durch retroviralen Gentransfer in die T-Zelllinie SupT1 übertragen. In Infektionsversuchen mit zwei unterschiedlichen HIV-1 Stämmen vermittelte jedoch keiner der potentiellen Inhibitoren eine signifikante Resistenz gegenüber HIV-1. Erst nach Sortierung der Kulturen auf starke Expression der übertragenen Gene konnte in den sortierten Zellen eine geringe Hemmwirkung des 5´-LTR-spezifischen Ribozyms auf die in-vitro Replikation des Stammes HIV-1IIIB, nicht jedoch auf die des Stammes HIV-1NL4-3 gezeigt werden. Die Signifikanz dieser Beobachtung muß über den Vergleich der Hemmwirkung weiterer Inhibitorgene geklärt werden.
In bestimmten methanogenen Archaea wurde vor einigen Jahren eine metallfreie Hydrogenase gefunden, die den reversiblen und stereoselektiven Transfer eines Hydridions von Wasserstoff auf die an den C1-Carrier Tetrahydroniethanopterin (H4MPT) gebundene Methenyl-Gruppe katalysiert. Damit stellt dieses Enzym den ersten und einzigen rein organischen Hydrogenierungskatalysator dar, den man in der Natur kennt. Ziel der vorgelegten Arbeit war die kristallographische Bestimmung der Enzymstruktur. Versuche zur Strukturlösung des in aktiver Form aus M. marburgensis isolierten Enzyms durch mehrfachen isomorphen Ersatz, über die anomale Dispersion an nicht-isomorphen Quecksilberderivaten und die des Selens an mit Selenomethionin markiertem Enzym verliefen nicht erfolgreich. Ursächlich hierfür war die perfekte meroedrische Zwillingsbildung der Kristalle. Für die beiden heterolog produzierten, inaktiven Apoenzyme aus den Hyperthermophilen M. jannaschii und M. kandleri wurden in dieser Arbeit effektive Expressions- und Reinigungsprotokolle entwickelt. Für das Enzym aus M. jannaschii wurden Mikrokristalle erhalten, die lediglich ein Proteolysefragment von etwa der halben Masse des Vollängenproteins enthalten. Kristalle des Enzyms aus M. kandleri konnten durch serielles Microseeding so weit verbessert werden, daß die Durchführung eines MAD-Experiment möglich wurde. Erst unter Verwendung vor kurzem entwickelter direkter Methoden (Shake-and-Bake) gelang die Strukturlösung bei einer Auflösung von 2.8 Å. Die Monomere bilden ein sehr eng assoziiertes Homodimer; zwei dieser Dimere sind zu einem locker assoziierten Tetramer verbunden. Jedes Monomer besitzt zwei Domänen. Die N-terminale Domäne von etwa 255 Resten besitzt eine Faltung, wie sie für Dinukleotid-bindende Enzyme typisch ist, mit einem zentralen, verdrehten achtsträngigen beta-Faltblatt. Die C-terminale Domäne von etwa 100 Resten besitzt dagegen weitgehend alpha-helikale Struktur und ist für die außerordentlich enge Assoziation des Homodimers verantwortlich. Beide Domänen sind durch eine gestreckte, flexible Verbindung verknüpft. Im Dimer entstehen dadurch zwei tiefe Spalten, die von Anteilen der N-terminalen Domäne eines und der C-terminalen Domäne des jeweils anderen Monomers begrenzt werden. Das aktive Zentrum liegt wahrscheinlich in dieser Spalte, wobei postuliert wird, daß der fest gebundene Cofaktor eher mit der größeren N-terminalen Domäne assoziiert ist und das Substrat zwischen den Domänen bindet. An der Bindung dürfte die C-terminale Domäne und möglicherweise auch direkt der Cofaktor beteiligt sein. Die Struktur zeichnet sich durch außergewöhnlich hohe Tenmperaturfaktoren ans. Für das Enzym aus M. marburgensis konnte eine Lösung durch molekularen Ersatz erhalten werden. Da der für die Katalyse benötigte, noch unbekannte Cofaktor nicht in der Struktur enthalten ist, ist eine weitergehende Diskussion des enzymatischen Mechanismus noch nicht möglich. Die Verfügbarkeit eines ersten Strukturmodells der metallfreien Hydrogenase stallt aber bereits einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zum Verständnis dieses ungewöhnlichen Hydrogenierungskatalysators dar.
Eintrag organischer Umweltchemikalien aus der Oder in den anaeroben Grundwasserleiter des Oderbruchs
(2002)
In der vorliegenden Arbeit wurde im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogrammes 546 ,,Geochemische Prozesse mit Langzeitfolgen im anthropogen beeinflussten Sickerwasser und Grundwasser" der Eintrag organischer Umweltchemikalien aus der Oder in den anaeroben Grundwasserleiter des Oderbruchs untersucht. Ausgewählt wurden verschiedene Vertreter der Stoffklassen Antioxidantien und Phosphorsäureester sowie die beiden Xenoöstrogene Bisphenol A und 4-Nonylphenol, denen eine endokrine (hormonähnliche) Wirkung auf Organismen zugeschrieben wird. Solche Umweltchemikalien werden seit ca. 40 Jahren in großen Mengen für verschiedene Zwecke in Industrie und Privathaushalten eingesetzt oder sie entstehen durch photochemischen oder mikrobiologischen Abbau unter Umweltbedingungen. Die Chemikalien gelangen durch Produktion und Verwendung in die Abwässer und werden durch Direkteinleitungen geklärter Abwässer in die Oberflächengewässer eingetragen. Durch den Prozess der Uferfiltration werden im Oderbruch organische Verbindungen von der Oder ins Grundwasser des angrenzenden Aquifers transportiert. Viele Umweltkontaminanten sind unter aeroben Bedingungen gut biologisch abbaubar. Wie sie sich aber in einer sauerstofffreien Umgebung verhalten, ist bis heute relativ unerforscht. Es ist notwendig, die Prozesse bei der Uferfiltration zu kennen, da heute zunehmend mehr Trinkwasser aus Uferfiltrat gewonnen wird und Umweltchemikalien somit eine potentielle Gefahr für die Trinkwasserversorgung darstellen. Eine zweite Eintragsquelle stellen die Niederschläge dar. Viele organische Verbindungen besitzen die Fähigkeit, aufgrund ihrer physikalischen Paramter von freien Wasser- und Bodenoberflächen oder aus den Produkten, in denen sie enthalten sind, in die Atmosphäre zu verdampfen. Über den Regen gelangen sie schließlich zurück auf die Erde und können so mit dem Sickerwasser bis in tiefere Zonen des Aquifers transportiert werden. Für Vergleichszwecke wurden auch andere Fließgewässer in Deutschland bezüglich der Belastung durch die ausgewählten Umweltchemikalien untersucht. In Ergänzung und Fortsetzung bisheriger Publikationen wurde mit der vorliegenden Arbeit die Konzentrationsentwicklung dieser Stoffe in den Flüssen Rhein, Main, Elbe, Nidda und Schwarzbach dokumentiert. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit lag darin, die Frage nach dem Eintrag dieser Umweltchemikalien in die Flüsse zu beantworten. Dazu wurde Abwasser und Regenwasser auf die Anwesenheit der entsprechenden Verbindungen untersucht. Das Hauptuntersuchungsgebiet stellte die Oder im Grenzbereich Deutschland-Polen sowie der anaerobe Grundwasserleiter des Oderbruchs dar. Dieses Gebiet westlich der Oder im Bundesland Brandenburg wurde ausgewählt, da hier die besondere hydrologische Situation gegeben ist, dass das Flusswasser der Oder mit Geschwindigkeiten von 0,2-5 m/d in den angrenzenden Aquifer infiltriert. Da im Aquifer des Oderbruchs durchweg reduzierende Verhältnisse herrschen, eignet sich dieser in besonderer Weise, das Verhalten organischer Substanzen unter anaeroben Bedingungen zu untersuchen. Hydrogeologisch betrachtet sind im quartären Untergrund des Oderbruchs zwei Hauptgrundwasserleiter ausgebildet. Beide Horizonte werden durch eine undurchlässige Schicht aus Geschiebemergel voneinander getrennt. Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen war ausschließlich der obere Hauptgrundwasserleiter, in dem durchweg anaerobe Bedingungen herrschen. Bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit von 20-30 m wird der Aquifer im wesentlichen aus holozänen und pleistozänen Sanden und Kiesen aufgebaut. Charakteristisch für das Oderbruch ist der sogenannte ,,Auelehm". Es handelt sich hierbei um flächenhaft verbreitete bindige Deckschichten mit unterschiedlichen Mächtigkeiten. In einigen Bereichen des Oderbruchs fehlen diese undurchlässigen Deckschichten völlig, weshalb das Niederschlagswasser ungehindert in den Aquifer eindringen kann. In anderen Bereichen variiert die Mächtigkeit des Auelehms lokal. Mit zunehmender Entfernung von der Oder nimmt sie stark ab. In Bereichen ab ca. 3000 m Entfernung vom Fluss sind die Auelehmdeckschichten nicht mehr vorhanden, weshalb hier der Eintrag organischer Stoffe mit den Niederschlägen in einen Aquifer begünstigt wird. Im Vorfeld dieser Arbeit hat die Auswertung der zur Schadstoffbelastung der Oder vorliegenden Literatur gezeigt, dass sich die wenigen Untersuchungen vor allem mit dem Auftreten sogenannter persistenter organischer Schadstoffe wie polychlorierte Biphenyle (PCB), Dioxine, Furane und Chlorpestizide beschäftigten. Umweltchemikalien wie Antioxidantien, Phosphorsäureester und Xenoöstrogene, die unter aeroben Bedingungen gut biologisch abgebaut werden, treten oft in den Hintergrund der Betrachtung, da von einer vollständigen Eliminierung dieser Substanzen ausgegangen wird. Diese Industriechemikalien, die Gegenstand dieser Arbeit sind, werden in so hohen Mengen produziert und eingesetzt, dass die Abbaukapazität in Böden und Gewässern häufig überschritten wird. In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst eine empfindliche Messmethode zur Bestimmung von mittelpolaren organischen Umweltkontaminanten aus matrixreichen Wasser- und Abwasserproben im unteren Nanogramm/Liter-Bereich entwickelt. Die Analysenmethode basierte auf der Extraktion der Wasserproben mittels Festphasenextraktion (SPE) sowie dem hochempfindlichen Nachweis der Analyten mittels Kapillargaschromatographie/ Massenspektrometrie (GC/MS). Damit konnten zahlreiche Verbindungen mit einem relativ geringen Arbeitsaufwand im Routinebetrieb mit Wiederfindungsraten von 68 bis 95 % in den Wasserproben identifiziert und quantifiziert werden. Die Bestimmungsgrenzen für die einzelnen Verbindungen lagen zwischen 3-53 ng/l. Insgesamt sind in diesem Projekt von März 1999 bis Juli 2001 sechs Beprobungskampagnen im halbjährlichen Rhythmus durchgeführt worden. Zur Beprobung standen die im Rahmen dieses Schwerpunktprogrammes von Mitarbeitern der FU Berlin sowie des ZALF in Müncheberg im Oderbruch installierten Grundwassermessstellen der Transsekten Bahnbrücke und Nieschen zu Verfügung. Im Bereich der Transsekte Bahnbrücke ist der ,,Auelehm" weit verbreitet, allerdings mit lokal variierenden Mächtigkeiten. Mit zunehmender Entfernung von der Oder nimmt die Mächtigkeit dieser Deckschicht ab, bis sie in einer Entfernung von ca. 5000 m überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Vereinzelt sind den überwiegend sandig bis kiesigen Sedimentfolgen, die den Aquifer im Bereich der Transsekte Bahnbrücke überwiegend aufbauen, in unmittelbarer Nähe der Oder geringmächtige Tonlagen zwischengeschaltet. Dadurch wird der Aquifer in flussnähe in zwei Teilbereiche gegliedert. Der untere Teilbereich steht im direkten hydraulischen Kontakt zur Oder und wird so maßgeblich durch das Uferfiltrat beeinflusst. Im Hangenden dieses grundwasserleitenden Horizontes folgt ein zweiter Teilbereich, der durch eine stauende Tonschicht an der Basis hydraulisch von der Oder getrennt ist und so überwiegend von infiltrierendem Niederschlagswasser sowie vom Oderwasser bei Überschwemmungen geprägt wird. Im Bereich der Transsekte Nieschen besteht der Grundwasserleiter ausschließlich aus sandig-kiesigen Sedimentfolgen. Außerdem fehlt hier der Auelehm und damit eine den Aquifer schützende Deckschicht. Daher ist im Bereich der Transsekte Nieschen der Einfluss von infiltrierendem Niederschlagswasser auf den Grundwasserchemismus besonders stark ausgeprägt, da dieses ungehindert in den Aquifer eindringen kann. Parallel zu jeder Grundwasserprobennahme wurde an ausgewählten Standorten in Deutschland eine Beprobung verschiedener Oberflächengewässer durchgeführt sowie Dachablaufproben gesammelt. Bei der letzten Beprobungskampagne wurden im Oderbruch eine Niederschlagsprobe sowie zwei Dachablaufproben genommen. Zum gleichen Zeitpunkt wurden Zu- und Abläufe der Kläranlage einer Stahlverarbeitungsfirma sowie dreier kommunaler Kläranlagen in der Umgebung des Oderbruchs beprobt. Sämtliche beprobten Kläranlagen leiten ihre geklärten Abwässer in die Oder. Folgende organische Verbindungen wurden in den Proben identifiziert und in drei Gruppen eingeteilt: Die Gruppe der Antioxidantien mit den Vertretern 3,5-Di-tert.-butyl-4-hydroxytoluol (BHT), 3,5-Di-tert.-butyl-4-hydroxybenzaldehyd (BHT-CHO) und 1,2-Bis(3,5-di-tert.- butyl-4-hydroxy-phenyl)ethan (2-BHT), die Gruppe der Phosphorsäureester mit den Vertretern Tributylphosphat (TBP), Tris(2-chloroethyl)phosphat (TCEP) und Tris(2- butoxyethyl)phosphat (TBEP) sowie die Gruppe der Xenoöstrogene mit den Vertretern 2,2- Bis-(4-hydroxyphenyl)propan (BPA) und 4-Nonylphenol (4-NP). Die organischen Verbindungen BHT, TBP, TCEP, TBEP und BPA sind weltweit eingesetzte, industriell hergestellte Chemikalien. 4-NP ist ein Abbauprodukt nichtionischer Tenside (Nonylphenolpolyethoxylate = NPnEO), die als Detergentien in Waschmitteln eingesetzt werden. Bei der Verbindung BHT-CHO handelt es sich um ein Abbauprodukt des Antioxidationsmittels BHT und bei 2-BHT um ein Dimeres von BHT. Sämtliche organische Umweltchemikalien und Metabolite konnten in kommunalen und industriellen geklärten und ungeklärten Abwässern, im Niederschlag und im Dachablauf, in Oberflächengewässern sowie im Grundwasser nachgewiesen werden. Abwasser: In den kommunalen Zuläufen betrug die mittlere BHT-Konzentration 392 ng/l und in den Abläufen 132 ng/l. Für BHT-CHO lag die mittlere Konzentration in den kommunalen Zuläufen bei 113 ng/l und in den Abläufen bei 70 ng/l. Auch die drei Phosphorsäureester wurden in allen untersuchten kommunalen Zuläufen mit mittleren Konzentrationen von 15404 ng/l für TBP, 986 ng/l für TCEP und 12835 ng/l für TBEP nachgewiesen. Die Durchschnittskonzentration in den Abläufen der drei kommunalen Kläranlagen lag bei 622 ng/l für TBP, 352 ng/l für TCEP und 2955 ng/l für TBEP. Das Xenoöstrogen BPA wurde in den Zuläufen mit durchschnittlich 6579 ng/l und in den Abläufen mit 1656 ng/l bestimmt. Die Verbindung 4-NP trat hingegen nur in den Abläufen der kommunalen Kläranlagen mit durchschnittlich 385 ng/l auf. Die Konzentrationen von BHT, TBP, TCEP und TBEP im Zulauf der betriebseigenen Kläranlage einer Stahlverarbeitungsfirma bei Eisenhüttenstadt waren durchweg geringer als die mittleren Konzentrationen dieser Stoffe in den Zulaufproben der kommunalen Kläranlagen. Diese Industriechemikalien finden vor allem in Haushaltsprodukten Verwendung und werden so hauptsächlich durch die Abwassereinleitungen kommunaler Kläranlagen in die Oberflächengewässer eingetragen. Im Gegensatz dazu wurden im Abwasser der industriellen Kläranlage die höchsten Konzentrationen für die beiden Xenoöstrogene BPA und 4-NP festgestellt, da diese Stoffe bei der Metallverarbeitung als Zusatzstoff bzw. als Reinigungsmittel eingesetzt werden. Sämtliche hier zur Diskussion stehenden Verbindungen, mit Ausnahme von 4-NP, wurden durch den Klärprozess mit Raten von 29,1-96,0 % eliminiert. Die Substanzen TBP und TBEP, die in höheren Konzentrationen von mehreren Mikrogramm/l im ungeklärten Abwasser enthalten waren, wurden effektiver durch den Klärprozess eliminiert, als dies bei Substanzen mit geringeren Konzentrationen wie BHT und TCEP der Fall war. Eine besondere Stellung im Eliminierungsprozess in den Kläranlagen nimmt 4-NP ein. Diese endokrin wirksame Substanz konnte ausschließlich in den Ablaufproben der kommunalen Kläranlagen nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, dass sie erst während des Klärprozesses durch biologischen Abbau von NPnEO gebildet wird. Da allerdings kommunale Kläranlagen neben Abwasser auch einen großen Anteil an Oberflächenabfluss und damit Niederschlagswasser aufnehmen, stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum 4-NP in den Zulaufproben nicht oberhalb der Nachweisgrenze nachgewiesen werden konnte. Niederschlag- und Dachablauf enthielten immerhin durchschnittlich 942 ng/l 4-NP. Hier besteht weiterhin Klärungsbedarf. Das Auftreten aller Substanzen in sämtlichen Ablaufproben zeigt, dass die Direkteinleitungen geklärter Abwässer in die Flüsse eindeutig eine Eintragsquelle für das gesamte untersuchte Stoffspektrum in die aquatische Umwelt darstellen. Ein weiterer Schadstoffeintrag ist durch die Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Nutzflächen gegeben. Aufgrund der hohen Werte der Octanol/Wasserverteilungskoeffizienten (logPOW) der hier untersuchten Verbindungen muss eine Adsorption der Substanzen an Klärschlamm und ein damit verbundener Eintrag ins Grundwasser durch Remobilisierungserscheinungen ebenfalls als Eintragsquelle in Betracht gezogen werden. Generell gingen in den letzten Jahren die Mengen an BHT, die über die Einleitungen geklärter Abwässer in die Oberflächengewässer gelangen, zurück. Vor fast 30 Jahren gelangte in den USA vereinzelt noch ungefähr die 100fache Menge der Substanz über Abwassereinleitungen in die Vorfluter. Für TBP, TCEP und TBEP war im geklärten Abwasser deutscher Kläranlagen in den letzten 20 Jahren ebenfalls eine Konzentrationsabnahme zu beobachten. Der Grund hierfür liegt in der Ausweitung des Kläranlagennetzes sowie in der Verbesserung vorhandener Abwasserreinigungsanlagen (vor allem in den neuen Bundesländern). Dagegen ist die BPA-Konzentration im geklärten Abwasser in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten drei Jahren geringfügig gestiegen, was auf die steigenden Produktionszahlen dieser Massenchemikalie zurückgeführt werden kann. Für 4-NP wurde in der BRD in den letzten fünf Jahren ein leichter Konzentrationsrückgang im geklärten Abwasser beobachtet. Dies kann damit in Zusammenhang gebracht werden, dass die deutsche Wasch- und Reinigungsmittelindustrie im Jahr 1986 eine freiwillige Verzichterklärung bezüglich des Einsatzes von NPnEO abgegeben hat. Durch den geringeren Einsatz dieser nichtionischen Tenside in den Produkten gelangen weniger NPnEO mit dem Abwasser in die Kläranlagen. Folglich wird im Verlauf der Abwasserbehandlung auch weniger 4-NP durch biologischen Abbau gebildet. Trotz dieser Verzichterklärung kann 4-NP dennoch bis heute in deutschen Kläranlagenabläufen nachgewiesen werden. Im internationalen Vergleich mit Österreich, Italien, England, Schottland, Schweiz, Kanada und den USA sind die 4-NP-Konzentrationen im geklärten Abwasser in Deutschland allerdings relativ gering. Niederschlag und Dachablauf Alle ausgewählten Verbindungen konnten sowohl in der Niederschlagsprobe aus dem Oderbruch als auch in den Dachablaufproben nachgewiesen werden. Aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften wie Dampfdruck und Henry-Konstante ist die Voraussetzung für einen Eintrag in die Atmosphäre für alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Substanzen generell gegeben. BHT und BHT-CHO konnten mit durchschnittlich 510 ng/l bzw. 171 ng/l in Niederschlag- und Dachablauf nachgewiesen werden (n=5). Der Maximalwert für BHT lag dabei bei 1797 ng/l in einer Dachablaufprobe und für BHT-CHO bei 474 ng/l in der Niederschlagsprobe. Die mittlere Konzentration der Phosphorsäureester in den untersuchten Niederschlags- und Dachablaufproben lag bei 951 ng/l für TBP, bei 151 ng/l für TCEP und bei 338 ng/l für TBEP. Dabei erreichte TBP ein Maximum von 1344 ng/l, TCEP von 327 ng/l und TBEP von 448 ng/l (die Maximalwerte der Phosphorsäureester wurden jeweils in einer Dachablaufprobe bestimmt). 4-NP wurde mit einer mittleren Konzentration von 942 ng/l im Niederschlag- und Dachablauf gemessen. Das 4-NP- Maximum lag bei 1231 ng/l (Dachablauf). BPA konnte mit durchschnittlich 1251 ng/l in Niederschlag- und Dachablauf nachgewiesen werden. Die maximale BPA-Konzentration lag dabei bei 4085 ng/l in der Niederschlagsprobe aus dem Oderbruch. Die hohen Konzentrationen von BPA im Regen konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht erklärt werden. Die Verbindung besitzt einen sehr niedrigen Dampfdruck (0,000005 Pa bei 25°C), der nicht ausreicht, um solch hohe Konzentrationen in der Atmosphäre hervorzurufen. Eine Verunreinigung der Regenwasserproben bei der Probennahme ist hier als Grund für die hohen BPA-Konzentrationen in Betracht zu ziehen und durch die Analyse weiterer Niederschlags- und Dachablaufproben zu überprüfen. Die Substanzen BHT, BHT-CHO, TBP und 4-NP waren im Vergleich zum geklärten Abwasser in höheren Konzentrationen in Niederschlag und Dachablauf enthalten. Diese Stoffe werden somit verstärkt über die Atmosphäre mit den Niederschlägen in die Umwelt eingetragen. Hier besteht Klärungsbedarf bezüglich dessen, dass 4-NP zwar im Regenwasser nicht aber in den Zuläufen der kommunalen Kläranlagen nachgewiesen werden konnte. Die mittleren Regenwasserkonzentrationen von BHT, BHT-CHO, TBP und 4-NP lagen ebenfalls über den mittleren Konzentrationen in Oberflächen- und Grundwasser. Zwei der Dachablaufproben stammten aus dem Rhein-Main Gebiet. In solchen Ballungszentren sind häufig höhere Gehalte an organischen Umweltchemikalien im Regenwasser enthalten als in ländlichen Gebieten, was einen Anstieg der Durchschnittskonzentration in sämtlichen Regenwasserproben zur Folge hat. Hinzu kommt, dass sich Verbindungen wie 4-NP, die einen hohen Dampfdruck aufweisen, relativ gleichmäßig in der Atmosphäre verteilen und so auch in Gebiete gelangen, die nicht durch hohe Schadstoffemissionen gekennzeichnet sind. Dies hat ebenfalls relativ hohe Konzentrationen im Regenwasser zur Folge. Ein dritter Grund für die höheren Konzentrationen im Regenwasser im Vergleich zum Oberflächen- und Grundwasser könnte die Adsorption organischer Umweltchemikalien mit hohen Octanol/ Wasserverteilungskoeffizienten an Sedimentpartikel, Schwebstoffe und/oder organische Substanz in Fluss und Aquifer sein. Die mittleren Konzentrationen der beiden Phosphorsäureester TCEP, TBEP und BPA waren im Vergleich zum geklärten Abwasser der kommunalen Kläranlagen im Regenwasser deutlich niedriger. Der Eintrag über die Atmosphäre ist folglich für diese Verbindungen von geringerer Bedeutung. Am Beispiel des Phosphorsäureester TBEP konnte dennoch demonstriert werden, dass der atmosphärische Eintrag organischer Verbindungen mit relativ geringen Dampfdrücken nicht zu vernachlässigen ist, da solche Substanzen die Tendenz zeigen, an Aerosolpartikel zu adsorbieren und mit dem Aerosol transportiert zu werden. Oberflächenwasser Die untersuchten Umweltchemikalien konnten in fast allen Wasserproben aus den untersuchten Oberflächengewässern mit zum Teil erheblichen Konzentrationsschwankungen nachgewiesen werden. Für BHT lagen die Konzentrationen in den Oberflächengewässern zwischen Werten unterhalb der Nachweisgrenze (<1 ng/l) und 1594 ng/l. Der Metabolit BHT- CHO wies dagegen mit einem Konzentrationsbereich von Werten unterhalb der Nachweisgrenze (<5 ng/l) bis 236 ng/l durchweg geringere Konzentrationen in den Oberflächenwasserproben auf. Der Mittelwert lag für BHT bei 233 ng/l und für BHT-CHO bei 89 ng/l (n = 47). Die Konzentrationen der Phosphorsäureester TBP, TCEP und TBEP in den untersuchten Oberflächenwasserproben schwankten zwischen Gehalten unterhalb der Nachweisgrenzen (<7 ng/l für TBP, <5 ng/l für TCEP und <6 ng/l für TBEP) und 1510 ng/l für TBP. Dabei wiesen TBP und TBEP mit Mittelwerten von 481 bzw. 465 ng/l die höchsten Konzentrationen in den untersuchten Oberflächengewässern auf. Der Mittelwert der Substanz TCEP in allen untersuchten Oberflächenwasserproben lag dagegen nur bei 165 ng/l. Die Konzentrationen der Xenoöstrogene BPA und 4-NP reichten bis maximal 1672 bzw. 1220 ng/l. Die Nachweisgrenze für BPA lag bei 10 ng/l und für 4-NP bei 6 ng/l. 4-NP trug mit einem Mittelwert von 464 ng/l am meisten von allen untersuchten Verbindungen zur Gewässerverunreinigung bei. Der Mittelwert für BPA in den Oberflächengewässern lag bei 351 ng/l. In den hier untersuchten Flüssen in der BRD war die maximale BHT-Konzentration (1594 ng/l) um das 10fache geringer als die maximale BHT-Konzentration, die noch vor 30 Jahren in deutschen Oberflächengewässern gemessen wurde (14000 ng/l). Im Vergleich zu BHT- Gehalten in japanischen (1980) und amerikanischen (1975) Oberflächengewässern lagen die aktuellen BHT-Gehalte in deutschen Flüssen deutlich darunter. Die Konzentrationen für TBP und TCEP in deutschen Oberflächengewässern sind in der Vergangenheit ebenfalls deutlich zurückgegangen. Im internationalen Vergleich liegt die BRD in Bezug auf TBP-Gehalte in Oberflächengewässern mit an der Spitze. In der Elbe konnte für die Substanz TBEP in den letzten 15 Jahren ein leichter Konzentrationsanstieg beobachtet werden. Die TBEP- Konzentration in deutschen Oberflächengewässern ist im Vergleich zu Gehalten in japanischen und amerikanischen Flüssen sowie im Trinkwasser aus Kanada gering. Der BPA- Gehalt im Rhein ist in den letzten 10 Jahren geringfügig angestiegen. Im Vergleich mit Japan und Tschechien liegen die BPA-Konzentrationen in deutschen Flüssen innerhalb von Ballungsgebieten auf einem ähnlich hohen Niveau. Die Konzentrationsentwicklung des Xenoöstrogens 4-NP war seit 1986 in deutschen Oberflächengewässern stark rückläufig, was mit der freiwilligen Verzichterklärung in diesem Jahr zusammenhängt. Trotzdem tritt 4-NP auch heute noch in Konzentrationen im Nanogramm/Liter-Bereich in deutschen Flüssen auf. Die deutschen Werte lagen allerdings deutlich unterhalb der 4-NP-Konzentrationen in Oberflächengewässern der Schweiz, England, den USA und Taiwan.. Grundwasser Das Antioxidans BHT sowie sein Abbauprodukt BHT-CHO konnten in den meisten Grundwasserproben aus dem Oderbruch mit Gehalten bis zu 2156 bzw. 541 ng/l nachge- wiesen werden. Der Mittelwert für BHT im Grundwasser lag bei 353 ng/l und für BHT-CHO bei 105 ng/l (n=76). Die Verbindung 2-BHT wurde ausschließlich im Grundwasser nachgewiesen. Dies zeigt, dass die anaeroben Bedingungen im Aquifer des Oderbruchs zur Bildung des Dimeren von BHT geführt haben. Ob diese Vermutung stimmt, dass 2-BHT tatsächlich aus dem Antioxidans BHT gebildet wird, soll in naher Zukunft anhand mikrobiologischer Abbauversuche von BHT unter anaeroben Bedingungen geklärt werden. Die Gehalte der Phosphorsäureester im Grundwasser bewegten sich in Konzentrationsbereichen bis zu 1605 ng/l (TBP), bis zu 754 ng/l (TCEP) und bis zu 2010 ng/l (TBEP) mit einem Mittelwert für TBP von 276 ng/l, für TCEP von nur 80 ng/l und für TBEP von 289 ng/l. Der Maximalwert für BPA in den Grundwasserproben betrug 4557 ng/l. Der Mittelwert für diese Verbindung im Grundwasser lag bei 630 ng/l. Betrachtet man die BPA- Konzentration in den Grundwasserproben, fällt auf, dass diese sehr starken Schwankung unterliegt, die an dieser Stelle nicht erklärt werden können. Es besteht der Verdacht einer BPA-Kontamination der Grundwasserproben bei der Probennahme, da die beprobten Messstellen im Oderbruch zur Förderung des Grundwassers mit Kunststofflinern ausgestattet wurden, die eventuell BPA als Antioxidans enthalten. In Zukunft sind daher weitere Grundwasseranalysen mit einer verbesserten Probennahmetechnik notwendig, um eine Kontamination mit BPA auszuschließen. In den Grundwasserproben war das Isomerengemisch 4-NP, ebenso wie in den Oberflächenwasserproben, im Mittel mit der höchsten Konzentration vertreten (724 ng/l). Das 4-NP-Maximum lag dabei bei 2542 ng/l. Alle ausgewählten organischen Industriechemikalien konnten in den odernahen Bereichen innerhalb der Transsekte Bahnbrücke sowohl im Grundwasser aus dem Teilbereich des Aquifers, der nur durch infiltrierendes Oderwasser gespeist wird, als auch im Grundwasser aus dem Teilbereich des Aquifers, der überwiegend von infiltrierendem Niederschlagswasser beeinflusst wird, nachgewiesen werden. Die anthropogenen Stoffe gelangen also im Bereich der Transsekte Bahnbrücke sowohl über das Uferfiltrat als auch durch Niederschlagsinfiltration ins Grundwasser. Durch die Uferfiltration spiegelten sich die Konzentrationen der vor wenigen Tagen infiltrierten organischen Verbindungen aus dem Oderwasser direkt im Grundwasser aus odernahen Bereichen wieder. Auch weiter vom Fluss entfernt liegende Aquiferbereiche innerhalb der Transsekte Bahnbrücke wurden noch von infiltriertem Oderwasser beeinflusst. Die jahreszeitlichen Konzentrationsschwankungen demonstrieren hier jedoch die Flusskonzentrationen vor einigen Jahren, da das Oderwasser mehrere Jahre braucht, um in diese Bereiche zu gelangen. Weiterhin ist auch ein Stoffeintrag ins Grundwasser mit dem Oderwasser bei Hochwasserereignissen zu berücksichtigen. Generell nahmen die Konzentrationen der organischen Umweltchemikalien mit zunehmender Entfernung von der Oder ab, was den fehlenden Niederschlagseinfluss im Aquiferbereich der Transsekte Bahnbrücke bedingt durch die schützenden undurchlässigen Deckschichten demonstriert. Im Grundwasser, das aus dem Aquiferbereich in unmittelbarer Nähe der Entwässerungsgräben stammte, war häufig eine Konzentrationsabnahme der organischen Umweltchemikalien zu beobachten. Dies beweist den hydraulischen Zusammenhang zwischen Fluss und Entwässerungsgräben. Das infiltrierte Flusswasser steigt nach der Aquiferpassage in Grabennähe auf, was zu Verdünnungseffekten im Grundwasser verbunden mit einer Konzentrationsabnahme führt. Weiterhin wurden die ausgewählten Stoffe auch in den Grundwasserproben aus dem Aquiferbereich der Transsekte Nieschen nachgewiesen, der durch das Fehlen undurchlässiger Deckschichten gekennzeichnet ist. Da hier aufgrund der Entfernung dieser Transsekte von der Oder der hydraulische Kontakt zum Fluss stark eingeschränkt ist, sind die im Grundwasser auftretenden organischen Umweltchemikalien auf einen Eintrag mit dem infiltrierenden Niederschlagswasser zurückzuführen. Für einen Eintrag der Substanzen mit dem Niederschlagswasser spricht auch die Tatsache, dass die mittleren Konzentrationen der organischen Verbindungen in den Grundwasserproben aus der Transsekte Nieschen im Gegensatz zu denen aus der Transsekte Bahnbrücke trotz eines fehlenden hydraulischen Kontakts zur Oder erhöht waren. Die starken Konzentrationsschwankungen der organischen Umweltchemikalien im Aquiferbereich der Transsekte Nieschen können zum einen auf einen Eintrag dieser Substanzen mit dem Niederschlag zurückgeführt werden. Der Aquifer im Oderbruch ist heterogen ausgebildet, was den Eintrag organischer Stoffe mit den Niederschlägen ins Grundwasser lokal fördert oder hemmt und es dadurch zu unterschiedlichen Konzentrationen kommt. Zum anderen kann angenommen werden, dass die Konzentrationsschwankungen in diesem Aquiferbereich Folge einer Aufkonzentrierung der gelösten organischen Stoffe durch Verdunstung des oberflächennahen Grundwassers waren. Diese Annahme bestätigen die erhöhten Konzentrationen der Stoffe im Grundwasser im November 2000 und im März 2001 im Vergleich zum März 2000. Zu beiden Zeitpunkten waren die Niederschläge gering, was sich im Niedrigwasserstand der Oder wiederspiegelte. Vor allem in niederschlagsarmen Gebieten wie das Oderbruch, kann dieser Prozess der Aufkonzentrierung organischer Stoffe im Grundwasser durch Evaporation von Bedeutung sein. Die Frage, ob letztendlich der Niederschlagseintrag oder der umgekehrte Prozess, die Evaporation des Grundwassers, zu den starken Konzentrationsschwankungen der organischen Umweltchemikalien im Aquiferbereich der Transsekte Nieschen geführt hat, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Sicher ist, dass bei fehlenden undurchlässigen Deckschichten ein atmosphärische Eintrag organischer Umweltchemikalien in den Aquifer stattfindet. Auch in den Messstellen, die außerhalb der beiden Transsekten Nieschen und Bahnbrücke ca. 3000 bzw. 5000 m entfernt von der Oder liegen, konnten die organischen Verbindungen zum Teil in erheblichen Konzentrationen nachgewiesen werden. Dies ist zum einen wiederum mit einem Eintrag durch Niederschlagswasser und dem Transport der organischen Umweltchemikalien in größere Tiefen des Aquifers mit dem Sickerwasser zu erklären. Die undurchlässige Auelehmschicht ist in diesem Bereich nicht mehr vorhanden, so dass das Niederschlagswasser ungehindert in den Aquifer infiltrieren kann. Ein Einfluss des Oderfiltrats in dieser Entfernung vom Fluss kann ausgeschlossen werden, da in den mittleren Bereichen des Oderbruchs 50-100 Jahre für einen vollständigen Grundwasseraustausch realistisch sind und die Produktion sämtlicher Industriechemikalien, die Gegenstand dieser Arbeit sind, zu diesen Zeiten ohne Bedeutung war. Eine Remobilisierung der organischen Umweltchemikalien aus Klärschlamm, der im Land Brandenburg noch häufig auf Agrarflächen aufgebracht wird, muss als Eintragsquelle hier ebenfalls in Betracht gezogen werden, da Stoffe mit einem hohen Octanol/ Wasserverteilungskoeffizienten häufig die Tendenz zeigen, an Klärschlamm zu akkumulieren. Der photochemische Abbau des Antioxidationsmittels BHT zu seinem Metabolit BHT-CHO in der Atmosphäre war im Sommer höher als im Herbst und im Frühjahr, wobei der Metabolit selbst ebenfalls Abbauprozessen unterlag. Im Gegensatz dazu spielte der photochemische Abbau von TBP, TCEP, TBEP und 4-NP zu keinen Zeitpunkt eine große Rolle. Solange keine nennenswerten Direkteinleitungen in die Oder zu verzeichnen waren, konnte flussabwärts eine Konzentrationsabnahme für alle organischen Verbindungen festgestellt werden, welche auf aeroben Abbau der Substanzen zurückgeführt werden kann. Im Frühjahr war der Sauerstoffgehalt im Fluss mit 12,05 mg/l aufgrund der geringen Wassertemperatur (6,9 °C) und des Hochwasserereignisses am höchsten. Dies hatte höhere aerobe Abbauraten von BHT zu BHT-CHO zu diesem Zeitpunkt zur Folge. Ob es sich tatsächlich um einen biologischen Abbau der organischen Substanzen handelt oder ob Adsorptionseffekte an Schwebstoffe und Sedimente bei der Eliminierung dieser Stoffe ebenfalls eine Rolle spielen, muss anhand zukünftiger Analysen von Odersedimenten- und Schwebstoffen auf solche Substanzen geklärt werden. Der Abbau unter anaeroben Bedingungen, wie sie im Grundwasserleiter des Oderbruchs durchweg herrschen, spielte dagegen im Bezug auf alle untersuchten Verbindungen keine große Rolle, da diese in allen Tiefen des Aquifers (bis 21 m) noch nachgewiesen werden konnten. Sind sie einmal in das Grundwasser gelangt, werden sie aufgrund ihrer relativ guten Wasserlöslichkeit also leicht mit diesem in tiefere Bereiche transportiert. Sie sind damit relativ mobil. Die organischen Umweltchemikalien werden auch nicht wesentlich durch Adsorption an Sediment und/oder organischer Substanz zurückgehalten und dadurch aus dem Grundwasser eliminiert. Solche Faktoren wie ein schlechter anaerober Abbau, eine gute Wasserlöslichkeit und eine geringe Adsorption an Boden und Sediment einiger Schadstoffe müssen bei der Trinkwasserförderung aus tieferen Aquiferbereichen berücksichtigt werden. Chemikalien mit guten Wasserlöslichkeiten, wie beispielsweise die beiden Phosphorsäureester TCEP und TBEP, zeigten sogar die Tendenz sich besonders in den tieferen Aquiferbereichen anzureichern. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen auch, dass es selbst in Gebieten wie dem Oderbruch, in denen die Grundwasserneubildung durch Niederschlag eine eher geringe Rolle spielt, durchaus zu einen nicht zu vernachlässigenden Eintrag von Stoffen durch Niederschlagswasser kommt und eine hohe Verdunstungsrate zu einer Aufkonzentrierung führt. Dies bedeutet, dass bei einer Betrachtung von hydrochemischen Prozessen in einem Grundwasserleiter, der hauptsächlich durch Uferfiltrat gespeist wird, keine einfache räumliche Struktur zugrunde gelegt werden kann. Zum lateralem Zustrom des infiltrierenden Flusswassers kommt der vertikale Einfluss des Sickerwassers. Dies muss neben Faktoren wie anaerober Abbau, Adsorption und Verdünnungseffekte bei der Interpretation des Schadstoffeintrags- und Transports im Grundwasser berücksichtigt werden.
Der lentivirale Gentransfer in humane blutbildende Stammzellen ist in Hinblick auf eine kurative Gentherapie von angeborenen und erworbenen Erkrankungen des hämatopoetischen Systems und er Krebstherapie von Bedeutung. Die Fähigkeit, sowohl zu proliferieren als auch in alle hämatopoetische Linien zu differenzieren, macht die pluripotenten CD34 - Stammzellen zu einem idealen Ziel für die dauerhafte Präsenz von Transgenen. Der Erfolg einer Gentherapie ist nicht nur abhängig von der Effizienz des Transfers des therapeutischen Gens in hämatopoetischen Stammzellen, sondern auch von der dauerhafte Expression des Transgens. Ein Modell zur Entwicklung einer somatischen ex vivo Gentherapie in hämatopoetischen Stammzellen ist die chronische Granulomatose (CGD). Die Krankheit beruht auf der genetisch bedingten Fehlfunktion der NADPH-Oxidase und ist mit wiederkehrenden, schweren und lebenslang auftretenden Infektionen verbunden. Eindringende Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien werden aufgenommen, können jedoch in den phagozytierenden Vakuolen nicht abgetötet werden, da keine Sauerstoffradikale, Wasserstoffperoxid oder Folgeprodukte gebildet werden. Eine somatische Gentherapie, die eine autologe Knochenmarktransplantation mit genetisch modifizierten Zellen vorsieht, könnte CGD-Patienten die Möglichkeit einer kurativen Therapie eröffnen. Als Grundlage für die Entwicklung einer lentiviralen Gentherapie wurden zunächst lentivirale Vektoren konstruiert und mit diesen die Bedingungen der transienten Transfektion im Hinblick auf einen hohen Virustiter optimiert. Diese Vektoren wurden auf Basis des humanen Immundefizienzvirus (HIV) konstruiert und waren alle aufgrund von Deletionen in 3´ LTR selbst-inaktivierend. Das bedeutet, daß nach der reversen Transkription kein viraler Promotor mehr enthalten war, und damit die Transgen-Expression über einen internen Promotor initiiert wurde. Der pSIN-GFP Vektor enthielt grünes Fluoreszenzprotein (GFP) als Markergen und einen internen Cytomegalievirus(CMV)-Promotor. Durch Austausch der Promotor- /"Enhancer"-Sequenzen in der 5´LTR entstand der pCGWS Vektor, der unabhängig vom Tat- Transaktivator war. Die Expressionsrate konnte durch Insertion des posttranskriptionell regulatorisch wirkende Element (WPRE), das hinter das Transgene kloniert wurde, erhöht werden. Der pCIGWS Vektor wurde durch Einfügen einer multiple Klonierungsstelle und eine interne ribosomale Eintrittsstelle (IRES) zwischen dem internen Promotor und dem Transgen generiert. Dieser Vektor erlaubte jedoch nicht, wie gewünscht, die gleichzeitige Detektion der Expression eines Transgens und des Markerproteins. Die im Rahmen der Optimierung der Transfektionsbedingungen wurden unterschiedliche Verhältnisse der zur Virusproduktion notwendigen drei Plasmide zueinander ausgetestet. Die beobachteten Schwankungen des Virustiters waren bei den gewählten Verhältnissen nicht signifikant. Mit der Erhöhung der DNA-Menge an Hüllprotein Plasmid konnte auch in diesem Versuch eine vermehrte Bildung von Synzytien beobachtet werden, die sich negativ auf den Titer auswirkte. Die Behandlung der Transfektionsansätze mit Natriumbutyrat (NaBut) ergab eine deutliche Steigerung des Virustiters, wobei die Steigerung nicht mit dem Titer, der ohne NaBut erreicht wurde, korrelierte. Im Experiment zur Untersuchung des Einflusses von verschiedenen Kulturmedien auf den Titer, wurden für die verwendeten Medien keine großen Unterschiede festgestellt. Bei den Experimenten zur Konzentrierung von infektiösen Viruspartikeln haben sich Ultrazentrifugation, "Low Speed"-Zentrifugation und Anionenaustauschchromatographie als Methoden bewährt. Mit diesen Verfahren konnten konzentrierte Viruslösungen generiert werden, die sehr hohe Transduktionseffizienzen auf Zellinien zeigten. Mit den angereicherten Viruspartikellösungen konnten auch CD34 -Stammzellen erfolgreich transduziert werden. Im Hinblick auf Angaben aus der Literatur konnten vergleichbare Transduktionseffizienzen erzielt werden, wobei hier fast ausschließlich ultrazentrifugierter Virusüberstand verwendet wurde. Mit der Etablierung des chromatographischen Verfahrens zur Anreicherung von Viren konnte ein alternatives System aufgezeigt werden. Am Modell der X-chromosomal gebundenen chronischen Granulomatose (X-CGD) konnte durch lentiviralen Transfer eines therapeutischen Gens (gp91phox) die funktionelle Rekonstitution der NADPH-Oxidase nachgewiesen werden. Dazu wurden lentivirale Vektoren konstruiert, die gp91phox als therapeutisches Gen enthielten. In molekularbiologischen Untersuchungen konnte zum einen die Integration des Transgens und zum anderen eine hohen Expression des gp91phox-Proteins gezeigt werden. In der durchflußzytometrische Untersuchung konnte für weniger als die Hälfte Zellen einer Modellzellinie (X-CGD PLB-985-Zellen) eine Transduktion nachgewiesen werden. In den funktionellen Untersuchungen wurde eine Rekonstitution der NADPH-Oxidase Aktivität von 80% und mehr im Vergleich zu PLB-985-Wildtypzellen detektiert. Die hohe funktionelle Rekonstitution bei geringer Transduktionseffizienz war auf eine hohe Expression aufgrund von Mehrfachintegration des Transgens zurückzuführen. Die Untersuchungen mit den lentiviralen gp91phox-Vektoren haben gezeigt, daß diese gute Voraussetzungen für die Entwicklung einer somatischen Gentherapie für CGD-Patienten mitbringen. Studien mit CD34 -Zellen und Stammzellen von X-CGD Patienten sind im weiteren notwendig, um die therapeutische Relevanz zu belegen. Neben der Fortentwicklung des Vektors muß auch die Methodik zur Generierung und Anreicherung der viralen Partikel, sowie das Transduktionsprotokoll der Stammzellen weiter optimiert werden.
In der vorliegenden Arbeit wurden drei experimentelle Ansätze gewählt, um kardiale Ionenkanäle zu charakterisieren, die möglicherweise einen Einfluss auf das atriale Aktionspotential haben könnten und die somit potentielle neue Ziel-Gene für die Entwicklung neuer Antiarrhythmika darstellen könnten. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit war die pharmakologische Untersuchung der Rolle des Schwellungsaktivierten Chloridkanals I Cl,swell für das atriale Aktionspotential. In einer weiteren Studie wurde eine neue regulatorische Untereinheit des hKv4.3-Kanals identifiziert sowie deren physiologische Bedeutung für die Aktivität des transienten Kalium-Auswärtsstroms I to1 charakterisiert. Schließlich wurde ein neuer Kaliumkanal, TASK-4, kloniert, der im humanen Herzen ausschließlich im Atrium vorkommt und deshalb einen Einfluss auf die Erregbarkeit des Herzvorhofs ausüben könnte. Unter mehreren Ethacrynsäure-Derivaten konnte mit DCPIB ein neuer potenter Blocker des I Cl,swell identifiziert werden. Nachfolgende Patch-Clamp und Zwei-Mikroelektroden Spannungsklemmen-Analysen verschiedener nativer und heterolog exprimierter Anionen und Kationenkanäle zeigten, dass DCPIB spezifisch den I Cl,swell Strom hemmt. Dies war eine Voraussetzung, um die Funktion des I Cl,swell beim atrialen Aktionspotential während osmotischer Zellschwellung zu untersuchen. Die Schwellung atrialer Kardiomyozyten führte zur Aktivierung des I Cl,swell und als Folge davon zu einer starken Verkürzung der Aktionspotentialdauer. Diese war durch DCPIB vollständig hemmbar. Unter basalen Bedingungen hatte DCPIB keinen Effekt auf das Aktionspotential. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Aktivierung des I Cl,swell unter pathologischen Bedingungen, die mit einer kardialen Zellschwellung einhergehen, eine ursächliche Rolle beim Auftreten von Arrhythmien spielen kann. Viele frühere Untersuchungen über die Rolle des I Cl,swell bei Arrhythmien erfolgten am Rattenherzen. Unter Verwendung von DCPIB konnten wir aber zeigen, dass die in atrialen und ventrikulären Myozyten von normalen und von hypertrophierten Rattenherzen beschriebenen Chloridströme nicht durch den I Cl,swell hervorgerufen werden. Das Fehlen des I Cl,swell im Rattenherzen stellt damit diese früheren Ergebnisse in Frage. Eine weitere Leitfähigkeit, die im menschlichen Herzen zur Repolarisation der kardialen Membranen während dem Aktionspotential beiträgt, ist der 'Plateau-Strom" I Kp , der in seinen kinetischen Eigenschaften TWIK oder TASK-artigen Kaliumkanälen ähnelt. Als erster Schritt bei der Identifizierung der molekularen Identität dieses Kaliumkanals wurde in dieser Arbeit mit TASK-4 ein neues Mitglied der Säuresensitiven Tandem-von-zwei-Poren-Kaliumkanälen kloniert. Die heterologe Expression des TASK-4 in Xenopus-Oozyten erzeugte Kaliumströme, die eine starke Auswärts-Rektifizierung zeigten, die jedoch bei Erhöhung der extrazellulären Kaliumkonzentration verloren ging. Die TASK-4-Ströme waren abhängig vom extrazellulären pH-Wert, wobei die pH-Sensitivität im Vergleich zu den anderen TASK-Kanälen zu mehr alkalischen Werten verschoben war. Außerdem zeigten die TASK-4-Ströme die für TASK- Kanäle typischen pharmakologischen Eigenschaften. Aufgrund des Vorkommens von TASK-4 im Atrium und dem Atrioventrikular-Knoten des menschlichen Herzens stellt dieser Kaliumkanal einen neuen potentiellen Angriffspunkt für die Entwicklung eines Vorhof spezifischen Antiarrhythmikums dar. Im Gegensatz zu dem I Kp Strom ist der Ca 2 unabhängige transiente Kalium-Auswärtsstrom I to1 des Herzens für die initiale Phase der Repolarisation während des Aktionspotentials verantwortlich. In vielen Regionen des Herzens trägt die Untereinheit des hKv4.3 Kaliumkanals zum I to1 Strom bei. In dieser Arbeit wurde mit hKChIP2 erstmals eine regulatorische Untereinheit des I to1 identifiziert. Northern-Blot-Analysen haben gezeigt, dass das hKChIP2-Gen ausschließlich im humanen Herzen exprimiert ist, wobei es im Atrium und Ventrikel des adulten humanen Herzens, aber nicht im fötalen Herzen, vorkommt. Weiterhin konnten wir eine neue kurze Spleiß-Variante des hKChIP2-Gens (hKCNIP2) isolieren und durch PCR-Analyse nachweisen, dass diese im menschlichen Herzen die Hauptform des hKChIP2 darstellt. Die Koexpression des hKv4.3 mit beiden hKChIP2-Isoformen in Xenopus - Oozyten bewirkte eine Zunahme der Stromamplitude, eine Verschiebung der Spannung der halbmaximalen Inaktivierung und eine stark beschleunigte Erholung von der Inaktivierung der hKv4.3-Kanäle, die in Anwesenheit von hKChIP2 deutlich mehr dem nativen I to1 Kanal des humanen Epikards ähnelten. Unsere Ergebnisse sprechen sehr stark dafür, dass hKChIP2 eine physiologisch wichtige regulatorische Untereinheit des hKv4.3 ist, die auch zur Heterogenität der I to1 Ströme im humanen Herzen beiträgt. Da der I to1 Kanal an der Entstehung und dem Fortschreiten verschiedener Herzkrankheiten wie den Arrhythmien und der Herzinsuffizienz beteiligt ist, stellt hKChIP2 ein neues Ziel-Gen für die Entwicklung neuer zukünftiger Klasse III-Antiarrhythmika dar. Die in Kooperation mit der Universität Istanbul durchgeführte Aufklärung der Exon-Intron-Organisation des hKCNIP2-Gens liefert zudem die Grundlage für ein zukünftiges systematisches Screening nach Mutationen im hKChIP2-Gen in Familien mit vererbbaren Arrhythmien.
In dieser Arbeit erfolgt eine Untersuchung der intrazellulären Transporteigenschaften des Na /Glucose Cotransporters SGLT1 aus dem Kaninchen. Der Transporter wird dazu heterolog in Xenopus laevis Oozyten exprimiert. Die hohe Expressionsdichte erlaubt die Anwendung der "giant excised patch clamp"-Technik in der inside-out Konfiguration. Die Patches mit Durchmessern von 20-30 µm enthalten ca. 2,5 - 5·10 hoch 6 Transportern bei einem durchschnittlichen Strom von 20-40 pA. Der Transport des Substrats Glucose bzw. des hier verwendeten alpha MDG wird angetrieben durch den elektrochemischen Gradienten für das Cosubstrat Na . Bei 0 mV Haltepotential wird zuerst die reine Konzentrationsabhängigkeit des Auswärtstransports durch die Bestimmung der apparenten intrazellulären Affinität für alpha MDG bei verschiedenen festen Na -Konzentrationen untersucht. Es kann eine deutliche Abhängigkeit des KM alpha MDG von der Na -Konzentration festgestellt werden. Eine Erhöhung der intrazellulären Na -Konzentration von 10 mM auf 400 mM führt zu einer ca. 12fachen Abnahme des KM alpha MDG. Experimente mit symmetrischer Na -Verteilung zeigen, dass auch ohne Na -Konzentrations-Gradient Transport stattfinden kann, allerdings mit einer deutlich geringeren Affinität für alpha MDG. Verglichen mit Literaturwerten für die extrazelluläre alpha MDG-Affinität ist die intrazelluläre Affinität 10-15mal geringer ist als die extrazelluläre. Die Untersuchung der Abhängigkeit von der Na -Konzentration bei verschiedenen festen MDG-Konzentrationen zeigt, dass KM Na eine geringe Abhängigkeit von der alpha MDG- Konzentration besitzt. Die 10fache Erhöhung der alpha MDG-Konzentration von 25 mM auf 250 mM führt nur zu einer leichten Erniedrigung des KM Na. Die intrazelluläre Na - Affinität liegt in der gleichen Größenordnung wie die extrazelluläre. Zur Untersuchung der intrazellulären Bindungsreihenfolge werden die gemessenen Abhängigkeiten des KM alpha MDG und des I Max von der Na -Konzentration mit Simulationen für die 3 möglichen Bindungsreihenfolgen (2Na :G), (Na :G:Na ) und (G:2Na ) verglichen. Mit den hier gemachten Annahmen für die intrazellulären Bindungskonstanten für MDG und Na wird die beste Übereinstimmung für die intrazelluläre Bindungsreihenfolge (2Na :G) gefunden. Zur Untersuchung des spannungsabhängigen Verhaltens der Affintitäten für alpha MDG und Na werden Spannungssprünge unter denselben Konzentrationsbedingungen wie vorher durchgeführt. Die Strom-Spannungs-Kennlinien zeigen eine Zunahme der zuckerinduzierten Stromamplituden zu positiven Potentialen hin. Dabei wird weder bei hyperpolarisierenden noch bei depolarisierenden Potentialen eine Sättigung erreicht. Dies läßt den Rückschluss, dass im betrachteten Spannungsbereich ein spannungsabhängiger Schritt im Transportzyklus geschwindigkeitsbestimmend ist. Die apparenten Affinitäten für alpha MDG und Na besitzen eine geringe Spannungsabhängigkeit. Der KM alpha MDG bei annähernd sättigender Na -Konzentration fällt zwischen 40 mV und 40 mV um einen Faktor 4,4. Bei verringerter Na -Konzentration beeinflusst das Membranpotential die MDG-Affinität stärker. Der KM Na fällt unter sättigenden Zuckerbedingungen im gleichen Spannungsbereich auf die Hälfte ab, wobei der Hill-Koeffizient konstant bleibt. Die Erniedrigung der alpha MDG-Konzentration verursacht keine Veränderung des spannungsabhängigen Verlaufs. Die Ergebnisse zeigen, dass SGLT1 ein reversibler Transporter ist, der sowohl Einwärts-, aber auch Auswärtstransport von Glucose generieren kann. Er zeigt dabei eine starke Abhängigkeit von der Na -Konzentration und eine geringe Abhängigkeit vom Membranpotential. Die hier bestimmten Eigenschaften zeigen aber auch, dass unter physiologischen Bedingungen ein Auswärtstransport von Glucose sehr unwahrscheinlich ist. Das Zusammenwirken der Faktoren Richtung des Na -Gradient, geringe Zuckeraffinität, negatives Membranpotential und geringe intrazelluläre Na - Konzentration verhindern den Auswärtstransport. Der physiologische Na -Gradient ist dem Auswärtstransport entgegengerichtet. Die geringe intrazelluläre Na -Konzentration und das negative Membranpotential verursachen eine sehr geringe intrazelluläre Zuckeraffinität von ca. 75 mM alpha MDG, so dass ein merklicher Auswärtstransport nur bei einer hohen Zuckerkonzentration innerhalb der Epithelzellen stattfinden kann. Dies wird jedoch durch basolaterale Glucose-Transporter verhindert. Das negative Membran- potential führt zu einer geringen Aktivität des Auswärtstransports. Die geringe intrazelluläre Na -Konzentration liegt weit unterhalb es KM Na , so dass auch hier die Transporteraktivität gering ist. Die asymmetrische Funktionsweise des SGLT1 gewährleistet, dass der Glucose- Transport nur in eine physiologisch sinnvolle Richtung, nämlich der Aufnahme von Glucose in die Epitheltzellen, stattfindet.
Bei einer HIV-1-Infektion ist die Krankheitsprogression zum Vollbild AIDS mit dem Auftreten von Virusvarianten assoziiert, die den Chemokinrezeptor CXCR4 zum Zelleintritt verwenden. Dagegen nutzen SIV ein breites Korezeptorspektrum, vor allem CCR5. Im Verlauf einer SIV-Infektion findet kein Korezeptorwechsel von CCR5 zu CXCR4 statt. In dieser Arbeit wurde der Einfluß einer solchen Änderung der Korezeptornutzung auf die SIVagm-Infektion in-vitro und auf den Verlauf der apathogenen SIV-Infektion in-vivo nach Infektion von Schweinsaffen untersucht. Um die Korezeptorspezifität eines SIV zu CXCR4 zu verändern, wurde das in AGM und Schweinsaffen apathogene SIVagm3mc verwendet, das als Korezeptoren zum Zelleintritt CCR5, BOB und BONZO nutzt. Die potentielle Korezeptorbindungsstelle, der zu HIV-1 homologe V3-Loop des Oberflächen-Hüllproteins gp130-SU des SIVagm3mc wurde durch den V3-Loop des CD4 / CXCR4-tropen HIV-1-Klons BH10 ersetzt. Das resultierende SIVagm3-X4mc erwies sich als replikationskompetent und verwendete zum Zelleintritt ausschließlich CD4 / CXCR4. Die Replikation wurde durch den natürlichen Liganden des CXCR4, SDF-1a, dosisabhängig gehemmt. Überraschenderweise besaß SIVagm3-X4mc die Eigenschaft, in-vitro nicht nur in IL2 / PHA-stimulierten sondern auch in unstimulierten PBMC von Schweinsaffen und AGM replizieren. Nach Infektion von je zwei Schweinsaffen (Macaca nemestrina) mit SIVagm3mc bzw. SIVagm3-X4mc konnte bis zu 14 Monate nach Inokulation keine Krankheitsentwicklung und kein Abfall der absoluten Anzahl der CD4 -T-Lymphozyten beobachtet werden. Die Virusbelastung der Tiere war vergleichbar und die Korezeptornutzung blieb auch nach in-vivo Replikation erhalten. Interessanterweise konnte SIVagm3-X4mc, nicht aber das Wildtypvirus SIVagm3mc, durch Sera von SIVagm3mc und SIVagm3-X4mc infizierten Schweinsaffen neutralisiert werden. HIV-1-spezifische Antikörper konnten in Sera eines mit SIVagm3-X4mc infizierten Tieren nachgewiesen werden. Diese Studie beschreibt zum ersten Mal den erfolgreichen Austausch eines V3-Loops bei SIV. Das resultierende SIVagm3-X4mc, das wie beabsichtigt CD4 / CXCR4-positive Zellen infizierte, war im Gegensatz zum Ausgangsvirus in der Lage, in nicht-stimulierten PBMC zu replizieren und zeigte Sensitivität gegenüber neutralisierenden Antikörpern, die in SIVagm3mc- und SIVagm3-X4mc-infizierten Schweinsaffen induziert wurden.
More than 70 years ago, the effects of extracellular adenosine 5'-triphosphate (ATP), a newly identified and purified biomolecule at that time (Fiske and Subbarow, 1925; Lohmann, 1929) were observed by Drury and Szent-Györgyi (1929). Since then, many pharmacological studies were carried out with extracellular adenine nucleotides in various intact organ systems, isolated tissues, and purified cell preparations. Yet it was not until 1972 that Burnstock introduced the concept of "purinergic nerves" and suggested that ATP might fulfil the criteria generally regarded as necessary for establishing a substance as a neurotransmitter, summarised by Eccles (1964):
• synthesis and storage of transmitter in nerve terminals
Strips of guinea-pig taenia coli (GPTC) were shown to take up large amounts of tritium-labelled adenosine when incubated with tritium-labelled adenosine, adenosine 5'-monophosphate (AMP), adenosine 5'-diphosphate (ADP) and ATP. The nucleoside was rapidly converted into and retained largely as [ 3 H]-ATP (Su et al., 1971).
• release of transmitter during nerve stimulation
Spontaneous relaxation of GPTC as well as relaxations induced by nerve stimulation or nicotine, respectively, in the presence of compounds which block adrenergic and cholinergic responses were accompanied by a remarkable increase in release of tritium-labelled material from taenia coli incubated in [ 3 H]-adenosine (Su et al., 1971).
• postjunctional responses to exogenous transmitters that mimic responses to nerve stimulation
Burnstock et al. (1966) characterised ATP and ADP as the most potent inhibitory purine compounds in the gut and observed that the effects of ATP mimic more closely the inhibitory response of the taenia to non-adrenergic nerve-stimulation than to adrenergic nerve stimulation (Burnstock et al., 1970).
enzymes that inactivate the transmitter and/or uptake systems for the transmitter or its breakdown products
When ATP was added to a perfusion fluid recycled through the vasculature of the stomach, very little ATP remained, but the perfusate contained substantially increased amounts of adenosine and inosine, as well as some ADP and AMP (Burnstock et al., 1970).
• drugs that can produce parallel blocking of potentiating effects on the responses of both exogenous transmitter and nerve stimulation
Tachyphylaxis to ATP produced in the rabbit ileum resulted in a consistent depression of responses to non-adrenergic inhibitory nerve stimulation, whereas responses to adrenergic nerve stimulation remained unaffected (Burnstock et al., 1970). Lower concentrations of quinidine reduced and finally abolished relaxation of GPTC induced by noradrenaline (NA) and by adrenergic nerve stimulation. Using higher concentrations of the compound, relaxant responses of GPTC to ATP as well as to non-adrenergic inhibitory nerve stimulation were abolished (Burnstock et al., 1970). ...
Ziel dieser Arbeit ist die Herstellung und Charakterisierung von Zn-Mg-SE-Legierungen (SE = Y, Ho, Er, Dy, Tb, Gd), um Informationen über Struktur, Stabilisierung und physikalische Eigenschaften der quasikristallinen Phasen dieses Systems zu erhalten. Die Quasikristalle dieses Systems unterscheiden sich von Quasikristallen anderer Legierungen, die meist Al als Hauptkomponente enthalten. Es konnten bis zu 275 mm3 große Einkristalle der flächenzentriert ikosaedrischen Phase in den Systemen Zn-Mg-Y und Zn-Mg-Ho gezüchtet werden. Außerdem wurden MgZn2- und hexagonale A-Zn70Mg14Y16-Einkristalle hergestellt, deren Existenzbereiche im Phasendiagramm benachbart zu dem der ikosaedrischen Phase liegen. Um polykristalline Proben herzustellen, die unterschiedliche quasikristalline oder verwandte Strukturen als Hauptphase enthalten, wurden verschiedene Herstellungsverfahren getestet und verwendet. So konnte zum Beispiel erstmalig eine Probe hergestellt werden, die dekagonales ZnMgY als Hauptphase enthält. Zudem wurde eine neue kubische (R-Phase) bzw. hexagonale (M-Phase) und eine neue hochgeordnete primitiv ikosaedrische Phase im System Zn-Mg-Er entdeckt, synthetisiert und charakterisiert. Bei Untersuchungen dieser selbst gefertigten Proben konnten Erkenntnisse über magnetische Eigenschaften, elastische Konstanten, optische Leitfähigkeit, Leerstellenverteilung, Oberflächenbeschaffenheit, Diffusionsmechanismen und die Erstarrungsgeschichte der flächenzentriert ikosaedrischen Zn-Mg-SE-Quasikristalle gewonnen werden. Durch vergleichende Messungen an kristallinen Zn-Mg-SE-Legierungen lassen sich die für Quasikristalle spezifischen Effekte identifizieren. Die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten und charakterisierten Proben sind aktuell Gegenstand weiterer Untersuchungen. Mit Hilfe von Beugungsexperimenten konnte gezeigt werden, dass die kubische R-Phase strukturell nahe mit der ikosaedrischen Phase im System Zn-Mg-SE verwandt ist. Die R- Phase ist bei Raumtemperatur nicht stabil und bildet die rhomboedrische M-Phase. Es konnte ein Strukturmodell für die R-Phase entwickelt werden, in dem keine ikosaedrischen Cluster als Strukturelement verwirklicht sind. Auch in der hexagonalen A-Phase konnten solche Strukturelemente nicht gefunden werden. Die Resultate dieser Arbeit legen nahe, dass die Struktur der Zn-Mg-SE-Quasikristalle, im Gegensatz zu Quasikristallen anderer Systeme, nicht auf großen ikosaedrischen Clustern basiert. Damit ist gezeigt, dass große ikosaedrische Cluster zur Bildung von Quasikristallen nicht notwendig sind. Messungen an den Proben zeigen, dass sich dadurch auch einige der physikalischen Eigenschaften, zum Beispiel die optische Leitfähigkeit, von Quasikristallen mit Clustern unterscheiden. Keine Unterschiede konnten beim Diffusionsverhalten und bei mechanischen Eigenschaften festgestellt werden. Hier gleichen die Zn-Mg-SE-Quasikristalle anderen strukturell komplexen Legierungen oder Quasikristallen anderer Legierungssysteme.
In der vorliegenden Arbeit wurde die mögliche Regulation verschiedener Ionenkanalgene bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit Hilfe von Northern Blots, der semiquantitativen RT-PCR- Technik und zum Teil durch elektrophysiologische Untersuchungen analysiert. Ziel war es, solche Gene zu identifizieren, deren mRNA-Spiegel hochreguliert oder herunterreguliert waren, da diese möglicherweise eine wichtige Rolle bei den kardiovaskulären Erkrankungen spielen könnten. Diese Untersuchungen sollten zu einem besseren Verständnis der renalen und kardialen Funktion dieser Ionenkanäle und der Pathogenese der untersuchten Krankheiten beitragen, aber auch helfen, neue Kandidatengene für diese Krankheiten zu identifizieren. Es wurden insgesamt fünf Tiermodelle mit Hypertonie, kardialer Hypertrophie, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz und Vorhofflimmern untersucht. Ein Schwerpunkt dieser Untersuchungen waren die CLC-Chloridkanäle, deren kardiovaskuläre Funktionen noch wenig untersucht sind. Die Genprofile der Chloridkanäle CLC-2, CLC-3, CLC-4, CLC-5, CLC-6 und CLC-7 sowie CLC-K1 und CLC-K2 wurden in den Herzen und Nieren der folgenden Tiermodelle analysiert: (1) In spontan hypertensiven Ratten (SHR) und (2) in SH-stroke-prone-Ratten, die eine genetisch bedingte Hypertonie und Herzhypertrophie entwickeln. (3) In salz-sensitiven Dahl-Ratten, die Hypertonie und Herzhypertrophie erst nach einer salzhaltigen Diät, und (4) in Aortic-Banding-Ratten, die nach einem operativen Eingriff Bluthochdruck und kardiale Hypertrophie entwickeln. (5) Schließlich wurde noch ein Rattenmodell untersucht, in dem durch die Ligatur der Koronararterie ein Herzinfarkt induziert wurde, der letztlich zur Herzinsuffizienz führte. In keinem dieser Tiermodelle wurde jedoch eine auffällige Veränderung in der mRNA-Expression der acht untersuchten CLC-Chloridkanäle in den erkrankten Tieren im Vergleich zu den Kontrolltieren beobachtet. Die CLC-Chloridkanäle wurden ferner in einem Niereninsuffizienz-Modell untersucht, bei dem in Ratten durch Abklemmen der renalen Arterien und Venen ein akutes Nierenversagen und letztlich eine Niereninsuffizienz hervorgerufen wurde. In diesem Tiermodell war bereits eine Herunterregulation vieler anderer Ionenkanäle und Transporter beschrieben worden. In zwei unabhängigen Tierstudien wurde eine unterschiedlich starke Abnahme der mRNA-Expression für die einzelnen CLC-Chloridkanäle beobachtet. In einer weiteren Studie konnte die Behandlung von niereninsuffizienten Ratten mit einem bei Niereninsuffizienz wirksamen Inhibitor des NHE-3-Transports das Ausmaß der Reduktion einzelner CLC-Gene abschwächen. Weitere Studien mit höheren Dosen oder potenteren Substanzen sind notwendig, um diese vorläufigen Befunde zu bestätigen. Ein weiterer Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit war die Charakterisierung der kardialen Ionenkanaldichten bei einem neuen Kaninchenmodell für Vorhofflimmern, die in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Tübingen durchgeführt wurde. Das Vorhofflimmern ist eine sehr häufige Herzerkrankung bei älteren Menschen, und anhand dieses Tiermodells sollten vor allem frühe Prozesse des elektrischen Remodelings, das für das Auftreten und die Aufrechterhaltung des Vorhofflimmerns von Bedeutung ist, untersucht werden. Mit Hilfe der semiquantitativen RT-PCR-Analyse konnte in diesem Tiermodell erstmals eine Reduktion der mRNA für die Kaliumkanalgene Kv1.4, Kv4.3 und Kv1.5 sowie für die Kalziumkanalgene alpha1, CaB2a, CaB2b und CaB3 im frühem Stadium des Vorhofflimmerns nachgewiesen werden. Diese Befunde konnten die Resultate von Patch-Clamp-Messungen erklären, die gleichzeitig an der Universität Tübingen an isolierten Vorhofzellen durchgeführt wurden. In diesen Studien wurde in Übereinstimmung mit den erzielten mRNA-Daten eine Abnahme des Ito-Kaliumstromes und des ICa,L-Kalziumstromes nachgewiesen. Mit diesen Untersuchungen konnten frühere Resultate, die auch an Patienten mit chronischem Vorhofflimmern erhoben wurden, bestätigt werden. Die gefundene Regulation zeigt, dass diese Ionenkanalgene eine wichtige Rolle bei dem frühen elektrischen Remodeling spielen und dass das Rapid-Pacing- Kaninchenmodell ein geeignetes Tiermodell für das Vorhofflimmern beim Menschen ist.
Ziel der Arbeit war es, neue Techniken zur Erschließung und Selektion von Web- basierten Suchservern zu entwickeln und zu evaluieren, um hieraus eine integrierte Architektur für nicht-kooperative Suchserver im WWW abzuleiten. Dabei konnte gezeigt werden, daß die im Sichtbaren Web vorhandene Informationsmenge dazu geeignet ist, um eine effektive Erschließung des Unsichtbaren Webs zu unterstützen. Existierende Strategien für verteiltes Information Retrieval setzen eine explizite Kooperation von Seiten der Suchserver voraus. Insbesondere Verfahren zur Selektion von Suchservern basieren auf der Auswertung von umfangreichen Termlisten bzw. Termhäufigkeiten, um eine Auswahl der potentiell relevantesten Suchserver zu einer gegebenen Suchanfrage vornehmen zu können (z. B. CORI [26] und GlOSS [54]). Allerdings werden derartige Informationen von realen Suchservern des WWW in der Regel nicht zu Verfügung gestellt. Die meisten Web-basierten Suchserver verhalten sich nicht kooperativ gegenüber hierauf aufsetzenden Metasuchsystemen, was die Übertragbarkeit der Selektionsverfahren auf das WWW erheblich erschwert. Außerdem erfolgt die Evaluierung der Selektionsstrategien in der Regel in Experimentumgebungen, die sich aus mehr oder weniger homogenen, künstlich partitionierten Dokumentkollektionen zusammensetzen und somit das Unsichtbare Web und dessen inhärente Heterogenität nur unzureichend simulieren. Dabei bleiben Daten unberücksichtigt, die sich aus der Einbettung von Suchservern in die Hyperlinkstruktur des WWW ergeben. So bietet z. B. die systematische Auswertung von Backlink-Seiten also jener Seiten die einen Hyperlink auf die Start- oder Suchseite eines Suchservers enthalten die Möglichkeit, die im WWW kollektiv geleistete Indexierungsarbeit zu nutzen, um die Erschließung von Suchservern effektiv zu unterstützen. Eine einheitliche Systematik zur Beschreibung von Suchservern Zunächst ist es notwendig alle Informationen, die über einen Suchserver erreichbar sind, in ein allgemeingültiges Beschreibungsmodell zu integrieren. Dies stellt eine Grundvorraussetzung dar, um die einheitliche Intepretierbarkeit der Daten zu gewährleisten, und somit die Vergleichbarkeit von heterogenen Suchservern und den Aufbau komplexer Metasuchsysteme zu erlauben. Ein solche Beschreibung soll auch qualitative Merkmale enthalten, aus denen sich Aussagen über die Reputation einer Ressource ableiten lassen. Existierende Beschreibungen von Suchservern bzw. Dokumentkollektionen wie STARTS-CS [53] oder RSLP-CD [93] realisieren wenn überhaupt nur Teilaspekte hiervon. Ein wichtiger Beitrag dieser Arbeit besteht somit in der Identifizierung und Klassifizierung von suchserverbeschreibenden Metadaten und hierauf aufbauend der Spezifikation eines als Frankfurt Core bezeichneten Metadatensatzes für web-basierte Suchserver, der die genannten Forderungen erfüllt. Der Frankfurt Core berücksichtigt Metadaten, deren Erzeugung eine explizite Kooperation von Seiten der Suchserver voraussetzt, als auch Metadaten, die sich automatisiert z. B. durch linkbasierte Analyseverfahren aus dem sichtbaren Teil des WWW generieren lassen. Integration von Wissensdarstellungen in Suchserver-Beschreibungen Ein wichtige Forderung an Suchserver-Beschreibungen besteht in der zusätzlichen Integration von wissens- bzw. ontologiebasierten Darstellungen. Anhand einer in Description Logic spezifizierten Taxonomie von Suchkonzepten wurde in der Arbeit exemplarisch eine Vorgehensweise aufgezeigt, wie die Integration von Wissensdarstellungen in eine Frankfurt Core Beschreibung praktisch umgesetzt werden kann. Dabei wurde eine Methode entwickelt, um unter Auswertung einer Suchkonzept-Taxonomie Anfragen an heterogene Suchschnittstellen verschiedener Suchserver zu generieren, ohne die Aussagekraft von kollektionsspezifischen Suchfeldern einzuschränken. Durch die Taxonomie wird die einheitliche Verwendung von syntaktisch und semantisch divergierenden Suchfeldern verschiedener Suchserver sowie deren einheitliche Verwendung auf der integrierten Suchschnittstelle eines Metasuchsystems sichergestellt. Damit kann diese Arbeit auch in Zusammenhang mit den Aktivitäten des Semantischen Webs betrachtet werden. Die Abstützung auf Description Logic zur Wissensrepräsentation sowie die Verwendung von RDF zur Spezifikation des Frankfurt Core verhält sich konform zu aktuellen Aktivitäten im Bereich Semantisches Web, wie beispielsweise der Ontology Inference Layer (OIL) [24]. Darüber hinaus konnte durch die Integration der Suchkonzept-Taxonomie in den Arbeitsablauf einer Metasuchmaschine, bereits eine konkrete Anwendung demonstriert werden. Entwicklung neuartiger Verfahren zur Erschließung von Suchservern Für einzelne Felder des Frankfurt Core wurden im Rahmen dieser Arbeit Strategien entwickelt, die aufzeigen, wie sich durch die systematische Auswertung von Backlink- Seiten Suchserver-beschreibende Metadaten automatisiert generieren lassen. Dabei konnte gezeigt werden, daß der Prozeß der automatisierten Erschließung von Suchservern durch die strukturelle und inhaltliche Analyse von Hyperlinks sinnvoll unterstützt werden kann. Zwar hat sich ein HITS-basiertes Clustering-Verfahren als wenig praktikabel erwiesen, um eine effiziente Erschließung von Suchservern zu unterstützen, dafür aber ein hyperlinkbasiertes Kategorisierungsverfahren. Das Verfahren erlaubt eine Zuordnung von Kategorien zu Suchservern und kommt ohne zusätzliche Volltextinformationen aus. Dabei wird das WWW als globale Wissenbasis verwendet: die Zuordnung von Kategorienbezeichnern zu Web-Ressourcen basiert ausschließlich auf der Auswertung von globalen Term- und Linkhäufigkeiten wie sie unter Verwendung einer generellen Suchmaschine ermittelt werden können. Der Grad der Ähnlichkeit zwischen einer Kategorie und einer Ressource wird durch die Häufigkeit bestimmt, mit der ein Kategoriebezeichner und ein Backlink auf die Ressource im WWW kozitiert werden. Durch eine Reihe von Experimenten konnte gezeigt werden, daß der Anteil korrekt kategorisierter Dokumente an Verfahren heranreicht, die auf Lerntechniken basieren. Das dargestellte Verfahren läßt sich leicht implementieren und ist nicht auf eine aufwendige Lernphase angewiesen, da die zu kategorisierenden Ressourcen nur durch ihren URL repräsentiert werden. Somit erscheint das Verfahren geeignet, um existierende Kategorisierungsverfahren für Web-Ressourcen zu ergänzen. Ein Verfahren zur Selektion von Suchservern Ein gewichtiges Problem, durch welches sich die Selektion von Suchservern im WWW erheblich erschwert, besteht in der Diskrepanz zwischen der freien Anfrageformulierung auf Benutzerseite und nur spärlich ausgezeichneten Suchserver-Beschreibungen auf Seiten des Metasuchsystems. Da auf der Basis der geringen Datenmenge eine Zuordnung der potentiell relevantesten Suchserver zu einer Suchanfrage kaum vorgenommen werden kann, wird oft auf zusätzliches Kontextwissen zurückgegriffen, um z. B. ein Anfragerweiterung durch verwandte Begriffe vornehmen zu können (siehe z. B. QPilot [110]). Eine solche Vorgehensweise erhöht allerdings nur die Wahrscheinlichkeit für Treffer von Anfragetermen in den Suchserver-Beschreibungen und liefert noch keine ausreichende Sicherheit. Deshalb wurde in der Arbeit ein Selektionsverfahren entwickelt, das sich auf die Auswertung von Ko-Zitierungs- und Dokumenthäufigkeiten von Termen in großen Dokumentsammlungen abstützt. Das Verfahren berechnet ein Gewicht zwischen einem Anfrageterm und einem Suchserver auf der Basis von einigen wenigen Deskriptortermen, wie sie z. B. aus der FC-Beschreibung eines Suchservers extrahiert werden können. Dies hat den Vorteil, daß die Suchbegriffe nicht explizit in den einzelnen Suchserver-Beschreibungen vorkommen müssen, um eine geeignete Selektion vornehmen zu können. Um die Anwendbarkeit des Verfahrens in einer realistischen Web-Umgebung zu demonstrieren, wurde eine geeignete Experimentumgebung von spezialisierten Suchservern aus dem WWW zusammengestellt. Durch anschließende Experimente konnte die Tauglichkeit des entwickelten Verfahrens aufgezeigt werden, indem es mit einem Verfahren verglichen wurde, das auf Probe-Anfragen basiert. Das heißt, daß eine erfolgreiche Selektion durchgeführt werden kann, ohne daß man explizit auf das Vorhandensein von lokalen Informationen angewiesen ist, die erst aufwendig durch das Versenden von Probe-Anfragen ¨uber die Web-Schnittstelle des Suchservers extrahiert werden müssten. Herleitung einer integrierten Architektur Um das Zusammenspiel der erarbeiteten Strategien und Techniken zur Erschließung, Beschreibung und Selektion in einer integrierten Architektur umzusetzen, wurde die Metasuchmaschine QUEST entwickelt und prototypisch implementiert. QUEST erweitert die Architektur einer traditionellen Metasuchmaschinenarchitektur, um Komponenten, die eine praktische Umsetzung der Konzepte und Techniken darstellen, die im Rahmen dieser Arbeit entwickelt wurden. QUEST bildet einen tragfähigen Ansatz zur Kombination von wissensbasierten Darstellungen auf der einen und eher heuristisch orientierten Methoden zur automatischen Metadatengenerierung auf der anderen Seite. Dabei stellt der Frankfurt Core das zentrale Bindeglied dar, um die einheitliche Behandlung der verfügbaren Daten zu gewährleisten.
Die Tatsache der Entwicklung des Staates in der Frühen Neuzeit in einem langsamen Übergang vom mittelalterlichen Personenverbandsstaat zum institutionellen Flächenstaat, ist von mehreren Wissenschaftlern zum Gegenstand ihrer Forschungen gewählt und es sind von ihnen allgemeine Essentials herausgearbeitet worden. ...
Kathetertherapie interatrialer Defekte unter besonderer Berücksichtigung der Septum-Morphologie
(2002)
Zwischen 1/98 und 9/99 wurde bei 50 Patienten mit einem Vorhofseptumdefekt vom Sekundum-Typ (ASD II) und bei 75 Patienten mit persistierendem Foramen ovale und gekreuzten Embolien ein transfemoraler Verschluss durchgeführt. Zum Einsatz kamen der Cardio-Seal-Okkluder, der Cardio-Seal-Starflex-Okkluder, der Amplatzer-ASD-Okkluder, der Amplatzer-PFO-Okkluder und der PFO-Star- Okkluder. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, zu überprüfen, ob bestimmte morphologisch- anatomische Besonderheiten wie insbesondere das Vorliegen eines Vorhof- septumanuerysmas das Behandlungsergebnis und den Verlauf beeinflussen. Das Alter der 18 männlichen und 32 weiblichen ASD-Patienten betrug 44 ± 17 (13- 77) Jahre, das der 35 männlichen und 40 weiblichen PFO-Patienten 47 ± 13 (21- 73) Jahre. Die Größe des Vorhofseptumdefektes betrug, in der kurzen Achse des transösophagealen Echokardiogramms gemessen, im Mittel 13,2 ± 4,5 mm (6,4 29,4 mm; n = 50). Die mit Hilfe eines Ballonkatheters ermittelte Defektgröße betrug für die Ballonpassage 20 ± 4 mm (6 30 mm; n = 49) und für den Stretched- diameter 19 ± 4 mm (11 29 mm; n = 47). Der PFO-Durchmesser betrug 4 22 mm, im Mittel 12 ± 4 mm (Ballonpassage; n = 73) bzw. 3 16 mm, im Mittel 9 ± 3 mm (Stretched-diameter; n = 71). Die Messwerte von Passage und Stretched-diameter waren bei den PFO-Patienten mit Vorhofseptumaneurysma signifikant größer als bei den Patienten ohne Vorhofseptumaneurysma (p < 0,001). Insgesamt konnte bei den ASD- und PFO- Patienten eine lineare Korrelation zwischen Stretched-diameter und Ballonpassage ermittelt werden. Bei allen 50 ASD- und allen 75 PFO-Patienten war die Schirmimplantation primär erfolgreich. Der Nachuntersuchungszeitraums betrug im Mittel 9 ± 5 Monate (1 28 Monate). Direkt nach Verschluss bestand bei 17,6%, nach 2-4 Wochen bei 1,6% und nach 6 Monaten bei 1,6% der Patienten ein Restshunt. Bei den ASD-Patienten, bei denen vor und nach Verschluss Messungen durchgeführt werden konnten (n = 40), sank das Verhältnis Qp/Qs von 2,0 ± 0,5 signifikant auf 1,1 ± 0,3 (p < 0,0001). Während und nach der Implantation traten bei der Gesamtgruppe der Patienten (n = 125) folgende Komplikationen auf: Koronare und cerebrale Luftembolie mit kurzzeitiger klinischer Symptomatik (0,8%), therapierbare Herzrhythmusstörungen (2,4%), passagere thrombotische Auflagerungen auf den Schirmen (1,6%), geringer Perikarderguss (1,6%) und Schirmarmfrakturen (8%). In der Gruppe der PFO-Patienten erlitten 2 von 75 Patienten ein rezidivierendes cerebrovaskuläres Ereignis. Die Rezidivrate fiel von 54% vor Verschluss auf 3,5% nach Verschluss ab. Morphologische Besonderheiten beeinträchtigten das Ergebnis des Katheter- verschlusses nicht, können aber Indikatoren für bestimmte Risikofaktoren sein. Bei den PFO-Patienten zog eine kürzere Tunnellänge ( 7,8 mm) eine signifikant höhere Ereignisrate vor Verschluss (4,5%) gegenüber den Patienten mit längerer Tunnellänge (> 7,8 mm) (2,9%) nach sich (p < 0,05). Auch die Rezidivrate vor Verschluss war bei den Patienten mit kürzerer Tunnelstrecke (75%) signifikant höher als bei den Patienten mit längerer Tunnelstrecke (31%) (p<0,01). PFO- Patienten mit Vorhofseptumaneurysma (vor Verschluss) wiesen nach Katheterverschluss eine höhere Rezidivrate cerebraler Ereignisse (10,5%) auf als die PFO-Patienten ohne Vorhofseptumaneurysma (0%). Bei den ASD-Patienten mit Vorhofseptumaneurysma (n = 12) ergab sich eine signifikant höhere Eingriffs- und Durchleuchtungszeit gegenüber den ASD- Patienten ohne Vorhofseptumaneurysma (50 ± 21,1 min. / 10,5 ± 6,4 min.) versus (39,1 ± 12,8 min. / 6,5 ± 3,6 min.) (p < 0,01). Bei der gleichen Patientengruppe nahm die Septumauslenkung signifikant von 15 ± 3,5 mm vor Verschluss auf 4,6 ± 2,4 mm 6 Monate danach ab (p < 0,001). Bei den PFO-Patienten mit Vorhofseptumaneurysma (n = 17) verringerte sich die Septumauslenkung von 15,9 ± 2,8 mm vor Verschluss auf 3,8 ± 2,0 mm 6 Monaten später (p < 0,001). Ohne Einfluss auf den postinterventionellen Verlauf war die Zunahme der Septumdicke, die in den ventralen und zentralen Abschnitten nach 6 Monaten beim Amplatzer-ASD-Okkluder am stärksten und beim PFO-Star-Okkluder am geringsten ausgeprägt war. Alle angewendeten Okkludersysteme sind für den Verschluss von Vorhofseptumdefekten (ASD II) und persistierenden Foramina ovalia auch bei Vorliegen von Vorhofseptumaneurysmen geeignet.
Die Messung des T-Wellen-Alternans ist eine neue, vielversprechende Methode zur Erfassung von Patienten mit einem erhöhten Risiko für arrhythmische Ereignisse. Die gute Testeffizienz ist für unterschiedliche kardiale Krankheiten belegt; ebenfalls wurde die Überlegenheit des TWA gegenüber anderen gängigen Parameter zur Risikostratifizierung erwiesen. Schwachpunkte dieses Verfahrens sind der relativ hohe Anteil an falsch positiv Getesteten und die häufig scheiternden Messungen. Nach unserem Wissen haben wir mit dieser Studie anhand eines Patienten- kollektivs mit Myokardinfarkt erstmalig erwiesen, dass das Ergebnis einer TWA- Untersuchung unabhängig ist von dem Alter und dem Geschlecht des Patienten, sowie von verschiedenen Parameter des erlittenen Herzinfarktes, wie der Höhe der CK, der Lokalisation, der Art der Erstintervention und dem Perfusionsstatus. Im Gegensatz zu anderen Studien konnten wir keinen Einfluss der Medikation, insbesondere der antiarrhythmischen, auf den Ausgang des Alternans-Testes feststellen. Schließlich zeigt die vorliegende Untersuchung erstmalig, dass das Wiederholen der Messung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich nach sechs Wochen und nach einem Jahr, zu 80 % das gleiche Ergebnis liefert, und zwar unabhängig von Änderungen in der Medikation, weiteren Maßnahmen zur Reperfusion und erneuten kardialen Ereignissen. Das Ergebnis positiv zeigt sich dabei etwas weniger stabil als das Ergebnis negativ. Insgesamt kann gefolgert werden, dass die Methode eine gute Reproduzierbarkeit aufweist und bei der Mehrzahl der Patienten auch im Langzeitverlauf stabile Ergebnisse liefert.
Unsere Kultur beinhaltet zahlreiche Vorstellungen darüber, welche Probleme in Liebesbeziehungen auftreten können, welche Ursachen diese Probleme haben und wie mit ihnen umzugehen sei. Dominiert wurden diese Vorstellungen in der Literatur zwischen Empfindsamkeit und Romantik bekanntermaßen durch einige wenige epochenübergreifende Motive: Untreue, der Gegensatz von gesellschaftlicher oder moralischer Pflicht und Neigung, der Tod des anderen, einseitige und verhinderte Liebe bildeten die immer wiederkehrenden Konfliktursachen der meisten Liebesgeschichten. Dabei floss die Geschlechterdifferenz in die Darstellungen zwar stets mit ein, wurde aber in der Regel als solche nicht reflektiert. Die in der Arbeit untersuchten Texte zeigen nun, dass neben diesen typischen Liebesgeschichten auch eine bisher kaum beachtete Ideentradition besteht, die Liebeskonflikte explizit unter dem Aspekt der Geschlechterdifferenz beschreibt und dieser Differenz eine grundlegende Bedeutung beimisst. Dabei konnte für die fünf in dieser Arbeit ausgewählten Konfliktfelder Folgendes festgestellt werden: Egalitäre Liebe versus männliche Eheherrschaft Ein breit diskutiertes Konfliktfeld betrifft das Verhältnis von egalitärer Liebe und männlicher Eheherrschaft. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts setzt sich in Deutschland die Idee der Liebesehe durch, wobei Liebe oftmals ausdrücklich im Gegensatz zu jeglicher Form von traditioneller Herrschaft zwischen den Geschlechtern begriffen wird. Sozial gedeckt muss sie in die Ehe führen. Dort wird aber nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch bis ins 20. Jahrhundert hinein an der Herrschaft des Mannes über die Frau festgehalten. Wie reflektiert sich dieser Gegensatz um 1800? Ich habe in meiner Arbeit unter dieser Perspektive eine Reihe von literarischen, philosophischen und populärpädagogischen Texten untersucht, die einen ersten Eindruck der eher theoretisch-normativen Diskurse dieser Zeit geben. Die Autoren sind Gellert, Kant, Fichte, Hegel und Campe. Dem stelle ich ein populäres Lustspiel von August von Kotzebue und einen autobiographischen Text die Jugenderinnerungen von Elisa von der Recke gegenüber. Diese Texte ermöglichen es, der theoretischen eine eher alltagsorientierte Sichtweise des Problems zur Seite zu stellen. Für die philosophisch-pädagogischen Schriften lässt sich Folgendes erkennen: Erstens wird der Widerspruch zwischen egalitärer Liebe und männlicher Eheherrschaft, entsprechend einer Grundkategorie der Zeit, vorwiegend entlang der Differenz Vernunft Natur bearbeitet. Aufgeboten werden unterschiedliche Varianten einer geschlechterdifferenzierten Anthropologie, die sich teilweise direkt widersprechen (zum Beispiel bei Kant und Fichte). Zweitens wird an die Vernunft und Klugheit appelliert. Dies geschieht ebenfalls widersprüchlich, nämlich entweder in konsensorientierter (Gellert) oder aber manipulativer Ausrichtung (Kant und Campe). Eine allgemein getragene argumentative Problemlösung ist nicht zu erkennen, verbindendes Element ist jedoch die vermittelnde Funktion: Liebe und Herrschaft werden für kompatibel erklärt. Demgegenüber beinhalten die Texte von Kotzebue und Elisa von der Recke auch eine andere Diskursform. Bei Kotzebue zeichnet sich momenthaft das Bild einer durchaus emanzipierten Frau ab, deren Verhalten zu den vorherrschenden weiblichen Normen des literaturwissenschaftlichen Kanons nicht recht passen will. Hier könnten sich - dem wäre aber erst genauer nachzugehen - Tendenzunterschiede zwischen der sogenannten hohen und der Unterhaltungsliteratur der Zeit abzeichnen. Während bei Kotzebue die Eheherrschaft aber letztlich affirmiert wird, zeichnet Elisa von der Recke in ihren Jugenderinnerungen anhand dreier Frauengenerationen das Bild einer Lebenswelt, für die das Spannungsverhältnis von Liebe und Patriarchat sowohl identitätsstiftend als auch kaum überbrückbar erscheint. Die zahlreichen Klugheitsratschläge der Zeit bedeuten letztendlich für die Frau, nicht aber für den Mann, einen Verzicht auf die "wahre" gegenseitige Liebe. Gemeinsame Weltsicht versus Zunahme der Individualität Zu diesem Konfliktfeld untersuchte ich exemplarisch die Erzählung Der Sandmann von E.T.A. Hoffmann. Hoffmanns Text erweist sich in dieser Perspektive als eine differenzierte Satire genau dieser Problematik und verschiedener Strategien, unter patriarchalen Bedingungen mit ihr umzugehen. Der Autor illustriert an der Figur Nathanaels ein Extrem an mangelnder Anpassungsleistung und der Neigung zur Projektion gewünschter Eigenschaften auf die Geliebte zur Vermeidung eigener Veränderung. Er weist dies deutlich als ein geschlechtsspezifisches Verhaltensschema aus. Dem korrespondieren auf je unterschiedliche Weise die weiblichen Figuren der Erzählung. Dabei wird an der Figur Olimpias vorgeführt, wie absurd sich eine patriarchal verordnete Bestätigung darstellt. Hoffmann erkennt damit das soziale Bestätigungsproblem gesteigerter Individualität als ein allgemein bürgerliches, führt das Scheitern der Lösung dieses Problems in der patriarchalen Liebesbeziehung vor und verweist so bereits auf eine wesentliche Ursache der heutigen Krise traditioneller Beziehungsmuster. Geschlechterstereotypen versus Wahrnehmung von Individualität Der Liebesdiskurs des 18. Jahrhunderts fordert seit der Empfindsamkeit die genaue Kenntnis der Individualität des Geliebten als Voraussetzung wahrer Liebe. Zugleich jedoch bewegen sich Liebende in einem Umfeld, das den sozialen Umgang über stereotype Geschlechterbilder strukturiert, die eine Wahrnehmung des anderen als Individuum gerade verstellen können. Inwieweit wird dies im 18. Jahrundert als Problem wahrgenommen und verarbeitet? Hier zeigt meine Arbeit, unter anderem anhand des frühempfindsamen Briefwechsels zwischen Meta Moller und Friedrich Gottlieb Klopstock, exemplarisch Folgendes: Klopstock, der als Inbegriff des empfindsamen Dichters gilt, zeigt zumindest in den Briefen an seine spätere Frau kein Bewusstsein dieser Problematik. Er bleibt in seiner Kommunikation bei einer vorempfindsamen Konfliktwahrnehmung stehen. Moller hingegen bringt die Bilderproduktion der Geschlechterdifferenz als störenden Faktor der Annäherung deutlich zur Sprache. Sie befürchtet, Klopstock könne sich ein durch Weiblichkeitsentwürfe entstelltes Bild von ihr machen, er könne sie als Muse funktionalisieren und/oder sei an ihren ernsthaften Seiten "sie ist ja nur eine Frau" nicht interessiert. Darüber hinaus konfrontiert sie Klopstock in sarkastisch-ironischem Ton mit seinem Fehlverhalten. Insofern ist die These Ulrike Prokops, Meta Moller setze typisch für Frauen ihrer Generation Selbstverleugnung und narzisstische Identifikation an die Stelle aktiver Auseinandersetzung, kritisch zu ergänzen. "Schale Alltäglichkeit" versus "Die große Liebe" Ehen werden, um es mit Luhmann zu pointieren, im Himmel geschlossen und im Auto geschieden. Das Ideal der Liebesehe stellt an die Gatten Anforderungen an Aufmerksamkeit und Zuwendung, die in einem durch Geschlechterrollen differenzierten gemeinsamen Alltag schwer zu erfüllen sind. Viele der untersuchten Texte dieser Arbeit verweisen auf dieses Problem. Eine der dichtesten Auseinandersetzungen damit findet sich jedoch in der Erzählung Das mißlungene Opfer von Therese Huber: Huber legt hier eine vielschichtige Reflexion über Liebes- und Eheprobleme vor, die durch Bezüge zu Goethes Werther stereotype Leseerwartungen des Publikums (Pflicht versus Neigung) herausfordert. Diese Leseerwartungen konfrontiert sie dann mit der Darstellung der geschlechterdifferenzierten Arbeitsteilung in der bürgerlichen Ehe. Zugleich dokumentiert sie verschiedene weibliche Attributionsmuster, die den Alltag männlicher Lieblosigkeit entschuldigen. Der Text changiert dabei zwischen Alltagsdarstellung und bis ins surreal-komische getriebenen Situationen kommunikativer Entfremdung, überlässt es aber der Leserin, eigene Erfahrungen und Sehnsüchte im Text bestätigt oder hinterfragt zu finden. Weibliche Pflichterfüllung versus Bedürfnis nach individuellem Glück Die Idee der Liebesehe ist an die Freiwilligkeit der Partnerwahl und eines glücklichen Zusammenlebens gebunden. Sozialgeschichtlich betrachtet wurden Ehen aber um 1800 bekanntermaßen häufig gegen den Willen der Frau geschlossen; und sie verliefen für diese häufig nicht glücklich. Eine bislang kaum zur Kenntnis genommene umfangreiche Darstellung der Lage und Emanzipation einer Frau in einer solchen unglücklichen Zwangsehe sind die Eheerinnerungen Elisa von der Reckes. Der Text ist, wie sich zeigen lässt, entgegen der Überzeugung seines Herausgebers, keine Sammlung von Briefen, sondern eine literarische Bearbeitung und Ergänzung der Tagebücher der Autorin. Die Autorin legt hier eine ungewöhnlich realitätsnahe und die Grenzen des intimschicklichen überschreitende Milieustudie vor, in deren Zentrum der bedrückende Ehealltag einer jungen Frau steht. Sozialisiert ist sie in einer Umwelt, in der ländlich- patriarchale, galante und empfindsame Ehe- und Liebesdiskurse aufeinander prallen. Ihre Ehegeschichte erweist sich so als eine psychologische Dokumentation kognitiver Dissonanzen, verdrängter Bedürfnisse, psychosomatischer Symptome, Rationalisierungen und der Instrumentalisierungen von Sexualität im Ehealltag. Interessant ist dieser Text auch hinsichtlich der Frage nach der Freiheit von Subjekten gegenüber den sie formenden Diskursen. Er zeigt beispielhaft, wie eine Frau mit Bruchstücken des empfindsamen Liebesdiskurses und des autoritären Ehe- und Pflichtdiskurses für sich selbst eine individuelle Ehe- und Liebeskonzeption entwickelt und auf dieser Grundlage ihre Vorstellung eines richtigen Lebens gegen die Überzeugungen ihres gesamten sozialen Umfeldes durchsetzt. Weiterführende Fragestellungen Ich möchte nun abschließend einige weiterführende Fragestellungen andeuten, die durch die Ergebnisse meiner Arbeit nahegelegt werden. Erstens: Die Interpretation von Hoffmanns Sandmann zeigt, dass auch klassische Texte unter der hier dargestellten Perspektive neue Facetten erkennen lassen. An dieser Stelle bietet sich etwa eine Betrachtung der Frühromantik an, zum Beispiel unter der Perspektive, ob die Unterscheidung männlich/weiblich in Bezug auf Liebeskonflikte dort eine wesentlich andere ist, als in der Zeit ansonsten üblich. Zudem legen die Werke von Therese Huber und Elisa von der Recke nahe, weitere bisher weitgehend unbekannte Texte zur Analyse historischer Liebeskonfliktdiskurse heranzuziehen. Ähnliches ergibt sich aus Kotzebues Lustspiel für den Bereich der sogenannten populären Literatur. Zweitens: Die Texte von Huber und Elisa von der Recke werfen die Frage auf, wie Liebeskonflikte aus der Perspektive von Müttern und Vätern wahrgenommen werden. Die Untersuchung beider Texte legt hier erste Spuren, deren Weiterverfolgung fruchtbar sein könnte. Drittens: Es ist auffällig, dass keiner der untersuchten Texte eine wirkliche Alternative zum modernen Liebesdiskurs andeutet, außer in Form eines Rückzugs auf vorempfindsame Liebesideen oder Freundschaften. Hier schließt sich die auf die Zukunft gerichtete Frage an: Wo im modernen Liebesdiskurs ist um es mit Foucault zu formulieren die Gegenmacht zu finden? Oder verschwindet dieser Diskurs allmählich und einer liebenden Annäherung wird in einigen Generationen so begegnet, wie dies die emanzipierte Elisa von der Recke gegenüber den linkischen Annäherungen ihres Gatten getan hat: mit kaltem Ernste, aber ohne Zeichen des Unwillens: "Unter uns, mein Theurer, sind solche Tändeleien überflüssig."
In der vorliegenden Untersuchung wurden Populationen der Gattung Corbicula im Rhein mit Individuen aus der Mosel, der Weser sowie aus Frankreich, Spanien, Nordamerika und dem Nahen und Fernen Osten sowohl mit genetischen als auch morphologischen Methoden untersucht. Aus diesen Daten sollte ermittelt werden, wie viele Taxa bei der rezenten Besiedelung Europas auftraten und welche Migrationsrouten hierbei nachgewiesen werden konnten. Es konnte gezeigt werden, dass im Rhein zwei hybridisierende genetische Linien auftraten, wobei keine Rückkreuzung mit den Eltern nachgewiesen werden konnte. Die Hybride waren morphologisch nicht zu unterscheiden. Hinweise auf einen unterschiedlichen Chromosomensatz dieser Linien bzw. eine Polyploidie konnte nicht gefunden werden. In der Rhone wurde eine weitere Linie entdeckt. Eine der genetischen Linien im Rhein konnte im Vergleich zu Individuen aus Fernost als C. fluminea identifiziert werden. Die Herkunft der beiden Linien aus Rhein und Rhone blieb unklar, da sie nicht Individuen aus Israel oder Nordamerika zugeordnet werden konnten. Eine Polytomie der MP- und ML-Analysen war nicht auf einen zu geringen Datensatz zurückzuführen, vielmehr konnte gezeigt werden, dass Corbicula im Pleistozän eine Radiation durchief. Schalenmorphologisch konnten die genetischen Linien aus dem Rhein nicht durchgehend den zwei auftretenden Morphen zugeordnet werden. Gleichzeitig schienen diese Individuen die Extreme einer weltweiten Variabilität der Schalenform darzustellen. Ein morphologischer Vergleich von Schalen aus der Sammlung Senckenberg zeigte keine Unterschiede zwischen Individuen, die als C. fluminalis und C. fluminea bezeichnet waren. Vielmehr scheint die Schalenform nicht genügend conchologischen Merkmale zu besitzen, um die genetischen Linien zu unterscheiden. Die Besiedelung Europas durch die Körbchenmuschel erfolgte mehrfach unabhängig in verschiedenen Flusssystemen Südwest- und Mitteleuropas Anfang der 1980er Jahre. Auf- grund der hier nachgewiesenen Isolationswirkung von Stauwehren der Bundeswasserstrassen auf Makroinvertebraten und der Ergebnisse der DAF-Fingerprints von Corbicula- Populationen wurde die Mosel vermutlich von Frankreich aus besiedelt.
Die Protoonkogene Ras und Raf spielen eine wichtige Rolle bei der Übertragung eines extrazellulären Signals in den Zellkern. Die direkte Interaktion zwischen GTP-gebundenem, aktiviertem Ras und der Proteinkinase Raf führt zur Aktivierung der Ras/Raf/MEK/ERK-Kaskade, die eine entscheidende, regulatorische Rolle bei onkogenen, mitogenen und entwicklungsabhängigen Signalwegen besitzt. Die Beeinflussung der Kaskade stellt daher einen interessanten Ansatz für die Arzneistoffentwicklung dar. Trotz der bekannten Proteinstrukturen von Ras und Raf sind bisher nur wenige Stoffe gefunden worden, die die Interaktion direkt beeinflussen. In der vorliegenden Arbeit wurde daher ein Testsystem auf der Basis des Hefe-Zwei-Hybrid-System etabliert, mit dessen Hilfe Effektoren der Ras/Raf-Wechselwirkung schnell und einfach identifiziert werden können. Das erste Ziel der Arbeit war die Etablierung einer Testmethode in 96-well-Microtiterplatten, die einen schnellen Durchsatz verschiedener Proben erlaubt. Insgesamt wurden in der vorliegenden Arbeit 469 Reinsubstanzen und Pflanzenextrakte in verschiedenen Konzentrationen getestet. Durch die Verwendung geeigneter Kontroll-Hefestämme konnte außerdem eine Aussage über die Spezifität der Substanzinteraktion getroffen werden. Bei einigen Ras/Raf-aktivierenden Substanzen konnten über die Testung systematischer Substanzreihen Struktur-Wirkungsbeziehungen aufgestellt werden. Cycloalkylidencarbonsäuren wurden als erste potente Ras/Raf-Aktivatoren identifiziert, deren wahrscheinlicher Interaktionsbereich durch die Expression verkürzter Raf-Mutanten auf den Bereich von AS 131-194 von Raf eingeschränkt werden konnte. Sie stabilisieren nicht nur die Bindung von mutiertem, sondern auch von Wildtyp-Ras an Raf. In einem zweiten, unabhängigen Säugerzell-Testsystem, das auf der Aktivierung der Ras/Raf/MEK/ERK-Kaskade und dem anschließendem Nachweis des phosphorylierten MEK-Proteins beruht, lieferten die aktiven Verbindungen erste Hinweise auf eine Aktivierung der Signalkaskade. Mögliche Optimierungen der beiden verwendeten Testsystem, sowie Alternativen, weitergehende Experimente und Einsatzgebiete von Ras/Raf-Effektoren werden abschließend diskutiert.