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"Gewalt erzeugt Gegengewalt, hat man dir das nicht erklärt?" So heißt es im Refrain eines bekannten Punkrock-Songs. Diese Aussage mag für die affektive Interaktion im unmittelbaren Kontext gewaltsamer Handlungen bisweilen zutreffen. Vor der zeitverzögert einsetzenden Gegengewalt steht indessen die Verarbeitung der ersten Handlung: das Sprechen über den Konflikt und vor allem die Frage nach der Ursache, nach der Intention und der Legitimität des Gewaltaktes. Die daraus resultierenden Deutungen können langfristige Folgen nach sich ziehen. Nicht nur Stunden und Tage, sondern Jahrhunderte, ja Jahrtausende kann ein einziges Gewaltereignis immer wieder im Fokus von Erzählungen stehen und prägend für Generationen und Nationen sein. ...
Komparatistik online 2019: Berühren. Relationen des Taktilen in Literatur, Philosophie und Theater
(2019)
Körper und ihre Sinneswahrnehmung gehören zu den Voraussetzungen von Literatur und, Philosophie; die Bestimmung ihrer Funktion zählt zugleich zu einer der schwierigsten und umstrittensten Aufgaben dieser Künste und Disziplinen. Der Komplex um das Berühren, zu dem Haptik, Taktilität und Gefühl, Motorik, Sensorik und Affektivität gleichermaßen gehören, ist in der Körper- und Sinnesgeschichte notorisch von Vernachlässigung bedroht, hat in den Kultur- und Medienwissenschaften aber zuletzt neue Aufmerksamkeit erfahren. Philologische Ansätze befinden sich derzeit noch am Rand dieser Debatten, obwohl ihre Begriffe und Verfahren sogar als besonders 'berührungsaffin' gelten können. Genaue philologische Lektüren bieten die Möglichkeit, das je singuläre Verhältnis von Affektion und Sinnlichkeit und die Bedeutung des Tastsinns im Zusammenspiel mit anderen Sinnen zu erfassen. Philologische Verfahren können das metaphorische Potenzial des Berührens ebenso ausloten wie sein Verhältnis zum 'Realen'. Die Beiträge dieses Bandes zur europäischen Literatur, aber auch zur Philosophie von der Antike bis ins späte 20. Jahrhundert untersuchen das Berühren als relationale Figur, in der poetische Gestaltung und Materialität, Bildlichkeit und Buchstäblichkeit, Begreifen und Ergreifen, Anschauung und Affizierung in Beziehung treten. Im Zentrum stehen Fragen nach dem Verhältnis von Gemeinschaft und Individualität, von Literatur und Philosophie sowie nach der Funktion von Ansteckungs- und Distanzierungsverfahren in diesen Zusammenhängen. Dabei geraten gerade auch Wahrnehmungsräume in den Blick, die zumeist unter dem Primat des Visuellen verhandelt wurden. In Re- und Gegenlektüren schlagen die Beiträge eine Ausweitung der Sinnesbezüge vor.
Literaturwissenschaft und Landeskunde
Matthias BAUER (Flensburg): Auflehnung und Vermittlung. Petru Dumitrius Essay Die Transmoderne. Zur Situation des Romans (1965). S. 13
Carmen Elisabeth PUCHIANU (Kronstadt/Brasov): Rumänische Realität surrealistisch verkörpert: Joachim Wittstocks Erzählung Hades, (m)eine postmoderne Lesart. S. 41
Delia COTÂRLEA (Kronstadt/Brasov): Vereinnahmung von Geschichte und Literatur durch rumänische Kulturpolitik. Die Kronstädter Publikation Karpatenrundschau (1968-1970)…. S. 59
Joachim WITTSTOCK (Hermannstadt/Sibiu): Der ungarische Lebensbezirk im literarischen Schaff en von Emil Witting, ausgehend von einer neueren Veröffentlichung. S. 75
Roxana NUBERT / Ana-Maria DASCĂLU-ROMIȚAN (Temeswar/Timişoara): Deutsch-rumänische Sprachinterferenzen bei Herta Müller und Balthasar Waitz. S. 87
Réka JAKABHÁZI (Kluasenburg/Cluj): Die Schwarze Kirche als Topos der kollektiven Identitätskonstruktion in der deutschen, rumänischen und ungarischen Lyrik der Zwischenkriegszeit. S. 103
Maria SASS (Sibiu/Hermannstadt): Auch das Beständigste war nicht mehr von Dauer! Die Darstellung des Eigenen und des Gegenübers in Andreas Birkners Roman Die Tatarenpredigt. S. 118
Nadjib SADIKOU (Flensburg): Heimat und fragile Werte. Lavinia Braniştes Null Komma Irgendwas. S. 140
Doris Sava (Hermannstadt/Sibiu): Nichts für Schnellbetrachter: Doina Ioanids Poesie der leichten Töne. S. 155
Martin STANGL (Hermannstadt/Sibiu): Erläuterungen und Gedanken zu Goethes Planetentanz. S. 169
Andreea DUMITRU (Hermannstadt/Sibiu): … Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen … Gedanken zu Eginald Schlattners Text „Ja nicht ja. Walther Gottfried Seidner zum 80.” . S. 181
Gerhild RUDOLF (Hermannstadt/Sibiu): Vornamenwahl in einem deutsch rumänischen Umfeld. Zwischen regionalen Gepflogenheiten und europäischen Trends. S. 189
Sprachwissenschaft
Sigrid HALDENWANG (Hermannstadt/Sibiu): Zu den Bedeutungen der Verben „kopulieren“, „kaufen“ und „verändern“ in siebenbürgischen urkundlichen Quellen und im Siebenbürgisch- Sächsischen . S. 207
Cristina MIHAIL (Hermannstadt/Sibiu): “Dann leg’ ich meinen Hobel hin…”. Nachrufe und Todesanzeigen mit Tätigkeitsbezug aus interkultureller Sicht. S. 224
Bücherschau
Markus Oliver SPITZ (Luxemburg) : Rezension. S. 243
Larisa PIOARU (Kronstadt/Brasov): Rezension. S. 246
Verzeichnis der AutorInnen. S. 252
Wer bestehen will, muss lernen: Viele Schüler in Hessen bereiten sich auf ihre schriftlichen Abiturprüfungen vor. Weil sie das in Lerngruppen tun, finden sie zu Hause keinen Platz. In ihren oft sanierungsbefürtigen Schulen auch nicht. Also weichen sie in Bibliotheken aus. Das sorgt mitunter für Ärger.
In der Krisen- und Umbruchzeit des Vormärz wurden pädagogische Fragen entlang der Grenze zwischen politischen, religiösen und sozialen Problemlagen kommuniziert, indem politische, religiöse und gesellschaftliche Herausforderungen pädagogisch interpretiert wurden. Erziehung und Bildung waren Gegenstand in Pamphleten, konzeptionellen Schriften, Briefen und Aufrufen, sie wurden in Zeitschriften verhandelt und waren literarisches Sujet. In der Verbreitung und Umsetzung oppositioneller pädagogischer Ideen waren Akteurinnen und Akteuren Grenzen gesetzt: Grenzen der obrigkeitsstaatlichen Zensurbehörden, aber auch Grenzen des staatlichen Bildungswesens, die der Umsetzung alternativer pädagogischer Ideen kaum Raum ließen. Pädagogische Konzeptionen und Praktiken der Opposition waren aufgrund ihrer kritischen Ausrichtung umstritten und daher einerseits klandestin, subversiv und konspirativ, sie zielten andererseits aber auch auf das Auditorium einer bürgerlichen Öffentlichkeit, da sie mit der Hoffnung verbunden waren, Emanzipationsprozesse ihres Klientels zu initiieren. Aus der Sicht der Zensurbehörden bargen sie daher Gefahrenpotential und Sprengkraft, weshalb pädagogische Akteurinnen und Akteure mit Zensurbestimmungen und Vereinsverboten in der Folge der Karlsbader Beschlüsse konfrontiert waren, mit Flucht, Verhaftung und Verfolgung - häufig blieb ihnen nur der Weg in die Emigration. Umgekehrt wurden Erziehung und Bildung auf Seite der restaurativen Mächte auch als Mechanismen des Erhalts der bestehenden gesellschaftlichen und politischen Strukturen und Privilegien profiliert. Auf pädagogischem Feld wurden im Vormärz insgesamt Interessen- und Machtkonflikte zwischen "Emanzipation und Sozialdisziplinierung" ausgetragen.
Feuer in der Unibibliothek
(2019)