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Häufig wird angenommen, man sei dort "zu Hause", wo man geboren wurde. Man könnte etwa sagen: "Hier! Hier bin ich zur Welt gekommen", und mit diesen Worten wäre impliziert, dass man sich keinen vertrauteren, wertvolleren und intimeren Ort vorzustellen vermag. Dieser Ort wäre, anders ausgedrückt, der Ort, wo man hingehört. Der Ort, an dem man geboren wurde, ist jedoch willkürlich. Menschen wurden im Exil geboren oder auch neben Straßensperren. Tatsächlich hat kein Mensch Einfluss auf die Umstände der eigenen Geburt. Der eigene Geburtsort bedeutet also nur auf indirekte Weise Zugehörigkeit. In Wirklichkeit bezeichnet nichts mehr Zugehörigkeit als ein Grab. Ein Grab ist ein fester Ort, auf den man zeigen und dabei feststellen kann: "Hier liegen mein Vater und seine Vorfahren begraben, und hier werde auch ich eines Tages begraben sein." Es ist der Ort, den man häufig für sich selbst auswählen kann, wo das Menschliche schließlich eins mit der Erde wird. Diese grundlegende Einheit des Belebten und Unbelebten veranlasste etwa Giambattista Vico zu der Aussage, in früheren, primitiveren und prosaischeren Zeiten sei der Grabstein ein rechtliches Gebilde. "So zeigten schon durch die Gräber ihrer Bestatteten die Giganten die Herrschaft über ihrer Ländereien an; [...] Und zu Recht", bemerkte Vico, "gebrauchten sie jene heroischen Redensarten: 'wir sind Söhne dieser Erde', 'wir sind geboren aus diesen Eichen' [...]." Somit gehört man nicht an den Ort, an dem man geboren wurde, sondern dorthin, wo man zur letzten Ruhe gebettet wird.
Manche Menschen besitzen mehr als nur einen Grabstein. Gershom Scholem ist einer von ihnen - eine merkwürdige Tatsache. Dem Anschein nach gehört Scholem, wenn er überhaupt irgendwohin gehört, nach Jerusalem.
Autobiographisches Erinnern, so kann man bei Harald Welzer lesen, wird maßgeblich durch die Kategorien Raum, Zeit und Selbst beeinflusst. Die Autobiographieforschung hat vor allem die letzten beiden Kategorien fokussiert, während der Relevanz von Räumlichkeit in autobiographischen Schriften erst seit dem spatial und topographical turn verstärkt Beachtung zukommt. Dabei hat bereits Immanuel Kant deutlich gemacht, dass Raum und Zeit für den Menschen von korrespondierender Bedeutung sind: Sie stellen das Apriori menschlicher Erkenntnis dar, so dass beide Kategorien die Wahrnehmung einer äußeren Umwelt erst ermöglichen. Ebenso wie die Zeit ist nach Kant der Raum ein kognitives Konzept, kein realweltliches. Das führt zu der Überlegung, dass für ein sich selbst schreibendes Ich sowohl die individuelle als auch die gesellschaftliche Codierung von Räumlichkeit relevant ist. Gaston Bachelard und Michel de Certeau stellen diesen gesellschaftlichen Codierungen individuelle Aneignungen von Raum und Räumlichkeit zur Seite, so dass die Codierungsarbeit als eine Aushandlung zwischen gesellschaftlichen Raumordnungen und individuellen Raumpraktiken verstanden werden muss. Dies führt zu der These, dass in Autobiographien ein Ich die gesellschaftlichen Raumordnungen verhandeln und sich zu ihnen in Bezug setzen muss, während der Raum das Ich dabei überhaupt erst konstituiert. Auf diese Weise erscheint das autobiographische Ich als eingebettet in die gesellschaftlichen Koordinaten seiner Zeit. Vor diesem theoretischen Hintergrund erweist sich Walter Benjamins Berliner Kindheit um neunzehnhundert als signifikanter Text. Es stellt sich die Frage, wie das Verhältnis von Raum, Zeit und Ich, das jeden autobiographischen Text prägt, in Benjamins Prosaminiaturen figuriert ist und inwiefern es die Texte konstituiert.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts werden das Volkslied und die Ballade als Ausdruck der Natur verstanden, der unvermittelt und darum echt ist. Doch nicht nur editorische Eingriffe im Zuge der Herausgabe dieser zumeist nur vermeintlich mündlich tradierten Dichtung lassen die Echtheit der Texte problematisch erscheinen. In der Kunstballadendichtung bildet sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts der so genannte Volksliedton heraus. Die epigonale oder ironische Imitation dieses einfachen Stils kann nicht mehr im Paradigma der Herder'schen Ausdrucksästhetik verstanden werden. Insbesondere Heinrich Heines Lieder gelten als ironische Nachahmung volksliedhafter Dichtung und als Ausweis, dass diese Form von "Lied [...] keine authentische Kunst" sei.
Heine verhandelt die Problematik der Echtheit in seinen Schriften zu Volkslied und Ballade über die zentralen Begriffe des Diskurses - Einfachheit und Wahrhaftigkeit. Er verwirft diese Konzepte jedoch nicht einfach, sondern modifiziert sie. Heine, so soll im Folgenden gezeigt werden, variiert die Idee eines 'echten' Volksliedes, indem er den Gedanken ausprägt, bestimmte Texte stünden im Zeichen eines "Geist[es] der Volkslied-Formen". Die Problematik der Wahrhaftigkeit verhandelt Heine in 'Die romantische Schule' sowie in seinem Buch der Lieder im Bild der Kostümierung und Maskierung. Sie wird hier zur Frage der Ehrlichkeit und Treue, die interpersonell und kommunikativ gefasst ist.
In Schillers Wallenstein-Trilogie ist nicht der Zeitpunkt der Tat entscheidend, sondern der Zeitpunkt der Information. Auch Gerüchte sind Informationen, wenngleich unsichere. Sie spielen im Machtkampf zwischen Wallenstein und der kaiserlichen Partei sogar eine maßgebliche Rolle, denn dieser dreht sich, genau besehen, darum, Gerüchte als Nachrichten beim Heer glaubhaft zu machen. Wem dies als erstes gelingt, der gewinnt in dem Informationskrieg, der sich in Schillers Stück abspielt. Wallensteins Informationsoffensive verfolgt ganz deutlich dieses Ziel. Er schickt Eilboten nach Prag, die dort vermelden sollen, dass die Pilsener Truppen ihm neu gehuldigt hätten. Durch dieses als Nachricht ausgegebene Gerücht sollen sich die Prager Truppen veranlasst sehen, sich ebenfalls für Wallenstein zu erklären. Die Nachricht von den Prager Truppen soll wiederum die Pilsener Regimenter dazu bewegen, sich hinter Wallenstein zu stellen. Denn wenn Prag sich erst für ihn ausgesprochen habe, so legt Wallenstein sein Gerüchtekalkül seinem Getreuen Illo dar,
"[d]ann können wir die Maske von uns werfen,
Den hiesigen Truppen den gethanen Schritt
Zugleich mit dem Erfolg zu wissen thun.
In solchen Fällen thut das Beyspiel alles.
Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf,
Und wer der Vorderste ist führt die Heerde.
Die Prager Truppen wissen es nicht anders,
Als daß die Pilsner Völker uns gehuldigt,
Und hier in Pilsen sollen sie uns schwören,
Weil man zu Prag das Beyspiel hat gegeben."
(T, III/4, 1430–1439)
Wallenstein setzt auf die Nachahmung, um eine Massendynamik zu induzieren. Er beschreibt Nachahmung als anthropologisches Charakteristikum, womit Schiller seinem Protagonisten eine Vorstellung der Aufklärung in den Mund legt.
"Von einer Vereinigung des Christenthums mit der Philosophie kann ich mir nichts Bestimmtes denken", schreibt Friedrich Schleiermacher am 28. März 1801 an Friedrich Heinrich Christian Schwarz, den später nach Heidelberg berufenen Theologen und Pädagogen. "Was wollen Sie vereinigen, wo gar kein Streit ist? Die Religion kann nicht umhin, die philosophierende Anlage im Menschen anzuerkennen, und das tut sie auch wohl jetzt durchaus; und ebenso kann man die Philosophie nötigen, die religiöse Stimmung anzuerkennen, wenn sie sich gleich etwas ungebärdig dabei anstellt." Man glaubt in diesen Worten das irenische, zum Ausgleich geneigte Gemüt Schleiermachers zu vernehmen, welches gleichwohl nicht hat verhindern können, dass er mehrfach in seinem Leben in heftigen religiösen, politischen und literarischen Streit verwickelt wurde.
In seinen Worten klingt jedoch auch noch das Bewusstsein nach, dass die Harmonie von Philosophie und Religion, falls es sie überhaupt gibt, jedenfalls jüngeren Datums ist. Die Philosophie stellt sich immer noch ungebärdig dabei an, die religiöse Stimmung anzuerkennen. Umgekehrt scheint die Religion eben erst jetzt - um 1800 - ihren Frieden mit der philosophierenden Anlage im Menschen gemacht zu haben. Man muss hier nicht unbedingt an jene jahrtausendealte Tradition der Auseinandersetzung zwischen Philosophie und Religion denken, die wir heute noch mit dem Stichwort Athen vs. Jerusalem bezeichnen.
Es genügt, sich ans 17. und 18. Jahrhundert zu erinnern, an die philosophes, die kritischen Intellektuellen Frankreichs, die einen zähen, nach und nach immer besser organisierten Kampf gegen die katholische Kirche führen, oder an die nach der Massenflucht der Hugenotten aus Frankreich vor und nach 1685 und der Glorious Revolution (1688) besonders in England und den niederländischen vereinigten Provinzen intensiv und erbittert geführte Debatte über religiöse Toleranz und katholische wie protestantische Intoleranz.
im folgenden möchte ich dazu beitragen, goffman als soziologen der rituellen spiele mit darstellungsidiom zu verstehen, indem ich die konstruktion von authentizität in alltäglichen umfeldern durch einen goffmanesken zugriff wende: es ist die dramaturgische konstruktion von realität, vermengt und ergänzt durch eine dramaturgische produktion von glaubwürdigkeit durch die darstellung von "persönlichkeit" und nähe. während in vielen kontexten definitionen sozialer realität aufrechterhalten werden, denen keinesfalls glaubwürdigkeit unterstellt wird, steht gerade in der konstruktion persönlicher beziehungen eine form der realitätskonstruktion im vordergrund, die ich 'rituelle spiele mit glaubwürdigkeit' nennen möchte.
Wohnen im eigenen kleinen Haus gilt mit seinen Versprechen von Individualität und Privatheit als Topos der Unabhängigkeit. Dergestalt selbstbezogenes Wohnen erscheint zunächst als unvereinbar mit konnexbewusstem ökologischem Engagement. Gleichwohl sind Bewohner von besonders konzipierten Eigenheimen der Ansicht, sie könnten mit ihren Häusern zur Verbesserung der herrschenden ökologischen Verhältnisse beitragen. Diese Meinung lässt sie von 'Öko-Eigenheime' sprechen. In den letzten Jahren forcierte die Politik deren Errichtung durch finanzielle Anreize. Gleichzeitig polarisieren Öko-Eigenheime durch unterschiedliche funktionale und formale Entwürfe. Zu Beginn meiner Untersuchungen, 2006, war das Feld um Öko-Eigenheime noch besonders 'warm'. Dies zeigte sich unter anderem in der Offenheit gegenüber 'Pionieren', sowohl im 'harten' Segment des stofflichen Gehäuses als auch im 'weichen' Segment der Wohnpraxis. Um den innovativen Gehalt des Umgangs mit diesen spezifischen Eigenheimen auszuloten, fragt die hier vorgestellte Studie im Kern nach den Lebensstilen ihrer Bewohner und ferner nach wesentlichen Feldbedingungen.
Micky Maus, Superman, Asterix, Popeye - zahlreiche Figuren aus Comics haben ein Eigenleben entwickelt und sich als Marke etabliert. Die Figuren halten die Fortsetzungsgeschichten zusammen und stellen entsprechend einen Wiedererkennungswert dar. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass sich die inzwischen doch einigermaßen etablierte Comic-Forschung der Betrachtung der Figuren nur am Rande gewidmet hat. Das gilt erst recht für jene Sonderform des Comics, die im Folgenden in den Fokus gerückt werden soll: die Graphic Novel.
Der Blog von Minna Salami 'MsAfropolitan' erscheint wie geschaffen für eine Untersuchung afrikanischer Online-Identitätskonstruktion im 21. Jahrhundert vor dem Hintergrund der Globalisierung. Mit dem gleichen Namen ('MsAfropolitan' bzw. 'Ms. Afropolitan') entwickeln sich Blog und Selbstnarrationsfigur unter programmatischer Berufung auf einen erst kürzlich entstandenen Kultur- und Identitätsdiskurs im afrikanischen Kontext: den Afropolitanismus. Da es sich um eine Social-Media-Figur (Blogfigur) und eine Identitätsfigur (Afrofigur) zugleich handelt, erscheint es medienwissenschaftlich relevant herauszufinden, wie die Selbstkonstruktion von MsAfropolitan erfolgt.
Die Körper der Spieler
(2014)
In diesem Beitrag geht es um Aspekte, unter denen Computerspiele im Zusammenhang mit Körper und Körperlichkeit betrachtet werden können. Unter dem Label 'Computerspiele' sollen im Folgenden alle elektronischen Spiele zusammengefasst werden, die einen Computer für die Erzeugung der Spielwelt und für die Verarbeitung der Spielerhandlungen benötigen. Die bisweilen anzutreffende Differenzierung zwischen 'Video- und Computerspiel' soll in diesem Aufsatz nicht weiter beachtet werden.
Obwohl das Rollenfach von der Forschung bisher stiefmütterlich behandelt wird, scheint die Kategorie zumindest für Schriftsteller und Theaterpraktiker ein ewiger Stein des Anstoßes zu sein. Inwiefern es ein Gewinn sein kann, die Kategorie des Rollenfachs bei der Analyse von Theaterstücken und Dramentexten zu berücksichtigen, wird im Anschluss an die einführenden Erläuterungen zu Definition, Geschichte und Stellenwert des Rollenfachs anhand von zwei Fallbeispielen darzulegen sein. Anhand von Gotthold Ephraim Lessings 'Emilia Galotti' und Friedrich Schillers 'Die Verschwörung des Fiesko zu Genua' soll demonstriert werden, wie unterschiedlich sich der Umgang mit dem Rollenfach auf die Dramentexte und deren Rezeption auswirken kann. Abschließend werden mögliche Konsequenzen für die Dramen-textanalyse angedeutet.
Vor einigen Jahren haben die Kultursoziologen Stephan Moebius und Markus Schroer im Suhrkamp Verlag eine Essaysammlung über 'Sozialfiguren der Gegenwart' publiziert. Dem Band liegt - so die Herausgeber in ihrer kurzen Einleitung - die These zugrunde, "dass jede Gesellschaft sich unter anderem über die Konstituierung von Subjektpositionen, Typisierungen und Personenbegriffen strukturiert". Der Blick der AutorInnen richtet sich "auf die vielfältigen Möglichkeiten der Fremd- und Selbstbeschreibung, sowie auf Identifizierungsschemata […], mit denen man sich heute als Subjekt modellieren und ausdrücken kann; (Ideal-)Typen, die in ihrer Gesamtheit das Soziale ordnen". Das Buch enthält Artikel über so unterschiedliche Sozialfiguren wie die "Diva", den "Hacker", den "Spekulanten", den "Dandy", den "Single", den "Migranten" oder den "Voyeur" und andere mehr. Betrachtet man neuere Publikationen an der Schnittstelle von Sozial- und Kulturwissenschaften, so lässt sich auch über diesen Band hinaus von einer kleinen Konjunktur von Texten über Typen und Figuren sprechen, denn auch in den Cultural Studies im englischsprachigen Raum, in der Sozial- und Kulturanthropologie und in der empirischen Kulturwissenschaft bzw. der Volkskunde / Europäischen Ethnologie sind zuletzt Arbeiten erschienen, die Sozialfiguren bzw. kulturelle Figuren zum Ausgangspunkt von historischen oder gegenwartsorientierten Kulturanalysen nehmen. Sie beziehen sich auf unterschiedliche theoretische Ansätze und gehen methodisch ganz verschieden vor. Sie schließen an verschiedene prominente Vorläufer aus Wissenschaft und Essayistik an, aber auch an verbreitete massenmediale Darstellungsweisen, die solche Figuren aufgreifen, erläutern und definieren [...].
Seit dem japanischen Angriff auf Pearl Habour 1941 sind die USA weltweit kontinuierlich in offizielle und inoffizielle militärische Handlungen verwickelt, und zum ersten Mal in der Geschichte der USA wurden nach dem Zweiten Weltkrieg Rüstungsindustrie und militärisches Truppen- und Waffenpotenzial nicht annähernd auf den Stand der Vorkriegszeit zurückgenommen, sondern entsprechend dem neuen Welt- bzw. Supermachtstatus der USA auf einem außerordentlich hohen Niveau belassen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ein seit Jahrzehnten wachgehaltenes 'Bewusstsein vom Krieg' auch eine entsprechende literarische Produktion zur Folge hat. Vor allem von Interesse ist daher nicht die Quantität der Produktion, sondern vielmehr die Eigenart der Vorstellungen von Krieg bzw. Frieden, die uns in diesem Schrifttum entgegentreten. Die folgenden Ausführungen beschränken sich im Wesentlichen auf amerikanische Romane des 20. Jahrhunderts; zunächst sollen jedoch, zum Vor-Verständnis für jene Leser, die sich nicht professionell mit Literatur im Allgemeinen und mit Literatur der USA im Besonderen beschäftigen, zwei Aspekte kurz umrissen werden: Erstens ist generell zwischen Literatur und Sachtext, z. B. zwischen einem Roman und einer soziologischen, politischen etc. Studie zu unterscheiden. [...] Zweitens ist zu beachten, dass zu den wichtigsten Charakteristiken der amerikanischen Literatur vom Krieg der Umstand zählt, dass sie meist aus der Perspektive des Siegers oder zumindest aus einer Position der Überlegenheit heraus verfasst wurde.
Innerhalb der Soziologie nimmt die Thematisierung von Makrogewalt, von kollektiven Gewaltphänomenen und Krieg sowie den darin involvierten Akteuren einen marginalen Stellenwert ein. Doch stellen nicht nur detaillierte soziologische Untersuchungen von Makrogewalt sowohl auf der System- als auch auf der Akteursebene ein Forschungsdesiderat dar. Ebenso gibt es im Hinblick auf die neuere Emotionssoziologie – neben einigen gut erforschten Bereichen – verblüffende Leerstellen, wie die Thematisierung von Erfahrungen in militärischen Verbänden sowohl im Krieg als auch im Frieden. In soziologischer Perspektive ist das Militär eine "Organisation zur kontrollierten und effizienten Anwendung von Gewalt", wobei die "militärische Gehorsamsproduktion […] in letzter Instanz darauf ausgerichtet [ist], diese Gewaltanwendung im Krieg, und hier vor allem in der Schlacht, zu gewährleisten". Der stark hierarchisch gegliederten Organisation liegen "zwei unterschiedliche Strukturprinzipien zugrunde: das vertikale Prinzip von Befehl und Gehorsam und das horizontale der Kameradschaft" .
"Ich habe kein Wort" : Betrachtungen zu einem Topos literarischer Texte über den Ersten Weltkrieg
(2014)
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit einem Topos, der einen literarischen Bezugsrahmen für Benjamins Befund sowie für psychohistorische Bestandsaufnahmen darstellt, nämlich der in (literarischen) Dokumenten von Kriegsteilnehmern immer wieder geäußerten Überzeugung, die 'wahre' Natur des Fronterlebnisses könne jenen nicht vermittelt werden, die diese Erfahrung nicht teilen. Dieser 'Unsagbarkeitstopos' erscheint paradox, steht er doch im Widerspruch zur schieren Fülle literarischer Zeugnisse über den Großen Krieg von 1914–1918, in denen überdies sehr häufig der Anspruch erhoben wird, die 'Wahrheit' über den Krieg zu berichten und so die falsifizierenden Bilder der Propaganda zu korrigieren. Auch widerspricht die Betonung der Nicht-Erzählbarkeit des Krieges der allgemeinen Erfahrung, wonach krisenhafte Erlebnisse zumeist einen 'narrative drive' generieren, also tatsächlich das Bedürfnis schaffen, sie zu erzählen. Im Fall von Memoiren und Romanen über den Ersten Weltkrieg bleibt dieser Widerspruch jedoch zumeist unaufgelöst.
Ebenso wie einzelne Menschen können auch ganze Nationen traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sein. Sie werden, nicht anders als Siege, in die identitätschaffenden nationalen Gründungsmythen eingearbeitet. Das Trauma deutscher Erniedrigung, das nach dem Zweiten Weltkrieg vom Trauma deutscher Täterschaft abgelöst wurde, war bis nach dem Ersten Weltkrieg, der jenes erste Trauma aktualisierte, der Dreißigjährige Krieg. Das war der längste Krieg in Deutschland, oder genauer: eine Reihe von Kriegen europäischer Großmächte auf deutschem Boden, die eine Spur der Verwüstung und Entvölkerung von der Ostsee bis in den deutschen Südwesten zogen. Dass Christenmenschen aufs barbarischste gegeneinander kämpften, erschütterte den christlichen Glauben bis in die Grundfesten.
Nations are signified by their constructed or mythicized cultural memory, since "identity is part of memory discourse". There are shared historical legacies in Southeast European countries, among which the most significant are Byzantium and the Ottoman Empire: "It has been chiefly the Ottoman elements or the ones perceived as such which have mostly given rise to the current stereotype of the Balkans, so that it would not be an exaggeration to say that the Balkans are, in fact, the Ottoman legacy." Contrary to it, the Habsburg legacy and the belonging to the Habsburg Monarchy have mainly not been seen in the same, negative way. Consequently, there are two different understandings of national identity and different strategies in defining self-representation in the (previous) provinces of the two empires, which is also explicated in Southeast European operas. The construction of Croatian national identity is considered through the stage representations of the historical Siege of Szigetvár (1566).
Der Begriff dessen, was Theater ist, hat sich in den letzten 20 Jahren sehr erweitert. Ich will zumindest einige der neuen Erscheinungsformen kurz skizzieren, weil sich mit ihnen die Wertung des Rollenbegriffs verändert hat. Der kompetenteste Chronist des Zustands, der Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann, nennt unser Theater 'postdramatisch', weil der Theatertext weithin kein dramatischer Text mehr ist, konstatiert aber natürlich, daß die älteren Ästhetiken weiterbestehen. Es gibt heute auf den Bühnen eine sehr pluralistische Koexistenz von Dramen, adaptierten Filmen und Romanen, szenisch umgesetzten Recherchen, Interviews, biografischen Narrationen, ungegliederten Textflächen, Shakespeares Sonetten, Marx' 'Kapital', Schillers 'Räubern' und des Märchens vom Geist in der Flasche … Wenn Sie als Literaturwissenschaftler und Soziologen ein Symposion zusammenrufen unter der Überschrift 'Person - Figur - Rolle - Typ', nehme ich an, daß es für Sie an diesen Begriffen etwas zu erörtern (zu retten, zu korrigieren, zu verwerfen) gibt. Das ist für mich als Praktiker nicht so. Diese Begriffe sind für uns unbeschadet ihres Alters unstrittig und werden benutzt wie die Werkzeugteile eines Baukastens. Es lohnt sich nicht, darüber zu reden. Worüber es sich zu reden lohnt, ist das, was dazugekommen ist.
The establishment of robust HCV cell culture systems and characterization of the viral life cycle provided the molecular basis for highly innovative, successful years in HCV drug development. With the identification of direct-acting antiviral agents (DAAs), such as NS3/4A protease inhibitors, NS5A replication complex inhibitors, nucleotide and non-nucleoside polymerase inhibitors, as well as host cell targeting agents, novel therapeutic strategies were established and competitively entered clinical testing. The first-in-class NS3/4A protease inhibitors telaprevir and boceprevir, approved in 2011, were recently outpaced by the pan-genotypic nucleotide polymerase inhibitor sofosbuvir that in combination with pegylated interferon and ribavirin, further shortens therapy durations and also offers the first interferon-free HCV treatment option. In the challenging race towards the goal of interferon-free HCV therapies, however, several oral DAA regimens without nucleotide polymerase inhibitors that combine a NS3/4A protease inhibitor, a NS5A inhibitor and/or a non-nucleoside polymerase inhibitor yielded competitive results. Second generation NS3/4A protease and NS5A inhibitors promise an improved genotypic coverage and a high resistance barrier. Results of novel DAA combination therapies without the backbone of a nucleotide polymerase inhibitor, as well as treatment strategies involving host targeting agents are reviewed herein.
Vorliegende Ausgabe der 'Mitteilungen der Hugo-von-Hofmannsthal-Geseellschaft' enthält u.a.:
Zum Tode von Ewald Rösch [Nachruf] / Lothar Pikulik und Günter Schnitzler
Hofmannsthals "Turm"-Dramen : Politik, Wissen und Kunst in der Zwischenkriegszeit ; Internationale Tagung der Hugo von Hofmannsthal-Gesellschaft, Universität Basel – 4. bis 6. September 2014 / Anna-Katharina Gisbertz
Wandverwandlung : Menzels "Haus im Abbruch" und Rilkes
"Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge"
(2014)
Die sogenannte Hauswand-Episode in Rilkes "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" wird von der Forschung seit einiger Zeit "als Bildbeschreibung" gelesen. Im konventionellen Vokabular der Ekphrasis - "da waren", "man sah", "man konnte sehen" - schildert Malte die "Innenseite" eines abgebrochenen Hauses: "Nicht [um] die erste Mauer der vorhandenen Häuser" geht es ihm, sondern [um] die letzte der früheren." Insbesondere wegen der detailreichen Nuancierung der "Farben" und der "Umrisse" gerät diese merkwürdige Innenseite zu einem jener erzählten Bilder, die für die "Aufzeichnungen" charakteristisch sind.
Die Passage zählt dadurch zum Inventar einer Intermedialitätsdebatte, die mit unterschiedlicher Akzentuierung den Ort dieser Poetologie der Bilder in der "bildobsessive[n] Zeit um 1900" zu bestimmen sucht. Was allerdings das Sujet des Abbruchhauses selbst betrifft, so wurde bisher trotzdem nicht nach einer möglichen Vorgeschichte in der Malerei gefragt. Adolph von Menzels Gouache "Haus im Abbruch" aus dem "Kinderalbum" (1863-1883) legt diese Frage jedoch nahe.
"Im Oktober 1904" bringt der Wiener Verlag in der kurz zuvor erst lancierten Buchreihe "Bibliothek moderner deutscher Autoren" als deren zweite Nummer eine auf 1905 vordatierte Sammlung von Prosatexten Hugo von Hofmannsthals auf den Markt. Eine kunstvoll gestaltete Ausgabe im zeitgemäßen Kostüm: Der in einer Breitkopf-Fraktur gesetzte Titel "Das Märchen der 672. Nacht" wird zusammen mit dem Autornamen auf dem Einband von zwei kolorierten, stark stilisierte männliche Gesichter vorstellenden Jugendstilornamenten umklammert. Drei Viertel des Raumes nimmt eine farbige, von Walter Hampel angefertigte Graphik ein, die der zeitgenössische Leser als Ausgestaltung eines wichtigen Motivs der titelgebenden Erzählung bestimmen konnte. Die Titelseite ist komplett von einer ausgebreitete Schmetterlingsflügel stilisierenden Graphik Bertold Löfflers in den Farben Blau und Schwarz grundiert, in die zwei Vignetten eingelassen sind mit den bibliographischen Angaben.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bereitete der privilegierten Villenexistenz, die Rudolf Borchardt seit 1906 in Italien geführt hatte, ein jähes Ende. Er stellte zugleich die moralische Autorität des Schriftstellers in Frage; denn der Verfasser der offen zum Krieg aufrufenden "Ballade von Tripolis" (1911), der aggressiv-militante "Spectator Germanicus" der "Süddeutschen Monatshefte" von 1912 hatte sich bis dahin erfolgreich um die Ableistung des Wehrdienstes gedrückt. Das erregte sogar den Unmut seiner Freunde, wie Alfred Walter Heymels Brief an Rudolf Alexander Schröder vom 21. September 1914 zeigt:
Wir wollen ruhig abwarten, aber wenn er [Borchardt] nach Ablauf dieses Krieges sich nicht gestellt hat, dann bin ich für meine Person fertig mit ihm und wenn seine philologischen, kritischen, rhetorischen Begabungen noch grösser wären als sie sind […]. Ich hoffe aber inbrünstig, dass sich alles aufklären wird und er längst als Freiwilliger gedrillt wird.
Tatsächlich hatte sich Borchardt schon am 2. August 1914 beim Deutschen Generalkonsul in Livorno freiwillig gestellt. Am 15. Oktober 1914 wurde er in Lörrach gemustert und dem 7. Badischen Infanterieregiment Nr. 142 Müllheim zugeteilt, wo er mit 37 Jahren die Grundausbildung als Musketier absolvierte. Er wurde am 29. Januar 1915 zum Gefreiten und eine Woche später zum Unteroffizier befördert; der dringend ersehnte und auf verschiedenen Wegen angestrebte Aufstieg zum 'standesgemäßen' Offiziersrang blieb Borchardt jedoch den ganzen Krieg über verwehrt. Die militärischen Stellen gelangten vielmehr schon bald zur Einschätzung, dass dieser Soldat vor allem - zum Reden tauge.
Als Rudolf Kassner Anfang Dezember 1900 nach zehnmonatigem Aufenthalt in Frankreich in die väterliche Wiener Wohnung nahe der Karlskirche zurückkehrt, lässt er knapp vier Wochen verstreichen, ehe er sich am 4. Januar 1901 brieflich bei Houston Stewart Chamberlain in Erinnerung bringt. Wie manchen anderen "geehrten und geschätzten Geistern" hatte er dem Autor des bewunderten Buchs "Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts" sein zu Jahrhundertbeginn bei Eugen Diederichs in Leipzig erschienenes Erstlingswerk "Die Mystik, die Künstler und das Leben" vom Verlag zusenden lassen und nach längerer Wartezeit am 13. Mai 1900 begeisterte Zustimmung erfahren. Noch in der ersten Januardekade 1901 betritt er das hochgelegene "Studierzimmer" in der Blümelgasse 17 und wird als "junger Schriftsteller und Gelehrter von seltener Begabung" sofort in den engeren Freundeskreis aufgenommen. Hier lernt er im Spätherbst desselben Jahres Hermann Graf Keyserling kennen. Der führt ihn nicht nur bei Hugo von Hofmannsthal in Rodaun ein, sondern auch in den "internationalen Salon der Fürstin Marie von Thurn und Taxis" in der Wiener Victorgasse 5a. Die erste Begegnung Kassners mit dem Fürstenpaar findet vermutlich Anfang 1902 statt, da die Fürstin "selten mit ihrem Train vor Weihnachten aus Lautschin" nach Wien "übersiedelt". Genauere Belege fehlen; doch dürfte der Besuch in eine gewisse zeitliche Nähe zum Treffen mit Hofmannsthal zu rücken sein, das für den 4. Dezember 1901 bezeugt ist. Die überlieferte Korrespondenz setzt im Frühjahr 1902 ein. Sie erstreckt sich über mehr als drei Jahrzehnte und liest sich, trotz erheblicher Lücken, die aus anderen Quellen, nicht zuletzt dem Briefwechsel zwischen der Fürstin und Rainer Maria Rilke, zu erschließen sind, als Dokument einer Lebensfreundschaft, die von ungeteilter, liebevoll verehrender Hochachtung getragen ist.
In der "Frankfurter Zeitung" erschien am 2. Oktober 1912 ein Interview, das Hofmannsthal anlässlich der Ernennung seines Jugendfreundes Clemens von Franckenstein (1875-1942) zum neuen Intendanten der Münchner Hoftheater gegeben hatte und das sich nun wiedergefunden hat. Der vorherige Generalintendant der Münchner Hoftheater, der 54-jährige Albert von Speidel, war am 1. September 1912 gestorben. Als sein Nachfolger wurde am 30. September 1912 überraschend der noch recht unbekannte 37-jährige Komponist und Dirigent Clemens von Franckenstein ernannt. Hofmannsthal, der sich zu dieser Zeit in München befand, wird in dem Interview ausführlich wörtlich zitiert, sagt aber in einem Brief an Franckenstein, der noch in Berlin weilte: "Es ist natürlich wie immer, alles etwas ungeschickt wiedergegeben".
Vor beinahe 100 Jahren, in den ersten Monaten des Ersten Weltkriegs, erschien am 10. Januar 1915 in der Berliner "Vossischen Zeitung" ein Aufsatz von Hugo von Hofmannsthal: "Wir Österreicher und Deutschland". Zu der Zeit arbeitete der Dichter in der Presseabteilung des Kriegsfürsorgeamtes und kämpfte, wie eine Journalistin im April 2014 formulierte, "mit Worten statt mit Waffen an der Seite Österreichs". Es mag daher verwunderlich erscheinen, dass Hofmannsthal gerade in diesem Kontext aus der Presseabteilung den Befehl erklingen ließ, es solle "über jedes Tor, das nach Österreich führt", geschrieben werden: "Hier oder nirgends ist Amerika." Obwohl Hofmannsthal zeitlebens nie amerikanischen Boden betritt, verkörperte das Land jenseits des Atlantiks für ihn das 'Junge' und 'Unverbrauchte'. Mit aufklärerischer Intention stützte er sich deshalb während des Weltkriegs auf den "Begriff eines europäischen Amerika", der zu einer Erneuerung der altehrwürdigen österreichischen Kultur beitragen möge. Nach dem Kollaps der Habsburgermonarchie jedoch behielt die Metapher "Amerika" ihre Bedeutsamkeit für den Dichter bei und gewann zudem sowohl an Relevanz als auch an Kontur.
Von 1922 bis 1928 war Hofmannsthal der Wien-Korrespondent für "The Dial" (1920-1929), die führende amerikanische literarische Monatsschrift der Zwischenkriegszeit. Die Zeitschrift druckte insgesamt neun Texte von Hofmannsthal auf Englisch: Sechs "Wiener Briefe" (1922, 1923, 1924, 1928); ausgewählte Aphorismen aus dem "Buch der Freunde" (1922); "Lucidor. Figuren zu einer ungeschriebenen Komödie" (1922); und eine geänderte Fassung seines "Balzac"-Aufsatzes (1925). Fünf der sechs "Vienna Letters" stellen sogar Erstveröffentlichungen Hofmannsthals dar.
Establishing coherent identity patterns for literary characters in novels is a difficult task. In this respect, we assume that readers rely on pre-stored cultural models in order to construct mental models of the text content, including character identity. By significantly extending the approach by Van Dijk and Kintsch and going beyond the related accounts of Schneider and of Culpeper, we aim to clarify the constitutive role of conceptual metaphor as proposed by Lakoff et al. in processes of literary identity construction. The analysis of a corpus of three contemporary novels supports our claim that conceptual metaphors and the mapping of domains involved interact with cultural models and connect text phenomena to such prior knowledge structures. On this basis, we provide an integrated model of literary identity construction which acknowledges the constitutive value of conceptual metaphors in literary identity construction.
Der Schauinsland – die Mobiliar - das Turm : das referentielle Genus bei Eigennamen und seine Genese
(2014)
Das Genus von Eigennamen verhält sich grundlegend anders als das von Appellativen. Im Zuge der Proprialisierung legen Eigennamen ihr appellativisch ererbtes Genus ab und entwickeln nach und nach ein eigenes, referentiell zugewiesenes Genus, das fest mit einer bestimmten Objektklasse verbunden ist (sieh die Kaiser Wilhelm als Schiff, das Kaiser Wilhelm als Hotel). Damit leisten die onymischen Genera einen echten Beitrag zur Klassifikation und bilden einen Fall von Degrammatikalisierung. Dieser Artikel untersucht die Entstehung und Festigung onymischer Genera am Beispiel von Namen für Flüsse, Berge, Restaurants und Hotels, Versicherungen, Banken, Fluggesellschaften, Autos, Motorräder und Konzerne und stellt das Prinzip eines onymischen Ikonismus auf.
Der Beitrag widmet sich bedrucktem Papier, das Müll geworden ist. Dabei wird den unterschiedlichen Gründen für die Müllwerdung von Texten nachgegangen: von technischen Mängeln bis zum Makel mangelnden Publikumsinteresses. Umgekehrt geht es aber auch um die Textwerdung von Papier-Müll: eine Operation, die an der Nullstufe intertextueller Produktivität zu beobachten ist- und die die Strukturenliterarischer Wert- und Unwert-Produktion sichtbar macht.
Emotional competence has an important influence on development in school. We hypothesized that reading and discussing children’s books with emotional content increases children’s emotional competence. To examine this assumption, we developed a literature-based intervention, named READING and FEELING, and tested it on 104 second and third graders in their after-school care center. Children who attended the same care center but did not participate in the emotion-centered literary program formed the control group (n = 104). Our goal was to promote emotional competence and to evaluate the effectiveness of the READING and FEELING program. Emotional competence variables were measured prior to the intervention and 9 weeks later, at the end of the program. Results revealed significant improvements in the emotional vocabulary, explicit emotional knowledge, and recognition of masked feelings. Regarding the treatment effect for detecting masked feelings, we found that boys benefited significantly more than girls. These findings underscore the assumption that children’s literature is an appropriate vehicle to support the development of emotional competence in middle childhood.
This study explored the organization of the semantic field and the conceptual structure of moving experiences by investigating German-language expressions referring to the emotional state of being moved. We used present and past participles of eight psychological verbs as primes in a free word-association task, as these grammatical forms place their conceptual focus on the eliciting situation and on the felt emotional state, respectively. By applying a taxonomy of basic knowledge types and computing the Cognitive Salience Index, we identified joy and sadness as key emotional ingredients of being moved, and significant life events and art experiences as main elicitors of this emotional state. Metric multidimensional scaling analyses of the semantic field revealed that the core terms designate a cluster of emotional states characterized by low degrees of arousal and slightly positive valence, the latter due to a nearly balanced representation of positive and negative elements in the conceptual structure of being moved.
Anlass für diese molekular-genetische Studie war der Verdacht, dass die seit 1986 bekannten und seitdem stark expandierten Populationen des Zwerg- Sonnenröschens (Fumana procumbens) im Naturschutzgebiet "Scheid bei Volkmarsen" in Nordhessen angesalbt wurden. Die Art war zuvor aus Nordhessen nicht gemeldet; lediglich in Südhessen waren isolierte Vorkommen auf kalkreichen Sanddünen bekannt. Eine Split-Netzwerk-Analyse basierend auf AFLP-Profilen von 69 Individuen an acht Lokalitäten konnte aufdecken, dass sich die südhessischen und französischen Populationen im Netzwerk jeweils klar als eigene Gruppen abgrenzen, während sich die nordhessischen Individuen mit den thüringischen, sachsen-anhaltinischen und gotländischen Aufsammlungen mischen. Die Frage nach der Ansalbung der Bestände lässt sich durch die Studie nicht beantworten. Wurde angesalbt, dann stammte das Ausgangsmaterial höchstwahrscheinlich aus den östlich sich anschließenden Populationen.
Seit dem Erscheinen der als Beiheft 11 publizierten "Letzten Nachweise der in Hessen ausgestorbenen oder verschollenen Pflanzenarten" und der im vorigen Heft von "Botanik und Naturschutz in Hessen" nachgetragenen Funde konnten weitere Angaben zu ehemaligen Vorkommen in Hessen durch Auswertung von gedruckten Quellen und Sichtung von Herbarbelegen gewonnen werden. Eine Art, Wolffia arrhiza, konnte inzwischen wiedergefunden werden. Außerdem ergeben sich Erstnachweise für Vorkommen auf bislang nicht genannten TK-Quadranten.
Die hessischen Vorkommen des Elsässer Haarstrangs (Peucedanum alsaticum) wurden 2013 bei einer umfassenden Bestandsaufnahme erfasst. Nur bei Wiesbaden- Kastel und im Gebiet zwischen der Mainspitze und Groß-Gerau konnten Bestände gefunden werden. Da auch in der jüngeren Vergangenheit Wuchsorte verloren gingen, ist es notwendig, die verbliebenen Bestände durch geeignete Maßnahmen zu sichern und zu erhalten.
Das Herbar von Theodor Beyer, separat gelagert in Marburg (MB), wurde analysiert mit Blick auf Belege aus Hessen. Unter etlichen Tausend Belegen befinden sich auch 1336 Belege aus Hessen, darunter 746 von Theodor Beyer zwischen 1818 und 1827 gesammelte. Weitere bedeutende Sammler aus diesem Raum sind Wilhelm Gärtner und Gottfried Gärtner. Angaben zur Biographie von Theodor Beyer werden gemacht. Die Belege wurden überwiegend um Frankfurt am Main und Hanau gesammelt. Unser Wissen über die ehemalige Verbreitung der hessischen Pflanzen wird durch Belege von Sesleria caerulea, Erstfund für die Region Südwest, Viola elatior, erster sicherer Nachweis für die Untermainebene, oder Belege der Unbeständigen Cyclospermum leptophyllum und Urtica pilulifera erweitert.
Buchbesprechungen
(2014)
Es werden folgende Publikation rezensiert: Baumbach & Pfützenreuter: Steppenlebensräume Europas, Beil et al.: Die Sand-Silberscharte in Hessen, Bönsel et al.: Naturschätze in Gießen, Bönsel et al.: Von Venuskamm, Finkensame und Hasenohr, Bönsel et al.: Die Pflanzenwelt im Westerwald, Hodvina: Die Pflanzenaquarelle des Emil Pfeiffer, Jenrich et al.: Das Rote Moor, Lange: Blütenzauber, Magistrat der Stadt Offenbach am Main: Lebensräume und Artenvielfalt in Offenbach, Schmidt & Meyer: Hessische Naturwaldreservate im Portrait: Kinzigaue.
Die Fundmeldungen in Band 27 von Botanik und Naturschutz in Hessen stammen von: Ralf Angersbach, Annemarie Bähr, Karsten Böger, Dirk Bönsel, Wolfgang Ehmke, Marion Eichler, Christian Feuring, Hans-Joachim Flügel, Thomas Gregor, Heinz Kalheber, Iva Krausova, Hasko Friedrich Nesemann, Uwe Raabe, Susanne Raehse & Bernd Sauerwein, Bernd Sauerwein, Indra Starke-Ottich, Koloman Stich, Michael Uebeler und Franziska Walther.
Die Mitte der 1990er Jahre erfolgte Erfassung von Sedum villosum in Hessen wurde wiederholt. Die Vorkommen in der Rhön sind durch verringerte Weideintensität rückläufig. Ein Vorkommen ist hier offenbar erloschen. Das Vorkommen im Unteren Vogelsberg besteht weiterhin, obwohl die Standortbedingungen an einer Waldstraße ungünstig erscheinen. Das Vorkommen im Vorderen Vogelsberg ist erloschen. Ein zwischenzeitlich entdecktes Vorkommen in der Westhessischen Senke bei Alsfeld auf einem Basaltweg ist stabil; allerdings ist die Zukunftsprognose für dieses Vorkommen auf Grund von Brache negativ. Über die ersten Erfahrungen bei der Wiederansiedlung aus einer Erhaltungskultur wird berichtet.
The radiative capture cross section of 238U is very important for the developing of new reactor technologies and the safety of existing ones. Here the preliminary results of the 238U(n,γ) cross section measurement performed at n_TOF with C6D6 scintillation detectors are presented, paying particular attention to data reduction and background subtraction.
Background: Recent studies have suggested substantial fluctuations of cognitive performance in adults both across and within days, but very little is known about such fluctuations in children. Children's sleep behavior might have an important influence on their daily cognitive resources, but so far this has not been investigated in terms of naturally occurring within-person variations in children's everyday lives.
Methods: In an ambulatory assessment study, 110 elementary school children (8–11 years old) completed sleep items and working memory tasks on smartphones several times per day in school and at home for 4 weeks. Parents provided general information about the children and their sleep habits.
Results: We identified substantial fluctuations in the children's daily cognitive performance, self-reported nightly sleep quality, time in bed, and daytime tiredness. All three facets were predictive of performance fluctuations in children's school and daily life. Sleep quality and time in bed were predictive of performance in the morning, and afternoon performance was related to current tiredness. The children with a lower average performance level showed a higher within-person coupling between morning performance and sleep quality.
Conclusions: Our findings contribute important insights regarding a potential source of performance fluctuations in children. The effect of varying cognitive resources should be investigated further because it might impact children's daily social, emotional, and learning-related functioning. Theories about children's cognitive and educational development should consider fluctuations on micro-longitudinal scales (e.g., day-to-day) to identify possible mechanisms behind long-term changes.
Wir führten eine Auswertung von 45 Vegetationsaufnahmen aus den beiden im Alpenraum gelegenen Schwerpunktreservaten „Totengraben“ (im FFH-Gebiet „Mangfallgebirge“) und „Wettersteinwald“ (im FFH-Gebiet „Wettersteingebirge“) durch. Ziel der Auswertung war eine operationale, staatenübergreifende Waldtypisierung auf pflanzensoziologischer, naturschutzfachlicher und standortsökologischer Basis. Auf Grundlage des bayerischen Naturwaldreservatforschungskonzeptes wurden in repräsentativen Kernflächen beider Reservate je 6 Vegetationsaufnahmen neu erhoben und zusammen mit bereits vorliegenden Daten verarbeitet. Die beiden Schwerpunktreservate repräsentieren ein Spektrum aus hochmontanen Bergmischwäldern, tiefsubalpinen Fichtenwäldern und hochsubalpinem Zirbenwald. Die Naturnähe ist v.a. nahe der alpinen Waldgrenze durch almwirtschaftliche Nutzung (Schwendung, Beweidung) reduziert und führte zur Ausbreitung von sekundären Alpenrosen-Latschengebüschen. Die Befunde ermöglichen Ableitungen für ein differenziertes Nutzungs- und Schutzkonzept außerhalb der Reservate, besonders für die umgebenden FFH-Gebiete. Die Bergmischwald- und Fichtenwald-Typen frischerer Standorte zeigen nach ihrem Standortspotenzial eine geringe Empfindlichkeit gegenüber Biomassenutzung. Außerhalb der Reservate ist für diese Typen eine multifunktionale nachhaltige Waldbewirtschaftung möglich, sofern einige kleinere Bestände mit sensiblen Reliktarten-Vorkommen als Refugien, Trittsteinbiotope und Spenderflächen ungenutzt bleiben. Die gegenüber Biomassenutzung sehr empfindlichen Karbonat-Bergmischwälder flachgründiger, mäßig trockener Standorte und die hochsubalpinen Zirbenwälder, bedürfen eines besonders schonenden „minimum intervention-“ bis hin zu einem „non-intervention management“. Typenbezogene Handlungsprioritäten können mittels des geographischen Informationssystems WINALP in die Gesamtfläche ihrer Vorkommen gebracht werden.
Der Wald wird häufig als ein natürliches Landschaftselement wahrgenommen, das im Gegensatz zu anderen, anthropogen begründeten Flächennutzungsarten über sehr lange Zeiträume besteht. Im Ergebnis einer seit Jahrhunderten andauernden Landnutzungsgeschichte hat sich aber auch der Wald in Mitteleuropa in seinem strukturellen Aufbau stark gewandelt. Anhand historischer und aktueller Forsteinrichtungswerke sowie weiterer historischer topographischer Karten wurden diese Veränderungen für die vergangenen zwei Jahrhunderte am Beispiel der Nationalparkregion Sächsische Schweiz flächengenau untersucht. Die wesentlichen Ziele der Studie bestanden darin, die Eignung der historischen Kartenwerke zur Forsteinrichtung für eine digitale Aufbereitung zu prüfen und den aus dieser Datenbasis ableitbaren Erkenntnisgewinn zu den strukturellen Veränderungen in den Wäldern zu ermitteln. Die Erkenntnisse wurden mit Ergebnissen zu räumlichen Veränderungen der Waldbedeckung in der Sächsischen Schweiz verknüpft. Die Ergebnisse zeigen, dass auf der erstellten Datengrundlage räumlich-statistische Analysen zur Waldentwicklung möglich sind, insbesondere quantitative aber auch qualitative Aussagen zu den strukturellen Veränderungen sowie zum Wandel der Nutzungsstrukturen. Analysen auf Basis von historischen topographischen Karten zeigen, dass der Waldanteil von 1780 bis heute von 60 % auf 56 % nur wenig abnahm. Deutlich werden jedoch örtlich großflächige Abnahmen an den Rändern der Rodungsinseln sowie eine Abnahme kleinerer Waldflächen des Offenlandes. Dem gegenüber stehen Zunahmen durch die Aufforstung offener Bereiche innerhalb großer geschlossener Waldbereiche. Aus dem Vergleich der berechneten Flächenanteile einzelner Altersklassen und Baumartengruppen aus den Forsteinrichtungskarten waren Entwicklungen wie die Zunahme der Altbestände im Bereich des Nationalparks Sächsische Schweiz oder die Abnahme der Weißtannenbestände in der Nationalparkregion quantitativ erfassbar. Für Erkenntnisse zu den Veränderungen in der Baumartenzusammensetzung wurden flächengenaue Analysen durchgeführt, die es beispielsweise ermöglichen, die Entwicklung der gegenwärtig sehr geringen Verbreitung der Weißtanne zu rekonstruieren. Es sind auf dieser Grundlage genaue Aussagen möglich, welche Baumarten an die Stelle der historischen Vorkommen der Weißtanne getreten sind. Die Ergebnisse belegen, dass die Intensivierung der Forstwirtschaft zu Beginn des letzten Jahrhunderts zu wenig standortgerechten Wäldern geführt hat. Mittlerweile zeigt sich eine deutliche Annäherung der Baumarten- und Alterszusammensetzung an einen naturnäheren Zustand. Ein wesentlicher Wert solcher Untersuchungen liegt darin, dass die Zielformulierungen für Waldflächen anhand der generierten Informationen überprüft und die Pflege- und Entwicklungsplanung der Wälder unterstützt werden können.
Der Eintrag starker anorganischer Säuren in Wälder führte zu tiefen pH-Werten und hohen Al3+-Konzentrationen im Boden. Dem versuchte man in Deutschland seit den 1980er Jahren durch Kalkung unter Verwendung dolomitischer Kalke zu begegnen. In den ersten Jahren nach Kalkung werden organische Auflagen abgebaut und die darin enthaltenen Nährstoffe, v. a. Stickstoff (N), mobilisiert und teils im humosen Oberboden gespeichert, teils aufgenommen, teils ins Grundwasser ausgewaschen. Die Bodenvegetation reagiert auf Kalkungmit einer Zunahme an nährstoff- und stickstoffliebenden Arten, Azidophyten gehen zurück. Die Artenzusammensetzung von Mykorrhizapilzen und Bodenfauna verändern sich vollständig. Die Baumwurzeln ziehen sich in den mineralischen Oberboden zurück. Bis die basischen Kationen eine Tiefe von 30 cm erreichen, vergehen viele Jahre. Seit 1990 gingen die Depositionen an Schwefel (S) stark zurück, doch der N-Eintrag blieb bis heute auf hohem Niveau. In Nadelbaumbeständen ist der N-Eintrag wesentlich höher als in Laubwäldern oder im Freiland. Hohe N-Einträge tragen zur fortdauernden Bodenversauerung bei, zugleich eutrophieren sie Waldökosysteme, welche von Natur aus N-limitiert sind. Das verstärkte Wachstum der Waldbestände zieht einen erhöhten Bedarf an anderen Nährstoffen nach sich. In vielen Wäldern wird die kritische Belastungsgrenze („critical load“) des Eintrags von ca. 10 bis 20 kg N ha-1 a-1 überschritten. Solche Wälder werden mit N übersättigt und geben überschüssiges Nitrat, das nicht im Humus eingebaut oder von der Waldvegetation aufgenommen wird, ans Grundwasser ab. Bis heute werden in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und neuerdings Sachsen-Anhalt große Waldflächen mit drei bis vier Tonnen dolomitischem Kalk pro Hektar und Jahrzehnt gekalkt. Ziel ist es, eine weitere säurebedingte Verwitterung von Tonmineralen zu verhindern und die Vitalität der Waldbestände zu erhöhen. Oftmals werden dem Kalk auch Phosphor- (P) und/oder Kaliumverbindungen (K) beigemengt. Bayern, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verzichten auf Waldkalkungen oder wenden sie nur in sehr spezifischen Fällen an. Die mitteleuropäischen Hauptbaumarten Buche, Fichte, Wald-Kiefer, Tanne und Eichen sind dort ähnlich vital, da diese edaphisch eine weite ökologische Amplitude besitzen. Analysen von Blatt- und Nadelspiegeln belegen eine geringe, doch ausreichende Nährelementversorgung selbst auf den sauersten Waldböden. Heute stellt nicht Bodenversauerung, sondern N-Eutrophierung (und Klimawandel) die Hauptgefährdung der Waldökosysteme dar. Eutrophierung gefährdet die Lebensgemeinschaften auf schwach gepufferten Böden in besonderem Maße, insbesondere oligotrophe Kiefern- und Eichenwälder. Kalkung in eutrophierten Wäldern wirkt der Versauerung entgegen und führt langfristig zu tieferer Durchwurzelung. Zugleich jedoch verbessert sie angesichts hohen N-Eintrags die Verfügbarkeit limitierender Nährstoffe und verstärkt dadurch die Auswirkungen der Eutrophierung. Daher fällt die Bewertung der Kalkung ambivalent aus. Nur eine Reduzierung des N-Eintrags stellt eine wirklich gute Lösung dar. Aus Naturschutzsicht besonders bedenklich ist Waldkalkung auf natürlich basenarmen Substraten und ihren oligotraphenten Lebensgemeinschaften. Deren Habitate müssen durch Pufferzonen und angepasste Verabreichungstechniken gegen Kalkeinträge geschützt werden. Auf bestimmten mesotrophen, aber versauerungsanfälligen Lehmböden kann Kalkung fallweise toleriert werden. Die Anreicherung mit P und K entspricht einer Düngung und ist daher nicht akzeptabel. Um die Auswirkungen von Waldkalkung abwägen zu können, sollten ausreichend große ungekalkte Kontrollflächen ausgewiesen werden. Angesichts eines heute relativ hohen Waldwachstums sollte eine weitere Förderung von Waldkalkung überdacht werden.
Prof. Dr. Ernst Ehwald gehört zu den herausragenden deutschen Bodenkundlern des 20. Jahrhunderts. Er sah die Bodenkunde nicht in enger fachlicher Gebundenheit, sondern vielmehr in einem umfassenderen, nach wie vor gültigen Ansatz vom „Wesen des Bodens". Mit seinen Beiträgen zur Weiterentwicklung der Wissenschaft vom Boden als Ganzes bzw. zu Teilgebieten wie der Bodengenetik und der Bodensystematik oder der Geschichte der Bodenkunde hat er sich bleibende Verdienste erworben. Seine wissenschaftlichen Arbeiten zeichnen sich durch äußerste Klarheit in Problemstellung, Argumentation und Diktion aus, stets untersetzt durch sein umfassendes Wissen auch in Nachbardisziplinen und einem beeindruckenden Literaturhintergrund. Dazu hatte er als Wissensspeicher eine umfangreiche Literaturkartei nach einem selbst entwickelten Schlüssel mit handgeschriebenen Karteikarten angelegt, die auch zusätzliche Angaben und Notizen enthielten. Ehwald war ein anspruchsvoller akademischer Lehrer mit großer Ausstrahlungskraft. Er wirkte als Direktor des Eberswalder Instituts für Bodenkunde in der Schicklerstraße 3 sowohl im nationalen wie auch im internationalen Rahmen als ein stets akzeptierter Impulsgeber und Koordinator. Er prägte damit nicht nur die Boden- und Standortkunde der DDR entscheidend, sondern wirkte ebenso im gesamtdeutschen wie im internationalen Kreis der Bodenkundler. Er war Ehrenmitglied der Bodenkundlichen Gesellschaft der DDR und der sowjetischen Allunionsgesellschaft für Bodenkunde. Die Kontakte in westlicher Richtung einschließlich der privaten Beziehungen wurden indes von den Verantwortlichen der Landwirtschaftsakademie mit Misstrauen beobachtet und schließlich geahndet.
Die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist in Deutschland seit fast zehn Jahren Gegenstand einer intensiven Fachdiskussion. Zuletzt hat sich ein Forschungsprojekt im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit dieser Frage beschäftigt und eine Fachkonvention für den Projekttyp Straße erarbeitet. Diese Fachkonvention, die auch auf andere Projekttypen übertragbar ist, basiert grundsätzlich auf dem Maßstab der Critical Loads zur Beschreibung der Empfindlichkeit von FFH-Lebensräumen gegenüber Stickstoffeintrag. Liegt die gebietsspezifische Gesamtbelastung mit Stickstoffeinträgen über dem standort- und vegetationstypspezifisch zu ermittelnden Critical Load, so wird für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ein mehrstufiges Schwellenwertkonzept zur Bestimmung von irrelevanten bzw. bagatellhaften Zusatzbelastungen empfohlen: Unterschieden wird ein vorhabenbezogenes absolutes Abschneidekriterium von 0,3 kg N ha-1a-1 und eine rezeptorbezogene Bagatellschwelle von 3% des jeweiligen Critical Loads. Beide Schwellenwerte sind als sehr niedrig und der Zielsetzung der FFH-Richtlinie entsprechend vorsorgeorientiert einzustufen.Mit dem Bewertungsansatz werden alle Anforderungen, die sich aus den fachlichen und rechtlichen Maßstäben für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ergeben, berücksichtigt. Zugleich handelt es sich um einen praxistauglichen Bewertungsansatz, der auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt. Das vorhabenbezogene Abschneidekriterium soll für jedes zu genehmigende Vorhaben gelten. Für die Größenordnung von 0,3kg N ha-1a-1 für den vorhabenbezogenen Stickstoffeintrag in ein FFH-Gebiet sprechen verschiedene Argumente: Einträge in dieser Größenordnung liegen deutlich unterhalb der messtechnischen Erfassbarkeit und deutlich unterhalb jeder bekannten Schwelle von Zusatzbelastungen, die negative Wirkungen für die Biodiversität auslösen können; unterhalb dieser Größenordnung ist eine Ermittlung von Belastungen und Beeinträchtigungen mit derzeit verfügbaren Modellen und Eingangsdaten auch aufgrund der Unsicherheiten und fehlenden statistischen Signifikanz nicht mehr sinnvoll möglich. Zusatzbelastungen eines Vorhabens in dieser Größenordnung stellen somit lediglich ein theoretisches Risiko dar und können keine erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der FFH-RL auslösen. Somit können auch nur diejenigen projektbezogenen Zusatzbelastungen, die oberhalb dieses Abschneidekriteriums liegen, für eine kumulative Prüfung mit weiteren Projekten und deren gemeinsamer Wirkung geprüft werden. Die Bagatellschwelle von 3% des Critical Loads wird demgegenüber gebietsbezogen angewendet und kann daher auch durch das Zusammenwirken mehrerer einzelner Vorhaben überschritten werden. Die Anwendung soll unabhängig von der Höhe der Überschreitung der Critical Loads in der Gesamtbelastung möglich sein. Die Bagatellschwelle ist an der spezifischen Stickstoffempfindlichkeit der FFH Lebensräume, die durch die Critical Loads vorsorgeorientiert beschrieben wird, ausgerichtet. Eine Auswertung der Ergebnisse der Wirkungsforschung, insbesondere zu Randeffekten entlang von Straßen, hat ergeben, dass der Wert von 3% des maßgeblichen Critical Loads sicher unterhalb von feststellbaren negativen Wirkungen auf den Erhaltungszustand von FFH-Lebensräumen liegt.
Electromagnetic calorimeter (ECAL) is being developed to complement dilepton spectrometer HADES. ECAL will enable the HADES@FAIR experiment to measure data on neutral meson production in heavy ion collisions at the energy range of 2-10 AGeV on the beam of future accelerator SIS100@FAIR. We will report results of the last beam test with quasi-monoenergetic photons carried out in MAMI facility at Johannes Gutenberg Universität Mainz.
The quark gluon plasma produced in heavy ion collisions behaves like an almost ideal fluid described by viscous hydrodynamics with a number of transport coefficients. The second order coefficient κ is related to a Euclidean correlator of the energy-momentum tensor at vanishing frequency and low momentum. This allows for a lattice determination without maximum entropy methods or modelling, but the required lattice sizes represent a formidable challenge. We calculate κ in leading order lattice perturbation theory and simulations on 1203 × 6, 8 lattices with a < 0.1 fm. In the temperature range 2Tc − 10Tc we find κ = 0.36(15)T2. The error covers both a suitably rescaled AdS/CFT prediction as well as, remarkably, the result of leading order perturbation theory. This suggests that appropriate noise reduction methods on the lattice and NLO perturbative calculations could provide an accurate QCD prediction in the near future.
With its broad spectrum of cults and coexisting religions Graeco-Roman antiquity seems, at first glance, to be the embodiment of religious freedom. Yet, a closer analysis shows that a concept of tolerance or the idea of religious freedom did not exist. Political institutions could easily suppress religious practices that were regarded as offensive. Fighting against the oppression of Christians appears to have increased under the influence of oecumenical paganism during the reign of the Severans. In this time, the Christian thinkerTertullian discovered and articulated the concept of religious freedom. However, he did not do so emphatically and the concept was not very successful in antiquity. With the Christianization of the Roman Empire it disappeared soon, although its rediscovery in later epochs contributed heavily to the formation of the European norm of religious freedom.
We demonstrate high-density labelling of cellular DNA and RNA using click chemistry and perform confocal and super-resolution microscopy. We visualize the crescent and ring-like structure of densely packed RNA in nucleoli. We further demonstrate click chemistry with unnatural amino acids for super-resolution imaging of outer-membrane proteins of E. coli.
Causality assessment of suspected drug induced liver injury (DILI) and herb induced liver injury (HILI) is hampered by the lack of a standardized approach to be used by attending physicians and at various subsequent evaluating levels. The aim of this review was to analyze the suitability of the liver specific Council for International Organizations of Medical Sciences (CIOMS) scale as a standard tool for causality assessment in DILI and HILI cases. PubMed database was searched for the following terms: drug induced liver injury; herb induced liver injury; DILI causality assessment; and HILI causality assessment. The strength of the CIOMS lies in its potential as a standardized scale for DILI and HILI causality assessment. Other advantages include its liver specificity and its validation for hepatotoxicity with excellent sensitivity, specificity and predictive validity, based on cases with a positive reexposure test. This scale allows prospective collection of all relevant data required for a valid causality assessment. It does not require expert knowledge in hepatotoxicity and its results may subsequently be refined. Weaknesses of the CIOMS scale include the limited exclusion of alternative causes and qualitatively graded risk factors. In conclusion, CIOMS appears to be suitable as a standard scale for attending physicians, regulatory agencies, expert panels and other scientists to provide a standardized, reproducible causality assessment in suspected DILI and HILI cases, applicable primarily at all assessing levels involved.