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Friedrich Hassaurek
(1885)
Um die Voraussetzungen für Heckers Wirken in Baden und das liberale Klima jener Zeit besser zu veranschaulichen, ist eine Betrachtung des Staats-Lexikons angebracht. Die Unterschiede zwischen den beiden ersten Auflagen, die im Deutschen Bund nicht veröffentlicht werden durften und der dritten Auflage sind geradezu umwälzend, sie veranschaulichen, warum das politische Klima des Vormärz nach der 1848er Revolution zum Erliegen kam. Das von Rotteck für die erste Auflage verfasste Vorwort (1834) sieht dessen Aufgabe darin, eine breite Menge der Bürger, Gelehrten und Gebildeten zu belehren und den gemeinen Menschenverstand zu schärfen.
Friedrich Heiler und Indien
(1997)
Von F. Max Müller (1823-1900), dem englischen, deutschgebürtigen Religionsforscher und Herausgeber der "Sacred Books of the East", den Friedrich Heiler sehr verehrte, wird erzählt, er habe fast täglich das Bild der heiligen Stadt Benares auf seiner Tabaksdose meditiert. Nach Indien gefahren sei er aber nie, um sich nicht der häßlichen Alltagswirklichkeit des Subkontinents auszusetzen. Heiler dagegen war in Indien, und zwar während seiner achtmonatigen Ostasienreise (1958/59). Hier soll aber nicht Heilers Begegnung mit dem "Wunderland" Indien, in dessen Bann so viele Indienfahrer in diesem Jahrhundert (wie z.B. W. Bonsels, Hermann Hesse u.a.) standen, geschildert werden. Im Mittelpunkt wird vielmehr Heilers Bild der Indischen Religion stehen, mit der er sich in zahlreichen Untersuchungen auseinandergesetzt hat. Heiler gebraucht übrigens stets den Plural für die Religion des Subkontinents. "Indische Religionen und Buddhismus" war eine seiner Lieblingsvorlesungen. Während er 45 Minuten lang seinen Text vortrug, pflegte er mehrmals die Tafel mit Sanskritwörtern vollzuschreiben, sicher ein besonderes Merkmal des Heilerschen Forschungsansatzes: Fremde Religion erschloß sich ihm über Texte, d.h. über Sprache. Der gelernte Orientalist, der neben Sanskrit, Pali und Arabisch auch Hethitisch, Avestisch, Ägyptisch, Koptisch u.a. beherrschte, hat im Gegensatz zu Rudolf Otto keine Originaltexte übersetzt und im Druck herausgebracht. Aber er war ein intimer Kenner der entsprechenden Quellentexte, die er in Einzeluntersuchungen wie im Überblick dargestellt hat, z.B. in dem (mit anderen Forschern verfaßten) bekannten Werk "Die Religionen der Menschheit in Vergangenheit und Gegenwart" [1], wo er die "Indischen Religionen" wie folgt unterteilt: "Die vedische Religion", "Die Religion der priesterlichen Ritualtexte", "Die Erlösungsmystik der Upanishaden", "Die Übungsmystik des Yoga", "Die Erlösungslehre des Samkya", "Die heterodoxen Erlösungsgemeinschaften (A. Der Jainismus; B. Der Buddhismus)", "Die nachbuddhistischen Religionen Indiens (Der Hinduismus)". ...
Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich (aber mit Anschließbarkeit an einige bisherige Interpretationsansätze, wie etwa den von Martel [2004]) gemäß dem narratologischen Analysekonzept auf das Gedicht als Reflexionsprozess (und der schließlich damit verbundenen Reflexion von Dichtung) im Rahmen der Imaginations- und Erinnerungsthematik, die bereits mit der Überschrift „Andenken“ angesprochen wird. Auf eine ausführliche Auseinandersetzung mit anderen (insbesondere primär philosophisch-metaphysischen) Deutungsansätzen wird verzichtet.
Im Blickpunkt der Arbeit steht die Historiografie der Unternehmungen Friedrich I. Barbarossas 1154-1158 in der Lombardei. Während der hochgebildete Bischof Otto von Freising ein reges Forschungsinteresse darstellt, sind seine beiden Zeitgenossen, die eigenständige Berichte über die Ereignisse verfassten, in der Forschung weitestgehend unberücksichtigt geblieben. Durch einen Vergleich der 'Gesta' Bischofs Otto von Freising, des 'Libellus' des Lodesen Otto Morena und der 'Narratio' eines anonymen Schreibers aus Mailand zeigt diese Arbeit die Absichten der Autoren auf und fragt, inwieweit die sich widersprechenden Schilderungen als "alternativen Fakten" aufgefasst werden können.
Nach einem Abriss über den Begriff der "alternativen Fakten", dem im Zuge der Präsidentschaft von Donald Trump Aufmerksamkeit zuteilwurde und der hier als unbewusst oder bewusst erfolgte Verformung verstanden wird, der neuzeitlichen Rezeption Barbarossas sowie einer zeitlichen und räumlichen Einordnung werden die "Ausgangslagen" der Autoren betrachtet. Die Entstehung der 'Gesta' und ihr Verhältnis zu Ottos erstem Werk sind umstritten. Es zeigt sich, dass die Positionen Ottos von Freising und Otto Morenas kaiserfreundliche, diejenige des Mailänders Autors eine kaiserfeindliche Absicht erwarten lassen.
Eine kleinteilige Betrachtung der Vorworte/Prologe der Werke offenbart die selbst geäußerten Absichten. Die Anlehnung der 'Gesta' Ottos von Freising an einen durch oder im Auftrag Barbarossas verfassten Tatenbericht sowie seine Lobpreisungen des Kaisers stellen eine Färbung der Darstellung in Aussicht. Auch bei Otto Morena zeigt sich eine starke Verbundenheit zum Kaiser, die Zweifel an der Neutralität seines Werkes aufkommen lassen muss. Der anonyme Autor aus Mailand bekennt ausdrücklich, zum Nutzen der Nachwelt zu schreiben und reiht die Zerstörung Mailands 1162 als Endpunkt einer weitzurückreichenden Opfernarrative ein. Auch wenn ausdrückliche Ausfälle gegen den Kaiser unterbleiben, sind starke Zweifel an einer neutralen Darstellung angezeigt.
Die Beschäftigung mit den Ereignissen des Jahres 1154 zeigt "alternative" Darstellungen: Die Darstellung Ottos von Freising hält sich an die kaiserliche Vorlage und ist im Sinne des Kaisers gehalten, was sich auch bei Otto Morena zeigt, der darüber hinaus die Rolle Lodis betont. Die Mailänder "Gegendarstellung" hingegen lastet negative Ereignisse ausschließlich Barbarossa an.
Otto von Freising betont die lange geplante Kaiserkrönung in Rom und den Feldzug gegen die Normannen als Ausgangspunkt des ersten Italienzuges. Otto Morena legt den Beginn des Disputs zwischen Barbarossa und den Mailändern auf die Versammlung des Hofes in Konstanz, wo Klagen zweier Lodesen Anlass zu Friedrichs erstem Italienzug gegeben hätten. Der Anonymus aus Mailand wirft Barbarossa vor, mit dem Ziel der militärischen Unterwerfung aufgebrochen zu sein.
Otto von Freising übernahm die Darstellung Barbarossas von einem Bestechungsversuch der Mailänder, deren Konsuln anschließend seinen Zug durch verödete Landschaften geführt hätten, was auch Otto Morena zu berichten weiß. Der Mailänder Schreiber verschweigt dies und erzählt stattdessen von Misshandlungen der Mailänder durch das königliche Gefolge. Die Erstürmung der Burg Rosate stilisiert er als unbegründeten Gewaltakt, während die Schreiber aus Lodi und Freising rechtfertigend argumentieren.
Die unabhängig überlieferte 'Conventio', die 1158 nach der Belagerung Mailands zwischen der Stadt und dem Kaiser geschlossen wurde, beinhaltete neben Strafbestimmungen die Anerkennung der Hoheit des Kaisers unter Wahrung der kommunalen Herrschaftsform. Während Otto Morena ihre Bestimmungen nur höchst unvollständig wiedergab, sodass der Schluss naheliegt, dass er sie nicht kannte, lieferte der Mailänder Anonymus durch gezielte Auslassungen und Verfälschung ihrer Bestimmungen erneut "alternative Fakten" und erweckte den Anschein einer Rückkehr zu den "kaiserfernen" Jahren vor Barbarossa.
Bei genauer Betrachtung der auf dem Hoftag von Roncaglia 1158 festgestellten 'lex omnis iurisdictio' wird deutlich, dass diese entgegen der bisherigen Forschungsmeinung keinen Bruch der 'Conventio' darstellte. Eine Konfrontation der Darstellungen der Ereignisse im Januar 1159 in Mailand mit dem Augenzeugenberichts Vinzenz' von Prag zeigt, dass Otto Morena erneut nur knapp berichtet. Der Anonymus hingegen liefert eine "alternative" Darstellung, nach der die Gesandten des Kaisers gekommen waren, um das Recht zu brechen. Diese Tendenziösität wird auch bei der Einnahme der Burg Trezzo deutlich, über die ein Bericht von Ottos einstigem Kaplan Rahewin vorliegt.
Die Darstellungen offenbaren, dass ihre Autoren ihre Texte gezielt einzusetzen gedachten und so zu Produzenten "alternativen Fakten" wurden. Für den Historiker zeigt sich einmal mehr die Wichtigkeit einer quellenkritischen Arbeitsweise, wie sie Johannes Fried in seiner "Memorik" eindrucksvoll vertrat.
Friedrich (Fred) Kaskeline, geb. 1863 in Prag, war Schüler der Akademie in Wien unter dem Historien- und Porträtmaler Christian Griepenkerl. Er arbeitete als Illustrator des humoristisch-satirischen Wiener Arbeiterblattes "Glühlichter" (1889/90-1915) und war in Berlin Repräsentant und Spezialzeichner der illustrierten Journale "The Graphic" und "The Daily Graphic" (London). Im Ersten Weltkrieg schuf er Propagandagraphik, in den 20er Jahren stammen von ihm zahlreiche, sehr unterschiedliche Postkarten: modische, teils witzige, teils frivole Künstlerpostkarten, die auch in England Erfolg hatten, sowie Silhouetten mit diversen Themen (z.B. "Mein schönes Fräulein, darf ich's wagen?"). Aus dieser Schaffenszeit stammen wohl auch die Faust-Illustrationen.
The article shows that Heinrich Rückert is one of the most interesting voices within the corpus of texts showing German encounters with Islam in the 19th century. While actual reflections on the European and American relation to Islam are largely influenced by a point of view stressing a “Clash of Civilisations” (Samuel Huntington), especially after 9/11, Rückert's occupation with the texts and poems of Mevlana Rumi shows that the humanistic and poetic implications of Rumi’s work helped Rückert to find a poetic language that placed itself in the tradition of Goethes’s “West-östlicher Divan” and a German pantheism that is to be seen in the context of the “Spinoza renaissance” at the beginning of the 19th century. Islamic culture is in Rückert’s work a part of the heritage of mankind and of a humanism that goes far beyond the limits of eurocentrism.
In der Zeit der Kreuzzüge von 1096 bis 1291 war die arabische Kultur in fast allen Bereichen der abendländischen Kultur überlegen: in der Medizin, in der Astronomie, in der Mathematik, vor allem aber auch in der Literatur. Später, in der Zeit der Aufklärung, der Klassik und der Romantik, gewann die arabische Literatur eine besondere Stellung bei einigen großen deutschen Literaten im Rahmen der so genannten "Weltliteratur" bzw. "Universalpoesie": man erinnert hier an Johann Georg Hamann (1730–1788), Johann Gottfried Herder (1744–1803), Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) und Friedrich von Schlegel (1772–1829). All diese Personen gelten in der Tat auch als wichtige Anreger Rückerts bei seiner großen Beschäftigung mit der orientalischen Literatur im allgemeinen und der arabischen im besonderen. Ziel meiner vorliegenden Untersuchung liegt also darin, den Einfluss der arabischen Kultur und Literatur auf den großen deutschen Dichterund Übersetzer Friedrich Rückert zu erhellen. Ein solcher Versuch könnte – darauf ziele ich eigentlich – ein bedeutender Beitrag zum besseren gegenseitigen Verständnis im Bereich des interkulturellen Dialogs zwischen Deutschen und Arabern sein (das Thema "Interkultureller Dialog" interessiert mich schon seit langer Zeit).
Theodor Körner (1791-1813), Sohn des Schillerfreundes Gottfried Körner, ist der bekannteste ‚Freiheitssänger’ der Kriege gegen Napoleon. Er trat dem Lützowschen Freikorps bei und fiel am 26. August 1813. Die posthume Sammlung „Leyer und Schwert“ enthält einige der wirkungsmächtigsten Kriegsgedichte der deutschen Literatur. Das Goethezeitportal publiziert Bildnisse des Dichters und Bilder von Erinnerungsorten zusammen mit literarischen Zeugnissen, die das Selbstverständnis Körners und befreundeter ‚Patrioten’ dokumentieren und der Haltung Goethes gegenüberstellen. Weitere Seiten zu Körner als Lützower Jäger und zur Rezeption seiner Gedichte im Ersten Weltkrieg sind in Vorbereitung.
In this essay I want to begin with a short survey on the reception of Schiller in England and Portugal, especially in regard to the impact of the play "The Robbers" and the narrative "The Ghostseer". As a matter of fact, Schiller was not only read and translated, but he actually imprinted his mark on (the) literature outside Germany. His ideas and works made important contributions to the Romantic movement – that of Brazil, where his writings arrived through France and Portugal, but Schiller was read directly in German at least by Gonçalves Dias. Schiller's contribution to the works of Gonçalves Dias can be most clearly seen in the drama "Patkull", in which there are similarities to "Wallenstein", and in the translation of "The bride of Messina", which was unfinished when the Brazilian writer prematurely died.
[...] der Chor ist einerseits in seiner dramatischen Funktion gleichsam im Dienst seines jeweiligen Herrn Partei; – er ist andererseits, von Herkunft und Tradition her gebunden, episch betrachtend und urteilend ausgerichtet. Man hat Schillers Tragödie viel zu sehr menschheitsgeschichtlich abstrakt interpretiert; stattdessen ist sein dramatisches Stück kulturgeschichtlich präzis "geerdet". Sein Rückgriff auf die formale Simplizität antiker Tragödienelemente ist nicht historistisch gedacht, sondern experimentell. Aus heutiger Sichtweise kann dieser Rückgriff begrifflich beschrieben werden als "Komplexitätsreduktion" zum Zwecke einer "Komplexitätssteigerung".
Carl Schmitt ist heute nun wirklich kein vergessener Autor. Und dennoch gibt es zentrale Fragen seines Werkes, die bislang noch kaum erforscht sind. Eines dieser Themen ist das Hitler-Bild. Was genau dachte Schmitt über Hitler? Vor 1933 und 1945 äußerte er sich darüber erstaunlich selten. Nach 1945 jedoch dachte er in publizierten und nachgelassenen Texten und Aufzeichnungen ständig über Hitler, den Nationalsozialismus und seine eigene Rolle in dieser Geschichte nach. Dabei bediente er sich auch literarischer Spiegelungen. Eine solche soll hier genauer untersucht werden: der Vergleich Hitlers mit Friedrich Schillers Demetrius-Gestalt. Er ist eine Art esoterisches Schlußwort über Hitler. Frühere Überlegungen weiterführend, prüfe ich diesen Vergleich in seiner Aussagekraft. Dafür wird Schillers Fragment eingehender vorgestellt und als Verlaufsmodell für die Geschichte des Nationalsozialismus betrachtet. Es geht um einen "esoterischen" Schmitt. Diese Vorgehensweise hat ihre Tücken und erlaubt nur begrenzte Rückschlüsse auf Schmitts Hitler-Bild vor 1945. Sie thematisiert aber jedenfalls einen intensiven Umgang mit Schillers Dichtung.
Anfang Juli 1797 hat Schiller das von ihm für den nächsten Almanach zur Publikation vorgesehene Gedicht "Nadowessische Totenklage" an drei Freunde zur Beurteilung geschickt, an Wilhelm von Humboldt, [...] an Körner in Dresden und an Goethe in Weimar. [...] Als Grund für diese Art von Netzwerkbildung lässt sich ein Orientierungsnotstand bezeichnen. Da Schiller unentwegt poetisches Neuland betreten wollte, war er neben theoretischer Reflexion auf die bestätigend-kritische Absicherung durch das Urteil seiner Freunde angewiesen. Schiller überraschte seine Freunde immer wieder mit neuartigen poetischen Versuchen. Auch dieses Mal im Fall der "Nadowessischen Totenklage" hat Goethe sofort erkannt und anerkannt, dass hiermit der "Kreis der poetischen Gegenstände" erweitert worden sei.
Die "Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung" (1788), die erste von Schillers historischen Schriften, bildet den Ausgangspunkt für die Untersuchung der Frage, wie sich das wissenschaftliche Interesse an Schiller als Historiker in den vergangenen Jahren artikuliert hat. Dabei nähert sich die vorliegende Arbeit der aktuellen Forschung unter zwei Gesichtspunkten: Zunächst sollen die Beiträge zu Schillers historiographischer Methode vorgestellt werden. Dieser Themenkomplex ist eng mit der Frage der Verwendung historischer Quellen verbunden und hat mit Schillers Position zwischen Aufklärung und Historismus zu tun. In einem zweiten Abschnitt werden erzähltechnische und diskursanalytische Ansätze diskutiert, mit denen in jüngster Zeit Schillers historiographisches Werk untersucht wurde.
So aufschlussreich die versuchte Alternativbildung der romantischen Ethnographie zur Ethnographie der Aufklärung für den Historiker sich darstellt, insbesondere den spezifischen Versuch Schlegels, ein kritisches Gegenstück zu Montesquieus und Mme de Staëls Überlegungen zum deutsch-französischen Verhältnis zu schreiben, so ist die ethnographische Verschiebung des kritisierten Schlechten zum Bösen nicht zu verharmlosen. Ernst Robert Curtius und in seinem Gefolge Ernst Behlers These von der vorbildlichen Vermittlungsleistung der beiden Kulturen Frankreich und Deutschland durch Friedrich Schlegel, etwa im Sinne von Heinrich Heine und Romain Rolland, ist neu zu überdenken.