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Das Buch enthält einerseits eine Reihe von Fallstudien zu unterschiedlichen pädagogischen Fragen. Gemeinsam ist ihnen, dass qualitative Methoden angewandt werden, die Studierenden ermöglichen, eine "forschende Haltung" zu entwickeln. Andere Beiträge beschreiben die Bedingungen für eine Integration von wissenschaftlichen Methoden im Rahmen der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Das Buch arbeitet keine Theorie auf, sondern zeigt, wie die Analyse empirisch erhobener Daten sinnvoll in der ersten Phase der Lehrerbildung zur Selbstreflexion der Studierenden beitragen kann. Die praktische Philosophie des Freiburger Verständnisses einer Interpretationswerkstatt kann Lehrende zur Arbeit mit Fallstudien ermuntern und Studierenden einen Einblick in die Möglichkeiten von Fallstudien bieten.
Wolfgang KÖHLER's Monographie über das Verstehen einer Person als eines Individuums ist ein Versuch, den in der Alltagssprache undifferenziert gebrauchten Begriff des Fremdverstehens sowie den des Selbstverstehens, wie er in Aussagen wie "Maria versteht ihren Mann" oder "Ich verstehe mich selbst nicht mehr" vorkommt, durch eine philosophische Reflexion zu differenzieren. Durch diese Reflexion wird gezeigt, dass der Verstehensbegriff auf drei verschiedene Weisen gebraucht wird: mit dem Anspruch eines Wissens, eines Könnens und eines Fühlens. Es ergibt sich, dass das Verstehen der eigenen wie der fremden Person im Sinne eines Wissens eine Ausnahme bildet, zumal dieses Wissen in einer mehr oder weniger poetischen Beschreibung darzustellen ist. Der Normalfall des Verstehens einer Person als eines unverwechselbaren Individuums besteht dagegen in einem Können oder Fühlen – und verdient damit gar nicht, ein "Verstehen" genannt zu werden im Sinne eines Wissens, wer jemand und wer man selbst ist. Das Buch erlaubt es, kritisch zu prüfen, welche hohen Ansprüche an die Versuche zu stellen sind, andere Personen, aber auch sich selbst zu verstehen. KÖHLER bleibt dabei eng an seinem lebensweltlichen Gegenstand und klärt im besten Sinne über das Verstehen von Personen auf.
Quest and query: interpreting a biographical interview with a turkish woman laborer in Germany
(2003)
Hülya, a young woman who came to Germany from Turkey at the age of 17 in pursuit of a better life looks back at the age of 31. In her biographical query she relates her experiences to a social commentary on the hard and inhuman conditions of contract labor. At the same time she is critical of the common sense notions that suffering and social problems are the main consequences of labor migration. In our analytical query of "doing biographical analysis" we discuss how we interpreted Hülya's narrative and commentary in socio-historical context and also in relation to the discourse on migration from Turkey. We looked for terms to analyze agency and suffering within biographical accounts without giving priority to either of them. Referring to the analysis of another case and to the concept of "twofold perspectivity" we describe how both suffering and also pursuing one's potential are negotiated in biographical quests and queries.
Der Band versammelt heterogene Beiträge zur "Pädagogischen Forschung im Kontext von Ethnografie und Biografie", die ihren gemeinsamen Bezugspunkt in den Forschungswerkstätten an der Kasseler Universität haben. In der Rezension werden die 14 Artikel vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Bandes dargestellt. Diese besteht darin, die Vielfalt von ethnografischen Zugängen zu pädagogischen Feldern entlang einer methodenreflexiven Präsentation von Forschungsergebnissen zu dokumentieren und damit einen Beitrag zur Methodendiskussion in der Erziehungswissenschaft zu leisten. Die meisten Einzelbeiträge legen ihre Forschungsergebnisse entsprechend methodenreflexiv dar, wobei sie sich jedoch sehr unterschiedlich und zum Teil auch eher vage auf Ethnografie ausrichten bzw. auf pädagogische Felder beziehen. Leider wird der Ertrag dieser Kompilation von teilweise disparaten Forschungszugängen von den Herausgebern nicht systematisiert, sodass – trotz interessanter Einzelbeiträge – das Potenzial des Bandes für die methodologische "Vergewisserungsarbeit" in der Erziehungswissenschaft nur wenig sichtbar wird. Vielmehr hinterlässt die Lektüre des Bandes insgesamt eher den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit im Gebrauch des Begriffes "Ethnografie".
An den Rändern der Diskurse. Jenseits der Unterscheidung diskursiver und nicht-diskursiver Praktiken
(2007)
Wenn von und für Diskursanalytiker(innen) eine Preisfrage ausgesetzt werden würde, dann wäre wohl eine der ersten zu beantwortenden Fragen, was denn eine "nicht-diskursive Praktik" sei. Die Frage markiert gewissermaßen die Grenze des Diskurses, denn schon die Benennung lässt vermuten, dass "nicht-diskursive Praktiken" eben nicht mehr Diskurs sind. Dieses Problem des Nicht-Diskursiven und die verschiedenen Möglichkeiten, diesen Rand, diese Grenze zu denken, auf ihrem Grat zu gehen oder sie zu unterlaufen, möchten wir im Folgenden zunächst anhand der theoretisch-methodologischen Debatte und dann anhand einiger konkreter Interpretationen von Texten und Beobachtungen aus verschiedenen empirischen Forschungsprojekten diskutieren. Dabei orientieren wir uns an den denkbaren Grenzen des Diskurses – der Macht, der Alltagspraxis, dem Körper, dem Subjekt – und entfalten die These, dass die Unterscheidung von diskursiv und nicht-diskursiv gerade nicht geeignet ist, Klarheit in die Debatte zu bringen.
In der letzten Dekade hat sich die Diskursforschung im Anschluss an Michel FOUCAULT im deutschsprachigen Raum interdisziplinär beständig weiterentwickelt. Sie ist dabei, sich im Rahmen qualitativer Sozialforschung – wie auch an sprachwissenschaftlichen Verfahren orientiert – zu etablieren.
Auf der internationalen und interdisziplinären Tagung "Sprache – Macht – Wissen" vom 10.-12.Oktober 2007 in Augsburg wurde der aktuelle Stand von Diskurstheorie und -analyse eruiert und diskutiert. Der Tagungsessay soll einen Einblick in die derzeitige Diskussion geben. Wir zeichnen zunächst die Fragestellungen und Zielsetzungen der Tagung nach. Es folgt eine knappe Zusammenfassung der gehaltenen Vorträge. Im Laufe der Tagung kristallisierten sich verschiedene Schwerpunkte heraus, die wiederholt aufgegriffen und diskutiert wurden: das Verhältnis von Diskursanalyse und Kritik, das Verhältnis von Subjekt(ivität) und Diskurs, das Verhältnis von Macht, Diskurs und Dispositiv sowie das Verhältnis von Diskursanalyse und Visualität. Mit der Systematisierung dieser vier Punkte nehmen wir eine kritische Betrachtung der "Ergebnisse" der Tagung vor. Abschließend verweisen wir auf zwei aktuelle Netzwerkinitiativen zur interdisziplinären Diskursforschung, die während der Tagung vorgestellt wurden.