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Das Gedächtnis der Dinge
(2009)
Die politische Praxis von Raub und Plünderung kultureller Wertgegenstände hat eine lange Vorgeschichte. Eine Szene, die geradezu zum Emblem dieses Komplexes geworden ist, findet sich auf einem Relief im Triumphbogen des Titus auf dem Forum Romanum. Dieser Triumphbogen wurde erbaut zur Erinnerung an den Sieg des Titus über die Aufständischen in der römischen Provinz Judäa und die Zerstörung des zweiten Tempels von Jerusalem im Jahre 71 unserer Zeitrechnung. Die einzige Mauer, die von diesem Tempel heute noch erhalten ist, ist die berühmte Klagemauer. Die entscheidende Szene im römischen Triumphbogen zeigt die Soldaten des Titus, wie sie als Kriegsbeute den Tempelschatz von Jerusalem mit sich führen: einen Altar, Silbertrompeten und das wichtigste und älteste jüdische Symbol, das der Staat Israel 1948 als offizielles Symbol wieder eingeführt hat: einen großen siebenarmigen und vermutlich goldenen Leuchter, genannt Menora. […]Die symbolische Praxis, zentrale und kostbare Kunstschätze der feindlichen Kultur als Beute zu beschlagnahmen und sich anzueignen, gehört zur Vorgeschichte der modernen Institution des Museums. Kunst und Kultur gewinnen dabei einen symbolischen und materiellen Wert, der über kulturelle Grenzen hinweg vermittelbar ist und sich aus einer politischen in eine ästhetische Praxis übersetzen lässt. Enteignung und Aneignung gehen dabei Hand in Hand.
The concept of the “magic circle” (Johan Huizinga) defines the stage and the specific performative conditions for magic to work. This concept which was applied by Huizinga to spaces such as the courtroom, the church or the theatre is extended in this essay to the page of the literary text. It is argued that something of the age-old magic of oral poetry is preserved in contemporary German memory fiction that stages an encounter with dead family members. In novels by Peter Härtling (Nachgetragene Liebe) and Uwe Timm (Am Beispiel meines Bruders) a repressed past is emotionally revisited and at the same time exposed to new reflection in the light of hindsight. The therapeutic setting of “family constellation” is introduced as another manifestation of the magic circle in our contemporary world in which latent traumas are acted out and worked through in a cathartic process.
Im Folgenden soll am Beispiel der deutschen Erinnerungsgeschichte nach 1945 der lange, aber doch eindeutige und wohl auch irreversible Weg vom Vergessen zum Erinnern nachgezeichnet werden. Im Mittelpunkt dieser Entwicklungslinie steht das Thema Auschwitz, das Meier ja als Ausnahme seiner Regel aus seiner Darstellung herausgenommen hatte. [In] Abweichung von dieser These soll hier gezeigt werden, dass die Erinnerung an Auschwitz auch auf andere historische Ereignisse abgefärbt hat und deshalb nicht als ein abgesonderter Ausnahmefall anzusehen ist, sondern als Anstoß einer erinnerungskulturellen Wende. Diese Folgeerscheinungen, die zu einem Erinnerungsanspruch auch für andere historische Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie die Sklaverei oder die Ausrottung indigener Urbevölkerungen geführt hat, sind inzwischen gut dokumentiert.
Das Kanonproblem gehört zu den Themen, die seit den letzten dreißig Jahren unvermindert aktuell waren, wenn sich auch die Perspektiven von Jahrzehnt zu Jahrzehnt grundlegend geändert haben. Es lassen sich mindestens drei Schwerpunkte des Interesses an diesem Thema ausmachen, die, auch wenn sie sich nicht gänzlich ausschließen, eine deutliche Verlagerung des Problembewußtseins markieren. In den 70er Jahren stand der Bildungs-Kanon auf dem Prüfstand, der an Schulen und Hochschulen die Geltung traditioneller Texte und Werte unverändert fortschrieb. Gegen diesen mehr oder weniger emphatischen Traditionalismus richtete sich ein ikonoklastischer Impuls, der seine Energien aus einem veränderten Geschichts- und Gesellschaftsbewußtsein bezog. Einerseits führte die Anerkennung der faschistischen deutschen Vergangenheit Ende der 60er Jahre durch die Nachkriegsgeneration zu grundsätzlichen Fragen an eine kontaminierte Tradition; andererseits führte die expansive Bildungspolitik der 60er und 70er Jahre zu einer Umstürzung der Bildungspläne. Auf die ikonoklastische Phase folgte in den 5Oer Jahren die klassizistische Phase.
Wenn wir es unbefangen betrachten, können wir gar nicht anders als zu dem Schluss kommen: Das Buch ist eine geniale Erfindung. Durch die Komprimierung arbiträrer Zeichen bietet es auf engstem Raum eine enorme Informationsdichte an. Für sich genommen ist die gedruckte Buchseite reine Flachware, aber durch die Beschriftung von Vor- und Rückseiten und die Bündelung von Blättern kombiniert das Buch auf raffinierte Weise die Dimensionen der Fläche und Tiefe. Es kombiniert dabei auch die lineare mit der nicht-linearen Darbietungsform. Entlang der Anordnung und Nummerierung der Seiten kann man es brav von Anfang bis zu Ende lesen, man kann aber auch (was bei der Papyrusrolle nicht möglich war) gezielt eine bestimmte Seite aufschlagen, und Ungeduldige können ins letzte Kapitel springen, wenn sie der Spannung des Krimis nicht standhalten. Wenn wir die Geschichte des Buches mit den Schminkpaletten in Altägypten und den Tontafeln in Mesopotamien beginnen lassen, hat das Buch für seine technische Evolution circa 4.500 Jahre gebraucht, um seine optimale Gestalt für Gebrauch und Verbreitung zu finden. Das geschah zur Zeit der Erfindung des Buchdrucks. Mit diesem Ereignis hat sich die Buchform stabilisiert und nicht mehr wesentlich verändert. Wenn man die Lösung eines Problems gefunden hat, muss man diese nicht mehr in Frage stellen. Das E-Book ist in diesem Sinne keine neue Mutation in der Geschichte des Buchs, sondern ein alternatives Angebot, von dem erst noch abzuwarten ist, wie und wofür es sich bewährt.
Die Erinnerungsikonen sind datierbare Erinnerungsakte in der Geschichte, doch erzählen sie selbst keine Geschichte. Die vielen besonderen Geschichten, die sich einst um jedes konkrete Leben rankten und nach dem Tode der Person auch noch eine Weile im kommunikativen Gedächtnis der Familie, der Nachbarschaft und des Dorfes erzählt wurden, sind alle längst vergessen. Dieses Schicksal trifft über 90 Prozent unserer materiellen Hinterlassenschaften, von denen sich die Gesellschaft in periodischen Ausscheidungsprozessen trennt, ohne dabei je zu einem Thema zu machen, „wie wenig wir festhalten können, was alles und wie viel ständig in Vergessenheit gerät, mit jedem ausgelöschten Leben, wie die Welt sich sozusagen von selber ausleert, indem die Geschichten, die an ungezählten Orten und Gegenständen haften, von niemandem je gehört, aufgezeichnet oder weitererzählt werden (…).“ Dieses Universalgesetz des Vergessens gilt aber nicht nur für Hausrat und beiläufig Angesammeltes, sondern paradoxerweise auch für die Erinnerungsikonen, deren liebevolle und kostbare materielle Ausformung ihren Gedächtniswert noch eigens ausstellt. Ohne eine Sammlerin, die diesen Gegenständen nachträglich einen neuen historischen Wert zuschreibt, und ein Museum, das sie unter ihr schützendes Dach aufnimmt, würde die Nachwelt von dem Brauchtum, auf das diese stummen Zeugen verweisen, heute nichts mehr wissen.
In this paper, focusing on the relevance-theoretic view of cognition, I discuss the idea that what is communicated through an utterance is not merely an explicature upon which implicature(s) are recovered, but rather a propositional complex that contains both explicit and implicit information. More specifically, I propose that this information is constructed on the fly as the interpreter processes every lexical item in its turn while parsing the utterance in real time, in this way creating a string of ad hoc concepts. While hearing an utterance and incrementally constructing a context, the propositional complex communicated by an utterance is pragmatically narrowed and simultaneously pragmatically broadened in order to incorporate only the set of optimally relevant propositions with respect to a specific point in the interpretation. The narrowing of propositions from the initial context at each stage allows relevant propositions to be carried on to the new level, while their broadening adds to the communicated propositional complex new propositions that are linked to the lexical item that is processed at every step of the interpretation process.
Shattered maceheads at early bronze age Tel Bet Yerah: symbolic power and destruction, but whose?
(2019)
An unusually large number of stone macehead fragments were found in a large open court in the Early Bronze Age site of Tel Bet Yerah, Israel. Maces, which first appear in the Levant in the seventh millennium BCE, are considered the earliest dedicated combat weapons in western Asia; in later periods they take on a symbolic role. We discuss the sequence of events leading to the accumulation of maceheads at Bet Yerah, the people who may have been implicated in it and its possible political significance.
This paper surveys a range of constructions in which prosody affects discourse function and discourse structure.We discuss English tag questions, negative polar questions, and what we call “focus” questions. We postulate that these question types are complex speech acts and outline an analysis in Segmented Discourse Representation Theory (SDRT) to account for the interactions between prosody and discourse.
Dynamic semantic accounts of presupposition have proven to quite successful improvements over earlier theories. One great advance has been to link presupposition and anaphora together (van der Sandt 92, Geurts 95), an approach that extends to integrate bridging and other discourse phenomena (Asher and Lascarides 1998a,b). In this extended anaphoric account, presuppositions attach, like assertions, to the discourse context via certain rhetorical relations. These discourse attachments constrain accommodation and help avoid some infelicitous predictions of standard accounts of presupposition. Further, they have interesting and complex interactions with underspecified conditions that are an important feature of the contributions of most presupposition triggers.
Deictic uses of definites, on the other hand, seem at first glance to fall outside the purview of an anaphoric theory of presupposition. There seems to be little that a discourse based theory would have to say. I will argue, however, that a discourse based account can capture how these definites function in conversation. In particular such accounts can clarify the interaction between the uses of such deictic definites and various conversational moves. At least some deictic uses of definites generate presuppositions that are bound to the context via a rhetorical function that I'll call unchoring, which if successful entails a type of knowing how. If this anchoring function is accepted, then the acceptors know how to locate the referent of the definite in the present context. I'll concentrate here just on definites that refer to spatial locations, where the intuitions about anchoring are quite clear. But I think that this view extends to other deictic uses of definites and has ramifications for an analysis of de re attitudes as well.
Alfred Dorens Vortrag in der Bibliothek Warburg, gehalten in der Reihe von 1924 /25 und publiziert 1927, stand unter der von vornherein zwei Typen utopischen Denkens differenzierenden Überschrift "Wunschräume und Wunschzeiten". Doren durchmisst hier, beginnend in der Antike, das weite Feld vom Gegebenen abweichender Erlösungs- bzw. Veränderungshoffnungen. Die Renaissance ist die Epoche eines Übergangs zu stärker säkular verfassten Utopien, und dieser wird für Doren insbesondere durch den Utopia-Dialog von Thomas Morus markiert, der ihm eine beispielhaft maßvolle Position gegenüber den fortdauernden Herausforderungen irrationaler, chiliastischer oder apokalyptischer Visionen markiert. Fluchtpunkt des Gedankenganges ist die Gegenwart der frühen Weimarer Republik, selbst eine Zeit der Übergänge und so vielfältiger wie widersprüchlicher Projektionen neuer Weltentwürfe.
Who's afraid of ideology?
(2023)
Artist Marwa Arsanios shares textual fragments from research she conducted for the first and second parts of a video trilogy titled "Who's Afraid of Ideology?" Meditating on the voiding effects of war, and the ecological and affective texture of communal resistance and eco-feminist praxis as they emerge in Iraqi Kurdistan, Lebanon, and northern Syria, the text takes us to ecological milieux made of wild medicinal plants, fig trees, Kurdish guerrillas, and farmers in a women-only commune.
The paper focuses on experience gained at the university of Hildesheim (Germany) where a modular course programme has been introduced which concentrates on less frequently learnt European languages, such as Dutch, Danish, Portuguese and Italian, putting into practice relevant results of research in the field of Contrastive Linguistics. The paper ends with a presentation of the outline of a Turkish reading course for German learners, raising the question to what extent experience gained by comparing and teaching Indo-European languages can be applied to fundamentally different languages like German and Turkish.
"Ich mache die Orte zu meinen Sehnsuchtsorten, an die es mich zufällig verschlägt. Und ich lade diese Orte mit dem auf, was ich mitbringe – ganz ohne Erwartungen. So erstaunt es mich auch immer wieder, wie viel man aus einem Ort "herausholen" kann." So beschreibt Felicitas Hoppe im Interview mit dem Journalisten und Geografen Jens Nommel ihr Vorgehen bei der Konstituierung von Räumen in der diegetischen Welt. Diese Aussage ließe sich paradigmatisch auf das Gesamtwerk der Autorin übertragen, so sind es weniger Beschreibungen von realen Orten und Topografien, die sich hier finden, als vielmehr im Schreibprozess entstehende Imaginationsorte, die durch das Zusammentreffen eines den Orten Bedeutung zuweisenden Bewusstseins und der äußeren Beschreibung derselben entstehen. Dies geschieht, so die These dieses Beitrags, mithilfe einer Destabilisierung der strukturbildenden Elemente von Raum, Zeit und Kausalität, die in der Folge einen Vorstellungsraum öffnen, in dem physikalische Grenzen überwunden und im Modus der Gleichzeitigkeit alternative Seinsweisen erprobt werden können. Hoppe schließt dabei an die Darstellungstechniken der Literarischen Moderne an, greift die Diskussionen der Postmoderne vom Ende der großen Metaerzählungen, dem Tod des Subjekts und allgemeiner Geschichtslosigkeit auf und entwirft im Sinne einer Transmoderne alternative Darstellungsformen. […] Ziel des vorliegenden Beitrags ist demnach zunächst das Aufzeigen der Destabilisierungsprozesse in Bezug auf die genannten Elemente mithilfe einer textimmanenten Analyse der zeitlichen und räumlichen Struktur. Dabei werden, erstens, die verschiedenen Spielarten des Zeitbegriffs sowie Raumsemantiken auf der intradiegetischen Ebene in den Blick genommen, zweitens, Möglichkeiten der Zeit- und Raumgestaltung auf der Ebene des discours untersucht und schließlich der Prozess der Refiguration beleuchtet. Im Anschluss wird der Frage nach dem Funktionspotenzial der erarbeiteten Destabilisierungsprozesse sowie der Entwicklung derselben als ästhetisches Programm nachgegangen. Da die angeführten Destabilisierungsprozesse je nach thematischer Schwerpunktsetzung unterschiedliche Funktionen einnehmen, werden Hoppes Romane 'Pigafetta', 'Paradiese, Übersee', 'Johanna' und 'Der beste Platz der Welt' chronologisch analysiert und im Anschluss einem synthetisierenden Vergleich unterzogen.
In den Jahren 1985-2000 ist im Deutschen Klassiker Verlag eine unfangreiche, extensiv kommentierte Auswahlausgabe von Herders Werken erschienen, die trotz des eingeschränkten Texbestandes in der Benutzung vermutlich an die Stelle der vor hundert Jahren entstandenen Ausgabe der sämtlichen Werke Herders von Bernhard Suphan treten wird. Der letzte Band enthält eine Auswahl der vergessenen "Adrastea" (weggelassen wurden die meisten poetischen Beilagen und verschiedenen Exzerpte fremder Texte), aus deren Kommentar wichtige Materialien zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte wegen Überschreitung des zulässigen Umfangs ausgeschlossen bleiben mussten. Die vorliegende Quellenedition ergänzt diese Ausgabe und verwendet deren Siglen. ... Die nachfolgend veröffentlichten Briefe, Rezensionen und Gedichte dokumentieren die ambivalente Aufnahme von Herders Zeitschrift unmittelbar nach ihrem Erscheinen.
In this fifteen-minute lecture-performance, Malin Arnell presents her dialogue with the work of French-Italian artist Gina Pane (1939–1990). Oriented around textual and visual traces of Pane and Arnell's historical intra-action, this ongoing dialogue explores performance art documentation and historical narratives. The project interrogates the operations of archives, asking: 'How do queer feminist performance archives make you vulnerable, how do they make you feel, act, react?' 'Whose bodies remain present, and which bodies are lost?' The framework of the work - its repetition with variations and its artistic and queer feminist methodologies - enables an exploration of history, documentation, and bodily epistemology as an attempt to take responsibility for what is not known by doing, through action - through performance.
Dialektik
(2018)
Was 'Dialektik' nun genau sei, darüber gibt es immer noch sehr verschiedene und auch einander ausschließende Auffassungen. Vor allem auch darüber, ob es eine Dialektik gebe oder geben könne, die sich noch besonders durch das Attribut 'materialistisch' empfehlen würde. Je näher wir hinsehen, desto mehr entschwindet uns der Begriff, der einmal so viele Gewissheiten trug. Vielleicht liegt das auch schon daran, dass sich im Begriff der Dialektik viele Bedeutungsdimensionen gleichsam sedimentiert haben; er trägt schwer an seiner Geschichte und kann sich gerade deshalb immer wieder von einseitigen Fixierungen zurückziehen.
The claim advanced in this paper is that the presence of a left-dislocated element together with a resumptive clitic in Bulgarian is a special case of argument saturation with implications for the focus structure of the clause, while contrast involves discontinuous focus (contrastive topics/foci) with no clitics present in the derivation. Contrastive topic/focus constructions in Bulgarian can be united on the view that they involve (sets of) ordered pairs where the higher element is valuing a contrastive feature (cf. OCC in Chomsky 2001) while the element in the VP is a non-contrastive topic or focus. The contrastive feature participates in wh-structures but not in clitic-left-dislocated structures where pairing between arguments is 'accidental'.
This article discusses the function of tension in autobiographies written by eighteenth-century doctors George Cheyne, Francis Fuller, Claude Revillon, and the Viscount de Puysegur. It studies how their rhetorical strategies stir tensions in readers through the narration of their own periods of infirmity and search for a remedy. The descriptions of their recoveries offer resolution, legitimate their medical practices, and help diffuse their works. Through the staging of these reversals, the authors suggest a shift in the way the role of medical doctors was perceived as well as a fundamental change in their relationship to illness.
The encoding of images by semantic entities is still an unresolved task. This paper proposes the encoding of images by only a few important components or image primitives. Classically, this can be done by the Principal Component Analysis (PCA). Recently, the Independent Component Analysis (ICA) has found strong interest in the signal processing and neural network community. Using this as pattern primitives we aim for source patterns with the highest occurrence probability or highest information. For the example of a synthetic image composed by characters this idea selects the salient ones. For natural images it does not lead to an acceptable reproduction error since no a-priori probabilities can be computed. Combining the traditional principal component criteria of PCA with the independence property of ICA we obtain a better encoding. It turns out that the Independent Principal Components (IPC) in contrast to the Principal Independent Components (PIC) implement the classical demand of Shannon’s rate distortion theory.
This paper describes Estonian version of the Multilingual Assessment Instrument for Narratives (LITMUS-MAIN) to Estonian. A short description of Estonian, some challenges in the adapting MAIN to Estonian, the first experiences of using the Estonian MAIN and a summary of the first results are presented.
Transforming a text - narrative or poetic - into a play, made of dialogues and organized into scenes, has been one of the most frequent forms of literary transcodification both in the past and in the present. We can find examples of this procedure at the very origins of Italian theatre, which indeed began as the rewriting of earlier texts, both in the "sacre rappresentazioni" and in the profane field: the Bible in the first case and the Ovidian mythologies in the second. Poliziano's "Fabula d'Orfeo" and "Cefalo e Procri" by Niccolò da Correggio are the first well-known examples of this process. Thus, the metamorphosis of a text into a dramatization has many models in the history of theatre and literature. It would be of great interest to start with an overview of the different types, aims, and forms of transcodification of texts that are enacted in order to create dramatizations capable of being performed on stage. Erminia Ardissino attempts to offer an introduction to her study of Giovanni Giudici's play about Dante's "Paradiso" with a brief discussion of three different practices of theatrical transcodification. She looks at three pièces written at the request of the Italian scenographer Federico Tiezzi between 1989 and 1990 as stage productions of the three cantiche of the Divine Comedy. Although they belong to the same project, are inspired by the same person, and share a unified aim, the three pièces created by Edoardo Sanguineti, Mario Luzi, and Giovanni Giudici show three different approaches to the task of transcodifying a text in order to produce a drama - the task, in Genette's words, of creating a theatrical palimpsest.
In this work, I provide an analysis of adjectival depictive constructions which accounts for most of their fundamental properties. First, I focus on the restrictions having to do with the integration of the depictive and the verbal predicate: they are based on aspectual compatibility between the two predicates, which, in turn, will depend on the ability, on the part of the depictive, to make reference to some (sub)event in the event structure of the verbal predicate. Facts not captured by previous approaches in the literature will be straightforwardly accounted for, among them the possibility to have I-L depictive constructions, and the impossibility to combine a depictive with some non-stative verbal predicates. Second, it will be shown that the informational import of the depictive in the sentence can be equivalent to that of the verbal predicate: both can be the primary lexical basis of predication. This is reflected in the sentence in various ways, having to do with aspectual modifiers, and in the properties of the sentential subject. In this connection, we will reconsider the notion of subject, arguing that no subject-predicate relation takes place in the lexical domain of sentences, and hence that the argument the depictive is oriented to, the common argument, cannot be a subject of the depictive. Finally, a minimalist analysis is proposed for the syntax of the construction, in terms of direct syntactic merge of predicative constituents and sidewards (q-to-q) movement for the common argument, from the lexical domain of the depictive to the lexical domain of the verb. As to morphosyntactic properties, a syntactic Double Agree relation is assumed to hold between T/v, as probes, on the one hand, and the common argument and depictive, as simultaneous goals, on the other, which would allow for the deletion of Case features on both goals. The assumed presence of Structural Case on the adjectival depictive will be responsible for the well-known restriction on the orientation of depictives to the sentential subject or object.
Learner autonomy has been discussed since the 70th in the last century. It was argued, that learners should be familiar with foreign language learning, because language learning will get more and more important in a society of the future. So even after school time people should be able to develop foreign language skills without any formal teaching. In recent time a new concept has been added: teacher autonomy. Learner autonomy and teacher autonomy are interdependent. In other words: We can not develop learner autonomy without developing teacher autonomy. Our discussion starts with some simple facts. Gordon Wells observed in his famous Bristol Project several children for more than ten years and compared their language development and learning behaviour in two contexts: school and families. Interesting differences have been found. On the one hand children are more initiative and more curious in the family context. On the other hand they loose more and more initiatives through school experiences. The concepts of learner autonomy and teacher autonomy and consequences for teacher training will be discussed in the context of these findings.
Untertänigst (1678)
(1926)
Theater und Serie
(2010)
Soaps machen dumm. So ein permanent aktualisiertes Vorurteil. Gegen die Wiederholung des Immergleichen durch standardisierte Serienproduktion bemüht man gerne das Theater - und das heißt letztlich die Mutter aller Fernsehserien: den Guckkasten. Doch längst führt das Theater vor, was sich vom Fortsetzungsformat der Seifenoper lernen lässt: die exponierte Wiederholbarkeit eines auf das Personalisieren angelegten Schemas. So kann gerade der Bezug auf die Soap Opera im Theater der potenziellen Reflexion von Form und Funktion des Dramas dienen. In diesem Sinn akzentuiert René Polleschs Arbeit eine noch kaum erforschte, gleichwohl paradigmatische Form nicht protagonistischer Darstellung. Wie kein anderer mobilisiert er jenes Serienprinzip, das die einzelne Episode nicht mehr als geschlossenes Ganzes betrachtet, für ein politisches Theater der Gegenwart. Was Polleschs "Soap-Theater" zur Sprache bringt, besteht aus recyceltem Material. Die Aufführungen selbst sind immer wieder als Fortsetzungen angelegt. Polleschs Markenzeichen ist denn auch das schnelle Auf-Anschluss-Sprechen. Die in seinen Stücken nichtdialogisch angelegte Rede springt von Darstellerin zu Darsteller. Dabei wird nicht nur das Gesprochene, sondern ebenso die sprechende Figur als populärkulturelles Zitat ausgewiesen. So zeugt die Übersetzung des Soapformats auf die Bühne von den praktisch-reflexiven Umgangsmöglichkeiten mit fortgesetzten Wiederholungen. Die Instanz der Rede ins Serielle überführend, zielt Pollesch präzise auf jene personale Darstellungsfunktion des Sprechtheaters, die die Kritiker der Massenkultur als Residualbereich individuellen Ausdrucks verklären. Seine Inszenierungen unterlaufen mithin das dem Drama zugrunde liegende protagonistische Modell, das von der evidenzstiftenden personalen Darstellung einer literarisch vorgegebenen - singulären - Figur im Hier und Jetzt ausgeht. Der absoluten Gegenwartsfolge innerhalb eines geschlossenen Ganzen widerstreitend, stellt Pollesch durch den Einsatz des Serienprinzips jenes Spannungsverhältnis aus, das die verschränkte Zeitlichkeit des Theaters immer schon kennzeichnet: die Relation zwischen der physischen Präsenz des Darstellers, dem körperbildlichen Herbeizitieren einer bestimmten gesellschaftlichen Position und der Fiktion einer im Zitat szenisch herzustellenden sprechenden 'persona'. Im Verweis auf diese Grundelemente des Sprechtheaters, deren Fügung die dramatische Gestalt produziert und die allererst die Voraussetzung ihrer Repräsentationsfunktion ist, wendet sich Polleschs Arbeit gegen eine gängige Form der Ästhetisierung von Politik. Denn gerade durch seinen spezifischen Einsatz des Serienprinzips treten die Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne nicht als authentifizierende Repräsentanten einer Figur, sondern als leibhaftiger Verfremdungseffekt hervor. Physisch präsent und zugleich reflexiv zitierend, machen sie so auf die latent gehaltene Serialität jener vom Theater herkommenden Darstellungsform aufmerksam, die mit ihren eigenen Voraussetzungen auch die ihr inhärente politische Funktion verstellt. Polleschs 'Tod eines Praktikanten' - 2007 auf dem Prater, der kleinen Spielstätte der Berliner Volksbühne, aufgeführt - zeigt exemplarisch, worin die Schlagkraft einer offensiven Fusion von Theater und Serie besteht.
Einleitung
(2019)
Welche Bedeutung haben psychogene Sehstörungen, rotierende Scheiben, blinde Kinder, spiritistische Erscheinungen, Wahrnehmungsexperimente und erblindete Fotografen für die Entwicklung der Disziplinen Physiologie und Ophthalmologie oder auch für ästhetische und literarische Diskurse? Wie haben sie unser Verständnis vom Sehen geprägt, das längst nicht mehr als rein physiologische Fähigkeit, sondern vielmehr als sozial, historisch und kulturell präfigurierte Aktivität gilt? Die Beiträge des interdisziplinären Bandes zeigen, dass sich das Wissen vom Sehen und vom Auge maßgeblich über die Grenzen des Sehens konstituiert. Ob in physiologischen, philosophischen oder psychoanalytischen Diskursen; ob in der Literatur, der bildenden Kunst oder im Film - stets sind es der Ausfall des Visuellen, die Trübung des Blicks oder die Einschränkung des Sichtfeldes, die Auskunft darüber geben sollen, wie das 'richtige' Sehen funktioniert.
Marie-Luise Angerer fragt in ihrem Beitrag "Die 'biomediale Schwelle'. Medientechnologien und Affekt" nach den Konsequenzen, die es hat, wenn die Medientechnologien sich nicht mehr als Objekt oder als Gegenüber zur Erscheinung bringen, sondern sich - wie im Fall der "fehlenden Zeitspanne", den sie von Helmholtz bis Brian Massumi nachvollzieht - in den Prozess selbst einschreiben, mit dem die Wahrnehmung wissenschaftlich beschrieben wird. Mit Canguilhem auf der einen und Haraway auf der anderen Seite lotet sie die neue Situation aus, die sie als post-biological condition beschreibt.
Mit der Frage nach der Grundordnung gehen die Untersuchungen dieses Bandes hinter bzw. vor die juristische Semantik des Verfassungsbegriffs zurück. Denn dieser ist, wie andere moderne Fachtermini auch, das Ergebnis einer Verengung. Die 'Verfassung', zunächst ein 'Erfahrungsbegriff', "der den politischen Zustand eines Staates umfassend wiedergibt", habe sich zum Begriff für den "rechtlich geprägten Zustand eines Staates" verengt und falle "nach dem Übergang zum modernen Konstitutionalismus mit Gesetz in eins", währenddessen der Begriff des Gesetzes nun "die Einrichtung und Ausrichtung der staatlichen Herrschaft regelt" und "damit selbst vom deskriptiven zum präskriptiven Begriff" wird, so Dieter Grimm, der die genannte Verengung damit erklärt, dass der Begriff der 'Verfassung' seine "nichtjuristischen Bestandteile zunehmend" abgestoßen habe. Diese nichtjuristischen Bestandteile aber sind Grundlage und Voraussetzung des Grundgesetzes, das sich eine Gemeinschaft gibt, um sich als politisch-rechtliches Gebilde zu konstituieren. Sie betreffen das Selbstverständnis eines politischen Gemeinwesens, ob Land, Staat oder Föderation, das tiefer und weiter zurück reicht als das Gesetz.
[...]
Damit rühren die nichtjuristischen Bestandteile des Verfassungskonzepts an Erfahrungen, Überzeugungen und Prinzipien, nach denen ein Gemeinwesen gebildet wird. Deren normative Kraft wird dadurch verfestigt, dass ihnen Verfassungsstatus verliehen wird – vorausgesetzt man könne einem Gemeinwesen einen einheitlichen Willen, einen volonté generale, unterstellen. Da das in der historischen Realität seltener der Fall ist, kommen in der Formulierung der grundlegenden Prinzipien einer Verfassung auf je unterschiedliche Weise religiöse, ethnische, geographische, sprachlich-kulturelle oder auch sittliche Aspekte zum Zuge, von denen dann zumeist einer als prioritär bewertet und deshalb allen anderen vorangestellt wird: als übergeordneter Gesichtspunkt. Wenn etwa die Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz als "freiheitlich demokratische Grundordnung" definiert ist, dann sind darin leitende Prinzipien formuliert, die sich in diesem Fall auf vorausgegangene historische Erfahrungen gründen, konkret auf die Lehren, die aus Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg gezogen wurden. Das gilt ähnlich für die Europäische Union, die ihr Selbstverständnis als "wirtschaftliche und politische Partnerschaft zwischen 27 europäischen Staaten" auf die Erfahrungen der Kriege des 20. Jahrhunderts zurückführt.
Einleitung
(2017)
Das religionswissenschaftliche und ethnologische Kompositum Kulturheros bezeichnet Gestalten, die zwischen Göttern und Menschen stehen und die "für die Menschen überlebenswichtige[s] Kulturwissen zum ersten Mal einführen". Die Taten eines Kulturheros - etwa die Übergabe des Feuers an die Menschen - können in die Tradition der jeweiligen Gesellschaft eingehen, "zu bestimmten Anlässen feierlich erinnert" und "die Stiftungslegende eines Kults bilden". Die Enzyklopädie des Märchens definiert den Kulturheros als "mythische Figur meist früherer Überlieferungen, die für die jeweilige Gesellschaft Entscheidendes und Lebenswichtiges leistet". Donald Ward, der Verfasser dieses Eintrags, spricht zwar davon, dass neben Heiligen auch "Begründer, Reformer, Erfinder und politische Führer manchmal als echte Kulturheroen" (etwa Luther oder Kolumbus) gesehen werden können, seine Argumentation bleibt aber weitgehend auf Gestalten aus der Mythologie beschränkt. In unserem Band geht es hingegen nicht um mythische Figuren wie etwa Prometheus, sondern um ein neuzeitliches Phänomen: Mit Kulturheroen meinen wir Schriftsteller, Dichter, Wissenschaftler, Künstler oder Intellektuelle, denen ebenso wie den Kulturheroen der Religionswissenschaft bzw. Ethnologie in der Regel posthum eine herausragende kulturstiftende Rolle in der Gemeinschaft bzw. Gesellschaft zugeschrieben wird. Seit der Neuzeit werden Kulturheroen in dieser Weise medial konstruiert und durch Kultpraktiken geehrt, die früher eher militärischen oder politischen Helden vorbehalten waren.
Im Folgenden werde ich in vier Schritten die Möglichkeit einer historischen Neuschöpfung des freien Raumes nach der Katastrophe des sowjetischen Totalitarismus aus der Bewusstseinsphilosophie Merab Mamardašvilis ableiten. Im ersten Schritt stelle ich Merab Mamardašvili und den Kontext seiner Bewusstseinsphilosophie vor. Im zweiten Schritt werde ich auf sein Verständnis des freien Raumes eingehen. Der freie Raum entsteht, wenn der biologische Mensch zum kulturellen Menschen wird, d. h. wenn er kraft seiner persönlichen Anstrengung einen "Denk-Akt" bzw. "philosophischen Akt" vollzieht und dadurch aus dem Bereich des Individuellen in den Bereich des Universellen übertritt. Mamardašvilis Versuch, dieses Modell auf die gesellschaftlichen Verhältnisse zu übertragen, kann als Kommentar zum Spätwerk Kants gelesen werden, auf den ich in einer Art Exkurs im dritten Schritt eingehe. Im vierten und letzten Schritt wird gezeigt, dass Mamardašvili, anders als Kant, nicht von der Begründung bzw. Begründbarkeit des ständigen und unausbleiblichen Fortschritts der Menschheit zum Besseren ausgeht, sondern umgekehrt von der ständigen Bedrohung des Kulturzustands durch einen Rückfall in die Anomie und Amorphie. Deswegen reichen, anders als bei Kant, allein die empirischen "rechtlichen" Gesetze nicht aus, um einen Fortschritt zum Besseren zu garantieren. Für Mamardašvili müssen vielmehr die Gesetze des Bewusstseins ständig zur Geltung kommen. Sie sind einerseits Bedingung endlicher kultureller Formen (z. B. empirischer Gesetze oder des Nationalstaats), die Mamardašvili als Träger des Unendlichen bzw. des Universellen versteht. Andererseits müssen die Gesetze des Bewusstseins ständig durch die Anstrengung der Menschen zur Geltung gebracht werden, damit man nicht in den Zustand der Anomie und Amorphie zurückfällt. Gerade daran, ob die Gesetze des Bewusstseins zum Ausdruck kommen oder nicht, knüpft Mamardašvili die Möglichkeit einer historischen Schöpfung an.
Im Folgenden werde ich die Rückkehr der Orthodoxie in drei Schritten am georgischen Beispiel erörtern. Im ersten Schritt werde ich die Rückkehr der Orthodoxie im Problemfeld des säkularisierten Staates verorten und einen Vergleich mit der Repolitisierung des Islam ziehen. Im zweiten Schritt werde ich die Rückkehr der Orthodoxie als nationalistische Ideologie beschreiben. Im dritten Schritt werde ich dieses Comeback aus der Erfahrung des Totalitarismus zu verstehen versuchen.
"A really well-made Buttonhole is the only link between Art and Nature", war eine der dekadenten, subversiven und paradoxen Weisheiten, die der Schriftsteller und Dandy Oscar Wilde (1854–1900), der selbst das Haus nie ohne Knopflochblume verließ, 1894 der Jugend auf den Weg gab, als er seine 'Phrases and Philosophy for the Use of the Young' für die Zeitschrift 'Chameleon' verfasste. Die Belle Époque war die Hochzeit der Boutonnière. Heute lamentieren die Männermodezeitschriften, sie werde nur noch bei der eigenen Hochzeit getragen. Die kulturelle Bedeutung der zum Accessoire verkommenen Blume im Knopfloch des Herrenanzuges geht sehr weit über die Kostümgeschichte hinaus. Sie ist der einzige Link zwischen Kleidung und Philosophie.
Den Kaukasus als einen Grenzraum anzusehen ist in der Forschung über die russische Kaukasusliteratur längst Konsens. Trotzdem wurde er auf die raumsemantische Spezifik der Grenze hin kaum untersucht. Während die sowjetische Literaturwissenschaft den Kaukasus als Thema bzw. Topos der russischen Literaturgeschichte betrachtete, hat die primär westliche Forschung der letzten Jahre die russische Kaukasusliteratur im Orientalismusdiskurs verortet. Harsha Ram erweitert den Kontext, indem er diese Literatur im Rahmen einer Poetik des Imperiums untersucht. Ohne den Anspruch zu erheben, die Poetik der Grenze erschöpfend zu behandeln, möchte ich im folgenden das kaukasische Kapitel der Poetik der Grenze in der russischen Literatur thematisieren. Dabei werde ich exemplarisch die Semantik des Grenzraums im 'Kaukasussujet' bei Aleksandr Puškin (1799-1837), Aleksandr Bestužev-Marlinskij (1797-1837) und Michail Lermontov (1814-1841) untersuchen.
Völker-Gastfreundschaft
(2011)
Ich werde von zwei Sprichworten ausgehen: Ein georgisches Sprichwort sagt: "Stumari vtisaa" - "Der Gast ist von Gott". Ein russisches Sprichwort sagt dagegen: "Nezvannyj gost’ chuže tatarina" - "Ein ungeladener Gast ist schlimmer als ein Tatare". Ich will damit nicht sagen, dass Georgier bessere Gastgeber sind als Russen. Hinter der scheinbaren Differenz zwischen den beiden Konzepten von Gastfreundschaft steht eine Gemeinsamkeit - in beiden Fällen wird die Souveränität aufgegeben. Ein Georgier aber betont das Freiwillige der Übergabe dieser Souveränität: Er tritt das Hausrecht dem Gast ab, so wie er es dem Gott überlassen würde und lässt ihn für eine bestimmte Zeit über die Hausordnung walten. Das russische Sprichwort betont dagegen die feindliche Übernahme: Der ungeladene Gast stört die Ordnung des Hauses, so wie der Erzfeind, der Mongole.
Im geographischen Areal der ehemaligen Sowjetunion existiert ein fast dreihundertjähriges Wechselverhältnis zwischen dem Feld der Macht und dem Feld der Literatur (und Kunst). Das "Denkmal" fungiert als Medium dieses Wechselverhältnisses, als ein Relais, das das Oszillieren des Heroischen zwischen dem Politischen und dem Künstlerischen, vom Staatslenker zum Künstler und zurück ermöglicht. Im Folgenden verfolgt Zaal Andronikashvili die Entstehung und Rezeption des Kulturheros aus und im Denkmal in fünf Schritten. Im ersten Schritt geht er auf die Aporien des Denkmals als eines absolutistischen Repräsentationsmediums ein. Der absolutistische Monarch ist zwischen dem Anspruch auf die ewige Präsenz und der nekrotischen Semantik des Denkmals hin- und hergerissen: er ist einerseits lebendig und immer präsent, andererseits erhebt er diesen Anspruch in und durch die Maske verstorbener Heroen. Im zweiten Schritt geht er den Konsequenzen nach, die die Einführung monarchischer Repräsentationsformen im Medium der Vollplastik im orthodoxen religionskulturellen Kontext hat: Sie setzt ikonoklastische Ressentiments frei und aktualisiert idolatrische Gefühle. Das Denkmal wird semantisch mit den Qualitäten des ambivalenten - sowohl heil- als auch unheilspendenden - Heros aufgeladen. Im dritten Teil untersucht Andronikashvili die künstlerische Kritik an solchen absolutistischen Repräsentationsformen sowie Fragen der Repräsentierbarkeit eines Künstlers am Beispiel der Denkmal-Gedichte von Aleksandr Puškin. Diese ist zugleich ikonoklastisch und ikonodul. Als ikonoklastische Kritik prangert sie das Gemachte, Künstliche, Tote der Repräsentation an. Der Künstler eignet sich aber auch monarchische Repräsentationsformen an, selbst wenn er sie sakral (freilich nicht im religiösen Sinne, sondern als Freiheitskampf) umdeutet. Dadurch begründet der Künstler einerseits einen vom Monarchischen unabhängigen politisch-poetischen Raum, andererseits übernimmt er sowohl die heilspendende als auch die nekrotische Semantik des Heros. Im vierten Teil verfolgt Andronikashvili die Transformation der künstlerischen Rezeption des Denkmals als Metapher zum tatsächlichen Denkmal des Künstlers im Russland des 19. Jahrhunderts. Im letzten Schritt wird gezeigt, wie die ikonoklastische Rezeption der Avantgarde den Künstler von seinem (metaphorischen) Denkmalpostament stürzt und das Künstlerische im Zuge der Oktoberrevolution wieder dem Politischen unterordnet. Die dadurch entstandene Leerstelle des Künstlerischen wird wiederum von der politischen Führer-Repräsentation gefüllt, die nicht nur die Erbschaft monarchischer Repräsentation, sondern auch die der kulturheroischen Repräsentation antritt.
This article examines striking similarities between stereotypical characters in Caroline Lee Hentz's US-American plantation novel "The Planter's Northern Bride" (1854), and Charlotte Brontë's classic "Jane Eyre" (1847). Especially, a connection can be made between Hentz's Italian "Madwoman in the attic" Claudia, and Brontë's transatlantic Caribbean counterpart Bertha. An intersectional methodology performed through a close reading will show how both women are literally and metaphorically trapped within spaces and stereotypes. This article transfers imagology into a global setting while extending its scope beyond investigating national characteristics.
The semantics of adjectives related to nominals denoting societal roles, such as presidential (from president), have remained understudied. We examine the semantics of what we call role-denoting relational adjectives, providing a formal analysis using the notion of a frame, a unified representation for lexical knowledge, world knowledge, and context. The frames we propose are based on a constructivist philosophical understanding of social roles, leading us to posit a multi-tiered ontology of events and individuals. Using frames and our ontology, we provide a general semantics for role-denoting relational adjectives and roles
Discourses in the historical (or narrative) use of the simple present in English prohibit backshifting, though they allow forward sequencing. Unlike both reference time theories and discourse coherence theories of these temporal inferences, we propose that backshifting has a different source from narrative progression. In particular, we argue that backshifting arises through anaphora to a salient event in the preceding discourse.
This paper is about what Ninan (2014) (following Wollheim 1980) calls the Acquaintance Inference (AI): a firsthand experience requirement imposed by several subjective expressions such as Predicates of Personal Taste (PPTs) (delicious). In general, one is entitled to calling something delicious only upon having tried it. This requirement can be lifted, disappearing in scope of elements that we will call obviators. The paper investigates the patterns of AI obviation for PPTs and similar constructions (e.g., psych predicates and subjective attitudes). We show that the cross-constructional variation in when acquaintance requirements can be obviated presents challenges for previous accounts of the AI (Pearson 2013, Ninan 2014). In place of these, we argue for the existence of two kinds of acquaintance content: (i) that of bare PPTs; and (ii) that of psych predicates, subjective attitudes and overt experiencer PPTs.
For (i), we propose that the AI arises from an evidential restriction that is dependent on a parameter of interpretation which obviators update. For (ii), we argue that the AI is a classic presupposition. We model both (i) and (ii) using von Fintel and Gillies’s (2010) framework for directness and thus connect two strands of research: that on PPTs and that on epistemic modals. Both phenomena are sensitive to a broad direct-indirect distinction, and analyzing them along similar lines can help shed light on how natural language conceptualizes evidence in general.
This paper briefly presents the current situation of bilingualism in the Philippines, specifically that of Tagalog-English bilingualism. More importantly, it describes the process of adapting the Multilingual Assessment Instrument for Narratives (LITMUS-MAIN) to Tagalog, the basis of Filipino, which is the country’s national language. Finally, the results of a pilot study conducted on Tagalog-English bilingual children and adults (N=27) are presented. The results showed that Story Structure is similar across the two languages and that it develops significantly with age.
Seit Jahrzehnten steht eine Gestalt an oberster Stelle des Kanons historisch bedeutsamer Figuren in der Ukraine: der Dichter und Maler Taras Ševčenko (1814−1861). Im Land besteht Einigkeit über seine identitätsstiftende Funktion für die imaginierte Gemeinschaft Ukraine. Er wird über die Regionen hinweg als verbindende Gestalt wahrgenommen - besonders in Zeiten, in denen ein mögliches "Auseinanderbrechen" des Landes intensiv diskutiert beziehungsweise befürchtet wird. Ein Grund dafür ist, dass Ševčenko für die historisch unterschiedlich geprägten Regionen einen gleichermaßen festen Bezugspunkt darstellt: Er lebte im Russischen Reich und stammte aus einem Gebiet, das heute zur Zentralukraine gehört; gleichzeitig konnte und kann man sich in der Westukraine mit der Idee von Ševčenko als einem der wichtigsten Träger ukrainischer Identität identifizieren. In Ševčenko laufen zentrale gesellschaftliche und erinnerungskulturelle Diskussionen und Projektionen über Vergangenheit, den gegenwärtigen Zustand und mögliche zukünftige Entwicklungen des Landes zusammen, und die spannungsreichen Veränderungen und erinnerungskulturellen Widersprüche in der Geschichte der Ukraine drücken sich ganz besonders in der Auseinandersetzung mit Ševčenko aus. Ševčenko ist also auch nach der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1991 der Kulturheros schlechthin. Diese Umwertung der Ševčenko-Gestalt wird heute vor allem bei renommierten Wissenschaftlern und Ševčenko-Forschern, aber auch in Reden von Politikern deutlich. Demgegenüber bestehen in der Gegenwartskultur jedoch zahlreiche andere Entwürfe, die die Gleichsetzung Ševčenkos mit der Nation in Frage stellen. Dabei führen die Um- und Neudeutungen zu einer Pluralisierung des Ševčenko-Bildes; und auch wenn Gegenentwürfe als Bedrohung empfunden werden - gerade durch sie wird Ševčenkos Bedeutung aktualisiert und seine Gestalt auch für jüngere Generationen zugänglich und interessant gemacht. Der Kulturheros Ševčenko, der in der Sowjetzeit etabliert und in Folge hoch verehrt wurde, ist weiterhin äußerst populär und ein beliebtes Objekt kultureller, wissenschaftlicher und medialer Auseinandersetzungen in der Ukraine.