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Trotz zunehmend positiver Meldungen vom deutschen Arbeitsmarkt, die von einer "Entspannung der Lage" bis hin zu einer "Trendwende" reichen, herrscht eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit unter den wettbewerbsschwachen Arbeitsuchenden. Ein genauer Blick auf die aktuellen Zahlen verrät, dass der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosenzahl 42 % beträgt. Wiederum besitzt die Hälfte der arbeitslos gemeldeten Arbeitslosengeld II-Empfänger keine abgeschlossene Berufsausbildung, knapp ein Viertel keinen Schulabschluss. ...
Für Zwecke des privaten Konsums werden ständig Gegenwarts- und Zukunftsgüter bewertet und gehandelt. Ein zuverlässiges und umfassendes Maß für die allgemeine Kaufkraft des Geldes und deren Veränderung sollte diesem Grundsachverhalt Rechnung tragen. Im Unterschied zu konventionellen statistischen Verbraucherpreisindizes ist ein ökonomischer Lebenskostenindex intertemporal angelegt, da er die effektiven Konsumgüterpreise (Effektivpreise) über den Planungshorizont der privaten Haushalte bündelt. Ein Preisstabilitätsstandard, der diesen Zusammenhang ausblendet, ist tendenziell verzerrt und leistet einer asymmetrischen Geldpolitik Vorschub.
Effektivpreise sind Gegenwartspreise für künftigen Konsum, sie berücksichtigen Güterpreise und Zinsen bzw. Vermögenspreisänderungen, sind konsumtheoretisch und wohlfahrtsökonomisch fundiert und bilden die zentralen Bausteine für die Modellklasse der ökonomischen Lebenskostenindizes. Nutzentheoretisch gesehen sind Effektivpreise bewerteter Grenznutzen der letzten konsumierten Gütereinheit, und die daraus abgeleiteten Effektiven Inflationsraten sind intertemporale Grenzraten der Substitution.
Die Autoren entwickeln einen intertemporalen Lebenskostenindex auf der Grundlage des Konzepts der Effektivpreise und stellen empirische Zeitreihen und kohortenspezifische Szenarioanalysen für Deutschland vor.
Helmut Siekmann erläutert in seinem Beitrag die Einstandspflicht der Bundesrepublik Deutschland für die Deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass weder eine „Haftung der Bundesrepublik Deutschland für Verluste der EZB noch eine Verpflichtung zur Auffüllung von aufgezehrtem Eigenkapital“ besteht.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in: Festschrift für Theodor Baums zum siebzigsten Geburtstag, S. 1145-1179, Helmut Siekmann, Andreas Cahn, Tim Florstedt, Katja Langenbucher, Julia Redenius-Hövermann, Tobias Tröger, Ulrich Segna, Hrsg., Tübingen, Mohr Siebeck 2017
Über Scheinriesen: Was TARGET-Salden tatsächlich bedeuten : eine finanzökonomische Überprüfung
(2018)
Der TARGET-Saldo der Bundesbank beläuft sich gegenwärtig auf knapp 1 Billion Euro. Kritikern zufolge birgt dieser Umstand hohe Lasten und Risiken für den deutschen Steuerzahler und zeigt, dass Deutschland zu einem „Selbstbedienungsladen“ im Eurosystem geworden sei. Vor diesem Hintergrund erörtert das Papier im Detail, wie TARGET-Salden überhaupt entstehen und was sie finanzökonomisch bedeuten. Die wirtschaftspolitische Analyse kommt zu dem Schluss, dass - anders als von den Kritikern behauptet- unter den Bedingungen einer Währungsunion im Normalbetrieb - TARGET-Salden lediglich Verrechnungssalden ohne weitere Implikationen sind, die aber nützliche Informationen über ökonomisch tieferliegende, regionale Verschiebungen geben können. Unter dem Extremszenario eines Zerfalls der Währungsunion können TARGET-Salden zwar als offene Positionen interpretiert werden, deren spätere Erfüllung würde aber ähnlich dem Brexit von komplizierten politischen Verhandlungen abhängen, sodass über die Werthaltigkeit allenfalls spekuliert werden kann. Sollte man das Extremszenario für bedeutend halten, und politisches Handeln fordern, erscheinen zwei Lösungen sinnvoll. Beide Vorschläge führen zu einer institutionellen Stärkung der Eurozone: i) die Einführung einer Tilgungspraxis, wie sie im US-amerikanischen Fedwire-System angewandt wird. Dabei handelt es sich um eine rein fiktive Tilgung in Form einer Umbuchung auf einem gemeinsamen (Offenmarkt-)Konto bei der EZB; ii) die Bündelung aller monetären Aktivitäten bei der EZB, sodass eine regionale Abgrenzung von Zahlungsvorgängen entfällt (und damit die TARGET-Salden verschwinden), weil alle Banken in direkter Beziehung zu ein und derselben Zentralbank stehen und der Zahlungsverkehr direkt zwischen den beteiligten Banken stattfindet.
Im Jahr 1564 veröffentlicht der Ulmer Militärexperte und -schriftsteller Leonhard Fronsperger die Schrift "Von dem Lob deß Eigen Nutzen", in der er darlegt, dass die konsequente Verfolgung des eigenen Nutzens als individuelle Handlungsmaxime im Ergebnis zu einer Förderung des Gemeinwohls führt. Das etwas mehr als hundert Seiten umfassende Werk wird in Frankfurt am Main, einem Zentrum des europäischen Buchdrucks und -handels, verlegt und findet Erwähnung im ersten veröffentlichten Katalog der Frankfurter Buchmesse. Fronsperger präsentiert seine für die damalige Zeit durchaus revolutionäre These in der Form eines satirischen Enkomions und unterlegt sie mit einer umfangreichen Gesellschaftsanalyse. Er stellt fest, dass die politischen Herrschaftsformen, die gesellschaftlichen Institutionen und die wirtschaftlichen Handelsbeziehungen auf einer konsequenten Verfolgung des eigenen Nutzens aller Akteure beruhen und dass sich die von der Kirche geforderte Ausrichtung des individuellen Handelns am Gemeinwohl in der Realität nicht finden lässt. Vielmehr hält er die Kritik der Theologen am egoistischen Handeln des Einzelnen für falsch, empfindet er doch den Staat, Wirtschaft und Gesellschaft im Großen und Ganzen als gut funktionierend.
Im Folgenden dokumentieren wir zunächst die Biografie des Autors, die Entstehung und Verbreitung des Werks und seine besondere literarische Form. Anschließend diskutieren wir die zentrale These in drei verschiedenen geistesgeschichtlichen Kontexten, die jeweils von besonderer Bedeutung für die Herausbildung der neuzeitlichen Gesellschafts- und Wirtschaftstheorien sind. Erkenntnis- und staatstheoretisch weist Fronspergers Werk deutliche Parallelen zu den Analysen auf, die Niccolò Machiavelli und später Giovanni Botero in Italien zur Bedeutung der auf den individuellen fürstlichen Interessen basierenden Staatsräson bzw. zu den Triebkräften erfolgreicher Stadtentwicklung vorlegten. Markante Unterschiede gibt es dagegen zu den Ansichten der deutschsprachigen Reformatoren im Anschluss an Luther, die zwar die Unterscheidung zwischen geistlicher und weltlicher Sphäre propagieren und damit die Entwicklung einer eigenständigen Moral für das Wirtschaftsleben befördern, dort allerdings mehrheitlich die Orientierung am "Gemeinen Nutzen" propagieren. Indem Fronsperger dagegen die Verfolgung des Eigennutzes fordert, nimmt er wirtschafts- und gesellschaftstheoretische Einsichten über das Wesen und die Auswirkungen der Arbeitsteilung vorweg, die erst 150 Jahre und später von Bernard Mandeville und Adam Smith in England und Schottland formuliert wurden. Das Werk Fronspergers bietet damit ein herausragendes Beispiel dafür, wie sich aus dem Zusammenspiel von wirtschaftlichem Erfolg, einem realistischen Menschenbild und manchen Aspekten der Reformation in deren Folge ein neues normatives Verständnis von den Antriebskräften ökonomischer und gesellschaftlicher Dynamik entwickelt, das später als der "Geist des Kapitalismus" bezeichnet wird.
Der Beitrag analysiert die Voraussetzungen für stabiles Geld und setzt sich dabei grundlegend mit Hayeks Thesen zu alternativen Währungssystemen sowie dessen fundamentaler Kritik an der Möglichkeit zur Gestaltung der Geldpolitik auf wissenschaftlicher Basis auseinander. Er prüft Hayeks Vorschlag zur Entnationalisierung des Geldes und seine Thesen zur Überlegenheit des im privaten Wettbewerb geschaffenen Geldes. In diesem Zusammenhang schlägt der Beitrag einen Bogen zur aktuellen Diskussion über Kryptowährungen und wirft die Frage auf, ob virtuelle Währungen wie etwa Bitcoin geeignet sind, den Hayekschen Währungswettbewerb zu entfalten. Sodann wird im Gegensatz zu Hayeks Forderung nach einer Abschaffung der Zentralbanken deren entscheidende Rolle für anhaltendes Wachstum bei stabilen Preisen skizziert und die Wichtigkeit der Unabhängigkeit von Notenbanken für die dauerhafte Durchführung einer stabilitätsorientierten Geldpolitik hervorgehoben. Gleichwohl ergeht der Hinweis, dass Notenbanken mit der Überschreitung ihres Mandats auf lange Sicht gesehen selbst den Status ihrer Unabhängigkeit unterminieren können und damit die Rückübertragung der Kompetenz für zentrale geldpolitische Entscheidungen auf Regierung und Parlament provozieren. Die Gefahren der weitgehenden Unabhängigkeit einiger weniger an der Spitze der Notenbanken anerkennend wird anschließend die Bedeutung ihrer Rechenschaftspflicht und Transparenz ihrer Entscheidungen unterstrichen.
Passt das deutsche Dreisäulensystem in eine zunehmend harmonisierte Bankenstruktur für Europa?
(2018)
Das deutsche Bankensystem ruht seit Jahrzehnten auf drei Säulen: den privaten Kreditbanken, einschließlich der großen Banken in Aktionärsbesitz, den öffentlichen Banken und den Genossenschaftsbanken. Fast nirgendwo anders in Europa hat ein solches Dreisäulensystem überlebt. Passt es also noch in ein Europa, in dem die Bankpolitik, die Regulierung und die Aufsicht inzwischen weitgehend in die Zuständigkeit der EU fallen? Für eine Bewahrung des Systems sprechen vor allem Gesichtspunkte der Stabilität. Angesichts ihrer Gruppenzugehörigkeit sind die deutschen "stakeholder-value-orientierten" Banken der Säulen 2 und 3 finanziell keineswegs weniger erfolgreich, sogar ein wenig erfolgreicher als die "shareholder-value-orientierten" Großbanken der Säule 1. Insbesondere schwanken ihre Geschäftszahlen deutlich weniger als jene der Großbanken, die in der Regel ein riskanteres Geschäftsmodell verfolgen. In vielen Privatbanken ist die Gewinnorientierung und damit auch die Bereitschaft, hohe Risiken einzugehen, aus ordnungspolitischer Sicht zu hoch, was die Systemstabilität tendenziell gefährdet. Zudem erfüllen die Genossenschaftsbanken und Sparkassen eine regionalpolitische Ausgleichsfunktion und haben eine gesamtwirtschaftlich stabilisierende Wirkung.
Deutschland und Europa
(2018)
Otmar Issing erörtert die Reaktionen in Deutschland auf die Pläne des französischen Präsidenten Macron aus dessen viel beachteter Rede zur Zukunft Europas an der Pariser Sorbonne. Issing wertet das Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD als Abschied von der Vorstellung einer auf Stabilität gerichteten europäischen Gemeinschaft und mahnt an, den einheitlichen Markt und die damit verbundenen Freiheiten nicht durch überzogene Ambitionen zu gefährden und damit zunehmendes Misstrauen gegenüber Europa zu fördern.
Insbesondere in der geplanten Weiterentwicklung des ESM zu einem im Unionsrecht verankerten Europäischen Währungsfonds sieht Issing die Auslieferung der durch den Fonds zur Verfügung gestellten Mittel an eine politische Mehrheit. Zudem führe die Bestellung eines europäischen Finanzministers zur Schaffung einer die Währungsunion ergänzenden Fiskalunion und damit zur Verlagerung finanzpolitischer Kompetenz von der nationalen auf die europäische Ebene. In letzter Konsequenz bedeute dies eine Aufgabe des grundlegenden Prinzips der demokratischen Legitimierung und Kontrolle finanzpolitischer Entscheidungen.
Das Ergebnis der Sondierungsgespräche muss man als Abschied von der Vorstellung einer auf Stabilität gerichteten europäischen Gemeinschaft verstehen. Damit werden die Versprechen gebrochen, die man den Bürgern in Deutschland vor der Einführung des Euros gegeben hat.
Erkenntnis voraus
(2016)
"Die Handelswissenschaften werden hier zum ersten Mal an einer Universität zu einem ergänzenden Teil der Sozial-, Staats- und Volkswirtschaftslehre", freute sich der Initiator Wilhelm Merton. Als Mitbegründer der Metallgesellschaft machte sich der Unternehmer dafür stark, die moderne Wirtschaftsgesellschaft in puncto Ausbildung und Lehre zu stärken.
Vom bürgerschaftlichen Engagement und der Stiftungskultur in Frankfurt profitiert die GoetheUniversität bis heute: 100 Jahre nach ihrer Gründung durch Frankfurter Bürger gehört sie zu den größten und drittmittelstärksten Hochschulen in Deutschland, ist seit 2008 wieder Stiftungsuniversität und genießt damit eine besondere Autonomie. ...
Seit 2006 haben die Bundesländer das Recht, den Steuersatz der Grunderwerbsteuer selbst zu bestimmen. Von diesem Recht wurde in den meisten Bundesländern – mit Ausnahme von Bayern und Sachsen – ausgiebig Gebrauch gemacht. Mit dieser Entwicklung sind verschiedene negative Begleiterscheinungen der Steuer weiter in den Vordergrund gerückt. Ausweichreaktionen und Preiseffekte auf dem Immobilienmarkt führten dazu, dass aus jedem Prozent, um das der Steuersatz erhöht wurde, schätzungsweise nur rund 0,6 Prozent zusätzliche Steuereinahmen resultierten, während ohne Ausweichreaktionen und Preiseffekte eine Einnahmenerhöhung um ein Prozent zu erwarten gewesen wäre. Hinter diesem unterproportionalen Aufkommenseffekt sind verschiedene Mechanismen zu vermuten, wie etwa die Umgehung durch den Kauf des Grundvermögens als Teil einer Kapitalgesellschaft.
In Anbetracht der gestiegenen Steuersätze wurde im letzten Bundestagswahlkampf aus CDU sowie FDP der Ruf laut nach einem Freibetrag für Immobilienkäufer, die erworbenes Wohneigentum selbst nutzen möchten. Die Kinderzahl soll den Freibetrag je nach Vorschlag erhöhen.
Der Beitrag diskutiert kritisch die Forderung nach einer Familienkomponente der Grunderwerbssteuer und zeigt darüber hinaus mögliche Alternativen zur Einschränkung der Steuergestaltungen durch Share Deals auf.
Das Clearing von Euro-OTC-Derivaten post Brexit – eine Analyse der vorliegenden Kostenschätzungen
(2017)
Im Zusammenhang mit dem Brexit wird über die Kosten einer Relokation des Clearing des Euro-OTC-Derivate-Geschäftes auf ein EU-CCP diskutiert. Das vorliegende Papier zeigt, dass die bislang vorliegenden Kostenschätzungen, die von Kosten in Höhe von bis zu USD 100 Mrd. für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgehen, viel zu hoch sind. Die erwarteten Kosten einer Relokation liegen vielmehr bei ca. USD 0,6 Mrd. p.a. bzw. ca. USD 3,2 Mrd. für eine Übergangsphase von fünf Jahren. Angesichts der hohen Bedeutung von systemrelevanten CCPs für die Stabilität der Eurozone sollten diese Kosten nicht entscheidungsrelevant für eine Relokation sein.
Möglichkeiten der Evaluation von E-Learning-Arrangements. Eine Analyse am Beispiel von EverLearn
(2010)
Der Einsatz von E-Learning-Angeboten wird seit Mitte der 1990er Jahre intensiv diskutiert (Baumgartner et al. 2002, S. 13) und sowohl von der Industrie als auch von staatlichen Stellen gefördert (Kerres et al. 2005). Neben dem Wunsch nach genereller Modernisierung (Bachmann et al. 2004, S. 1) soll der Einsatz von E-Learning vor allem zu einer Verbesserung der Betreuungsintensität der Lernenden, insbesondere in Massenveranstaltungen an deutschen Hochschulen führen (Grüne et al. 2006; Hiltz 1995; Mathes 2002; Schwickert et al. 2005). E-Learning soll es ermöglichen, die Lernenden intensiver und individueller zu betreuen, und so zu einer Erhöhung des empfundenen Servicegrades beitragen (Alavi 1994; Schutte 1997).
Seit der Abschaffung der zentralen Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) müssen Hochschulen solche vermuteten Wettbewerbsvorteile nutzen und sich aktiv um die Steigerung der Bewerberzahlen und die Zufriedenheit der Lernenden bemühen, was zu der Forderung führte, den Einsatz von E-Learning-Angeboten in der Hochschullehre auszudehnen (BLK 2002, S. 1; BMBF 2000). In der Folge wurden große Summen für die Entwicklung und die Implementierung innovativer E-Learning-Angebote bereitgestellt, ohne deren langfristigen Erfolg sicherstellen zu können (Marshall et al. 2004).
In diesem Beitrag untersuchen wir, wie eine nachhaltige Implementierung von E-Learning-Projekten in Hochschulen durch organisatorische Gestaltungsmaßnahmen gefördert werden kann. Die Untersuchung erfolgt aus dem Blickwinkel der Wirtschaftsinformatik, die sich mit dem Potenzial von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) für die Verbesserung von Geschäftsprozessen beschäftigt (Laudon et al. 2007; Lyytinen 1985; WKWI 1994)...
Dem vorliegenden Buch liegt die erkenntnisleitende Annahme zugrunde, dass der ebenso komplexe wie hybride Gegenstandsbereich „E-Learning“ keiner akademischen Fachkultur exklusiv zurechenbar ist oder ihr gar „allein gehört“. Aus diesem Umstand wird gewöhnlich die Notwendigkeit eines stärker inter- und multidisziplinär ausgerichteten Forschens und Arbeitens an den Hochschulen abgeleitet. Doch trotz schlüssiger Begründung der Notwendigkeit, den Blick über den Tellerrand der eigenen Disziplin zu richten und die Kooperation mit Vertretern anderer Fachkulturen zu verstärken, scheinen beim Thema E-Learning die Grenzen zwischen den Disziplinen besonders undurchlässig zu sein. So kommt es, dass die vielfach beschworenen Synergieeffekte im Prozess des wissenschaftlichen Forschens eher die Ausnahme als die Regel darstellen. In der Tat sollte man sich vor diesbezüglichen Illusionen hüten. Denn der Weg zu einer konstruktiven interdisziplinären Forschungs- und Gesprächskultur dürfte noch sehr weit sein, und es ist keineswegs absehbar, ob die damit verbundenen Erwartungen und Hoffnungen sich tatsächlich jemals erfüllen werden...
In diesem Beitrag untersuchen wir den Erfolg von E-Learning-Maßnahmen in einer Massenveranstaltung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Mit Bezug auf das Modell von Seufert und Euler gehen wir auf die didaktische Dimension der Nachhaltigkeit von E-Learning-Aktivitäten ein (Seufert et al. 2003a, S. 6; Seufert et al. 2003b, S. 18f.). Die didaktische Dimension sehen Seufert und Euler als die zentrale und wichtigste Dimension der Nachhaltigkeit von E-Learning-Angeboten an. Der Einsatz von E-Learning-Maßnahmen muss sich daran messen lassen, ob er Lernziele besser erreicht als alternative, weniger aufwändige Lernszenarien (Seufert et al. 2004, S. 11)...
WiWi news ; Nr. 1 [2017]
(2017)
Eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an die Mitteilung nach § 20 AktG über die Mitteilung eines Beteiligungserwerbs2 gibt Anlass zu Überlegungen zu den Rechtsfolgen einer Verletzung von Mitteilungspflichten durch mittelbar beteiligte Gesellschafter.
Der Bundesgerichthof hat, ohne auf abweichende Ansichten einzugehen, die h.M.3 bestätigt, nach der bei Verletzungen einer Mitteilungspflicht durch ein herrschendes Unternehmen die Rechtsfolge des Rechtsverlustes das unmittelbar beteiligte Tochterunternehmen selbst dann trifft, wenn dieses seine eigene Mitteilungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hat.4 Im Hinblick auf den (zeitweiligen) Verlust von Dividendenansprüchen, um die es in dem vom BGH entschiedenen Fall ging, dürfte die in der Sache entscheidende Erwägung sein, dass anderenfalls dem herrschenden Unternehmen die mittelbaren Folgen der Gewinnausschüttung auch dann erhalten blieben, wenn es den eigenen Verstoß gegen die Mitteilungspflicht und den daraus folgenden temporären Wegfall des Gewinnbezugsrechts kannte oder kennen musste.
Die Empfehlung des Corporate Governance-Kodex (Ziff. 5.4.2), „dem Aufsichtsrat soll eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören“, wirft in der Praxis nach wie vor Fragen auf. Im Folgenden sollen einige Thesen zur Auslegung dieser Empfehlung aufgestellt werden. Eine rechtspolitische Auseinandersetzung mit ihr und Änderungsvorschläge sind an dieser Stelle nicht beabsichtigt.
Anleihen werden in der Regel in zahlreiche Teilschuldverschreibungen aufgespalten und diese an verschiedene Investoren verkauft. Dies begründet, der Zahl der umlaufenden Teilschuldverschreibungen entsprechend, jeweils unterschiedliche Schuldverhältnisse zwischen dem Emittenten und dem jeweiligen Investor. Hält ein Investor mehrere Teilschuldverschreibungen, so entstehen dementsprechend mehrere rechtlich voneinander zu unterscheidende Schuldverhältnisse mit gleichem Inhalt.1 Diese können jeweils ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben, z. B. getrennt voneinander übertragen werden. Sie können auch, von atypischen Gestaltungen abgesehen, je einzeln vom Gläubiger gekündigt werden, wenn die Anleihebedingungen insoweit keine Vorkehrungen treffen. Die folgenden Bemerkungen dazu befassen sich zunächst mit der umstrittenen Frage, ob auch eine Kündigung aus wichtigem Grund seitens eines Gläubigers gemäß §§ 490 Abs. 1, 314 BGB in Betracht kommt (im Folgenden I. - VII.)
Die sog. Business Judgment Rule wurde durch Art. 1 Nr. 1a des UMAG1 auf entsprechende Vorschläge im Schrifttum2 als neuer § 93 Abs. 1 Satz 2 in das Aktiengesetz eingefügt. Der Sache nach war sie bereits zuvor in Rechtsprechung3 und Lehre4 anerkannt. Nach gängigem Verständnis soll die Business Judgment Rule einen „sicheren Hafen“ bieten, der Organmitglieder davor schützt, dass unternehmerische Misserfolge auf der Grundlage nachträglicher besserer Erkenntnis als Sorgfaltspflichtverstöße sanktioniert werden. Nach ganz überwiegen-der Auffassung beschränkt sich die Bedeutung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht darauf, durch ausdrückliche Regelung von Elementen der Sorgfaltspflicht klarzustellen, dass das Gesetz mit dem strengen Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftslei-ters nicht etwa eine Erfolgshaftung statuiert. Die Business Judgment Rule wird vielmehr als Privilegierung gegenüber dem ansonsten geltenden Haftungsmaßstab des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG verstanden. Ausdrückliche Stellungnahmen zur Wirkungsweise dieses Privilegs reichen von der Annahme eines der richterlichen Nachprüfung entzogenen unternehmerischen Ermes-sensspielraums5 über die Einordnung als unwiderlegliche Vermutung objektiv rechtmäßigen Verhaltens6 bis hin zu der Annahme, dass im Anwendungsbereich der Business Judgment Rule eine Haftung gegenüber der Gesellschaft nur ab der Grenze der groben Fahrlässigkeit in Betracht komme.7 Aber auch die zahlreichen Stellungnahmen, die sich nicht ausdrücklich zur Frage der Haftungserleichterung äußern, setzen eine privilegierende Wirkung der Business Judgment Rule voraus. Anderenfalls hätten die eingehenden Überlegungen zur Abgrenzung unternehmerischer von anderen, insbesondere rechtlich gebundenen Entscheidungen, für die offenbar ein strengerer Sorgfalts- und Haftungsmaßstab gelten soll, keinerlei praktische Bedeutung.
1.Hinsichtlich der Haftung von Organmitgliedern gegenüber der Gesellschaft für Fehlein-schätzungen der Rechtslage gilt kein anderer Maßstab als hinsichtlich der Haftung für Fehler bei unternehmerischen Entscheidungen (dazu sogleich, II).
2.Die Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG enthält kein Haftungsprivileg; insbesondere stellt sie Organmitglieder nicht grundsätzlich von der Haftung für grobe Fahr-lässigkeit frei. Sie konkretisiert vielmehr lediglich die Sorgfaltsanforderungen an einen or-dentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter und stellt klar, dass dessen Haftung nicht mit nachträglicher besserer Erkenntnis begründet werden kann. Aus diesem Grund ist es unbe-denklich, dass sich die Haftung für unternehmerische, rechtliche und sonstige Fehler nach einheitlichen Haftungsgrundsätzen richtet (dazu unten, III.).
Die aktuelle Diskussion über eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vermischt Fragen nach dem durchschnittlichen Rentenniveau mit Fragen der Umverteilung von Einkommen im Ruhestand zur Bekämpfung einer etwaigen Altersarmut. Dieser Beitrag kritisiert diesen Ansatz und befasst sich mit fünf Kernaussagen: (1) Die aktuell gültige Rentenformel darf unter keinen Umständen abgeschafft werden. (2) Das Renteneintrittsalter sollte an die durchschnittliche Restlebenserwartung nach dem Erreichen des 65. Lebensjahres gekoppelt werden. (3) Eine Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt wird das Rentenniveau in den Jahren 2030 bis 2040 stützen. (4) Sollte trotz allem die Altersarmut steigen, so kann dem durch die Einführung einer Mindestrente begegnet werden. (5) Die private Altersvorsorge muss weiter gestützt werden.
Das Ergebnis des Volksentscheids im Vereinigten Königreich ist ein Weckruf. Alle Entscheidungsträger der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten sind aufgerufen, grundlegende Reformen der Verfassung einer Europäischen Union, möglicherweise nur noch einer europäischen „Kontinentalunion“ unverzüglich in Angriff zu nehmen. Unverzüglich bedeutet, einen Reformprozess nicht erst dann zu beginnen, wenn die Verhandlungen über ein Austrittsabkommen beendet worden sind. Eine Rückentwicklung der Europäischen Union zu einer bloßen Wirtschaftsgemeinschaft dürfte dabei keine Lösung sein. Es ist jetzt angezeigt, offen und – notfalls kontrovers – zu diskutieren, wie ein künftiger Bundesstaat auf europäischer Ebene aussehen könnte.
Im Nachgang der Finanz- und Wirtschaftskrise beobachten wir derzeit sehr niedrige Renditen im „sicheren“ Anlagebereich auf dem Geldmarkt und für Staatsanleihen. Gleichzeitig sind Aktienkurse massiv gestiegen und zeichnen sich seit Beginn 2015 durch eine Seitwärtsbewegung aus. Die Ursachen für diese Entwicklung sind teilweise bekannt: Niedrige Zinssätze aufgrund einer expansiven Geldpolitik gepaart mit hoher Unsicherheit an den Märkten reduzieren die Auswahl attraktiver Kapitalanlagemöglichkeiten erheblich. Doch wie wird sich die langfristige Entwicklung gestalten, wenn oder falls die Wirkungen der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise nachlassen? Gibt es einen langfristigen Trend? Spiegelt sich dieser Trend etwa bereits heute in den niedrigen Renditen wider?
Vor mehr als einem Jahrzehnt, also bereits einige Jahre vor der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise, wurde wiederholt die sogenannte „Asset Market Meltdown“-Hypothese postuliert. Nach dieser Hypothese würden in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts die Kapitalrenditen stark sinken, wenn die „Babyboomer“-Generation in den Ruhestand gehe und infolgedessen Kapital aus dem Wertpapiermarkt abziehe. Heute wird eine ähnliche Debatte unter dem Stichwort „säkulare Stagnation“ geführt. Danach bestehe die Gefahr, dass die nächsten Jahrzehnte durch niedrige Wachstumsraten geprägt sein und negative Realzinsen gar zur Normalität werden könnten. Dieser Beitrag geht der Frage nach, inwiefern die demographische Entwicklung für eine solche Stagnation verantwortlich ist.
Steueroasen besitzen drei wichtige Merkmale, die aus der Sicht von Steuerhinterziehern und Steuervermeidern anderer Länder besondere Anziehungskraft haben. Sie bieten niedrige Steuersätze für alle oder für bestimmte Kapitaleinkommen. Sie weisen eine hohe politische Stabilität und funktionierende Institutionen auf. Schließlich verbinden sie dies mit einem hohen Maß an faktischer Intransparenz in den Besitzstrukturen von Briefkastenfirmen sowie einer ausgeprägten Vertraulichkeit von Bankdaten. Unter Führung der OECD hat sich in den letzten Jahren der politische Druck auf die internationalen Steueroasen erhöht und zu einer Reihe von bilateralen und multilateralen Abkommen zum Informationsaustausch geführt. Da diese Abkommen nicht alle Steueroasen umfassen, haben sie die Gesamtanlagen in den Steueroasen allerdings bisher nur in sehr geringem Umfang reduzieren können. In Deutschland werden die internationalen Abkommen der letzten Jahre von Seiten der Steuerpolitik aber bereits als Erfolg verbucht und eine stärker progressive Besteuerung von Kapitaleinkünften diskutiert. Falls weiterhin ein Teil der einschlägigen Steueroasen dem Informationsaustausch fernbleibt, bietet es sich an, auf bilateralem Wege Verhandlungen aufzunehmen oder den Druck über multilaterale Verfahren und Sanktionen zu erhöhen.
Trotz einer fast 30-jährigen Forschungs- und Umsetzungshistorie stellen Projekte zum Aufbau integrierter Datenhaushalte (Data Warehouses) für Unternehmen immer noch eine große Herausforderung dar. Gerade in Data Warehouse-Projekten bei Finanzdienstleistern führt eine hohe semantische Komplexität häufig zu Projektverzögerungen oder zum Scheitern der Vorhaben. Dies zeigt die Arbeit anhand von explorativen Fallstudien auf und fragt nach den Gründen für diesen typischen Verlauf. Eine mögliche Ursache liegt in einer unzureichenden Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten, was zu Missverständnissen in der Konzeption und somit zu Fehlimplementierungen führt, die – gerade wenn sie spät erkannt werden – deutliche Verzögerungen und Budgetüberschreitungen zur Folge haben. Ausgehend von diesen beobachteten Praxisproblemen sucht die vorliegende Arbeit auf der Grundlage des Design-Science-Research nach Lösungsansätzen: unter Übertragung der Erkenntnisse der Kommunikationstheorie wurden drei Artefakte entwickelt, sukzessive verbessert und validiert. Die Paper zeigen auf, dass sich durch den Einsatz formalisierter Templates, eines verbesserten Vorgehensmodells in Verbindung mit einem korrespondieren Softwaretool das Kommunikationsverhalten in den Projekten verbessern lässt und somit eine höhere Projekt-Performance erreicht wird. Hierzu wurden insgesamt sechs Projekte zum Aufbau von Data Warehouses im Finanzdienstleistungsumfeld in Fallstudien analysiert und zudem Experten-Interviews mit den Projektbeteiligten durchgeführt, die im Ergebnis die positive Wirkung der Artefakte unterstützen.
Die vorliegende Bachelorarbeit leistet einen Beitrag zur wissenschaftlichen Identifikation von intergenerationalen Unterschieden verschiedener Arbeitnehmergruppen. Insbesondere werden sowohl die Unterschiede zwischen den Generationen X und Y, in der Arbeitsbereitschaft, in unterschiedlichen Abschnitten des Berufslebens, als auch die Unterschiede zwischen der Wahrnehmung der Wichtigkeit von Arbeitgeberattraktivitätsattributen jener Generationen betrachtet. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Betrachtung von High-Potentials.
Die Studie untersucht die Frage, ob der Gesetzgeber des ARUG die Ziele erreicht hat, die mit der Reform des Rechts der Anfechtung von HVBeschlüssen verfolgt wurden. Darüber hinaus gehend soll die Entwicklung der Beschlußmängelklagen seit der letzten Studie der Verfasser hierzu nachgezeichnet werden. Unsere Studie zeigt, daß seit Inkrafttreten des ARUG ein deutlicher Rückgang der Beschlußmängelklagen und Freigabeverfahren zu verzeichnen ist. Dagegen ist der Anteil der von „Berufsklägern“ erhobenen Klagen und Nebeninterventionen gleich geblieben, wobei sich die Anzahl der Personen in der Gruppe der „Berufskläger“ nochmals vergrößert hat. Das ARUG hat insoweit keine erkennbare Wirkung gehabt...
Schätzwerte mittelfristiger Gleichgewichtszinsen mit der Methode nach Laubach und Williams (2003) werden inzwischen vielfach in der Diskussion um die Geld- und Fiskalpolitik zitiert. Unter anderem wurden sie von Summers (2014a) als Evidenz für eine säkulare Stagnation angeführt und von Yellen (2015) zur Rechtfertigung der Nullzinspolitik verwendet. In diesem Papier nehmen wir eine umfangreiche Untersuchung und Sensitivitätsanalyse dieser Schätzwerte für die Vereinigten Staaten, Deutschland und den Euro-Raum vor. Aufgrund der hohen Unsicherheit und Sensitivität, die mit den Schätzwerten mittelfristiger Gleichgewichtszinsen mit der Laubach-Williams-Methode und ähnlichen Ansätzen verbunden ist, sollten diese Schätzungen nicht den Ausschlag für entscheidende Weichenstellungen in der Geld- und Fiskalpolitik geben.