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Deutschland steht angesichts der seit rund sechs Wochen massiv angestiegenen Zahlen von Flüchtlingen insbesondere aus Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens vor einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen der Nachkriegsgeschichte. Je nach Quelle werden alleine in diesem Jahr rund 800.000 Flüchtlinge (die derzeitige Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge), bis zu einer Million (Bundesminister Sigmar Gabriel) oder auch 1,5 Millionen Zuwanderer erwartet. Ein sehr großer Anteil dieser Menschen wird vermutlich als asylberechtigt anerkannt werden. Und da ein weit überproportional hoher Anteil dieser Flüchtlinge alleinreisend war, ist damit zu rechnen, dass im Laufe der nächsten Jahre eine mutmaßlich noch größere Anzahl von Familienangehörigen nachziehen wird. Deutschland muss sich also perspektivisch auf mehrere Millionen neue Einwohner einstellen...
Durch das entschlossene und überaus mutige Eingreifen mehrerer Passagiere konnte am 21. August 2015 an Bord des Thalys-Schnellzuges von Amsterdam nach Paris ein mutmaßlich jihadistisch motivierter Attentäter daran gehindert werden, zahlreiche Menschen zu ermorden. Wäre der Täter nicht gehindert worden, hätte er, bewaffnet mit einem Sturmgewehr, einer Pistole und einem Messer, dutzende Opfer finden können...
Teil XIV unserer Serie zum „Islamischen Staat“. Der „Islamische Staat“ veröffentlicht unter dem Namen „Dabiq“ eine eigene Propagandazeitschrift. Die mit zahlreichen großformatigen Fotos hergestellte Publikation mutet dabei wie ein modernes Magazin an und ist optisch durchaus mit dem seit mehreren Jahren bekannten Magazin „Inspire“ der al-Qaida vergleichbar. Im Folgenden soll die deutsche Ausgabe in die Rekrutierungs- und Medienstrategie des IS eingeordnet und mögliche Folgerungen für die Sicherheitslage und die Tätigkeit der deutschen Sicherheitsbehörden vorgenommen werden.
Auch wenn seit George W. Bushs „War on Terror“ die Bekämpfung von Terrorismus nicht mehr ohne fragwürdigen Beigeschmack mit dem Begriff des „Krieges“ bezeichnet werden kann, erlebt eine derartige Rhetorik zusammen mit dem Aufstieg des Islamischen Staates ein neues Revival. Während zunächst Papst Franziskus von einem „Dritten Weltkrieg“ sprach, assistierten nach den jüngsten Anschlägen in Frankreich und Sousse auch deutsche Medien bei der Konstruktion solch umfassender Bedrohungsszenarien. Selbst der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, sieht mittlerweile einen „terroristischen Weltkrieg“ ausgebrochen. Lässt man einmal die zahlreichen Gründe beiseite, warum eine derartige Bezeichnung im besten Fall falsch und im schlimmsten Fall kontraproduktiv ist 1, so kann man derlei Aussagen als Ausdruck einer Gefahrenwahrnehmung interpretieren, aus der nicht zuletzt eine gefühlte Hilflosigkeit angesichts der terroristischen Bedrohung von immer mehr Lebensbereichen spricht. Auf Flugreisen, auf dem Weg zur Arbeit, bei der Arbeit, bei Sportveranstaltungen: die Orte gefühlter Sicherheit werden zunehmend weniger. Und nun ist selbst ein Strandurlaub nicht mehr frei vom Risiko, einen gewaltsamen Tod zu sterben...
Am vergangenen Freitag stimmte der Bundestag mit deutlicher Mehrheit für einen Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat. Bereits am Donnerstag veröffentlichten die Fachschaften der Friedens- und Konfliktforschungs-Studiengänge in Frankfurt, Magdeburg, Marburg und Tübingen eine Stellungnahme in der sie erläutern, weshalb ein überstürztes Eingreifen in Syrien falsch sei. Inzwischen wird die Erklärung auch von anderen Studierenden, Lehrenden sowie Professorinnen und Professoren der Friedens- und Konfliktforschung unterstützt. Hier die Kernpunkte deS Statements:...
Seit einem Jahr ist im Umfeld der Vereinten Nationen immer wieder von einem „Human Rights Up Front Aktionsplan“ zu hören. Erst kürzlich forderte Generalsekretär Ban Ki-moon die Mitgliedstaaten in einer Ansprache zu den Prioritäten der UN 2015 auf den Aktionsplan zu unterstützen. Doch was ist das für eine Initiative und welche Resultate hat sie bislang hervorgebracht? Diesen Fragen geht dieser Beitrag auf den Grund.
Ein Crosspost aus dem äußerst lesenswerten neuen Blog der Friedensakademie Rheinland-Pfalz friedensakademie-blog.eu/ zur aktuellen Lage in Libyen: Dort droht die internationale Staatengemeinschaft vier Jahre nach der Intervention in ihrer Verantwortung zur Prävention eines weiteren Blutvergießens zu scheitern. Mein Originalbeitrag beim Friedensakademie-Blog erschien am 6. Februar 2015.
Some are arguing that the the Responsibility to Protect, an international norm that aims to prevent mass atrocities, was faltering, because of its abuse in Libya and its non-application in Syria. However, Gregor Hofmann argues in this cross-post from the ICRtoP-Blog that the critics' interpretation was limiting R2P to its interventionist aspects. If one looks at the whole set of norms that is included in R2P, it becomes apparent that R2P is under pressure, but not yet death...
Völkermord an den Armeniern: diplomatische Rücksichtnahme darf Anerkennung nicht im Weg stehen
(2015)
In ihrem Gastbeitrag fordern Matthias Winkler und Timo Leimeister von Genocide Alert, dass Deutschland, trotz möglicher diplomatischer Verstimmungen, nicht davor zurückschrecken sollte, den Völkermord an den Armeniern von 1915 als solchen ausdrücklich zu benennen. Vor einem Jahrhundert wurden weite Teile des armenischen Volkes im Osmanischen Reich in einem Völkermord ausgelöscht. Das Deutsche Reich war ein enger Verbündeter der damaligen osmanischen Regierung und stellte die Bündnispolitik über das Überleben der Armenier. Durch ein Eingeständnis auch der eigenen historischen Verantwortung an den Geschehnissen kann die Bundesrepublik im Gegenteil den Vertretern einer Aussöhnung in der Türkei den Rücken stärken...
Globale Finanzplätze im Vergleich : Frankfurt und Sydney zwischen Global City und lokaler Variation
(2015)
Frankfurt und Sydney sind international bedeutende Knotenpunkte des Global- Cities-Netzwerks. Als transnationale Finanzzentren erreichen sie im Global Financial Centres Index (GFCI) ähnliche Platzierungen. Populäre Rankings wie der GFCI entfalten ihre Wirkungsmacht in einem politischen Diskurs, der die Konkurrenz von Finanzzentren in einem hierarchischen Städtenetzwerk betont und so die Orientierung an den Champions der Finanzmetropolen forciert. Der hier vorgenommene kontrastive Vergleich Frankfurts und Sydneys zeigt hingegen, dass die stark von Globalisierungs- und Finanzialisierungstendenzen beeinflussten Städte sich nicht einfach einem Idealtypus von Global Cities angleichen. Vielmehr sorgt die Einbettung in unterschiedliche Entwicklungslinien – im Falle Frankfurts in die Tradition einer koordinierten Marktwirtschaft, im Falle Sydneys in die Tradition einer liberalen Marktwirtschaft – für die Ausbildung von Finanzsystemen mit unterschiedlichem Charakter und unterschiedlicher Reichweite. So weist der Finanzplatz Frankfurt im Vergleich mit Sydney eine starke globale Vernetzung auf, wenngleich die Merkmale der koordinierten Marktwirtschaft - geringere Börsenkapitalisierung der Unternehmen, einer primär kreditbasierten Unternehmensfinanzierung und geringere Finanzmarktorientierung der Bevölkerung nachwirken. Demgegenüber profitiert der Finanzstandort Sydney von einer durchwegs finanzialisierten Ökonomie, was sich in der Finanzmarktorientierung von Unternehmen und jener der allgemeinen Bevölkerung ausdrückt, weist aber eine stärkere Binnenorientierung, also die Fokussierung auf den nationalen Markt auf.
Dies ist der elfte Artikel unseres Blogfokus „Salafismus in Deutschland“.
Mehrere Attentäter von Paris sollen sich über die griechische Insel Leros als Flüchtlinge getarnt nach Europa eingeschmuggelt haben. Nicht nur auf den sozialen Netzwerken wird deshalb Hetze gegen Flüchtlinge betrieben, von der Häufung von verbalen und tätlichen Übergriffen ganz zu schweigen. Auch auf den höchsten politischen Ebenen werden zunehmend schrille Stimmen laut....
Embora a ideia de “patologias sociais” ou “enfermidades” de uma sociedade inteira tenha sido bastante comum desde o Segundo Discurso de Rousseau, e especialmente proeminente dentro da tradição da teoria crítica, não está claro a quem exatamente se referea proposição de ter adoecido. Será apenas um número suficiente de pessoas individuais, será o coletivo entendido como um macro-sujeito, ou é a “sociedade” em si que foi acometida por uma desorganização específica de suas instituições sociais, afetando sua eficiência funcional de tal forma que se pode falar de uma “doença” especificamente social? Para todas as três atribuições, ou seja, as pessoas individualmente com suas doenças, a coletividade com a sua síndrome clínica particular, ou a própria sociedade como adoecida, podem ser encontrados casos na literatura correspondente. A fim de encontrar uma saída para essas perplexidades conceituais que estão no cerne dessa maneira de falar, abordo as propostas teóricas de Alexander Mitscherlich e Sigmund Freud, ambos defensores de um conceito específico de “patologias sociais” ou “enfermidades” baseado em ideias psicanalíticas. O resultado da minha reconstrução crítica será que somente uma compreensão da sociedade como uma entidade orgânica permite um uso não redutor da ideia de “patologias sociais”.
Kaisers neue Kleider: Anmerkungen zur Kritik der Hochschullehre im "akademischen Kapitalismus"
(2015)
An dieser Stelle beschrieb Stefan Müller kürzlich Drei Vorschläge für eine Verbesserung der Lehre an deutschen Universitäten. Er reagierte damit auf Vorwürfe des finnischen Studenten Juuso Nisula, der unter dem Titel Acht Gründe, nie wieder in Deutschland zu studieren seinem Unmut über das intransparente und austauschhinderliche Studienklima an der Universität Köln massenmedientauglich Luft verschafft hatte – einer Universität übrigens, die ihrerseits auf Nisula reagierte, wenngleich so allgemein, wie man es auch von den standardisierten PR-Abteilungen größerer Unternehmen gewohnt ist: Mit herablassender Freundlichkeit pusten sie berechtige Verbraucherbeschwerden in den Wind und flaggen lieber ihre austauschbaren Imagesätzchen aus.
Dies ist der zweite Artikel unseres Blogfokus „Salafismus in Deutschland“.
Manchmal lohnt sich ein Blick über den Zaun. Wie halten es andere EU-Staaten mit dem Salafismus, was wissen sie über Anhängerzahlen oder über die Ausbreitung des Phänomens und nicht zuletzt, wie schätzen sie die Gefahren ein, die insbesondere mit Blick auf dschihadistischen Terrorismus vom Salafismus ausgehen? Eine derartige vergleichende europäische Perspektive steht noch aus, ist aber unabdingbar, würde sie doch auf „blinde Flecken“, Fragestellungen und Sichtweisen, die noch zu wenig Berücksichtigung finden, verweisen. Und vielleicht erhöht sie auch den akademischen und politischen Austausch, der gerade bei transnationalen Phänomenen wie Salafismus oder Dschihadismus wichtig erscheint. In jedem Fall bewahrt sie vor einem „methodologischen Nationalismus“....
La distinzione fra apollineo e dionisiaco è ritornata di moda grazie a Friedrich Nietzsche, che se ne è servito nella sua famosa opera La nascita della tragedia dallo spirito della musica. Questo scritto, tuttavia, non persegue affatto l’intento di contribuire a comprendere questi concetti, ma si serve di questa distinzione per spiegare due aspetti di colonialismo d’insediamento in forma di stato, con particolare riferimento all’esempio dell’Africa Sud Occidentale e della sua capitale Windhoek. Come è noto, Apollo veniva considerato il Dio del sole e della ragione, mentre Dionisio era visto come il Dio dell’ebbrezza e dell’estasi. Nel presente contesto, l’apollineo rappresenta il sogno utopico di potere di stato coloniale, comportante il diritto assoluto all’uso della forza, a giudicare, a proteggere ed a praticare una politica attentamente pianificata, mentre il dionisiaco rappresenta, grosso modo, la mentalità pionieristica dei coloni e le loro tendenze anomiche, derivanti alla fin fine dall’illegittimità incontrastata dell’intero progetto coloniale. Nello stesso tempo questo scritto si avvale di un altro contrasto: giorno e notte. È usato in senso metaforico – ma non esclusivamente. E mentre il primo rispecchia “il regno della luce”, basato sul potere dello stato e su una vita pubblica che evidenzia le caratteristiche di società civile, la seconda rappresenta la fase del giorno in cui la notte scende ed il controllo da parte dello stato viene a cessare del tutto, mentre la «vita coloniale sotterranea» si risveglia.
Ibegin by providing some background to conceptions of responsibility. I note the extent of disagreement in this area, the diverse and cross-cutting distinctions that are deployed, and the relative neglect of some important problems. These facts make it difficult to attribute responsibility for climate change, but so do some features of climate change itself which I go on to illuminate. Attributions of responsibility are often contested sites because such attributions are fundamentally pragmatic, mobilized in the service of a normative outlook. We should be pluralists about responsibility and shape whatever conceptions can help to explain, guide, and motivate our responses to climate change. I sketch one such notion, ‘intervention-responsibility’, and argue that it should be ascribed to international regimes and organizations, states and other jurisdictions, individuals, and firms. Each has different capacities and thus different intervention-responsibilities responsibilities, but these differences are not always mirrored in public discussion. In particular, the moral responsibility of firms has been greatly neglected.
In seinem unlängst erschienenen Buch „Citizen Science“ untersucht der Wissenschaftstheoretiker Peter Finke die Rolle von Laiinnen und Laien für die Wissenschaft. Sein Anliegen ist es, ihre Bedeutung für den Erkenntnisfortschritt wie auch für ein praxisbezogenes bürgerschaftliches Engagement darzulegen. Aus zahlreichen Blickwinkeln variiert Finke den Grundgedanken einer Kontinuität des Handelns von Laiinnen und Laien zu dem von Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern, die durch die institutionalisierten Erscheinungsformen der Wissenschaft verschleiert wird. Demgegenüber sollen im vorliegenden Beitrag Aspekte der Diskontinuität hervorgehoben werden, die es zu berücksichtigen gilt, gerade wenn man von der Wichtigkeit einer Etablierung und Förderung von „Citizen Science“ überzeugt ist.
This is the eleventh article in our series on refugees. I came to Frankfurt four months ago. Before that, I had lived in Trentino, Italy, for 14 years. But with the European economic crisis, everything has become difficult; I finally lost my job and decided to go to Germany to give it a new try. Everybody knows that in Germany there are much better chances to get work because the economy doesn’t have such big problems like in Italy, Greece and Spain...
International society consists of states and the rules and institutions they share. Although international society has become a mundane feature of the world and the principal research focus of International Relations, it has become meaningless. More specifically, the technical rules that determine what states are and how they relate to other features of the world are units of semantic meaning, but their rampant, unprincipled proliferation has corroded their capacity to contain existential meaning. This deterioration is to be deplored because it alienates subjects from each other, it is totalising and excludes alternatives, and it is theoretically irreversible. To connect the two kinds of meaning, the first step is to reconceptualise international society as consisting strictly of constitutive rules whose meaning depends on the context they jointly compose, which implies that these rules can in turn be represented as signs in a semiotic structure. In order to evaluate the capacity of the signs to contain existential meaning, the next step is to adapt Baudrillard’s hierarchical typology of semiotic systems, ranging from the most meaningful systems based on symbolic exchange value to the vapid terminus of hyperreality based on sign value, in which semantic meaning is without value and existential meaning is impossible. The narrative traces the history of the signs of international law from the premodern period, when Christendom was understood as an approximation of the divine kingdom and a vehicle for salvation, to the present postmodern period, in which hundreds of articles of international maritime law make the decision to go to war over isolated rocks intelligible – even rational – and international trade law catalogues potato products to six digits. Three cases in particular exemplify this devolution in international law: the laws determining the territorial sea, the most-favoured national principle of international trade law, and nationality as a normative basis for statehood.