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Die "Werther"-Allusionen in zwei repräsentativen Dramen des Naturalismus – Arno Holz’ und Johannes Schlafs "Familie Selicke" und Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenaufgang" – dienen zum einen dazu, Milieu und Protagonisten zu charakterisieren und ihre Prägung durch bürgerliche Moralvorstellungen zu illustrieren. Zum anderen zeigt eine intensive Kontextualisierung der punktuellen Anspielungen, dass die naturalistischen Dramatiker damit programmatisch gegen die bürgerliche Goethe-Verehrung der Zeit und die Dominanz traditioneller Kunstanschauungen opponieren, die ihrer sozial-analytischen Dramatik im Wege stand.
"Wenn man die Meisterstücke des Shakespeare, mit einigen bescheidenen Veränderungen, unsern Deutschen übersetzt hätte, ich weiß gewiß, es würde von bessern Folgen gewesen sein, als daß man sie mit dem Corneille und Racine so bekannt gemacht hat." (Briefe, die neuere Literatur betreffend, Lessing 1967,616) Mit diesen Worten formuliert Lessing eine Kritik an der französischen klassischen Tragödie, die für die Herausbildung der deutschen Nationalliteratur von kaum zu unterschätzender Bedeutung gewesen ist. Sie hat dazu beigetragen, daß die Vorbildfunktion der französischen Tragödie im ausgehenden 18. Jahrhundert durch das Naturgenie Shakespeare und dessen melancholischen Helden Hamlet abgelöst wird.
Nach seiner Erfindung um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurde der romantische Rhein in Deutschland bald als Abgrenzungskriterium zwischen Deutschland und Frankreich instrumentalisiert. Eine Ursache ist selbstverständlich die politische Situation: Deutschland ist zersplittert und steht unter französischer Besatzung, als sich
Clemens Brentano und Achim von Arnim 1802 auf ihre berühmte
Rheinfahrt begeben und Friedrich Schlegel 1803 auf der Reise nach Frankreich, über die er in seiner Zeitschrift Europa berichtet, den Rhein als Sinnbild Deutschlands entdeckt.
Tragfähig konnte die politische Instrumentalisierung des Rheins allerdings nur deshalb sein, weil sie auf einer seit der Jahrhundertwende schnell angewachsenen und von breitesten Bevölkerungsschichten in Deutschland mitgetragenen Tradition beruhte. Solche Traditionen zu
stiften und damit überhaupt erst so etwas wie eine nationale deutsche Kultur, in Absetzung und Überbietung von anderen, bereits bestehenden Nationalkulturen wie etwa der französischen zu begründen, war eines der Hauptanliegen der romantischen Bewegung. Insofern ist selbst den
Gründervätern des Rheinmythos zumindest indirekt der deutsch-französische Gegensatz als Antrieb nicht fremd.
"Das Leiden definieren" : Spiel-Räume und Sprach-Spiele in Ilse Aichingers "Die größere Hoffnung"
(2003)
Zehn Jahre nach dem Novemberpogrom, der sogenannten "Reichskristallnacht", drei Jahre nach Kriegsende, erschien mit Ilse Aichingers erstem und einzigen Roman "Die größere Hoffnung" eine der frühesten literarischen Auseinandersetzungen mit dieser schwärzesten Epoche deutsch-österreichischer Geschichte. Aichingers Roman erschien im Verlag Bermann-Fischers, der damals gerade nach Wien zurückgekehrt war, im Impressum aber noch Amsterdam angab. Der Roman ist einer der wichtigsten Gründungstexte für jenes inzwischen umfangreiche internationale Korpus der sogenannten 'Holocaust-Literatur', die sich mit der grundsätzlichen und vieldiskutierten Frage auseinanderzusetzen hatte, welche Formen der Darstellung und des Gedächtnisses gegenüber dem nationalsozialistischen Terror überhaupt literarisch angemessen sein könnten.
Der französische Ausdruck ‚femme de lettres‘ (Literatin, Schriftstellerin) changiert, wörtlich genommen, zwischen den Bedeutungen ‚Frau – oder Herrin? – der Buchstaben‘, ‚Frau der Briefe‘ und ‚Frau der Literatur‘. Ihnen entsprechen die drei Aspekte Lesekompetenz, Epistolographie und Literatur. In diesem Dreieck situiert sich die aristokratische Frau im Frankreich des 17. Jahrhunderts, die in einer Zeit von weit verbreitetem Analphabetismus und fehlender Mädchenbildung lesen kann, der das Schreiben von Briefen und Briefromanen als geschlechtstypische Ausdrucksform zugeschrieben wird und die sich durch das Verfassen von Essays, Romanen, Erzählungen, Märchen, Gedichten und Porträts vielfältig literarisch betätigt.
Da Frankreich und dessen jüngste Geschichte für Börne mehr bedeuteten als ein Motiv seines schriftstellerischen Interesses und seiner Lebenswelt unter anderen, weil ihm sowohl Frankreich wie Deutschland, ob ausgesprochen oder latent, Welt und Gegenwelt waren, in denen sich Existenz wie Denken abspielten und abspiegelten, kann in diesem Rahmen nur auf wenige Facetten seines Schreibens eingegangen werden. Es wird sich daher im Wesentlichen um die Rolle handeln, die Frankreich und besonders Paris für seine Arbeit als Journalist und als Zeithistoriker
wie für den Ansatz seines geschichtsphilosophischen Denkens überhaupt gespielt haben.
Als Georg Büchner sein hintergründig ironisches Porträt eines leibhaftigen "St. Simonisten" gegen Ende Mai 1833 per Brief an die Eltern schickt, hat die "école saint-simonienne" den Gipfel ihrer ebenso sensationellen wie kurzlebigen Popularität bereits überschritten. Amüsiert erinnern Büchners Zeilen an die Eltern an den Erfolg jener weit über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt gewordenen Bewegung, die kurz vor und kurz nach der Julirevolution 1830 "wie ein Wunder" auf der restaurationspolitischen Schaubühne erschien und binnen weniger Jahre ein Spektakel von europäischem Ruf veranstaltete. Die Geschichte der saint-simonistischen Bewegung von der enthusiastisch begrüßten neuen Religion auf der deutschen Seite hin zur heimlichen Bewunderung der nationalchristlichen Sittlichkeitsdoktrin seitens
der Saint-Simonisten soll im Folgenden anhand ausgewählter Stationen der Aufnahme der Doktrin in Deutschland betrachtet werden. Der Treffpunkt in der deutsch-französischen Debatte über den Saint-Simonismus liegt in der Reflexion auf die Krise der Arbeit in der postrevolutionären kapitalistischen Moderne, deren Lösungsversuche an den SaintSimonismus-Texten von Friedrich Buchholz, Ludwig Börne und entlang
des berüchtigten Artikels "Über die Rehabilitation des Fleisches" in der "Evangelischen Kirchenzeitung" diskutiert werden soll.