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Bis vor kurzem definierte das Grundgesetz die Grundstrukturen des öffentlichen Rechts in Deutschland, sei es im Bund, sei es in den Ländern. Heute wirken jedoch supranationale und internationale Institutionen machtvoll auf das soziale Zusammenleben in Deutschland ein. Zudem besteht eine neue Offenheit gegenüber Hoheitsakten anderer Staaten. Diese Europäisierung und Internationalisierung des Landes führen zur Frage, wie nunmehr die Grundstrukturen des öffentlichen Rechts in Deutschland begriffen werden sollen.
Diese Grundstrukturen sind Gegenstand dieses Beitrags, und zwar im Sinne von Grundprinzipien, welche alle in Deutschland wirksame öffentliche Gewalt einbinden. Der Beitrag kann dabei, entsprechend dem Stand der Erkenntnis, nur wenig gesichertes Wissen unterbreiten. Eine systematische, praxisleitende und vor allem prinzipiengesteuerte Dogmatik eines Rechts der Menschheit, eines kosmopolitischen Rechts, eines globalen Rechts, eines Weltrechts, eines Weltinnenrechts, eines transnationalen Rechts, ja selbst des Völkerrechts oder auch nur des öffentlichen Rechts im europäischen Rechtsraums, also etwas in Ansätzen dem deutschen Staatsrecht Vergleichbares, erscheint jenseits der Möglichkeiten, jedenfalls des Horizonts unserer Zeit. Vor diesem Hintergrund unterbreitet dieser Beitrag sein Verständnis des neuen Forschungsfeldes (I.), verankert die relevanten Prinzipien positivrechtlich und skizziert sie in ihrem Gestaltungsanspruch (II.), und erörtert ihr gegenseitiges Verhältnis, um dadurch die Gesamtkonstellation zu beleuchten (III.).
So gewiss die Rechtsgeschichte nicht Hilfswissenschaft der dogmatischen Fächer ist, so unentbehrlich ist sie für die Justierung und Fortentwicklung der Grundbegrifflichkeit, der systematischen Analyse und dogmatischen Konstruktion des geltenden Rechts. Dies sei anhand von Herausforderungen gezeigt, die sich aus dem europäischen Rechtsraum für die Rechtswissenschaft ergeben, genauer, für die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht. Diese ist besonders betroffen, weil ihre Grundbegrifflichkeit erodiert. ...
Die Stellung der Grundrechte im europäischen Rechtsraum zeichnet eine tiefe Ambivalenz aus. Einerseits haben sie ihr Schattendasein im Unionsrecht hinter sich gelassen: Man denke an die Grundrechtecharta, den bevorstehenden Beitritt zur EMRK, das Bekenntnis zu einer grundrechtsorientierten Außenpolitik (Art. 21 Abs. 2 lit. b) EUV) und die strenge Überprüfung von Beitrittskandidaten. Andererseits gibt die Grundrechtslage in einigen Mitgliedstaaten Anlass zu erheblicher Sorge. Traurige Bekanntheit genießt die Situation von Minderheiten und Migranten. Maßgebliche Institutionen, wie der Europarat und die OSZE, sehen aber auch die Freiheit der Medien stark gefährdet. Ranglisten zur Pressefreiheit verzeichnen einen signifikanten Abstieg einiger EU-Mitgliedstaaten wegen Medienkonzentration, offener politischer Einflussnahme, unverhältnismäßiger Sanktionen, der Zweckentfremdung von Antiterrorgesetzgebung, unzureichenden Quellenschutzes und nicht aufgeklärter Gewaltakte gegen Journalisten. ...