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Der Verzehr von radioaktiv belasteten Pilzfruchtkörpern stellt ein Gesundheitsrisiko für den Menschen dar und auch fast 35 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 sind Pilze aus Waldökosystemen zum Teil noch stark durch das ausgetretene radioaktive 137Cs belastet. Die Einschätzung der Belastung und somit des Gesundheitsrisikos ist aufgrund einer Vielzahl von Einflussfaktoren, wie z. B. der Pilzart, der Tiefe des Myzels, der Bodenkontamination und der Feuchtigkeit des Bodens, schwierig. Ziel dieser Arbeit war es die Variabilität, den Einfluss verschiedener Faktoren sowie die effektive Halbwertszeit der 137Cs-Aktivität in Pilzfruchtkörpern zu ermitteln. Des Weiteren wurde überprüft, ob die Bodenkontamination für eine Abschätzung der 137Cs-Aktivität von Pilzfruchtkörpern herangezogen werden kann. Für die Untersuchungen wurden über mehrere Jahre Proben von Maronenröhrlingen (Imleria badia) und Steinpilzen (Boletus edulis) aus vier Waldgebieten in Mittel- und Süddeutschland mit unterschiedlichem Aktivitätseintrag nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 analysiert. Die Gebiete waren Eichenzell, Wülfersreuth, Oberschönenfeld und der Nationalpark Bayerischer Wald. Als Ergänzung dienten zugesendete Proben derselben Pilzarten von Mitgliedern aus Pilzvereinen aus ganz Deutschland. Zusätzlich zu den Pilzproben wurden Bodenproben gemessen, um zum einen die aktuelle Bodenkontamination zu bestimmen und zum anderen zu überprüfen, ob der Großteil des 137Cs weiterhin im Bereich des Pilzmyzels zu finden ist.
Für die Untersuchung der örtlichen Variabilität der 137Cs-Aktivität wurden Maronenröhrlinge (Imleria badia) aus dem Waldgebiet Eichenzell in den Jahren 2017 bis 2019 analysiert. Innerhalb eines Sammeltages variierten die Messwerte verschiedener Proben innerhalb des Waldgebietes teilweise um den Faktor sechs. Dabei ist die Variabilität innerhalb eines Teilgebietes größer als zwischen beiden Teilgebieten des Waldgebietes Eichenzell. Für ein repräsentatives Ergebnis eines Gebietes ist es aufgrund der Variabilität erforderlich, eine ausreichende Menge an Fruchtkörpern zu analysieren.
Um die effektive Halbwertszeit der 137Cs-Aktivität in Maronenröhrlingen (Imleria badia) zu ermitteln, wurden Proben aus drei Waldgebieten über fünf bis neun Jahre analysiert. Die Wahl der drei Waldgebiete erfolgte anhand des 137Cs-Aktivitätseintrags nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986. Die Bodenkontaminationswerte variieren von 3.000 Bq/m² in Eichenzell über 12.500 Bq/m² in Wülfersreuth bis 35.000 Bq/m² in Oberschönenfeld. Die effektiven Halbwerts-zeiten liegen in einem engen Bereich von 5,2 bis 5,8 Jahre mit einem Mittelwert von 5,4 ± 0,3 Jahren. Damit reduziert sich die radioaktive Belastung der Pilzfruchtkörper in etwa fünfmal schneller als durch die rein physikalische Halbwertszeit des 137Cs von 30,08 Jahren. Durch die Hinzunahme von bereits im Jahr 1990 veröffentlichten Daten ergab sich eine längere effektive Halbwertszeit von 7,7 ± 0,6 Jahren.
Für die Untersuchung der zwei Einflussfaktoren Exposition des Sammelgebiets (Hangausrichtung nach Ost oder West) und Höhenlage wurden sowohl Maronenröhrlinge (Imleria badia) als auch Steinpilze (Boletus edulis) hinsichtlich der 137Cs-Aktivität gemessen, um die Auswirkung auf Pilzarten mit unterschiedlichem Akkumulationsvermögen zu analysieren. Als Untersuchungsgebiet diente der Nationalpark Bayerischer Wald, da dieser ein großes Gebiet umfasst und verschiedene Ausprägungen der beiden Faktoren abbildet. Zudem wurde das Gebiet in Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl stark kontaminiert und der Park ist ein beliebtes Pilzsammelgebiet. Anhand der 137Cs-Aktivität von Bodenproben konnte das Gebiet in zwei Regionen (Cluster) eingeteilt werden: eine Region mit hohem und eine mit niedrigem Aktivitätseintrag. Im Vergleich wiesen Maronenröhrlinge (Imleria badia) durchschnittlich eine um den Faktor fünf höhere 137Cs-Aktivität als Steinpilze (Boletus edulis) auf. Der Faktor Höhenlage zeigte im Gegensatz zur Exposition einen Einfluss auf die Kontamination der Pilzfruchtkörper. In Bezug auf die Höhenlage war der Einfluss nur im Falle eines hohen Aktivitätseintrags signifikant, wobei die Pilzproben aus der niedrigsten Höhenlage am höchsten belastet waren.
Zur Ermittlung der vertikalen Verteilung des 137Cs im Boden wurden in den Waldgebieten Eichenzell und Nationalpark Bayerischer Wald Proben bis zu einer Tiefe von 24 cm entnommen und anschließend in 2 cm Schichten analysiert. Alle Verteilungen konnten mit einem Gauß-Fit oder einem multiplen Gauß-Fit mit 2 bis 3 Maxima abgebildet werden. Das erste Maximum lag in allen Fällen in den organischen Horizonten oder im Übergangsbereich zum Ah-Horizont. Folglich befindet sich der Großteil des 137Cs fast 35 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl immer noch im Bereich des Pilzmyzels und kann somit von den Pilzen aufgenommen und in den Fruchtkörpern angereichert werden.
Der Vergleich der 137Cs-Aktivität der Pilz- und Bodenproben aus dem Nationalpark Bayerischer Wald ergab sowohl für Maronenröhrlinge (Imleria badia) als auch für Steinpilze (Boletus edulis) eine positive Korrelation. Nach Unterteilung der Proben anhand der Höhenlage zeigte sich eine noch stärkere Korrelation. Dies zeigt, dass neben der Bodenkontamination auch die Höhenlage einen Einfluss auf die 137Cs-Aktivität der Fruchtkörper hat.
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