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Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, basierend auf den eigenen Publikationen, aktuelle Erkenntnisse aus dem Themenkomplex „Sitzen und Gesundheit“ einschließlich Gesundheitspotentiale leichter Aktivitäten bei Erwachsenen resümierend zusammenzustellen und kritisch zu bewerten.
Das Augenmerk der bewegungsbezogenen Gesundheitsforschung galt anfänglich primär den sportlichen und eher intensiven körperlichen Aktivitäten. Neuere Erkenntnisse lassen annehmen, dass auch andere Bewegungsarten als Sport, z.B. Bewegung im Alltag, gesundheitswirksam sein können. Die besondere Bedeutung dieser Aktivitäten liegt darin, dass sie mit wenigen Ausnahmen für jeden geeignet, risikoarm und niedrigschwellig sind. Die am besten erforschte Alltagsbewegung ist das Gehen. Die gesundheitliche Benefits von Gehen gelten sowohl im Bereich der Prävention als auch der Therapie als wissenschaftlich gesichert. Regelmäßiges Fahrradfahren verbessert die kardiorespiratorische Fitness und mindert das Gesamtmortalitätsrisiko. Die Gesundheitseffekte anderer Alltagsaktivitäten lassen sich u.a aufgrund methodischer Herausforderungen schwieriger nachweisen und quantifizieren. Neuere Arbeiten liefern Hinweise, dass Bewegung schon mit leichter Intensität zumindest bei unfitten und inaktiven Bevölkerungsgruppen ein hohes Gesundheitspotential haben kann.
Veränderte Lebensgewohnheiten in Lebensbereichen wie z.B. Arbeit, Freizeit und Fortbewegung haben dazu geführt, dass ein überwiegender Anteil der Bevölkerung den Tag sitzend verbringt. Seit den letzten 10-15 Jahren widmet sich eine wachsende Anzahl von Arbeitsgruppen der Erforschung möglicher gesundheitlicher Konsequenzen des langen ununterbrochenen Sitzens. „Sendentäres Verhalten“ (sedentary behavior), in Abgrenzung zur Inaktivität, bezeichnet Aktivitäten, die sitzend oder zurücklehnend stattfinden und mit einem Energieverbrauch von 1-1,5 MET einhergehen. In Akzelerometerstudien wird sedentäres Verhalten als Aktivitäten, bei denen das Signal mindestens eine minutelang unter 100 counts per minute (cpm) ausweist, definiert.
Akzelerometerdaten deuten darauf hin, dass sedentäres Verhalten in den Industrieländern weit verbreitet ist: es macht bis zu 69% der wach verbrachten Zeit aus.
Unsere Literaturanalyse nach Reviews und systematischen Reviews zum Thema sedentäres Verhalten und Gesundheit bei Erwachsen ergab 13 Übersichtsarbeiten. Die Übersichtsarbeiten weisen eine hohe methodische Heterogenität auf. 9 der Übersichtsarbeiten sind narrative Reviews. Die Literaturanalyse liefert Hinweise für eine graduelle Abnahme der Evidenz für die Zusammenhänge von sedentärem Verhalten mit Mortalität, Morbidität und gesundheitlichen Risikofaktoren. Die Ergebnisse von Querschnitt- und Langzeitbeobachtungsstudien zu möglichen Auswirkungen sedentären Verhaltens auf die Gesundheit sind durch Interventionsstudien nur sehr bedingt untermauert, (patho)physiologische Wirkmechanismen hinter sedentärem Verhalten nicht gesichert, und ein klarer Dosis-Wirkungszusammenhang nicht definierbar. Dennoch scheint die Evidenzlage beim Endpunkt Mortalität relativ eindeutig, bei den Endpunkten Morbidität und Risikofaktoren aber zunehmend schwach und widersprüchlich. Im Fazit deuten die Ergebnisse dieser Übersicht – besonders beim Endpunkt Mortalität und etwas weniger eindeutig bei kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes – auf die gesundheitsschädliche Wirkung langen ununterbrochenen Sitzens hin. In der Konsequenz ist neben Aktivität gemäß Leitlinien zu empfehlen, längere Sitzphasen nach Möglichkeit zu unterbrechen und durch Bewegung mit zumindest leichter Intensität zu ersetzen.
Es liegen einige Hinweise vor, dass nicht nur die Gesamtzeit des sedentären Verhaltens, sondern auch das Muster, in dem es entsteht, von gesundheitlicher Relevanz sein könnte. Neben der Erforschung (patho)physiologischer Effekte des langen Sitzens, ist die Überprüfung von Machbarkeit und Akzeptanz von Unterbrechungsintervention von großer Relevanz. In unserer eigenen Untersuchung haben wir in vivo überprüft, wie weit Beschäftigte mit einer überwiegend sitzenden Tätigkeit vorgegebenen Unterbrechungsempfehlungen nachkommen können, wie sie diese subjektiv erleben und wie sie ihre eigene Bereitschaft einschätzen, die Empfehlungen auch längerfristig durchzuführen.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass schon eine einmalige Information über die Gesundheitsrisiken langen Sitzens und über Unterbrechungen zu einer zumindest kurzfristigen Reduktion der Sitzphasen führen kann. In unserer Untersuchung erwies sich ein Unterbrechungsintervall von 60 Minuten als am ehesten realisierbar. Dieses Intervall wurde von den Teilnehmern am angenehmsten wahrgenommen.
Hintergrund: Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV‑2 im Jahr 2020 brachten den Trainings- und Wettkampfbetrieb im professionellen Fußball in vielen Ländern zum zeitweiligen Erliegen. In Folge des Lockdowns waren die Trainingsmöglichkeiten zumeist auf unspezifische heimbasierte Trainingsmethoden begrenzt. Es ist unklar, ob sich die fehlenden sportspezifischen Belastungsreize negativ auf die physische Leistungsfähigkeit der Fußballspielenden auswirkten.
Methodik: Im Rahmen eines narrativen Reviews wurde mittels einer selektiven Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed, Google Scholar und BISp-Surf nach Studien gesucht, welche die Auswirkungen des Lockdowns auf physische Leistungsparameter bei erwachsenen professionellen Fußballspielenden untersuchten.
Ergebnisse: In die Übersichtsarbeit wurden sechs prospektive Längsschnittstudien eingeschlossen. In allen Studien kam während der Quarantäne ein heimbasiertes Ersatztraining zum Einsatz. Vier Studien verglichen die Leistungsfähigkeit der Fußballer/-innen mit Leistungsdaten aus vorherigen Spielzeiten. Zwei Studien ermittelten die Leistungsfähigkeit der Sportler/-innen unmittelbar vor und nach der Lockdownperiode.
Diskussion: Während die allgemeine Kraft- und Ausdauerleistung durch heimbasierte Ersatztrainingsprogramme erhalten werden kann, weisen die Studien darauf hin, dass sich die fehlenden spezifischen Belastungsreize vor allem negativ auf die Schnelligkeits- und Schnellkraftleistung der Fußballspielenden auswirken könnten. Bei Rückkehr in den regulären Trainingsbetrieb sollte daher auf eine progressive Belastungssteuerung insbesondere im Schnelligkeitstraining geachtet werden, um das Risiko für Verletzungen zu senken.