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Die stetig wachsende Menge an digital verfügbarem, zeitgenössischem wie historischem Textmaterial bietet für die begriffsgeschichtliche Forschung Chancen und Herausforderungen: Während die fortschreitende Digitalisierung die Verfügbarkeit erforschbaren Materials deutlich erhöht, resultiert aus der verbesserten Auffindbarkeit potentieller Quellen eine schwindende Übersicht dessen, was für begriffsgeschichtliche Studien überhaupt in Betracht zu ziehen ist. Am Beispiel der Begriffe Netz, Netzwerk und Vernetzung erproben wir quantitative, semi-automatische Ansätze für eine digitale Begriffsgeschichte. Dafür identifizieren wir zunächst die Beschränkungen des Tools Google Ngrams, das weder für die Analyse von Wortbedeutungen noch für die Bestimmung der Kontexte von Wortverwendungen geeignet ist. Demgegenüber erörtern wir die Vorzüge einer hier erstmals im Kontext begriffsgeschichtlicher Forschung vorgestellten Methode der vorwissensfreien Bedeutungsinduktion, die semantische Aspekte gesuchter Begriffsworte automatisch ermittelt, deren typische und untypische Verwendungskontexte aggregiert, Wortfelder kartiert und durch einen geeigneten Index die Möglichkeit bietet, Belegstellen zu betrachten sowie die Veränderung von Wortbedeutungen im Laufe eines gegebenen Zeitraums zu analysieren. Mittels dieser interaktiven, semi-automatischen Methode lässt sich für den deutschen Sprachraum nachweisen, dass sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein Problemdiskurs über Netzwerke entwickelt, mit dem sich ein Wandel der Semantik des Begriffswortes erklären lässt. Mit dem vorgestellten Verfahren lässt sich auch die Bedeutung komplexer metaphorischer Prozesse für den zu erklärenden Begriffswandel erschließen.
Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Metapher, dass in ihrem Begriff explicans und explicandum untrennbar miteinander verflochten zu sein scheinen. Dass die Definition der Metapher als Übertragung – von Worten, Begriffen oder Eigenschaften – selber metaphorisch bestimmt sei, ist im Zuge der Modernisierung ihrer Theorie oft genug festgestellt worden und "kann mittlerweile als Gemeinplatz gelten". Mit der wiederholten Feststellung verschwindet aber noch nicht die Merkwürdigkeit. Sie verweist allenfalls auf "eine produktive Begriffsstutzigkeit", die sich in dem Diskurs über die Metapher bekundet. Was in seinen paradoxen Konsequenzen am radikalsten wohl von Jacques Derrida formuliert wurde, betrifft nicht nur die Schwierigkeiten einer systematischen Unterscheidung von Begriff und Metapher Das Problem hat auch begriffsgeschichtliche Konsequenzen. Dass nicht nur Begriffe einen historischen Index haben, sondern auch die Erforschung ihrer Geschichte, gehört zu den Grundeinsichten einer sich selbst im Umbruch verstehenden Begriffsgeschichte. So verbindet sich mit ihrer kulturwissenschaftlichen Neuorientierung eine anhaltende Kontroverse über die Frage, wie sich ihre Gegenstände zu jenen einer Diskurs- und Metapherngeschichte verhalten: ob sie sich einander ergänzen, aufheben, unterordnen oder wechselseitig bedingen.